Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

EI. Die Selbständigkeit ist das Ziel und das Beste23 Mit dem dritten Buch treten wir in die Analyse des politischen Ver­ hältnisses ein. Dies ist ja noch nicht geschehen. Die Untersuchungen bezogen sich bisher auf die Hausgemeinschaft und auf die Frage, wie weit diese der staatlichen Gemeinschaft vorgeordnet sei. Das bürgerliche Verhältnis stellt sich in einer ganzen Reihe von Ab­ wandlungen entsprechend den verschiedenen Verfassungen verschie­ den dar. Das Studium aller dieser Formen füllt die Bücher drei und vier. Es ist wichtig, daß wir uns durch formale Überlegungen über Verfassungsformen hier nicht verwirren lassen. Aristoteles warnt gleich zu Beginn davor. Man kann die Verfassungen nicht an sich werten und verstehen wollen. Man muß wissen, was der Staat ist.24 Wir haben schon eingangs darauf hingewiesen, wie man den Aufbau der Politik zu verstehen hat. Wohl kann ja von einem Staat nur ge­ sprochen werden insofern eine Ordnung besteht, die bestimmt, wer in ihm regiert. Und insofern ist die Verfassung für das Bestehen von Staat konstitutiv. Aber grundsätzlich bezieht sich die Verfassung auf den Staat und so geht es nun, wenn man den Uberblick behalten will, nicht um Verfassungen im formalen Sinn, sondern um Verfas­ sungen, insofern der Staat in ihnen besteht. Der Begriff der Verfas­ sung wird notwendig bis zu jenem Punkt zu vertiefen sein, wo sich 23 'H 6' aÜTdpxEia xai xeXo; xai ßeXtujTov (1253 a 1) Zum Schlüsselwort Autarkie, sich selbst genug, siehe auch 1261 b 11 —15 «Das Haus ist mehr autark als der Einzelne, der Staat mehr autark als das Haus, ja er ist erst autark, wenn die Gemeinschaft der Menge autark geworden ist.» Hier kommt sehr gut zum Ausdruck: Autarkie ist bei Aristoteles nicht ein bloß wirtschaftlicher, sondern ein wesentlicher Begriff. Als solcher ist er wie das Wesen analog. Derselbe Inhalt stellt sich auf verschiedenen Seinsebenen ver­ schieden dar. Im Wesen sich selbst genügend ist das Ganze und nicht der Teil. Die Autarkie darf also nicht bloß auf materielle Bedürfnisse bezogen werden. Die Reihe wäre hier endlos, niemals sich selbst genügend. Die Autarkie ist Zustand eines lebendigen Ganzen, wonach dieses in der Lage ist über seine materiellen Voraussetzungen hinreichend zu verfügen und sich so selbst zu erhalten. Autarkie setzt also ein Ziel und Ende, Grenze des Notwendigen vor­ aus, die durch eine übergeordnete Bestimmung gegeben ist. In diesem Sinn bedeutet Sich-selbst-genügen Selbständigkeit, dann auch Beanspruchen des eige­ nen Rechts. Damit ist Autarkie Voraussetzung der Souveränität und diese ist ihre erste Folge. 24 Vgl. 1274 b 32—38. Viele Deutungen der «Politik» übersehen diesen unseres Erachtens nach bedeutenden Punkt und geraten dann bei Buch drei und vier in einen Irrgarten von Widersprüchen. 29
	        

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