Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein und die Europäische Gemeinschaft

4.3 Auswirkungen der Europäischen Gemeinschaft auf die Grundrechte in Liechtenstein Erfüllt der Kleinstaat seine Funktion als Ordnungseinheit der Gel­ tung und Würde der Person, so ist anzunehmen, daß sein besonderer Reichtum im Ausbau der Grundrechte liegt. Ihre Bedeutung würdigte Werner Kaegi108 anläßlich eines Vortrages im Stapfer-Haus auf der Lenzburg. Er betonte, daß die Menschenrechte uns vor die wahrhaft «Grund-Legenden-Fragen» aller politischer Ordnung stellen. Es sind dies die Fragen nach dem «letzten Sinn und Ziel aller Politik», nach der «Grundnorm allen Rechts» und nach den «Grenzen aller politi­ schen Gewalt». Die Menschenrechte bezeichnen, wie bereits in der Einleitung erwähnt wurde, ein substantielles Minimum, das unab­ dingbare Voraussetzung und Begründung menschlicher (individueller und gesellschaftlicher) Existenz ist.110 Die Grundrechte setzen dem Staat nicht nur Grenzen, sondern bestimmen im positiven wie nega­ tiven Sinne den Rahmen seiner Aktivitäten. So verstanden, erweist es sich, daß die Grundrechte sehr unterschiedliche Dimensionen ein­ schließen. Der traditionelle Grundrechteaspekt ist der 
liberale, der gemäß klas­ sischer Auffassung einen Bereich individueller Freiheit vor dem Ein­ dringen der Staatsgewalt und vor deren totalitärer Ausweitung zu bewahren hat.111 «Die klassischen Freiheitsrechte wirken in erster Linie subjektiv-negatorisch und staatsbeschränkend.»112 Jellinek113 spricht in diesem Zusammenhang von einem «negativen Status». Die nächste Dimension der Grundrechte ist die 
demokratische. Sie beinhaltet das Recht auf Mitwirkung des Einzelnen an der politi­ schen Willensbildung der Gemeinschaft. Jellinek spricht diesbezüg­ lich von einem «aktiven Status».114 Liberale und demokratische Grundrechte bedingen sich gegenseitig. Die Demokratie kann nicht funktionieren ohne die verfassungs­ mäßige Gewährleistung bestimmter Freiheitsrechte (Pressefreiheit, Meinungsäußerungsfreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit 109 Kägi W., Die Menschenrechte und ihre Verwirklichung, Aarau 1968, S. 7. 110 Vgl. Henning E., Grundrechte, in: Görlitz A., Handlexikon zur Politikwissen­ schaft, München 1970, S. 141. 111 Vgl. u. a. Zippelius R., Allgemeine Staatslehre, 2. Aufl., München 1970, S. 138; Verdross A., Was ist Recht, in: Maihofer W. (Hsg.), Naturrecht oder Rechts­ positivismus?, Darmstatt 1962, S. 317. 112 Wildhaber L., Soziale Grundrechte, in: Der Staat als Aufgabe, Gedenkschrift Imboden, Basel 1972, S. 382. 113 Vgl. Jellinek G-, System der subjektiven öffentlichen Rechte, 2. Aufl., Tübin­ gen 1905, S. 87. 114 ebenda. 178
	        

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