Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

Zweck, seinem Oberhaupt Sitz und Stimme am Reichsfürstentag zu verschaffen. Die Interessen des Fürstenhauses lagen keineswegs im Gebiet des heutigen Deutschland, sondern in Österreich, in Böhmen und Mähren. Die Souveränität kam ebenso ungefragt als Geschenk von außen, gewissermaßen durch historischen Zufall — und wiederum nicht von deutscher Seite. Man wird Napoleon nicht nur als Zerstörer großer Reiche, sondern auch als Konservator von Kleinstaaten würdigen müssen, denn er hat Liechtenstein ebenso wie San Marino den Fort­ bestand garantiert, den Liechtenstein sonst im Deutschen Bund schwerlich behalten hätte. Im Gegensatz zu seiner Geographie, die es als Nord-Süd-Achse aus­ weist, waren die kulturellen und wirtschaftlichen Kraftlinien des Landes eher an den Westen und Osten gebunden: Liechtenstein er­ schien immer wieder als Brücke und Schnittpunkt zwischen Helvetien und dem Donauraum. Die Beziehungen nach Norden, zum eigent­ lichen Deutschland, blieben schwach. Selbst im Frankfurter Pauls­ kirche-Parlament von 1848 hat der liechtensteinische Abgeordnete Peter Kaiser keineswegs ein Aufgehen seines Landes in einem deutschen Nationalstaat angestrebt (vergleiche P. Geiger, Geschichte des Fürstentums Liechtenstein 1848—1866). Das Vielvölker-Reich der Donaumonarchie, in dem Liechtenstein sich heimisch fühlte, war eben seinem Wesen nach liberal und kosmopolitisch (vergleiche K. Glaser, National states versus federa- lism in the future of central Europe; Plural Societies Nr. 1/1972), und so gesehen keineswegs «deutsch», wie es im Norden verstanden wurde. In diesem Raum und diesem politischen Klima wurden natio­ nale wie auch juristische Fragen nicht so ernst und wichtig genommen, wie es später der Fall war. Nur hier konnte es geschehen, daß der österreichische Kaiser die verzwickte staatsrechtliche Stellung Liech­ tensteins mit den Worten kennzeichnete: «Der Fürst Liechtenstein erweist Mir die Ehre, sich Meinen Untertan zu nennen.» Bei aller charmanten Courtoisie war diese Erklärung auch juristisch völlig zutreffend; sie deutete hin auf die freiwillige, vom Respekt des Gleichen für den Gleichen getragene Beschränkung ursprünglicher Souveränität im übernationalen Interesse — ein, wie wir heute wissen, höchst modernes völkerrechtliches Modell, das aber von der her­ kömmlichen deutschen Staatsrechtslehre mit ihren starren Definitio­ nen überhaupt nicht erfaßt werden konnte. Im Jahre 1866, als es um Krieg oder Frieden in Deutschland ging, beeinflußte Liechtenstein durch seine Stimme in der 16. Kurie der Kleinfürstentümer des Deutschen Bundes das Abstimmungsergebnis 58
	        

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