Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

Einvernehmen mit dem Landtag ein.167 Dieser Antrag beinhaltet, daß die beiden Landräte vom Landtag aus der Mitte der wahlfähigen Bevölkerung zu wählen sind. Die Regierung selber soll vollkommen auf den Boden des Parlamentarismus gestellt werden.168 In der seiner Rede folgenden Debatte führt Dr. Beck aus: «Wir wollen aber eine parlamentarische Regierung und von diesem Standpunkte, den auch das Volk in seiner überwiegenden Mehrheit teilt, lassen wir uns nicht mehr abbringen», denn wer heute nicht auf dem Boden des Parlamen­ tarismus stehe, der habe geschlafen und habe «den großen berechtig­ ten Zug der Zeit» verkannt.169 Dieser Antrag und die Ausführungen von Dr. Wilhelm Beck stoßen auf seiten der der Regierung nahe­ stehenden Landtagsabgeordneten (Bürgerpartei) auf Kritik. Landes­ verweser von Imhof bezeichnet den Antrag von Dr. Wilhelm Beck einen «Eingriff in die Rechte der Krone», der ihm unangebracht er­ scheint, und stellt fest, daß für einen solchen Antrag weder die «in­ nere noch die äußere Berechtigung» gegeben sei.170 Dem Landtags­ präsidenten Dr. A. Schaedler erscheint es ein gefährliches Spiel, wenn man jedes Jahr mit Verfassungsänderungen komme. Er meint, daß sie selber dann noch verändert werden könnten. Er erinnert in die­ sem Zusammenhang an die Äußerungen des Landesverwesers von Hausen und seines Vaters sei., die gesagt hätten, die Verfassung sei «ein Kleinod, das wir hüten sollen».171 Die Bürgerpartei spricht sich gegen die Einführung des parlamentarischen Regierungssystems aus. Im L. V. vom 8. November 1918 wird die Meinung vertreten, daß der Antrag von Dr. Wilhelm Beck auf Einführung des parlamentari­ schen Regierungssystems «in irgendeiner Form, die (den) eigent­ lichen Verhältnissen angepaßt ist, auch in absehbarer Zeit in die Tat umgesetzt werden wird».172 Im Grunde genommen befürwortet die Bürgerpartei eine Änderung des Regierungssystems, lehnt aber die «Parlamentarisierung (der) Regierung»173 ab, da ein solches Regie­ rungssystem den «eigentlichen Verhältnissen» nicht angepaßt ist. In der Bürgerpartei manifestiert sich eine Haltung, die der Tradition verpflichtet ist. Eine Änderung, vor allem eine so wichtige wie die des Regierungssystems, soll in kontinuierlichen Bahnen vor sich 167 LRA Landtagsakt Jg. 1918 S 4. 169 So Dr. Beck in seiner Rede im Landtag vom 14. Oktober 1918, LRA Land­ tagsakt Jg. 1918 S 4. 169 Landtagssitzung vom 14. Oktober 1918, LRA Landtagsakt Jg. 1918 S 4. 170 Landtagssitzung vom 14. Oktober 1918, LRA Landtagsakt Jg. 1918 S 4. 171 Landtagssitzung vom 14. Oktober 1918, LRA Landtagsakt Jg. 1918 S 4. 172 Nr. 45. 173 L. V. Nr. 45, 8. November 1918. 101
	        

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