Volltext: Liechtenstein und die Schweiz

zusätzliche bilaterale Vereinbarungen als wünschbar, um das Ver­ fahren vereinfachen zu können.438- 
439 Keine zwischenstaatlichen Abmachungen bestehen schließlich für den Strafvollzug, obgleich die Strafe an Delinquenten, welche zu mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, in der Schweiz vollzogen werden muß,440 da das Fürstentum nicht über eine geeignete Anstalt verfügt. Mit Recht stellt der Bundesrat in sei­ nem Bericht fest, daß hiefür eine staatsvertragliche Grundlage ge­ schaffen werden sollte.441 Die im Bereich der Urteilsvollstreckung und Rechtshilfe bestehenden Vereinbarungen berühren das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Liechtenstein und der Schweiz an sich nicht, da sie auf der Grund­ lage der Gleichheit abgeschlossen wurden, lediglich funktionalisti- scher Natur sind und keinen politischen Charakter aufweisen.442 Wie die Vorverhandlungen zum Abschluß des Abkommens zur Anerken­ nung von zivilrechtlichen Entscheidungen aber deutlich zeigen, spielte das Bestreben, keinen Einbruch in die Jurisdiktionsgewalt zu­ zulassen, liechtensteinischerseits eine vorrangige Rolle.443 Das Für­ stentum konnte sich die betonte Zurückhaltung gegenüber dem schweizerischen Wunsch, Verhandlungen aufzunehmen, deshalb lei­ sten, weil die Interessen diesmal völlig anders gelagert waren. Die 438 180. Besondere Probleme stellen sich etwa dann, wenn ein Schweizerbürger in Liechtenstein ein Verbrechen begeht, dort verhaftet wird und im Rahmen der Strafuntersuchung zur psychiatrischen Begutachtung in die Schweiz ver­ bracht werden muß, von wo er gemäß Art. 2 Abs. 1 des BG betreffend die Auslieferung gegenüber dem Auslande vom 22. Januar 1892 (SR 353.0) nicht wieder nach Liechtenstein ausgeschafft werden dürfte. 439 Im übrigen bestehen auch keine staatsvertraglichen Abmachungen zwischen der Schweiz und Liechtenstein betreffend die Strafverfolgung, die Kriminal- und die Sicherheitspolizei. Dagegen pflegen die Kommandos der Polizeikorps der Kantone und des Fürstentums enge Beziehungen, vorab in Fragen der Nachrichtenübermittlung und der Ausbildung. Der Chef des fürstlich liech­ tensteinischen Sicherheitskorps ist gleichberechtigtes Mitglied der Ostschwei­ zerischen Polizeikommandantenkonferenz. Über Aufgaben und Probleme der liechtensteinischen Polizei siehe LVB vom 14., 16., 19./20. und 21. 3. 1974, bzw. LVL vom 16., 21. und 30. 3. 1974. 440 Aufgrund eines «Pensionsvertrages» in Regensdorf. Besonders problematisch erscheint es, wenn in Liechtenstein abgeurteilte Schweizerbürger ihre Strafe in der Schweiz zu verbüßen haben, ohne daß eine rechtsgenügliche staatsver­ tragliche Grundlage besteht. 441 180. 442 Eine nebensächliche Ungleichheit, die sich wohl aus der Kompromißformel des Vertragswerkes ergibt, findet sich in Art. 1 Abs. 3 des Vertrages betref­ fend die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen in Zivilsachen, indem Entscheidungen schweizerischer administrativer Vormundschaftsbehörden in Liechtenstein vollstreckt werden können, obgleich das Abkommen grundsätzlich nur auf gerichtliche Urteile in Zivilsachen anwendbar ist. 443 Vgl. Lanfranconi 127 ff. 131 9*
	        

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