Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

unter Bezugnahme auf die «alte Ordnung» fürstentreue Gesinnung zu dokumentieren versucht wird. Neben diesen staatspolitischen Überlegungen führte die Bürgerpartei auf die Person Dr. Josef Peers bezogene Gründe ins Feld, die für dessen Berufung zum Landesverweser sprachen. Es wird geltend gemacht, er stehe über den Parteien — dieses Argument wird von der Volks­ partei in Zweifel gezogen, indem sie ihren Befürchtungen Ausdruck verlieh, er werde die Verfassung im Sinne einer «Gruppe»109 ausar­ beiten und einen Wirtschaftsanschluß an einen gesunden Staat (Schweiz) hintertreiben110 — und kenne den Charakter des Liechten­ steiners und die liechtensteinischen Verhältnisse. Überdies sei er ein anerkannt tüchtiger Verwaltungsmann.111 Diese Eigenschaften bewo­ gen den Landesfürsten, ihn zum Landesverweser zu ernennen.112 Die politischen Vorstellungen der Volkspartei in bezug auf eine Re­ gierungszusammensetzung scheiterten vornehmlich daran, daß es für das Landesverweseramt keinen geeigneten Liechtensteiner gab, der zu diesem Zeitpunkte das Vertrauen der Mehrheit des Volkes beses­ sen hätte. Ein früherer Wortführer der Volkspartei, Landtagspräsi­ dent Fritz Walser, wies recht eindrücklich auf diesen wunden Punkt hin.113 Diese Äußerung wird ihm von der Volkspartei bitter ver­ merkt. Sie erinnert ihn an seine Erklärung im Landtag vom 12. No­ vember 1918, in der er als Landtagsvizepräsident den Vorsitz ge­ führt hatte.114 Die Volkspartei unternahm verschiedene Versuche, um aus dieser zerfahrenen Situation herauszukommen. Inoffiziell waren einige mögliche liechtensteinische Kandidaten für den Landesverwe­ serposten im Gespräch, wie z. B. Direktor J. Gassner aus Innsbruck und Dr. E. Beck in Bern.115 Den Vorschlag, den Sekretärposten mit einem Juristen zu besetzen, damit das Landesverweseramt für einen Nicht-Juristen, m. a. W. für einen Liechtensteiner, frei würde,118 wies 109 Gemeint war damit die Bürgerpartei. 110 Siehe dazu die Ausführungen in den O. N. Nr. 35, 1. Mai 1920 (Protest), und im L. V. Nr. 35, 1. Mai 1920 (Zur Landesverweserfrage). 111 Vgl. L. V. Nr. 31, 17. April 1920 (Liechtenstein den Demagogen?). 112 So in L. V. Nr. 43, 20. Mai 1920 (Zur Tagesfrage), L. V. Nr. 51, 26. Juni 1920 (Die Landesverweserfrage in Liechtenstein). Iis Ygj daZu L. V. Nr. 36, 5. Mai 1920 (Die Versammlung vom 2. Mai in Vaduz), in Vgl. dazu O. N. Nr. 33, 23. April 1920 (Zur Landesvogtschaft). 115 Das geht aus dem Schreiben des Prinzen Karl von Liechtenstein an den Lan­ desfürsten vom 11. Dezember 1918 und 12. Dezember 1918 und aus dem Schreiben des Prinzen Karl von Liechtenstein an seinen Onkel Prinz Karl von Liechtenstein vom 2. Februar 1919 hervor (Akten im LRA). 116 Einem solchen Vorschlag wäre der Lahdesfürst nicht abgeneigt gewesen. Vgl. LRA Wiener Gesandtschaftsakten. Schreiben Dr. O. Walser an Reallehrer G. Schaedler vom 10. Oktober 1919. 88
	        

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