Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein und die Europäische Gemeinschaft

43.2 Grundrechte und Integration Welche Auswirkungen hat nun die europäische Integration auf die liechtensteinischen Grundrechte? 432.1 
Liberale Grundrechte und Integration Das Problem der liberalen Grundrechte in der Europäischen Gemein­ schaft erwächst aus der Tatsache, daß die Gemeinschaft zwar öffent­ liche Gewalt ausübt, in den Gründungsverträgen, ihrer Verfassung also, aber keinen Grundrechtekatalog besitzt.146 Deshalb erhob Rupp147 den Vorwurf, «die durch das primäre Gemeinschaftsrecht begründete Herrschaft... sei Herrschaft ohne Grundrechte». Noch weiter ging Kaiser148, der von der «Rebarbarisierung der Verfassungs­ kultur» sprach, und Erler149 fragte auf der Tagung der deutschen Staatsrechtslehrer in Erlangen 1959 besorgt, ob nicht der Bürger «in einen Raum verminderten Rechtsschutzes verstoßen worden ist». Ausgehend von der Idee der Vorstaatlichkeit der Grundrechte un­ ternahmen verschiedene Autoren150 den Versuch, die Gemeinschafts­ gewalt unmittelbar an die Grundrechte der nationalen Verfassungen zu binden. Dieser These schloß sich weder die Doktrin151 noch der Europäische Gerichtshof152 in seiner Rechtssprechung an. Es wird besonders betont, daß das Gemeinschaftsrecht als autonome Rechts­ ordnung von den Begrenzungen entbunden sei, die das nationale Ver­ fassungsrecht der Staatsgewalt auferlege.158 Deshalb könne sich der Marktbürger gegenüber der Gemeinschaftsgewalt nicht auf seine 146 Vgl. Zieger G., Das Grundrechtsproblem in den Europäischen Gemeinschaften, Tübingen 1970, S. 7. 147 Rupp H. H., Die Grundrechte und das Europäische Gemeinschaftsrecht, in: Neue Juristische Wochenschrift 1970. S. 354. 148 Kaiser H. J., Zur gegenwärtigen Differenzierung von Recht und Staat, Staats­ theoretische Lehre der Integration, in: österreichische Zeitschrift für öffent­ liches Recht, 10-1959/60, S. 413. 149 Erler G., Das Grundeesetz und die öffentliche Gewalt internationaler Staaten­ gemeinschaften, in: WdStL, Heft 18 (1960), S. 26. 150 So besonders Thieme, der die in den Mitgliedstaaten übereinstimmenden Grundrechte in den Rang eines «ungeschriebenen Verfassungsrechts von Staa­ tenverbindungen» erhob; vgl. Thieme W., Das Grundgesetz und die öffent­ liche Gewalt internationaler Staatengemeinschaften, in: WdStL, Heft 18 (1960), S. 54. Erler unternahm den Versuch, die Gemeinschaftsgewalt zumin­ dest an die Fundamentalentscheidungen der nationalen Verfassungen zu binden; vgl. Erler (Anm. 149), S. 44. 151 Anstelle von vielen Badura P., Bewahrung und Veränderung demokratischer und rechtsstaatlicher Verfassungsstruktur in den internationalen Gemeinschaf­ ten, in: WdStL, Heft 23 (1966), S. 83 f. 152 
Vgl. u. a. 
Rechtssprechung der EuGH V, S. 89 ff.; IX, S. 187 ff.; XVI, S. 1125 ff. 153 
Vgl. Badura (Anm. 151), S. 66. 182
	        

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