Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

II. Teil: Ziele und Strategien 1. Ziele Mir scheinen drei Ziele im Vordergrund zu stehen: die Erhaltung der staatlichen Unabhängigkeit, die Gewährleistung einer 
Ordnung der Geltung der Person und schließlich die nach außen wirkende 
inter­ nationale Solidarität.102 Während die Erhaltung der Unabhängigkeit dem Kleinstaat heute besondere Probleme aufgibt, bieten sich dem Kleinen in bezug auf die beiden anderen Ziele aufgrund der beson­ deren Eignung spezielle Chancen an. Sie mögen die Schwächen in bezug auf das Unabhängigkeitsziel aufwiegen. 102 Die staatlichen Ziele sind als solche nicht ohne weiteres identisch mit den *Strukturelementen des Kleinstaates•» (Batliner, Gerard, in LPS 1, 11 ff., bes. 16 ff.). Ausgangspunkt für die «Strukturelemente» waren die spezifischen Strukturen und damit die natürlichen Merkmale und Eignungen des Klein­ staates. So steht der nicht autarke Kleinstaat von seiner Dimension her not­ wendig in besonders starker ständiger Kommunikation mit der Außenwelt (LPS 1, 18). Sein Ziel ist es jedoch, trotz des Faktums der Kommunikation eine größtmögliche, wenigstens relative Unabhängigkeit zu wahren, d. h. die Kommunikation nicht übermächtig einseitig werden zu lassen, die den Klein­ staat unter totalem Einfluß und in volle Abhängigkeit von außen bringt, ihn allmählich auflöst, und er aufhört, ein Eigenleben zu besitzen. — Geltung der Person (LPS 1, 16): Sie zu verwirklichen muß ein vorrangiges Ziel jeden Staa­ tes sein. Doch während beim großen Staat dies ein mehr oder weniger schwie­ riges anzustrebendes Ziel bleibt, bringt der Kleinstaat hier auch schon natür­ lich gegebene Strukturelemente mit: die Stellung des einzelnen ist eine grund­ legend andere, je nach dem Verhältnis eins zu ein paar Tausend oder eins zu hundert Millionen. Der Kleinstaat als Friedensordnung (LPS 1, 17) besitzt eine faktische wie eine Zieldimension: Von seiner geringen Größe (Strukturelement) her ist er nur beschränkt in der Lage, viel Gewalt nach innen und nach außen auszuüben. Darüberhinaus muß es aber auch Ziel jeden, besonders des kleinen, wenig geschützten Staates sein, einen aktiven Beitrag an den Frieden der Welt zu leisten. Doch diese Zielsetzung ist letztlich ein Bestandteil des Solidaritäts­ zieles. — Der Kleinstaat als Lebenseinheit internationaler Solidarität (LPS 1, 17 f.): Solidarität im Sinne einer faktischen Mithaftung oder eines Nicht-Ent- rinnen-Könnens in bezug auf die großen Entwicklungen in der Welt ist heute eine elementare Grundgegebenheit aller, besonders auch der kleinen Staaten. Dennoch ist es oft schwierig, von dieser faktisch gegebenen Solidarität zur aktiven Solidarität vorzustoßen, so sehr sie heute zu den notwendigen staat­ lichen Aufgaben (Zielen) zählt. Wer selbst schutzbedürftig ist, müßte um die Schutzbedürftigkeit derer wissen, die ebenso schwach sind. Wie aber die Er­ fahrung zeigt, können gerade kleine Staaten und Minoritäten gegenüber ande­ ren (wohl aus ihrer Abwehrstellung heraus) sehr hart und besitzversessen sein (vgl. hiezu Frei, Daniel, Strategien zum Umgang mit Abhängigkeit, Kleine Studien zur Politischen Wissenschaft Nr. 53, Universität Zürich 1975, 8 Ziff. 2). Während das Ziel der Geltung der Person (Freiheitsrechte, Gleichheit, Volks­ wohlfahrt) in der Verfassung in mancherlei Bestimmungen verankert ist, fehlen entsprechende Vorschriften in bezug auf das Unabhängigkeits- und das Soli­ daritätsziel. Das Unabhängigkeitsziel erscheint jedoch in der Verfassung als 197
	        

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