Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

3. Folgerungen So erscheint unser Staat heute in einer teils günstigen, teils auch un­ günstigen Lage. Manches davon ist fest gegeben, manches das Ergeb­ nis unseres Verhaltens. Viel Positives ist geleistet. Dennoch wird der Staat von innen und außen bedrängt. Abhängigkeiten, Verzerrungen und Einseitigkeiten im gesell­ schaftlichen Gefüge, Habgierigkeiten einer einzigen Generation auf Kosten der künftigen und Risiken sind entstanden. Meistens sind wir in die heutige Lage einfach hineingeschlittert. Einwirkungen von außen kommen hinzu. Die Staaten werden heute von weltweiten Ab­ hängigkeiten und Einflüssen durchwirkt. Die großen Probleme sind nicht mehr auf nationaler Ebene allein zu bewältigen. Die ehemals eher festgefügte Staatenwelt ist in einen neuen, flüssigeren Aggregat­ zustand der Zusammenarbeit getreten. Um in diesem Zustand nicht aufgelöst oder von jeder neuen Welle der Entwicklung überspült zu werden, bedarf es einiger Festigkeit. Dies gilt noch mehr für ein kleines Land, mit seinem «Mangel an Stoff und Kraft» (Carl Schäd- ler), seinem «Punktedasein» (Hans Brunhart), bestehend aus einer «Addition von Grenzen» (Robert Allgäuer), dessen Verwobenheiten mit der Außenwelt besonders stark und augenfällig sind. In solcher Lage ist, fernab aller Parteipolitik, ein grundlegender Kon­ sens über das Leitbild, die Ziele und Möglichkeiten unseres Staates vonnöten. Die Liechtensteiner wollten zwar keine Deutschen sein90, sie wollen keine Österreicher werden91 und auch kein Schweizer Kanton sein92. Dieser Wille ist schon viel, grundlegend. Doch genügt diese bloß äußerliche Abscheidung, wenn wir alle immer abhängiger oder glei­ cher werden, wenn wir nur noch künstliche Konstruktionen aufrecht­ erhalten, die beim ersten Stoß einstürzen? Peter Kaiser mahnte schon 1848 in einem Schreiben aus Frankfurt93: «Wenn das Ländlein nichts Eigenthümliches hat, ... i st es dann nicht besser, es sei ganz österreichisch?» Ein «Als-ob-Staat» (Georg Malin) kann «im rauhen Wind internationaler Beziehungen» nicht beste­ 90 Goop, Adulf (siehe Anm. 64), 292 ff., bes. 299 f.: «94,5% aller stimmberech­ tigten Liechtensteiner sprachen sich (im Jahre 1939) für die Unabhängigkeit des Landes aus.» Vgl. auch hinten Anm. 139. 91 Gyger-Kranz-Niedermann (siehe Anm. 45), 137, 194 ff. 92 Gyger-Kranz-Niedermann (siehe Anm. 45), 139 f., 196 ff. 93 Bericht an den Landesverweser Menzinger über die Tätigkeit der Frankfurter Nationalversammlung vom 2. 7. 1848, Liechtensteinisches Landesarchiv, Peter Kaiser-Akten. 194
	        

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