Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

II. Der Mensch, das staatenbildende "Wesen Wir müssen direkter zum Thema vorstoßen. So wie in der griechi­ schen Kunst der Leib frei dargestellt wird, so fällt in der neuen Weis­ heit der Mythos gegenüber dem Begriff. Das Bild, der Mythos, mit dem die alte Weisheit gearbeitet hatte, um Einsichten zu vermitteln, wird verlassen und an,;seine Stelle tritt der Logos, der Begriff. Das Sezieren, das vor nichts Halt macht, um zu den Grundlagen vorzu­ stoßen, wird Methode, damit leider auch ein Apparat von Formeln und Begriffen, durch den sich der durcharbeiten muß, der griechi­ sches Denken mit vollziehen will. Der Meister dieser Schule ist Aristoteles. Sokrates hatte noch mit der Frage, dem Paradox und der Ironie gearbeitet, Piaton mit Bild und Mythos. So wurden die Probleme gestellt. Die Frage, vor der wir mit Aristoteles stehen, ist, ob und wie er sie mit seinem Begriffsappa­ rat löst. Wenn wir uns aus dieser Perspektive an die Lektüre der aristoteli­ schen «Politik» heranmachen — jene Schrift von acht «Büchern» oder Kapiteln, in denen uns seine Überlegungen zum Thema Staat erhalten sind — so können wir rasch über die Frage ihrer Entste­ hungsgeschichte und einheitlichen Abfassung, die die Gelehrten des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufgehalten hat, hin­ weggehen.9 Der Text präsentiert sich dann nicht als eine Serie von interessanten Bruchstücken. Es zeigt sich eine Reihe von Überlegun­ gen, die einer Lösung zusteuern. Aber die Methode des Aristoteles bleibt verblüffend trocken und direkt, stellenweise abrupt. Man darf daran erinnern, daß die aristotelischen Texte bestenfalls nicht mehr sind, als Skizzen zu Vorlesungen und Seminaren, wie der Philosoph sie hielt, und die daher auf den Schüler weniger unvermittelt wirk­ ten. Wir müssen bereit sein, über diese Schwierigkeit hinweg die Begriffe so zu erarbeiten, wie sich diese dem Autor der Vorlesungs­ skizzen selbst darstellten.10 9 Zu dieser Kontroverse: Jaeger W.: Aristoteles von Arnim H.: Zur Entstehungsgeschichte. Aber auch noch eine Reihe anderer: etwa schon Susemihl, Zürcher, Gohlke etc. 10 Zum Text: Ross, Aristotelis Politica hält sich eng an die berühmte Ausgabe von Bekker und gibt das Referenzsystem wieder, nach dem auch wir zitieren. Unter den deutschen Ubersetzungen gefällt uns jene von O. Gigon, Aristoteles Politik am besten. 1976 neu aufgelegt bei Ex Libris. Wir erlauben uns, nach Gigon und dem Text von Ross mit kleinen Abweichungen zu zitieren. 18
	        

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