Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

die Bürgerpartei zurück. Sie entgegnete, man brauche keinen öster­ reichischen Juristen (den die Volkspartei ausersehen habe). Wenn der Landesverweser kein Jurist sei, dann wäre er von seinem Sekretär abhängig. Im übrigen sei der Sekretärsposten schon besetzt.117 Auch der Versuch der Volkspartei, an die religiösen Gefühle des Volkes zu appellieren, schlug fehl. Dr. J. Peer sei ein freisinniger Politiker. Die katholische Volkspartei wolle keinen freisinnigen Landesverweser.118 Dies war ein wenig überzeugender Einwand. Die politische Einstel­ lung Dr. J. Peers erweckte auch auf kirchlicher Seite keine Bedenken. Jedenfalls vermerkt Prinz Eduard von Liechtenstein in einem Schrei­ ben vom 6. April 1920 an Prinz Karl von Liechtenstein: «Er (Dr. Nipp) teilte mir mit, er habe bereits mit Kanonikus Büchel gespro­ chen, der keine Einwendungen gegen Peer erhebe. Im übrigen sei In der Maur auch liberal gewesen, habe aber zu keinen Beschwerden in dieser Hinsicht Anlaß gegeben. Man könne nicht viel auf diesem Gebiet verlangen.»119 Um die Widerstände gegen seine Ernennung in den Reihen der Volks­ partei zu brechen, gab Dr. Peer in einem Brief vom 3. Mai 1920 an den Obmann der Volkspartei, Anton Walser-Kirchthaler, die Versi­ cherung ab, daß er im Einverständnis mit dem Fürsten die Landes­ verweserstelle nur provisorisch annehmen werde.120 Er erachte es als seine erste und vornehmste Aufgabe, mitzuhelfen, daß einer Gefähr­ dung des Friedens zwischen Fürst und Volk auf dem Wege rasche­ ster Anbahnung einer Verfassungsrevision vorgebeugt werde. Dieses einseitige Versprechen vermochte aber die Volkspartei nicht zum Ein­ lenken zu bewegen. Nachdem auch die im Auftrage des Landesfürsten durchgeführten Vermittlungsversuche des Prinzen Johannes von Liechtenstein am 21. Mai 1920 in Vaduz erfolglos geblieben waren — die Volkspartei beharrte nach wie vor auf ihrer Forderung nach einer einheimischen Regierung —121 machte sich in gewissen Kreisen der Wunsch nach einer Volksabstimmung über die Landesverweserfrage bemerkbar. Doch beide Parteien gaben in den ihnen nahestehenden Landeszei­ tungen zu verstehen, daß eine Volksabstimmung nicht in Frage 117 Gemeint ist damit J. Ospelt. Vgl. L. V. Nr. 31, 17. April 1920 (Liechtenstein den Demagogen?). 118 Vgl. O. N. Nr. 35, 1. Mai 1920 (Protest). 119 LRA SF Präsidialakten 1920, ZI. 62. 120 
Veröffentlicht in L. V. Nr. 40, 19. Mai 1920. 121 Vgl. O. N. Nr. 42, 26. Mai 1920; L. V. Nr. 43, 29. Mai 1920. 89
	        

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