Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Staatspolitik

Österreich-Ungarn die Befugnis ab, Liechtenstein als Postinland zu behandeln und in die Zensur aus militärischen Gründen einzubezie- hen.5) Dieser Eingriff in die Souveränität Liechtensteins war für die Ententestaaten ein Beweis, daß Liechtenstein seine Neutralität gegen­ über der österreichisch-ungarischen Monarchie nicht wahren konnte. Die Schweiz wies die fürstliche Regierung bereits im Sommer 1915 auf mögliche Folgen für die Getreideversorgung Liechtensteins durch die Schweiz hin.6) Die Antwort der fürstlichen Regierung umging die Frage der Zensur an der Schweizergrenze und sprach von der österreichisch-liechtensteinischen Grenze, welche für die in Frage gestellte Neutralität keine Rolle spielte. In Wien erwähnte der schweizerische Botschafter, Minister Bourcart, gegenüber der öster­ reichischen Regierung, daß sie mit der Postzensur in Liechtenstein dem Lande keinen Gefallen erweise.7) Die Auswirkungen für die Lebensmittelversorgung Liechtensteins blieben nicht aus. Nachdem Italien die wohlwollende Neutralität gegenüber den Zen­ tralmächten aufgegeben hatte und zusammen mit der Entente diese bekämpfte, war die Schweiz nurmehr von Kriegsländern umschlossen. Das amerikanische Getreide konnte nur noch mit Zustimmung der österreichfeindlichen Kriegspartei die Schweiz erreichen und deren Versorgung wurde mit erschwerten Ausfuhrbestimmungen verbunden. Anfangs des Jahres 1916 verweigerten Italien, Frankreich und Eng­ land endgültig die Mehllieferungen an das Fürstentum Liechtenstein mit der Begründung, daß dieses wegen des Zollvertrages mit Öster­ reich-Ungarn als wirtschaftlich nicht neutral angesehen werde. In der englischen Antwort auf die Anfrage des Bundesrates wird Liechten­ stein zu den Feindstaaten gezählt, solange es unter österreichischer Kontrolle stehe und nicht fähig scheine, seine Neutralität zu ver­ teidigen.8) Die schweizerische Regierung wies umsonst der Entente gegenüber auf die Notwendigkeit der Hilfe für das schuldlos vom Krieg betroffene Land hin. Die Ententeländer beharrten auf ihrem Standpunkt. Mit diesem Entscheid wurde das wirtschaftliche Schick­ sal Liechtensteins noch enger mit dem der österreichisch-ungarischen Monarchie verkettet. Ende 1915 war im Lande selbst nur vereinzelt die Befürchtung geäußert worden, daß die Postzensur und der Zollvertrag mit öster- reich-Ungarn Anerkennung der wirtschaftlichen Neutralität hinder­ 5) Kommissionsbericht für die Landtagssitzung vom 14. 10. 1918. 8) BA, 2001 (K) Bd. 81, Bourcart an Eidg. Pol. Dep. vom 23. 7. 1915. 7) BA, 2001 (K) Bd. 81, Instruktion d. Eidg. Pol. Dep. an Bourcart, vom 30. 7. 1915. 8) BA, 2001 (K) Bd. 81, Englische Gesandtschaft Bern an den Schweizer Bundesrat vom 15. 2. 1916. 18
	        

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