Volltext: Probleme des Kleinstaates gestern und heute

gehen. Die Ausschaltung des Monarchen von der Regierungsgewalt hätte für die Bürgerpartei einen Bruch mit der Vergangenheit bedeu­ tet. Es fehlte im Volke die innere Einheit, die die Bürgerpartei davon abhielt, einer radikalen Änderung im Regierungssystem zuzustimmen. Die Volkspartei verstand unter der Einführung des parlamentarischen Regierungssystems den echten Parlamentarismus,174 auch wenn in den O. N. mit der Einführung der parlamentarischen Regierung auch Vorstellungen verbunden wurden, die gleichbedeutend sind mit Ein­ führung von Volksabstimmungen und Initiativrecht der Bevölke­ rung.175 Im Programm der Christlich-sozialen Volkspartei Liechtenstein heißt es in Ziffer 8 unter dem Titel «Verfassungspolitik»: «Die Regie­ rung hat aus Landesbürgern zu bestehen. Der Vorsitzende als Land­ ammann soll vom Landtage vorgeschlagen und vom Fürsten bestätigt, die beiden Regierungsräte und ihre Stellvertreter vom Landtag ge­ wählt werden. Die Volkspartei verlangt eine parlamentarische, das Vertrauen des Landtages besitzende Regierung, die zurückzutreten hat, wenn sie dieses Vertrauen nicht mehr besitzt.. .»176 Als Verfas­ sungsbeispiele werden von der Volkspartei Deutschland und Belgien angegeben. In der Rede vor dem Landtag am 14. Oktober 1918 weist Dr. Wilhelm Beck auf das Beispiel Deutschland hin, indem er aus­ führt: «Viele im Saale bewundern Deutschland wegen seiner gewalti­ gen Leistungen. Dieses Deutschland hat sich in jüngster Zeit unter den Erfahrungen des Krieges auf den Boden einer parlamentarischen Regierung gestellt. Wenn aber das vorbildliche Land es getan hat, dann dürfen wir ihm auch nachfolgen.»177 In den O. N. vom 16. No­ vember 1918 steht unter dem Titel «Liechtensteiner» u. a.: «Was fortschrittliche Männer wollen, ist eine demokratische Landesverwal­ tung im Rahmen der Monarchie. Wir wünschen, ähnlich wie Belgien, ein Volksfürstentum.»178 17« Vgl. Scheuner U., Über die verschiedenen Gestaltungen des parlamentarischen Regierungssystems, in: A. ö. R. N. F. 13. Band, 1927, 228/231, und Papper­ mann E., Der Amtsenthebungsantrag — parlamentarisches System oder kon­ stitutionelle Monarchie in Liechtenstein? in: JBl. Jg. 92, 609 ff. 175 Vgl. etwa O. N. Nr. 55, 10. Juli 1920 (Landespolitik und Weltpolitik). 178 O. N. Nr. 25, 27. März 1920. 177 LRA Landtagsakt Jg. 1918 S 4. 178 Nr. 47. Härtung F. nennt Belgien in seinem Aufsatze «Die Entwicklung der konstitutionellen Monarchie in Europa» in: Volk und Staat in der deutschen Geschichte 1941, 201 «das vielgepriesene Muster der konstitutionellen Monar­ chie». A.a.O. 185 schreibt er: «So kommt man zu dem Ergebnis, daß die führenden Politiker des deutschen Liberalismus darunter die parlamentarische Monarchie nach englischem und belgischem Muster verstanden». 102
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.