Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Selbstverständnis

Staat in dieser Hinsicht den Sprung ins zwanzigste Jahrhundert bald wagt. Zu vieles, was Liechtenstein heute lebenswert macht, ist privater, nicht staatlicher Initiative entsprungen. Wir leiden darunter, daß wir wenig gemeinschaftliche Lösungen zu realisieren vermögen. Wie beispielsweise eine Siedlungsidee mustergültig verwirklicht werden könnte, haben uns die alten Walser im Steg vorgemacht, ein Kleinod einer gepflegten Berglandschaft. An dieser unaufdringlichen Schön­ heit fahren wir vorbei, hinauf nach Malbun. Hier ist keine Idee, keine ordnende Hand zu spüren. Die alten Walser kannten den Aus­ druck Regionalplanung nicht, sie kannten mehr, sie kannten Diszi­ plin. Wahrscheinlich haben wir den Zeitpunkt schon verpaßt, aus Malbun ein gutes Erholungszentrum für Liechtensteiner zu machen, eine Landschaft unverschandelt der nächsten Generation zu bewah­ ren, nur weil unser Staat noch nicht eingesehen hat, daß sich ein jeder Bodenbesitz der Gemeinschaft einzufügen, unterzuordnen hat, daß man mit Boden nicht wie mit Zahnbürsten Handel betreiben kann. Warum wagt eigentlich nur unser Landesherr das Wort Boden­ reform öffentlich zu erwähnen? Lesen denn unsere Politiker über­ haupt keine andere Zeitung außer jener, die sie für sich selbst schrei­ ben lassen? Auch die Industrie müßte einer vernünftigen Wohnungs­ und Freizeitpolitik vermehrt ihre Aufmerksamkeit widmen. Denn sie wird unausweichlich zur Finanzierung des Wohnraums für die nächste und übernächste Generation herangezogen, nicht etwa durch ein Gesetz, nein, allein aus der Überlegung heraus, «Wo kein Wohn­ raum, dort keine Arbeitnehmer». Die Grenzen einer Region werden durch die Bewegungen der Arbeits­ kräfte sowie durch die Verflechtung der Industrie verwischt. Ganz Europa fällt unter dieses Gesetz. Darum müssen überall die Zoll­ schranken fallen, die freie Wahl des Arbeitsplatzes gewährt werden, die Steuersysteme angeglichen werden, ein Finanzausgleich geschaf­ fen werden usw., usw. Was bedeutet dies alles für uns? Mindestens seit den Sennwaldereignissen spüren wir, daß das Rheintal zwischen Sargans und Bodensee ein einziges Tal ist, das eine Einheit bildet, das die gleichen Probleme zu bewältigen hat, seien diese nun indu­ strieller oder wirtschaftlicher, Verkehrs- oder umwelttechnischer Natur. Die Art und Weise wie Sennwald zum Problem wurde oder daß mehrere vierspurige Autostraßen zwischen Bodensee und Sargans entstehen, oder die Unannehmlichkeiten, die für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer durch eine winzige Grenze allein von Seiten der Büro­ kratie sich ergeben, sind bezeichnend und zeigen deutlich genug, daß 48
	        

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