Volltext: Liechtenstein und die Schweiz

In der Tat erscheint der Staat als der hinsichtlich der Zielformulie­ rung allgemeinste Verband, indem er sich kraft seiner Macht grund­ sätzlich für alle äußeren menschlichen Lebensbereiche als zuständig erklären kann. Dabei finden sich allerdings verschiedene Intensitäten der Ausschöpfung dieser Kompetenz, wie dies etwa die Entwicklung vom frühliberalen Nachtwächterstaat zum heutigen Wohlfahrtsstaat anschaulich darstellt. Wesentlich ist aber nicht die quantitative In­ anspruchnahme der Zuständigkeit zur Regelung der Lebensverhält­ nisse der Bewohner, sondern die rein qualitativ zu verstehende Poten- tialität umfassender Staatszweckformulierungen. Deren tatsächliche Ausgestaltung und Verwirklichung ist dann eine Frage der politi­ schen Willensäußerung der Machtträger im Staate, nicht eine solche der staatlichen Existenz. bb) Die Staatsverfassung des Fürstentums Liechtenstein nennt in Art. 14 als oberste Aufgabe des Staates «die Förderung der gesam­ ten Volkswohlfahrt». Damit ist wohl der Anforderung der «umfas­ senden weltlichen Gemeinschaftsaufgabe» (Nawiasky) Genüge getan. In welcher Weise und in welchem Umfang der Staat diese seine Hauptaufgabe zu erfüllen sucht, hat auf seine Staatlichkeit keinen Einfluß. Daher ist es im Einzelfall nicht von Belang, ob beispiels­ weise der Staat eine Aufgabe von öffentlichem Interesse selbst er­ füllt, oder ob er sich damit begnügt, dafür Sorge zu tragen, daß sie von einem Dritten erfüllt wird.90 Wesentlich erscheint jedenfalls nur, daß durch den Staat jene Lebensbedingungen geschaffen beziehungs­ weise ermöglicht werden, welche die Selbstverwirklichung des Indi­ viduums angemessen begünstigen oder zumindest ermöglichen. Immerhin stellt sich auch hier die Frage, ob in quantitativer und qualitativer Hinsicht gewisse Grenzen staatlicher Aufgabendelega­ tion zu ziehen seien. Diese Frage ist jedoch nicht losgelöst von jener zu beantworten, welche Aufgaben durch den Staat erfüllt werden müssen. Die Antwort dazu wird vom Vertrauen in die Leistungs­ fähigkeit und Zweckmäßigkeit der Privatinitiative abhängen und ist somit rein politisch bestimmt. 90 Immerhin wäre zu fordern, daß der Staat eine subsidiäre Verantwortung übernimmt, falls er eine nach allgemeiner Auffassung als im öffentlichen Interesse liegende Leistung, die erbracht werden muß, nicht selbst erbringt. M. a. W. müßte er zunächst dafür besorgt sein, daß ein von ihm verschiede­ ner Aufgabenträger die Leistung erbringt und — falls dies nicht geschieht — selbst an dessen Stelle treten. 37
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.