Volltext: Liechtenstein und die Schweiz

um Staatenverbindungsrecht oder vielmehr um nationales schweize­ risches Recht handelt, dessen räumlicher und personeller Geltungs­ bereich durch völkerrechtlichen Vertrag erweitert wurde. Das in Liechtenstein anwendbare schweizerische Recht kann nicht die Qualität schweizerischen Staatsrechts haben, da sein Geltungs­ grund nicht in der Bundesverfassung, sondern in einem völkerrecht­ lichen Vertrag liegt. Es daher als Völkerrecht im weiteren Sinne zu bezeichnen,335 hilft aber nicht weiter. Es handelt sich bei diesen Nor­ men nämlich nicht um solche, die von Staatengemeinschaftsorganen erlassen werden. Ihre Schaffung erfolgt vielmehr je nach der Aus­ legung des Vertrages336 entweder durch die Willensübereinstimmung beider Partner oder autonom durch die Behörden eines einzelnen Staates; die Kompetenz der letzteren leitet sich aus der Delegations­ norm in Art. 4 in Verbindung mit Art. 10 ZV ab. So betrach­ tet entstehen die fraglichen Normen (schweizerischen Ursprungs) im Einzelfall nicht durch Willensübereinstimmung der Vertragspartner, auch nicht in einem bestimmten von der Staatenverbindung geschaf­ fenen Verfahren, sondern durch einseitige Verfügung des einen Kon­ trahenten. Bei der Annahme eines vertraglich vereinbarten A-priori-Verzichtes Liechtensteins auf Widerspruch gegen die von der Schweiz gesetzte Norm wird der an sich einseitige Willensakt zum zweiseitigen und damit zur direkten Rechtsquelle.337 Zum gleichen Ergebnis gelangt man mit der Annahme der formlosen Zustimmung Liechtensteins zu der vom Bundesrat als anwendbar erklärten Bundesgesetzgebung. Wenn die betreffenden Normen nicht von einem Staatengemein­ schaftsorgan gesetzt werden, sind sie nicht sekundärer338, sondern primärer339 Natur. Die schweizerischen Behörden werden keinesfalls aufgrund der völkerrechtlichen Delegation in Art. 4 ZV zu Staa­ tenverbindungsorganen. Weder fände sich dafür eine rechtliche 3S5 Gerard Batliner, Beziehungen 33 Anm. 61; in Anlehnung daran Gyger, 55 f., allerdings ohne sich festlegen zu wollen. 336 Siehe vorn S. 92 ff. 33' «Direkte Rechtsquellen sind Rechtsnormen, die von den Mitgliedstaaten der Staatenverbindung gemeinsam oder von den besonderen Staatenverbindungs­ organen erlassen werden. Indirekte Rechtsquellen dagegen sind Rechtsnormen, die von einzelnen Mitgliedstaaten in Ausführung der einer Staatenverbindung zugrunde liegenden völkerrechtlichen Verträge oder in Ausführung von Richt­ linien und Empfehlungen besonderer Staatenverbindungsorgane, mit Wirkung im Bereich des jeweiligen staatlichen Territoriums, erlassen werden»; Riklin 139. 338 «Sekundäre Rechtsquellen sind die von den besonderen Staatenverbindungs­ organen kreierten direkten Rechtsquellen»; Riklin 152. 839 «Primäre Rechtsquellen sind die von den Mitgliedstaaten kreierten direkten Rechtsnormen»; Riklin 140. 102
	        

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