Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

In der Landtagssitzung vom 7. November 191873 erklärte Landes­ verweser von Imhof gegenüber dem Landtag seinen Rücktritt und begründete ihn damit, daß eine allgemeine Vertrauensbasis nicht mehr bestehe. Er ersuchte den Landtag, einen provisorischen Voll­ zugsausschuß aus Männern des Landes zu wählen, und vertrat ent­ gegen der in der Landtagssitzung vom 14. Oktober 191874 geäußerten Ansicht die Meinung, eine solche Vorgangsweise sei verfassungsge­ mäß. Er wollte seine Handlungsweise (Demission), wie aus dem Ent­ wurf zu seiner Rede hervorgeht, so verstanden wissen, daß sein Vor­ schlag, einen provisorischen Ausschuß zu bestellen, «bis zum Herab­ langen der Höchsten Entschließung» als Not- und Übergangslösung gelten sollte.75 Eine rechtlich andere Bedeutung maßen dieser Demis­ sion und Wahl eines Vollzugsausschusses die Abgeordneten um Dr. Wilhelm Beck bei. Für sie stellte der provisorische Vollzugsausschuß die rechtmäßige Regierung dar, die allenfalls noch vom Landes­ fürsten bestätigt werden mußte. Den Nachweis der Verfassungs­ mäßigkeit der Wahl des provisorischen Vollzugsausschusses, die in der Rechtsliteratur einhellig76 als Verfassungsbruch dargestellt wird, haben sie nie erbracht. Landtagspräsident Dr. Albert Schaedler ver­ suchte vergeblich, eine Beschlußfassung wegen des «außerordentlich wichtigen Inhalts» auf eine nächste Sitzung zu verschieben.77 Auch die Bedenken des Landesvikars, Kanonikus Büchel, der eine Regie­ rungswahl ohne Wissen und Willen des Fürsten als einen «eklatan- te(n) Eingriff in die Rechte des Fürsten und eine Verletzung der Ver­ fassung» bezeichnete,78 wurden übergangen. Ebenso war seinem An­ trag auf geheime Abstimmung kein Erfolg beschieden. Mit 12 Stim­ men gegen die 3 Stimmen der fürstlichen Abgeordneten (Dr. Albert Schaedler, Landesvikar Kanonikus Büchel und Johann Wohlwend) wurde ein provisorischer Vollzugsausschuß bestellt, dem auf Vor­ 73 Die Darstellung dieses Ereignisses vom 7. November 1918 stützt sich auf einen Beitrag von Dr. A. Schaedler in JBL 21, 38 ff und auf Zeitungsinformationen, die übernommen werden, soweit sie glaubwürdig erscheinen. Wie dem Rechen­ schaftsbericht der Regierung an den Landtag vom 12. Oktober 1922 zu ent­ nehmen ist, sind die in diesem Zusammenhang maßgebenden Landtagsproto­ kolle, die vom 7. November, 2. und 9. Dezember 1918 und 27. Oktober 1919, nicht mehr auffindbar. Weitere Literaturhinweise zu diesem Ereignis bei Pap­ permann E., Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein, 1967, 39, Fußn. 140. 74 Vgl. dazu Fußn. 71. 75 Zitiert aus: Dr. Eduard Prinz von Liechtenstein, Liechtensteins Weg von Öster­ reich zur Schweiz, 8. 76 Vgl. Pappermann E., 39, Fußn. 145 mit Literaturhinweisen. 77 L. V. Nr. 46, 15. November 1918 (Zur Landtagssitzung vom 7. des Monats). 78 Zitatangabe in Fußn. 77. 81
	        

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