Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

Dauer nicht ganz unbeachtet bleiben. Wer nicht Brahmane ist, gehört in eine niedrigere Kaste. Damit ist die bisher eher einstufige bilaterale liechtensteinische Außen­ politik nolens volens im Interesse der Selbsterhaltung dreistufig ge­ worden (oder müßte es werden), mit dem Zwang zu einer gewissen eigenen Präsenz in Europa und in der Welt, wobei jede Stufe die beiden anderen unterstützen könnte. Nicht ohne Sorge und bisweilen zögernd nimmt Liechtenstein wahr, daß das goldene hundertjährige Zeitalter des fast ausschließlichen Bilateralismus zu Ende geht. Befand sich Liechtenstein in den ersten sechzig Jahren seiner Souveränität bis zum Ende des Deutschen Bundes 1866 in multilateral organisier­ ten Staatengemeinschaften und mußte es sich unter großen Opfern (Militärausgaben bis teils weit über 50 °/o des Haushalts96) für seine staatliche Unabhängigkeit zur Wehr setzen, so folgten hernach — von den Weltkriegen abgesehen — die schönen und ruhigen Jahre in geschützter Bilateralität, erst fünfzig Jahre an der Seite Österreichs, dann an der Seite der Schweiz, die uns die außenpolitischen Sorgen abnahmen. In der Schweiz fand Liechtenstein einen demokratischen, in seinen Entwicklungen überschaubaren, Stabilität ausstrahlenden und in sich ruhenden Partner. Aus den bis vor kurzem zweifelhaften «fremden Händeln» aber sind inzwischen zunehmend drängende ge­ meinsame Aufgaben geworden und Ziele, zu denen die Schweiz, die noch in den Fünfzigerjahren dem Europarat fernblieb, im Aufbruch ist. Diese Öffnung der Grenzen zieht auch Liechtenstein mit in die Offenheit des größeren Raumes, und der multilateral einmal erschlos­ sene Raum wiederum zwingt alle — die ganz Kleinen noch mehr als die anderen, wollen sie sich erhalten oder einer Mediatisierung ent­ gehen — dabeizusein. Daß dies Rückwirkungen auf die bisher nahezu — von Liechtenstein her — exklusive Bilateralität zur Schweiz haben muß, ergibt sich von selbst; es sind zu unserem Verhältnis neue zu berücksichtigende Aspekte der Außenpolitik hinzugekommen. Der Exkurs erschien mir nötig, um unsere Einzelfragen im richtigen Kontext zu sehen. Um den Veränderungen im Bereich des ZV Rech­ nung zu tragen, müßten daher Lösungen in Richtung vermehrter Part­ nerschaft möglich sein, die sich auch nach außen — unter voller Ab­ sicherung der Schweiz — sichtbarer auswirken würden. Wir haben bereits festgestellt, daß beispielsweise das Vertretungsrecht der Schweiz zum Abschluß von Handels- und Zollverträgen der Problematik der multilateralen Verbindungen nicht voll gerecht wird. Die Vollmacht fl#) Alois Ospelt, Wirtschaftliche Aspekte der Außenpolitik im 19. Jahrhundert, in: Liechtenstein — Politische Schriften Nr. 1, S. 79 ff. 41
	        

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