Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Selbstverständnis

Probleme eines Kleinstaates Louis Jäger Geboren 1930 • Grafiker • Schaanwald, Gsteuengut 102 Wahrscheinlich sind die meisten Liechtensteiner stolz auf ihre Staats­ bürgerschaft und möchten weiterhin Liechtensteiner bleiben. Insbe­ sondere Leute mit höherem Einkommen zahlen doch wesentlich weni­ ger Steuern als in den Nachbarstaaten. Der Liechtensteiner muß keinen Militärdienst leisten und kann die Zeit optimal für sich oder sein Unternehmen ausnützen. Liechtenstein ist preiswert. Nachdem alles begrenzt ist, werden wir eines Tages einige unserer Staatseinnahmen verlieren, und dann ist Liechtenstein für Liechten­ steiner nicht mehr so preiswert. Wir müssen also heute schon nach anderen natürlichen Einnahmensquellen suchen. Sonst könnte Liech­ tenstein schließlich an der Kostenfrage scheitern. Es gibt sicher andere Fakten, die das liechtensteinische Staatsbewußtsein fördern, aber der gute Preis fördert den Wohlstand, und der Wohlstand gilt als Wertmaßstab unserer Gesellschaft. Letzten Endes gilt heute nach wie vor «mein Heimatland ist, wo es mir wohlergeht». Unser Staat hat einen Flächeninhalt von 160 km2, und davon sind der größere Teil Felsen, Bergwald oder Brachland. Anderseits sind wir ein Volk auf Rädern. Durchschnittlich ist in jeder liechtensteinischen Familie mehr als ein Motorfahrzeug vorhanden. Es müssen Ent­ lastungsstraßen gebaut werden. Für Entlastungsstraßen braucht man Grünland. Grünland ist knapp und teuer. Jeder, der zwischen Rhein und Bergwald Land besitzt, müßte etwas von seinem eigenen Grund opfern. Es wäre also in einem solchen Falle eine generelle, großange­ legte Bodenzusammenlegung notwendig. Wer aber so denkt, gerät in Gefahr, ein Linker zu sein. Sicher ist ein solches Unternehmen sehr schwierig und muß sehr differenziert betrachtet werden. Es wäre auch falsch, wenn die Allgemeinheit auf Kosten Einzelner profitiert. Eine nützliche Raumplanung darf aber auch kein linkes Privileg sein. Die Einwohnerzahl wächst jedoch stetig weiter und der Flächeninhalt bleibt eine stabile Größe. Wenn wir Liechtensteiner diese Dinge nicht energischer in die Hand nehmen, könnten wir eines Tages an unserer Raumordnung scheitern. In einem Kleinstaate mit nur 20 000 Einwohnern ist es sehr schwierig, genügend Persönlichkeiten zu finden, die gewillt und imstande sind, die zukünftigen Aufgaben in die Hand zu nehmen. Die Industrie be­ sorgt sich ihre Führungskräfte meist aus dem Auslande. Dazu kommt, daß die meisten Personalchefs unserer Großindustrien Ausländer sind 51
	        

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