Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein und die Europäische Gemeinschaft

Höheren abhängige Gewalt».42 Damit verbunden ist die Asso­ ziation einer absoluten Selbstbestimmung, die aufgrund der heu­ tigen Erscheinung weltweiter Interdependenzen nicht nur für Kleinstaaten, sondern auch für die meisten größeren politischen Einheiten ein Ding der Unmöglichkeit darstellt. Hans Huber kommt deshalb zum Schluß, daß sich der Aggregatszustand der Politik verändert hat, daß kleinere und mittlere Staaten eine wahrhaft reale militärische und politische Unabhängigkeit nicht mehr aufrecht zu erhalten vermögen43, und er zitiert Sattler, der feststellte: «Interdependenz äußert sich in einem ,Uberrolltsein' des herkömmlichen Nationalstaates».44 Löwenstein charakteri­ siert diesen Vorgang als die Aushöhlung des Begriffs der Staats­ souveränität durch die politische Entwicklung45 und auch Taylor stellt fest: «The conditions of sovereignty have been changed regardless of the views and intentions of national actors.»46 Soll die Souveränität mehr sein als nur ein formaljuristischer Funktions- und Erklärungsbegriff, so gilt es, den Einfluß Liech­ tensteins auf jene Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse, die auch sein Schicksal beeinflussen, in den Vordergrund zu rük- ken. Das Unabhängigkeitsziel setzt sich demnach aus zwei Ele­ menten zusammen: der De-jure-Souveränität und der De-facto- Souveränität. Als 
De-)ure-Souvernität Liechtensteins könnte man die Völkerrechtsunmittelbarkeit des Fürstentums, die Innehabung der Kompetenz-Kompetenz47 bezeichnen und als 
De-facto-Souve- ränität die Fähigkeit Liechtensteins, angemessenen Einfluß auf jene Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse auszuüben, die auch sein Schicksal wesentlich bestimmen. — Demokratie: Nach der traditionellen Auffassung, die sich zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert herausgebildet hat, spricht man von Demo- Berber F., Lehrbuch des Völkerrechts, Bd. 1, München und Berlin 1960, S. 120. Huber H., Weltweite Interdependenzen, Bern 1968, S. 12. Sattler A., Das Prinzip der «Funktionellen Integration» und die Einigung Euro­ pas, Göttingen 1967, zitiert nach Huber (Anm. 43), S. 12. Löwenstein K., Souveränität und zwischenstaatliche Zusammenarbeit, in: Archiv des öffentlichen Rechts, Bd. 5 (1955/56), S. 3. Taylor P., International Co-operation today, the European and the Universal Pattern, London 1971, S. 45. Als Kompetenz-Kompetenz wird in der Völkerrechtslehre die Fähigkeit eines Staates bezeichnet, über die staatlichen Hoheitsrechte (Kompetenzen) zu ver­ fügen, d. h., diese entweder selber auszuüben oder an dritte Staaten bzw. an innerstaatliche Organisationen zur Handhabung zu übertragen. 25
	        

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