Volltext: Liechtenstein und die Schweiz

kann nicht die nämliche sein wie jene gegenüber dem Fürstentum. Kantonale Vollzugserlasse können nicht nur auf ihre Ubereinstim­ mung mit der auszuführenden Bundesvorschrift untersucht werden, sondern zusätzlich auf Widersprüche zum Bundesrecht insgesamt.314 Diese weitgezogene Kontrollbefugnis rechtfertigt sich aufgrund des bundesstaatlichen — und somit staatsrechtlichen — Verhältnisses zwischen Bund und Kantonen. Eine Übertragung derselben Auf­ sichtsbefugnisse auf das — völkerrechtliche — Verhältnis zwischen der Schweiz und Liechtenstein entbehrte der rechtlichen Grundlage. Der Bundesrat vermag daher lediglich das liechtensteinische Voll­ zugsrecht auf die Ubereinstimmung mit den auszuführenden und den übrigen kraft Zollanschlußvertrages in Liechtenstein geltenden Er­ lassen sowie mit dem Vertrag selbst zu überprüfen. Bei der Normen­ kontrolle hinsichtlich des Bundesrechts verfügt der Bundesrat inso­ fern über einen Ermessensspielraum, als er über die Anwendbarkeit von Erlassen oder Einzelvorschriften gemäß Art. 4 in Verbindung mit Art. 10 ZV zu befinden hat. Dies trifft nicht zu für die Uber­ prüfung auf Ubereinstimmung mit dem Zollanschlußvertrag, denn dessen Auslegung ist grundsätzlich Sache beider Parteien oder not­ falls eines Schiedsgerichtes gemäß Art. 43 ZV. Unterliegen nach dem Gesagten die liechtensteinischen Vollzugsnor­ men — mit der erwähnten Einschränkung — der schweizerischen Genehmigung, so besteht eine unterschiedliche Regelung in bezug auf die schweizerischen Ausführungsvorschriften. Art. 39 ZV sieht vor, daß die schweizerische Zollverwaltung jene Ausführungs­ bestimmungen erlassen werde, welche der Zollanschlußvertrag zu seiner Durchsetzung erfordere. Nach dessen Wortlaut kommt dem Fürstentum dabei weder ein Mitsprache- noch gar ein Mitbestim­ mungsrecht zu. Die Frage ist, ob der Erlaß solcher Vollzugsvor­ schriften der Zollverwaltung unter Umständen einer Vertragsaus­ legung gleichkommt oder nicht. Eine positive Antwort bedeutete nämlich die Anwendbarkeit von Art. 43 ZV. Formaler normati­ ver Geltungsgrund von Vorschriften, wie sie Art. 39 ZV erwähnt, ist nicht etwa die Zollgesetzgebung des Bundes, welche gemäß Art. 4 Abs. 1 Ziff. 1 ZV aufgrund des Vertrages in Liechtenstein zur Anwendung gelangt,315 sondern vielmehr der Vertrag selbst. Mit 314 Vgl. Fleiner/Giacometti 136. 3,5 Art. 39 ZV ist demnach keine lex specialis zu Art. 4 Abs. 1 ZV, denn Art. 4 Abs. 1 Ingress ZV bezieht sich ausdrücklich nur auf Bestimmungen, die «in gleicher Weise wie in der Schweiz» in Liechtenstein gelten sollen. Um der­ artige Normen kann es sich im Zusammenhang mit Art. 39 ZV aber nicht handeln, da der Zollanschlußvertrag mit Liechtenstein auf die schweizerische Zollgesetzgebung keinen Einfluß hat. 95
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.