Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein und die Europäische Gemeinschaft

Welches sind demnach die Chancen, daß Liechtenstein im Alleingang seinen Einfluß stärken könnte? Der Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft 
auf der Basis verhält­ nismäßiger Gleichberechtigung bildet jene Verhaltensform, die Liech­ tenstein zumindest formell ein Maximum an Einwirkungsmöglich­ keiten böte. Doch stellt sich sofort die Frage, ob diese Alternative realistisch ist. Das Luxemburger Beispiel kann wohl kaum tale quäle auf Liechtenstein übertragen werden. Mit fortschreitender Integra­ tion ist die enge Anlehnung an die EG jedoch zumindest eine prü- fenswerte Alternative. Es gälte abzuklären, welche Rechte die Ge­ meinschaft bereit wäre, Liechtenstein einzuräumen, wenn das Für­ stentum die gesamte EG-Gesetzgebung übernähme. Die Gefahr darf nicht unterschätzt werden, daß es Liechtenstein bei der Wahl dieser Alternative nicht gelingen würde, seinen Einfluß wesentlich zu steigern. Nur wenn das Fürstentum die EG davon überzeugen kann, daß alle Staaten, unabhängig von ihrer Größe, ein Recht haben, ihre Vorstel­ lungen bei sie beeinflussenden Entscheidungen zur Geltung zu brin­ gen, könnte ein Beitritt Liechtensteins zumindest 
auf der Basis einer geminderten Rechtsstellung ins Auge gefaßt werden. Man hätte in einem zweiten Schritt abzuklären, ob das Mehr an Einfluß den Ver­ lust der wirtschaftlichen Sonderstellung rechtfertigen würde. Es bleibt zu untersuchen, inwiefern eine singuläre 
Assoziation Liech­ tensteins mit der EG zur Zielerreichung beiträgt. Von einer echten Alternative zum Ist-Zustand kann man nur dann sprechen, wenn es Liechtenstein gelingt, auf einen vermehrten Ausgleich zwischen Ab­ hängigkeit und Einfluß hinzuwirken. Diese Idee lag der schweizeri­ schen Forderung nach gestaltender Mitbestimmung zugrunde.30 In den Verhandlungen mit der Eidgenossenschaft lehnte die EG ein Mitwirken von Nichtmitgliedern an internen Entscheiden jedoch ab. Sie machte dabei besonders geltend, daß die Schaffung jener Voraus­ setzungen, die allenfalls eine gestaltende Mitbestimmung ermöglichen würden (Wirtschafts- und Währungsunion), noch nicht über den An­ fang hinausgekommen ist, und sie es sich deshalb nicht leisten kann, ihren an sich komplizierten Entscheidungsprozeß noch durch nicht integrierte Staaten weiter zu erschweren.31 Die Assoziation mit der Europäischen Gemeinschaft beinhaltet mit andern Worten die Möglichkeit, daß Liechtenstein auf verschiedenen Ebenen in einen Sach- und Vollzugszwang gerät, ohne Einfluß aus­ 30 BBl. I 1971, S. 66. 81 Vgl. Amtliches Bulletin der Schweizerischen Bundesversammlung, Herbst­ session 1972, Nationalrat, S. 1483. 219
	        

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