Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

gewährleistet ist. So wurde der liechtensteinische Rechtsstaat nach einem Bonmot auch schon als «Rechtsmittelstaat» (Gregor Steger) bezeichnet. Nach Pierre Raton besitzt Liechtenstein ein sehr bedeu­ tendes Rechtsschutzsystem, und die «Position der Richter ist sehr stark».55 Eine solche staatliche Ordnung gibt oder beläßt dem einzelnen eine starke Stellung. Sie wird 
verstärkt durch jaktische Gegebenheiten: Noch(!) besitzt Liechtenstein überschaubare Verhältnisse, und der Bürger fühlt sich im Staat nicht anonymen Apparaten oder undurch­ sichtigen Entscheidungsprozessen ausgeliefert, und das Gewicht der einzelnen Stimme ist bedeutend. Der besonderen Kleinheit des Staates wegen ist fast jedermann in staatlichen oder kommunalen Behörden, in Parteiorganisationen oder andern öffentlichen Gremien persönlich in Anspruch genommen oder durch Verwandte mitberücksichtigt und beteiligt. Dies schafft Einfluß und eine ungewöhnliche politische In­ tegration56 zugleich. Zusammenfassend: Musterhaftes, dem kleinen Staatswesen Solidität verleihendes Mischsystem der Staatsformen, allseitig verstrebt und gehalten, in seiner demokratischen Komponente Beweglichkeit, in seiner monarchischen Komponente Stabilität gewährend, ausgewo­ gen57 und unter Kontrolle, den Minderheiten politisches Gewicht und jedem einzelnen Rechtsschutz anbietend, mit überschaubaren Ver­ hältnissen und starker politischer, einflußsichernder und integrieren- oder eine Verordnung als verfassungs- oder gesetzeswidrig erscheint, das Ver­ fahren unterbrechen und die Frage dem Staatsgerichtshof zur Prüfung unter­ breiten. — Vor der Instanz des Verfassungsgerichtshofes hält kein verfassungs­ widriges Gesetz Stand, auch wenn es nebst der Sanktion des Fürsten auf die Zustimmung der Mehrheit des Volkes (Volksabstimmung) gefunden hat. Der gesamte Stufenbau der Rechtsordnung ist dadurch geschützt. M Vgl. z. B. Ritter (siehe Anm. 52). 65 Raton, Pierre, Liechtenstein — Staat und Geschichte, Vaduz 1969, 134 f.; vgl. auch Niedermann, Dieter J., Liechtenstein und die Schweiz — Eine völker­ rechtliche Untersuchung, LPS 5, 31. Das ausgewogene Rechtsschutzsystem schließt jedoch Mängel im praktischen Funktionieren desselben nicht aus, wenn der Geschäftsgang zufolge ungenügen­ der Besetzung und Überlastung einzelner Gerichte gelegentlich schleppend ist. Vgl. Anm. 63. 56 Das Milizsystem in Landtag und Gemeinderat, die Personalunion von im priva­ ten Wirtschaftsleben stehenden Behördemitgliedern gewährleistet eine weitere integrierende Verbindung zwischen Gesellschaft und Staat. 57 Wie weit soll dem Vorschlag von Ernst Pappermann (siehe Anm. 46), 131 ff., nach verstärkter Einbindung des fürstlichen Notverordnungsrechts (Art. 10 der Verfassung) gefolgt werden? Jedenfalls bedarf jede Notverordnung der Gegen­ zeichnung des Regierungschefs. Das Instrument ermöglicht in schwersten Krisen­ zeiten gerade im schwachen Kleinstaat eine starke Führung. Vgl. Steger (siehe Anm. 49), 77 ff. 179 12»
	        

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