Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2001) (100)

Es gilt das gesprochene Wort GRUSSWORT VON REGIERUNGSCHEF MARIO FRICK Sehr geehrte Damen und Herren, Als Regierungschef sollte man es tunlichst vermei- den zu sagen, ein Verein sei der bedeutendste im Land. Aber sicher darf ich hier im Namen der Re- gierung die ganz besondere Wertschätzung für die Verdienste des Historischen Vereins zum Ausdruck bringen. Der Verein hat im Laufe der hundert Jah- re seines Bestehens viele wertvolle Beiträge zur Landeskunde geleistet. Wiederholt war er auch Ge- burtshelfer bei bedeutenden kulturellen Institutio- nen des Landes. Dafür ist dem Verein zu danken und diese Bemühungen möchte ich hier kurz wür- digen. Der Historische Verein wurde am 10. Februar 1901 von den angesehensten Männern des Landes gegründet. Als Gründungsdatum wurde bewusst der Anfang des neuen Jahrhunderts gewählt, denn der Verein verstand sich nie als eine Institution, die nur rückwärts schauen will. Die Geschichte soll die Lehrmeisterin sein, sagte Dr. Albert Schädler an der Gründungsversammlung. Durch das Studium der Vergangenheit wolle der Verein einen Beitrag leisten, dass wir die Gegenwart begreifen können und sich ein Blick in die Zukunft öffne. Der Verein wollte immer dem liechtensteinischen Staat und seinen Bürgern bei der Suche nach Identität hel- fen, wobei sich der Verein ständig bewusst war, dass die Frage nach dieser Identität ständig neu ge- stellt und beantwortet werden muss. Die Zielset- zung des Historischen Vereins ist eine wesentlich staatspolitische. Es gebe schon mehrere Vereine im Land, sagte Albert Schädler bei der Vereinsgründung - selbst der Sport sei in unserem Land schon vertreten. Im Gegensatz zu den andern Vereinen wolle sich der Historische Verein nicht der Lösung praktischer Fragen widmen oder einen bestimmten wirtschaft- lichen Nutzen erbringen. Der neue Verein solle ei- nen «idealen Zweck» haben, eine höhere Idee ver- folgen. Der Verein solle sich von den anderen Ver- einigungen und Organisationen dadurch abheben, dass er dem Staat und der Gesellschaft diene, dass er sich mit dem geistigen Fundament des kleinen Landes befasse. Dieser Zielsetzung ist der Verein bis heute treu geblieben. 
Als seine eigentliche Kernaufgabe sah der Histo- rische Verein die Herausgabe eines Jahrbuchs mit Aufsätzen «über die ältere, neuere und neueste Ge- schichte des Landes» an. Bemerkenswert ist dabei das Wort «neueste Geschichte» in der ältesten Fas- sung der Statuten, denn davon wollte der Verein in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg lange Zeit nichts mehr wissen. Das zeugt davon, dass der Um- gang mit der eigenen Vergangenheit nicht immer leicht war. Im Interesse des inneren Friedens woll- te man nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Auf- arbeitung der noch nicht verarbeiteten Zeitge- schichte verzichten. Es brauchte Zeit, bis die Wun- den verheilt waren. Heute ist die Zeit dafür zweifel- los reif. Seinem Hauptzweck ist der Verein bis heute treu geblieben. Das Historische Jahrbuch ist in seiner Gesamtheit das bedeutendste landeskund- liche Werk. Es enthält Beiträge aus allen Bereichen der Geschichte und ihren Hilfswissenschaften, aber auch aus der Archäologie, der Naturkunde, der Volkskunde, der Namenforschung oder der Denk- malpflege. Die wichtigsten Initianten des Vereins waren Dr. Albert Schädler und Prälat Johann Baptist Büchel. Zu den Gründungsmitgliedern zählte alles, was im Lande Rang und Namen hatte: Neben Regierungs- chef Carl von In der Maur waren fast alle Landtags- abgeordneten dabei, Landrichter Carl Blum und die Beamten, mehrere Vertreter der Geistlichkeit, einige Ortsvorsteher, Ärzte, Lehrer und Fabrikan- ten. Bereits im ersten Vereinsjahr traten auch meh- rere Mitglieder des Fürstenhauses bei. Der durch- lauchte Landesfürst und der Landtag beschlossen, dem Verein je einen Jahresbeitrag von 200 Kronen zukommen zu lassen. Damit fanden die Bestrebun- gen auf höchster Ebene Anerkennung. Auf der anderen Seite soll nicht unerwähnt blei- ben, dass sich unter den Gründungsmitgliedern keine einzige Frau befand und auch kein einfacher Bauer oder Arbeiter. Nicht nur in dieser Beziehung haben sich die Verhältnisse geändert. Im Laufe der vergangenen hundert Jahre hat sich die Zahl der Vereinsmitglie- der auf etwas über 800 vergrössert. Der Verein ist damit einer der grössten des Landes. Er trat mit 8
	        

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