Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

worden.112 Dasselbe könnte der Fall sein, wenn wir über potente Groß-Radiosender verfügten.113 Gefahren könnten drohen, wenn wir als Steuerparadies allzusehr hervorträten.114 Es wäre gefährlich, unter Verkennung unserer Grenzen den Goliath spielen zu wollen.115 In diesem Zusammenhang ist auch die Neutralität ein weiteres Mittel. Maß und Zurückhaltung werden auch in Zukunft ein notwendiger Schutz nach außen sein. Ein kleines Land wie Liechtenstein darf sich nicht zu sehr exponieren. Dies darf nicht mit mangelnder Festigkeit verwechselt werden. Maßhalten im Innern. Wir wissen, in welche Abhängigkeiten (vgl. Ausführungen im I. Teil, 1) Übertreibungen führen können. Eine der größten Gefahren für unser Land liegt wohl darin, daß wir finanziell und wirtschaftlich und lebensstandardmäßig zu stark abhängig werden. Meist hat dies auch sonstige Verzerrungen im gesellschaftlichen Gefü- 112 Vgl. die neueste Besetzung und Aufteilung der Spanischen Sahara durch Ma­ rokko und Mauretanien (Phosphatvorkommen) und die Geltendmachung alge­ rischer Interessen (Zugang zum Meer); oder die Intervention ausländischer Truppen, ja von Supermächten zur «Befreiung» Angolas (Rohstoffe und Erdöl sowie politisch-strategische Bedeutung). m Vgl. Jansen, Norbert, Radio Liechtenstein — Der Liechtensteiner Landessender (1938—1939), in JBL 73, 192 f. Erfahrungsgemäß kommt den Radiostationen auch innenpolitisch große Bedeutung zu, um über die «Besetzung» solcher Stationen revolutionäre Bewegungen an die Macht zu bringen. 114 Auch übermäßiger Wohlstand kann nachteilig wirken. Besonders das wichtige Verhältnis zu den unmittelbaren Nachbarn St. Gallen, Graubünden und Vor­ arlberg kann dadurch belastet werden. 115 Vgl. in diesem Zusammenhang Rede Josef Hoop am 11. 12. 1938 in Eschen. Re­ gierungschef Hoop beschwor dabei die Zukunft Liechtensteins, «in der es be­ scheiden und friedlich, und ohne Not und frei auf seiner Scholle leben» könne. Liechtenstein habe «den Stürmen von sechs Jahrhunderten getrotzt, so wie ein schwaches Rohr dem Sturme standhält, während ein mächtiger Baum von ihm zu Boden gerissen wird». Zu dieser Rede berichtete das Deutsche General­ konsulat am 15. 12. 1938 an das Auswärtige Amt nach Berlin: «Der Geist, den diese Rede atmet, läßt sich mit einem Wort kennzeichnen: liechtensteinisch. Zwerghaft wie der Staat ist das Lebensideal, das der erste Regierungsbeamte für seine Bevölkerung aufgestellt hat: klein, bescheiden, genügsam für sich zu leben, möglichst wenig Steuern zu zahlen, das materielle Wohlergehen zu pflegen und dem Einzelnen möglichst große Freiheit der Meinungsäußerung und der Kritik zu sichern. Pulsierendes Leben, Disziplin, Opferbereitschaft, große nationale Ziele sind von diesem Standpunkt aus keine Vorzüge, sondern Nachteile, mit denen man den braven Liechtensteiner gruselig machen kann . .. Bemerkenswert ist auch, daß der deutsche Charakter der liechtensteinischen Bevölkerung in der Rede mit keinem Wort erwähnt wird. — So schnecken­ klein das politische Gehäuse ist, das in dieser Rede als Idealzustand hingestellt wird, so kann doch nicht bezweifelt werden, daß die Mehrheit der Bevölke­ rung ebenso denkt und fühlt; in diesem rein deutschen Ländchen ist der ge­ samtdeutsche Gedanke so verkümmert,...» 202
	        

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