Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

selbst bei ausschließlichen Wirtschafts- und Zollverhandlungen erheb­ liche politische Implikationen, die weit über Zollbereiche hinaus­ gehen. Dieser Hinweis verdeutlicht die Einwirkung zeitgenössischer politischer Verhältnisse auf die Vertragsredaktion: stand beim Ab­ schluß des Zollvertrages mit Österreich der ganze Komplex von Streitfragen zum deutschen Zollverein im Hintergrund, so verhandelte man 1920 bis 1923 in einem Europa, in welchem die heutige Vor­ stellung von Einheit und Zusammenschluß keine politische Relevanz besaß. Vom Bilateralismus zur Interdependenz Seit Ende der Sechzigerjahre dieses Jahrhunderts änderten die Neu­ tralen ihre Haltung gegenüber europäischen Integrationsfragen. Vor allem aktivierte die Unterzeichnung des Vertrages von Rom vom 25. März 1957 durch die Sechs und die dadurch erfolgte Gründung der EWG in Europa integrationspolitische Kräfte. In abgemessenen Schritten, bisweilen gehemmt, dann wieder ermutigt, verwirklicht die EWG die Integrationsstufen. Immer mehr nationale Kompetenzen werden den Gemeinschaftsorganen übertragen. Selbst die Koordinie­ rung der nationalen Politiken scheint in absehbarer Zeit angestrebt zu werden. Allein schon die Tatsache, daß die EWG heute mit Ab­ stand die größte Handelsmacht der Welt ist, weckt schöpferische Kräfte auch auf der politischen Ebene. Die Römerverträge erwirkten zugleich wirtschaftliche Zusammen­ schlüsse derjenigen, die außerhalb der Sechsergruppe standen: Nach­ dem am 1. Januar 1959 im EWG-Raum die erste gegenseitige Zoll­ senkung erfolgt war, blieb der übrigen Gruppe der OECD-Länder nichts anderes übrig, als sich unter dem Namen «Europäische Frei­ handelsassoziation (EFTA)» zu vereinen, um so der zollpolitischen Diskriminierung durch die EWG zu entgehen und von dieser Basis aus künftige europäische Einigungsbestrebungen vorzubereiten. Aufs Ganze gesehen war die EFTA eine Reaktion auf eine Aktion der EWG. Dies aber hinderte die Europäische Freihandelsassoziation nicht, einen sehr wirksamen Beitrag zur europäischen Einigung zu leisten. Die liechtensteinische Außenpolitik ist durch die Vorgänge in der skizzierten europäischen Politik der Zusammenschlüsse vorerst über­ rascht und im Blick auf die Begrenztheit der eigenen Mittel und Mög­ lichkeiten allzusehr ins passive Entgegennehmen versetzt worden. Liechtenstein scheint ein Rest zu sein, der meist nach grundsätzlicher Einigung der größeren Vertragspartner irgendwo, irgendwie, bei 51
	        

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