Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Selbstverständnis

I. EINLEITUNG 1. Zweck der Umfrage Im ersten Band der von der Liechtensteinischen Akademischen Ge­ sellschaft herausgegebenen Politischen Schriften1) sind eine Reihe von Fragen aufgeworfen worden, welche das staatliche Selbstverständnis Liechtensteins zum Gegenstand hatten und Schwerpunkte für die zukünftige außenpolitische Marschrichtung zu setzen versuchten. Diese Auseinandersetzung mit den existentiellen Problemen des Lan­ des sollte allerdings nicht nur im eingeweihten Kreise einiger weniger stattfinden, sondern von breitesten Volksschichten getragen werden, wie es dem Wesen der demokratischen Willensbildung entspricht. Dazu gehört, daß im Verhältnis zwischen den politischen Führungs­ gremien und der Masse der Wähler, wenn nicht eine Ubereinstim­ mung, so doch mindestens eine gegenseitige Kenntnisnahme der Auf­ fassungen erfolgen muß. In Zeiten schwindenden politischen Inter­ esses stößt dieser Meinungsaustausch — vor allem in der Richtung von unten nach oben — auf wachsende Schwierigkeiten. Ob das in diesem Zusammenhang vielbeschworene Malaise Ursache oder Wir­ kung des gestörten Informationsflusses und Entscheidungsprozesses ist, muß hier nicht untersucht werden, bleibt aber als Tatsache un­ übersehbar. Es erscheint daher als besonders nützlich, von Zeit zu Zeit die An­ strengung einer gezielten Erkundung der Meinung der Basis auf sich zu nehmen. Eine solche Erhebung darf allerdings nicht verwechselt werden mit einer von der Verfassung vorgesehenen Volksbefragung, deren Ergebnis einer für Regierung und Parlament rechtsverbindli­ chen Weisung gleichkommt. Es geht dabei weniger um die Möglich­ keit der Stellungnahme für oder gegen eine bereits vorentschiedene Sachfrage, sondern vielmehr um die Bekanntgabe der Meinung zu verschiedenen Varianten grundsätzlicher staatlicher Verhaltenswei­ sen. In diesem Sinne wäre der generelle Zweck einer solchen Um­ frage allenfalls vergleichbar mit den von einigen Verfassungen vor­ gesehenen aber eher selten durchgeführten Volksabstimmungen2), aus welchen allgemeine Richtlinien für die Bearbeitung bestimmter Ge­ ') Fragen an Liechtenstein, in: Liechtenstein, Politische Schriften, Heft i, Vaduz 1972. *) Z.B. die Verfassung des Fürstentums Liechtenstein vom j. Oktober 1921, Art. 66, Abs. 3 (sog. Volksbefragung; LGB1. 1922/28, Art. 34); Verfassung des Kantons St. Gallen vom 16. November 1890, Art. 48 (sog. Konsultativabstimmungen). 114
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.