Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

vom Landesfürsten. Die Regierungsmitglieder sind aufgrund der in der Verfassung (Artikel 78 und 80) verankerten Verantwortlichkeit vom Landtag abhängig, zugleich von ihm unabhängig, da ihm gemäß Artikel 80 der Verfassung nur ein Antragsrecht zur Amtsenthebung zusteht. Der Landesfürst übt das Ernennungs- und Entlassungsrecht aus. Soweit ist die Regierung von ihm abhängig. Anderseits ist die Regierung auch von ihm unabhängig aufgrund des Gegenzeichnungs­ rechtes des Regierungschefs. Der Landesfürst kann also ohne gegen­ zeichnungsbereiten Regierungschef nicht handeln (Artikel 86 Verfas­ sung). Das Verfassungsgesetz vom 3. Februar 1965232 brachte Abänderun­ gen, die Parallelen zu den Forderungen der Volkspartei nach parla­ mentarischer Regierungsweise und zum Verfassungsentwurf von Dr. Wilhelm Beck aufweisen. Doch rücken neben staatspolitischen vermehrt parteipolitische Gesichtspunkte in den Vordergrund.233 Der Verfassungsentwurf von Dr. Wilhelm Beck sah in Artikel 60 vor, daß einer der beiden Regierungsräte vom Regierungskollegium als Stellvertreter des Landammanns bestimmt werde. Ein Regierungsrat ist Stellvertreter des Landesverwesers. In dem von diesem Verfas­ sungsgesetz abgeänderten Artikel 79 wird bestimmt, daß für den Regierungschef und die Regierungsräte je ein Stellvertreter zu ernen­ nen ist, die Regierungsmitglieder gebürtige Liechtensteiner sein müs­ sen — eine Ausnahme von der Landeszugehörigkeit ist nicht vorge­ sehen — und die Amtsperiode der Kollegialregierung vier Jahre be­ trägt (Begrenzung der Amtsdauer auf die des Landtages). Damit wird der Regierungschef stärker ins parteipolitische Kräftefeld hineinge­ stellt. Auffallend ist, daß in der Bestellungsweise der Regierung zwi­ schen Regierungschef und Regierungsräten kein Unterschied mehr gemacht wird. Sie werden im Einvernehmen mit dem Landtag vom Landesfürsten ernannt. Wenn die Begrenzung der Amtsdauer des Regierungschefs und der Regierungsräte auf diejenige des Landtages auf eine Ausweitung des parlamentarischen Prinzips im Sinne der damaligen Forderungen der Volkspartei hindeutet, so ist nicht zu übersehen, daß die Änderung der Bestellungsweise der Regierungs­ 232 LGBI. 1965 Nr. 22. 233 Die Parteien haben sich im Staatsgefüge fest etabliert. Die Verfassungsände­ rung beinhaltet eine Machtverteilung der Parteien innerhalb der Regierung. Insofern haben sich mit Blick auf die Verfassungsgebung von 1921 die Ge­ wichte von der staatspolitischen auf die parteipolitische Ebene verschoben. 1921 standen die Parteien noch im Hintergrund. Es ging um die Verfassung (Staats­ ordnung). 117
	        

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