Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein und die Europäische Gemeinschaft

durchaus denkbar, daß das Problem der angemessenen Mitsprache — oder eben deren Fehlen — in absehbarer Zukunft zum Kernproblem sowohl der Beziehungen Liechtensteins zur Europäischen Gemein­ schaft sowie auch zur Schweiz avancieren könnte. Die aus der engen Verbindung Liechtensteins mit dem Ausland resultierende Internatio- nalisierung aller Lebensbereiche gibt der im heutigen Zustand wenig beachteten Forderung nach aktiver Mitsprache Liechtensteins zusätz­ liches Gewicht. Es ist deshalb denkbar, daß Liechtenstein in abseh­ barer Zeit sich mit dem Postulat einer Änderung seiner Beziehungen zur EG konfrontiert sieht. Von zentraler Bedeutung für die liechtensteinische Stellung in Europa ist sein Verhältnis zur Eidgenossenschaft. Wie andernorts bereits er­ wähnt wurde, steht die enge Beziehung zur Schweiz grundsätzlich nicht zur Diskussion.44 Allgemein wird anerkannt, daß der Zollver­ trag Grundvoraussetzung für die Entwicklung einer leistungsfähigen modernen Volkswirtschaft und des darauf begründeten liechtenstei­ nischen Wohlstandes ist. Trotzdem hörte man in jüngster Zeit die Forderung nach Revision der Beziehungen zur Schweiz.45 Dabei geht es, wie Altregierungschef Batliner betont, nicht um Umstülpung oder Aufhebung und nicht um Ultimaten, sondern um Modifikation und Anpassung an die neuen Verhältnisse, um Korrekturen also.46 Eine Stärkung des liechtensteinischen Einflusses gegenüber der Schweiz könnte grundsätzlich auf zwei verschiedenen Wegen erreicht werden47: Erstens, durch eine 
Maximierung der gegenseitigen Bindung auf der Basis einer vermehrten Partnerschaft, das heißt durch die Errichtung einer vollen Wirtschaftsgemeinschaft, wobei eine ver­ stärkte Mitsprache Liechtensteins gesichert werden müßte. Die zweite Möglichkeit bestände in einer 
Lockerung der gegenseitigen Beziehun­ gen verbunden mit einer verstärkten internationalen Profilierung des Fürstentums im Ausland. Als Vorbild könnten etwa die Freihandels­ abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemein­ schaft dienen. Auch dort galt es, eine Regelung über handels- und zollpolitische Fragen zwischen Partnern unterschiedlicher Größen­ ordnungen zu realisieren. Der erste Weg scheint risikoärmer zu sein, Schwierigkeiten dürften sich jedoch aus dem Problem ergeben, eine Lösung zu finden, die einerseits geeignet ist, die liechtensteinische Mitsprache zu verstärken, ohne anderseits die schweizerische Ent­ scheidungsfreiheit zu verringern. Die zweite Lösung wäre wohl ein- « Vgl. 22.4. 45 Vgl. Batliner (Anm. 29), S. 42. 46 ebenda. 47 ebenda S. 42 f. 227 15*
	        

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