Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

ordentliche, disproportionierte politische Fähigkeit bei einem Teil, bei wenigen Bürgern oder einem einzelnen zeigt. Hier sind verschiedene Alternativen zu berücksichtigen und jede findet ihre Lösung wieder im Hinblick auf das «allgemeine Inter­ esse». Als erstes gilt: Kein Teil kann aufgrund seiner relativen Überlegen­ heit und Stärke die Verfassung einfach für sich beanspruchen. Das Pochen auf die Überlegenheit zerstört jede Proportion. Die Menge, die wenigen oder auch ein einzelner könnte so seine Tyrannei recht­ fertigen. Alle Beteiligten müssen das übergeordnete Interesse, näm­ lich das Zusammenwirken aller nützlichen Teile, die durch die Ver­ fassung geordnet, ein größeres Ganzes bilden können, anerkennen. Ein disproportioniert großer Einfluß eines Teiles ist immer eine Schwierigkeit für den ganzen Staat, und insofern hat die Einrich­ tung des Scherbengerichtes, wodurch so ein Einfluß gebrochen wird, eine gewisse Berechtigung. Eine besondere Schwierigkeit stellt sich aber, wenn eine Gruppe oder ein einzelner im Staat so gut und tüchtig ist, daß sich das, was alle anderen ohne diese erreichen, nicht mit dem vergleichen läßt, was ihr Wirken für alle bedeuten könnte (vgl. 1283 b 1—1284 b 34). In diesem Fall liegt, so muß man Aristoteles verstehen, kein dispro­ portioniertes Verhältnis eines Teiles zu einem Ganzen vor, sondern das Wirken der so hervorragend Tüchtigen stellt für die Gemein­ schaft ein neues Ganzes dar, zu dem sich die übrigen relativ verhal­ ten. Es ist das der Fall der königlichen Herrschaft im ersten Sinne des Wortes. Aristoteles unterscheidet mehrere Begriffe der Königs­ herrschaft: eine konstitutionelle Monarchie, die Herrschaft des Kö­ nigs in besonderen Fällen, etwa als oberster Befehlshaber im Krieg, ein nurmehr repräsentatives Königstum. Das alles sind ausgezeich­ nete Dienste einzelner, die in die Verfassung eingebaut wurden (vgl. 1284 b 40—1286 a 7). Die Königsherrschaft im ersten Sinn ist aber jene, worin einer oder eine Familie in der Fähigkeit das Gemeinwohl zu fördern alle übri­ gen so überragt, daß sich das Wirken der anderen als Ganzes nicht mit dem ihren vergleichen läßt. Hier wird nicht die Proportion un­ ter Verhältnisgleichen und also die Verfassung nach dem Gesetz den Staat begründen. Es wird die überlegene Weisheit der einen, getragen von Bürgern, die frei eine solche Überlegenheit anerkennen, ein zwei­ tes Modell von Verfassung hervorbringen. Die Bürger werden nicht nach einer unter ihnen ermittelten Proportion, sondern sie werden 39
	        

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