DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER Einleitung Aus Anlass des Einhundert-Jahrjubiläums des His- torischen Vereins für das Fürstentum Liechten- stein, das im Jahre 2001 begangen werden kann, befasst sich diese Arbeit mit dem Aspekt der Sam- meltätigkeit des Historischen Vereins und dem Werden des Liechtensteinischen Landesmuseums, das ebenfalls in diesem Jahr der Zeitenwende vor einem epochalen Neubeginn steht. Entstehung und Geschichte des Liechtensteinischen Landesmu- seums sind untrennbar mit dem Engagement des Historischen Vereins verbunden und verknüpft. In erster Linie aber waren es engagierte und uner- müdlich tätige Persönlichkeiten, allesamt Mitglie- der des Vereinsvorstandes, die als Vorsitzende, Schriftführer, Konservatoren oder Beisitzer im Lau- fe der Jahrzehnte sich einem kontinuierlichen Sammlungsaufbau und -erhalt gewidmet haben. Die Männer der ersten Stunde waren Dr. Albert Schädler, Kanonikus Johann Baptist Büchel und Egon Rheinberger, später folgten Fürstl. Rat Josef Ospelt, Pfarrer und Landtagspräsident Kanonikus Anton Frommelt, Lehrer Dr. h.c. David Beck und Fürstlicher Studienrat Felix Marxer, denen Samm- lungserhalt und Landesmuseum teilweise zur Le- bensaufgabe wurden. In Dankbarkeit sei aber auch an alle jene erinnert - meist Mitglieder und Gönner des Historischen Vereins - die nach und nach wert- volles Kulturgut in die Sammlungen einbrachten. Es herrschte begeisterte Aufbruchstimmung an der Jahrhundertwende, als 79 Geschichtsinteres- sierte 1901 dem neu gegründeten Historischen Verein für das Fürstentum Liechtenstein als Mit- glieder beitraten. Von Beginn an waren dem Verein die Anerkennung und Unterstützung seitens der Behörden wie auch des Fürstenhauses Liechten- stein gewiss. So zählte bei der Vereinsgründung der damalige Landesverweser und Fürstliche Kabi- nettsrat Carl von In der Maur zu den Vorstandsmit- gliedern. Schon 1902 waren der damalige Fürst Jo- hannes II. und vier weitere Angehörige des Für- stenhauses Mitglieder des jungen Vereins; 1906 zählte er 119 Mitglieder. Obwohl die Jahresrech- nung über das erste Vereinsjahr bereits eine Jah- res-Subvention aus der Landeskassa in Flöhe von 200 Kronen und eine Jahres-Subvention von S.D.
dem Landesfürsten in gleicher Höhe enthielt, schloss die Jahresrechnung dennoch mit einem De- fizit von 91.72 Kronen.1 Vordringlichere Aufgaben hatte sich der Verein anfangs zum Ziel gesetzt; die eigentliche Sammel- tätigkeit sollte erst einige Jahre später zu einem zentralen Anliegen des Historischen Vereins wer- den, was 1954 mit der Eröffnung des Landesmu- seums im Obergeschoss des neu errichteten Liech- tensteinischen Landesbank-Gebäudes ihren ersten Höhepunkt fand. Die Irrwege der Sammlungen des Historischen Vereins sind aber auch ein Synonym für die Odyssee des Museums, die in Kürze mit der Neueröffnung des Liechtensteinischen Landesmu- seums im Zentrum von Vaduz - so bleibt zu hoffen - ihren Abschluss finden wird. Wenngleich die unentwegte Sammeltätigkeit von historischem und kulturhistorischem Kulturgut un- seres Landes durch den Historischen Verein und seine jeweiligen Vertreter grösste Anerkennung und Wertschätzung verdient, so ist aus heutiger Sicht der Sammlungsverwaltung mit grossem Be- dauern festzustellen, dass grundlegende Aufzeich- nungen und Verzeichnisse über die Herkunft, Hin- tergründe und Zusammenhänge der einzelnen Funde und Objekte - aus heutiger professioneller museologischer Sicht unverständlich und unab- dingbar - weitestgehend fehlen.2 Wesentliche Hin- weise in Bezug auf einzelne Sammlungsobjekte, wie insbesondere auf die Sammeltätigkeit des His- torischen Vereins von der Gründung bis in das Jahr 1972, finden sich - wenn auch teilweise nur sum- marisch erfasst - neben gelegentlichen Notizen in den Sitzungsprotokollen oder den recht lückenhaft 1) JBL 2 (19021, S. 299 f. (JBL = Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein). 2) Erst um 1940/41 - Kanonikus Anton Frommelt hatte mittlerweile die Aufgaben des Konservators im Vorstand übernommen - wurde damit begonnen, ein Inventar der Sammlung anzulegen. Vgl. JBL 41 (1941). S. 157. «Das Bestandsbuch der Sammlung des Historischen Vereins» - im Wesentlichen ein Verzeichnis archäologischer Funde - wurde nach Anton Frömmelt leider nicht mehr weitergeführt. Das Bestandsbuch wird im Archiv des Liechtensteinischen Landesmu- seums aulbewahrt. 241