Verweigerung der Rechtshilfe Von wesentlich größerer Bedeutung ist der erwähnte materielle Grundsatz. Dieser besteht darin, daß sich Liechtenstein auch in einem Rechtshilfeverfahren eine beschränkte Prüfung des Gegenstandes des Strafverfahrens vorbehält und unter Umständen auch Vertragsstaaten gegenüber keine Rechtshilfe leistet. Liechtenstein leistet den anderen Staaten Rechtshilfe nicht aus der Inanspruchnahme einer eigenen Strafhoheit, sondern aus dem Willen heraus, geordnete völkerrechtliche Beziehungen des eigenen Staates mit anderen Staaten zu unterhalten.13 Die Leistung von Rechtshilfe kann aber nicht uneingeschränkt und ohne Rücksichtnahme auf eigene Interessen erfolgen. Aus diesem Grunde hat Liechtenstein in allen von ihm eingegangenen vertraglichen Bindungen entsprechende Vorbehalte gemacht. Solche Vorbehalte finden sich z. B. in Art. 1 des allgemeinen Rechtshilfeabkommens mit der Republik Österreich vom 1. 4. 1955, in Art. 2 des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen und in den Art. 3 bis 5 des Europäi schen Auslieferungsübereinkommens. Nach diesen Vorbehalten kann Liechtenstein auch in Strafsachen jede Rechtshilfe verweigern, wenn es sich um Strafsachen handelt, welche vom ersuchten Staat als politische, als mit solchen zusammen hängende oder als fiskalisch strafbare Handlungen angesehen werden. Unter den Begriff der fiskalisch strafbaren Handlungen fallen nach liechtensteinischer Auffassung z. B. Steuer-, Zoll-, Abgaben- und Devisenstrafsachen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Tat sache, daß der ersuchte Staat darüber entscheidet, ob es sich um ein Fiskalstrafverfahren handelt oder nicht. Die offizielle Bezeichnung des Strafverfahrens ist dabei ohne Bedeutung. Rechtshilfeersuchen müssen gemäß Art. 14 des Europäischen Rechtshilfeübereinkommens eine Sachverhaltsdarstellung enthalten, und zwar — nach liechten steinischer Ansicht — eine solche, welche eine verläßliche Aussage über den tatsächlichen Gegenstand des Strafverfahrens enthält. Auf grund dieser Sachverhaltsdarstellung erfolgt dann die Beurteilung durch den ersuchten Staat. Wo eine ausreichende Sachverhaltsdar stellung fehlt, werden entsprechende Ergänzungen verlangt. 13 So das Liechtensteinische Obergericht in Entscheidungen vom 29. 12. 1975 zu Rs 6/75, Rs 61/75 und Rs 79/75. 150