Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

dadurch die Ausübung gewisser Hoheitsrechte im handels- und zoll­ technischen wie im PTT-Bereich für die Dauer der kündbaren Ver­ träge an die Schweiz abgetreten wurde. Zuerst zum ZV, mit dem ich mich nun eingehender befasse. Er ist der wichtigste Vertrag. Er gleicht dem ins Wasser gefallenen Stein, der Wellen auslöst, die mit abnehmender Stärke in weite Bereiche fort­ wirken. Er ist bemerkbar in der Geltung der eigentlichen schweizeri­ schen Zollvorschriften im Fürstentum Liechtenstein und ihrer un­ mittelbaren Anwendung durch die schweizerische Verwaltung und teils durch schweizerische Gerichte auf einzelne Individuen in Liech­ tenstein bis zu entfernter, politisch völlig freier und autonomer Harmonisierung liechtensteinischer Vorschriften. Art. 1 Abs. 1 des ZV lautet: «Das Gebiet des Fürstentums Liechten­ stein wird an das schweizerische Zollgebiet angeschlossen und bildet einen Bestandteil des schweizerischen Zollgebietes». Das ist der Kern­ satz der Zollunion. Im materiellen Bereich bewirkt der ZV die Beseitigung der äußeren Handels- und Zollschranken zwischen den beiden Vertragsstaaten. Art. 1 Abs. 2 bestimmt: «An der schweizerisch-liechtensteinischen Grenze dürfen ... von keiner Seite Abgaben behoben sowie Beschrän­ kungen und Verbote der Ein- und Ausfuhr erlassen werden ...» Es fällt jedoch auf, daß der Vertrag keine Bestimmungen oder Verbote über nicht-tarifarische Handelshemmnisse enthält, wie es heutzutage selbst bei Freihandelszonen, von weitergehenden Verbindungen ganz abgesehen, üblich ist. Im ZV gibt es beispielsweise keine Verbote oder Mißbrauchsbestimmungen betreffend Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Subsidien und öffentlichen Einkauf, durch private Prak­ tiken wie Kartelle, Monopole, Dumping usw. Liechtenstein ist ver­ traglich nicht gehindert, besondere indirekte Steuern einzuführen. Es gibt keine Schutzklauseln — außer der Vertragskündigung als ultima ratio. Das bilaterale System hat offenbar, wie die Erfahrung zeigt, auch ohne solche Regelungen funktioniert. Im industriellen Bereich wird man allerdings davon ausgehen, daß nunmehr die Wettbewerbs­ regeln der EFTA in beiden Staaten gelten. Es gibt hiefür besondere multilaterale Verfahren vor dem EFTA-Rat; es fehlen aber, abgesehen von der diplomatischen Erledigung, adäquate generelle, zu beach­ tende Prozedurregelungen im bilateralen Verhältnis51). Im Agrar- sektor sah sich Liechtenstein gezwungen, teils eigene Stützungsmaß­ nahmen zu ergreifen, um nicht zu große Wettbewerbsnachteile gegen­ 51) Vgl. Art. 13—17 und 31 des EFTA-Übereinkommens. Zu solchen Erledigungen ist das in Art. 43 ZV bezeichnete Schiedsgericht, das nur Streitfragen der Auslegung des ZV beurteilt, nicht zu­ ständig. 30
	        

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