IT & FINANCE
NEUE ENTWICKLUNGEN IM
FINANCIAL PLANNING
HOCHSCHULSCHRIFTEN DES
INSTITUTS FÜR
WIRTSCHAFTSINFORMATIK
HOCHSCHULE LIECHTENSTEIN
Brigitte Eller
Günter Schmidt
Herausgeber
NEUE ENTWICKLUNGEN
IM FINANCIAL PLANNING
Fachtagung an der Hochschule Liechtenstein
Dipl.-Ing. FH Brigitte Eller MSc.
Univ.-Prof. Dr. Günter Schmidt
Hochschule Liechtenstein
Fachbereich Wirtschafswissenschaften
Fürst-Franz-Josef-Strasse
9490-Vaduz
Liechtenstein
Hochschulschriften des Instituts für Wirtschaftsinformatik
Hochschule Liechtenstein
IT & FINANCE
Neue Entwicklungen im Financial Planning
Online Publikation unter: www.hochschule.li
Vaduz, Februar 2006
ISSN 1818-5444
© 2006 Institut fiir Wirtschaftsinformatik Hochschule
Liechtenstein
mu HOCHSCHULE
LIECHTENSTEIN
Vorwort
Persönliche Finanzplanung ist ein Segment, welches Wachstumspotenzial in sich birgt
und immer grössere Bedeutung gewinnt. Die Komplexität dieser Finanzdienstleistung
macht eine Unterstützung durch entsprechende Software erforderlich. Der Bogen in
den Beiträgen dieser Hochschulschrift wird gespannt von fachlichen Ansprüchen und
Entwicklungen im Financial Planning über die Identifikation von künftigen
Anforderungen an Software für die persönliche Finanzplanung - aus Kundensicht
ebenso wie aus Sicht des Anbieters der Dienstleistungen - bis hin zu neuen Trends im
IT-basierten Financial Planning. Es sollen auch Antworten gefunden werden auf die
Frage, welche Ansprüche und Herausforderungen sich künftig für die Entwicklung
von Software zur Unterstützung des Financial Planning ergeben können.
Die Themen der Beiträge sind bewusst nicht fokussiert auf einen bestimmten
Teilbereich des Financial Planning, um einerseits die Relevanz und Breite der
Thematik zu unterstreichen und anderseits Ansätzen aus der Praxis gleichermassen
Raum zu geben wie Ansätzen aus der Forschung. Diese Hochschulschrift gibt einen
Einblick in das Financial Planning aus verschiedenen Blickwinkeln aus Praxis und
Theorie.
Brigitte Eller, Günter Schmidt
Vaduz, Februar 2006
Inhaltsverzeichnis
FINANZPLANUNG IN LIECHTENSTEIN UND DER SCHWEIZ 9
AN ASSESSMENT METHOD COMPLIANT TO THE BASEL II
REGULATION ON OPERATIONAL RISK MANAGEMENT 25
BUSINESS INTELLIGENCE IM FINANCIAL PLANNING 37
PRÄFERENZ- UND LEBENSEREIGNISORIENTIERTE PERSÖNLICHE
FINANZPLANUNG 49
ERFOLGREICHE TECHNOLOGIESTRATEGIEN BEIM VERTRIEB IM
PRIVATKUNDENGESCHÄFT: 77
NEUE TRENDS IM IT-BASIERTEN FINANCIAL PLANNING 93
RESÜMEE DES EXPERTENGESPRÄCHS AM ABEND DES 09.12.2005 IN
VADUZ 113
Finanzplanung in Liechtenstein und der Schweiz
Eine Bestandesaufnahme und aktuelle
Herausforderungen
Edi Zorc
Leiter Financial Consulting
Liechtensteinische Landesbank AG
9490 Vaduz
wwwı.llb.li
Lic. oec. Publ. Zorc Eduard
Herr Zorc beruflicher Werdegang begann bei
der Schweizerischen Bankgesellschaft. Von dort
wechselte er im Zuge einer Fusion zur UBS
Zürich, bei der er den Posten als Projektleiter in
der Abteilung Front-Informatik Private Banking
sowie die IT-Projektleitung im Bereich
Finanzplanung innehatte. Seit 1998 ist Herr
Zorc bei der Liechtensteinischen Landesbank
(LLB) beschäftigt und leitet seit dem Jahr 2002
die Abteilung Financial Consulting.
Abstract. Die Finanzplanung‘, vor allem in der Schweiz, war in den letzten
zehn Jahren durch eine sehr volatile Entwicklung gekennzeichnet. Von Himmel
hoch jauchzend bis zu Tode betrübt wurden alle Gemütszustände durchlebt.
Zurzeit befindet sich die Finanzplanung an einem Scheideweg. Die Frage stellt
sich, ob sie auf Grund falsch verstandener Rentabilitátsüberlegungen verloren
geht oder ob sie es schafft, ihren Platz in der Beratung sowohl von Retail- als
auch Private Banking-Kunden zu finden. Ziel des nachfolgenden Beitrages ist
es, den aktuellen Stand der Finanzplanung in der Schweiz und Liechtenstein
darzulegen sowie mógliche weitere Entwicklungen aufzuzeigen. Dabei soll
auch der Frage nachgegangen werden, welche Informatik-Werkzeuge diese
zukünftigen Entwicklungen benótigen. Der Beitrag erhebt keinen Anspruch an
eine wissenschaftliche Arbeit. Er soll vielmehr die Erfahrungen sowie die
Erwartungen des Autors auf dem Gebiet der privaten Finanzplanung als Leiter
der Abteilung Financial Consulting bei der Liechtensteinischen Landesbank AG
wieder geben.
1 Historische Entwicklung und aktueller Status quo
1.1 Internationale Entwicklung
Wie so vieles findet sich der Ursprung der Finanzplanung in den USA. In den 60er-
Jahren weiteten verschiedene Finanzdienstleister (Versicherungen, Treuhánder,
Aktienhàndler) ihr reines Produktangebot auf eine umfassende
Beratungsdienstleistung aus. Ein wesentlicher Treiber für diese Entwicklung in den
USA war (und ist) die kaum existierende staatliche Altersvorsorge. Dies zwingt
gerade auch besser verdienende Bevólkerungsschichten, die eigene Altersvorsorge
frühzeitig zu planen. Im Jahr 1972 wurde dann in Denver mit dem College for
Financial Planning die erste systematische Ausbildung im Bereich Financial Planning
geschaffen. Heute sind über das Certified Financial Planner
Board of Standards über 110'000 zertifizierte Finanzplaner (CFP??) weltweit
zusammengeschlossen.
Anfang der 80er-Jahre erreichte die private Finanzplanung Deutschland, wobei
sich der Start eher harzig gestaltete. Erst gegen Ende des Jahrzehnts gelang es den
Anbietern die Vorteile der neuen Beratungsdienstleistung gegenüber der gángigen,
reinen Produktberatung den Kunden erfolgreich zu vermitteln. Seit Beginn der 90er-
Jahre ist Financial Planning in Deutschland eine etablierte Dienstleistung, was nicht
zu letzt die steigende Zahl der zertifizierten Finanzplaner dokumentiert. Die Anbieter
sind hauptsáchlich Grossbanken aber auch Sparkassen sowie Privatbanken. Daneben
gibt es verschiedene so genannte unabhángige Anbieter (z. B. AWD oder MLP),
welche sich sehr stark im Bereich privater Finanzplanung positionieren.
lFinanzplanung wird in diesem Beitrag synonym zum englischen Begriff Financial
Consulting verwendet.
?Die Bezeichnung CFP ist ein eingetragenes Warenzeichen des CFP Board of
Standards, Denver, USA.
10
1.2 Entwicklung in der Schweiz und Liechtenstein
Bei Schweizer Banken besteht eine lange Tradition in den einzelnen Teilbereichen der
Finanzplanung wie Steuern, Nachlass und teilweise auch Vorsorge. Beispielsweise
bieten sehr viele Banken das Ausfüllen der Steuererklärung von Privatpersonen als
Möglichkeit, umfassende Vermögensinformationen von Kunden zu erhalten bereits
schon seit Jahrzehnten an. Auch im Bereich Ehe- und Erbrecht sowie
Willensvollstreckungen sind viele Banken bereits seit langem aktiv. Was fehlte und
erst gegen Mitte der 90er-Jahre vorangetrieben wurde, war die Zusammenfassung der
verschiedenen Bereiche in eine einheitliche und integrierte Beratungsdienstleistung.
Vor allem die Anlageberatung wurde lange Zeit als reine Wertschriftenberatung
verstanden, bei welcher Themen wie Gesamtvermögensanalyse, Steuern, Vorsorge
und Vermögensweitergabe keinen oder nur rudimentären Eingang fanden.
In der Schweiz konnte man seit Mitte der 90er-Jahre drei Phasen beobachten:
Aufbau, Euphorie und Ernüchterung. Zu Beginn waren es vor allem die Grossbanken,
welche das Thema privater Finanzplanung forcierten und entsprechende Software-
Systeme in Eigenregie bauten. Die allgemeine Börseneuphorie gegen Ende des
Jahrzehntes schwappte dann auch auf die Finanzplanung über. Es wurde massiv
investiert, einerseits in die Infrastruktur, andererseits in neue Mitarbeiter sowie die
deren Ausbildung der bereits angestellten. So entstanden zum Teil überdimensionierte
Finanzplanungs-Abteilungen. Ob Fondssparplan oder Hypothekenfinanzierung, alles
wurde unter dem Begriff Finanzplanung zusammengefasst. Dies ging so lange gut,
wie der Hype an den Börsen anhielt und die Banken mit üppigen Gewinnen versorgte.
Nach Einbruch der Märkte und den teilweise massiven Gewinnkorrekturen machte
sich auch in der Finanzplanung Ernüchterung breit. Man sah plötzlich, dass
Finanzplanung viel Geld kostete und darüber hinaus auch wenig direkte Erträge
generiert wurden. Rentabilität wurde zum grossen Thema und auch zum Gradmesser
der Preformance. Gerade grosse Unternehmen restrukturierten daraufhin ihre
Finanzplanungs-Abteilungen massiv. Waren vor zwei, drei Jahren gut ausgebildete
Finanzplaner eine gesuchte und dementsprechend hoch bezahlte Spezies, fanden sich
viele plötzlich auf Stellensuche.
Die Entwicklung der Finanzplanung in Liechtenstein ist schnell beschrieben. Als
Bankdienstleistung fand die „klassische“ Finanzplanung im hier definierten Sinn erst
im Jahr 2002 Eingang. Für Liechtensteinische Banken als traditionelle off-shore
Spezialisten waren Themen wie Steuern, Vorsorge oder ehe- und erbrechtliche Fragen
lange Zeit nicht prioritär. Durch die Veränderung der Kundenbedürfnisse, nicht zu
letzt auch im internationalen Bereich, wurden die Banken gefordert, in diesen
Bereichen entsprechendes Know-how aufzubauen.
Die Liechtensteinische Landesbank AG ist heute in Liechtenstein die einzige Bank,
welche die klassische Finanzplanung für regionale Kunden aus Liechtenstein und der
Schweiz anbietet. Alle anderen Banken konzentrieren sich nach wie vor auf das off-
shore Banking, respektive auf das internationale Wealth Management.
11
1.3 Wo stehen wir heute in der Finanzplanung?
Der radikale Einschnitt in der Entwicklung der Finanzplanung zu Beginn dieses
Jahrzehntes wirkt auch heute, rund drei Jahre später, immer noch nach. Die
Finanzplanung ist aber keineswegs tot. Sie wird von vielen Banken nach wie vor
gelebt, nur nicht mehr so plakativ wie noch vor wenigen Jahren.
Auch heute noch bieten sehr viele Banken in der Schweiz die klassische
Finanzplanung an. Gerade schweizer Kantonalbanken, wie beispielsweise die
Züricher oder Zuger Kantonalbank oder auch die Raiffeisen Banken, betreiben die
klassische Finanzplanung nach wie vor sehr erfolgreich.
Verschiedene andere Banken, darunter vor allem Grossbanken, gehen jedoch mehr
und mehr dazu über, Finanzplanung nicht mehr als eigenständige Disziplin zu
vermarkten, sondern die kundenspezifischen Beratungskonzepte mit Finanzplanungs-
Inhalten zu füllen. Aus Gründen der Rentabilität werden hier im Retailbereich nur
noch selten Finanzplanungsspezialisten eingesetzt. Aspekte der Finanzplanung, sofern
vorhanden, werden ausschliesslich durch den Retailberater transportiert. Die
Spezialisten sind den Private Banking-Kunden vorbehalten. Aber auch in diesem
Segment ist die eigentliche Finanzplanung als Planungswerkzeug von eher
untergeordneter Bedeutung. Im Vordergrund stehen auch in diesem Segment
themenorientierte Beratungen, welche vom Kunden auf Grund eines aktuellen
Problems initiiert werden.
1.4 Aktuelle Systemunterstützung
Die in der Finanzplanung eingesetzten Systeme decken heute vor allem die Bereiche
Datenerfassung, Analyse und Planung sowie die Ergebnispräsentation ab. Bei der
Datenerfassung geht es um die möglichst genaue Erfassung der Ist-Situtation des
Kunden (inklusive der bereits feststehenden zukünftigen Ereignisse). Auf Grund
dieser Daten kann eine erste Prognoserechnung erstellt werden, mit deren Hilfe die
zukünftige Liquiditäts- und Vermögensentwicklung simuliert werden kann. In der
Analyse- und Planungsphase geht es anschliessend darum, über geeignete
Massnahmen eine Optimierung der gesamten Vermögenssituation im Hinblick auf die
mit dem Kunden definierten kurz-, mittel- und langfristigen Ziele zu erreichen. In
einem letzten Schritt werden dem Kunden die Ergebnisse der Planung in einer
möglichst übersichtlichen und verständlichen Form präsentiert. Die hier
beschriebenen Funktionen werden durch die heute auf dem Markt erhältlichen
Software-Lösungen in aller Regel sehr gut abgedeckt.
Die vorgelagerten Prozesse wie Akquisition und Auftragsvergabe sowie
nachgelagerte Prozesse wie Umsetzung, Überwachung und Aktualisierung werden
systemmässig aber noch wenig unterstützt. Dies zeigt auch eine Studie, welche das
Institut für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen in Zusammenarbeit mit
der Short Consulting AG in Deutschland und der Schweiz im Sommer 2004
durchgeführt hat. Insgesamt wurden in einer Online-Befragung über 100 Experten aus
Banken und Versicherungen sowie unabhängige Finanzberater in Deutschland und
der Schweiz befragt. Der Rücklauf betrug über 50 Prozent (n = 52).
12
Die nachfolgende Grafik zeigt auf, in welchem Mass die einzelnen Schritte des
Beratungsprozesses durch Informatik-Systeme unterstützt werden.
In welchem Ausmass werden die Beratungsprozesse durch Systeme unterstützt?
100% 7
80% - E] Weitgehend manuell
60% 7 El Eher manuell
0, -
40% L1 Eher systemgesteuer
20% - .
EJ Weitgehend
0% - systemgesteuert
& v Se
S7 4 S ^ s Sw "s , sS
JS "3 SS S S d S
> SS rd S S e S
Abb. 1. Grad der Systemunterstützung im Beratungsprozess ?
Die Antworten auf diese Frage bestátigen die weiter oben gemachte Aussage, dass
im gesamten Planungsprozess vor allem die Funktionen Analyse und Planung sowie
Dokumentation weit gehend systemunterstützt sind. Nur rund 20 Prozent der
Unternehmungen bearbeiten diese Funktionen noch manuell. Die ebenfalls hohe
Systemunterstützung von rund 70 Prozent bei der Offertstellung kann darauf
zurückgeführt werden, dass sehr viele der teilnehmenden Unternehmen (hier v. a.
Versicherungen) eigene Produkte einsetzen, für welche sie über software-basierte
Offertprogramme verfügen.
Sowohl die vor- als auch die nachgelagerten Funktionen werden gemiss dieser
Studie aber noch meist manuell ausgeführt.
Die nächste Grafik zeigt diesen Sachverhalt nochmals auf. Zudem werden in dieser
Grafik die Unterschiede zwischen den aktuellen Bank- und Versicherungslósungen
ersichtlich.
Eigene Darstellung. Quelle: Studie Universitit St. Gallen / Short Consulting AG,
2004
13
Welche Aussage charakterisiert den Grad der Systemunterstützung
in Ihrem Unternehmen am besten?
Versicherungen
:
TS]
Stl E
Weitgehend papiergestützt, Computereinsatz vorwiegend für
Produktofferten.
Einsatz von verschiedenen Beratungssytemen. Vernetzung ist
Aufgabe des Beraters.
Einsatz eines Expertensystems, welches den Berater führt. Alle
Aspekte werden abgedeckt.
Einsatz eines Expertensystems. Standardisierung der Prozesse.
Automatisierung von Front- und Backoffice-Prozessen.
HUN
Abb. 2. Grad der Systemunterstützung bei Banken und Versicherungen.“
Nur 4 Prozent der Banken und 10 Prozent der Versicherungsgesellschaften haben
ihre Beratungsprozesse in der Finanzplanung weit gehend automatisiert. Immerhin
setzen heute 50 Prozent der Banken in der Finanzplanung ein Expertensystem ein. Bei
den Versicherungen sind es nach wie vor nur rund ein Viertel. Hier besteht zweifellos
noch ein beträchtliches Potenzial für Softwareanbieter.
2 Wohin entwickelt sich die Finanzplanung?
In der heutigen Situation stellt sich die Frage, wohin sich die Finanzplanung
entwickeln wird. Um zu beurteilen, ob die Finanzplanung in der heutigen Form eine
Zukunft hat oder ob diese im Zuge der Rentabilititsüberlegung gar ganz
verschwinden, respektive in der "normalen" Beratung aufgehen wird, sind die
folgenden zwei Fragen zu beantworten:
e Bietet Finanzplanung den Kunden einen echten Mehrwert, welcher die
Honorarkosten aufwiegt?
e Können die Anbieter mit Finanzplanung langfristig Geld verdienen?
Die Antwort des Autors zu diesen zwei Fragen ist ein ganz klares „Ja“. In
verschiedenen empirischen Untersuchungen wurde der Einfluss der Strategie sowie
der Taktik und der Titelselektion auf den Anlageerfolg analysiert. Der grösste Teil
“Quelle: Studie Universitàt St. Gallen / Short Consulting, 2004
5Vgl. dazu Brinson, Hood und Beebower 1986.
14
des Anlageerfolgs lässt sich gemäss diesen Untersuchungen auf die Strategie
zurückführen. Die taktische Asset Allocation sowie Titelselektion sind dabei nur von
untergeordneter Bedeutung. Die Strategiewahl ist also entscheidend für den Erfolg.
Was für ein einzelnes Portfolio gilt, gilt auch für die Gesamtvermögenssituation einer
Privatperson. Die langfristige Strategie wird durch den Finanzplan repräsentiert,
welcher den massgeblichen Erfolgsfaktor bildet. Aus dieser Sichtweise stellt sich die
Frage nach dem Mehrwert des Kunden durch einen Finanzplan eigentlich gar nicht
mehr, da eine Gesamtvermögensallokation ohne Finanzplan gar nicht seriös
durchgeführt werden kann. Dies wäre quasi wie der Hausbau ohne Architekt und
Pläne.
Auch die zweite Frage ist eigentlich nicht ganz korrekt gestellt. Die Frage müsste
eher lauten: „Können Banken ohne Finanzplanungskonzepte langfristig überleben?“
Alle Umfragen und Kundenpanels der letzten Jahre zeigen, dass die Kunden, vor
allem jene aus dem Private Banking Segment, anspruchsvoller werden. Eine reine
Anlageberatung im Sinne einer Wertschriftenberatung reicht heute nicht mehr aus, um
im verschärften Wettbewerb zu bestehen. Die Kunden wollen umfassend beraten sein.
Sie wollen von ihrem Relationship Manager nebst einer erstklassigen Beratung in
Anlagefragen auch kompetente Auskünfte zu Themen aus den Bereichen Steuern,
Vorsorge und Vermögensweitergabe.
2.1 Private Banking: Beratungszentrierter Ansatz
Voraussetzung für eine zielführende, professionelle Beratung einer Person respektive
einer wirtschaftlichen Einheit (z. B. einer Familie) ist eine ganzheitliche
Betrachtungsweise. Zu dieser gehört nebst der Integration aller Vermögenswerte auch
der Einbezug der aktuellen Lebensumstände sowie bestehender und zukünftiger
Wünsche und Ziele. Nur so ist es möglich, die Gesamtsituation des Kunden über alle
Aspekte hinweg zu optimieren. Die Kundenberatung kann vor diesem Hintergrund in
folgende Prozesse aufgeteilt werden:
Definition der Ziele und Wünsche des Kunden (Soll-Situation)
Ist-Aufnahme der aktuellen Situation
Definition von Massnahmen, um von der Ist- zur Soll-Situation zu gelangen.
Implementierung der vorgeschlagenen Lösung
Permanenter Abgleich zwischen der Ist- und Soll-Lösung und Initiierung der
notwendigen Schritte
e Regelmüssige Überpüfung des Planes auf dessen Konsistenz mit der
aktuellen Situation
Werden nun diese Prozesse quasi in Kernprozesse zusammengefasst, kónnen drei
Kermnprozesse identifiziert werden:
1. Financial Planning
2. Umsetzung / Betrieb
3. Financial Controlling
15
Der Finanzplan bildet in diesem System die Basis für alle kurz-, mittel- und
langfristigen Entscheidungen. Er ist quasi der Masterplan für die nächsten 15 bis 20
Jahre. Hier wird die gesamte Vermögenssituation transparent dargestellt. Dabei
werden alle Vermögensbestandteile berücksichtigt, das heisst beispielsweise auch
Immobilien, Rückkaufwerte aus Versicherungen oder — anwartschaftliche
Vermögenswerte wie das Pensionskassenkapital.
In der Umsetzung werden die im Finanzplan definierten. Massnahmen
implementiert. Dies geht über die konkrete Titelselektion im Wertschriftenportfolio
über den Abschluss von Versicherungen bis hin zu Immobilientransaktionen sowie
ehe- und erbrechtliche Massnahmen.
Beim Financial Controlling schlussendlich führt der Relationship Manager einen
periodischen Soll-Ist-Vergleich durch. Wo steht der Kunde aktuell gegenüber der
Planung? Handelt es sich um normale Abweichungen oder müssen spezielle
Massnahmen getroffen werden? Muss die Planung allenfalls angepasst werden? Auf
was sind die Abweichungen zurückzuführen? Hat sich im wirtschaftlichen oder
persönlichen Umfeld des Kunden etwas geändert? Die Ergebnisse dieser Überprüfung
fliessen anschliessend wiederum in die Planung ein. Die folgende Grafik
veranschaulicht noch einmal diese drei Phasen:
Abb. 3. Beratungszentrierte Finanzplanung im Private Banking. ©
In diesem Modell ist die Finanzplanung nicht mehr eine isolierte
Beratungsdienstleistung, welche unsystematisch auf Wunsch des Kunden
durchgeführt wird, sondern ist selbst Teil des Beratungskonzeptes. Der Finanzplan
bildet den Ausgangspunkt bei jeder Beratung. Es stellt sich also nicht mehr die Frage,
bei welchen Kunden ein Finanzplan erstellt werden soll, sondern ein Finanzplan wird
ganz automatisch bei jedem Kunden als quasi Startpunkt der Beratung erstellt. Es
stellt sich hier nur noch die Fragen, wie detailliert die Planung erfolgt und welche
Schwerpunkte gesetzt werden sollen.
°Quelle: eigene Darstellung.
16
2.2 Retailbanking: themenzentrieter Ansatz
Einen beratungszentrierten Ansatz, wie im vorherigen Kapitel skizziert, setzt voraus,
dass der Kunde eine bestimmte Vermögensgrösse aufweist. Realistischerweise müsste
das Vermögen hier eine Million Schweizer Franken oder mehr betragen. Nur bei einer
solchen Vermögensgrösse rechtfertigt sich der Aufwand für eine beratungszentrierte
Finanzplanung.
Im Retailbereich, dass heisst im Bereich von 100'000 bis 250'000 Schweizer
Franken, muss ein Finanzplanungskonzept Anwendung finden, welches eine
rationelle Erstellung entsprechender Planungen respektive Berechnungen erlaubt. Es
ist also mit minimalem Aufwand der grösstmögliche Kundennutzen anzustreben. In
diesem Segment ist der Kunde oft nicht bereit oder hat schlicht die Mittel nicht, eine
Finanzplanungs-Dienstleistung entsprechend zu honorieren. Auf der anderen Seite
wird der Finanzdienstleister nicht bereit sein, in Anbetracht des Kundenpotenzials
diese Dienstleistung zu subventionieren. Dem Anbieter muss es also gelingen, die
Beratungsdienstleistung zu solchen Kosten herzustellen, dass der Kunde respektive
der Finanzdienstleister sie zu tragen gewillt ist.
Aus den oben genannten Gründen wird in diesem Segement die umfassende
Finanzplanung nur in Ausnahmefällen Anwendung finden. Hier geht es vielmehr
darum, den Kunden mit gezielten, themenorientierten Beratungen einen echten
Mehrwert zu bieten. Mögliche Themengebiete für solch isolierte „Beratungsflashes“
werden nachfolgend kurz skizziert.
e Vorsorge-Check: Hier geht es um eine isolierte Betrachtung der Frage, was
passiert im Fall der Erwerbsunfähigkeit sowie des Todesfalls, jeweils in
Folge von Unfall und Krankheit. Die in den einzelnen Risikoereignissen zum
Tragen kommenden Ersatzeinkommen aus der 1., 2. und 3. Säule werden
transparent dargestellt und einem definierten Bedarf gegenübergestellt. So
können Deckungslücken, aber auch Überversicherungen identifiziert und
gegebenenfalls behoben werden. Zusätzlich werden hier die
Versicherungsleistungen im Alter dargestellt.
e Vermögensaufbau: Fragen, die sich der Kunde in diesem Bereich stellt
sind: Wie viel muss ich monatlich sparen, um ein bestimmtes Sparziel zu
erreichen? Wie hoch steigt mein Vermögen, wenn ich über die nächsten X
Jahre pro Monat einen bestimmten Betrag auf die Seite lege? Solche
Berechungen lassen sich sehr einfach realisieren und könnten beispielsweise
mit einem Fondssparplan kombiniert werden.
e. Vermügensverzehr / Einkommenssicherung: Beim Vermögensverzehr
geht es darum, aus einem bestehenden Vermógen ein regelmàssiges, sicheres
Einkommen zu generieren. Diese Problemstellung kann auf verschiedene
Arten und mit unterschiedlichen Produkten von Banken und Versicherungen
gelóst werden. In dieser Situation ist es die Aufgabe des Finanzplaners
respektive des Kundenbetreuers die verschiedenen Möglichkeiten dem
Kunden móglichst transparent aufzuzeigen, um ihm damit die nótigen
Entscheidungsgrundlagen zu geben.
e Immobilienfinanzierung: Gerade im Bereich der Immobilienfinanzierung
kann dem Kunden mit relativ einfachen Berechnungen ein grosser Mehrwert
17
geboten werden. Nebst der klassischen Tragbarkeitsrechnung sind mögliche
Themenbereiche: direkte Amortisation gegenüber indirekter Amortisation,
die optimale Eigenkapital- / Fremdkapitalquote, mögliche Steuerspareffekte,
Vergleich von Miete und Kauf und andere.
* Wohnsitzwechsel: Mit den heute auf dem Markt erhältlichen Steuerrechnern
können die steuerlichen Auswirkungen beim Wohnsitzwechsel sehr schnell
aufgezeigt werden. Mögliche weitere Parameter in einer Vergleichsrechnung
wären Immobilienpreise sowie zusätzliche Kosten in Folge des geänderten
Arbeitsweges, der auswärtigen Verpflegung etc.
e Steueroptimierung: Ein Dauerthema vor allem in der Schweiz. Die Idee ist
hier, mit einem einfachen Tool bei einem gegebenen Bruttoeinkommen
sowie ein paar wenigen zusátzlichen Parameter (z. B. der Einkaufslücke in
der Pensionskasse) alle generellen Móglichkeiten aufzuzeigen, welche das
steuerbare Einkommen reduzieren.
e Nachlassplanung: Bei den heute verfügbaren Finanzplanungstools wird die
Nachlassplanung generell wenig berücksichtigt. Auch hier wáre es móglich,
mit wenig Aufwand dem Kunden einen ersten Überblick über seine
erbrechtliche (und allenfalls ehegesetzliche) Situation zu geben. Mit der
Eingabe der Nachlasshóhe sowie der vorhandenen Erben kónnten mit
wenigen Eingaben und Mausklicks gesetzliche Quoten, Pflichtteilsquoten,
Nachlassteuer, die maximal mógliche Meistbegünstigung einzelner Erben
Sowie weitere Informationen für den Kunden in verstündlicher Form
dargestellt werden.
Die Aufzählung ist keinesfalls abschliessend. Es liessen sich noch viele
Themengebiete finden, bei welchen dem Kunden mit geringem Aufwand ein grosser
Nutzen generiert werden könnte. Der Aufwand zur Erstellung der Berechnungen darf
dabei nicht länger dauern als fünf bis zehn Minuten und muss von einem
Kundenberater ohne Finanzplanungsausbildung erstellt werden können.
Allgemeinaussagen werden in diesen Berechnungstools über einige wenige
Eingabeparameter personalisiert und der Kunde erhält so ein auf ihn zugeschnittenes
und somit auch vertrautes erstes Lósungskonzept.
2.3 Affluent Kundensegment
Im Affluent Kundensegment kann keine eindeutige Zuordnung zu einem der beiden
Ansätze (beratungszentriert oder themenzentriert) vorgenommen werden. Je nach
Potenzial entscheidet der Kundenberater auf Grund des Kundenbedürfnisses, ob eine
Finanzplanung als Teil der Beratung oder nur im Auftrag des Kunden bei
entsprechender Verrechnung durchgeführt wird. Selbstverstindlich stehen dem
Kundenberater alle Berechnungswerkzeuge, welche im vorherigen Kapitel skizziert
worden sind, zur Verfügung. Zudem sind hier Finanzplanungen, welche nicht
umfassend ausgelegt sind, sondern nur einen Teilbereich betreffen und
dementsprechend preislich attraktiv sind, eine gute Alternative.
Das Segment der Affluent Kunden stellt eigentlich den heutigen Status quo dar.
Eine Finanzplanung ist nicht obligatorischer Teil einer Beratung und eine reine
18
themenzentrierte Beratung mit einfachen Berechnungstools findet auch nicht statt. Es
ist der Kunde, der sich für eine Finanzplanung entscheidet und diese auch
entsprechend bezahlt. Die nachfolgende Grafik zeigt zusammenfassend den Einsatz
der Finanzplanung in den einzelnen Kundensegmenten:
Beratungszentrierte Finanzplanung als fester Teil des
Finanzplanung en Beratungskonzeptes
Beratungs- und Einsatz der Finanzplanung in
themenzentrierte Affluent-Kunden Abhängigkeit des Kunden-
Finanzplanung bedürfnisses und -potential
Einsatz von ,easy to
Themenzentrierte Retail-Kunden use" Berechnungs-
Finanzplanung modulen
Abb. 4. Der Einsatz von Finanzplanungskonzepten in unterschiedlichen
Kundensegmenten. 7
3 Konsequenzen für den Mitteleinsatz
Wie die Umfrage der Universität St. Gallen und der Short Consulting AG zeigt, ist die
Systemintegration heute vor allem in der Analyse und Planung gegeben. Um die im
vorherigen Kapitel aufgezeigten zukünftigen Entwicklungen in der Finanzplanung
erfolgreich zu meistern, wird dies nicht reichen. Die bestehenden Applikationen
können durchaus als Basis-Systeme betrachtet und weiter verwendet werden. Sie
müssen aber in verschiedene Richtungen erweitert werden.
3.1 Downsizing
Unter Downsizing wird nicht verstanden, dass bestehende Funktionalitäten in
Finanzplanungspaketen reduziert werden. Vielmehr ist die Forderung, dass neue
Funktionen für den Retailbereich implementiert werden. Die „Reduzierung“ spricht
vielmehr die Komplexität bestehender Finanzplanungstools an. Bestehende Lösungen
sind auf die Erstellung von umfassenden Finanzplänen ausgelegt. Um hier erste
Resultate zu erhalten, müssen zuerst umfangreiche Daten erfasst werden. Eine
„Schnelle“ Berechnung ist meist ausgeschlossen.
Die heute auf dem Markt erhältlichen Produkte verfügen zwar für einzelne Themen
über separate Berechnungsmodule, welche eine schnelle Berechnung sowie Erstellung
eines Kundenoutputs erlauben. Diese Berechnungsmodule sind aber nur für einige
wenige Beratungssituationen, in der Regel aus dem Steuerbereich, anwendbar.
Ebenfalls erhältlich sind themenorientierte Planungsinstrumente, welche oft als
„Finanzplanung light“ tituliert werden. Diese können in einzelnen
7 Quelle: eigene Darstellung.
19
Beratungssituationen ganz nützlich sein, vermögen aber nicht restlos zu überzeugen.
Für einen ausgebildeten Finanzplaner gehen diese zu wenig tief und werden
dementsprechend nicht verwendet und für den Einsatz durch die Relationship
Manager im reinen Retailbereich sind sie hingegen zu aufwändig. Die im Kapitel 2.2
vorgestellten Anforderungen sind in den heute erhältlichen Software-Paketen zu
wenig konsequent durchgesetzt. Hier besteht noch einiges an Potenzial bei den
Anbietern.
Nachfolgend werden nun kurz die Anforderungen an solche Berechnungstools aus
Sicht des Anwenders skizziert:
e Schnell zu erstellen: Eine Berechnung muss mit wenigen Eingaben und
Mausklicks erstellt werden können und darf nicht länger als zwei, drei
Minuten dauern. Solche Berechnungen werden in der Regel im Beisein des
Kunden erstellt und dürfen dementsprechend nicht zu lange dauern.
e ,Easy to use* Die Erstellung darf kein Spezialisten. Know-how
beanspruchen; die Berechnungstools müssen von einem Relationship
Manager bedienbar sein. Zudem sind die Berechnungen so auszulegen, dass
auch Zusatzfragen auf Grund des Outputs nicht in Spezialgebiete führen,
welche vom Relationship Manager nicht mehr direkt beantwortet werden
können. Einsatz und Erklärung solcher Berechnungstools müssen von den
Frontmitarbeitern vollständig alleine gehandhabt werden können.
e Individualisierbar auf den Kunden: Trotz einfacher und schneller
Erstellung muss sich der Kunde in der Berechnung wiedererkennen kónnen.
Eine „theoretische“ sprich allgemein gültige Berechnung wird hier nicht
ausreichen. Die Wiedererkennung, das heisst die Identifikation des Kunden
mit dem Berechnungsoutput, kann mit einfachen Mitteln erreicht werden.
Der Name des Kunden muss im Output angedruckt werden. Zudem sind die
Berechnungen mit einzelnen kundenspezifischen Parametern wie Alter,
Geschlecht, individuelle Beiträge, etc. durchzuführen. Der Kunde erhält so
mit geringem Aufwand einen Mehrwert, welcher für ihn vor allem subjektiv
spürbar, durchaus aber auch objektiv vorhanden ist.
e Professioneller Output: Wie gerade postuliert, müssen die Berechnungen
auf die individuelle Situation des Kunden angepasst werden. Erfahrbar wird
dies durch den Kunden jeweils im Output. Hier muss sich der Kunde
wiedererkennen. Eine professionell gestaltete Kundendokumentation ist aus
dieser Optik sehr wichtig. Zudem muss sie weitgehend selbst erklárend sein,
da die Zeit für zusätzliche Erklärungen, aber auch spätere Rückfragen eher
knapp bemessen ist.
3.2 Upsizing
Wird Finanzplanung im Private Banking Kundensegement wie im Kapitel 2.1
beschrieben als Teil des Beratungskonzeptes eingesetzt, muss die Funktionalitàt
bestehender Finanzplanungssoftware ausgebaut werden. Dieser Ausbau betrifft nicht
a prion die Basisfunktionen wie Prognoserechnung oder das Definieren von
Massnahmen, sondern es geht vielmehr darum, zusátzlche Jurisdiktionen, sprich
20
Kunden-Domizilländer zu integrieren. Andernfalls wäre das Beratungskonzept als
solches nur für Private Banking Kunden aus bestimmten Ländern (z. B. Liechtenstein
und der Schweiz) umsetzbar und damit nicht allgemein gültig einsetzbar.
Die Basisberechnungs-Module sind zwar bei allen Kunden unabhängig ihres
Domizils identisch, bei den Berechnungen kommen dann aber länderspezifische
Berechungsmodule hinzu, welche die jeweiligen Steuer- und
Sozialversicherungsgesetze abbilden. Ein solches System muss skalierbar sein, das
heisst, dass nach Bedarf die entsprechenden Kundendomizilländer als einzelne
Module zu einen Basissystem hinzugefügt werden können. Eine grosse Schwierigkeit
dürfte dabei die starke Verflechtung der jeweiligen Steuer- und Sozialgesetzgebung
mit dem Basissystem darstellen. Um korrekte Berechnungsresultate zu erhalten, sind
je nach Land andere Angaben und Parameter notwendig. Für diese Problemstellung
bieten sich prinzipiell zwei Lösungsmöglichkeiten an: entweder das ganze System
wird vereinfacht und aus steuerlicher Sicht wird nur noch mit Näherungswerten
gearbeitet oder es wird versucht, bei der Aufnahme der Ist-Situation sowie der
Definition von Massnahmen jeweils den grössten gemeinsamen Nenner aller Steuer-
und Sozialgesetzgebungen als möglichen Input zu definieren. Unabhängig von der
Lösung wird diese Frage beim Design eines solchen Modells zweifelsohne die grösste
Herausforderung sein.
Eine zusätzliche Voraussetzung dafür, dass auch für internationale Kunden
Finanzplanung angeboten wird, ist natürlich, dass nebst der benötigen Software auch
das entsprechende fachliche Know-how vorhanden ist. Es braucht Spezialisten,
welche sich im Steuer-, Sozialversicherungs- sowie im Ehe- und Erbrecht des
jeweiligen Landes und im internationalen Kontext auskennen. Über diese Expertise
und Kompetenz verfügen heute aber die wenigsten Banken in Liechtenstein und der
Schweiz. Dies wird dann auch bei der Umsetzung einer beratungszentrierten
Finanzplanung für den jeweiligen Finanzdienstleister mit Sicherheit die höchste
Hürde darstellen.
3.3 Vertikale Integration
Um den beratungszentrierten Ansatz in der Finanzplanung effizient zu unterstützen,
ist nebst der Integration von zusätzlichen Steuer- und Sozialversicherungsmodulen
vor allem die systemgestützte Einbindung von vor- und nachgelagerten Prozessen
entscheidend (vgl. dazu Kapitel 2.1).
Bei einer solchen vertikalen Integration geht es also nicht um einen Ausbau der
Funktionstiefe, sondern der Funktionsbreite. Die bestehende Funktionalität der
Finanzplanungssoftware soll dabei nach Möglichkeit mit bereits vorhandenen
Applikationen verbunden werden. In aller Regel verfügen heute die
Finanzdienstleister über leistungsfähige Customer Relationship Management (CRM)
Systeme. Durch eine solche Einbindung könnten einige vorgelagerte, vor allem aber
die nachgelagerten Prozesse effizient unterstützt werden.
Bei den vorgelagerten Prozessen wären dies hauptsächlich die Akquisition und die
Datenerfassung. Sehr viele Kundendaten sind heute bereits in CRM-Systemen
gespeichert. Auf diese Daten kann einerseits bei der Akquisition zurückgegriffen
werden und andererseits bilden diese die Basis zur Erfassung der Ist-Situation bei der
21
Erstellung der Finanzplanung. Auf der anderen Seite wird aber auch die Datenqualität
der CRM-Systeme durch die zusätzlichen Informationen, welche über die
Finanzplanung beigesteuert werden, stark verbessert.
Bei den nachgelagerten Prozessen steht die Umsetzung der Massnahmen sowie die
periodische Überprüfung des Finanzplanes, der laufende Soll-Ist-Vergleich, im
Vordergrund. Hier würde ein integriertes CRM-System insbesondere im Bereich
Terminierung sehr gute Dienste leisten. Um ein Financial Controlling mittels eines
periodischen Soll-Ist-Vergleichs sicher zu stellen, müsste die bestehende
Funktionalitit aber weiter ausgebaut werden. Der Relationship Manager muss alle
Daten zur Beurteilung der aktuellen Situation zur Verfügung haben. Vor allem die
Vermógensentwicklung muss alle Anlageklassen enthalten und nicht nur das intern
vorhandene Wertschriftenvermógen. Diese zusätzlichen Daten müssen vom
Relationship Manager periodisch beigebracht und eingegeben werden. Zusammen mit
dem Finanzplan hátte der Relationship Manager so ein System zur Verfügung,
welches ihm eine laufende Kontrolle der Gesamtvermógenssituation ermóglichen
würde. Massnahmen zur Korrektur von Fehlentwicklungen kónnten so von ihm
zeitnah implementiert werden.
3.4 Zusammenfassung
Wie einleitend angesprochen, stellt dieser Artikel keine wissenschaftliche Arbeit dar.
Ziel des Autors war es, dem Leser nebst dem aktuellen Stand der Diskussion rund um
die Finanzplanung, mögliche Entwicklungsszenarien aufzuzeigen. Hier stellte sich
dann jeweils die Frage, mit welchen Hilfsmitteln diese Entwicklungen effizient
unterstützt werden können.
Aus heutiger Sicht lassen sich beim Einsatz der Finanzplanung zwei
Entwicklungen beobachten:
e Beratungszentrierte Finanzplanung: Hier wird Finanzplanung nicht mehr
als eigenständige Disziplin verstanden, sondern als Teil des
Beratungsprozesses im Private Banking. Neben der konkreten Umsetzung
und dem Financial Controlling bildet die Finanzplanung einen der drei
Basisprozesse in diesem Beratungsansatz.
e Themenzentrierte Finanzplanung: Ziel bei diesem Ansatz ist es, dem
Relationship Manager als — Nicht-Finanzplanungs-Spezialist ein
Instrumentarium in die Hand zu geben, mit welchem er seinen Kunden
kosten- und aufwandeffizient einen klaren Mehrwert in einzelnen
Themengebieten geben kann.
Die beratungszentrierte Finanzplanung führt auf der Seite der Systemunterstützung zu
zwei Anforderungen:
eo Upsizing: darunter wird die Integration der Steuer- und
Sozialversicherungsgesetzgebungen von weiteren Ländern verstanden. Die
22
beratungszentrierte Finanzplanung muss für alle Private Banking Kunden
möglich sein, unabhängig vom Domizil des jeweiligen Kunden.
e Vertikale Integration: dies bedeutet eine Vergrösserung der
Funktionsbreite, das heisst, die systemmässige Abdeckung verschiedener
vor- und nachgelagerter Prozesse zur eigentlichen Finanzplanung. In diesem
Zusammenhang wird die Integration bestehender CRM-Systeme eine
wichtige Rolle spielen.
Mit Downsizing wird die Anforderung aus der themenzentrierten Finanzplanung nach
mehr einfach zu bedienenden und effizient einsetzbaren Berechnungstools
umschrieben.
Eines kann aus heutiger Sicht mit Sicherheit gesagt werden: die Finanzplanung ist
trotz der Rückschläge der letzen Jahre keineswegs tot. Sie ist vielmehr in einem
Transformationsprozess, welcher in den nächsten Jahren von Finanzdienstleistern,
aber auch von Softwareanbietern umgesetzt werden muss. Man könnte auch sagen die
Sturm- und Drangjahre der Finanzplanung sind vorbei und sie wird langsam
erwachsen.
Literatur
[BRPMO2] Rudolf Bätscher, Markus Piller. Management des
Finanzplanungsprozesses. Ein Leitfaden für die Praxis. Verlag SKV, Zürich
2002.
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Performance. Financial Analysts Journal, July-August 1986, S. 39-44.
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finanzwirtschaftliche Forschungen, Band 359, Institut für schweizensches
Bankwesen Universität Zürich, Schweizerisches Institut für Banken und Finanzen
an der Universität St. Gallen. Verlag Haupt, Bern 2004.
[PK03] Peter J. Kraus (Hrsg.): Neue Kunden mit Financial Planning. Strategien für
die erfolgreiche Finanz- und Vermógensberatung. Verlag Dr. Th. Gabler GmbH,
Wiesbaden 2003.
[SC01] Christian Schneider: Portfolio Management im Financial Consulting. Der
Weg zur optimalen Vermógensstruktur.Bankakademie-Verlag GmbH, Frankfurt
am Main 2002.
[TR02] Rolf Tilmes: Financial Planning im Private Banking: kundenorientierte
Gestaltung einer Beratungsdienstleistung. Uhlenruch Verlag, Bad Soden 2002 (3.
Auflage).
[WAKM04]Studie Universität St. Gallen / Short Consulting AG 2004
Walter Ackermann, Klaus Marte: Erfolgspotential Financial Planning. Strategien
für eine kundenorientierte Finanz- und Vorsorgeplanung. Eine empirische Studie
des Instituts für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen und der Short
Consulting AG in Deutschland und der Schweiz mit Experten von
23
Versicherungen und Banken. Verlag Institut für Versicherungswirtschaft der
Universität St. Gallen, 2004.
24
An assessment method compliant to the Basel II
regulation on operational risk management:
example advocating that regulations can enhance
innovation when based on quality goals.
Andre Rifaut
Centre de Recherche Public Henrit Tudor, 29, Avenue John F.Kennedy,
L-1855 Luxembourg-Kirchberg, Luxembourg
Andre Rifaut
Andre Rifaut ist Projektleiter am Henry Tudor For-
schungszentrum. Er leitet Projekte in den Bereichen Si-
cherheitsmanagement und operatives Risikomanagement
in Finanzinstituten. André Rifaut war zuvor am Philips
Research Centre an der Universität von Namur (Belgien)
beschäftigt und arbeitete in den Bereichen Informations-
und Kommunikationstechnologien am Center of
Excellence in Charleroi (CETIC, Belgien). Herr Rifaut
hat darüber hinaus auch Erfahrung in der Privat-
wirtschaft, insbesondere im Management kritischer
Systeme und deren Sicherheit und Robustheit. Andre
Rifaut war an mehreren nationalen und europäischen
Wissenschaftsprojekten beteiligt und hat mehrfach
publiziert. Seine letzte Publikation befasste sich mit
operativem Risikomanagement.
25
Abstract. Recently, new regulations, such as the Sarbanes-Oxley Act and the
Basel II Capital Accord, have been created in response to the bankruptcy of
some important economic actors. New risk profiles appeared in the market
place and those new regulations address them by giving support to the stability
of the financial and economic system. The burden that might come from the
regulations could endanger the economic actors' capabilities for innovation.
However, new risk profiles must also be addressed with business innovation.
The use of quality goals to express the regulations is advocated in this paper in
order to enhance both the innovation and the financial and economic stability.
An example of this method is presented on the Basel II regulation: the
operational risk management has been translated into an assessment process
model conformant to the ISO/IEC 15504 standard used in quality management.
This model is a basis for the integration of the activities done by business
process managers, risk managers, compliance managers, quality managers,
business unit managers and IT managers.
1 Introduction
An increasing number of new regulations is imposed on financial institutions. Their
aim is mainly to improve the stability of the national and/or international financial
system. The most important impact on those institutions is that they have to improve
their financial reporting system and set up a robust operational risk management
system. This appears often as costly and burdensome, and might even prevent those
institutions to increase their profits by introducing innovations into new products or
new services.
However, these regulations when implemented by using the adequate tools (ie.
methods and IT systems) can be seen as opportunities that generate profits. The
ISO/IEC 15504 standard [8,9] 1s one of such tool that can offer the right level of
integration between the business unit manager that have the responsibility to generate
profits, and the other managers that must support her/him in reaching her/his business
goals.
The ISO/IEC 15504 standard focuses the description of the business processes on
the goals that they have to fulfill instead of their operational details [5]. The standard
gives also a mechanism allowing an accurate, objective and repeatable measurement
of the goal fulfillment. When business unit managers have defined their strategic
business goals, it is easy to refine them into business process goals and, using the
measurement mechanisms, to also provide performance indicators of the strategic
business goals. Although the full operational details of the business processes can be
defined later into specific process implementation task forces, the process goals and
performance indicators imposes the fulfillment of the strategic business goals. The
business unit manager can make decisions at the right level of abstraction. Moreover,
when it is necessary to assess products or services offered by solution providers the
26
business unit manager has just to assess their contribution to the business process
goals.
Financial planning is also concerned by these regulations, but more importantly, by
financial products innovations. Using the ISO/IEC 15504 process model, it is possible
to manage the operational risks of the new financial processes needed to support the
financial product innovations. An example is given in the domain of portfolio
management (in Section 4 of this paper).
This paper is structured as follows. First, an overview of the ISO/IEC 15504 will
be given together with the example of the Operational Risk Management process
model compliant to Basel II. Then, the next section presents the effective contribution
of those models to the different managers of financial institutions. Finally, the last
section explains the opportunities for the financial planning, in particular for the
portfolio management.
2 A goal-oriented description of ISO/IEC 15504 Operational
Risk Management model compliant to Basel II regulation.
In this section, the description of the Operational Risk Management processes is
described and the goal-oriented nature of ISO/IEC 15504 process model 1s explained.
24 Operational risk management conformant to Basel II regulation.
The importance of operational risks, in particular the losses they can cause to financial
institution is easily understandable when referring of the collapse of Barings Bank in
1996: the fraudulent transactions were undetected for a long time due to lack of
accounting control and audit and also due to inappropriate segregation of duties.
Operational risk is defined as the risk of loss resulting from inadequate or failed
internal processes, people and systems or from external events. This definition
includes legal risk, but excludes strategic and reputational risk [4, $644].
The Basel committee has decided to strengthen the regulation and has introduced a
new part to the existing regulation: this new part concerns the operational risk
management. The goal is to ensure the stability of the national and international
financial system and of the financial market.
27
The operational risk concerns mostly business processes: when the goal of those
processes is not clear, no performance indicators can be defined and used for
assessing the fulfillment of the goals. The loss data collected by the Basel Committee
shows that most of the losses originate from some failure of internal process [1, table
5].
Operational Risk Mgt PRM Extract from
ISO/IEC 12207 Amd 1
PRIMARY
Operational Risk Processes
ORGANIZATIONAL
Operational Risk Processes
Basic Operational Risk Analysis (BORA)
BORA.1 Operational Risk Identification
BORA.2 Operational Risk Assessment Management (MAN)
MAN.1 Organizational Alignment
Basic Operational Risk Operation (BORO) MAN.2 Organizational Management
BORO.1 Operational Risk Control
BORO.2 Operational Risk Monitoring
Process Improvement Mgt (PIM)
Business Continuity Mgt (BCM) PIM.1 Process Establishment
PIM.2 Process Assessment
PIM.3 Process Improvement
Outsourcing Risk Management (ORM)
SUPPORTING Operational Risk Processes
Configuration Management (CONF)
Internal Review (REV)
Historical Loss Data Management (HLDM)
HLDM.1 Historical Loss Data Collection
HLDM.2 Measurement
Operational Risk Management
Abb.1. The 15 processes of the Operational Risk Management model compliant to
Basel II regulation.
Regulators have the challenge to assess the Operational Risk Management
processes and financial institutions have the challenge to implement those processes.
A goal-oriented model based on the ISO/IEC 15504 standard has been created to
make clear the goals of those processes [7]. The result of this work is shown in
Figure 1. The four main processes describe the generic activities needed for
28
operational risk management (risk identification, assessment, control/mitigation and
monitoring). The processes concerning the business continuity management and the
outsourcing are specializations of the four main processes in their corresponding
domains. The other processes are supporting the main processes, in particular the
management of the historical loss data.
Due to the regulatory nature of the Basel II Accord and its use by regulators and
financial institutions, a rigorous requirements engineering methods has been applied
to ensure that exactly the content of the regulation 1s described into the processes of
the Operational Risk Management, no more, no less [5]. An example of a process
description is shown in Table 1. As shown in this table, the description of each
process is clearly understandable and provides the basis for assessment of financial
institutions actual business processes implementing an Operational Risk Management
system. The model, composed of 15 processes (see Figure 1), is described within 15
pages. This description has to be complemented with the (measurement) indicators
and the assessment instruments (i.e. questionnaires). They are explained into the next
subsection.
Name Operational Risk Mitigation/Control (BORO. 1)
Purpose The purpose of the Operational Risk Mitigation/Control
process is to mitigate the assessed operational risks and to
manage operational risk impact.
Outcome 1 An operational risk mitigation and control strategy is developed,
including the principles of how operational risk is to be mitigated
and how its realization is to be control, according to the size, the
sophistication, the nature and the complexity of the bank's activity;
Outcome 2. The existing option to mitigate risk are analyzed and, for each risk,
the most in accordance with bank's strategy is chosen;
Outcome 3 Changes in bank's organization and activities to mitigate risks are
planned and implemented in accordance with bank's risk profile;
Outcome 4 Residual risks resulting from mitigation actions are identified to
ensure the day-to-day tracking of those risks;
Outcome 5 A risk achievement control policy is developed and communicated
to all people involved in bank's operational activities;
Outcome 6 Corrective actions are performed when a risk is under way and the
performance of these actions is tracked until risk is completed.
Tabelle.1. This table shows the purpose and outcomes of the Operational Risk
Mitigation/Control process
2.2 Goal-oriented process description of ISO/IEC 15504 process models.
As can be seen on the Table 1, the description of each process is concise and accurate,
which is important for being used by managers in their decision making process. The
components of this description are explained in this section.
29
Process Purpose. Together with the process outcomes (see hereafter), it is the
basis of the definition of process. The ISO/IEC 15504 standard makes an explicit link
between the process purpose of a process and the set of objectives expected to be
fulfilled when performing that process [8 sec. 6.2.4].
Process Outcome. The achievement of a process purpose must be demonstrated
by the collection of outcomes. Each outcome can be described with a sub-goal. The
ISO/IEC 15504 gives three types of outcomes: the fulfillment of a specified
requirement (or constraint), a change of state, or the production of an artifact. The
main difference between the purpose and its full refinement into the collection of
outcomes is that the outcomes must be observable and measurable.
Assessment Indicator. The definition of assessment indicators increases the
quality of the assessments because they enhance the rigorous observation of the
fulfillment of the outcomes and the purposes. The ISO/IEC 15504 gives the example
of three kinds of indicators: practices, work products and resources needed for the
performance of the process.
Assessment Instrument. These are used to help the assessors to collect a complete
set of evidences concerning the fulfillment of the purposes and outcomes. The usual
examples of assessment instruments are checklists and questionnaires.
With goal-oriented method, when indicators and outcomes are related to their
corresponding assessment instruments (e.g. specific questions), it is easier to
understand the focus of the questions during an assessment. More importantly, this
link with goals gives the main focus of each question that can be referred to by
assessors when preparing an assessment or during an assessment when the assessment
context 1s unusual.
Goal-oriented methods have been used to build such kind of instruments. An
example is the Goals-Questions-Metrics method (GOM) that has been used in the
field of quality improvement [10]. Just like here, in the GOM method the design of
questionnaires starts with the definition of goals and organizational unit's processes.
30
Business Processes and Strategic Business Goals. The ISO/IEC 15504 standard
stresses the importance of the business units where the process models will be used
(for assessment or improvement). Although compliant process models must be
independent of any specific strategic business goals and current practices
implemented in business processes, those process models must be adequate for all
business units that would be interested in using those process models for an
assessment.
Bus : business impact of aff (rase) Bus : problem
incidents reduced (rase) trends identified
Purp.1 : Risk losses mitigated and controlled
Ut Purp.a : incidents managed Purp.b : problems
. managed
Purp.2 : risks assessed
Ameen of EE uu ^ Outcomes of Purp.a
| | incident —
risk (risk profile defined ) defined actions performed
| incidents tracked
loss exposure awareness established and recorded
risk assessment
j validated
Irmpl. : risk
assessment
|
Impl. : risks mapped risk
onto processes
Impl. :
assessment
compared to
external data
compared
to internal
loss experience
Impl. : risks indicators defined
Abb.2. The organizational unit strategic business goals and current practices (i.e.
organizational unit's business processes) are related to the process model elements.
(Usually, a number of small diagrams are drawn, where missing links can be spotted
easily.)
The Figure 2 illustrates the fact that elements of process reference models should
refine business goals and that current practices should relates to elements of process
models. The four levels: strategic business goals, purposes and outcomes (used in
process assessment model), indicators (used in process reference model), and
organizational units’ business processes (specific implementations of processes). The
relationships between two cases studies are shown in goal refinements. Purposes 1
and 2 (left side) belong to the operational risk management model [7] and purposes a
and b (right side) belong to service management model [6]. The main relationship is
the clear contribution of the service management to improve the operational risk
31
management. Indeed this can be seen, for instance, on the figure with the contribution
of the business goal “problem trends identified” of service management (top right) to
the goal “risk indicators defined” (bottom left). The relationships between goals of
different process models show the contribution of some process models to other
process models. When assessing and improving business processes, this relationship
must be taken into account: one cannot improve a process and ignoring the
improvement of other processes contributing to the first one.
In summary, the process model gives a goal-oriented map of the processes, with
which precise assessments of the process performance can be made. Examples of their
various uses are given in the next section.
3 ISO/IEC 15504 compliant process models used as
performance goals and performance indicators in support to
process innovation.
In each financial institution, the introduction of new financial products or services is
important in order to keep their clients. However, creating some innovation introduces
a number of new risks that are difficult to grasp. The typical risks, such as market
risks and credit risks, have received a lot of attention from the financial institutions.
They have their methods and tools in order to analyze those risks. The operational
risks have not been considered so deeply. Actually a lot of different managers are
concerned by the business processes: business unit managers and business process
managers, but also risk managers, compliance managers, quality managers and IT
managers. The process models presented in the preceding section are a strong basis
for the integration of the activities done by all those managers.
Business Unit Managers. As can be seen in the Table 1 and the Figure 2, the
description of their core business processes (e.g. credit management, portfolio
management, ...) allows them to focus on the business goals that they have to fulfill
instead of having to analyze operational details of their processes. Moreover, the
indicators derived from the process descriptions give them a powerful tool for
monitoring their performance of the processes.
Business Process Managers. Having a goal-oriented description of the processes,
it 1s easier for them to analyze the relationships between the corporate business
processes. In particular, they can make an analysis of the conflicts that can occur
between processes covering different business units. Moreover, the goal-oriented
description of the processes is a means that is adequate to find an agreement between
the Business Process Manager and the Business Unit Managers [5]. Note that due to
abstract and concise nature of the descriptions, the maintenance of the business
processes definition can be done accurately.
32
Risk Managers. Their responsibility is to set-up processes that will implement the
Operational Risks Management processes as described in Figure 1. The complete set
of goal-oriented descriptions of the business processes, maintained by the Business
Process manager, can be the basis for defining a strategy concerning the operational
risk management. Indeed, with these abstract descriptions, one can spot the
weaknesses of the processes, and use it for risk identification (and classification) and
risk assessment.
Quality managers. Quality managers (or consultants) are the main actors
interested in using the process models compliant to the ISO/IEC 15504 standard.In
order to align business critical activities with the organizations' strategic goals, those
activities are often defined, analyzed and optimized with business process models.
Quality managers can assess the performance of the processes, but also identify the
strength and weaknesses of the assessed processes. An improvement program can be
designed around the criticality of the different goals of the processes and the
weaknesses in their fulfillment.
Compliance Managers (and Regulators). Compliance managers (and regulators)
are also interested in increasing the quality of the organizations' processes for
ensuring the compliance to the regulations. This compliance has also an impact on the
reputation of the financial institutions: they can show their contribution to socio-
economic quality factors, such as population healthiness and economic stability.
Because systems (technical, industrial, financial, ...) become too complex, compliance
managers have difficulties to assess the business processes compliance through the
analysis of the implementation details of those processes. A goal-oriented description
of those processes gives the right abstraction level to the compliance manager in order
to extract the evidences that the processes are compliant to the regulations.
IT Managers. The most important information that must be gathered before the
beginning of an IT project and before the Requirements Engineering activity of the IT
project 1s the description of the business processes that will be impacted by the new
IT System. The Business Process Manager can provide the goal-oriented description
of those processes. When the IT Manager has to assess the opportunity of buying a
product or service from a solution provider, he can quickly evaluate the contribution
of the product or service to the business process goals.
33
4 Application to financial planning
The example of this section concerns the process of portfolio management of financial
instruments.
Lack of directly
comparable market transactions
Vee.
=~
Estimation
of Fair Value
Complex interaction of
factors (geography, volatility,
credit risk, foreign currercy,, …)
Adjust market data
to reflect the potential
Use publicly available info
when deriving a valuation impact of complex factors
Use reasonables
assumptions and estimates Use appropriate
methodology
Simulate those of the parties v .
In an arm’s-length transaction Take Into acc ount
materiality considerations
Take into account subsequent events
Providing evidences of old estimates
Abb. 3. The goals analysis of the Fair Value concept is the basis of the processes
definitions.
The management of unquoted financial instruments is especially difficult. In order
to define the process model of unquoted financial instruments, a goal-oriented
analysis of the process is done, as can be seen in Figure 3. This analysis helps to
structure the content of international standards, such as the IAS 39 « Financial
Instruments: Recognition and Measurement » [2], into a process model compliant to
ISO/IEC 15504. This results into a description of the different processes useful for the
management of a portfolio of unquoted financial instruments: the process of
recognition, derecognition, impairment, measurement method selection, measurement
method application (i.e. measurement), information collection and validation, ... are
described through their goals they have to fulfill, instead of their operational or
regulatory details. This will be the cornerstone of the Business Unit Manager to
define the process performance indicators. For instance, he can define the
effectiveness of the measurement process by assessing the number of subsequent
events invalidating previous estimates. Note that the indicators that can be given by
the ISO/IEC 15504 process models concerns both performance and operational risks.
This implies that they can be used to evaluate the incentives given to the employees,
34
which result in increasing the global profit of the business unit. Indeed, if an
employee increases too much its performance without respecting the complete set of
goals of the process, the business unit risk profile can be assessed by using the
complete set of indicators.
In the example, using the goal analysis, one can see the importance of assumptions
and estimates that are used when carrying out the periodic valuation of the unquoted
instruments at Faire Value. The Operational Risk Manager will use the goal analysis
and the process model to run its risk identification process and risk assessment
process.
Also, by using the goal analysis, the /7 Manager can define a workflow application
to support the defined process, in particular, to help the users recording the history of
assumption and estimates made for each unquoted financial instrument. This is
particularly interesting when designing new IT products supporting new processes,
which is often the case in the domain of financial planning. Moreover, the /7
Manager can also derive its Software Testing Strategy, focusing on the most critical
goals. Finally, when implementing the governance controls of the COBIT framework
[11], the IT Manager has already at hand the list of business goals to be aligned with.
The Compliance Manager has to carefully pay attention to the complexity of the
processes ([3, § 69. pg. A-33]). Using the goal analysis and the process description he
can easily focus on the most complex parts of the reporting process. For instance, in
the example, the validity of the assumptions and estimates that are used for the
valuation at Fair Value must be carefully controlled, because they result from a
complex estimation process.
Finally, new financial products can be created by using the processes of portfolio
management of unquoted assets. Due to the control on the quality of the new
processes, the operational risks and the focus on the performance indicators will
ensure a high degree of reliability of those processes.
5 Conclusion and Future Works
The work presented in this paper aims to give a simple but effective set of techniques
using the ISO/IEC 15504 process model descriptions to support the creation of new
financial products while still taming the innovation risks, in particular the operational
risks occurring in the business processes.
The future work of the author focuses towards better guidance in the method and
software tool support. A process model database must be created allowing all actors
(business unit managers, business process managers, compliance managers, risks
managers, quality managers, ...) to record and display their specific view and too
support the specific analyzes that each actor makes on the business processes. In
35
particular, this database will contain the definition of the set of indicators that can be
used for risk monitoring and benchmarking purposes.
Literatur
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Assessment Process. EuroSPI 2005, European Conference on Software Process
Improvement, Budapest, Hungary
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vocabulary"
ISO/IEC 15504-2:2003, "Information Technology — Process assessment — Part 2: Performing
an assessment"
PCAOB, “An audit of internal control over financial reporting performed in conjunction with
an audit of financial statements", Public Company Accounting Oversight Board, Bylaws
and Rules — Standards — AS2, PCAOB release No 2004-001
36
Business Intelligence im Financial Planning
Finanzmarktprognosen auf der Basis von
Musterkennung
Christian Schaefle
System Design Consulting Prospero AG
Gewerbeweg 15
FL-9490 Vaduz
www.prospero.ch
Christian Schaefle
Nach mehreren Positionen im Controlling und
Rechnungswesen gründete Herr Schaefle 1985 ein
Beratungsunternehmen, dass 1995 an Ernst &
Young verkauft wurde. Herr Schaefle arbeitete
dann bis 1998 für Ernst & Young im Bereich
Managementinformationssysteme. 1999 gründete
er dann die System Design Consulting Prospero
AG die im Bereich Business Intelligence tätig ist.
37
Abstract. Business Intelligence im Financial Planning — Finanzmarktprognosen
auf der Basis von Musterkennung. Die Frage der Vorhersagbarkeit von
Finanzmarktentwicklungen bescháftigt Wissenschaft und Praxis seit Jahren. Die
vielfältigen, dynamischen Einflussfaktoren in diesem Markt stellen höchste
Anforderungen an die Aufgabe nachhaltig verlässliche Prognosen zu liefern.
Neue Verfahren der Business Intelligence, welche interdisziplinär Erkenntnisse
aus verschiedenen Wissenschaften wie z.B. der Bioinformatik und
Quantenphysik kombinieren, zeigen Erfolge. Der Vortrag zeigt die
grundsätzlichen Ansätze und die erzielte Resultate.
1 Der allgemeine Ansatz
1.1 Der Finanzmarkt — ein nicht - lineares, komplexes dynamisches System
Der Finanzmarkt ist ein nicht - lineares, komplexes dynamisches System, dessen
Verhalten von vielen externen und internen Faktoren beeinflusst wird. Dies ist ein
typisches Charakteristikum von natürlichen Systemen, deshalb beruht der im
Folgenden dargestellte Ansatz zur Vorhersage von Finanzmarktentwicklungen
wesentlich auf allgemeinen Erkenntnissen der Natur- und Kognitionswissenschaften.
Zentrale Gebiete sind dabei die Kognitionswissenschaften, die Quantenmechanik und
die Bioinformatik. Der Zweck ist, die Tiefenstrukturen des Finanzmarkts zu erkennen
und daraus zuverlässige Schlüsse für dessen Entwicklung zu ziehen.
1.2 Die Mustererkennung und Klassifikation als Atome der Kognition
Mustererkennung, Klassifikation und Feedbacklernen sind die Atome der Erkennung.
Entsprechend basiert der Kern des gewählten Ansatzes zur Erkennung von
Finanzmarktentwicklungen auf diesen Komponenten. Die Hauptmerkmale des
Ansatzes sind:
e das Erkennen von Mustern und Ähnlichkeiten;
e die optimale Klassifikation;
e die risikobasierte Quantifizierung der Vorhersagen;
e die Berücksichtigung von allem verfügbaren Input, welcher Evidenz haben
kann;
e das Zusammenbringen von menschlichem Erfahrungswissen und
maschineller Fähigkeit zur Komplexitätsbewältigung;
e das adaptive Feedbacklernen.
Die Kombination von menschlicher Erfahrung und — maschineller
Leistungsfähigkeit von Computern zur Komplexitätsbewältigung zum Sammeln von
möglichst viel Evidenz für die Entscheidungsfindung steht im Vordergrund. Die
38
Qualität von Entscheidungswissen hängt im wesentlichen von der Qualität der zur
Verfügung stehenden Ausgangsinformationen, der optimalen Aufbereitung des
semantischen Inhalts dieser Informationen, der Erkennung von deren Relevanz und
der richtigen Klassifikation im Sinne von minimierten Vorhersagefehlern für
Entscheidungen ab. Am Beispiel des Finanzmarkts bedeutet dies minimierte falsche
Vorhersagen von Entwicklungen.
2 Die Vorgehensweise
2.1 Das Vorgehen generell
Businessfrage
MA
Experten-
wissen
interne
Daten
externe
Daten
Feedback
— >
Daten-
transformation
Y
evolutionärer
Lernprozess
automatisierte
Modellierung
Y
fehlerminimierte
Modelle
|
Modellanwendung
+
Optimierung des
semantischen Inhalts
der Daten
Musterbildung/Profile
optimale Klassifikation
für fehlerminimierte
Vorhersagen
Abb.1. Das Vorgehen generell
39
Schritt 1: Definition der Businessfrage
Es ist die zu klärende Businessfrage zu definieren.
Schritt 2: Definition des Dateninputs und der Zielvariablen
Im zweiten Schritt werden die Daten und Informationen festgelegt, die zur
Beantwortung der Businessfrage verfügbar sind. Falls bekannt, wird in diesen Daten
die Zielvariable definiert, welche die Businessfrage in den Daten widerspiegelt.
Schritt 3: Datentransformation
Im dritten Schritt werden die bereitgestellten Daten so aufbereitet, dass möglichst viel
semantische Information aus den Daten verfügbar wird. Das Erfahrungs- und
Hintergrundwissen der Businessverantwortlichen wird auf einfache Weise verfügbar
gemacht.
Schritt 4: Automatisierter Modellierungsprozess
Im vierten Schritt findet das System in einem automatisierten, evolutionären
Lernprozess aus der Vielzahl der möglichen Modelle (bei 30 Inputfaktoren sind ca.
536 Mio. unterschiedliche Modelle möglich) diejenigen, welche einerseits am
wenigsten Fehler in der Vorhersage der Businessfrage machen, andrerseits möglichst
wenig Faktoren verwenden. Durch die Festlegung des Fehlerkostenverhältnisses
können auf einfache Weise Modelle für verschiedene Risikostrategien erstellt werden.
Schritt 5: Modellanwendung
Im fünften Schnitt werden die Modelle angewendet, d.h. die Vorhersagen für die
Entwicklung risikobasiert erstellt.
2.2 Das Vorgehen konkret
2.2.1 Die Definition der Businessfrage
Als Beispiel für eine Frage im Finanzmarkt wurde die Entwicklung des Dow Jones
Industrial Index (im folgenden DJ) gewählt. Die Entwicklung des DJ wird basierend
auf Modellen von drei Fragen von unterschiedlichen Szenarien prognostiziert:
e Steigt oder sinkt der DJ in den nächsten 5 Tagen zwischen 0,1% und 1%?
e Steigt der DJ in den nächsten 5 Tagen um mehr als 1%?
e Sinkt der DJ in den nächsten 5 Tagen um mehr als 1%?
2.2.2 Die Definition des Dateninputs und der Zielvariablen
Als Dateninput wurden ca. 60 Variablen aus dem Finanzmarkt definiert. Die
wichtigsten sind:
40
e Dow Jones Industrial, DJ STOXX, DJ STOXX 400 Health & Care, DJ
STOXX 400 Oil & Gas, DJ STOXX 400 Financial, DJ STOXX 400
Industrial Goods, Dow Jones Industrial futures,
eo S&P 500, S&P 500 Industrial, S&P 500 Info Technology, S&P 500 Utilities,
S&P 500 Energy, S&P 500 Financial, S&P 500 Gold, S&P 500 futures,
e. NASDAQ, NASDAQ Computers, NASDAQ Biotechnology, NASDAQ
futures,
e Swiss market index, NIKKEI 225 index, TSE Topics,
e Wechselkurse USD zu EURO, UK Pound, Swiss Frank, Chinese Yuan,
Japanese Yen, Canadian Dollar,
e Der Öl- und Goldpreis,
e Die Geldmarktzinssätze und die Government bond yields
Als Zielvariable ist Stand des DJ bei Börsenschluss jedes Tages definiert.
2.2.3 Die Modellierung
2.2.3.1 Das Lernen und Validieren
Cx
B7 A39
Ass À
CT ce
A34 ASS X
C3
Historiedaten der
DJ - Entwicklung Lernen Validieren
QU FF
Abb.2. Lernen und Validieren
Die Ausgangsbasis für den Modellerstellungsprozess sind die vorhandenen
Historiedaten der DJ — Entwicklung. In diesen sind für jedes definierte Szenario
gemáss der Businessfrage (vgl 2.2.1) die gesuchten Fülle bekannt Von den
Ausgangsdaten wird eine Teilmenge für den Lernprozess des Modells verwendet. In
dieser Teilmenge werden die gesuchten Fälle (entsprechend der Definition. der
41
Zielvariablen) dem System bekannt gegeben, damit es lernen kann. Von der restlichen
Teilmenge (=Validierungssample) werden dem System die gesuchten Fälle nicht
bekannt gegeben. Im Modellerstellungs- und Optimierungsprozess prüft und validiert
das System gefundene Modelle laufend mit den Daten des Validierungssamples.
Damit wird die Qualität eines Modells in einem iterativen Prozess während der
Modellerstellung sofort in einer Situation von unbekannten Daten geprüft.
2.2.3.2 Die automatisierte Modellfindung
History of score
Cera s mall jump fram 753
d2 EBSAUS KN small jump from 728
df diESaldaEB
déb_d2ELimi .
d! KdtFilial ES small jump from 804
di KutFillal EHS small jump from 204
PreBoni
small jump From 669
small jump From 804
Abb.3. Automatische Modellfindung
42
Ein entscheidendes Merkmal des Ansatzes ist der automatisierte Modellierungs-
prozess. Die kombinatorische Vielfalt der möglichen Modellvarianten (bei 30
Inputfaktoren können ca. 536 Mio. unterschiedliche Modelle gebildet werden)
erfordert einen maschinellen Prozess zum Finden der besten, d.h. fehlerminimierten
Modelle. Bildlich gesprochen geht es um einen Suchprozess in einem
vieldimensionalen Datenraum. Die entwickelte Modellierungsengine durchsucht
diesen Datenraum in einem automatisierten, evolutionären Lernprozess. Die Ziele
dieses Prozesses sind das Finden von Modellen, die
e móglichst wenig Vorhersagefehler machen]
e und móglichst wenig relevante Faktoren verwenden.
Der oben abgebildete Bildschirm zeigt den laufenden Verbesserungsprozess in der
Modellierung. Die x-Achse zeigt die Anzahl durchgerechneter Modelle, die y-Achse
reprasentiert den Fehlerscore. Je náher die rote Linie der x-Achse kommt, desto
weniger Fehler macht das gefundene Modell.
Für die Modellierung der DJ-Vorhersage wird ein Set von Modellen erstellt. Diese
unterscheiden sich in differenzierten Betrachtungsweisen durch:
Variation der verwendeten Inputdaten;
Variation des historischen Betrachtungszeitraums;
Variation von unterschiedlichen Alpha-Beta-Fehlerverhiltnissen;
Etc.
Das Durchrechnen all dieser Modellvarianten ist rechenintensiv. Deshalb wurde
die Anwendung technisch gridfähig gemacht. Das bedeutet, dass der
Modellierungsprozess auf freie Rechnerressourcen in einem Netz verteilt wird. Damit
können brachliegende, ungenutzte Rechnerressourcen (und die gibt es praktisch
überall) direkt zur Verbesserung und Beschleunigung der Vorhersagen genutzt
werden.
43
2.2.4 Die Modellauswahl und -anwendung
Prognose
Modell n
8.3
Modell 3 A3
M 8.7
Modell 2 ea =
C3 9.2
Modell 1 Modell
etc.
Mode n
lle
Abb.4. Die Modellauswahl und -anwendung
Das Resultat der Modellierung ist eine Anzahl von Modellen, welche eine ähnliche
Qualität in Bezug auf Fehlerraten haben. Sie verwenden aber unterschiedliche
Faktoren. In einer Analogie repräsentieren diese Modelle virtuelle Experten, welche
die Frage der Entwicklung aus unterschiedlichen Sichten betrachten. Durch die
kombinierte Anwendung von mehreren Modellen kann das gesamte Fehlerrisiko
verkleinert und das Gesamtmodell verbessert werden; die Einzelmodellrisiken werden
eingeschränkt, eine Gruppe von virtuellen Finanzmarktexperten ist für das
Vorhersageergebnis verantwortlich, welches in einem Metamodell zusammengefasst
ist.
44
2.2.5 Das Feedback - Lernen
Daten-
quellen
Istdaten aus Businessmassnahmen «um Businessmassnahmen
Abb.5. Das Feedback Lernen
Die Feedbackschlaufe ist eine zentrale Komponente eines natürlichen Systems - ohne
Feedback kein Lernen. Dieses Prinzip gilt auch für die Vorhersage von
Finanzmarktentwicklungen. Die Ergebnisse der Vorhersagen fliessen in einem
kontinuierlichen Prozess in die Inputdaten für eine laufende Schárfung und Adaption
der Modelle zurück.
45
3 Die erzielten Resultate
3.1 Auszug aus den Vorhersagen
DJ value DJ
Brediction Prediction onines date DJ DJ real value | Real |Confi
made on for date When Bredicted in 5 days |Growth|dence DJ Predicted Range
this date prediction |Growth, % y v
is made ©
2005/10/10 2005/10/17 10239 0.01 10348 0.01 0.73 10290 10413
2005/10/11 2005/10/18 10253 0.02 10285 0.00 0.80 10275 10482
2005/10/12 2005/10/19 10217 0.02 10414 0.02 0.79 10229 10442
2005/10/13 2005/10/20 10217 0.01 10281 0.01 0.81 10228 10390
2005/10/18 2005/10/25 10285 0.00 10378 0.01 0.60 10242 10382
2005/10/19 2005/10/26 10414 0.00 10345 -0.01 0.67 10254 10445
2005/10/21 2005/10/28 10215 0.01 10403 0.02 0.67 10242 10442
2005/10/24 2005/10/31 10385 0.00 10440 0.01 0.70 10333 10498
2005/10/25 2005/11/01 10378 0.00 10407 0.00 0.61 10326 10523
2005/10/26 2005/11/02 10345 0.01 10473 0.01 0.80 10407 10533
2005/10/27 2005/11/03 10230 0.02 10523 0.03 0.84 10311 10537
2005/10/28 2005/11/04 10403 0.01 10531 0.01 0.72 10425 10580
2005/10/31 2005/11/07 10440 0.01 10586 0.01 0.74 10431 10588
2005/11/01 2005/11/08 10407 0.01 10540 0.01 0.79 10449 10584
2005/11/02 2005/11/09 10473 0.00 10546 0.01 0.64 10466 10606
2005/11/07 2005/11/14 10586 0.01 10697 0.01 0.88 10601 10722
2005/11/08 2005/11/15 10540 0.01 10686 0.01 0.68 10557 10712
Legende:
Grün: richtige Vorhersage
Rot: falsche Vorhersage
Abb.6. Auszug aus Vorhersagen
46
3.2 Die Umsetzung in Zertifikate
Entwicklung Zertifikate Prospero
140.0056 4
120.0096
100.0055
80.00%
Verlauf
60.00%
— DJI zum Vergleich
— Zertifikat (konservativ)
40.00% —————3À —— Zertifikat (ausgeglichen
— Zertifikat (progressiv)
20.00%
0.00%
03.02.2004
03.03.2004
03.04.2004 +
03.05.2004 +
03.06.2004 +
03.07.2004 +
03.08.2004 +
03.08.2004 4
03.10.2004 +
03.11.2004 4
03.12.2004 4
03.01.2005 +
03.02.2005 4
03.03.2005 +
03.04.2005 +
03.05.2005 +
03.05.2005 4
03.07.2005 4
03.08.2005 4
Zeit
03.09.2005
03.10.2005 4
Abb.7. Die Umsetzung in Zertifikate
Auf Basis der Renditeprognose der Anwendung wurden drei fiktive Zertifikate
gebildet, die sich die sich die Vorhersagen über die Entwicklung des Dow Jones
Industrial Index in den nächsten fünf Tagen jeweils durch eine einfache Strategie zu
Nutze machen: Es wurden zunächst zwei Schranken festgelegt (-0,9% und +1,0%),
die festlegen, ob eine Prognose „schlecht“ (bei Unterschreitung der unteren
Schranke), „gut“ (bei Überschreitung der oberen Schranke) oder „neutral“ (zwischen
den Schranken) ist. Bei Verfolgung einer ausgeglichenen Anlagestrategie partizipiert
der fiktive Zertifikatmanager nach einer guten Prognose an der Entwicklung des Dow
Jones Industrial Index und verkauft seine Anteile nach einer schlechten Prognose.
Nach einer neutralen Prognose wird sich der Verwalter passiv verhalten, d. h. seine
Anteile zwar behalten, aber auch nicht investieren, falls er nicht im Markt ist. Ein
konservativerer Verwalter könnte den schlechten Prognosen ein stärkeres Gewicht
verleihen als den Guten. Nach einer schlechten Prognose wird ein konservativer
Zertifikatmanager die nächsten fünf Tage definitiv nicht im Markt sein, auch nicht,
wenn am nächsten Tag bereits eine gute Prognose auftritt. Analog zu dieser Strategie
könnte eine progressive Strategie so aussehen, dass eine gute Prognose bei der
Entscheidungsfindung im Vergleich zu einer Schlechten übergewichtet wird, so dass
47
ein progressiver Verwalter nach einer guten Prognose auf jeden Fall die nächsten fünf
Tage im Markt sein wird.
e Ausgeglichene Strategie: Nach einer guten Prognose (Anstieg > 1%)
partizipiert der Anleger am nächsten Tag an der Entwicklung des Index,
während er nach einer schlechten Prognose (Rückgang > - 0.9%) seine
Anteile wieder verkauft. Zwischendrin verhält sich der Anleger passiv, d.h.
er behält seine Anteile, kauft aber keine.
e Konservative Strategie: in dieser Strategie werden die negativen Ereignisse
stárker gewichtet. Nach einer schlechten Prognose ist der Anleger werden
den náchsten fünf Tagen nicht im Markt, auch wenn am Folgetag bereits eine
gute Prognose auftritt.
e Progressive Strategie: in dieser Strategie werden die positiven Ereignisse
stärker gewichtet. Der Anleger bleibt nach einer guten Prognose in den
nächsten fünf Tagen definitiv im Markt.
Das Chart zeigt, dass es bereits mit Hilfe trivialer Strategien gelingt, den Index
durch die Nutzung des durch die Modelle dargebotenen Wissens über die Zukunft zu
übertreffen. Die erzielten Renditen in der Periode vom 3.2.2004 bis zum 3.10.2005
sind:
e Konservativ: 18.22%
e Ausgeglichen: 24.25%
e Progressiv: 27.60%
Der DJ — Index hat in dieser Zeit um lediglich 0.28% zugenommen (Stand DJI
3.2.2004: 10505; Stand 3.10.2005: 10535).
Diese Performanceberechnungen beinhalten die — Berücksichtigung von
Transaktionskosten von 0.35%.
48
Präferenz- und Lebensereignisorientierte
Persönliche Finanzplanung
Ein Referenzmodell für das Personal Financial Planning
Oliver Braun
Lehrstuhl für Informations- und Technologiemanagement
Universität des Saarlandes
Postfach 15 11 50
66041 Saarbrücken
www.uni-saarland.de
Dr. Braun Oliver
Herr Braun ist wissenschaftlicher Assistent und
Habilitand an der Universität des Saarlandes. Er
leitet das Projekt FiXplan-IT. Darüber hinaus hat
Herr Braun einen Lehrauftrag für
Unternehmensmodellierung an der Hochschule
Liechtenstein.
Aus seiner Dissertation ergaben sich mehrere
Veröffentlichungen. Im Rahmen seiner derzeitigen
Habilitation beschäftigt sich Herr Braun mit der
Entwicklung betriebswirtschaftlicher Web-
basierter Anwendungssysteme am Beispiel
Persönlicher Finanzplanung.
49
Abstract: We provide a framework for personal financial planning which is
adaptable to the needs of individual investors so that they are able to analyse
and optimise their financial situation. We focus our discussion on two aspects:
First, we develop a reference model for Personal Financial Planning that
consists of an analysis model and an architecture model of the proposed
framework. We also describe the implementation of the framework based on
our prototype named FiXplan. Second, we adopt technologies such as Web-
Services to offer main tools of our system for a platform-independent use.
Keywords: Personal financial planning, Decision support system, Web
technology, Web Services, Service-oriented architectures
1 Einleitung
Nicht zuletzt aktuelle Normierungsbestrebungen bzgl. Persönlicher Finanzplanung
wie z.B. die in der ISO-weiten (d.h. globalen) Abstimmung mehrheitlich
angenommene und voraussichtlich im Mai 2006 in Kraft tretende international gültige
Norm DIN ISO 22222 Personal Financial Planning zeigen, dass Bedarf an einer
einheitlichen und zertifizierten Vorgehensweise zur Persönlichen Finanzplanung
bestehen. Hilfestellung hierzu kann ein Referenzmodell für Persönliche
Finanzplanung geben, das neben einer fachlichen Sicht auch die IT-Sicht
berücksichtigt. Ein solches Referenzmodell wird im Rahmen einer Habilitationsschrift
des Autors an der Universität des Saarlandes entwickelt und mit Hilfe des dort
entwickelten Prototyps FiXplan - IT-gestützte Persönliche Finanzplanung evaluiert.
Das vorgestellte Referenzmodell erfüllt zwei Aufgaben:
Im Analysemodell wird das System der Persönlichen Finanzplanung auf fachlicher
Ebene beschrieben. Neu ist das in [Bra04] angeregte Konzept einer Präferenz- und
Lebenslagenorientierten Persönlichen Finanzplanung mit einer Zulässigkeitsprüfung.
Auf Basis so genannter Lebenslagen können so bestimmte (Lebens-) Ereignisse (wie
z.B. Heirat, Familiengründung, Immobilienkauf, Ausbildungsfinanzierung Kinder,
Erfüllung eines besonderen Wunsches) ausgewählt werden, wobei für jedes (Lebens-)
Ereignis Auswirkungen auf zukünftige Einnahmen und Ausgaben erfasst werden
können. In diesem Sinne dient eine Lebenslagenorientierte Persönliche
Finanzplanung auch als Ratgeber für einen Mandanten, welche Einnahmen und
Ausgaben auf ihn durch den Eintritt eines bestimmten (Lebens-) Ereignisses
zukommen können. Nach Auswahl bestimmter Szenarien, die aus verschiedenen
Lebensereignissen zusammengesetzt sind, kann der Finanzplaner eine
Zulássigkeitsprüfung durchführen. Zulüssigkeit vom Grad 0 bedeutet dabei eine
Sicherstellung der Liquidität zu jedem Zeitpunkt. Darüber hinaus kann der
Finanzplaner im Rahmen der Präferenzorientierten Persönlichen Finanzplanung
zusätzliche Anforderungen an Zulässigkeit stellen (Grade 1 bis 5), indem gefordert
wird, dass bestimmte Präferenzen oder Vorgaben des Mandanten bzgl. seiner
zukünftigen finanziellen Situation zu jedem Zeitpunkt erfüllt sein müssen. Die
Präferenzen oder Vorgaben werden abgeleitet aus der Analyse der finanziellen
50
Sichten Bestand (Grad 1), Liquidität (Grad 2), Geldanlage (Grad 3), Vorsorge (Grad
4) und Steuern (Grad 5).
Die zweite Aufgabe des Referenzmodells besteht darin, eine Verbindung zwischen
fachlichem Modell (Analysemodell) und technischen Konzepten aus der
Informationstechnologie herzustellen. Dazu wird eine Systemarchitektur (basierend
auf einer Service-orientierten Architektur) entworfen, die es Systementwicklern
erlaubt, mit Hilfe des Analysemodells und der vorgestellten Architektur IT-Systeme
zur Persönlichen Finanzplanung zu entwickeln. Die Systemarchitektur erlaubt es
einerseits, bestimmte Tools zur Persönlichen Finanzplanung (wie z.B. Zins- und
Rentenrechner bis hin zur Beantwortung der Fragen, was regelmäßiges Sparen bringt
oder ob ein Finanzplan zulässig ist oder nicht) als Web-Services anzubieten und so
die Möglichkeit zu bieten, die im Rahmen des FiXplan-Projektes entwickelten Tools
applikationsunabhängig (beispielsweise mit Excel oder beliebigen anderen
Applikationen) zu nutzen. Andererseits unterstützt die Systemarchitektur eine
automatisierte Erfassung der Daten der Mandanten von der Hausbank, dem
Steuerberater, den Versicherungen, dem Online-Broker usw., so dass eine
zeitaufwändige manuelle Datenerfassung entfallen kann.
Nach einer Beschreibung der Grundlagen in Abschnitt 2 wird das fachliche Modell
in Abschitt 3 beschrieben. Abschnitt 4 widmet sich dann dem Architekturmodell.
Schließlich erfolgt in Abschnitt 5 eine Zusammenfassung und ein Ausblick auf
weitere Forschungsmöglichkeiten.
2 Grundlagen
Im Allgemeinen (vgl. v.a. [BK0O]) versteht man unter der Finanzplanung einer
Unternehmung alle Berechnungen und Dispositionen im Hinblick auf die
Abstimmung der kurzfristig zu erwartenden Einzahlungs- und Auszahlungsströme mit
dem Ziel der Erhaltung der Liquidität und die mittel- und langfristige Abstimmung
von Kapitalbedarf und Kapitaldeckungsmöglichkeiten (Finanzierungsmöglichkeiten).
Zentrales Steuerungsinstrument der Finanzplanung ist dabei der Finanzplan als
tabellarische, zeitlich gegliederte Gegenüberstellung von erwarteten Einnahmen und
Ausgaben.
Im Entwurf ISO/DIS 22 222-1 des Technichal Committee ISO/TC 222, Personal
Financial Planning, der International Organization for Standardization wird
Persönliche Finanzplanung wie folgt definiert:
Personal financial planning is an interactive process designed to enable a
consumer/client to achieve their personal financial goals [ISO04].
Schmidt [Sch05] definiert Persönliche Finanzplanung als kontinuierlichen,
interaktiven Beratungsprozeh für natürliche Personen zur Erhebung und Analyse ihrer
finanziellen Situation, zum Aufzeigen von Verbesserungsmóglichkeiten, zur
5]
Festlegung von individuellen Maßnahmen zu deren Realisierung und zur
Überwachung der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen.
Certified Financial Planner’s (CFP) Board of Standards und das Technical
Committee ISO/TC 222, Personal financial planning, der International Organization
for Standardization definieren den Prozess der Persönlichen Finanzplanung (personal
financial planning process) wie folgt:
The personal financial planning process shall include, but is not limited to, six
steps that can be repeated throughout the client and financial planner relationship. The
client can decide to end the process before having passed all the steps. The process
involves gathering relevant financial information, setting life goals, examining your
current financial status and coming up with a strategy or plan for how you can meet
your goals given your current situation and future plans. The financial planning
process consists of the following six steps:
1. Establishing and defining the client-planner relationship.
The financial planner should clearly explain or document the services to be
provided to the client and define both his and his client's responsibilities.
The planner should explain fully how he will be paid and by whom. The
client and the planner should agree on how long the professional relationship
should last and on how decisions will be made.
2. Gathering client data and determining goals and expectations.
The financial planner should ask for information about the client’s financial
situation. The client and the planner should mutually define the client’s
personal and financial goals, understand the client’s time frame for results
and discuss, if relevant, how the client feel about risk. The financial planner
should gather all the necessary documents before giving advice the client
need.
3. Analyzing and evaluating the client’s financial status.
The financial planner should analyze the client’s information to assess the
client’s current situation and determine what the client must do to meet his
goals. Depending on what services the client has asked for, this could include
analyzing the client’s assets, liabilities and cash flow, current insurance
coverage, investments or tax strategies.
4. Developing and presenting financial planning recommendations and/or
alternatives.
The financial planner should offer financial planning recommendations that
address the client’s goals, based on the information the client provides. The
planner should go over the recommendations with the client to help the client
understand them so that the client can make informed decisions. The planner
should also listen to the client’s concerns and revise the recommendations as
appropriate.
5. Implementing the financial planning recommendations.
The client and the planner should agree on how the recommendations will be
carried out. The planner may carry out the recommendations or serve as the
52
client’s "coach," coordinating the whole process with the client and other
professionals such as attorneys or stockbrokers.
6. Monitoring the financial planning recommendations.
The client and the planner should agree on who will monitor the client’s
progress towards his goals. If the planner is in charge of the process, he
should report to the client periodically to review his situation and adjust the
recommendations, if needed, as the client’s life changes.
3 Finanzplanung mit FiXplan
Der Prozess der Persönlichen Finanzplanung besteht aus den Phasen Istaufnahme,
Sollkonzept, Maßnahmenplanung und Überwachung.
3.1 Istaufnahme
Bei der Zstaufnahme erfolgt die Erfassung aller aktuellen relevanten finanziellen
Daten in Form von Vermögen und Verbindlichkeiten (aktueller Zeitpunkt, bzw.
stichtagsbezogen, vgl. Abbildung 1), bzw. Einnahmen und Ausgaben (der letzten
Periode).
oi zur privaten Finanzplanung - Microsoft Internet Explorer ex]
Cot Beabeten Ansicht Bavorfen Extras 7 a
Qnm + O = [x] (2) 1 | suchen 7; Favorten
Adresse | Hp xpkan tm Lesh. cence php hor Dept =i ple Fess BUND SVErmOEGEN =| Lrks fica ~ E
Ereignisse: Risiken:
= FiXplan a [3] b 66123 Saarbrücken,
[d kenRkko +
[Logout] [Logout]
home Vermisgen und Verbindihkelten Einnahmen und Ausgaben
mem Vermügen und Verbindlichkeiten erfassen zum 28.11.2005
Tate Aufnahme
Erfassung Akiva [| Ewe Prozent Passiva Fwo Prozemt
nyse Liquide Anlagen 137.890,00 216% Verbindichkeiten 305.700,00 47.0 %
Ki 15.000,00 24% Rückstellungen 0,00 oun
tutam Bark. 0,00 0% Reserviertes Eigenkapital 130.000,00 20.4 %
gra Remon 000 0% nkünfüge Vorsorge 50.000,00 78%
Seen Rentenfonds 10864000 17% zukünfäger Konsum 8000000 12556
Aker 14.250,00 22% Freies E igerikapital 702.190,00 21.7 9n
OT TELEKCMN m#Xx 4258000 Besamt ^ GNHBOOQO 100%
niéue Position hinusfhgen
3 Aktienfonds 0.00 0%
m Derivate 000 0*5
Edelmetale 0.00 0%
Tool Sonstige Iquice Anlagen 000 0*5
Immobilien 400.000,00 — 62.7 9i
Hil Unternehmensbetellgungen 0,00 vs
Sonstiges Vermügen 100.000,00 157%
Sea
a VJ Lokales Intranet
Abb. 1. Datenerfassung im Rahmen der Istaufnahme
53
Der Natur nach ist die Istaufnahme jetzt- und vergangenheitsbezogen, d.h. es
werden keine Aussagen über zukünftige Entwicklungen gemacht. Im Rahmen der
Analyse stellt FiXplan die jeweilige aktuelle persönliche finanzielle Situation eines
Mandanten umfassend mit Hilfe der folgenden Sichten dar und beantwortet dabei
beispielsweise die angegebenen Fragen (vgl. Abbildung 2):
OT TOT Explorer —|six|
Date Bearbeiten Ansicht Eavorten Extras 2 +
Gare + 57 x) [2] 75) D suchen 7 Favoriten
adresse (8) tp. planuitm urnes. dede? php Phormept=stshapt=anatysesuriter sbestand +) trés TEES
Ereignisse: Risken:
= FiXplan [imei] LE DER | et
[Clogs] [Logout]
Foe Bestand LICH Geldanlagen or heuer
Verwatung Übersicht Kennzahlen Benchmarking 7]
Erfassung Vermügensbilanz zum 28.11.2005
Analyse
M TU Akbva Bae Prezemt — Pasa —— Emo Prozent
Erfassung Liquide Anlagen. 137.890,00 189% Verbindlichkeiten 305.700,00 39.895
Sreneren. Immobilier 400.000,00 — 52.106 Rückstelungen 0,00 0%
Zulässigkeit Unternehmensbetellgungen 0,00 nr Reserviertes Eigenkapital 0,00 Ou
Anas Sonstiges Vermin 100.000,00 13% Freies Eigenkapital 462.190,00 60.2%
Beak E]
Maérahmen-Plnung
LII
Histor
Tooks
Mif
F3] Aj Lokales Intranet
Abb. 2. Analyse im Rahmen der Istaufnahme
l. Sicht auf den Bestand
Wie sind mein Vermógen und meine Verbindlichkeiten aufgeteilt?
Wie hoch ist die Eigenkapitalquote?
2. Sicht auf die Liquidität
Wie sind meine Einnahmen und Ausgaben verteilt? Wie groß ist
bspw. der Mietanteil an den Gesamtausgaben?
3. Sicht auf die Geldanlagen
Welche Rendite habe ich mit meinen Geldanlagen bei welchem
Risiko erzielt? Welche Eigenkapitalrendite habe ich im letzten Jahr
erzielt?
4. Sicht auf die Alters- und Risikovorsorge
Wie ist der aktuelle Stand meiner Rentenversicherung?
Welche Versicherungen habe ich bei welchen Gesellschaften
abgeschlossen?
54
5. Sicht auf die Steuern
Wieviele Steuern habe ich letzte Periode gezahlt? Wie hoch ist
meine aktuelle Steuerquote?
3.2 Sollkonzept
Im Rahmen des Sollkonzepts werden im Zuge der Erfassung zunächst die
voraussichtlichen Wertentwicklungen des Vermögens und der Verbindlichkeiten
erfasst. Ebenso werden vom Mandanten die voraussichtlichen zukünftigen
regelmäßigen Einnahmen (wie z.B. Lohn/Gehalt) und Ausgaben (wie z.B. Miete)
erfasst.
Ähnlich wie bei der Istaufnahme eine Analyse der aktuellen finanziellen Situation
kann im Rahmen des Sollkonzepts eine Analyse der zukünftigen finanziellen
Situation mit Hilfe der Sichten auf Bestand, Liquidität, Geldanlagen, Vorsorge und
Steuern erfolgen.
Ein wesentlicher Unterschied zu vergleichbarer Software zur Persönlichen
Finanzplanung (vgl. [BKO4]) besteht im Konzept einer Präferenz- und
Lebenslagenorientierten Persönlichen Finanzplanung mit einer Zulässigkeitsprüfung,
die im Rahmen des Sollkonzepts erfolgen kann.
3.2.1 Lebensereignisorientierte Persönliche Finanzplanung
Wesentlich für die Qualität einer Persönlichen Finanzplanung ist die möglichst exakte
Prognose zukünftiger Einnahmen und Ausgaben. Zum einen besteht die Möglichkeit,
aus vorhandenen Informationen über Einnahmen und Ausgaben der Vergangenheit
Rückschlüsse auf die voraussichtliche zukünftige Entwicklung der Einnahmen und
Ausgaben zu ziehen. Diese Methode versagt jedoch bei dem Eintritt bestimmter
Lebensereignisse, die drastische Änderungen der finanziellen Situation eines
Mandanten mit sich bringen können. Beispiele sind
Schließung/Scheidung einer Ehe
Kauf/Verkauf einer Immobilie
Gründung einer Familie
Wechsel des Arbeitgebers/Arbeitsplatzes
Finanzierung der Ausbildung von Kindern
Erfüllung eines „Traums“
Erhöhung von Einnahmen (z.B. Partner geht auch arbeiten)
Reduzierung von Ausgaben (z.B. weniger Urlaubsreisen)
Maßnahmen im Rahmen der Asset Allocation
Berufsunfähigkeit
Eintritt in die Rente
55
Alle diese Ereignisse haben signifikante Bedeutung für die Persönliche
Finanzplanung. Aus diesem Grunde unterstützt FiXplan eine
Lebensereignisorientierte Persönliche Finanzplanung, indem, basierend auf der
aktuellen Lebenslage, relevante Lebensereignisse, die Auswirkungen auf die
zukünftige finanzielle Situation eines Mandanten haben, ausgewählt und bearbeitet
werden können (vgl. Abbildung 3).
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A Rente mit 60 Jahren J
a -J Lokales Intranet.
Abb. 3. Szenarien im Rahmen des Sollkonzepts
Nach der Erfassung der Wertentwicklungen des Vermögens und der
Verbindlichkeiten sowie der regelmáfigen Einnahmen und Ausgaben besteht für den
Berater so die Móglichkeit, mit Hilfe von Szenarien und den dazu gehórenden
Lebensereignissen zu einer genaueren Prognose der zukünftigen Einnahmen und
Ausgaben des Mandanten zu gelangen.
3.2.2 Präferenzorientierte Persönliche Finanzplanung
Neben der Erfassung zukünftiger Einnahmen und Ausgaben bietet FiXplan zusätzlich
die Möglichkeit, Präferenzen bzw. Vorgaben bzgl. des finanziellen Soll-Zustands der
Mandanten anzugeben, beispielsweise (vgl. Abbildung 4)
e Vorgaben bzgl. Kapitalkraft (z.B. F1genkapitalquote)
e Vorgaben bzgl. Liquidität (z.B. Cash-flow)
56
e Vorgaben bzgl. Rentabilität (z.B. Eigenkapital- und
Gesamtkapitalrentabilität)
e Vorgaben bzgl Aufteilung des Vermögens (z.B. angepasst an den
Risikotyp), Capital und Asset Allocation
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Abb. 4. Präferenzen im Rahmen des Sollkonzepts
Basis für diese Vorgaben sind die im Rahmen der Istaufnahme analysierten Sichten
auf Bestand, Liquidität, Geldanlagen, Vorsorge und Steuern. Bezüglich der Sicht auf
den Bestand können dabei beispielsweise Vorgaben für die Asset Allocation gemacht
werden. Aufgabe der Asset Allocation ist die Bestimmung der Anteile der
verschiedenen Vermögenspositionen (Assets) auf der Aktivseite der Vermögensbilanz
unter Berücksichtigung der erwarteten Renditen, des Risikos und der Liquidität. Bei
der Asset Allocation kann auch die Risikotoleranz des Mandanten berücksichtigt
werden.
57
Im Beispiel in Abb. 5 gibt der Mandant beispielsweise folgende Vorgaben bzgl.
der Anteile der liquiden Anlagen an:
Liquide Anlagen
e. Kasse
. Bank
e. Renten
—
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o
e Rentenfonds
N
o
. Aktien
o
e. Aktienfonds
e Derivate
e. Edelmetalle
o
e. Sonstige liquide Anlagen
Abb. 5. Präferenzen im Rahmen des Sollkonzepts
3.2.3 Zulüssigkeitsprüfung
Die Zulàssigkeitsüberprüfung ist untergliedert in — Zulássigkeitsprüfungen
verschiedener Grade (Grad 0 bis 5).
Zulässigkeit vom Grade 0
Im ersten Teil erfolgt, basierend auf den erwarteten regelmäßigen Einnahmen und
Ausgaben und den mit Hilfe des Lebenslagenkonzepts erstellten Szenarien, eine
Liquiditätsprüfung (Zulässigkeit vom Grad 0). Dazu werden alle erwarteteten
zukünftigen Einnahmen und Ausgaben periodenbezogen saldiert dargestellt (vgl.
Abbildung 6).
Das Nettovermögen, mit dessen Hilfe zukünftige Ausgaben gedeckt werden
können, findet dabei wie folgt Berücksichtigung: Beispielsweise über die Erfassung
eines Ereignisses Verkauf Aktien Dt. Telekom kann eine zusätzliche Einnahme aus
58
dem Nettovermógen generiert und im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung
berücksichtigt werden.
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Analyse
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Szenarien
Zulässigkeit
Analyse
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Jahr | 2006 2007 | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 | 20012 | 2013 | 2014 | 2015
EUR TE SEE | S6 | 92:162. [82:007 [12/618 138.013 (96:221 173.264 175.688]
Jahr | 2016 2017 | 201B | 2019 | 2070 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2005
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Abb. 6. Zulässigkeitsprüfung im Rahmen des Sollkonzepts
Ergibt die Zulässigkeitsprüfung als Ergebnis Unzulässigkeit vom Grade 0, so kann
der Finanzplaner folgende Möglichkeiten ergreifen:
e Erhöhung der Einnahmen (beispielsweise Partner geht auch arbeiten)
e Verringerung der Ausgaben (beispielsweise Polo statt Porsche)
e Zeitliche Verschiebung von Einnahmen nach vorne (Auszahlung der
Lebensversicherung in 5 statt in 10 Jahren)
e Zeitliche Verschiebung von Ausgaben nach hinten (Porsche in zehn statt in
fünf Jahren)
Die Aufnahme eines Kredits (Fremdfinanzierung) kommt dabei einer zusätzlichen
Einnahme gleich, die gleichzeitig zusátzliche Ausgaben mit sich bringt. Dabei wird
gefordert, dass Zulässigkeit vom Grade 0 nur dann erreicht ist, wenn die Liquidität zu
jedem Zeitpunkt größer oder gleich 0 beträgt. Ist die Liquidität negativ, so ist der
Mandant also darauf angewiesen, einen Kredit zu bekommen, mit dessen Hilfe er die
entsprechende Ausgabe finanzieren kann. Da nicht davon auszugehen ist, dass Kredite
in unbegrenzter Höhe zu beliebigen Zeitpunkten möglich sind, und da die positive
Liquidität verzinst werden kann, definieren wir Liquidität vom Grad 0 formal wie
folgt:
59
Definition: Zuldssigkeit vom Grad 0 ist genau dann erreicht, wenn zu jedem
beliebigen Zeitpunkt : gilt:
Die Summe aller auf den Zeitpunkt t aufgezinsten Einnahmeüberschüsse bis
zum Zeitpunkt t sind grófer oder gleich 0.
Beispielsweise mit Hilfe des Newton-Verfahrens zur Berechnung der Nullstellen
von Polynomen kann so u.a. auch berechnet werden, wie hoch der jáhrliche Zinssatz
sein müsste, damit alle Ausgaben durch die Einnahmeüberschüsse finanziert werden
könnten. Eine andere Fragestellung, die so zu beantworten wäre, ist: „Um wieviel
müssten die regelmäßigen jährlichen Ausgaben reduziert werden, um bei einem
durchschnittlichen jährlichen Zinssatz von i=2,5% Zulässigkeit vom Grad 0 zu
erreichen?“
Zulässigkeit höherer Grade
Neben der Zulässigkeit vom Grad 0 kann darüber hinaus eine Überprüfung der
Zulässigkeit weiterer Grade sinnvoll sein. Basierend auf den angegebenen
Präferenzen bzgl. der Sichten Bestand (Grad 1), Liquidität (Grad 2), Geldanlagen
(Grad 3), Vorsorge (Grad 4) und Steuern (Grad 5) kann der jeweilige
Zulässigkeitsgrad überprüft werden. Dabei wird beispielsweise überprüft, ob die
angegebenen Präferenzen bzgl. Bestand (z.B. Zusammensetzung des Portfolios) zum
aktuellen Zeitpunkt und in der Zukunft eingehalten werden können oder nicht. Somit
kann beispielsweise überprüft werden, ob eine vorgegebene Asset Allocation zu
jedem Zeitpunkt erfüllt werden kann oder nicht. Zulässigkeit vom Grad o,
o1 (1,2, 3, 4, 5), istbasierend auf den jeweils angegebenen Restriktionen formal
wie folgt definiert:
Definition: Zulássigkeit vom Grad « bezüglich der Sichten Bestand(o.—1, Grad 1),
Liquiditüt (o0.—2, Grad 2), Geldanlagen (o&.—3, Grad 3), Vorsorge (o.—4, Grad 4) und
Steuern (o.—5, Grad 5) ist genau dann erreicht, wenn zu jedem beliebigen Zeitpunkt £
gilt:
Alle Präferenzen bezüglich der Sicht a werden eingehalten.
33 Mafinahmenplanung
In diesem Modul wird lediglich der Katalog der zu ergreifenden Maßnahmen
angezeigt, um von der gegebenen aktuellen finanziellen Ist-Situation zu einer
gewünschten zulássigen finanziellen Soll-Situation zu gelangen.
60
3.4 Überwachung
Als Ergebnis von Istaufnahme, Sollkonzept und Maßnahmenplanung liegt eine
schriftliche Dokumentation aller getroffenen Analysen, erarbeiteten Konzepte und
gemachten Annahmen vor, die dem Mandanten vom Finanzplaner als Finanzplan in
Form einer individuellen Expertise überreicht werden kann. Der Finanzplan ist
Grundlage der Phase Überwachung, die mit Hilfe von Performanceanalysen und
durch Fortschreibung von Istaufnahme, Sollkonzept und Maßnahmenplanung unter
sich verändernden rechtlichen, — steuerlichen, gesamtwirtschaftlichen und
kundenindividuellen Randbedingungen erfolgt (vgl. [Sch05]).
4 Systemarchitektur
Die Wahl der Systemarchitektur hat weit reichende Konsequenzen für die
Softwareentwicklung. So ist es, basierend auf dem rein fachlichen Analysemodell,
möglich, mit verschiedenen Systemarchitekturen zu verschiedenen Designmodellen
zu gelangen, die dann wiederum in verschiedene Implementierungen münden.
Abbildung 7 verdeutlicht diesen Sachverhalt.
—J——J
Abb. 7. Analysemodell und Systemarchitektur
61
Für das FiXplan-Projekt wurde eine Service-orientierte Architektur gewählt. Daher
werden in Abschnitt 4.1 zunächst einige Grundkonzepte Service-orientierter
Architekturen vorgestellt. Die Umsetzung einer Service-orientierten Architektur ist
mit Hilfe von Web Services realisierbar, die in Abschnitt 4.2 beschrieben werden.
Abschnitt 4.3 behandelt die Umsetzung einer Service-orientierten Architektur mit
Hilfe von Web Services. Die Anwendungspotentiale externer Web Services für das
FiXplan-Projekt werden in Abschnitt 4.4 analysiert. Hierbei soll zunächst identifiziert
werden, welche Möglichkeiten sich zur Unterstützung des Prozesses der Persönlichen
Finanzplanung ergeben, wenn man ein externes Angebot von solchen Diensten durch
die Finanzdienstleister unterstellt. Der Fokus der weiteren Ausführungen in Abschnitt
4.5 liegt auf dem internen Einsatz der Web Service Technologie innerhalb des
FiXplan-Projekts. Dabei wird auch die Frage beantwortet, in wie weit in Bezug auf
die genannten Kernaspekte ein konkreter Mehrwert entstehen kann.
4.1 Service-orientierte Architekturen
Mit Web Services wird gemeinhin das Ziel verfolgt, Softwarefunktionalitäten nur
einmal implementieren zu müssen und als Service anderen Programmen zur
Verfügung zu stellen. Der Benutzer des Service benötigt dabei keine weiteren
Informationen, wie der Service implementiert wurde. Der Benutzer des Service
(Service Consumer) und der Anbieter des Service (Service Provider) sind lose
gekoppelt und brauchen über die Schnittstellendefinition hinaus nichts voneinander zu
wissen. Dies ist die Idee einer Service-Orientierten Architektur (SOA), die man als
Fortführung komponentenbasierter Architekturen sehen kann. An die SOA als
Architektur werden dabei bestimmte Anforderungen gestellt. Diese. Anforderungen
sind in [DJMZ05, S. 11] zu einem ,SOA-Tempel^ zusammengefasst, der in
Abbildung 8 dargestellt ist.
Service-orientierte
Architektur
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a s
E E = E
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E E E =
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E = E P
> z D E
- n À E
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Einfachheit
Sicherheit
Akzeptanz
Abb. 8. Merkmale einer Service-Orientierten Architektur [DJMZO5, S. 11]
62
Neben der grundsätzlichen Akzeptanz, der Einfachheit und der Sicherheit der
Architektur ruht dieser Tempel dabei auf den vier Merkmalen Verteilung, Lose
Kopplung, Standards und Prozessorientiert. Der Provider und der Consumer werden
durch die Verwendung offener Standards und Protokolle entkoppelt und kónnen sich
an beliebigen Stellen im Netz befinden. Die SOA Service Schnittstellen werden durch
eine standardisierte Darstellung beschrieben, beispielsweise durch WSDL (bei Einsatz
der Web Service Technologie). Die einzelnen Komponenten kónnen flexibel designt
und implementiert werden. Daneben kónnen diese Services, in einer Sequenz
aufgerufen, Prozessablàufe darstellen und damit zu einer einfachen Erstellung neuer
Gescháftsprozesse dienen. Im. SOA-Konzept steht ebenfalls die automatisierte,
dynamische Kommuniktion. zwischen den Applikationen im Mittelpunkt. Der
Anbieter stellt den Service zur Verfügung und macht die Services in einem
entsprechenden Service-Verzeichnis (Registry) bekannt. Der Benutzer sucht und
findet den Service im Verzeichnis und kann den Service über die publizierte Adresse
in Anspruch nehmen (Binding). Abbildung 9 verdeutlicht diese Beziehung zwischen
dem Service Consumer, dem Service Provider und der Service Registry in einer SOA.
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4 Service
Registry
Registry /
Publiziert ~~ NET
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7 — TT
(Service "Binding / Service N
Provider Consumer /
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Abb. 9. Beziehungen in einer Service-orientierten Architektur
63
In Abbildung 10 ist eine vereinfachte SOA (vgl. [BS04]) dargestellt, in der
Anbieter und Nachfrager der Dienste ohne den Umweg über ein Verzeichnis direkt
kommunizieren.
Service
Provider
XML service response
based on WSDL
(sent using SOAP)
XML service request
based on WSDL
(sent using SOAP)
Service
Consumer
Abb.10. Grundlegende Service-orientierte Architektur
4.2 Web Services
Die Umsetzung einer Service-orientierten Architektur ist mit Hilfe von Web Services
realisierbar. Die Grundlage von Web Services bilden drei Elemente:
e SOAP zur Ubermittlung von Nachrichten zwischen dem Anbieter des Web
Service, dem Empfinger und dem Service- Verzeichnis
e Web Services Description Language (WSDL) zur Beschreibung der durch
den Web Service zur Verfügung gestellten Methoden
e Universal Description Discovery and Integration (UDDI) als
Verzeichnisdienst, um Web Services zu publizieren
In einem UDDI-Verzeichnis kann man nach einem Web Service suchen. Aus
diesem Verzeichnis ist zu dem gewünschten Web Service auch die
Schnittstellenbeschreibung in WSDL zu beziehen. Mit Hilfe der WSDL-Beschreibung
kann ein Client nun eine SOAP Nachricht erstellen, um den Web Service
anzusprechen. Der Request des Web Services ist ebenfalls eine SOAP-Nachricht. Die
Kerntechnologien SOAP, WSDL und UDDI wurden durch die Zusammenarbeit beim
W3C und bei OASIS zu einem breit unterstützten Standard für Web Services
entwickelt. Für weiterführende Informationen empfehlen sich u.a. die Internetseiten
der jeweiligen Arbeitsgruppen im W3C und bei OASIS.
64
4.3 Umsetzung einer Service-orientierten Architektur mit Hilfe von Web
Services
Die Idee, dass Anwendungen ihre Funktionalitäten und Inhalte anderen Anwendungen
auf standardisierte und transparente Weise zur Verfügung stellen, wird in der
Softwareentwicklung mit der Modularisierung schon länger verfolgt. CORBA von
OMG, DCOM von Microsoft und Java RMI sind die drei zur Zeit meist genannten
Komponentenmodelle. Die Verwendung offener, allgegenwärtiger Protokolle, die
wirkliche Interoperabilität, auch zwischen Plattformen (JAVA, Microsoft sowie PHP
usw.) sowie SOAP und XML als Zukunftstechnologien, die von den großen
Softwarefirmen IBM, Microsoft und Sun gemeinsam gefördert werden, sind die
gegenüber diesen Komponentenmodellen meist genannten Vorzüge von Web
Services.
Bei der Umsetzung einer Service-orientierten Architektur mit Hilfe von Web
Services spielt WSDL die Rolle der Schnittstellenbeschreibung, die vom Provider in
der Registry hinterlegt ist und dort vom Consumer über die Suche im Verzeichnis
abgerufen werden kann. Das Verzeichnis stellt bei Web Services ein UDDI-Registry
dar. Hat der Consumer die gewünschte Beschreibung gefunden, konnektiert er den
entsprechenden Web Service Provider mittels SOAP, um den Web Service zu
aktivieren. Nach der Ausführung liefert der Web Service das Ergebnis ebenfalls
mittels SOAP.
Die Möglichkeit der dynamischen Bindung, die gesuchte Funktion im Netz zu
finden und diesen Service automatisiert aufzurufen, soll vorerst keine Rolle spielen.
Der im Rahmen von FiXplan anvisierte Nutzen bei der Anwendung einer SOA soll
zunächst in der grundsätzlichen Wiederverwendbarkeit von Komponenten sowie der
Fähigkeit der Integration externer Services liegen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Service-orientierte Architektur
vielfältig nutzenbringend angewendet werden kann und Bestandteil
zukunftsweisender Softwareprojekte sein sollte. Mit der Anwendung der Web
Service-Technologie in IT-Architekturen ergeben sich einige überzeugende Vorteile,
die bereits mehrfach angesprochen wurden. Zusammenfassend kann man dabei
folgende Kernaspekte nennen:
1. Fähigkeit zur Interoperabilität und Integration heterogener, verteilter
Komponenten auf unterschiedlichen Plattformen.
2. Flexibilität beim Design neuer Software und neuer Komponenten.
3. Wiederverwendbarkeit von einzelnen Komponenten.
4. Einfache Erstellung neuer Prozesse durch Zusammenschaltung existierender
Services.
Web Services beruhen auf offenen Standards und kónnen jede Software-
Komponente als aufrufbaren Service darstellen. Damit wird es móglich, individuelle
65
Software als eigenständige Komponenten in vielfältiger Weise einzusetzen. Dabei
müssen sich die verschiedenen Entwicklergruppen lediglich mit den Standard-
Technologien auseinandersetzen, um Software-Komponenten einzubinden und
zusammenzustellen zu können. Damit wird eine Kenntnis der Implementierung bzw.
der Programmiersprache der genutzten Services nicht mehr nötig. Dies alles kann zu
einer Reduzierung der Komplexität des Entwicklungsprozesses, der Kosten und der
Risiken beitragen.
4.4 Anwendungspotentiale externer Web Services
In diesem Abschnitt soll der Bedarf an Informationen analysiert werden, der im
Beratungsprozess der Persönlichen Finanzplanung, wie er in Abschnitt 3 auf
fachlicher Ebene vorgestellt wurde, entsteht und möglicherweise durch die
Einbindung von externen Web Services gedeckt werden kann. Ein Ziel, das mit diesen
Untersuchungen verfolgt wird, ist die Überprüfung der technischen Realisierbarkeit
einer Integration eines solchen Dienstes in den FiXplan-Prototyp. Dazu wurde in
einem Beispielszenario eine Kontostandsabfrage an eine Testbank über einen Web
Service in das FiXplan-Tool integriert. Wichtig ist ebenfalls, dass in diesem
Zusammenhang keine Insellösungen angedacht sind. Sicherlich ist es aus technischer
Sicht leicht möglich, von einzelnen Finanzdienstleistern solche Dienste in Anspruch
zu nehmen. Ziel soll es aber sein, auf der Basis von branchenspezifischen Standards
unabhängig von einem einzelnen Anbieter und dessen Daten- und
Kommunikationsmodell solche Dienste integrieren zu können. Auch hierbei ist immer
ein einheitliches Verstándnis der Begrifflichkeiten sowie der Mafeinheiten und
Zeiträume, auf die sich die Größen beziehen, von großer Bedeutung. Im zugrunde
gelegten Branchenstandard muss sichergestellt werden, dass neben einem
einheitlichen Verständnis der eingesetzten Begrifflichkeiten (z.B. der Währungen,
Versicherungstypen und Kontobezeichnungen) besonders die Zeiträume, auf die sich
die einzelnen Daten (wie z.B. die Kontoführung und der Zinssatz) beziehen, genormt
sind.
4.4.1 Ist-Aufnahme
Mit der Datenerfassung startet der Prozess der Persönlichen Finanzplanung. Dabei
werden zum einen Vermögen und Verbindlichkeiten des Mandanten (zum aktuellen
Zeitpunkt) und zum anderen Einnahmen und Ausgaben des Mandanten (der letzten
Periode) in das System eingearbeitet. Dazu existieren Masken im FiXplan-Tool zur
manuellen Eingabe dieser Daten. Der Einsatz von Web Services zur automatisierten
Übernahme von Daten der jeweiligen Girobank und der Depotbank kann diesen
Prozessschritt beschleunigen. Die Verwendung von Web Services hierzu wird bereits
in [Bra04] angeregt. Auch die Erfassung der Daten bereits abgeschlossener
Versicherungen könnte auf diese Weise automatisiert werden. Durch den Einsatz von
Web Services bei der Datenerfassung wäre auch die Aktualität der erfassten Daten
sichergestellt, da diese jeweils zur Laufzeit eingelesen werden können.
66
Datenübertragung vom Girodienst einer Bank
Der Girodienst einer Bank ist vielfältig zur Datenübertragung einsetzbar. Bei der
Erfassung des Vermögens könnte der Kontostand automatisiert abgefragt werden, und
für die Einnahmen- und Ausgabenrechnung könnten die getätigten Umsätze als
Buchungen in das System übertragen werden. Daneben sind alle weiteren Daten
abrufbar, die als Kontoführungsinformationen auch im FiXplan-Tool verarbeitet
werden könnten. Dazu zählen in erster Linie der Guthabenzins, die
Kontoführungsgebühr sowie die Zinssätze für den Dispositionskredit und die
geduldete Überziehung. Die Abfrage von Daten des Girokontos ist sicherheitskritisch,
da sensible Daten übertragen werden. Die Persönliche Identifikationsnummer (PIN),
mit der man sich beim traditionellen Internetbanking aktuell gegenüber der Bank
ausweisen und danach Informationen über sein Konto, den Kontostand und die letzten
Buchungen ansehen kann, erscheint auch als Geheimzahl geeignet und hinreichend,
um sich beim Zugriff über einen Web Service gegenüber der Bank auszuweisen. Um
Transaktionen über das Konto durchzuführen, sind die Transaktionsnummern (TANs)
verwendbar die ebenfalls bei dem traditionellen Online-Banking in Verbindung mit
der PIN eingesetzt werden.
In der aktuellen Ausgabe der WISO-Software WISO Mein Geld 2005 Professional
der Buhl Data Service GmbH wird ein solcher Konto-Dienst beispielsweise bereits
angeboten. Auf Online-Konten bei diversen Bankinstituten kann direkt per Internet
zugegriffen werden. Damit sind der aktuelle Kontostand und die über das
entsprechende Konto getätigten Umsätze per Mausklick von der Bank abrufbar und
werden von der Software verarbeitet. Die Zugangsart wird bestimmt durch das
Online-Banking-Verfahren der jeweiligen Bank. Auch hier ist zu erkennen, dass
aktuell verschiedene Banken verschiedene Verfahren einsetzen. Diese verschiedenen
Zugangsarten werden vom System automatisch ermittelt, wobei in der aktuellen
Version der WISO-Software folgende Verfahren genannt werden:
* PIN/TAN T-Online: Wer T-Online als Internet Provider nutzt, kann über
das WebBanking-Portal auf die Dienstleistungen nahezu aller Banken und
Sparkassen online zugreifen. Dieses Verfahren ist sehr weit verbreitet und
wird von den meisten Banken unterstützt. Die Sicherheit wird durch Eingabe
von Nummern gewährleistet. Neben der PIN zur Legitimation gegenüber der
entsprechenden Bank werden auch die entsprechenden T-Online
Zugangsdaten zwingend vorausgesetzt.
e PIN/TAN Internet: Leider gibt es kein einheitliches Verfahren, mit dem die
Banken den Online-Zugriff auf Kundenkonten ermóglichen. Dieser Tatsache
trágt die Software mit Kommunikationsmodulen Rechnung, die teils in das
Programm integriert sind. Dieses Verfahren nutzt also die
unterschiedlichsten Schnittstellen, die von Bank zu Bank variieren und nicht
standardisiert sind. Jede Änderung seitens der Bank hat zur Folge, dass auch
die entsprechende Online-Banking-Anwendung angepasst werden muss. Der
Zugang erfolgt wie beim T-Online Verfahren über PINs und TANs. Die
67
Übertragung zum Bankserver ist in der Regel mit SSL verschlüsselt und
bietet hohe Sicherheit.
« HBCI/ FinTS: HBCI (Home Banking Computer Interface) ist das sicherste
Verfahren. HBCI ist ein vom deutschen Zentralen Kreditausschuss
entwickelter Standard fiir Homebanking und wird in dem Standard FinTS
(Financial Transaction Services) weiterentwickelt. Der Standard ist
óffentlich einsehbar. Homebanking-Anwendungen müssen nicht mehr auf
einzelne Banken zugeschnitten werden, sondern kónnen über den HBCI-
Standard alle Banken gleichermaßen ansprechen. Hierbei kommuniziert man
direkt mir der Bank. Eine Eingabe von Passwörtern entfällt, weil man seine
Berechtigung mit einem Sicherheitsmedium wie z.B. einer Chipkarte oder
Diskette nachweisen muss. Mit HBCI Version 3.0 wurde der übergreifende
Standard FinTS geschaffen, der einerseits HBCI 3.0 und andererseits
PIN/TAN als alternative Sicherheitsverfahren beinhaltet. Bei HBCI
PIN/TAN wird das HBCI-Protokoll verwendet, aber als Sicherheitsmedium
wird nicht wie bei klassischem HBCI eine Chipkarte oder eine Diskette
genutzt, sondern die PINs und die TANs. Dies ermöglicht eine
ortsunabhängige Verwendung von HBCI. Der Sprachgebrauch für diese
Zugangsart ist nicht ganz einheitlich. Bei einigen Banken heibt diese
Zugangsart ,,PIN/TAN Erweitert oder ,,HBCI+*. Andere nennen sie , HBCI
PIN/TAN* oder ,,FinTS*.
Es kann also wie bei WISO Aufgabe der Software sein, bei Nutzung des
PIN/TAN-Verfahrens das heterogene Angebot der Banken in die eigene Software so
zu integrieren, dass für den Benutzer und auch die Verarbeitungsmechanismen in der
Software eine einheitliche Schnittstelle entsteht. Mit HBCI bzw. FinTS existiert wie
beschrieben bereits ein Standard, über den die Banken eine einheitliche Schnittstelle
für die Bankkunden anbieten. Der aktuelle Standard FinTS Version 4.0 verwendet
bereits XML-Technologien wie XML-Schema, XML-Signature und XML-Encryption
und ist für den Einstieg in Web-Services durch die Unterstützung von SOAP und
WSDL und auch die konsequente Ausrichtung auf HTTP und HTTPS vorbereitet. Die
neuen und noch nicht als stabil bezeichneten Web Service Standards sollen zukünftig
auch bei FinTS stárker Einzug halten. Somit kónnten FinTS-Anwendungen mit Web
Services implementiert werden, wobei auch hier abgewartet werden muss, in wiefern
die Banken ihren Dienst auch über einen Web Service zur Verfügung stellen.
Datenübertragung von einer Anlagenbank
Bei der Datenerfassung ist besonders die vollständige Aufnahme der existierenden
Vermögenswerte des Mandanten im Beratungsprozess von großer Bedeutung für die
Darstellung der Ist-Situation sowie für die Ausarbeitung eines Sollkonzeptes bzw. der
Maßnahmenplanung. Vermögensobjekte wie Aktien, Anleihen sowie jede Art von
Fonds (z.B. Aktien-, Renten-, Geldmarkt- und Immobilienfonds) müssen erfasst
werden. Auch hierbei bietet sich der Einsatz von Web Services zur automatisierten
Erfassung an. So könnten zu jedem Wertpapier relevante Daten wie die
68
Wertpapierkennnummer, die Anzahl und der Kaufkurs sowie ggf. die
Handelswährung und die Fälligkeit abgefragt werden. Bei Fragen der Sicherheit und
der Authentifizierung sind die Mechanismen wie bei der Datenübertragung vom
Girodienst einsetzbar, die auch hier bereits beim Online-Brokerage von vielen
Depotbesitzern benutzt werden.
Datenübertragung von einer Versicherung
Auch die automatisierte Übernahme von Informationen über abgeschlossene
Versicherungen kann zur Beschleunigung der Ist-Aufnahme eingesetzt werden. Ein
Abruf der Policen direkt von der Versicherung ersetzt ein Durcharbeiten der
abgeschlossenen Policen nach relevanten Datenfeldern und reduziert damit die Kosten
der Datenerfassung. Dabei nehmen Online-Dienste für Versicherungsnehmer (noch)
nicht die Rolle wie beim Online-Banking oder Online-Brokerage ein. Das Beispiel
des Vermittler-Portals der Alten Leipziger Versicherung zeigt aber, dass solche
Online-Dienste zumindest bei der Interaktion mit Vermittlern bereits eingesetzt
werden. In wieweit die Individualität von Versicherungen bzw. kombinierte Produkte
bei der Automatisierung Probleme verursachen könnten, muss im Einzelfall
untersucht werden. Aufgrund der unterschiedlichen Bedeutung — einzelner
Versicherungen für die Persönliche Finanzplanung könnte dabei zunächst eine
Beschränkung auf die zentralen Versicherungen wie Lebens-, Renten- und
Berufsunfähigkeitsversicherungen sinnvoll sein.
Analysen der Ist-Situation
Als Analysemöglichkeit bei der Ist-Aufnahme steht das Instrument der
Vermógensbilanz zur Verfügung. Zur aktuellen Vermógensübersicht in einer
Vermógensbilanz werden alle Aktiva und Passiva mit ihrem aktuellen Buchwerten
bzw. Marktwerten aufgelistet. Der aktuelle Wert dieser Vermôgensgegenstände
könnte dabei durch eine externe Abfrage im Moment der Erstellung der Bilanz
minutenaktuell angezeigt werden. Dazu können die bereits aufgeführten Dienste der
Giro- und Depotbank erneut in Anspruch genommen werden. Daneben könnten die
aktuellen Kurswerte von an einer Börse gehandelten Vermögenswerten auch über
öffentliche Web Services bezogen werden, womit Sicherheitsmaßnahmen wie die
erneute Eingabe der Geheimzahl und ihre Übermittlung über das Internet an dieser
Stelle vermieden werden können. Das Angebot an öffentlichen Kursdiensten ist
bereits zum jetzigen Stand groß. So wird im aktuellen FiXplan-Prototyp der Kurswert
von Aktientiteln über das Angebot von Yahoo eingelesen. Hierbei wird aber noch
nicht auf Web Service Technologien zurückgegriffen, sondern die von Yahoo
generierten CSV-Dateien („Comma Separated Values™) verarbeitet.
4.4.2 Soll-Konzept
Zentrale Datenbedarfe in dieser Phase sind Informationen über Vermögens- und
Versicherungsprodukte, die neu erworben werden sollen. Für die Erfassung
zukünftiger Einnahmen und Ausgaben kónnte darüber hinaus wieder der Girodienst
69
einer Bank verwendet werden, um zukünftige regelmäßige Einnahmen und Ausgaben
zu übertragen, die bei der Bank teilweise in Form von Daueraufträgen vorliegen.
Nachfrage nach individuellen Versicherungen
In der Vorsorgerechnung werden Empfehlungen zum Abschluss neuer
Versicherungen generiert. Die Qualität solcher Empfehlungen ist natürlich vom
Informationsstand über die Produkte abhängig, die aktuell am Markt angeboten
werden. Da Versicherungen zumeist personalisiert und situationsbezogen andere
Konditionen beinhalten, gestaltet sich dieser Schritt aus Sicht der Angebotserstellung
des Versicherers schwieriger, da persönliche Daten für ein individuelles
Produktangebot benötigt werden. Der automatisierte Vorgang der Angebotserstellung
einzelner Anbieter erscheint aus Sicht des Kunden interessant, wobei aus den
erwähnten Gründen der Unabhängigkeit von einem bestimmten Versicherer und im
Sinne eines möglichst breiten Angebots unbedingt einheitliche Branchenstandards
vorliegen müssen. Hier bleibt es abzuwarten, wie die Versicherer in Zukunft auf die
Nachfrage von Kunden bzw. Softwareherstellern oder auch elektronischen
Marktplätzen reagieren werden.
Nachfrage nach Kurszeitreihen für die Portfoliobildung
Im Rahmen der Asset Allokation werden dem Kunden Investments in konkrete
Vermögensprodukte vorgeschlagen. Als Basis solcher Empfehlungen dienen
besonders bei börslich gehandelten Produkten historische Kurse, aus denen erwartete
Renditen berechnet werden. Diese Kursreihen werden momentan wie in der Ist-
Situation von Yahoo über CSV-Dateien eingelesen. Eine Nutzung öffentlicher Web
Services ist hier auch für Staatsanleihen, aktuelle Zinssätze für Festgelder usw.
sinnvoll, um die Genauigkeit der Beratungsleistung zu steigern.
44.3 Maßnahmenplanung und Überwachung
Der Maßnahmen-Katalog enthält lediglich die zu ergreifenden Maßnahmen, die aus
den zulässigen Szenarien des Soll-Konzepts abgeleitet werden. Somit entstehen
hierbei keine neuen Informationsbedarfe. Allerdings könnte an dieser Stelle eine
Unterstützung durch Web Services bei der Umsetzung einzelner Maßnahmen sinnvoll
möglich sein. Beispielsweise könnte ausgehend von einer Kaufempfehlung eines
konkreten Wertpapiers die Transaktion aus dem System heraus abgewickelt werden,
indem der Auftrag an die Anlagenbank übermittelt und dort ausgeführt wird. Da die
Überwachung im Rahmen der Ist-Aufnahme stattfindet, können hierzu die gleichen
Informationsquellen verwendet werden, die für die Instrumente zur Auswertung in der
Ist-Situation angedacht wurden.
70
4.5 Anwendungspotentiale der Web Service Technologie innerhalb des
FiXplan-Projekts
Ziel dieses Kapitels ist es, die in Abschnitt 4.1 herausgearbeiteten Nutzenpotentiale
der Web Service Technologien im FiXplan-Projekt zu adressieren. Dazu wird
zunächst der Ist-Zustand des aktuellen Prototyps analysiert. Danach werden
beispielhaft einige Anwendungsszenarien erláutert, die den Einsatz der Technologien
motivieren und zu einem Mehrwert bei der Konzeption, Erweiterung,
Aktualisierbarkeit und Qualität des Decision Support Systems zur Persäônlichen
Finanzplanung beitragen können. Mit der Implementierung dieser
Anwendungsszenarien sowie den dazu benötigten bzw. einsetzbaren Werkzeugen und
den damit verbundenen Problemen beschäftigt sich danach der weitere Teil der
Arbeit.
4.5.1 Wiederverwendbarkeit einzelner Komponenten und Flexibilität beim
Design neuer Software und neuer Komponenten
Der FiXplan-Prototyp war bzw. ist darauf ausgerichtet, mit dem Benutzer über
dynamische Webseiten zu kommunizieren. Bei der Implementierung der einzelnen
Module wurde deswegen zunächst kein Wert darauf gelegt, die eigentliche
Funktionalität zu kapseln um eine stärkere Trennung von Layout und
Anwendungslogik zu erreichen. Alle Teilmodule sind mehr oder weniger so
programmiert, dass die Layout-Anweisungen (d.h. HTML-Formatierungen für den
Browser) und die funktionalen Aspekte (d.h. die in PHP programmierten Funktionen,
die Datenbankanweisungen, Fehlerbehandlungen usw.) in den einzelnen Skriptdateien
miteinander kombiniert sind. Damit lässt sich nur unter großem Aufwand bzw. mit
Cut&Paste ein Teil der Logik wiederverwenden. Neben der Redundanz dieser Code-
Stücke sind damit auch Änderungen in einzelnen Modulen problematisch. Die
Änderung muss in jedem Modul erfolgen, welches diesen Code benutzt. Damit ist das
System aber gleichzeitig anfällig für ungewünschte Nebeneffekte wie (Berechnungs-)
Fehler und unflexibel bei Veränderungen an den Berechnungsvorschriften und
Datenbankanweisungen. Dies hindert auch die Programmierer neuer Module daran,
bereits existierende Funktionalitäten wiederzuverwenden und ist damit nicht
förderlich für eine effiziente (Weiter-) Entwicklung des Softwareprodukts. Hierzu
zählt auch die aufgrund der Größe des Projekts bereits unübersichtliche Menge an
Funktionalität, die neben der fehlenden Kapselung dem Entwicklerkreis zudem nicht
bekannt und auch nicht ausreichend dokumentiert bzw. spezifiziert ist.
Somit ist eine klare Auslagerung der einzelnen Funktionsbausteine in eigene
Scripte sinnvoll. Funktionen und Funktionalitäten, deren Wiederverwendung
angedacht bzw. als sinnvoll erachtet wird, sollten als Kernfunktionen in separate
PHP-Skripte ausgelagert werden. In einem ersten Schritt können diese
Kernfunktionen dann über ,include"-Anweisungen in den einzelnen Modulen
verwendet werden. Hierbei ist auf eine ausreichende Dokumentation der Spezifikation
dieser Funktionen zu achten, damit ein Konsens zwischen dem Programmierer dieser
71
Funktion und dem Entwickler herrscht, der sie verwenden will. Dazu zählen
besonders die Gestaltung der Input- und Outputvariablen sowie teilweise auch die
Berechnungsvorschrift der Funktion. Ein weiterer Schritt könnte die Nutzung dieser
Funktionalität auch projektintern über Web Services sein. Damit könnten die
Schnittstellen der Kernfunktionalitäten standardisiert mittels WSDL dokumentiert und
in einem Projekt-UDDI-Verzeichnis zentral verwaltet werden.
4.5.2 Fähigkeit zur Interoperabilität und Integration heterogener, verteilter
Komponenten auf unterschiedlichen Plattformen
Neben der mangelnden Wiederverwendbarkeit der Funktionalität in den
Komponenten des eigentlichen Systems resultiert daraus auch, dass diese
Funktionalität nicht in anderen externen Komponenten wiederverwendet werden
kann. Damit überhaupt Funktionalitäten in externen Anwendungen mittels der Web
Service Technologie genutzt werden können, muss auch hierfür die Funktionalität
zuerst einmal als solche gekapselt sein. Sind nun Kernfunktionen im System
gekapselt, können diese für beliebige andere Anwendungen über eine SOAP-
Schnittstelle als Web Services angeboten werden. Dazu zählen z.B. die Excel-
Anwendungen, die ebenfalls am Lehrstuhl entwickelt werden. Denkbar wäre auch,
Funktionalität anderen Programmen anzubieten, die im Umfeld der Persönlichen
Finanzplanung entwickelt werden, z.B. einer Steuersoftware. Da Microsoft Excel am
Lehrstuhl ebenfalls für Anwendungen im Bereich der Persönlichen Finanzplanung
eingesetzt wird, liegt der Fokus im Weiteren auf der möglichen Verwendbarkeit von
Kernfunktionen in Excel-Sheets.
Besonders bei der Datenerfassung eignet sich Excel unter dem Aspekt
Benutzerschnittstellen zur Verwendung in der Persönlichen Finanzplanung. Excel ist
verbreitet im Einsatz, womit eine hohe Benutzerakzeptanz erreicht wird. Zum
Beispiel könnte man die persönlichen Daten des Mandanten über eine Excel-Tabelle
erfassen und danach in das webbasierte Decision Support System FiXplan über einen
Web Service übernehmen lassen. Auch die Nutzung einer anderen Funktionalität des
FiXplan-Systems aus Excel heraus kann im Einzelfall sinnvoll sein.
4.5.3 Erstellung neuer Prozesse durch Zusammenschaltung existierender
Services
In einem nächsten Schritt könnten die unter dem Stichwort „Programming in the
Large“ bekannten weiterführenden Technologien eingesetzt werden, um aus den
bestehenden Kernfunktionen und eventuellen externen Services mithilfe der Web
Service Technologien neue Prozesse zu erstellen (Komponentenbasierte
Entwicklung). Um dieses fortgeschrittene Potential nutzen zu können, benötigt man
neben der Web Service Infrastruktur auch entsprechende Programmierwerkzeuge und
Standards. Wie bereits angesprochen sind in diesem Bereich Standardisierungen noch
nicht abgeschlossen, so dass die zukünftigen Entwicklungen abgewartet werden
sollten, bevor konkrete Einsatzpotentiale identifiziert werden.
72
4.6 Systemarchitektur von FiXplan
Abbildung 11 (vgl. [BS05] und [Fow97, S. 242]) zeigt die allgemeine Architektur des
Prototyps FiXplan und den Datenfluss zwischen den Benutzerschnittstellen (Clients),
der Anwendungsschicht (Server) und den Quellen (Sources).
Visual (Pen ON
—fase Co Services _—
EXCEL SOAP/HTTP Toolbox
External
Web Sites
WEB BROWSER| | SOAP/HTTP
Java
Financial
Applications
FiXplan PP
Main System
WEB BROWSER mdi
_—
saL
—
Database
Server
Abb. 11. Drei-Schichten-Architektur von FiXplan
Als weitere Datenquellen des FiXplan-Systems dienen dabei beliebige Finanz-
Applikationen, die standardisiert mittels SOAP angesprochen werden können. Der
Nachrichtenaustausch findet über das Transportprotokoll HTTP statt, wobei die
Verbindung mittels SSL gesichert wird. Weitere Datenquellen können zusätzliche
Informationen sein, die über externe Webseiten eingelesen werden. Dazu zählen z.B.
die bereits von Yahoo genutzten Kursinformationen, die über einen HTTP-Aufruf
eingelesen werden.
Die konkrete Funktionalität des FiXplan-Systems wird in den Kernfunktionen
gekapselt. Diese können dann weiterhin in der eigentlichen Benutzerschnittstelle
verwendet werden, auf die der Anwender bei der webbasierten Kommunikation mit
dem System über Web Browser zugreift. Zusätzlich wird die Funktionalität als Web
Service standardisiert zur Verfügung gestellt. So können neben Microsoft Excel auch
andere Web Service-fähige Applikationen über die SOAP-Schnittstelle des FiXplan-
Systems die in PHP programmierte Funktionalität nutzen. Auch hierzu wird das
Transportprotokoll HTTP und bei sicherheitskritischen Anwendungen zum Schutz der
persónlichen Daten vor dem Zugnff unbefugter Dritter auch noch SSL eingesetzt.
73
Verwendet man die eingeführten SOA-Rollen zur Klassifikation der in der
erweiterten Architektur enthaltenen Module, erhält man die Service-Orientierte Sicht
auf das FiXplan-Tool, die in Abbildung 12 dargestellt ist.
/ Web Service Provider 3 Web Service Consumer
f FiXplan System \
Web Service Consumers
Excel-Clients
Web Service Providers
Tr es Girodienst der
Banken
—* Kern-
SOAP- :
Funktionen
Schnittstelle
(=
Abb. 12. Service-orientierte Sicht auf FiXplan
Applikationen |_
Versicherungen
i
Das FiXplan-System selbst ist also zunächst ein , Web Service Consumer“ von
externen Finanzapplikationen wie dem Girodienst von Banken oder dem Angebot von
Versicherungen. Diese Zugriffe werden von den Kernfunktionen gewährleistet.
Daneben kônnen die Kernfunktionen selbst wiederum als Web Service für externe
Anwendungen zur Verfügung gestellt werden. Dazu werden sie mittels einer SOAP-
Schnittstelle für beliebige andere „Web Service Consumers“ zugänglich, für die das
FiXplan-System damit also auch als „Web Service Provider“ auftritt
5 Zusammenfassung
Eine wesentliche Aufgabe der Wirtschaftsinformatik besteht darin, die Frage zu
beantworten, wie mit Hilfe von Konzepten aus der Informatik gegebene (betriebs) -
wirtschaftliche Probleme beschrieben und in gewissem Sinne besser als ohne Einsatz
dieser Konzepte gelöst werden können. Das vorgestellte Referenzmodell für
Persönliche Finanzplanung beschreibt zum einen auf fachlicher Ebene (Analysebene)
das betriebswirtschaftliche Problem der Persönlichen Finanzplanung. Zum anderen
wird darüber hinaus auf IT-Ebene eine Architektur vorgestellt, die es erlaubt,
Konzepte aus der Informatik zu benutzen, um dieses Problem der Persönlichen
Finanzplanung besser als vorher zu lösen. Besser muss quantifiziert werden.
Offensichtlich erreicht man durch den IT-Einsatz an vielen Stellen eine „schnellere“
und dadurch „kostengünstiger“ durchzuführende Finanzplanung. Beispiele sind
Zinsberechnungen, Datenerfassung (teilweise automatisiert). Auf der anderen Seite
spart man durch den Einsatz einer Service-orientierten Architektur auch
Entwicklungskosten, da zB. die Tools zur Persönlichen Finanzplanung
74
applikationsunabhängig benutzt werden können und so nicht für jede Applikation ein
extra Programm geschrieben werden muss. In einigen Fällen wird aber auch eine
vernünftige Finanzplanung durch den IT-Einsatz beispielsweise erst möglich. Zur
Evaluierung dient der Prototyp FiXplan - IT-gestützte Persönliche Finanzplanung.
Die Evaluierung bezüglich der Verwendung externer Web Services hat dabei im
wesentlichen folgende Resultate ergeben: Die Kommunikation zwischen allen im
Rahmen der Entwicklung von FiXplan angedachten Diensten kann über ein einfaches
Request-Response-Modell ablaufen, d.h sie ist bereits ohne weiterführende Web
Service Standards wie BPEL4WS oder WSSecurity technisch realisierbar. Der
benötigte Web Service der Bank oder der Versicherung kann direkt angesprochen
werden, sofern innerhalb des FiXplan-Tools die Adresse des Services bekannt ist
bzw. bekannt gemacht wird.
Die Abfragen von persönlichen Daten wie Kontoinformationen könnten ebenfalls
mit Standardtechniken zur Sicherung der Applikationsebene (SSL und
Authentifizierung) ausreichend gesichert werden, wenn man das traditionelle Online-
Banking als Maßstab nimmt. Viele der nachgefragten Informationen sind bei den
Finanzdienstleistern schon elektronisch aufbereitet vorhanden, trotzdem bleibt es
abzuwarten, in wieweit in der Zukunft ein Angebot an solchen
maschinenverstehbaren Services entsteht. Einige der angesprochenen Dienste können
über sicherheitstechnisch unkritische öffentliche Web Services erbracht werden. Der
Bezug aktueller Kursdaten von Aktien usw. erfolgt zurzeit im FiXplan-Tool über den
Dienst von Yahoo, basiert dabei aber nicht auf den grundlegenden Web Service
Technologien SOAP und XML. Ein Umsteigen auf ein technisch standardisiertes
Angebot erscheint nur sinnvoll, wenn damit ein Mehrwert verbunden wäre, der sich
aus der Qualität der bereitgestellten Informationen ergibt.
Bezüglich der internen Verwendung von Web Services konnten folgende
Nutzenpotentiale erschlossen werden:
e Wiederverwendbarkeit einzelner Komponenten und Flexibilität beim Design
neuer Software und neuer Komponenten.
e Fähigkeit zur Interoperabilität und Integration heterogener, verteilter
Komponenten auf unterschiedlichen Plattformen.
e Erstellung neuer Prozesse durch Zusammenschaltung existierender Services
(Komponentenbasierte Entwicklung).
Weitere Forschungsmöglichkeiten bestehen darin, über eine reine
Zulässigkeitsprüfung hinaus konkrete Maßnahmen abzuleiten, mit deren Hilfe
Zulässigkeit erreicht werden kann. Schließlich könnte es auch Aufgabe des IT-
Systems sein, bezüglich bestimmter Kriterien optimale Maßnahmen zu berechnen.
Hierzu könnten sowohl klassische Modelle der mathmatischen Programmierung als
auch Fuzzy-Modelle angewendet werden. Während in klassischen Modellen vage
Daten modelliert werden mit Hilfe von Durchschnittsdaten, bieten Fuzzy-Modelle die
Möglichkeit, subjektive Vorstellungen des Mandanten oder Finanzplaners exakt so
präzise zu erfassen, wie diese in der Lage sind, ihre Vorstellungen zu beschreiben.
75
Daher könnte mit Hilfe von Fuzzy-Modellen das Risiko, ein falsches Modell der
Realität zu erstellen und daher zu Lösungen zu kommen, welche nicht das reale
Problem abbilden, reduziert werden.
Literatur
[BK00] Bieg, H., Kußmaul, H., /nvestitions- und Finanzierungsmanagement, Vahlen,
München, 2000
[BK04] Braun, O., Kramer, S., Vergleichende Untersuchung von Tools zur privaten
Finanzplanung, in: S. Geberl, S. Weinmann, D.F. Wiesner (Eds.), Impulse der
Wirtschaftsinformatik - 5. Liechtensteinisches Wirtschaftsinformatik-Symposium, Physica,
Heidelberg, 119-133, 2004
[Bra04] Braun, O., Skript zur Vorlesung Finanz-Informationssysteme, Universität des
Saarlandes, WS 2004/2005
[BS04] Braun, O., Schmidt, G., FiXplan - A Value Web for Computer Aided Personal Finance,
in: Hans Róck (Ed.), Perspectives in Business Informatics Research - Proceedings of the
BIR-2004 Conference, Shaker, Aachen, 47-56, 2004
[BS05] Braun, O., Schmidt, G., 4 service oriented architecture for personal financial planning,
in: M. Khosrow-Pour (Ed.), Managing modern organizations with information technology,
Proceedings of the 2005 IRMA International Conference, Idea Group Inc., 1032-1034,
2005
[DJMZ05] Dostal, W., Jeckle, M., Melzer, L, Zengler, B., Service-orientierten Architekturen
mit Web Services, Elsevier Spektrum Akademischer Verlag, 2005
[Fow97] Fowler, M., Analysis Patterns: Reusable Object Models, Addison-Wesley, 1997
[ISO04] International Organization for Standardization, /SO/DIS 22 222 of the Technical
Committee ISO/TC 222, Personal financial planning, 2004
[Sch05] Schmidt, G., Persónliche Finanzplanung: Modelle und Methoden des Financial
Planning, Springer, 2005
76
Erfolgreiche Technologiestrategien beim Vertrieb im
Privatkundengeschäft: Relationship Management
Automation
Wolfgang Clauss
Agentes AG
Räpplenstraße 17
70191 Stuttgart
www.agentes.de
Clauss Wolfgang
Wolfgang Clauss ist Mitglied des Vorstandes und
Mitbegründer der agentes AG. Er verantwortet die
Bereiche Leistungserstellung, Innovation &
Research und die Produktentwicklung. Die agentes
AG mit Sitz in Stuttgart (D) ist ein Soft-
wareentwicklungsunternehmen und Produktanbieter
für Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche.
Vor seiner Tätigkeit bei der agentes AG war er bei
der FIDUCIA IT AG für die Entwicklung und
Wartung von Bankverfahren zuständig und betreute
Softwarearchitekturen und Entwicklungsprozesse
von mehreren Bankverfahren. Herr Clauss hatte
nach seinem Studium der Informatik und
Betriebswirtschaftslehre an der Universität Stuttgart
und Forschungstätigkeiten in Fraunhofer-Instituten
mehrere Geschäftsführungspositionen inne.
77
Abstract. Die Durchführung von Kampagnen zählt heute zu den
Standardaktivitäten im Customer Relationship Management. Die
kanalübergreifende und personalisierte Kampagnensteuerung ist jedoch in der
Praxis vieler Banken bislang kaum anzutreffen. In diesem Beitrag wird ein
Ansatz zur weitgehend automatisierten Kundenkommunikation vorgestellt. Die
Disziplin Relationship Management Automation begründet damit ein noch
relativ neues Teilgebiet im collaborativen/kommunikativen CRM. Der
vorgestellte Ansatz umfasst den Kampagnenentwurf, die Durchführung solcher
Kampagnen und eine Architektur für eine Kampagnensteuerung.
1 Einleitung
Für Banken ist die Verfügbarkeit eines effizienten CRM essentiell. Die zunehmende
Produktvielfalt und Anzahl an Kommunikationskanálen, ungebrochene Trends zu
Mehrbankverbindungen und das sich schneller ándernde Kundenverhalten erzeugen
eine wachsende Komplexitüt im Management der individuellen Kundenbeziehung.
Die Möglichkeit, über Kampagnen Kunden anzusprechen, gehört zu den
Grundbestandteilen eines CRM-Systems. Kampagnen definieren sich üblicherweise
durch ein inhaltliches Ziel, eine Reihe von Aktivitäten, um dieses Ziel zu erreichen
und eine Kundengruppe, die mit diesem Ziel angesprochen werden. Die
Kommunikation mit Kunden erfolgt in den dem jeweils
Kommunikationsverantwortlichen zur Verfügung stehenden Kommunikationskanäle.
Diese Aufgabe kann als Kommunikationsdesign bezeichnet werden, es geht kurz
darum, den richtigen Inhalt zur richtigen Zeit auf dem richtigen Kanal zum Kunde zu
bringen.
Heutige Implementierungen von CRM in Banken haben hier oft noch großen
Nachholbedarf, teils auf technischer, teils auf organisatorischer Seite [Reichold2004].
Klassische Arten der filial- und beratergestützten Kundenkommunikation wurden
bereits vielerorts erweitert um Ansätze zur multikanalorientierte Kundenansprache.
Die zielgerichtete und personalisierte Kundenansprache ist ein Teilgebiet des
„Collaborative CRM“ [Geib2005] und basiert auf Daten aus Core-bank-Systemen,
CRM-Prozessen und einer geeignete Nutzung von Kanälen.
Neben quantitativen Effekten wie direkten Kaufanreizen zum richtigen Zeitpunkt
stehen beim CRM in Banken auch qualitative Effekte im Vordergrund [Krupp2005].
Hiermit soll die Kundenbindung an die Bank sichergestellt werden. Eine genaue
Kenntnis des Kundenverhaltens und eine darauf aufbauende Kundenansprache bietet
langfristig eine gute Basis für die Gestaltung von Kundenbindungsprogrammen in
Banken. Die Erweiterung von Kundenkreisen im Privatkundenumfeld heute —
aufgrund der Marktgegebenheiten mit hohen Kosten verbunden und nur rentabel,
wenn Neukunden Banken langfristig Erträge einbringen. In bestehenden lassen sich
die Erträge auf Grundlage von Profilanalysen durch Möglichkeiten des Cross-Selling
78
in der Beratung steigern. Für beide Kundentypen, Bestands- und Neukunden, ist eine
gute Kommunikationsbeziehung sicherzustellen.
| Daten | | CRM-Prozesse | Kanäle
C € > Vertiebsmanagement Filiale
7 Briefpost
Core Bank: . Aktivitátenmanagement Fax
Kunden, Profildaten —
Produkte Fronteoffice Email
SB
— Telefon
-—E£:— —
Data J SB-Verfahren
Warehouse «— Call-Center |
Marts Contact Management SMS
Abb. 1. Organisation- und Technikkomponenten im Multikanal-CRM bei Banken
Für die Gestaltung eines guten Beziehungsmanagements sind Anforderungen zu
berücksichtigen, die zunächst in Teilen gegensätzlich erscheinen:
Eine kundenindividuelle Beziehungspflege unter Nutzung eines Kundenprofils ist
erforderlich, aber bei großen Kampagnen aufgrund von aufwendigen Einzelaktivitäten
bei großen Zielgruppen nur zeitlich und finanziell aufwendig durchführbar.
Berater bei in der Fläche agierenden Banken mit Filialnetz scheinen bei der
Beziehungspflege in einer begünstigten Rolle, da die physische Nähe zu Kunden
besteht. Eine Betreuung mit dem Ziel, Kundenprofile zur Optimierung des
Beziehungsmanagement zu nutzen, scheitert aber daran, dass dieses für eine Vielzahl
zugeordneter Kunden nicht mit gleicher Qualität und Intensität möglich ist.
Vertriebschancen sind zeitnah zu dem Entstehen von Vertriebsimpulsen zu nutzen.
Die Planbarkeit von externen Vertriebsimpulsen (z.B. aus dem Kundenumfeld) ist
aber nur bedingt gegeben. In der Praxis erfolgt bestenfalls eine Priorisierung auf
ertragsträchtige Vertriebsimpulse.
Multikanalansätze sind vielerorts bereits realisiert. Eine kundenindividuelle
Betreuung von Kunden über mehrere Kanäle hinweg ist bislang trotzdem nur in
Ansätzen realisiert. Zudem erlaubt die mögliche Adressdefinition in vielen
Banksystemen sowie die tatsächlich gepflegte Adressqualität in Banken nur in den
seltensten Fällen eine Ausschöpfung aller Kanäle zum Kunden.
Viele Vertriebskanäle, deren Nutzung personalisiert erfolgen könnte, sind bislang
nicht hierauf vorbereitet. So werden Informationen über SB-Terminals oder e-
Banking nur in wenigen Fällen personalisiert für Marketingzwecke und Kampagnen
angeboten.
Die optimale Beziehungspflege einer Bank mit seinen Kunden erzwingt ein
intensives Kontaktmanagement — jeweils initiiert durch Kontakte, die vom Kunden
ausgehen (Pull-Prinzip) und für die eine Service-Organisation vorgehalten wird (Call-
Center, Filiale, Website, SB-Welt, etc.) oder durch Kontakte, die von der Bank
ausgehen (Push-Prinzip). Eine Vielzahl von Vertriebsimpulsen aus der Bank-Kunde-
Beziehung stehen als Anlass zur Verfügung, beispielsweise können Impulse aus
79
einzelvertraglichen Kundendaten (z.B. Geburtstage) oder aus Produktdaten (z.B.
Ratenfälligkeiten, Laufzeitenden, Zinsanpassungen) abgeleitet werden können.
Eine effektive Kundenansprache hat also grundsätzlich personalisiert zu erfolgen.
Wenn eine große Zahl von Kunden angesprochen werden soll so ist dieses nach
Möglichkeit zu automatisieren — eine persönliche Ansprache verbietet sich bei vielen
Kunden aufgrund des zu erzielenden Deckungsbeitrags oder ist bei vielen Anlässen,
gemessen an der zu erzielenden Abschlussquote, zu aufwendig und zu teuer.
Eine Methode, um Kunden automatisiert anzusprechen, wird im Folgenden
dargestellt. Sie umfasst fünf Schwerpunkte:
Herstellung/Sicherstellung der Qualität von Kundenprofilen
Selektion/Festlegung der Kommunikationsanlässe
Kampagnen-Design
Operative Durchführung der automatisierten Kundenansprache
Steuerung der Kunden Feedbacks
Die Methode der Relationship Management Automation beschreibt eine
Möglichkeit zur Automatisierung der personalisierten Kundenansprache mit der
Zielsetzung der Kundenbindung oder Vertriebssteigerung.
2 Herstellung und Sicherstellung der Qualität von
Kundenprofilen
Eine zentrale Voraussetzung für die Einführung von CRM-Systemen sind
konsolidierte Kundendaten [Badger2005]. In Core-Bank-Systemen befinden sich
Kundendaten nach wie vor in zahlreichen operationalen Datenbanken. Anforderungen
an Kundendaten werden in solchen Systemen üblicherweise additiv realisiert. In
Betrieb befindliche und getestete Systeme werden durch neue Anforderungen ergänzt,
selten aber im Kern neu strukturiert. Eine Konsolidierung von Kundendaten wird
üblicherweise mit dem Aufbau eines Date Warehouses verbunden. Es wird dabei das
Prinzip verfolgt, in neuen Datenbanken bestehende Datenbestände so aufzubereiten,
dass diese zu umfassenden Datenbeständen unter neuen Ordnungskriterien
zusammengeführt werden und auf den operativen Datenbestand referenzieren. Die
redundanten Datenbestände bilden dann neue konsolidierte Datenbestände auf der
CRM-Systeme aufsetzen können. Zu den grundlegenden Konsolidierungstechniken
beim Aufbau von Data Warehouses zählen die Entfernung von doppelten Datensätzen
(Deduplication), das Korrigieren von Datenfehlern und Zusammenführung von
Datenbeständen (Data Cleansing) sowie Aggregationen und Normalisierungen
[METAGROUP2000].
Liegen Kundendaten in einer konsolidierten Form vor, kann mit dem Aufbau von
Kundenprofilen begonnen werden. Kundenprofile sind erweiterte Kundendaten und
enthalten alle in Bezug auf eine effektive Kundenansprache notwendige
Informationen:
e (Virtuelle) Adressen des Kunden in den betrachteten Kanälen
80
e Kontaktpráferenzen: Kundenwunsch über das Kontaktverhalten der Bank
e Kundenverhalten: Tatsächliches Kontaktverhalten des Kunden, z.B.
Kontakthistorien, Kontaktstatistiken
e Ergänzende Informationen zum Kunden und dessen Kontaktverhalten
Bei diesen Kontaktdaten ist darauf zu achten, dass eine hohe Datenqualitát erreicht
und sichergestellt wird. Für extern initiierte Änderungen von Adressen oder
Kontaktpräferenzen sind effiziente Pflegemechanismen vorzusehen. Hierzu eignen
sich Kundenportale mit einer Profil-Selbstpflege dieser Daten,
Datenqualitätssteigerungsinitiativen oder entsprechende -managementprozesse.
Über kanalspezifische Angaben bezüglich technischer Beschaffenheit des Kanals,
zeitlicher Erreichbarkeit, Inhaltsangaben oder anderer Merkmale werden solche
Präferenzen festgelegt (vgl. Abb. 2).
Technische Nutz ungs- Informations-
Adresse Beschaffenheit verhalten Präferenz
Max. Push? Lese- Mit- NP- Prod.
Email Size Blackb? Freq. leser Info Events Entsch.
Email 1 privat ...@... 1MB nein 1 / Woche nein nein ja ja
Email 2 privat SQ... 1MB nein 1 / Monat nein nein nein nein
Email 3 privat ...@... 200B ja 1/ Tag nein nein ja ja
Email 1 geschäftlich ...@... 10 MB nein 1/Tag ja ja ja nein
Email 2 gescháftlich -
Email 3 gescháftlich -
SMS- MMS Sprech- NP- Prod.
Mobiltelefon fähig? fähig? On Air? freihht.? Info Events Entsch.
Handy 1 privat 0172/... ja nein immer ja nein ja ja
Handy 2 privat 0161/... ja nein im Auto ja nein nein nein
Handy geschäftliches 0173/... ja ja 9-16 Uhr nein nein ja ja
Fax Color?
Fax privat 0711/...
Fax gescháftlich 0711/...
SMS-
Telefon fáhig Zeiten
Telefon privat 0711/... abends
Telefon Geschäft 0711/... tagsüber
Abb.2. Beispielaufbau einer Kanalmatrix
Mit Kenntnis dieser Kontaktdaten und Kommunikationspráferenzen sind Banken
dann in der Lage, die Kundenkommunikation so zu gestalten, dass bei Kunden die
Kommunikationsaktivitáüten nicht als unangenehm empfunden werden.
3 Selektion der Kommunikationsanlässe
Im analytischen CRM existieren zahlreiche Verfahren, Kundengruppen nach
bestimmten Kriterien hinsichtlich einer gemeinsamen Ansprache aus dem
Gesamtbestand aller Kunden zu selektieren. Im hier vorgestellten Ansatz wird auf
bestehenden analytischen CRM-Verfahren aufgesetzt und die bei einer Analyse
81
ermittelten Kunden in Bezug auf den Anlass der Selektion als Eingangparameter
betrachtet. Diese Eingangsparameter werden als Anlassdaten (Facts) definiert. Sie
bestehen aus folgenden Angaben:
Kundenreferenz: Welcher Kunde soll angesprochen werden?
Anspracheanlass: Aus welchem Grund wird dieser Kunde angesprochen?
Ansprachemaßahmen: Wie wird der Kunde angesprochen?
Parametrisierung: Welche ergänzenden Daten sind erforderlich, damit die
Kommunikation und ggf. ein auf den Anlass bezogener Dialog durchgeführt
werden kann?
Die Anlassdaten enthalten in Verbindung mit dem Kundenprofil alle notwendigen
Informationen zur personalisierten Ansprache. Sie können grundsätzliche automatisch
aus Core-Bank- oder Data-Warehouse-Systemen versorgt (über sog. ETL-Prozesse)
oder manuell als Basis für eine Kampagne spezifiziert werden.
4 Kampagnendesign
Zum Kundenverhalten zàhlt insbesondere die Nutzungsmóglichkeit und Beherrschung
unterschiedlicher Kanále, darunter Mobilkommunikation, Internet, SB-Geráte usw.
mit der Vielzahl ihrer Auspràgungen seitens des Kunden. Das Kundenverhalten 1st
insofern abhängig von der individuellen Nutzung dieser Kanäle und kann sich über
die Zeit ändern. Parallel hierzu ändern sich auch die Präferenzen im Umgang mit
diesen Kanälen (s.0.). Zudem muss ein vom Kunden beherrschter Kanal nicht der
Kanal sein, auf dem er mit seiner Bank kommunizieren will. Folglich sind beim
Entwurf von Kampagnen also differenzierte Kanalstrategien erforderlich, die die
Kommunikationsfähigkeiten und —priferenzen des jeweils angesprochenen Kunden
individuell beriicksichtigen. Im Kampagnendesign sind fiir jede fiir den Kunden
bestimmte Nachrichten die Dimensionen Kanal, Inhalt und Kontext und Zeitpunkt zur
berücksichtigen (vgl. Abb. 3). Für den Fall, dass diese Präferenzen nicht ausreichend
berücksichtigt werden, kann beim Kunden ein Gefühl der Informationsüberflutung,
ein Aufmerksamkeitsdefizit beim Empfang der Nachricht entstehen oder gar eine
Abwehrreaktion auf einen Kontaktversuch seiner Bank entstehen.
Der Dimension des Kanals fällt dabei eine besondere Rolle zu. Sie ist von der
allgemeinen Verfügbarkeit von Technologien, der technischen Ausstattung einen
einzelnen Kunden und der Nutzungspräferenz abhängig. Folgende Eigenschaften von
Kanälen sind bei der Kanalwahl zu berücksichtigen:
e Die Kanalgeschwindigkeit definiert die Laufzeit einer Nachricht von Sender
bis zum Empfänger
e Die Kanalbandbreite hat Einfluss auf die Medientypen und die
Nachrichtengröße im technischen Sinne
e Die Kanalkosten (ggf. auch beim Kunden entstehende Kanalkosten) sind
abhängig von Kanal und Aufenthaltsort des Kunden (z.B. werden Roaming-
82
Kosten von Kunden im Mobilfunk üblicherweise selber getragen, nicht vom
Anrufer).
Die Ausprägung der Fähigkeit, auf dem Kanal Antworten geben zu können
(bei Emails ist eine einfache Reply-Möglichkeit gegeben, im Gegensatz dazu
ist bei Briefen eine kanalgleiche Antwort lediglich per aufwendigem
Rückbrief möglich). Die Antwort-Fähigkeit eines Kanals ist darüber hinaus
noch zu differenzieren in dem Maß, wie eine Zuordnungsfähigkeit zur
gesendeten Nachricht besteht.
Die Authentifizierbarkeit des Kunden ist je nach Kanal unterschiedlich stark
ausgeprägt. Lassen einige Kanäle eine Signatur zu, die als im Bankenkontext
ausreichend bezeichnet werden kann, so lassen andere Kanäle keine
(technisch überprüf-/verwertbare) Absendererkennung zu.
Kanal
Inhalt und Kontext Zeitpunkt
Abb.3.Dimensionen der Kundenansprache beim Kampagnen- und
Nachrichtendesign
Heute steht eine Vielzahl von Kommunikationskanile zur Verfiigung und können
von Banken genutzt werden:
persönliche Betreuung durch den Berater
Postweg
Fax-Versand
Telefonie (Festnetztelefonie; privat / geschäftlich)
Email (mit und ohne Verschlüsselung)
Mobilfunk, SMS, MMS (via Mobilfunk-Service Provider-Schnittstelle)
Text, XML, HTML/CSS zur Integration in bestehende Anwendungen (z.B.
e-Banking, Beratungsfrontends)
Selbstbedienungswelt, bestehend aus Geldausgabeautomaten,
Kontoauszugsdruckern, Kontoserviceterminals, etc.
83
Im Kontext einer Kundenansprache bestimmen jedoch nicht ausschließlich diese
Eigenschaften die Kanalwahl. Damit Kunden auf den jeweils bestmöglichen Kanälen
angesprochen werden, sind auch die Dimensionen Inhalt und Kontext sowie Zeitpunkt
entscheidend. Eine Nachricht an den Kunden folgt immer einer bestimmten Intention
seitens der Bank. Diese Dimensionen beschreiben den Nachrichteninhalt bzw. den
Ausschnitt davon, der an Kunden gesendet werden soll in Bezug auf den gesamten
Kommunikationsprozess. So kann eine Ankündigung sinnvoll sein, um eine
Erwartungshaltung zu erzeugen. Nachrichten können aus Sicherheitsgründen in
Teilen übertragen werden. Schlüssel sollten Kunden getrennt von damit
verschlüsselten ^ Nachrichten erreichen. Erinnerungen sind eine weitere
kontextbezogene Nachricht, die anlassbezogen die Nachrichtenfolge sinnvoll
ergänzen können.
Alle drei Dimensionen sind beim Nachrichtendesign im einzelnen und beim
Kampagnendesign in der Summe aufeinander abzustimmen. Auf diese Art und Weise
kann eine wirksame und vom Kunden als angenehm empfundene Kommunikation
gestaltet werden. Das ist wiederum Voraussetzung dafür, dass eine Interaktion
ermöglicht wird. Aus der Kommunikationswissenschaft ist bekannt [Prürer2001], dass
das Interaktivitätspotenzial aus Sicht der Kunden ansteigt, wenn
e das Kommunikationsziel eher auf Informationsaustausch als auf
Überzeugung abzielt,
e Kunden glauben, die Kommunikationssituation kontrollieren zu können
e Kunden eine aktive Rolle für erforderlich halten, um aus der Kommunikation
zu profitieren
e alle Kommunikationsteilnehmer die Gelegenheit haben, Mitteilungen zu
initiieren und auf anderen Kanäle zu reagieren,
e das Timing der Kommunikation flexibel (asynchron) ist und auf die
Zeitplanung der Kommunikationsteilnehmer eingehen kann
e. die Kommunikationssituation das Gefühl eines gemeinsamen Ortes
Da die Kommunikation immer auf den Dialog und damit einer Interaktion mit dem
Kunden abzielt, sind diese Anforderungen im Kampagnendesign zu berücksichtigen.
Kampagnen müssen sich am Feedback, d.h. an der erzeugten Dialogintensitàt messen
lassen. Diese Anforderungen an das Kommunikations- und Kampagnendesign sind
neue Anforderungen an Marketing- und Vertriebsorganisationen in Banken dar. Hier
kann die Rolle eines Kommunikationsexperten in Banken Abhilfe schaffen und
gestalterisch den Kommunikationsprozess begleiten.
5 Operative Durchführung der automatisierten
Kundenansprache
Zahlreiche Kanäle, die zur Kommunikation mit Kunden genutzt werden können,
basieren auf elektronischen Medien. Bei solchen „e-Kanälen“ sinken
Übermittlungskosten im Vergleich zur beratergestützten oder papierhaften
Kommunikation erheblich. Sie erlauben zudem, dass Kampagnen in kurzer Zeit mit
84
einer großen Zielgruppe kostengünstig und personalisiert durchgeführt werden
können.
Die Durchführung von kundenindividuellen Kommunikationsprozessen über
mehrere Kommunikationskanäle hinweg ist eine junge Disziplin des CRM und wird
hier als Relationship Management Automation (RMA) bezeichnet. Mittels RMA
können Kommunikationsprozesse über eine beliebige Anzahl von Schritten
(Kommunikationsaktivitäten) definiert und auf Zielgruppen oder Vertriebsimpulse
angewendet werden.
RMA definiert damit eine neue Generation des CRM und löst die oben skizzierten
Gegensätze auf. Waren in der zweiten Generation zwar bereits einfache Kampagnen
in CRM-Systemen Standard, so können in der dritten Generation Kampagnen nun
profilspezifisch, kanalübergreifend, dialogorientiert und automatisiert durchgeführt
werden (vgl. Abb. 4). Diesem neuen Kampagnentyp liegen jeweils Vertriebsimpulse
bzw. Anlässe zugrunde sowie darauf abgestimmte Prozessmuster, die auf diese
anzuwenden sind. Damit werden kundenindividuelle Ausprägungen von
Vertriebsprozessen generiert, die Kundenprofile explizit und im Einzelfall
berücksichtigen können.
A N EN
à ne 7
1.CRM Y Berater haben persönlichen Kontakt zum Kunden
Basis sind elementare Adressdaten
Generation Core Bank
System
0 ©
g arl BE
2.CRM E Berater führen Kampagnen kanalspezifisch durch.
Generation Kundendaten liegen in eigenen Datenbestánden
Core Bank vor (Data Warehouse, Data Marts)
System +
DWH/DM
© ©
Be) 6É@/CE
3.CRM EJ EJ 0 Kundenindivduelle Ansprache. Kanàle werden pro
Generation Kunde koodiniert. Kunde kann Dialog
Core Bank d beeinflussen. Berater überwacht Kommunikation
System * :
DWH/DM
Abb.4. CRM-Generationen im Überblick
6 Kunden werden aktiv und kanalübergreifend angesprochen
Die Kommunikation mit dem Kunden im RMA durchläuft verschiedene
Prozessphasen (vgl. Abb. 5). Zunáchst wird der Kunde dabei über mehrere Kanäle
85
angesprochen werden. Diese Push-Phase soll den Kunden entweder direkt informieren
oder signalisieren, dass eine Kontaktaufnahme oder ein Feedback seinerseits
erwünscht ist. Da Kunde und Bank bereits vertraglich gebunden sind, ist diese
Kontaktaufnahme auch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht i.a. unproblematisch []. Ob
Kunden tatsächlich an solchen Kontaktaufnahmen interessiert sind, kann per
Selbstpflege im Profil spezifiziert werden. Wenn ein Kunde dann schließlich auf
einem Kanal reagiert, wird auf diesem Kanal die Kommunikation fortgesetzt und in
einen Dialog überführt. Dieser Dialog endet - soweit móglich — fallabschlieBend oder
mündet in einen Kanalwechsel, der zeitgleich oder zeitlich versetzt erfolgen kann. Mit
diesem Kanalwechsel kann ein gegebenenfalls erforderlicher Fallabschluss in einem
abgesicherten Kanal (target channel) erfolgen, so dass die Kanalvielfalt zu Beginn des
Prozesses nicht nur abgesicherte Kanále umfassen muss, sondern alle Kanile
umfassen kann.
Contact Objective
- Committment
Dialog & Transaktion
Information Push
||
e p » -— >
|| ||
| Multi Channels
Single Channel Target Channel
Channelmix
Abb. 5. Prozessphasen im RMA
Der Status über den Dialog mit dem Kunden bleibt über die Prozessphasen hinweg
erhalten. Damit sind Prozessphasen nicht erneut zu durchlaufen, auch wenn eine
vorige Prozessphase im Dialog nicht vollstindig abgeschlossen werden konnte.
Kunden kónnen auf diese Weise von einem Kanal übergreifenden und sich inhaltlich
fortsetzenden Dialog profitieren.
86
7 Eine „Relationship Management Engine“ zur Steuerung von
RMA
Zur systematischen Ergänzung von CRM-Systemen um den RMA-Ansatz ist eine
„Relationship Management Engine“ (RME) erforderlich, um die automatisierten
Kundenkommunikationsprozesse durchzuführen (vgl. hierzu auch [Schimmer2005]).
Mittels RME können Vertriebsimpulse aus unterschiedlichen Teilen von Core-Bank-
oder Data Wahrehouse-Systemen aufgegriffen oder manuell initiiert werden und als
Basis für Relationship Management Prozesse (RM-Prozesse) genutzt werden. RM-
Prozesse bestehen aus einer beliebigen Zahl von Kommunikationsaktivitäten und
werden kundenindividuell ausgeführt. Ein RM-Prozess wird immer durch einen
Vertriebsimpuls ausgelöst. Es wird zunächst fachlich definiert, welche
Vertriebsimpulse abgebildet werden sollen. Für jeden Vertriebsimpuls wird dann
festgelegt, wie der zugehörige RM-Prozess aussehen soll. Ein RM-Musterprozess
wird dann als Geschäftsregel modelliert und dann der RME übergeben. Das Herzstück
der RME ist eine Interferenzmaschine (vgl. Abb. 6), die alle vorliegenden
Geschäftsregeln auf die jeweiligen Vertriebsimpulse anwendet und als Ergebnis
kundenindividuelle RM-Prozesse erzeugt. Diese Prozesse nutzen dann eine
Komponente Dialog und Channel-Control, um die Kommunikation mit den Kunden
in den jeweiligen Kanälen durchzuführen.
Business-Logik RME-Technologie
RM-Prozessdefinitionen Geschäftsregeln
Objektselektionen / Anwendung der
Vertriebsimpulse Regeln auf Impulse
Reporting RM-Prozesse
Dialog- und Channel — Control
Abb.6. RME Architektur und Komponenten
Der RMA-Regelkreis ist damit, wie Abb. 6 dargestellt, geschlossen: Die Vorgaben
der RM-Prozesse werden auf die Vertriebsimpulse angewendet. Die RM-Prozesse
werden ihrerseits im Dialog mit den Kunden bearbeitet und über die Berichts- und
Feedbackmechanismen zurückgeführt. Der zuständige Berater verfügt somit stets über
87
ein genaues Bild der Prozessstati der ihm zugeordneten Kunden und kann bei Bedarf
in Einzelprozesse oder die RM-Prozessdefinitionen eingreifen.
8 Kampagnendesign und Kundenansprache in der Praxis
Die Modellierung von RM-Prozessen folgt den jeweiligen Kundenbindungsstrategien.
So ist in der RME festzulegen, für welche Vertriebsimpulse wie zu reagieren ist, d.h.
welche RM-Prozesse auf Vertnebsimpulse anzuwenden sind. Fine solche
Prozessdefinition. kann. mehrere Aktivititen - nacheinander oder parallelisiert --
umfassen, auf Vertriebskanäle Bezug nehmen, dynamische Dialoge generieren oder
entsprechende Alerts oder Berichtselemente definieren. Ein Alert ist eine
Rückmeldung aus einem Dialog, über den der entsprechende Kundenberater
unverzüglich zu informieren ist.
Nachfolgend werden einige Beispiele für Vertriebsimpulse aufgeführt:
Überschreitung von vereinbarten Schwellwerten
Ablauf von Termingeldern / Prolongationen
Zahlungseingang von Großbeträgen auf Konten
Kundengeburtstag / Firmenjubiläum
Abbuchungsankündigung für Darlehensraten
88
Am Beispiel des Vertriebsimpulses ,,Prolongation einer Sparanlage" soll ein RM-
Prozess exemplarisch dargestellt werden. Die Zeitangaben sind relativ zum
Anlassdatum, also dem Ablaufdatum, im Einzelfall zu verstehen.
Prozessschritt - Zeitvorgabe Kommuni- Kommunikationsinhalt Kanal
Finzelaktivitäten kations-
partner
1 -4 Wochen Kunde Ankündigung des e-Banking
Ablaufdatums mit „Banner“,
Handlungsoptionen SB
2 -2 Wochen Kunde Auffrischung mit der Email, SB
Bitte um Rückmeldung
3 -1 Woche Berater Wenn keine Text, in
Rückmeldung, Arbeitsplatz-
Aufforderung Software
nachzufassen! integriert,
SB
4 -2 Tage Berater Erinnerung, ggf. Email, SB
telefonisch
nachzufassen
5 Zeitpunkt Kunde Information über Email, SMS,
des Ablaufdatum HTML 1n e-
Ereignisses Banking, SB
6 Zeitpunkt Berater Information über Email
des Ablaufdatum
Ereignisses
7 +1 Tag Kunde Information wieder HTML in e-
ausblenden Banking, SB
Tabelle 1: Beispielaktivitàten eines RM-Prozesses
Im aufgeführten RM-Prozess, der für einen einzelnen Vertriebsimpuls erstellt und
für jeden betroffenen Kunden einzeln initiiert wird, können elementare
Prozessbeschaffenheiten wie Parallelität von Aktivitüten, Mehrkanal-Aktionen, usw.
nachvollzogen werden. Bei vielen Aktivitäten ist zudem Feedback möglich, sei es
strukturiert in Form einer Auswahl von Handlungsalternativen oder lediglich mit
einem Bezug auf den laufenden RM-Prozess. Mittels Feedback können
kundenindividuell Dialoge entstehen oder RM-Prozesse geändert oder gar vorzeitig
beendet werden, sei es auf Kundenwunsch oder weil ein Dialogende vorzeitig erreicht
wird wie beispielsweise durch Auswahl einer finalen Handlungsalternative.
89
9 Automatische Feedbackbehandlung
Der Einsatz von RMA eröffnet bei der Gestaltung von Kampagnen neue
Dimensionen. Zahlreiche neue Fragen werden im Vertriebs- und Marketingprozess
einer Bank gestellt. Die Kundenansprache kann sehr fein und differenziert gestaltet
werden.
Von welchem Kunde kommt Nachricht?
Hat Nachricht Bezug zu einer RM-Aktivität?
Oder zu einem RM-Prozess/Berater?
Sind Folgeaktivitäten aufzusetzen?
PAD
e e
i
An: Adressat
Inhalt: Nachricht
Abb. 7. Feedback-Management
Der Automatisierungsgrad kann weiter erhóht werden, wenn eine Reaktion des
Kunden auf eine Ansprache erfolgt und nicht zwangsläufig eine manuelle Tätigkeit
erforderlich ist In Abb. 7 wird dargestellt, auf welchem Kanal ein Kunde
naheliegenderweise antwortet, wenn ein bestimmter Ansprachekanal gewählt wird.
Die Kanaleignungsmatrix verdeutlicht erneut die Notwendigkeit, Kundendaten zu
konsolidieren und Kundeansprachen für alle Personen, die in Feedbackprozessen
involviert sind, konsistent zugreifbar zu machen. RM-Prozessstati sind an allen stellen
verfügbar zu machen, an denen eine Feedbackbehandlung erfolgen soll. Kunden
erwarten den gleichen Informationsstand der Bank, unabhängig von der individuellen
Kanalwahl. Unterstützung können hierbei Systeme bieten, die die jeweils relevante
Kontakthistorie und den Prozessstatus zeitgleich mit dem Feedback präsentieren (via
Computer Telephone-Integration, automatischen Email-Attachments, entsprechenden
Verweisen auf RM-Prozess-Informationen o.ä.).
Mittels RMA große Zielgruppen individuell ansprechen und über Dialoge
zielgerichtet bedienen. Gleichzeitig werden die Kampagnenkosten drastisch reduziert,
indem Möglichkeiten elektronischer Kanälen ausgeschöpft werden und in Banken
Freiräume für die personalisierte Betreuung ausgewählter Kunden geschaffen werden.
Durch die Möglichkeit, jederzeit auf individuell gestartete RM-Prozess Einfluss zu
nehmen und diesen auf Wunsch auch abzubrechen bzw. zu modifizieren, wird
90
sichergestellt, dass Kunden die Informationen nicht als aufdringlich oder störend
empfinden und keine weiteren solche Kontaktaufnahmen zulassen.
Mit einer RME als einem Instrument zur automatisierten Kundenkommunikation
kann die Kundenbindung erhöht werden, indem häufiger und qualifiziert mit Kunden
kommuniziert wird und sich Vertriebsimpulse in bank- und kundenseitigem Interesse
besser netzen lassen.
...antwortet der Kunde voraussichtlich auf diesem Kanaltyp
N
N
©
= |e
© | S o S
u © = 3
= D x o
= =|1=|23|0|58|<|E
D a ©
e Él|lE»es|z | |< |
m LL ul FE = 0 o Qo iL
Brief ++ | ++ + ++ | ++ 0 + 0 +
Fax + ++ + ++ | ++ 0 + 0 +
Wenn die Bank Email 9 9 ++ T T 9 tr 9 9
I
; ++ | ++ 0 + 0 0
eine Ansprache Telefon durch MOC 0 0 0
auf diesem Telefon von Berater 0 0 0 ++ | ++ 0 0 0 +
Kanaltyp initiiert... [SMS oO |0 1 0] 0]|+| + [++] 0 | 9
e-Banking ++ | + 0 o ++ | 0 ++ | © 0
GAA 0 0 0 0 + 0 0 ++ +
KAD 0 + 0 0 + 0 0 + +
MOC ... Machine based Qutbound Call
Abb. 8. Feedback-Kanaleignungsmatrix (++...naheliegend, + ..méglich, o..wenig
wahrscheinlich)
91
Literatur
[CB05] Chris Badger,,, Data Quality Best Practices for On Demand
CRM “;http://www.insidescoop.com/ download/ Data_Quality__ Best_Practices.pdf; 2005
[MG05] Geib,M. et. al.; „Architecture for Customer Relationship Management Approaches in
Financial Services “, Institut für Informationsmanagement, Universität Sankt Gallen; 2005;
http://verdi.unisg.ch
[BK05] Bernhard Krupp; ,, Kampagnen- und Marketingautomation in Mengengeschäft der
Sparda-Banken“; in: Erfolgreiche Vertriebsstrategien in Banken; Hrsg.: Detlef Effert et.
al.; 2005
[ES00] METAGROUP, Elizabeth Shahnam; ,, The Customer Relationship Management
Ecosystem ", Delta 724; META Group; 2000
[HPO1] Heinz Priirer; ,, Grundbegriffe der Kommunikationswissenschaft “, UVK
Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz, 2001
[ARLKO04] Reichold,A., Kolbe,L., Brenner, W.; ,, Performance Measurement of CRM in
Financial Services", Institut für Informationsmanagement, Universitàt Sankt Gallen;
2004; http://verdi.unisg.ch
[MS05] Marco Schimmer, ,, Umsetzung einer ereignisorientierten Kundenansprache mit Hilfe
von Push-Konzepten ^, in: Innovationen im Retail-Banking; Hrsg.: Dieter Bartmann,
WILEY-VCH Verlag, 2005
92
Neue Trends im IT-basierten Financial Planning
Personal Financial Planning with Life Charts
Günter Schmidt
Hochschule Liechtenstein
Fürst Franz Josef Weg
9490 Vaduz
www.hochschule.li
Univ.-Prof. Dr. Schmidt Günter
Herr Schmidt war seit 1988 Professor an
mehreren Universitäten in den Bereichen BWL,
Wirtschaftsinformatik sowie Informations- und
Technologie Management. Derzeit ist Herr
Schmidt Mitglied mehrerer Editorial Boards und
Vorstand des Instituts für Informations- und
Kommunikationssysteme an der Universität
Saarbrücken. Als Gastprofessor an der
Hochschule Liechtenstein leitet er das Master
Studium Wirtschaftsinformatik und nimmt
zusätzlich Lehraufträge wahr.
93
Abstract: Life Charts is a new tool for IT-based decision making in personal
financial planning. We introduce the basic components and show how the tool
can be used to help to answer questions related to determining the financial
status, setting up financial goals and supervising financial actions. Moreover
we present an architecture for decision support systems in personal financial
planning based on Life Charts
Keywords: Life Charts, personal financial planning, decision support system
1 Einleitung
Persönliche Finanzplanung bezeichnet einen kontinuierlichen, interaktiven Beratungs-
prozeß für natürliche Personen
zur Erhebung und Analyse ihrer finanziellen Situation,
zum Aufzeigen von Verbesserungsmöglichkeiten,
zur Festlegung von individuellen Maßnahmen zu deren Realisierung und
zur Überwachung der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen [Sch05].
Sie bezieht sich im Kern auf Liquiditätsplanung, Vorsorgeplanung und Planung der
Vermögensentwicklung unter steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen.
Liquiditätsplanung bedeutet, eine Disposition von Zahlungsüberschüssen oder -
defiziten vorzunehmen. Vorsorgeplanung hat das Ziel der Existenzsicherung im
Rahmen der Alters- und Krankheitsvorsorge und unter Berücksichtigung anderer
Lebensrisiken. Vermögensentwicklung bedeutet den strukturierten Aufbau von
Finanz- und Sachvermögen sowie dessen Nutzung. Das Vorgehen der persönlichen
Finanzplanung besteht aus den Phasen Istaufnahme, Sollkonzept, Maßnahmenplanung
und Überwachung.
94
Bei der Istaufnahme erfolgt die Erhebung aller aktuellen relevanten finanziellen
Informationen. Häufig erfolgt mit ihrer Hilfe zunächst eine Betrachtung von
Ausfallvorsorge und Altersvorsorge. Daneben werden Liquidierbarkeit, Rentabilität,
Risiko und Steuerwirksamkeit des Vermögens bestimmt. Konsolidiert werden diese
Informationen in einer
Vermögensbilanz,
Einnahmen-Ausgaben-Rechnung,
Ergebnisrechnung,
Ausfallvorsorgerechnung,
Altersvorsorgerechnung und
Steuerrechnung.
Im Rahmen des Sollkonzepts werden zunächst die Anlageziele und der Risikotyp
des Mandanten bestimmt. Damit werden das Vorsorgekonzept und eine vollständige
Einnahmen-Ausgabenrechnung erstellt. Der finanzielle Zielzustand wird mit Hilfe
einer Vermögensplanbilanz dokumentiert.
Falls eine Umsetzung des Sollkonzepts gewünscht wird, wird die
Mabnahmenplanung durchgeführt Dazu gehört die Auswahl geeigneter
Finanzinstrumente unter den Aspekten Liquidität, Rendite und Risiko sowie
steuerlicher Auswirkungen. Mit ihrer Hilfe wird ein Portfolio gebildet, das, falls
gewünscht, aus Risikosicht zusätzlich abgesichert werden kann. Schließlich müssen
die ausgewählten Finanzinstrumente durch Produkte realisiert und die damit
verbundenen Transaktionen zeitlich festgelegt werden.
Als Ergebnis von Istaufnahme, Sollkonzept und Maßnahmenplanung liegt eine
schriftliche Dokumentation aller getroffenen Analysen, erarbeiteten Konzepte und
gemachten Annahmen vor, die dem Kunden als Finanzplan in Form einer
individuellen Expertise überreicht wird. Er ist die Grundlage der nächsten Phase, der
Überwachung. Hier erfolgt das Monitoring der eingeleiteten Maßnahmen durch eine
Performanceanalyse und die Fortschreibung von Istaufnahme, Sollkonzept und
Maßnahmenplanung unter sich verändernden rechtlichen, steuerlichen, gsamt-
wirtschaftlichen und kundenindividuellen Randbedingungen. Nicht zu vergessen ist,
dass der Kunde im Rahmen der Überwachung auch bei der Ertragsentnahme und der
Liquidation seines Vermögens beraten wird.
Literatur und Software für die persönliche Finanzplanung sind inzwischen sehr
umfangreich (vgl. [Sch05], [SS05], [STO5]). Was fehlt sind einfache Werkzeuge, die
die verschiedenen Phasen der persónlichen Finanzplanung integrieren und sich
sowohl als Planungs- Steuerungs- und Überwachungsinstrument eignen. Eines dieser
Instrumente sind Lebensdiagramme bzw. Life Charts, deren Grundlagen und
Anwendungsmóglichkeiten im Finanzplanungsprozess in diesem Beitrag vorgestellt
werden. Im zweiten Abschnitt werden die Konstrukte von Life Charts vorgestellt. In
den folgenden Abschnitten 3 bis 5 wird ihre Anwendung in den Phasen Istaufnahme
und Sollkonzept beschrieben.
95
2 Konstrukte von Life Charts
Der Verlauf eines menschlichen Lebens läßt sich durch Finanzinformationen
beschreiben, die sich auf benötigtes und verfügbares Kapital zur Lebensführung
beziehen. Jeder Mensch benötigt für sein aktuelles und zukünftiges Leben finanzielle
Mittel (Kapitalnachfrage); andererseits kann er dafür auch finanzielle Mittel vorhalten
(Kapitalangebot). Die für die Lebensführung benötigten finanziellen Mittel
bezeichnen wir als benôtigtes Deckungskapital oder Konsumkapital; die
vorgehaltenen finanziellen Mittel bezeichnen wir als verfügbares Deckungskapital
oder Sparkapital.
Zwei Zeitpunkte im Leben eines Menschen sind von besonderer Bedeutung, seine
Geburt zum Zeitpunkt x = 0 und sein Tod zum Zeitpunkt x = T. Für beide und auch
für alle anderen Zeitpunkte x aus dem Intervall [0, T] lassen sich das Konsumkapital
W(x) und das Sparkapital S(x) bestimmen. W(x) bezeichnet das (gesamte, kumulierte)
Konsumkapital für das Intervall [x, T] diskontiert auf den Zeitpunkt x und S(x) das im
Intervall [0, x] aufgebaute, zum Zeitpunkt x verfügbare Sparkapital. W(x) und S(x)
werden in aktueller Kaufkraft bezogen auf den Zeitpunkt x, gemessen. Beispielsweise
bezeichnet W(0) das gesamte auf den Zeitpunkt x — 0 diskontierte Konsumkapital
(Wert des zukünftigen Konsums zum Zeitpunkt x = 0), das ein Mensch im Intervall
[0, T] für seine Lebensführung benótigt. In Analogie bezeichnet S(0) das Sparkapital
zum Zeitpunkt x — 0. Für x = T bezeichnet W(T) das benótigte und S(T) das
verfügbare Deckungskapital zu diesem Zeitpunkt.
Konsumkapital
Zerlegen wir das Intervall [O, T] 1n Perioden gleicher Lánge, beispielsweise Jahre, so
läBt sich das Konsumkapital W auf der Basis des Konsumkapitals w einzelner
Perioden bestimmen. Es sei w(i, i+1) das benótigte Konsumkapital für eine zukünftige
Periode [i, i+1] in heutiger Kaufkraft und r(i) ein Diskontierungszinssatz für die
Periode i. Das kumulierte, auf einen Zeitpunkt x diskontierte und bis zum Lebensende
T benótigte Konsumkapital berechnet sich nach
Wx) » Y i7x,...,T-1 w(i, i*1) . (1+r(i))i+1-x (2-1)
Beispielsweise gilt unter der Annahme r(1) = r zum Zeitpunkt der Geburt x = 0
W(0) = w(0, 1). (140) + .... + w(t, t+1) . (I+D)tF1 +... +
w(T-1, T) . (1+0)T.
W(x) 14Bt sich durch W '(x) approximieren. Bei der Bestimmung von W '(x) wollen
wir vereinfachend annehmen, dass das Konsumkapital im Zeitintervall [O, T] im
Durchschnitt um W(0)/T Einheiten linear abnimmt. Somit gilt
W '(x) = W(0) - (W(0y/T) . x Q-2)
96
(2-1) ist eine periodenweise lineare Funktion und (2-2) ist eine lineare Funktion.
Beide Funktionen nehmen den gleichen Wert an für x = O0 und x = T; für O0 «x « T
unterschätzt (2-2) das Konsumkapital nach (2-1). Jedoch ist diese Vereinfachung, wie
wir noch sehen werden, für Planungszwecke ausreichend. Der Fehler der
Approximation steigt mit steigendem x, 0 « x « T, d.h. er wird für weiter in der
Zukunft liegende Perioden größer. Für x » 0 und x - T ist W(0) = W '(0) und W(T) =
W '(T), d.h. es tritt kein Fehler auf. Folgendes Beispiel verdeutlicht die Verwendung
von (2-1) und ihre Approximation durch (2-2).
Beispiel: Es seien T — 4, r = 0,03, w(0, 1) = 10, w(1, 2) = 20, w@, 3) = 30 und wG3,
4) = 40:
X Intervall W(x) W '(x) (WQGO-W '(x)yW(x)
0 [0, 4] 109,32 109,32 0%
1 [1, 4] 99,02 81,99 17,2096
2 [2, 4] 77,80 54,66 29,74%
3 [3, 4] 45,02 27,33 39,2996
4 [4, 4] 0 0 0%
Wie man sicht, steigt der Fehler für zukünftige Zeitpunkte an; wir unterschätzen
mit der Approximation das in der Zukunft benötigte Konsumkapital. Jedoch sollte
man dabei bedenken, dass auch bei Verwendung von (2-1) zur Berechnung des
Konsumkapitals die Parameter w und r(i) nicht mit Sicherheit angegeben werden
können.
Sparkapital
Das Sparkapital zum Zeitpunkt x entspricht dem Wert des Nettovermögens zu diesem
Zeitpunkt; es wurde im Intervall [0, x] aufgebaut. Kennt man den Wert des
Sparkapitals S(t) zum aktuellen Zeitpunkt t und den Wert S(0) zum Zeitpunkt null in
realer (heutiger) Kaufkraft, so läßt sich eine lineare Funktion S'(x) für das Intervall [O,
t] angeben.
S'(x)- S(0) - (S(/Ü.x 0<x<t (2-3)
Folgendes Beispiel verdeutlicht die Verwendung von (2-3).
Beispiel: Es seien t ^ 3, S(0) = 0 und S(3) = 30:
X S(x) S (x)
0 0 0
1 10
2 20
3 30 30
Für zukünftige Zeitpunkte t < x « T wàre es denkbar, S '(x) als Prognose zur
Entwicklung des Sparkapitals zu benutzen. Für obiges Beispiel wäre in x = 5 ein
Sparkapital in Hóhe von 50 zu erwarten.
97
FF-Punkte
Betrachten wir nun einen beliebigen Zeitpunkt x im Intervall [O, T], O € x « T. W(x)
bezeichnet den Wert des benótigten Konsumkapitals für das verbleibende Intervall [x,
T] und S(x) bezeichnet das 1m Intervall [0, x| angesammelte und zum Zeitpunkt x
vorhandene Sparkapital in realer Kaufkraft bezogen auf x. Ist S(x) » W(x), so reicht
das Sparkapital zum Zeitpunkt x aus, um die Lebensführung eines Menschen unter
den angenommenen zukünftigen Ausgaben und Diskontierungsfaktoren bis zu seinem
Lebensende zu finanzieren. Den Zeitpunkt x zu dem S(x) ^ W(x) ist, bezeichnen wir
als Zeitpunkt finanzieller Freiheit oder kurz FF-Punkt. Für die Approximation W '(x)
liegt ein in der Zukunft móglicher FF-Punkt im Vergleich zu W(x) früher; seine
zeitliche Erreichbarkeit ist somit eine optimistische Abschátzung und wir nennen ihn
FFopt-Punkt. Die Zusammenhänge sind in Abbildung 1 dargestellt. Wir nennen diese
Darstellung des Verlaufs von Konsum- und Sparkapital Lebensdiagramm oder auch
Life Chart Der FF-Punkt bezeichnet die Situation, dass unter Annahme des
Kapitalverzehrs die weitere Lebensführung durch das Sparkapital finanziert werden
kann. Ein solcher Punkt kann in einem Life Chart auch mehrmals auftreten.
A^
W' W
Ss"
FF
1 1 1 »
I | | I t
0 t f p T Lebensalter x
Abb. 1. Life Chart
Eine Aufgabe der persónlichen Finanzplanung ist die Analyse der Funktionen W
und W ' sowie S und S'. Dabei kónnen wir o.B.d.A. annehmen, dass S(0) - W(T) = 0,
S(T) > 0 und W(0) > 0. Lineare Verláufe von Konsumkapital und Sparkapital
kommen in der Realität nur äußerst selten vor. Trotzdem sind sie geeignet,
Überlegungen aus einer vereinfachten, approximativen Perspektive zu illustrieren.
Verallgemeinerungen des linearen Falles auf andere Funktionsverläufe sind möglich.
Die Kurven für Konsum- und Sparkapital müssen entsprechend der individuellen
98
Gegebenheiten bestimmt werden. Der Verlauf der beiden Kurven ist von mehreren
Einflußgrößen abhängig, darunter auch
Lebenshaltungskosten,
Lebensdauer,
Sparbeträge,
Steuersatz,
Zinssatz bzw. Rendite und
Inflationsrate.
Unter Berücksichtigung dieser Einflußgrößen ergeben sich beispielsweise die
folgenden Manipulationsmöglichkeiten für W ' und
S ' (vgl. Abbildung 2):
(1) Senkung (Erhóhung) der Lebenshaltungskosten senkt (erhóht) Achsabschnitt
und erhóht (senkt) die Steigung bei W (x) (vgl.
W '1(x) und W 2(x) in Abbildung 2a).
(2) Verlángerung (Verkürzung) der Lebensdauer erhóht (senkt) den Achsabschnitt
bei W '(x) (vgl. W '3(x) und W '4(x) in Abbildung 22a).
(3) Steigerung (Senkung) des Sparbetrags erhóht (senkt) die Steigung bei S'(x)
(vgl. S'1(x) und S'2(x) in Abbildung 2b).
(4) Steigerung (Senkung) des Steuersatzes senkt (erhóht) die Steigung von S'(x)
(vgl. S'1(x) und S'2(x) in Abbildung 2b).
(5) Steigerung (Senkung) der Rendite erhóht (senkt) die Steigung von S'(x) (vgl.
S'1(x) und S2(x) ) in Abbildung 2b).
(6) Steigerung (Senkung) der Inflationsrate senkt (erhóht) die Steigung von W '.
A^
(a)
|.
»
Lebensalter
99
S'
(b)
»
»
Lebensalter x
Abb. 2. Veränderung der Kurvenverläufe
In Abbildung 3 ist ein beispielhafter Verlauf der Funktionen W(x) und S(x) über
einen menschlichen Lebenszyklus ex post dargestellt. Die Knicke in der Funktion des
Konsumkapitals W(x) kónnen beispielsweise von unterschiedlichen | erwarteten
Lebenshaltungskosten in verschiedenen Lebensphasen verursacht sein. Am Ende des
Lebenszyklus sollte Kapital erhalten bleiben. Die abgebildete Person begann mit 25
Jahren Sparkapital aufzubauen und machte mit 35 Jahren eine Erbschaft. Der
sprunghafte Verlauf der Funktion des Sparkapitals kann durch unterschiedliche
Sparbetráge und notwendige Liquidationen in den entsprechenden Lebensphasen
verursacht worden sein. Die Kurve, die das Konsumkapital beschreibt, verlàuft
vergleichsweise sprungarm. In diesem Beispiel gibt es drei Schnittpunkte beider
Funktionen, zu denen das Konsumkapital dem Sparkapital entspricht.
100
»
»p
0 10 20 30 40 50 60 70 80 Lebensalter
Abb. 3.Beispielhafte Verláufe von J/ und S
3 Istaufnahme
Im Rahmen der Istaufnahme werden W(x) und S(x) für einen Stichtag x = t bestimmt
und móglicherweise eine Approximation des Verlaufs beider Funktionen im
zurückliegenden Zeitintervall [0, t] angeben. S(t) entspricht dem Nettovermögen, das
durch die Vermógensbilanz zum Zeitpunkt t ausgewiesen wird. Um W(t) zu
bestimmen, müssen Annahmen über den in zukünftigen Perioden angestrebten
(durchschnittlichen) Lebensstandard w und einen (durchschnittlichen)
Diskontierungsfaktor r im Intervall (t, T] gemacht werden. Mit diesem
Durchschnittswert làBt sich W(t) wie folgt abschätzen.
WU) =Yi=t,...,T-1 w. (1+)i+1-t (2.4)
Man kann auch detaillierte Schátzungen für die Intervalle (t, t1], (t1, t-2], ...,
(T-1, T] vornehmen und damit W(t) entsprechend (2-1) bestimmen.
Das Ergebnis der Berechnungen ist der Versorgungssaldo S(t) - W(t). Dabei gilt
entweder (1) W(t) ^» S(t) oder (2) W(t) < S(t). Im ersten Fall ist das benötigte
Konsumkapital größer als das vorhandene Sparkapital und man spricht von einem
negativen Versorgungssaldo bzw. einer Versorgungslücke; im zweiten Fall spricht
man von einem positiven Versorgungssaldo bzw. einem Versorgungspuffer. Mit Hilfe
von W(t) und S(t) lassen sich jetzt schon Aussagen über den denkbaren zukünftigen
Verlauf von Konsumkapital und Sparkapital für x ^ t treffen. Kennt man W(0) und
101
S(0) und unterstellt man einen linearen Verlauf beider Funktionen für die Zukunft, so
làábt sich mit Hilfe von (2-2) und (2-3) grob abschàátzen, ob der FF-Punkt unter
Anbetracht der heutigen Versorgungslücke noch vor dem Lebensende erreicht werden
kann bzw. wie der Versorgungspuffer anwächst. Der Sachverhalt bezogen auf Fall (1)
ist in Abbildung 4 dargestellt. V(t) - |S(t) - W(t)| stellt die Versorgungslücke zum
Zeitpunkt t dar.
Diese Abschätzung des FF-Punkts ist optimistisch, da der Verlauf von W(x) im
Intervall (t, T] nicht linear (sondern konkav) verläuft. So wird der realisierbare FF-
Punkt bei Gültigkeit der gemachten Annahmen zeitlich spáter als der der optimistisch
geschátzte FF-Punkt liegen. Um einen ersten Eindruck für die Erreichbarkeit des FF-
Punkts zu bekommen, ist diese Schátzung in dieser Phase der persónlichen
Finanzplanung aber ausreichend.
^
W (x)
Sx)
FF
»
| d Lebensalter x
0 f POP T
Abb. 4.Life Chart für die Istaufnahme
Beispiel: Eine Person ist 50 Jahre alt und erwartet, weitere 40 Jahre zu leben. Ihr
aktuelles Nettovermógen beträgt 1.000.000 GE. Ihr angestrebter zukünftiger
Lebensstandard lässt sich mit durchschnittlich 2.000 GE. monatlich in. heutiger
Kaufkraft finanzieren. Unter der Annahme einer durchschnittlichen Inflationsrate von
39$ ergibt sich W(50) — 1.863.919 GE. Würde die Person in Zukunft keine weiteren
Einnahmen erzielen, betrágt die heutige Versorgungslücke bezogen auf die restliche
Lebensdauer ungefáhr 863.919 GE. Kónnte die Person ihre Sparbetráge in der
Zukunft in gleicher Weise wachsen lassen wie in der Vergangenheit, ermittelt man
unter Anwendung von (2-2) und (2-3) eine optimistische Abschätzung für das
Erreichen des FF-Punkts von 74,56 Jahren.
102
Diese Aussagen stehen unter der Annahme eines zukünftigen finanziellen
Lebensverlaufs, der sich aus der Vergangenheit ableiten lässt. Andere Lebensverläufe
können im Rahmen des Sollkonzepts simuliert und analysiert werden. Aufgabe ist
dann die Festlegung eines zulässigen und optimalen finanziellen Zielzustands. Zu
diesem Zweck wollen wir nun für den Fall (1) W(t) » S(t) den Aufbau von
Sparkapital und für den Fall (2) W(t) « S(t) den Abbau von Sparkapital im Rahmen
des Sollkonzepts genauer analysieren.
4 Aufbau von Sparkapital
Falls der FF-Punkt bisher nicht erreicht ist, lásst sich im Kontext des Life Charts ein
zulässiger und optimaler Zielzustand über die Zuordnung des FF-Punkts zu einem
gewünschten Lebensalter x aus dem Intervall (t, T| definieren. Diese Entscheidung
basiert auf den Werten für die beiden Variablen Lebensalter und Lebensstandard. Je
höher der Lebensstandard gewählt wird, desto spáter 1m Leben wird der FF-Punkt
legen; je früher der FF-Punkt liegt, desto niedriger wird im Allgemeinen der
Lebensstandard ausfallen. Beide Optionen müssen gegeneinander abgewogen werden.
Ein relevanter Planungsparameter für den Aufbau des Sparkapitals sind mógliche
Sparbeträge. Grundlage zur Diskussion dieser Möglichkeiten bildet die vollständige
Einnahmen- und Ausgabenrechnung (vgl. [Sch05]). In Abbildung 5 ist eine Erhöhung
der Sparbeträge dargestellt. S repräsentiert den Verlauf von Sparkapital nach einer
Anpassung von Sparbeträgen.
A
ps
»
>
Lebensalter x
Abb. 5.Erhöhung der Sparbeträge
103
Ein anderer Parameter ist der angestrebte Lebensstandard. In Abbildung 6 ist eine
mögliche Senkung des Lebensstandards dargestellt. W repräsentiert den Verlauf von
Konsumkapital nach einer Anpassung des Lebensstandards.
M
S (x)
»
»
0 t POP T Lebensalter x
Abb. 6.Senkung des Lebensstandards
Ein praktikables Vorgehen zur Bestimmung eines zulássigen FF-Punktes besteht
darin, zunächst die môglichen Sparbeträge, ein Hôchst-Lebensalter x? und die
Funktion W, basierend auf einen Mindest-Lebensstandard, festzulegen. Die
Koordinaten (W(x°), x°) werden zum Ausgangspunkt für die Suche nach zulässigen
FF-Punkten gemacht. Zulässigkeit ist dann erreicht, wenn
S(x°) > W(x?) für alle x? «x « T (4-1)
ist.
Ist (4-1) nicht erfüllt, so kann mit den vorgegebenen Parametern für Sparbetràge,
Lebensalter und Lebensstandard kein zulässiger FF-Punkt gefunden werden und es
muss überlegt werden, ob weitere Anpassungen bei den Parametern móglich sind; ist
dies nicht der Fall, müssen wir davon ausgehen, dass der FF-Punkt zu Lebzeiten nicht
erreicht werden kann.
Ist (4-1) erfüllt, so wollen wir annehmen, dass unter den pessimistischen
Abschätzungen eine zulässige Lösung existiert. In diesem Fall kann auch ein
optimaler FF-Punkt ermittelt werden, indem Lebensstandard und Lebensalter unter
104
Einhaltung von Unter- und Obergrenzen variiert werden. Entweder minimiert man das
Lebensalter unter der Restriktion Lebensstandard oder man maximiert den
Lebensstandard unter der Restriktion Lebensalter. Ergebnis des Sollkonzepts ist ein
optimaler FF-Punkt mit den Koordinaten (W(x*), x*).
Kern des Vorgehens zum Aufbau von Sparkapital ist also die Ermittlung eines
Ziel-Sparkapitals zu einem gegeben Lebensalter unter Berücksichtigung eines
Anfangs-Sparkapitals, periodischer Sparbeträge und einer erzielbaren Rendite. Die
Suche nach dem Ziel-Sparkapital S(x°) wird auf zwei Iterationen verteilt. In der ersten
Iteration wird eine zu erzielende Rendite ermittelt, damit aus dem Anfangs-
Sparkapital das Ziel-Sparkapital allein durch Verzinsung aufgebaut werden kann. Ist
die zu erzielende Rendite am Markt realisierbar, ist S(x?) allein durch Verzinsung
erreichbar. Im anderen Fall müssen in einer zweiten Iteration die benötigten
Sparbetráge ermittelt werden. Beim Problem des Aufbaus von Sparkapital kommen
wir zu folgender Problembeschreibung und Problemlósung.
Problembeschreibung:
Gegeben: Anfangs-Sparkapital S(x); Ziel-Sparkapital S(x?);
Anzahl Sparjahre n 7 x? - x; erzielbare Marktrendite
r, maximaler jáhrlicher Sparbetrag spi, 1 1, ..., n.V
Gesucht: Rendite 1?, so dass S(x) . (1+r°)n = S(x°); jahrliche
Sparbeträge sp°.
Problemlösung:
1. Berechne r°
If r>r°
Then S(x?) wird in kleiner oder gleich n Jahren erreicht.
3. Else Bestimme unter Annahme von r jährliche
Sparbeträge sp°i.
4. If sp°_1<sp |,
Then S(x?) wird in kleiner oder gleich n Jahren erreicht.
5. Else S(x?) ist nicht erreichbar.
5 Abbau von Sparkapital
In der Mehrzahl der Fälle sollte über den Abbau von Sparkapital erst nachgedacht
werden, falls S(t) > W(t); aber manchmal kann der Abbau von Sparkapital auch schon
vorher notwendig werden. Falls ein FF-Punkt bereits erreicht ist, ist es häufig sinnvoll
eine Obergrenze auf das Sparkapital festzulegen. Der Betrag an Sparkapital der über
der Obergrenze liegt, ist im Rahmen einer Liquidation abzubauen; laufende Erträge
aus Sparkapital können im Rahmen einer Gewinnentnahme entnommen werden.
105
(1) Gewinnentnahme
Gewinnentnahmen bieten sich nicht nur dann an, wenn der FF-Punkt bereits erreicht
wurde, d.h. wenn S(x°) > W(x°). Gewinnentnahmen können auch schon früher
erfolgen, beispielsweise wenn man einen Zielzeitpunkt für das Erreichen des
optimalen FF-Punkts fixiert hat und diesen auch unter Berücksichtigung von
Gewinnentnahmen erreicht. In Abbildung 7 ist eine solche Situation dargestellt, bei
der der FF-Punkt in die Zukunft auf t' bzw. t" verschoben wurde. In diesem Fall wird
gewährleistet, dass das Sparkapital bis t' bzw t" nicht unter S(t) sinkt; Beträge die über
S(t) liegen, kónnen entnommen werden.
A
W
W
W
V
Fi
S
LI >
|| t
0 f Pf T T ehensalter x
Abb. 7.Planung des FF-Punkts
106
Häufig definiert man noch einen Sicherheitspuffer für das Konsumkapital aus dem
der FF pes-Punkt resultiert. Erst wenn dieser Punkt realisiert wurde, entnimmt man
Gewinne und wandelt sie nicht mehr in Sparbeträge um. Die sich ergebende Situation
ist in Abbildung 8 dargestellt. Der FF-Punkt ist zum Zeitpunkt t" erreicht, jedoch
beginnt die Gewinnentnahme erst zum Zeitpunkt t". Ab t" wird kein Kapital mehr
angespart.
A^
W' W
FF S
Vg") - sq" -
FF
1 1 1 1 >
I | | | t
t t pop T Lebensalter x
Abb. 8.Móglichkeiten der Gewinnentnahme
107
(2) Liquidation
In Fällen, in denen das Nettovermögen real abnimmt, wird bei der Entnahme von
Liquidation gesprochen. Nun gibt es zwei Arten der Liquidation; solche, bei denen
vor oder nach der Liquidation das Sparkapital das Konsumkapital unterschreitet (S(x)
< W(x)), und solche bei denen nach der Liquidation das Sparkapital das
Konsumkapital immer noch deckt (S(x) ^» W(x)) Im ersten Fall soll von einer
Lücken-Liquidation, im zweiten Fall von einer Puffer-Liquidation gesprochen werden
(vgl. Abbildung 9). Móchte man erreichen, dass zum Zeitpunkt des Todes S(T) - 0
gilt, so muss zu einem Zeitpunkt x 7 t" auch die Liquidation eingeleitet werden. Dies
führt häufig dazu, dass von FF pes ausgehend (x = t") das Sparkapital auf null zum
Zeitpunkt T verringert wird. Bei dem in Abbildung 9 dargestellten Beispiel wird kein
Vermógen am erwarteten Lebensende weitergegeben. Die Lücken-Liquidation
entspricht dem Verlauf von S1(x) und die Puffer-Liquidation dem von S2(x)
^
FF
1 1 1 1 »
| | | | "
t t pop T Lebensalter x
Abb. 9.Móglichkeiten der Liquidation
Ist das Sparkapital grôber als das Konsumkapital und erwartet man, dass die
laufenden Gewinne diese Relation garantieren, kann man an eine Puffer-Liquidation
denken. Da zukünftige Erwartungen aber unsicher sind, liegt es nahe, einen
Versorgungspuffer beizubehalten. Wie hoch dieser Puffer gemessen im Verhältnis
zum benótigten Deckungskapital zu jedem Zeitpunkt sein sollte, hángt von der
persónlichen Risikoneigung ab. Risikoaverse Personen werden einen gróferen Puffer
wünschen als risikofreudige.
Der Prozentsatz v(x) — [S(x) / W(x)| -1 ist ein Maß für die Höhe des
Versorgungspuffers. Er wird in Abhängigkeit des aktuellen Lebensalters x festgelegt.
108
Häufig wird dieser Prozentsatz einmal bestimmt und dann Grundlage der Planung bis
zum erwarteten Lebensende, d.h. v(x)=const. Multipliziert man W(x) mit v(x) + 1, so
erhält man das benötigte Sparkapital unter Einhaltung eines Versorgungspuffers. In
Abbildung 9 wird durch S2(x) die Einhaltung eines Versorgungspuffers garantiert.
Ausgelóst durch nicht planbare Lebensereignisse kann die Notwendigkeit einer
Lücken-Liquidation eintreten. Lücken-Liquidationen sollten durch den Abschluss von
Versicherungen weitestgehend kompensiert werden. Lässt sich eine solche
Liquidation aber nicht vermeiden, bedeutet dies meistens auch eine Absenkung des
Lebensstandards für die Lebensphasen, in denen die Versorgungslücke besteht. Eine
Absenkung des Lebensstandards bedeutet eine Verringerung der Steigung der Kurve
des Konsumkapitals W(x).
Beim Problem des Aufbaus von Sparkapital kommen wir zu folgender
Problembeschreibung. Daraus folgt direkt die Problemlösung.
Gegeben: Sparkapital S(x); Ziel-Sparkapital S(T), Anzahl Ent-
nahmejahre n = T - x; erzielbare Marktrendite r;
Durchschnittsteuersatz; erwartete Inflationsrate
Gesucht: Inflationsindexierte periodische Kapitalentnahme.
109
6
Zusammenfassung
In diesem Beitrag wurde das Konzept der Life Charts vorgestellt und anhand
ausgewählter Phasen der persönlichen Finanzplanung erläutert. Ein mögliches
Zusammenspiel von Istaufnahme, Sollkonzept und Überwachung auf der Basis von
Life Charts ist in Abbildung 10 dargestellt.
Istaufnah Sollkonzep Überwach
|.
|
t f P p T Lebensalter x
Abb. 10.Die Rolle von Life Charts in verschiedenen Phasen
Zusammenfassend lässt sich die Planung von Spar- und Konsumkapital wie folgt
beschreiben.
Istaufnahme
1l. Bestimme W(#) und S(?) zum Planungszeitpunkt f.
Sollkonzept
2. If Ww > St)
Then plane Aufbau Sparkapital
2.1. Bestimme Ziel-Sparkapital S(x?^) ^ W(x?),
Anzahl Sparahre n — x? - t,
erzielbare Marktrendite r,
môglichen jährlichen Sparbetrag sp,, / = 1, ..., n
2.2. Berechne 7°, so dass S(x) * (1+7°)" 7» S(x?)
23. If r>r°
Then 5S(x°) wird in kleiner oder gleich 1 Jahren erreicht.
2.3. Else Bestimme unter Annahme von r die
110
jáhrlichen Sparbetráge sp?;.
24 If sp>i<spi
Then S(x°) wird in kleiner oder gleich n Jahren erreicht.
2.5. Else S(x°) ist nicht erreichbar.
3. If W(t) « S(r)
Then plane Abbau Sparkapital
3.1. Bestimme Konsumkapital JW(x) :- W(x) [v(x)*-1]
mit Versorgungspuffer.
3.2. Bestimme Betrag des inflationsindexierten periodischen
Kapitalabbaus.
In Abbildung 11 sind die Funktionen des Prozesses der persönlichen
Finanzplanung auf Basis von Life Charts nochmals dargestellt.
1
Istauf «
Planung
co
Kapital Kapitaler Kapital
Abb. 11.Funktionen der persönlichen Finanzplanung
111
Literatur
[GS05] Schmidt, G., Persönliche Finanzplanung: Modelle und Methoden des Financial
Planning, Springer 2005
[GSMS05] Schmidt, G., Schwarz, M., Marktstudie: Sofiware für die persönliche
Finanzplanung im englischsprachigen Raum, interner Bericht, Hochschule Liechtenstein,
2005
[GSNTO05] Schmidt, G., Tierbach, N., Marktstudie: Software für die persönliche Finanzplanung
im deutschsprachigen Raum, interner Bericht, Universität des Saarlandes, 2005
112
Resümee des Expertengesprächs am Abend des
09.12.2005 in Vaduz
Brigitte Eller
Günter Schmidt
Hochschule Liechtenstein
Fürst-Franz-Josef-Strasse
FL-9490 Vaduz
www.hochschule.li
Nachdem das Thema der persönlichen Finanzplanung in den Fachvorträgen während
des ganzen Tages aus verschiedensten Blickwinkeln betrachtet worden ist, stellte sich
im Expertengespräch die zentrale Frage, „Wie kann der Entwicklungspfad für diese
Thematik aussehen und was können die einzelnen Experten und auch Institutionen
wie z.B. die Hochschule Liechtenstein dazu beitragen?“
In diesem Zusammenhang kamen wesentliche Detailaspekte aus internationaler
Sicht ans Tageslicht.
Beginnend bei der Betrachtung der Kundenbeziehungen von Banken stellte sich in
der Diskussion heraus, dass Kunden in den verschiedenen Ländern (Liechtenstein,
Österreich, Deutschland, Schweiz, Luxemburg und Belgien) sehr unterschiedliche
und zum Teil traditionelle Beziehungen zu Banken pflegen. In Deutschland und auch
in vielen anderen Ländern haben Direkt-Banken mit attraktiven Angeboten grossen
Zuspruch gefunden, sodass viele Kunden ihre traditionellen Verbindungen mit der
Bank abbrachen. In Belgien hingegen ist es üblich, dass die Menschen ihre Bank nicht
wechseln — eine länderspezifische Ausprägung des Umgangs mit Finanzen im
weiteren Sinn. Kulturelle Aspekte betreffen aber nicht nur den Umgang mit Geld,
sondern auch die Grundhaltung der Menschen über Geldangelegenheiten zu sprechen.
Man könnte z.B. hinterfragen, ob ein Schweizer als „open-minded“ in dieser Hinsicht
einzustufen ist?
Hier wird bereits ein enger Zusammenhang von Banken und Financial Planning
unterstellt. Naturgemäss haben bis dato Banken, was Geldangelegenheiten betrifft,
das Vertrauen des Kunden. Für Banken selbst ist jedoch Financial Planning derzeit
noch kein Kernthema. Dies nicht zuletzt deshalb, weil sich Widersprüche aus dieser
Gescháftstátigkeit mit dem Kerngescháft der Banken ergeben, sich gleichzeitig aber
die Móglichkeit bietet, durch ein Financial-Planning-Angebot die Kundenbindung zu
intensivieren, einen Imagegewinn zu generieren oder auch Cross-Selling zu betreiben.
113
Ob die Bank den Kunden direkt berät, oder dieser vor dem ersten
Beratungsgesprách (IT-unterstützt) selbst eine finanzielle Lebensplanung vornimmt,
sind Denkvariationen zum konkreten Umgang mit dem Kunden und seinen Daten. Für
den Kunden ist in der Regel eine Hürde zu überwinden, wenn es darum geht, Banken,
anderen Finanzdienstleistern oder einem IT-System sein geplantes Leben transparent
zu machen. In Luxemburg gibt es so etwas wie eine „trusted area“ für den Kunden,
dadurch wird erwartet, dass diese Hürden für den Kunden nicht oder kaum zum
Tragen kommen. Die grósste Hürde besteht für den Kunden oft jedoch darin — wenn
auch nur für sich selbst - "Transparenz in seine persönlichen finanziellen
Angelegenheiten zu bringen und diese schriftlich darzulegen. Damit würde seine
exakte persónliche finanzielle Situation sichtbar, und das ist dem Menschen háufig
unbehaglich. Der Kunde erklárt deshalb persónliche Finanzplanung vordergründig für
unwichtig. Eine verhaltenspsychologische Studie dieses Phànomens wáre interessant.
Der Kunde muss künftige Einnahmen und Ausgaben planen und in diesem
Zusammenhang gewünschte Entwicklungen in seinem Leben offen legen. Ohne die
sorgfältige Datensammlung durch den Kunden ist die Unterstützung einer
persónlichen Finanzplanung durch Fachleute nicht móglich. Die durch den Kunden
bereitgestellten Daten werden in IT-Systemen verarbeitet. Hier besteht von Seiten des
Kunden die latente Befürchtung, dass diese Daten auch zu anderen Zwecken
verwendet werden kónnten z.B. Verhaltensforschung bei der Kreditkartennutzung,
Erkundung des persónlichen Finanzverhaltens und andere persónliche Profile.
Jede Leistung kostet! Wenn der Kunde die persónliche Finanzplanung als Leistung
wahrnehmen und „kaufen“ soll muss ihm ein Nutzen aufgezeigt werden.
Nutzenaspekte wie Steuern sparen, sind abhángig vom Steuersystem des Landes und
stehen beispielsweise in Liechtenstein und in der Schweiz nicht im. Vordergrund;
dennoch ist vorstellbar, dass z.B. grosse Firmen für ihre Mitarbeiter einen Financial-
Planning-Service über das Lohnbüro anbieten, wie dies auch in den USA der Fall ist.
Den unmittelbaren und auch den mittelbaren Nutzen in Geldwerten aufzuzeigen ist
schwierig. Zusátzlich stellt sich die Frage wie qualitative Nutzenaspekte aufgezeigt
werden kónnen? Hier gilt es Transparenz für den Kunden zu schaffen - wobei die
Schaffung von Transparenz selbst bereits einen wesentlichen Nutzen darstellt.
An der IT-Unterstützung der persónlichen Finanzplanung wird es in Zukunft
liegen, dem Kunden und dem Financial Planner Móglichkeiten zu eróffnen, ihre
Agenden miteinander zu diskutieren und auszutauschen ohne eine vollkommene
Offenlegung und vollständige Speicherung sensibler Daten erforderlich zu machen.
Hierfür wird ein Geschäftsmodell nicht ausreichend sein. Jeder Financial Planner wird
sein spezifisches Geschäftsmodell finden müssen. Vorab ist es aber notwendig, dass
der Markt für Financial Planning von allen gemeinsam entwickelt wird.
Festzustellen ist, dass der Markt für Financial Planning sich aktuell unterentwickelt
zeigt. Financial Planning wird zwar in verschiedensten Zusammenhängen betrieben
z.B. um Cross-Selling-Potenziale zu realisieren, ist aber sehr produktbezogen, was
nicht zuletzt auf die Entwicklungsgeschichte in den einzelnen Teilbereichen z.B.
Versicherungswirtschaft zurückzuführen ist. Es wird noch einige Zeit dauern und es
114
bedarf Anstrengungen aller an diesem Geschäftsfeld Interessierten, um den Markt für
persönliche Finanzplanung zu entwickeln. Da dieses Thema zunehmend auch
volkswirtschaftliche Aspekte in sich birgt (z.B. zunehmende Jugendverschuldung,
steigende Konkurse) ist auch die Öffentlichkeit gefordert, im Sinne der
Vorsorgenotwendigkeit, Überzeugungsarbeit zu leisten und die Menschen vom
Nutzen der frühzeitigen persönlichen Finanzplanung zu überzeugen.
Mit einer Metapher wollen wir die Situation abschliessend darstellen:
Physical Health: Im Mittelalter war der Arzt jemand, der den Leuten zu
Gesundheit verhalf, sei es im Krankheitsfall oder durch Vorsorgemassnahmen. Seine
Leistungen fanden zwar Wertschätzung, wurden aber schlecht bis gar nicht finanziell
abgegolten. Bis heute hat sich der Berufsstand der Ärzte so weit entwickelt, dass sie
bei entsprechend gestiegener Wertschätzung für ihre Leistungen auch adäquat bezahlt
werden. Zudem ist sich die Bevölkerung und auch die öffentliche Hand dessen
bewusst, dass Gesundheitsvorsorge Kosten in der Heilbehandlung und Rehabilitation
sparen hilft.
Financial Health: Analog zu den obigen Ausführungen ist es anzustreben, dass
Menschen in finanziellen Angelegenheiten Vorsorge betreiben und sich bereits früh in
ihrem Leben damit auseinander setzen. Der Fachmann, der ihnen dabei beratend und
ggf. auch „heilend“ zur Seite stehen kann ist der Finanzplaner. Als Berufsstand
befindet er sich derzeit noch in einem Entwicklungsstadium wie der Arzt vor ca. 200
Jahren.
115
Autorenverzeichnis
Lic. Oec. Publ. Zorc Eduard
Andre Rifaut
Christian Schaefle
Dr. Oliver Braun
Wolfgang Clauss
Univ.-Prof. Dr. Günter Schmidt
Leiter Financial Consulting
Liechtensteinische Landesbank AG
9490 Vaduz
Centre de Recherche Public Henrit
Tudor, 29, Avenue John F.Kennedy,
L-1855 Luxembourg-Kirchberg,
Luxembourg
Schönebeuche 18
CH - 8222 Beringen
Lehrstuhl für Informations- und
Technologiemanagement
Universität des Saarlandes
Postfach 15 11 50
66041 Saarbrücken
agentes AG, Räpplenstraße 17,
70191 Stuttgart
Hochschule Liechtenstein
Fürst Franz Josef Strasse
9490 Vaduz
116