FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM QUADERER / FRICK / OSPELT / RHEINBERGER ins neu errichtete Regierungsgebäude. Später über- siedelten sie wieder auf das Schloss, von wo sie, nachdem Fürst Franz Josef II. Ende der 1930er Jahre dort Wohnsitz genommen hatte, abermals weichen mussten und ins Vaduzer Rathaus ver- bracht wurden. Zwei Episoden aus dieser Zeit mögen hier kurz erwähnt werden. Am 7. Mai 1935 fand die Verstei- gerung des Schwarzenbachschen Römerhelmes aus Schaan in Zürich statt. Im Vorstand entbrannte eine lange Diskussion über seine Erwerbung, oder vielmehr über die Aufbringung der Geldmittel. Am Ende beschloss man, Anton Frommelt und Rat Os- pelt sollten zur Versteigerung nach Zürich gehen und für den Verein bis auf 5000 Franken steigern. Das war für den Verein eine ausserordentliche Summe, bekam er doch damals von der Regierung jährlich ganze 500 Franken Unterstützung. Es half aber alles nichts, die Abgesandten des Vereins mussten zusehen, wie der Helm für 6 700 Franken «wahrscheinlich an einen Amerikaner!» ging, wie es im Vorstandsprotokoll der folgenden Sitzung mit Ausrufezeichen heisst.13 Es fehlten also 1 700 Fran- ken zum Wiedererwerb eines der wichtigsten Stücke aus der Landesgeschichte. 1942 gab man dann immerhin 125 Franken, das waren mehr als zehn Prozent des damaligen Landeszuschusses von nunmehr 1000 Franken, für den «Erwerb eines In- dianerskalps» aus,14 obwohl er ersichtlich keinen «Liechtenstein-Bezug» aufwies, worauf man sonst in der Regel peinlich genau achtete: «Nur anschaf- fen, was Bezug auf Liechtenstein hat», hiess es über den Schriftenankauf schon im Jahre 1923.15 Wo der Skalp geblieben ist, möchte man doch ger- ne wissen. Vielleicht kann uns Norbert Hasler Aus- kunft geben. Es dauerte bis zum Jahre 1954, bis das Museum eine, wie man damals annahm, dauernde Bleibe in einem Stockwerk des neu errichteten Gebäudes der Landesbank erhielt. Dort baute Beck ein kleines, aber mustergültiges Museum auf. Gut zehn Jahre später benötigte die Landesbank die vermieteten Räume selbst, und das Museum wurde wieder zum Umzug gezwungen. Nach einer Zwischenlagerung fanden die Bestände 1972 im alten Batlinerhaus an
der Landstrasse16 ein neues Heim. Das neue Muse- um bekam die Form einer öffentlich-rechtlichen Stiftung, und Felix Marxer, Präsident des Histori- schen Vereins nach David Beck von 1966 bis 1986, wurde der erste hauptamtliche Museumsleiter. An- fang der 1990er Jahre musste das Haus wegen Be- schädigung durch Erdbewegungen im Zusammen- hang mit der Erweiterung der Landesbank erneut geschlossen werden. Seitdem fristet es sein Dasein hauptsächlich im Magazin, als virtuelles Museum sozusagen. Erst jetzt, spät genug, ist der Um- und Ausbau des beschädigten Gebäudes mit Umgebung in Angriff genommen worden. Das Museum ist der Ort, an dem ich von der an- tiquarischen zur kritischen Betreibung von Ge- schichte überleiten möchte. Denn neben seiner Aufgabe als Sammlungsstätte fällt dem Museum wesentlich die kulturelle Daueraufgabe der Ver- mittlung von Vergangenheit und Gegenwart zu. Es hat also stets neue gegenwartsbezogene und aktua- lisierende Kontexte herzustellen. Das geschah, so lange es möglich war, hauptsächlich noch unter Felix Marxer mit vielen Sonderausstellungen in den beiden Jahrzehnten zwischen 1970 und 1990. Das Landesmuseum zeigt aber auch, wie eine Aufgabe, die vom Begründer der bescheidenen kleinen An- 8) Joseph Ospelt an Regierungschef Hoop vom 22. Juli 1937, Vor- standsprotokolle des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein. 9) Historischer Verein, Protokollbuch 2, 1937-1946, CLV. Sitzung vom 16. Juli 1943. 10) Historischer Verein. Protokoll der Vorstandssitzung vom 8. September 1948. 11) Historischer Verein, Protokoll der Vorstandssitzung vom 12. Februar 1949. 12) Vereinschronik. In: JBL 12 (1912), S. 145. 13) Historischer Verein, Protokollbuch 1, XCIII. Sitzung vom 1. Mai 1935 und XCIV. Sitzung vom 14. Juni 1935. 14) Historischer Verein, Protokollbuch 2, CXLIV. Sitzung vom 9. Februar. 1942. 15) Historischer Verein, Protokollbuch 1, I. Sitzung vom 21. März 1923. 16) Auch bekannt als «herrschaftliche Taverne zum Adler», im heutigen Vaduzer Städtli gelegen. 19