Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Selbstverständnis

Liechtenstein — eine vielschichtige Herausforderung Günther Meter Geboren 1948 • Lehrer • Eschen, Hub 430. Der Zufall Liechtenstein darf nicht dem Zufall überlassen werden. Die Entstehungsgeschichte des heutigen Staatswesens hat, simplifi­ ziert und auf den denkbar einfachsten Nenner gebracht, schon des öfteren dieses wenig schmeichelhafte Prädikat erhalten, obwohl in der Tat eine Reihe von glückhaften Zu- und Umständen, deren Zu­ sammenhang eher ein unbewußter war, die Erlangung der Souve­ ränität ermöglichte; die Erhaltung derselben scheint auf dieser Ver­ kettung aufbauen zu können. Aber darf jener Handel von Volk und Land, der einerseits den Fürsten von Liechtenstein den Besitz eines reichsunmittelbaren Gebietes sicherte, andererseits die Erhebung der Grafschaften Schellenberg und Vaduz zum Reichsfürstentum ermög­ lichte, heute noch als Bewertungskriterium für die Existenzberechti­ gung in einem sich seither mehrmals und mehrmals stark gewandelten Europa gelten? Diese Frage spitzt sich in einer Zeit des neuerlichen Umbruchs Europas, der eine wirtschaftliche, technologische, kultu­ relle und auch politische Zusammenarbeit als Voraussetzung zu einer — gegenwärtig noch nicht festgelegten Art — Vereinigung aller europäischen Staaten zum erklärten Ziele hat, weiter zu. Die Ant­ wort darauf hat diesmal, weil sich die Bewohner dieses Landes von Untertanen zu Staatsbürgern entwickeln konnten, nicht mehr allein das Fürstenhaus zu geben, sondern die Gesamtheit der Liechtensteiner; zusätzlich noch jeder einzelne für sich selber. Eine erste Herausfor­ derung betrifft demnach die Erhaltung des Staatswesens Zwei der bedeutendsten Ereignisse dieses Jahrhunderts, die beiden Weltkriege, brachten jeweils in einem großen Maße Veränderungen für das liechtensteinische Staatswesen. Waren es beim erstenmal vor allem wirtschaftliche Bedrohungen, welche eine Abkehr vom öster­ reichischen Wirtschaftsraume und die Anlehnung an die Schweiz mit sich brachten und deren soziale Unrast auch Veränderungen der politischen Struktur hervorriefen, so schien die existenzielle Bedro­ hung des Landes durch den Nationalsozialismus und seinen Anhän­ gern, welche in der geplanten, gewaltsamen Annektierung Liechten­ steins an das Dritte Reich gipfelte, um ein Vielfaches größer. Der unerwartet große wirtschaftliche Aufschwung des Landes und die damit gewachsene Wohlstandsgesellschaft brachte, wie dies zu 75
	        

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