Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

genügend repräsentiert.59 Auf diese Weise verlagert sich die Macht vom Volke weg. Kann die 
Regierung mit nur zwei vollamtlichen Mitgliedern noch ihren Aufgaben gerecht werden? 1975 hatte sie über 4000 Geschäfte zu erledigen. Ist es so nicht verständlich, daß sich allmählich immer mehr Kompetenzen einseitig auf die Verwaltung verlagern, sei es formell, sei es faktisch (weil die Regierung teilweise die von der Ver­ waltung vorbereiteten Geschäfte oft nur noch formal erledigen kann); Verlagerung auf eine Verwaltung, deren Kontrolle durch die über­ lastete Regierung zunehmend erschwert ist; Verlagerung auf eine Ver­ waltung, die sich im Unterschied zu den Regierungsmitgliedern nicht alle vier Jahre persönlich zur Wahl stellen muß. Unsere 
Verwaltung hat in all den Jahren bedeutende, oft ungesehene, undankbare oder verkannte, getreue Dienstleistungen erbracht und erbringt sie heute noch. Doch unaufhaltsam wird der Verwaltungs­ apparat größer. Ende April 1976 umfaßte er 241 (Ende 1960: 82) Beamte und Angestellte (ohne Lehrerschaft).60 Die Entwicklung der Verwaltung hat drei Komponenten: In unserer hochgezüchteten Ge­ sellschaft sind die staatlichen Aufgaben umfassender und komplizier­ ter (Ordnungs-, Sicherheits-, Bildungs-, Sozial-, Verteileraufgaben) geworden. Die Aufgaben werden verstärkt durch Begehren, die allzeit und allseits an den Staat herangetragen werden. Schließlich wohnt 59 Ein besonderes Problem der demokratischen Repräsentation bildet die Stellung der stellvertretenden Abgeordneten. Um bei unserem derzeitigen Zwei-Parteien- System stellvertretender Abgeordneter zu werden, ist im wesentlichen nur eines erforderlich, nämlich, von einer FBP- oder VU-Wählergruppe auf die Land­ tagskandidatenliste (Wahlliste) gesetzt zu werden. Dann ist einem Kandidaten der Eintritt in den Landtag auch ohne genügend breite Zustimmung der Wäh­ ler praktisch sicher. Denn jede im Landtag vertretene Fraktion kann ebenso- viele stellvertretende Abgeordnete mitbringen, wie ordentliche Abgeordnete. Heute gibt es im Oberland 4 stellv. Abgeordnete der FBP 4 stellv. Abgeordnete der VU im Unterland 2 stellv. Abgeordnete der FBP (zufolge Verzichts eines stellv. Abgeordneten) 3 stellv. Abgeordnete der VU Jeder stellvertretende Abgeordnete ist nach der heutigen Geschäftsordnung direkt in Landtagskommissionen wählbar. Noch wichtiger ist, daß jeder solche Abgeordnete, falls er stellvertretend an Landtagssitzungen selbst teilnimmt, mit seiner Stimme über die Annahme oder Ablehnung aller noch so bedeutenden Vorlagen und Anträgen mitentscheidet oder bei knappen Stimmenverhältnissen gar mit seiner Stimme «entscheidet». An den 11 Sitzungstagen der öffentlichen Geschäftssitzungen des Landtags 1974 nahmen durchschnittlich nahezu 3 stellvertretende Abgeordnete teil; an den 10 Sitzungstagen 1975 waren es durchschnittlich nahezu 2,5 stellvertretende Abgeordnete (teils nur halbtags). 80 Gemäß Angaben des Amtes für Personal und Organisation. 181
	        

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