EINTRACHT
ZEITSCHRIFT FÜR HEIMAT UND BRAUCHTUM
OSTERN 2003 / NR. 32 FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN
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1
EINTRACHT
OSTERN 2003
TITELBILD
Ausschnitt aus dem Bild «Alpen-
blumenstrauss», 1953. Prof. Eugen
Zotow, Vaduz (1881-1953)
Öl auf Karton, 34,5 x 50 cm,
Sammlung Adulf Peter Goop, Vaduz
Der Sonntag
Wo bleibt Gottes Ehr'?
Viele Kirchen sind halb leer.
Die Glocke ruft zum heil'gen Ort,
doch muss man weg zu Spiel und Sport
mit Reisebus und mit der Bahn -
kein Gottesdienst im Tagesplan!
Der eine rast in alle Welt,
der andere sein Feld bestellt,
ein dritter werkt an seinem Haus -
so treibt man Gottes Segen aus.
Macht man zur rechten Zeit nicht kehrt,
wird man auf andre Weis belehrt:
Es löst sich alle Ordnung auf,
das Unheil nimmt dann seinen Lauf.
Nicht Gott lässt unsre Welt im Stich,
nein, umgekehrt verhält es sich.
Vergessen ist, der für uns litt,
drum folgt der Fluch auf Schritt und Tritt.
Ja, in den Himmel wächst kein Baum;
Glück ohne Gott, das bleibt ein Traum.
Anne Perstling
Von der Hektik zur Ruhe
Herr, aus dem Lärm
und der Hektik der Welt
suche ich den Weg zu dir
in deine Ruhe
in deine Stille
in deinen Frieden.
Bei dir finde ich die Kraft
den Alltag zu bestehen
darin nicht unterzugehen
mir und meinem Weg
treu zu bleiben
deine Spuren nicht zu verlieren.
Hilf mir, etwas
von deiner Ruhe
von deiner Stille
von deinem Frieden
mitzunehmen
hinauszutragen zu den Menschen
die sich danach sehnen.
Irmgard Erath, Schaan/Sulz
Die Herausgabe der «EIN-
TRACHT» haben verdankens-
werterweise mitfinanziert:
Propter Homines
Stiftung, Vaduz
Kulturbeirat der fürstlichen
Regierung
Quo vadis -
Wohin gehst Du,
Liechtenstein?
Papst Johannes Paul II. hat uns
Liechtensteinern am 8. Septem-
ber 1985 in Eschen den Weg auf-
gezeichnet. Er sagte:
«Wenn Konflikte entstehen, müs-
sen diese in gegenseitigem Ver-
stehen und Verzeihen ausgetra-
gen werden. Seid nie zu stolz
oder zu eigensinnig, um einan-
der die Hand zur Versöhnung zu
reichen, wenn eine Auseinan-
dersetzung stattgefunden hat.
Seid nie hartnäckig und nach-
tragend, wenn es darum geht,
einen Streit beizulegen.
Diese besinnlichen Gedanken
mögen dazu beitragen, ein ge-
segnetes und fröhliches Oster-
fest zu feiern. A. P. G.
IMPRESSUM
Herausgeberin:
Liechtensteinische
Trachtenvereinigung
FL-9490 Vaduz
Redaktionsadresse:
Redaktion Eintracht
Heiligkreuz 19
FL-9490 Vaduz
Redaktion:
Adulf Peter Coop,
Vaduz (A.P.G.)
Tel. +423-232 34 39;
Adolf Marxer,
Mauren (A.M.);
Rita Näscher,
Camprin (R.N.);
Josef Eberle,
Triesenberg (J.E.);
Johann Oehry,
Triesen (J.O.)
Grafik: A.P.G.
Satz, Lithos und Druck:
Lorenz Hilty,
Buch- und Offset-
druckerei, Schaan
Erscheinungsdaten:
Advent, Ostern,
Staatsfeiertag
Redaktionsschluss:
Ein Monat vor den
Erscheinungsdaten
Abonnementspreise:
CHF 20.-jährlich
(Inland)
CHF 25.-jährlich
(Ausland)
CHF 38.-jährlich
(Übersee)
Nachdruck:
Unter Quellenangabe
gestattet
Leise zieht durch mein Gemüt
liebliches Geläute.
Klinge, kleines Frühlingslied,
kling hinaus in Weite!
Kling hinaus bis an das Haus,
wo die Blumen spriessen.
Wenn du eine Rose schaust,
sag, ich lass sie grüssen.
Heinrich Heine
INHALTSVERZEICHNIS
Zum Titelbild 2
Leitartikel 3
Unser Gast 4
Gedichte 5
Brauchtum 6
Persönlichkeiten 7
Ostereier 8
Vaterländische und andere 10
Gedenktage
Wunderschöne Liechtensteiner
Bergwelt 11
Kulturträger 23
Kennen Sie Liechtenstein? 24
Die Tugend der Dankbarkeit 25
Neues Liechtensteiner Kochbuch 26
Sagen 27
Lachendes Liechtenstein 28
Muttertag 29
Sammler 30
Trachtenverein Schaan 31
Brauchtumskalender 32
Bildnachweis: Josef Eberle: S. 23, 30
Adulf P. Goop: S. 1, aus dem Buch «Mier z
4 unten, 8, 9, 10 Mitte, Balzers» (Mane Vogt +):
19 unten, 22, 25 unten, S. 29 unten
29 oben Foto Kaufmann,
Bruno Vonarburg: Schaan: S. 31 oben
S. 5 Mitte
Adolf Marxer:
S. 6, 24, 27
Photo P. Ospelt,
Schaan: S. 7
Amt für Briefmarkenge-
staltung: S. 10 links
aus «Allgemeines
Blumenbuch» (1770-
1 772) von Georg
Wolfgang Knorr: S. 11
Wilfried Kaufmann:
Pflanzenbilder S.12-21
EINTRACHT
OSTERN 2003
LEITARTIKEL
Wenn man das Neue Testament auf-
schlägt und den Bericht im Johannes
Evangelium nachliest, dann erlebt
man eine Dramatik, Konfrontation
von Religion und Politik, von Him-
mel und Erde. Die Tage über Ostern
haben einen dramatischen Höhe-
punkt, den Prozess Jesu vor Pilatus.
Es stellt sich dort die Frage «Gottes
Sohn oder Staatsverbrecher?», ein
spannendes Hin und Her zwischen
der blutdürstigen Volksmenge, dem
zweifelnden Richter und einem rät-
selhaft schweigsamen Angeklagten.
Der römische Statthalter sträubt sich
gegen ein Todesurteil, ihm ist die Sa-
che unheimlich. Er möchte die Ver-
antwortung den Juden zuschieben,
dabei will er sich etwas Luft ver-
schaffen und lässt Jesus geissein;
vielleicht kühlt das die Leidenschaf-
ten ab? Aber am Ende wird Pilatus
mit seinen Bedenken vom Aufruhr
hinweggefegt und schickt Jesus ans
Kreuz. Man kann die Passage noch
so oft gehört und gelesen haben, sie
wirkt immer offen wie beim ersten
Mal - als könne die Geschichte
auch vollkommen anders ausgehen.
Der Text des Johannes Evangeliums
steckt voller Schlüsselworte des
Abendlandes. «Mein Reich ist nicht
von dieser Welt», sagt Jesus und legt
so den Grundstein zur Unterschei-
dung von Glaube und Macht, von
Kirche und Staat.
Gott bleibt der Ewige
Es wäre sinnlos zu verheimlichen,
dass die Bibel ein Buch des Glau-
bens ist. Doch ist sie deswegen kein
Buch nur für Gläubige. Gerade der
Zweifel hat sich immer wieder an
ihr entzündet. Die Widersprüche
zwischen den Auferstehungsberich-
ten im Neuen Testament sind zum
Ausgangspunkt der historisch kriti-
schen Forschung geworden. Es ist
biblisches Erbe, dass Menschen, Völ-
ker, ganze Kulturen vom Alten Ab-
schied nehmen müssen und doch
hoffen dürfen, dass das Wesentliche
im Neuen nicht verloren geht. Wie
eben auch Gott in seinen Wandlun-
gen zugleich der Ewige bleibt. In
den letzten Jahren ist vieles, was als
felsenfest galt, umgestossen worden.
Namen, Institutionen, Sitten und
Bräuche, die uns trugen, die dem
Leben Festigkeit verliehen, sind von
der Bildfläche verschwunden oder
haben ihren Glanz verloren. Neh-
men wir schon wahr, wie tief die
Verunsicherung geht? Benommen-
heit ist ein angemessener Ausdruck
dafür, was uns erfüllt. Es ist im 21 .
Jahrhundert schwerer geworden, sich
zu orientieren.
Sie erkannten ihn mit dem Herzen
Auch die Jünger hatten Probleme.
Von denen, die die Nachricht vom
leeren Grab erhalten haben, heisst
es: «Diese Worte kamen ihnen vor
wie leeres Gerede.» Von den beiden
Jüngern, die nach Emmaus unter-
wegs sind, sagt Lukas: «Es begab
sich, während sie miteinander rede-
ten und sich besprachen, da nahte
sich Jesus selbst und ging mit ihnen.
Ihre Augen jedoch waren wie ge-
bannt, sodass sie ihn nicht erkann-
ten.» Am Ende der Wanderung
heisst es von den beiden Emmaus-
Jüngern: «Da wurden ihnen die Au-
gen aufgetan und sie erkannten ihn;
und er entschwand ihren Blicken.»
Sie kannten ihn und sie kannten ihn
doch nicht. Sie erkannten ihn mit
den Herzen, aber nicht mit den Au-
gen. Das trifft ihre Trauer und Aus-
weglosigkeit. Er geht ein Stück We-
ges mit ihnen.
Ist das der Weg, gerade in unserer
Zeit Ostern zu erleben? In der Nach-
folge des Auferstandenen zu ande-
ren zu gehen, die ratlos und traurig
sind, ihnen zuzuhören auf ihrem
Weg und ihnen etwas zu sagen?
Ostern ermutigt, das Alleinsein zu
sprengen
Ostern ermutigt dazu, das Alleinsein
in unserer Ratlosigkeit und im Ver-
trauen auf den Auferstandenen zu
sprengen: Wie sich eine Knospe in
der Sonne öffnet. Wir geben Men-
schen - kritischer, stärker, mitden-
kend - eine Chance, in unsere Rat-
losigkeit zu treten, uns zuzuhören,
zu uns zu reden.
Geben wir auch denen eine faire
Chance, eine neue Meile mit uns zu
gehen, die wir zu den Verursachern
unserer Ratlosigkeit zählen? Nach-
folge des Auferstandenen entsteht
gleichzeitig darin, dass wir zu ande-
ren auf ihrem Weg nach Emmaus
treten, Schritte mit ihnen gehen, ih-
nen in ihrer Ratlosigkeit zuhören -
ihnen vielleicht auch etwas sagen.
Das ist unser österlicher Dienst.
«Könnte ohne das Christsein nicht
leben»
Kurz vor ihrem Ableben erklärte
Gräfin Marion Dönhoff, eine Frau
mit einer unanfechtbaren morali-
schen Instanz, auf die Frage in ei-
nem Interview: «Würdest Du Dich
selbst als religiöser Mensch bezeich-
nen und Dich selbst als Christin ein-
ordnen?» «Ja. Doch. Könnte ohne
das nicht leben, glaube ich.» Das
war ein wirklicher österlicher Dienst
dieser grossen Frau an uns Christen.
«Die ZEIT», die man nicht unbe-
dingt als «christliches Sonntags-
blatt» bezeichnen kann, stellte an
Ostern 2002 die Frage: «Welche
Bücher muss man kennen?» Sie kam
zum Ergebnis: «Die Bibel dürfte das
einzige Werk sein, dem sein Platz
auf allen Listen sicher ist. Die Bibel
ist das Buch, ohne das man nichts
versteht. Nicht, warum wir Ostern
feiern oder an Ostern wenigstens
frei haben.» Glauben, so meint «Die
ZEIT», das ist eine andere Sache,
aber Lesen sollte schon sein.
Ich habe als Schlussergebnis das
ganze Johannes Evangelium nach-
gelesen und kann dem nur zustim-
men, denn lesen sollte man gerade
in diesen österlichen Tagen.
Die gesamte Redaktion der EIN-
TRACHT wünscht Ihnen zudem ein
frohes, gesegnetes und ruhiges Os-
terfest.
A.P.Goop
EINTRACHT
OSTERN 2003
UNSER GAST
Mario F. Broggi
Liebeserklärung an das Strömende
Mit dieser Liebeserklärung «an das
Strömende» spreche ich etwas an,
was mich mein Leben begleitet. Es
ist das «Wasser». Noch heute wird
es mir beim Anblick einer Quelle
mit reinem Wasser warm ums Herz.
Welch ein Privileg, aus einer Quelle
Wasser trinken zu dürfen! Sie er-
giesst sich, wird zum Fliessgewäs-
ser. Bereits als Kind habe ich Steine
umgedreht und gesehen, dass Was-
ser voller Leben ist. Da war die kräf-
tig gelbe Sumpfdotterblume im zei-
tigen Frühling, der Laich der Gras-
frösche, die gelbe Sumpfschwertli-
lie, die Libellen, darunter gar sma-
ragdfarbene. Ich erinnere mich an
die «Bammele» (Elritzen), die flin-
ken Bachforellen. Das alles war
reichhaltiges Leben.
Ich sammelte auch viele Jahre Kie-
selsteine im Rhein, in all ihren Aus-
formungen. Die Betrachtung von
Steinen erinnert uns ein bisschen an
die Ewigkeit. Sedimentgesteine wie
Schiefer, Mergel oder Sandstein
wurden bereits einmal durch Ver-
witterung zerrieben und sind wieder
zu Gestein geworden. Und sie ver-
wittern immer wieder neu. Das Ge-
stein bildet die Grundlage der Land-
schaft, an ihr wird nachfolgend
durch das Wasser gehobelt.
Doch wo sind unsere natürlichen
Talquellen, Bäche und Flüsse ge-
blieben? Wir begradigten sie, ihr
Plätschern ist verschwunden, das
Wasser wird abgeführt. Welch Auf-
schrei in mir, als ich ein wunderba-
res Bächlein, vom Triesner Matila-
berg her fliessend, eines Tages lieb-
los in einer Wildbachschale einge-
baut wiederfand. Wir haben so
Wasser beschleunigt, aus dem Na-
turkreislauf entnommen, Gewässer-
läufe zu Kanälen gestreckt, und den
Unterliegern drohen damit mehr
Überschwemmungen. Die Natur
würde das Wasser hingegen länger
zurückhalten. Doch dafür braucht
es Platz, für die zahlreichen Win-
dungen, die der Kabarettist Dieter
Hildebrandt liebevoll «Naturschlam-
perei» nannte. Wir müssten der Na-
tur Raum geben. Wie erfreulich prä-
sentiert sich neuerdings die Einmün-
dung des Liechtensteiner Binnenka-
nals in den Rhein. Altholz liegt im
Wasserlauf, das Wasser schlängelt
sich durch. In einer Steilflanke hat
bereits nach der Wiederbelebung
des Gewässers der Eisvogel, unser
blauer Paradiesvogel, genistet. Der
zahlreiche Besuch dieses Kraft-Or-
tes lässt erahnen, dass dieser «Bio-
top» auch «Psychotop» ist.
Wie schön wäre die Übertragung
dieses Musters auf den Alpenrhein!
Das ist keineswegs utopisch und die
Machbarkeit ist geklärt. Die offiziel-
le Verfügungsgewalt über den Rhein
obliegt den berührten Staaten. Es
liegt somit an der Politik und der
Verwaltung für das Interesse des Ge-
meinwohls die Initiative zu ergrei-
fen.
Es ist ein «Gesellschaftsvertrag» der
betroffenen Bevölkerung zu entwer-
fen, der den deutlichen Willen für
die Wiederbelebung ausdrückt. Es
wäre eine respektvolle Haltung ge-
genüber dem jeweiligen Nachbarn,
wenn wir das Wasser nicht wie
früher «herüberschupfen», sondern
die Grenzen naturnahe gestalten.
Dies ermöglicht Natur und über-
nimmt damit eine völkerverbinden-
de Funktion.
Der liechtensteinische Künstler
Hansjörg Quaderer drückte es so
aus: «Eine Landschaft behauptet
sich in dem Masse, als ein geistiger
Anspruch auf eine gewisse Land-
schaftskultur geweckt wird. Fehlen
die Visionen, fehlt die Inspiration,
dann können ganze Berge aus unbe-
deutenden Gründen geschliffen
werden.»
Ich hoffe die Wiederbelebung des
Alpenrheins noch erleben zu dür-
fen. Ich hoffe, dass die in der Jugend
erlebte Kommunikation zwischen
Mensch, betrachtetem Objekt und
natürlicher Lebensform wieder er-
stellt wird. Für mich ist der Fluss Le-
ben, Heimat, dies ein Wort der Ein-
zahl, weil sie einmalig ist. Und des-
halb bin ich für das Strömende, für
die Wiedergeburt der Lebensader
Alpenrhein, unserer Talschafts-Aor-
ta. Alles fliesst.
Mario F. Broggi
4
EINTRACHT
OSTERN 2003
GEDICHTE
Edwin Nutt (1922-1991)
Edwin Nutt, in Vaduz geboren und
aufgewachsen, hat das öffentliche
Leben in Liechtenstein in vielfacher
Weise mitgestaltet. Seine eigentli-
che Leidenschaft galt der Heimat-
und Mundartdichtung.
Seine Gedichte sind Erinnerungen
an seine Jugend, Schilderungen des
einheimischen Brauchtums sowie
Ausdruck seiner Natur- und Hei-
matliebe.
Wir haben über ihn in der «Ein-
Tracht» Nr. 18 berichtet. Er lebt wei-
ter in seinem dichterischen Werk.
A.P.G.
Gsägnets Brot
Nüm i an Lääb i mini Hand
denk z'rock i wit, ganz wit
es kunnt mer denn
an Bruuch in Sinn
wo's fascht o numma git.
Ischt ufa Tesch an Wegga ko
denn hätta d'Mama gno
und erseht wenn si
hat s'Krüz druf g'macht
üs denn zom Ahau lo.
So hat ma früeher Tag för Tag
no bättet, dass ka Not
und üs nia fähli ufern Tesch
an Wegga g'sägnets Brot.
Und höt - s'ischt bös wia hufawies
lit öberall umma Brot
derwil net wit vo üs awägg
triebt Hunger Lüt in Tod!
Kindliche Bitte
Holder Engel, komm doch wieder
heut' in später Abendstund.
Küss der Augen müde Lider
mir mit deinem süssen Mund.
Trag auf deinen Silberschwingen
mich im Fluge hoch hinauf,
wo die Sterne mich umringen
und sie nehmen ihren Lauf.
Holder Engel, bring den Schlummer
friedlich schlafe ich dann ein,
bald vergessen wird der Kummer
und mein Herz glückselig sein.
Zuversicht
Solang ein Stern
vom Himmel blinkt
nach langer Nacht
ein Frühling winkt,
solang vom Turm ein
Glockenschlag
mir kündet einen neuen Tag,
ist Hoffnung weit und breit.
Solang ein treues Herz noch schlägt
das alle Mühen mit mir trägt,
solang ein Glaube mir verheisst,
dass Gottes Hand die Wege weist
macht stark mich Not und Leid.
Bim Zroggluaga
Fort ischt dr Früahlig
met sim Blüeha
und s'Schternameer ir Maianacht,
dr Trom met allna schööna Schtunda,
wo Liabi doo hat selig gmacht.
Druf ischt dr Summer met da
Schwalba
wia z'flüga ko i gsegnets Land
und alls hat dörfa langsam riifa,
was groota loo hat Gotteshand.
Jetz sind scho doo di langa Öbed
und kalti Löft gohnd dor mi uus;
wer ka, der flucht drum hintera Ofa,
wenn's Winter werda well ums Huus.
Dr Moschterschüaler
Er hat scho ab em erschta Tag
mit sira Gschiidi glenzt
und hett o net a änzigsmol
d'Schual no a Schtündli gschwenzt.
Alls was do ischt zom Lerna gse,
hat er im hoi kapiert
und dia, wos net verschtanda hend,
als dumm und fuul blamiert.
Sowit i wääss ischt ihm o nia
an Fehler je passiert;
hat brav bim klinschta
Buabaschträäch
0 nia an Finger grüahrt.
Im Leba schpööter allerdings -
wer soll das o verschtoh,
sind dia grad wo nia glänzet hend,
zo Geld und Ämter ko.
S'Verschprecha
Wia hat er's mir i d'Hand
verschprocha,
es wöri hoch und heilig wohr,
er well sir Lebtig numma trinka
und gelta söll's grad ab Neujohr.
1 ha do dra halt glich no zwiiflet,
er hat jo alls zom Narra gha
und hundertmol scho gseet: «Ihr
Liaba, morn fooeh i secher
anderscht a.»
Noch vor di «Heiliga Drei König»
sind zoga met em Schtern
dor's Land,
hat der, wo allna 's Guat
verschprocha
scho weder gsoffa uverschamt.
Wo i denn z'Red gschtellt ha
des Lümple,
seet keck er: «Wia kunnscht
du mir vor»,
und gmänt derzua ganz malefizisch,
«i ha nia gseet, i welem Johr!»
EINTRACHT
OSTERN 2003
BRAUCHTUM
Weisser Sonntag
in Mauren, 7. 4. 2002
Ein grosses Erlebnis im Leben eines
jungen Katholiken stellt die erste
heilige Kommunion dar. Die Kinder
in der zweiten Volksschulklasse
werden gemeinsam zum ersten Mal
zum Tische des Herrn geladen. Al-
lerdings findet der Weisse Sonntag
nicht in allen Gemeinden am glei-
chen Tag statt.
Die Erstkommunikanten tragen an
diesem Tage nicht ihre gewöhnli-
chen Kleider, sondern die Kom-
munionkleider, die je nach Pfarrei
verschieden sind.
Die Kommunionkerze wird den Kin-
dern von den Eltern oder vom Götti
oder der Gotta geschenkt.
Der Bedeutung des Tages entspre-
chend werden die Erstkommunikan-
ten meist von der ganzen Gemeinde
beim Schul- oder Pfarrhaus abge-
holt. Mit der schön verzierten Kom-
munionkerze in der Hand, begleitet
von ihrem Pfarrer, in einzelnen Ge-
meinden auch von Trachtenkindern,
ziehen die Erstkommunikanten un-
ter den feierlichen Klängen der
Dorfmusik in die schön geschmück-
te Kirche ein. A.P.G.
EINTRACHT
OSTERN 2003
PERSÖNLICHKEITEN
Seine Durchlaucht Emanuel Prinz
von und zu Liechtenstein
Ehrenbailli des Souveränen
Malteser-Ritterordens
Gouverneur des Alten Ordens
von St.Georg
Ehrenkorpsführer der Pfadfinder
Liechtensteins
Ehrenpfadfinder der Abteilung
Gamprin-Bendern
Träger des Grosskreuzes mit
Brillanten des Fürstl. Liecht.
Verdienstordens
Er wurde geboren am 22. Oktober
1908 als Sohn des Prinzen Johan-
nes von Liechtenstein und der Prin-
zessin Marizza geb. Gräfin Andras-
sy und ist am 18. Oktober 1987 im
Spital Grabs sanft verschieden.
Im berühmten Schottengymnasium
in Wien ging der junge Prinz den
Mittelschulstudien nach und imma-
trikulierte sich nach der Matura an
der Hochschule für Bodenkultur in
Wien, wo er sich dem Forststudium
widmete. Das Talent, fremde Spra-
chen äusserst leicht zu lernen,
nützte Prinz Emanuel immer wieder
aus, obwohl er wahrscheinlich nicht
daran dachte, welche Vorteile es
ihm einst bringen sollte.
Ein Edelmann vom Scheitel bis zur
Sohle
Weitsichtige Männer hatten zu Be-
ginn der Dreissiger Jahre die damals
einsetzende «Heim-ins-Reich »-Pro-
paganda rasch in ihrer ganzen Trag-
weite erfasst und sahen grosse
staatspolitische Schwierigkeiten am
Horizont auftauchen. Fürst Franz
hatte deshalb empfohlen, die Ju-
gend zu sammeln, sie vor allem für
den eigenen Staat zu begeistern.
Dass man dabei auf die Pfadfinder
stiess, kam nicht von ungefähr. 1932
kamen - nach Schaan - auch in den
anderen Gemeinden des Landes
Pfadfinder und Pfadfinderinnen auf,
die nun eng zusammenarbeiteten.
Eine Corpsleitung wurde ins Leben
gerufen in der Person des Prinzen
Emanuel von und zu Liechtenstein.
Mit ihm wurde ein Corpsführer ge-
funden, von dem Dr. h. c. Alexan-
der Frick schrieb: «...der uns in
sämtlichen Belangen das beste Bei-
spiel gab. Er war schon mit seinen
30 Jahren ein Edelmann vom Schei-
tel bis zur Sohle, den alle verehrten
und auch heute noch verehren.»
Die Aufzeichnung und Würdigung
seines Lebensweges, seiner Gestalt
und Persönlichkeit, seines Werkes,
seine Verdienste um Liechtenstein
und die liechtensteinischen Pfadfin-
der können nicht im Rahmen von
kurzen Gedenkworten zusammenge-
fasst werden.
Corpsführer von 1935 - 1971
Prinz Emanuel vertrat in der Eigen-
schaft als Corpsführer die liechten-
steinischen Pfadfinder an beinahe al-
len internationalen Lagern und Kon-
ferenzen und dank seiner Person als
Prinz war die Liechtenstein-Delega-
tion stets bei den «grandes nations».
Der «Pfadfinderfürst» war in der
ganzen Welt ein gern gesehener
Gast. Prinz Emanuel wurde durch
seinen Einsatz und seine Hilfsbereit-
schaft für seine Pfadfinderfreunde zu
einem Vorbild. Er blieb schlicht und
einfach. Stets der erste, wenn es galt,
Pflichten zu übernehmen, dann aber
der letzte, wenn Rechte geltend zu
machen waren.
Für Gott, Fürst und Vaterland
Die Ehre des Pfadfindercorps, der
Dienst für den Fürsten und die Zie-
le des Pfadfinderversprechens und
-gesetzes waren für Prinz Emanuel
stets Richtschnur seines Denkens
und Tuns. In einem Aufruf in der
Monatsschrift «Die Jugend» schrieb
er: «Um unseren Dienst richtig zu
verrichten, müssen wir mit Leib
und Seele, mit Herz und Hand, all-
zeit bereit sein, müssen uns see-
lisch, geistig und körperlich trainie-
ren. Buben, seid bereit, liebet und
danket Gott, ehret den Fürsten und
dient dem Volke, euren Mitmen-
schen und dem Land so gut eben
jeder kann.»
Prinz Emanuel war ein Tat-Christ
Als Prinz Emanuel im September
1971 nach 36-jähriger Führung des
Pfadfindercorps zurücktrat und S.D.
Prinz Nikolaus von und zu Liech-
tenstein seine Nachfolge antrat,
wählte ihn die Führung zum «Ehren-
corpsführer» auf Lebenszeit. Er
nahm weiterhin Anteil an den Akti-
vitäten «seiner Pfadfinder». Sein Tod
hat den liechtensteinischen Pfad-
findern einen guten alten Freund,
ein Vorbild, eine markante Pfadfin-
derpersönlichkeit entrissen, aber
auch die Welt-Pfadfinderbewegung
verlor einen nach der Idee Baden-
Powells treu verpflichteten Pfadfin-
derbruder, der sich fast 55 Jahre lang
für die Idee des Pfadfindertums ein-
gesetzt hat. Er gab für seine Pfad-
finder das Wertvollste, was es zu
verschenken gab - das Herz. Sich
einzusetzen für diejenigen, die sich
aus eigener Kraft nicht helfen konn-
ten, jeden Tag mindestens eine gute
Tat zu vollbringen, andern eine
Freude zu machen, war ihm immer
ein Bedürfnis, ja fast ein Beruf. Seine
ausgleichende und versöhnliche Art
haben immer wieder beeindruckt,
ebenso sein stets einfacher, wohl
ausgewogener Lebenswandel. Prinz
Emanuel war ein Tat-Christ und ver-
suchte stets und an allen Orten sein
Leben nach der Lehre Christi zu ge-
stalten und sein männliches Gott-
vertrauen war stetig und fest.
In den Geschichtsbüchern sind die
stillen Helden nicht verzeichnet. Sie
verdienen umso mehr Platz in unse-
ren Herzen. Sie können aber auch
als Vorbild dienen. Mit einem Dich-
terwort von Hans Carossa möchte
ich abschliessen: «Was einer ist, was
einer war, beim Scheiden wird es of-
fenbar. Wir vernehmen nicht, wenn
Gottes Weise summt - wir schau-
dern erst, wenn sie verstummt.»
Adulf Peter Goop
EINTRACHT
OSTERN 2003
Dr. Georg Malin, Mauren
Martin Frommelt, Schaan
KUNSTSCHAFFEN
IN LIECHTENSTEIN
für die Sammlung
von
Adulf Peter Goop
Vaduz
Silvia Ruppen, Vaduz
Evi Kliemand, Vaduz
Robert Altmann, Vaduz
Elisabeth Kaufmann-Büchel, Schaan Josef Schädler, Triesen Tini Ospelt, Vaduz
EINTRACHT
OSTERN 2003
Bruno Kaufmann, Balzers Regina Marxer, Vaduz Louis Jäger, Vaduz
Hugo Marxer, Eschen Gertrud Kohli-Büchel, Ruggell Arno Oehri, Ruggell
Prof. Josef Seger, Wien Hansjörg Quaderer, Vaduz Ewald Frick, Vaduz
EINTRACHT
OSTERN 2003
VATERLANDISCHE UND
ANDERE GEDENKTAGE
Vor . . . Jahren
1510 493
Die ehemals römische
Provinz Rätien, zu dem
unser Gebiet damals gehörte,
kommt unter die Herrschaft
des Ostgotenkönigs
Theoderich, des legendären
Dietrich von Bern in der
Nibelungensage.
280 1723
Erstmals wird der
Klostertorkel in Mauren
erwähnt. Die Johanniter in
Feldkirch besassen grosse
Weinberge in Mauren.
160 20. Juni 1843
Aufhebung des seit
Jahrhunderten im Frühjahr
und Herbst ausgeübten Tratt-
oder Atzungsrechtes auf
privaten Gründen
160 1843
Neubau der Pfarrkirche
St. Peter und Paul in Mauren
durch Baumeister Jakob
Oehry aus Tisis nach Plänen
vom fürstlichen Bauinspektor
Laurenz Vogel. Endgültiger
Bauabschluss und Neu-
konsekration der Kirche am
6. September 1846
140 25. Juli 1863
Gründung der
Harmoniemusik Vaduz am
Jakobisonntag
130 1873
Einführung der Kran-
kenversicherung in der
Weberei Triesen durch
Fabrikherr Caspar Jenny
260 17. Juni 1743
Einweihung der «uhralten,
1716 vergrösserten, löbl.
Capelle Maria zue Trost auf
Dux»
FÜRSTENTUM » <
LIECHTENSTEIN
210 1. Okt. 1 793
Peter Kaiser wurde als
neuntes von elf Kindern in
Mauren geboren. Lehrer,
Rektor, Politiker, erster und
bedeutendster Geschichts-
schreiber unseres Landes
70 Juni 1933
Auf Wunsch von Fürstin Elsa
wird eine «Liechtensteini-
sche Trachtenvereinigung»
mit Sitz in Vaduz ins Leben
gerufen.
70 20. Juni 1933
Der Triesner Pfarrer Anton
Frommelt wird Regierungs-
chef-Stellvertreter.
70 3. Juli 1933
Gesetz über den Schutz der
Natur. Erstes liechtensteini-
sches Naturschutzgesetz
60 28. März 1943
Das frischvermählte Fürs-
tenpaar Franz Josef II. und
Gina werden in der Ge-
meinde Mauren herzlich
empfangen. Im Weiteren
besucht das Fürstenpaar alle
Gemeinden des Landes.
60 8. Juli 1943
«Der Umbruch / Organ der
Volksdeutschen Bewegung».
Die weitere Herausgabe der
Zeitung der liechtensteini-
schen Nationalsozialisten
wird verboten.
40 29. Juli 1963
Brand der im Jahre 1929
erstellten hölzernen
Ruggeller Rheinbrücke
30 28. Juni 1973
Das Fürstentum Liechten-
stein und die Deutsche De-
mokratische Republik DDR
nehmen miteinander diplo-
matische Beziehungen auf.
30 3. Juli 1973
Gründung der «Arbeitsge-
meinschaft für Erwachsenen-
bildung». 1977 «Arbeitskreis
EB» unter der Trägerschaft
des Dekanates Liechtenstein
20 1983
Der traditionelle
Fürstenbesuch anlässlich des
Staatsfeiertages galt der Ge-
meinde Mauren mit einem
unvergesslichen Volksfest.
Johann Oehry
10
EINTRACHT
OSTERN 2003
Alpenblumen der Liechtensteiner Bergwelt
Fotos und Text: Wilfried Kaufmann
Auf Blumenbummel in
Liechtenstein
Vermag uns die Romantik der Blu-
men noch zu entzücken? Können
wir das Loblied des Blütenzaubers
noch singen? Warum gerät, wer für
das Schöne schwärmt, bald einmal
in den Ruch des Kitsches? Droht un-
ser Sinn für das Schöne im Konsum
zu ersticken? Müssen wir alt wer-
den, bis wir unsere Seele wieder mit
dem Blütenzauber erfüllen können,
fernab von der Hetze nach Macht
und Reichtum?
Na denn - lasst uns alt sein und uns
jung fühlen! Streifen wir durch un-
ser Land, entdecken wir unsere Blu-
men, lassen wir unser Herz für ein-
mal singen beim Anblick natürlicher
Schönheit!
D'Himmelsgab
Bi jedem Blüahmli wo du findscht,
und sötts davoo ganz Hüffa ha,
hat jedes ganz sin ägna Sinn,
drum loss es schtoh
und freu di dra.
O jeder Käfer ufern Weg,
und schiint er dir o noch so klii,
er hat sis Leba net vo dir,
drum tua n'em nüt und loss a sii.
Wenn du a Kind ir Wiaga siascht,
wo wia an kliina Engel lacht,
denn gschpürscht
im gliicha Ogableck,
das hat dr Himmel för mi gmacht.
Edwin Nutt t
In diesem ersten Teil zeigt Herr
Wilfried Kaufmann aus Balzers Ein-
blicke in Liechtensteins Alpenflora.
Der zweite Teil in einer der kom-
menden Ausgaben der EINTRACHT
behandelt die Pflanzen der Ma-
gerwiesen, Feuchtgebiete und Ried-
landschaften.
L .*.
liihumjjwjwc-crocamt
m&nis i".B.p. ».•»"
Feuerlilie
Sie flieht den fernen Fels,
das Waldesdunkel.
Ihr liegt nicht Einsamkeit
und nicht Verstecken.
Die Alpenrosen brauchen
ganze Hänge.
Der Steinbrech findet nur
zu Häuf Beachtung.
Das Männertreu muss man
im Gras entdecken - sie aber nicht:
In leuchtendem Karfunkel
Bannt sie den Blick
mit lockendem Gepränge
zu wunschlos hingegebener
Betrachtung.
Siegfried Feger t
11
EINTRACHT
OSTERN 2003
BLUMEN -
MYSTISCHE WESEN
Ob Stern, Becher, Glocke, Herz
oder Helm, ob rot oder weiß, grün
oder blau: Blumen sind von alters
her Sinnbild des Frühlings, des
Wachstums und - der Schönheit. In
der indischen Chakrenlehre steht
die Lotosblüte am Eingang zum Kro-
nenchakra, wo wir das Göttliche in
uns tragen; wo wir unsterblich sind.
Und erst in der Mythologie! Aus
dem Blut des schönen griechischen
Jünglings Adonis sprießen Anemo-
nen hervor, heute noch im blutroten
Adonisröschen versinnbildlicht. Das
christliche Himmelreich ist erfüllt
von duftenden Blumen. In Gerhart
Hauptmanns «Hanneles Himmel-
fahrt» schweben die Himmelskinder
durch Duft und Blumendampf des
Paradieses. In den Katakomben ver-
ewigten frühe christliche Künstler
mit Blumen ihre Auferstehungshoff-
nung. Anemonen stehen in der
christlichen Symbolsprache für das
Blut der Märtyrer. Blumen geleiten
hinüber in die geistige Welt, wenn
Menschen von uns Abschied neh-
men. Für Angelus Silesius ist Gott
die geheimnisvolle Blume, die im
Gläubigen erblüht. Die Inkas ver-
ehrten die Sonnenblume als Zei-
chen des Sonnengottes. Novalis'
Blaue Blume symbolisiert die Ro-
mantik schlechthin. Die Rose ist das
Symbol der Liebe. Welcher Mann
schenkt ihr nicht, wenn die Liebe er-
blüht, rote Rosen? Doch Eugen Roth
mahnt:
Nie soll weiter
sich ins Land
Lieb' von Liebe wagen,
als sich blühend
in der Hand
lässt die Rose tragen!
VOM BLUMEN-
REICHTUM
LIECHTENSTEINS
Im schweizerisch-liechtensteini-
schen Rheintal treffen sich die Ost-
und Westalpen. So ist Liechtenstein
auch eine botanische Schaltstelle
mit einer reichhaltigen Flora. Bei
uns wachsen auf 160 km2 Landes-
fläche 1600 Pflanzenarten, davon
etwa 800 Arten in den Bergen. Zum
Vergleich: In der Schweiz gibt es
3000 Arten, in Österreich 3300.
Liechtenstein ist botanisch sehr gut
erforscht. Im liechtensteinischen
Herbar sind fast alle 1600 Arten be-
legt. Das Herbar kann bald einmal
im Haus der Natur besichtigt wer-
den. 383 Arten wurden in die Rote
Liste der Gefäßpflanzen im Fürsten-
tum Liechtenstein aufgenommen,
das sind 24 % der Flora. 68 Arten
sind ausgerottet oder verschollen,
102 Arten stark gefährdet, 91 ge-
fährdet und 122 selten.
12
EINTRACHT
OSTERN 2003
KONIGSPFADE IM
ALPENRAUM
Im Jahre 1989 hat die Regierung des
Fürstentums Liechtenstein das ge-
samte Alpengebiet des Landes zum
integralen Pflanzenschutzgebiet er-
klärt. Es wurden Weidezonen für
Gross- und Kleinvieh ausgeschie-
den: Ein zumindest im Alpenbogen
wohl einmaliger Vorgang. Wo sonst
gibt es ein Gesetzeswerk, das die
Natur als geschützt und die Bewirt-
schaftungsflächen als Ausnahme
ausweist?
Unsere Alpen sind nicht nur von der
Schönheit der Landschaft her, son-
dern auch aus botanischer Sicht ein
Schmuckkästchen. Wandern wir nun
auf den schönsten Blumenpfaden in
unseren Alpen!
Von den Blumen am
Fürstin-Gina-Weg
Im Alpenraum ragt aus den vie-
len Wanderwegen der Fürstin-
Gina-Weg heraus. Er verläuft
vom Sareiserjoch über den Aug-
stenberg zur Pfälzerhütte. Auf
dem Fürstin-Gina-Weg versam-
melt sich die bunte Welt unserer
Alpenpflanzen fast vollzählig.
Der Fürstin-Gina-Weg wurde
1988 anlässlich der Ausstellung
«Unsere Berge» zu Ehren unserer
inzwischen verstorbenen Landes-
mutter eingeweiht. Es ging u.a.
auch darum, dem schönsten Grat-
weg Liechtensteins einen wirksa-
men Schutz zukommen zu las-
sen. Dass der Weg zu Ehren unse-
rer Fürstin geschützt gehört, war
wohl jedem klar! Beim «Löffel»
erinnert heute noch eine Gedenk-
tafel an das segensreiche Wirken
von Fürstin Gina für unser Land.
Kerners Pippau
(Crepis kerneri) Kerners Pippau und
der Triglav-Pippau sind eigentlich
die Urheber des Fürstin-Gina-We-
ges. Diese botanischen Seltenheiten
kommen zwischen Spitz und Löffel
im Aufstieg zum Augstenberg vor.
Damals bestand die Absicht, eine
Schafherde in diesem Gebiet unbe-
aufsichtigt weiden zu lassen. Da-
durch wäre der einzige Standort die-
ser Pflanzen in Liechtenstein ausge-
rottet worden. Dies führte zu hefti-
gen Protesten in den Landeszeitun-
gen, aber auch zum Vorschlag, ei-
nen «Fürstin-Gina-Weg» zu schaf-
fen. - Die beiden Arten sehen sich
ähnlich. Bei genauerem Hinsehen
aber bemerken wir die langen,
schmalen Endzipfel der Blätter von
Kerners Pippau. Der Triglav-Pippau
stammt wohl aus dem gleichnami-
gen Gebirge in Slowenien.
Alpen-Hahnenfuß
(Ranunculus alpestris) Der Alpen-
Hahnenfuß siedelt gerne in Schnee-
tälchen, wie am Fürstin-Gina-Weg
beim Löffel. Die fleischigen Blätter
schützen vor Kälte und Wärme.
Triglav-Pippau
(Crepis terglouensis)
Oders Läusekraut
(Pedicularis oederi) Mit seiner auf-
fallenden Schönheit entzückt uns
Oders Läusekraut auf unseren alpi-
nen Wanderungen. Die Braun-,
Gelb- und Grüntöne sind harmo-
nisch aufeinander abgestimmt. Man
würde dieser Schönheit ihre Lebens-
weise nicht ansehen: Sie ist ein
Halbschmarotzer. Obwohl sie Blatt-
grün enthält und somit mit Hilfe des
Lichtes zur Umwandlung von Koh-
lenstoff in Zucker und Sauerstoff
fähig ist (Photosynthese), zapft sie
die Wurzeln von Blaugras (Sesleria
albicans) und Polster-Segge (Carex
firma) an und entzieht diesen Grä-
sern Nährstoffe.
13
EINTRACHT
OSTERN 2003
Schweizer Mannsschild
(Androsace helvetica) Der Anblick
des Schweizer Mannsschildes erfor-
dert oft einen Abstecher ins unweg-
same Gelände der Felsen. Der
Schweizer Mannsschild erträgt
große Temperaturunterschiede. Die
Pflanze treibt zähe Pfahlwurzeln in
die Felsritzen und entzieht dem fei-
nen Erdreich in diesem Lebensraum
die Nahrung. Wahrlich ein Wunder
an Genügsamkeit und Überlebens-
willen!
Straußblütige Glockenblume
(Campanula thyrsqides) Eine Pracht,
diese wuchtige Ähre der Strauß-
blütigen Glockenblume! Mit ihrer
gelben Blütenfarbe tanzt diese selte-
ne Pflanze aus der blauen Reihe der
Glockenblumen. Zu Beginn ist die
Ähre nur kurz. Dann verlängert sie
sich, und oben entfalten sich immer
neue Blüten, bis sich ein behaartes
Blütenmeer über die Ähre ergießt.
Alpen-Aster
(Aster alpinus) Die Blütenfarben der
Alpen-Aster können sehr verschie-
den sein. Die Farbe hängt vom Mi-
neralgehalt des Bodens ab. Immer
fällt uns die schöne Farbharmonie
auf zwischen den gelben, früchtetra-
genden Scheibenblüten im Inneren
und den in unterschiedlichsten
Blautönen lockenden Zungenblüten
am Rande. Diese blauen Blüten sind
steril. Sie dienen dazu, die bestäu-
benden Insekten anzulocken.
Gegenblättriger Steinbrech
(Saxifraga oppositifolia) Es gibt kei-
ne Pflanze, die näher zum Nordpol
geht als der Gegenblättrige Stein-
brech. Er treibt Pfahlwurzeln ins
Geröll oder in Felsritzen. Stein-
brecharten können mit scharfen Säf-
ten Felsen auflösen («brechen»), wie
der Name schon sagt!
Langsporniges Stiefmütterchen
(Viola calcarata) Die Urform der
Garten-Stiefmütterchen ist wohl das
Langspornige Stiefmütterchen oder
Veilchen. Auch hier sind das Gelb
und das Blau fein harmonisch abge-
stimmt, so dass die Pflanze immer
wieder unser Auge erfreut.
Von orangefarbigen Sternen
Für ausdauernde Wanderer ist
die Ersteigung des Galinakopfes
empfehlenswert.
Ausgehend von Malbun, wan-
dern wir nach Saß und durch
die Alpe Matta, kommen zum
Mattafürkle und machen bei der
Alphütte Guschgfiel einen kur-
zen Halt. Von da aus sieht der
Anstieg zum Galinakopf recht
anspruchsvoll aus, doch mit et-
was Krafteinteilung schaffen wir
den Gipfel recht gut. Westlich
des Gipfels zieht sich ein Lat-
schenwald zum Zigerberg hin.
Dieser Wald wurde kaum von
Menschenhand verändert. Auf
dem langen Rückweg spüren
wir die Anstrengungen des Ta-
ges, doch die Müdigkeit wird
begleitet von einem beglücken-
den Gefühl.
14
EINTRACHT
OSTERN 2003
Eberreisblättriges Kreuzkraut
(Senecio abrotanifolius) Auf dem
westlichen Grat des Galinakopfes
finden sich Kolonien des seltenen
Eberreisblättrigen Kreuzkrautes. Es
ist eine Pflanze der Ostalpen. Bei
uns kommt sie nur hier vor. Auch
hier sind die inneren und äußeren
Tönungen der orangeroten Schei-
ben- und Zungenblüten fein aufein-
ander abgestimmt.
lig ist der lange, fadenförmige Sporn,
durch den Saugrüssler Nektar sau-
gen. Dabei bestäuben sie die Pflan-
ze. Der Artname «conopsea» stammt
aus dem Griechischen und bedeutet
«Mücke». Mit etwas Fantasie ähneln
die Blüten einer Mücke.
Kochscher Enzian
(Gentiana acaulis s.str.) Wir haben
zwei Keulenenzian-Arten: Der Koch-
sche Enzian hat in der Kronröhre
olivgrüne Streifen oder Flecken.
Außerdem sind die Kelchzipfel mit
einer weißen Haut verbunden. Die
Pflanze flieht Kalk. Der Clusius'sche
Enzian hingegen hat keine grünen
Flecken oder Streifen im Inneren der
Kronröhre. Die Kelchzipfel laufen
am Grunde spitz aufeinander zu. Er
lebt auf Kalkböden.
Mücken-Händelwurz
(Gymnadenia conopsea) Die Lang-
spornige Handwurz ist eine häufige
Orchidee in unseren Alpen. Auffäl-
Kalk-Polsternelke
(Silene acaulis) Die Kalk-Polsternel-
ke duftet stark. Dadurch zieht sie
viele bestäubende Insekten an. Die
Wurzeln sind sehr lang und zäh. Im
dichten Polster finden zahllose Mi-
kro-Organismen ihren Lebensraum.
Bärtige Glockenblume
(Campanula barbata) Die Bärtige
Glockenblume ist leicht zu erken-
nen an ihren langen, bärtigen Haa-
ren am Kronenschlund. Durch Gen-
Mutationen blüht die Pflanze oft
weiß. Dennoch vermögen sich die
weißen Mutanten nicht zu vermeh-
ren.
15
EINTRACHT
OSTERN 2003
Edelweiß
(Leontopodium alpinum) Wenn wir
in der Alp Lawena zum «GorgeU
hoch wandern und in leichter Klet-
terei auf dem Felsplateau angelangt
sind, lachen uns wunderschöne Be-
stände des Edelweiß entgegen. Die
Königin der Alpenpflanzen ist nach
den Eiszeiten aus dem Kaukasus zu
uns gekommen. Leider sind auf
dem schweizerischen Grat zwi-
schen Mazorahöhe und Mittlerspitz
die vielen Edelweiß-Standorte durch
unsachgemäße Schafbeweidung zer-
stört worden.
Vom Edelweiß am Gorgel
Die Wanderung nach Lawena ist
ein Geheimtipp. Das Lawenatal
ist autofrei. Die Mühen des lan-
gen Anmarsches werden durch
eine wunderbare Pflanzenviel-
falt kompensiert. Die Alpe La-
wena zählt zu den bestgepfleg-
ten im liechtensteinischen Al-
penraum, begrenzt von den
höchsten Gipfeln Liechtensteins.
Gemeiner Seidelbast
(Daphne mezereum) Leuchtend rote
Beeren scheinen uns auf unseren
Herbstwanderungen entgegen. Es
sind die Früchte des Gemeinen Sei-
delbastes. So schön diese Beeren
sind, wir sollten dennoch von ihnen
ablassen. Denn sie sind giftig. Der
Saft der Rinde, der Blätter oder der
Beeren ruft auf der Hand schwer
heilende Blasen hervor.
Tannenbärlapp
(Huperzia selago) Die Bärlappge-
wächse besiedelten schon vor rund
400 Millionen Jahren die Erde, die
Blütenpflanzen begannen ihr Leben
erst vor etwa 130 Millionen Jahren:
Mehr als 250 Millionen Jahre be-
stand die Flora nur aus Bärlappen,
Schachtelhalmen und Farnen. Von
Veilchen und Rosen war noch nichts
zu sehen. Geschweige denn vom
16
EINTRACHT
OSTERN 2003
heutigen Menschen, dessen Bewusst-
sein erst vor etwa 100'000 Jahren
dämmerte. Bärlappe vermehren sich,
wie die Algen, Moose, Pilze, Flech-
ten und Farne, durch Sporen. Der
Tannenbärlapp hat einmal als Vor-
läufer des Blitzgerätes gedient: Sei-
ne Sporen wurden auf einer Platte
entzündet, die Stichflamme erhellte
das Fotoobjekt, und der Fotograf lö-
ste blitzschnell aus.
Alpen-Wachsblume
(Cerinthe glabra) Die Alpen-Wachs-
blume schützt sich vor Ausdünstung
und Kälte durch einen Wachsman-
tel. Die zweifarbigen Blüten können
nur durch langrüsselige Hummeln
bestäubt werden.
Berg-Flockenblume
(Centaurea montana) Eindrücklicher
in ihrer ausladenden Eleganz könnte
man sein Gewand nicht präsentie-
ren als die Berg-Flockenblume.
Schon die Hüllblätter der Körbchen
sind von einem vornehmen, dunk-
len Saum umgeben und verleihen
dem Kelch eine königliche Würde.
Die weiten Trichterblüten am Rande
des Körbchens locken zahlreiche In-
sekten zum Mahle an. Die Röhren-
blüten im Inneren schenken den be-
stäubenden Insekten tief im Schlün-
de duftenden, wohl schmeckenden
Nektar. Nach der griechischen Sage
soll der heilkundige Kentaur Chiron
- halb Pferd, halb Mensch und Erzie-
her des homerischen Helden Achil-
les - die Heilkräfte der Flockenblu-
me entdeckt haben. Deshalb heißt
diese Gattung Centaurea.
Hallers Rapunzel
(Phyteuma ovatum) Hallers Rapun-
zel oder Teufelskralle in ihrer dun-
kelblauen Tracht kann kein Fotograf
widerstehen. Man muss den Tag er-
wischen, wo die Blüten von unten
nach oben aufgeblüht sind, um die
volle Pracht im Bild zu erhaschen.
Die einzelnen Blüten sind aus fünf
bandförmigen, schmalen Zipfeln ge-
formt, die unten und oben verwach-
sen sind. Nur in der Mitte klaffen die
Bänder auseinander. Dort reifen die
Samen heran. Während dieser Zeit
ziehen sich die Bänder immer wei-
ter auseinander, bis die Samen aus-
treten können. Die Rapunzeln
gehören zu den Glockenblumenge-
wächsen.
Arnika
(Arnica montana) Die Arnika oder
Berg-Wohlverleih fällt durch ihre
goldgelben Blüten auf. Sie ist leicht
zu erkennen an den gegenständigen
Blätterpaaren am Stängel. Oft ist es
nur ein Paar, oft sind es 2 - 3 Paare.
Die Arnika war früher eine viel ge-
brauchte Heilpflanze. Sie enthält
ätherische Öle, Bitterstoffe und Cu-
marine. Doch: Arnikatinktur kann
allergische Hautreizungen auslösen.
Bei innerer Anwendung können
Vergiftungen hervortreten. Die
neuere Heilkunde meidet deshalb
Arnika.
17
EINTRACHT
OSTERN 2003
Bewimperte Alpenrose
(Rhododendron hirsutum)\Ner kennt
sie nicht, die Bewimperte Alpenro-
se! Aber aufgepasst, es gibt bei uns
zwei Arten von Alpenrosen: Die Be-
wimperte Alpenrose hat an den
Blatträndern lange Wimpern, die
Rostrote Alpenrose ist an den Blatt-
rändern kahl, an der Blattunterseite
rostrot. Zudem lebt die Bewimperte
Alpenrose auf kalkhaltigen Böden,
die Rostrote Alpenrose auf (saurem)
Rohhumus. Die Alpenrosen gehö-
ren zu den Heidekrautgewächsen.
Sie sind verwandt mit Erika, Heide-
kraut, Heidel- und Krähenbeere.
Frauenschuh
(Cypripedium caiceolus) Würde die
Schönheitskönigin unter den Orchi-
deen gewählt, der Titel ginge wohl
an den Frauenschuh. Wo immer er
blüht, er zieht uns magisch an. Der
Fotograf löst immer wieder aus, auch
wenn er schon Hunderte von Frau-
enschuhen in seiner Diasammlung
hat. Wenig bekannt ist der geniale
Bestäubungstrick des Frauenschuhs:
Der gelbe Schuh - in Wirklichkeit ei-
ne Ausstülpung der Lippe - ist eine
Kesselfalle. Kleininsekten, vornehm-
lich Fliegen, die dort hineinfallen,
sind Gefangene ihrer Lust. Sie su-
chen verzweifelt nach dem Ausgang
aus ihrer Kesselhöhle. Einzelne
Punkte mit griffigen Haaren bieten
sich als Steighilfen an. Da klettert
das Insekt hoch und kommt am Aus-
gang an der Narbe vorbei. An ihr
streift das verzweifelte Tier die Pol-
len von früheren Frauenschuh-Blü-
ten ab. Nach der Bestäubung findet
das Insekt wieder ins Freie.
Von der Königs-
wanderung
Die Königswanderung führt uns
von Planken über den Rojasattel
zu den Drei Schwestern, von
dort über den Kuhgrat und den
Fürstensteig nach Gaflei. Die
Wanderung verlangt Schwindel-
freiheit über die Leitern der Drei
Schwestern und Trittsicherheit
über die oft schmalen Grate.
Entlang dieses Klettersteiges be-
gegnet uns fast alles, was der
Rätikon an Blumen zu bieten
hat.
18
EINTRACHT
OSTERN 2003
Mondraute
(Botrychium lunaria) Die Mondrau-
te gehört zu den Farnpflanzen. Sie
ist wohl über 200 Millionen Jahre
alt, denn ihr Erscheinungsbild lässt
auf eine uralte, aber bewährte Bau-
struktur schließen. Die Mondraute
hat zwei Arten von Blättern: die
halbmondförmig geteilten Blattab-
schnitte des unfruchtbaren Teils so-
wie das lang gestielte, sporentragen-
de Blatt.
Alpen-Margerite
(Leucanthemopsis alpina) In Schnee-
tälchen und im Schutt finden wir die
leuchtend weiße Alpen-Margerite.
Sie ist an ihren kammförmigen Blät-
tern leicht erkennbar. Zudem ist sie
kleiner als alle anderen Margeriten-
arten.
IW?
Blick von Silum auf die liechtensteinische ßergwelt. Ölbild von Prof. E. Zotow (Ausschnitt)
Blaugrüner Steinbrech
(Saxifraga caesia) In den Felsspalten
des Fürstensteiges entdecken wir
den Blaugrünen Steinbrech. Wie al-
le Felsenbewohner, bohrt er tiefe
Pfahlwurzeln in die Gesteinslücken.
Die zähen, kleinen Blätter bilden
harte Pölsterchen, Lebensraum für
ungezählte Kleinstorganismen.
19
EINTRACHT
OSTERN 2003
Große Soldanelle
(Soldanella alpina) Bei uns gibt es
zwei Soldanellen: Die Große und
die Kleine. Die Große Soldanelle
hat ein Glöckchen, das über 1/3 zer-
schlitzt ist. Die Glöckchen der Klei-
nen Soldanelle hingegen sind am
Rande nur wenig gefranst. Die Sol-
danelle erscheint im alpinen Früh-
ling als erste Blume. Sie blüht schon
bei -6°! In ihrer Ungeduld durch-
bricht ihre Blüte oft letzte Schnee-
reste.
Alpen-Anemone
(Pulsatilla alpina) Die Alpen-Ane-
mone gehört zu den Hahnenfußge-
wächsen. Sie blüht weiß und ver-
langt kalkhaltigen Boden. Hier se-
hen wir den Fruchtstand. Die
Früchtchen tragen einen federig be-
haarten, bis 5 cm langen Griffel, der
für die Verbreitung der Samen durch
den Wind sorgt. Diesen Fruchtstand
nennen wir in Liechtenstein auch
«Wilde Buben».
Felsen-Primel
(Primula auricula) Die Felsen-Primel
bewohnt hauptsächlich feuchte
Felsritzen. Ihre wachshaltigen Blät-
ter wie auch der Schlundeingang
der Blüte sind mehlig bestäubt. Die
Blütendolde ist zur Sonnenseite hin
gewendet.
20
EINTRACHT
OSTERN 2003
Alpen-Leinkraut
(Linaria alpina) Das kleine Löwen-
mäulchen der Alpen, das Alpen-
Leinkraut, besticht immer wieder
durch seine wunderschöne Farb-
kombination: Das zarte Grün der
fleischigen Blätter, die violetten,
dunkelviolett geäderten Blüten, und
dann der leuchtend orangerote
Gaumen, der den bestäubenden In-
sekten den Weg zum nektarreichen
Sporn weist.
Grauer Löwenzahn
(Leontodon incanus)
Der Graue Löwenzahn begegnet
uns auf kalkreichen Gräten der
Ostalpen. Die ganze Pflanze ist von
feinen Gabelhaaren graufilzig be-
deckt.
s * >
Rückkehr
Welche Wohltat, müde von ei-
nem botanischen Streifzug nach
Hause zurückzukehren und aus-
zuruhen.
Wir sehen vor unserem geisti-
gen Auge die Bilder, die Farben,
die Formen. Wir sind dankbar,
in diesem gewaltigen Ganzen
der Schöpfung teilnehmen zu
dürfen, und wir fühlen uns darin
geborgen.
Es ist diese Geborgenheit, die
dem heutigen Zeitgeist abgeht.
Die Konsummentalität entrückt
uns unserer physischen und gei-
stig-seelischen Wurzeln in der
Natur. So oft wir uns mit der Na-
tur verbinden, so oft fühlen wir
Demut und Staunen. Wir ent-
decken immer wieder neue
Wunder und Geheimnisse. Der
Schöpfer dieses Werkes ist selbst
ein Geheimnis.
Alle Gottesbeweise sind bisher
misslungen. Warum Gott be-
weisen, ihn erklären und be-
haupten, wie er ist, wenn er uns
in der Natur konkret begegnet?
Die Natur ist die einzige Mani-
festation Gottes, die wir wahr-
nehmen können.
Gottesdienst sind in diesem Sin-
ne der Schutz seines Werkes,
die Demut und das Staunen.
Und das höchste Prinzip, die
Schöpfung zu ehren, ist die so
genannte Biophilie, die Liebe zu
allem Leben:
Gut ist, was das Leben
fördert; böse, was dem
Leben schadet.
Dies möge unser Leitspruch sein!
Wilfried Kaufmann
21
EINTRACHT
OSTERN 2003
Blick von Silum ins Rheintal. Ölbild von Professor Eugen Zotow
EMPFEHLENSWERTE
LITERATUR:
Aichele, Dietmar und Heinz-
Werner Schwegler: Die
Blütenpflanzen Mitteleuropas.
5 Bde. Stuttgart: Franckh-Kosmos,
1994. ISBN 3-440-06190-6
Berichte der Botanisch-
Zoologischen Gesellschaft
Liechtenstein - Sargans -
Werdenberg e.V. Schaan: BZG,
Sekretariat Im Bretscha 22,
FL-9494 Schaan.
Binz, August und Christian
Heitz: Schul- und
Exkursionsflora für die Schweiz.-
18. Aufl. 1986. Basel: Schwabe,
1990. ISBN 3-7965-0892-8
Broggi, Mario F.:
Landschaftswandel im Talraum
Liechtensteins. Vaduz:
Historischer Verein für das
Fürstentum Liechtenstein (Hrsg.),
Gerberweg 5, 9490 Vaduz.
Broggi, Mario F. und Georg Wil l i :
Naturmonographie Ruggeller
Riet. Naturkundliche Forschung
im Fürstentum Liechtenstein.
Band 12. Vaduz: Amt für Wald,
Natur und Landschaft, FL-9490
Vaduz, 1990
Feiice, Nidja: Wanderbuch
Liechtenstein. Schaan:
Liechtensteinische Gesellschaft
für Umweltschutz, 2000
Kaufmann, Wilfried: Blumen am
Fürstin-Gina-Weg. Schaan:
Liechtensteiner Alpenverein
(Hrsg.), 1989
Kaufmann, Wilfried: Schutz für
Liechtensteins Gebirgsflora. In:
Unsere Berge. Festschrift zur
Ausstellung über unsere
Bergwelt. Schaan:
Liechtensteiner Alpenverein
(Selbstverlag), 1988
Lurker, Manfred: Wörterbuch der
Symbolik. 5. Aufl. Stuttgart:
Kröner, 1991.
ISBN 3-520-46405-5
• Rheinberger, Hans-Jörg, Barbara
und Peter: Orchideen.
Naturkundliche Forschung im
Fürstentum Liechtenstein. Band
13. 2., verbesserte und
nachgeführte Auflage. Vaduz:
Regierung des Fürstentums
Liechtenstein (Hrsg.), 2000
• Seitter, Heinrich: Die Flora des
Fürstentums Liechtenstein.
Schaan: Botanisch-Zoologische
Gesellschaft Liechtenstein -
Sargans - Werdenberg e.V.
Im Bretscha 22, FL-9494 Schaan
(Hrsg.), 1977
• Welten, Max und Rüben Sutter:
Verbreitungsatlas der Farn- und
Blütenpflanzen der Schweiz.
2 Bde. Basel: Birkhäuser, 1982.
ISBN 3-7643-1307-2
22
EINTRACHT
OSTERN 2003
KULTURTRÄGER
25 Jahre Südtiroler
Verein in Liechtenstein
Südtiroler und Südtirolerinnen le-
ben und arbeiten seit mehr als einer
Generation in Liechtenstein und
leisten einen wertvollen wirtschaft-
lichen, kulturellen und gesellschaft-
lichen Beitrag für unser Land. Sie
haben die neue Heimat voll ange-
nommen, lieben und schätzen ge-
lernt, ohne die alte Heimat zu ver-
gessen.
1978 Gründung des Vereins
Südtiroler in Liechtenstein
Um den Kontakt untereinander bes-
ser zu pflegen und die Erhaltung
der mitgebrachten Sprache und
Kultur zu fördern, wurde im Früh-
jahr 1978 der Verein «Südtiroler in
Liechtenstein» mit 120 Mitgliedern
in Balzers gegründet.
Besonders beliebt sind die jährli-
chen Aufführungen ihrer urchigen
Bauern-Theater in unverfälschter Ti-
roler Mundart. Die Törggelen-
Abende zeigen die traditionelle Ti-
roler Küche mit währschafter Haus-
mannskost, saftigen Specktellern
und natürlich ihrem süffigen Wein.
Der Südtiroler Verein ist jeweils
auch am Fürstenfest mit seinen
Köstlichkeiten ein beliebter Treff-
punkt.
Der Verein legt grossen Wert auf
die Beibehaltung der althergebrach-
ten, feierlichen Familienfeste und
Veranstaltungen, wo gerne noch
die heimatliche Tracht getragen
wird.
Die Südtiroler, bekanntlich von Na-
tur aus sehr musikalisch und kon-
taktfreudig, machen gerne in vielen
Dorfvereinen, bei den Sängern und
Musikanten, bei der Feuerwehr und
in den Trachtenvereinen mit.
Wie und warum kamen Südtiroler
nach Liechtenstein?
Adolf Gunsch erzählt, dass Bauern
aus Schaan und Vaduz schon in den
Fünfzigerjahren ins Matschertal gin-
gen, um Knechte und «Pföhler» zu
holen. Adolf kam schon mit zwölf
Jahren als Kleinhirt auf die Alp Pra-
damee. Und so mussten viele ande-
re auch, fern der Heimat, als Hüter-
buben mitverdienen helfen. Wie oft
wird's wohl Heimweh gegeben ha-
ben nach der südlichen Sonne!
Vereinsfahne 1988 / Fahnenpatin Marisa Theiner / Fähnrich Anton Kofier
Vereinsvorstand 2002 - sitzend: Belinda Schür-
te, Präsident Adolf Gunsch, Helen Schier-
scher - stehend: Tobias Thanei, Heiner Hör-
mann, Josef Pardeller, Sebastian Gunsch
Vor gut vierzig Jahren war es im
Vinschgau wie im übrigen Südtirol
schwierig, eine Arbeit zu finden.
Für die Staatsstellen wurden die Ita-
liener bevorzugt und auf den Berg-
bauernhöfen war für alle Kinder
kein Auskommen. So blieb nur die
Abwanderung — und Liechtenstein
suchte Arbeitskräfte, vorerst in der
Landwirtschaft, dann auf dem Bau
und in der Industrie. Durch Mund-
propaganda erfolgte weiterer Nach-
zug. Die Tüchtigkeit der Männer
und die Freundlichkeit der Mäd-
chen und Frauen im Gastgewerbe
wurden überall hoch geschätzt. So
ist es nicht verwunderlich, dass die
meisten Tirolerinnen und Tiroler
sich voll integrierten, sich mit
Liechtensteinern und Liechtenstei-
nerinnen verheirateten und hier ge-
blieben sind.
Der Kontakt in die alte Heimat wird
möglichst aufrechterhalten. In den
ersten Jahren dienten oft die Ferien
dazu, im steilen Matschertal den El-
tern beim Heuen zu helfen. Heute
werden auch im Südtirol Arbeits-
kräfte gesucht, doch unsere Südtiro-
ler, sie sind nun hier verwurzelt,
halten aber trotzdem ihren italieni-
schen Pass in Ehren und nehmen an
den Wahlen in der alten Heimat re-
ge teil.
Wir gratulieren dem Südtirolerver-
ein zu seinem Silbernen Jubiläums-
feste am 3. Mai 2003 in Balzers.
Johann Oehry
23
EINTRACHT
OSTERN 2003
KENNEN SIE
LIECHTENSTEIN?
Unsere Vorfahren gehörten noch
nicht zur WegwerfgeseIIschaff und
auch nicht zu den Müllproduzen-
ten unserer Zeit. Viele Dinge wur-
den wieder instand gestellt, wenn
ein Defekt vom langen Gebrauch
dies nötig machte oder sie wurden
anderswo wieder weiterverwendet.
Wer aufmerksam durch die Ge-
meinde Mauren spaziert, kann eine
Entdeckung machen. Man findet ein-
zelne alte Kirchenfenster an den
Häuserfassaden.
* I -- 1 H.
Erste Kirchenfenstergeneration, uh.ilkT. ;iuu.h
Einbau bei der Scheune von Johann Marxer
Die Pfarrkirche St. Peter und Paul in
Mauren hat nun schon die vierte
«Fenstergeneration» seit ihrem Be-
stehen aus dem Jahre 1843. Ein Ex-
emplar der ersten Fenster ist nach
der Renovation 1903 nicht entsorgt
worden, sondern Altkassier Johann
Marxer hat es an seiner Scheune
am Hause Nr. 109 im Krummen-
acker oberhalb des Scheunentores
eingebaut und es blieb uns durch
diesen glücklichen Umstand erhal-
ten. Glasbruch konnte in den ver-
gangenen hundert Jahren nicht ver-
hindert werden.
Ein zweites Kirchenfenster der nach-
folgenden zweiten Fenstergeneration
mit einfacherer Fensterteilung und
dünneren Fenstersprossen ist uns
ebenfalls erhalten geblieben. Dieses
Fenster ist bei der Renovation 1949
von der Kirche genommen worden
und ist später zur Gestaltung eines
Windfanges zu einem Hauseingang
verwendet worden. Dieses alte, gros-
se, mit viel Kletterpflanzen bewach-
sene Haus steht an einer stark befah-
renen Hauptstrasse in Mauren.
Unsere Frage lautet: Wie nennt man
im Volksmund dieses Haus oder
wer ist Besitzer dieses Hauses? Ihre
Antwort senden Sie bitte auf einer
Postkarte bis Donnerstag, 15. Mai
2003 an die Redaktion EINTRACHT,
Heiligkreuz 19, 9490 Vaduz.
Aus den richtigen Antworten wer-
den drei Gewinner ausgelost:
1. Preis: Brauchtumsbuch
2. Preis: Ostereierbuch
3. Preis: Sagenbuch
Adolf Marxer
Auflösung Wettbewerb
Ausgabe Advent
2002
Wir haben in der Adventausgabe
2002 auf eine Grossplastik aus
Bronze verwiesen und die Frage
gestellt, wo diese zu finden ist. Die
richtige Antwort auf unsere Frage
lautet: «Vor dem Haupteingang der
LGT Bank in Liechtenstein AG
Bendern».
in
Wir haben folgende Gewinner er-
mittelt:
1. Preis: «Brauchtum in
Liechtenstein»
Frau Silke Bernard, Pradafant 11,
9490 Vaduz
2. Preis: «Neues Liechtensteiner
Kochbuch» Herr Thomas Wehrle
im Schwibboga 7A, 9487 Bendern
3. Preis: «Sagenbuch»
Herr Herbert Amman, Hinterbüh-
len 576, 9493 Mauren
Wir danken für die Teilnahme an
unserem Wettbewerb und gratulie-
ren den Gewinnern herzlich. Den
Buchpreis erhalten Sie in den nächs-
ten Tagen.
Wettbewerbs-Frage: Wie nennt man im Volksmund dieses Haus oder wer ist der Besitzer die-
ses Hauses, bei dessen Windfang-Gestaltung dieses Kirchenfenster der so genannten zweiten
Fenstergeneration der Pfarrkirche St.Peter und Paul verwendet wurde?
Diese Ausgabe der EINTRACHT
geht an alle Abonnenten und
zusätzlich an alle Haushaltun-
gen von
Mauren
y
24
EINTRACHT
OSTERN 2003
DIE TUGEND DER
DANKBARKEIT
«Dankbarkeit - die Tugend, die
niemand kannte» ü Turgenjew)
Johann II . , Fürst von Liechtenstein
Hochwasserkatastrophe
in Liechtenstein 1927
Der 25. September 1927 erinnert
uns an den Rheineinbruch, das
furchtbare Unglück, das unschätz-
bares Kulturgut vor 75 Jahren unter
sich begrub, ein Unglück, das unser
Volk erschütterte und die Regierung
veranlasste, nachstehenden Hilferuf
zu erlassen:
Aufruf
der Regrlerung Liechtensteins
zu Gunsten der Hochwa«*eHBeschädigten.
Etat kleines iMitd mH hnnm trbn Tttuirm
Einwohnern, durch cfl«* Indailnn In« Oplolu«> rt«-
WrlfhHra«-« t»«-r«>l«s »mm «ein Vomtvcrmitari
O*t»r«cli«. Mla wehriotn Opfrr nie i rahnirr
Hochwaifteraol T
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IT.
Cn Ifiimi1) Je PJntmflBTii urtMR
Fürstenhaus einmal mehr als grosser Helfer
In dieser aussergewöhnliehen Not
spendete
Fürst Johann I I . , vom Volk
«DER GUTE» genannt,
dem Lande für Hochwassergeschä-
digte und zur Behebung der durch
das Hochwasser entstandenen Schä-
den (nebst den Millionen Vergabun-
gen vorher)
sFr. 1 150 000.-
was dem heutigen Wert von ca.
7 Millionen Schweizerfranken ent-
spricht.
Aus den Hofkanzleiakten des Fürs-
tenhauses in Wien ist zu erfahren:
«Fürst Johann II. hatte den lebhaften
Wunsch zu schenken, wenn auch das
Einkommen dazu nicht reichte (in-
folge der Ereignisse in Österreich, der
Tschechoslowakei, dem Verfall der
Kronenwährung usw.) und das Ver-
mögen deshalb angegriffen wurde.»
Bedenken gegenüber war seine Mei-
nung im Jahre 1926: «Wenn ich
nicht mehr schenken kann, wie ich
mag, wil l ich nicht mehr Fürst sein».
Anlässlich des Todes dieses edlen
Monarchen erinnerte Pfarrer Anton
Frommelt in einer Ansprache an die
Worte des Verstorbenen: «Das Stre-
ben meines Lebens war, mein Volk
glücklich zu sehen und einen Wunsch
habe ich noch, dass mein Volk wieder
glücklich sei und werde.»
Pfarrer Anton Frommelt versprach
bei dieser Gelegenheit: «Dieses vä-
terliche Fürstenwort wollen wir als
Gedächtnis in unser Herz einschrei-
ben. Wir wollen ihm in unserem
Herzen ein ewiges Denkmal errich-
ten. Sein Fürstentum war seine Lie-
be, Liebe erfordert Gegenliebe, wol-
len wir dankbar sein im Gebet und
in der Arbeit.» Im Fürst-Johannes-
Denkmal bei der Kirche in Schaan
sind die Worte verewigt:
DEM VATER
DES VOLKES
DEM FREUNDE
DES FRIEDENS
DEM HELFER
DER ARMEN
DEM HIRTEN
DER KUNST
FÜRST JOHANN DEM GUTEN
1840 1858 1929
Adulf Peter Goop
5 Rp. Zerstörte Eisenbahnbrücke Schaan,
welche den Dammbruch bewirkte
10 Rp. Überschwemmung Ruggell
L . 1J.. &Jli 1. .<!.—1« - ~ i i
20 Rp. Rettung der Bewohner von Ruggell 30 Rp. Rettung durch schweizerische
durch österreichisches Militär Pontoniere
25
EINTRACHT
OSTERN 2003
KOCHEN
Neues Liechtensteiner
Kochbuch
Das erste Liechtensteiner Koch-
buch, im Jahre 1982 herausgege-
ben, ist schon seit mehreren Jahren
vergriffen.
Aus dem 2001 erschienenen neuen
Kochbuch ist unter anderem zu er-
fahren:
Liechtensteiner
Kochbuch
Küchengewürze
Fast allen Speisen müssen Gewürze
beigegeben werden, jedoch sollen
diese massig angewendet werden,
so dass sie nicht zu sehr vor-
schmecken, sondern den Speisen
nur einen angenehmen Geschmack
geben.
Anis wird zu verschiedenem Back-
werk verwendet.
Basilikum ist eine sehr wohlrie-
chende Pflanze, deren Blättchen zu
Beizen für Fisch und zu Wildbret
und Fleisch verwendet werden.
Curry ist eine Gewürzmischung,
welche man wie folgt herstellen
kann: 60 g Koriander, 50 g Kurku-
ma, 20 g schwarzer Pfeffer, 20 g
Senfsamen, 5 g Kümmel, 5 g Zimt-
rinde und 10 g Kardamom werden
im Mörser so fein wie möglich zer-
stossen. Ein indisches Originalre-
zept lautet folgendermassen: 120 g
weisser Pfeffer, 90 g Kurkuma, 14 g
schwarzer Pfeffer, eine Muskatnuss,
1 g Ingwer und 6 g Kardamom wer-
den fein zerstossen.
Gewürznelke hat einen starken Ge-
ruch. Sie wird sowohl ganz in ge-
schälte Zwiebeln gesteckt, zu Sos-
sen und Beizen, sowie zu Pulver ge-
stossen dem Backwerk beigemengt.
Gewürzpulver zu Pasteten und Sos-
sen. Dieses besteht aus 1 7 g Korian-
der, 9 g weissem Pfeffer, 17 g Ing-
wer, 1 7 g Kardamom, 1 EL Majoran,
der getrockneten Schale einer hal-
ben Zitrone, 1 EL Basilikum, 1 TL
Rosmarin, 3 Salbeiblättern, 1 Sträus-
schen Thymian, 1 TL Anis, 8 gerei-
nigten Champignons und 6 Trüffeln.
Dies wird sorgfältig getrocknet, dann
im Mörser fein zu Pulver gestossen,
gesiebt, gut verkorkt und an einem
trockenen Ort aufbewahrt. Dieses
Pulver darf jedoch nur in geringer
Menge verwendet werden.
Ingwer ist eines der vortrefflichsten
magen- und nervenstärkenden Ge-
würze, welches zu mehligen Spei-
sen besonders zu empfehlen ist und
zu Likören verwendet wird.
Kapern werden zu Sossen, Salaten
und Braten sehr gerne verwendet.
Kardamom wird zu Mehlspeisen,
vorzüglich zu Backwerk und Leb-
kuchen verwendet; es hat einen
ausgezeichnet feinen Geschmack
und ist auch einem schwachen Ma-
gen sehr zuträglich.
Knoblauch wird zum Würzen von
Fleisch, Würsten und anderem mehr
benutzt.
Koriander als Samen würzt Back-
werke und Brot. Korianderöl ist
sehr geschätzt in der Küche.
Kümmel benutzt man zu verschie-
denen Sossen, Pasteten, Braten und
zur Beize.
Muskatnuss und Muskatblüte wer-
den zu Suppen sowie zu Sossen
verwendet und geben den Speisen
einen angenehmen Geschmack.
Neugewürz oder Englisches Ge-
würz (Modegewürz oder Piment)
riecht stark und vereinigt gestossen
in sich den Geruch der Muskatnuss,
der Nelke und des Zimts; daher hat
es auch den Namen «Allerhandge-
würz». Es wird in vielen Küchen zu
Brot sowie auch zu Torten und Ku-
chen verwendet.
Gewöhnlicher Pfeffer ist als weis-
ser und schwarzer Pfeffer geläufig;
der Letztere ist die unreife, getrock-
nete Frucht, daher sein starker Ge-
ruch; der weisse kommt von der
völlig gereiften Beere, ist milder
und daher für feinere Speisen eher
zu empfehlen.
Spanischer Pfeffer (Cayenne) oder
Paprika ist ein indischer Pfeffer, aus
dem ein feines Pulver bereitet wird,
welches nur in sehr geringer Menge
und vorsichtig angewendet werden
darf; auf diese Weise erwärmt es
den Magen und regt den Appetit
an.
Rosmarinblätter sind sehr wohlrie-
chend und finden beim Marinieren
(Beizen) verschiedener Fleischstü-
cke Verwendung.
Safran wird zu Sossen sowie zum
Färben von Speisen verwendet.
Salbei ist eine in Gärten gezogene
Staude, hat grünlich-graue Blätter,
welche vorzüglich zum Marinieren
(Beizen) der Aale Verwendung fin-
den.
Vanille ist von sehr angenehmem
Geschmack und zu verschiedenen
Mehlspeisen sehr beliebt.
Zimt ist die Rinde von den Ästen
des Zimtbaumes, hat einen fein-
würzigen Geschmack und wird be-
sonders bei Backwerk, Milchmehl-
speisen, Kompotten und Getränken
angewendet. Er kommt als Zimtrin-
de und gestossener Zimt in den
Handel.
Wir können dieses von der Liech-
tensteinischen Trachtenvereinigung
herausgegebene neue Kochbuch
auch als Ostergeschenk für Ver-
wandte und Bekannte bestens emp-
fehlen. Redaktion EINTRACHT
26
EINTRACHT
OSTERN 2003
SAGEN
Galgen-Mitternacht
Schuhmacher Batliner aus Mauren
arbeitete mit seinem Gesellen auf
dem Landgut auf Aspen. Nach Ein-
brechen der Dunkelheit traten sie
den Heimweg in Richtung Mauren
an und irrten nachts an den Hügeln
entlang und verloren den Weg. Als
die Kirchenuhr von Mauren Mitter-
nacht schlug, nahmen sie gewahr,
dass sie auf Cüdingen unter dem
Galgen standen. Dort wurde eine
Zeit zuvor die «Goldene Boos» er-
hängt, die ihre Verbrecherlaufbahn
mit dem Diebstahl einer Nähnadel
begann und am Galgen beschloss.*
Beim Anblick des Galgens wurde
dem Gesellen bang. Als die beiden
dann spät nachts in Mauren anka-
men, setzte der Geselle sehr beäng-
stigt den Fussmarsch nach seiner
Heimat Österreich fort. Wenig spä-
ter wurde er dort gefasst und wegen
Mordes angeklagt und an einem
Galgen erhängt.
Nach Lehrer Franz X. Gassner, 1915
* Text gemäss der Helbert-Chronik: «Anno 1785
den 26. Hornung (=Februar) ist zu Eschen eine
Diebin hingerichtet worden. Auf Cüdigen ist ihr
der Kopf ins Feld gehauen worden»
An der Stelle, wo einst der Galgen stand,
wurde ein Feldkreuz errichtet.
Der Raubritter vom
Gupfenbühel
Auf dem «Gupfenbühel» in Mauren
stand nach der Sage vor langer Zeit
ein Schloss, auf welchem ein arger
Raubritter wohnte. Niemand war
vor ihm sicher. Durch Gewalttaten
aller Art drangsalierte er die Bevöl-
kerung, nahm ihnen die Zugtiere
vom Wagen und dem Pflug weg
und behandelte die Leute wie das
Vieh.
Der Mann ohne Kopf
Beim «Bündteleplatz», einer Parzel-
le zwischen Unterschellenberg und
Gamprin, steht ein verwittertes
Bildstöcklein. Dies wurde hier auf-
gestellt, weil es in früheren Jahren,
vor Einführung der Seelensonntage,
auf dieser Wegstrecke nicht geheu-
er war. Denn hier soll besonders
vor heiligen Zeiten, ein Mann um-
gegangen sein, der keinen Kopf hat-
te. Sogar weniger furchtsame Perso-
nen mieden womöglich nachts die-
sen Weg.
Später einmal, als schon das Bild-
stöcklein stand, wurde auf einmal
das «Gespenst» wieder gesehen.
Da trat ein beherzter Mann diesem
Durch solche Schandtaten empört,
schlug ihn das Volk tot und zerstör-
te das Schloss.
Ein kleines Loch im Boden auf der
Seite des Bühels gegen die Familie
Jäger hin deutete dann später noch
auf Spuren des Schlosses hin. Wenn
man dort einen Stein hinunterwarf,
hörte man langes Poltern und Rol-
len, worauf zu schliessen war, dass
da unten ein tiefer Brunnen oder
ein Gewölbe sein musste.
Nach Lehrer Franz X. Gassner, 1915
Adolf Marxer
entgegen und wünschte ihm einen
«Guten Abend». Der Geist erwider-
te ganz menschlich den Gruss und
es stellte sich heraus, dass der neu
aufgetauchte «Mann ohne Kopf»
ein Schellenberger war, der aus der
Mühle kam und des «bequemeren
Tragens» wegen den leeren Teil des
Mehlsackes über den Kopf gehängt
hatte.
Aus: «Sagenumwobene Heimat»
von H. F. Walser A.P.G.
27
EINTRACHT
OSTERN 2003
LACHENDES
LIECHTENSTEIN
Ich bin die Mutter
Ein älterer Mann im Postauto nach
Balzers beobachtet einen Teenager
und wendet sich schliesslich an sei-
nen Sitznachbarn. «Was meinst
du?» fragt er. «Ist der junge Mensch
da mit Männerhose und Stoppelfri-
sur ein Junge oder ein Mädchen?»
«Ein Mädchen, es ist nämlich mei-
ne Tochter.» «Entschuldige», mur-
melt er, «ich konnte nicht wissen,
dass du der Vater bist». «Ich bin die
Mutter».
Vom Humor
Wenn an do dröber lacha ka,
wel z'schpoot er druf ischt ko,
dass er an uverschamta Log
för bari Münz hat gno.
Wenn an höt dröber lacha ka,
was ihn hat broocht i Wuat,
wel's net noch sim
Grind ganga ischt,
sich g'irgeret hat ufs Bluat.
Wenn an das höt för loschtig hat,
was er hat wechtig gno
und gmänt hat, wenn das abverheit,
müass d'Welt grad untergoo.
Wenn höt an dröber lacha ka,
was ihm hat tua so leid,
wel er i sira Gschiidi ischt
gär bös uf d'Schnorra kheit.
No der wo selber ischt im Schtand,
ihn selber z'neh bim Ohr
und ober ihn selb lacha ka,
der, schiint mir, hat Humor.
Jung und alt
Dia Gschtalt vor mir, i luag si a
und wääss net
ischt jetzt das an Maa
oder a Frau, wo i betracht
und s'roota mir so schwierig macht.
Scho d'Hoor sind för an Maa
schier z'lang,
o der i Hosa zwengti Gang
loot eher drum dr Schluss halt zua,
ma hei's do met 'ra Frau wohl z'tua.
Luag i denn aber gnauer hi,
suach das, was bi ma Wiib söt si,
denn glob i's glich o weder net,
wo d'Broscht sott si, hat si a Brett.
Sie roochet schier as wi an Schloot
und wel si bräät so vor mir schtoht
so man i eher s'ischt an Maa
wo lang scho nüt hat z'fressa ka.
Ma lächlet fründlig mir is Gsecht
as wett ma säga, luag no recht,
bedenkt no ääs,
vor du hascht s'Gschpött,
du bischt vo geschter - mir vo höt.
Mode 1987
Im Summer bi dr grööschta Hetz
hend Wiiber Lärva a,
as hettend d'Fasnet si verpasst
und gär nüt vonera gha.
As kam a Huar grad vo Paris,
so schwarz sind d'Oogarend,
met Müüler bräät und füürig rot
wia d'Affa s'Födla hend.
Frisura siahscht i jedera Färb,
gär gschpregglet menga Grind,
si sähen us präzis aso
wia sos d'Hyäna sind.
Und s'Agleg? - ischt o fasnachtriif,
kän Ambalaasch ischt z'ruuch -
als Gort ischt höt ganz hochmodern
an alta Füürwehrschluuch.
Edwin Nut t t
Aus dem Historischen
Jahrbuch 1968
Messbeginn in Triesenberg
Als die erste Kirche in Triesenberg
gebaut wurde, konnten sie sich
noch keine Glocken leisten. Den
Beginn des Gottesdienstes habe da-
her der Messner jeweils von einer
Erhöhung wie folgt angekündigt:
«Ab Silum, ab Mitätsch, ab Mise-
scha, unna zuecha, ob zuecha, über-
al har, d'r Heer will d'Mäss ha!»
Jetzt geit's a!
Ähnlich war es auch vor der hl.
Wandlung. Klingel sei ebenfalls
noch keine vorhanden gewesen.
Also musste sich der Messner nach
der Präfation zum Volke wenden.
Er blickte nochmals zum Altar und
wenn die hl. Wandlung begann,
rief er zum Volk hinaus: «Hu
trallalala, jetzt geit's a!»
28
EINTRACHT
OSTERN 2003
MUTTERTAG
Bericht eines Frauen-
arztes aus Tübingen:
«Aufgezwungenes Mutterglück»
Eine junge Frau suchte mich auf.
Sie war mit einem Professor ver-
heiratet und half ihrem Mann bei
seiner Arbeit. Sie sagte mir, dass
sie zum erstenmal schwanger sei.
Sie wolle aber kein Kind. Ob ich
die Abtreibung machen könne.
«Können Sie sich wirklich kein
Kind leisten?» fragte ich. «Ich ha-
be doch nicht geheiratet, um Kin-
der zu bekommen, sondern um
mit meinem Mann wissenschaft-
lich zu arbeiten.» «Vielleicht»,
meinte ich, «würde ihr Mann lie-
ber ein Kind haben, als eine wis-
senschaftliche Mitarbeiterin.»
«Das glaube ich nicht», antwor-
tete sie von oben her. «Und übri-
gens ist das meine Sache, und es
geht sonst niemand etwas an.»
«Jedenfalls», warnte ich sie,
«können Sie dazu nicht mit mei-
ner Hilfe rechnen. Und wenn Sie
sich anderswohin wenden, über-
legen Sie sich die Sache vorher
gut!» «Ich habe es mir längst
überlegt.» Wir sahen uns lange
an, ohne ein Wort zu sprechen.
Dann sagte ich ihr ganz ruhig:
«Also, Sie wollen Ihr eigenes
Kind töten. Dann sind Sie eine
Mörderin!» Da wurde sie blass
vor Wut. Sie sprang auf, griff
nach ihrer Handtasche und
schlug beim Hinausgehen die
Tür hinter sich zu. Sieben Mona-
te später kam ein Anruf. Es war
die gleiche Frau. «Können Sie
mir bei der Geburt meines Kin-
des helfen?» Ich musste vor mich
hin lächeln. Selbstverständlich
habe ich ihr geholfen. Dann al-
lerdings konnte sie nicht genug
Dankesworte finden für «das ihr
aufgezwungene Mutterglück».
Sie wurde in den nächsten Jahren
Mutter noch von drei Kindern
und sandte mir jahrelang Blumen
und Dankesgrüsse.
Pierre
Grossmutter, Mutter und Kind
Gedichte von Grete Gulbransson-Jehly, 1892-1934
Werdende Mutter
Nun bist du mir gegeben,
Nun wächst du ganz aus mir,
Du meines Lebens Leben,
Nun gebe ich mich dir.
Nun will ich nichts mehr werden,
Nun will ich nichts mehr sein,
Als meiner Blume Erden,
Als meines Kleinods Schrein.
An mein Kind
Dir hab ich Leib und Seel gestaltet,
Aus tiefen Stunden schuf ich dich.
Nun schweig ich, nun belausche ich,
Wie meine Blume sich entfaltet.
Erwachend öffnest du die Lider,
Da sehn mich «meine» Augen an,
Und Seufzer die ich einst getan,
Erkenn ich wieder.
Die Mutter
Mich selbst hab' ich vergessen,
Deinetwegen.
Du lehrest mich ermessen
Der Liebe Kern und Segen.
Du füllest meine Tage
Süss mit Sorgen,
Du bist noch klein. Ich trage
Dir treu dein Morgen.
Grete Gulbransson-Jehly, ihr
Sohn Olaf sowie Hans, Ru-
dolf und Peter Rheinberger
auf einer Kutschenfahrt im
Jahr 1928 von Balzers zur
Burgruine Aspermont östlich
von Jenins. Kutscher ist And-
reas Vogt, Vater des späte-
ren Balzner Ortsvorstehers
Emanuel Vogt.
29
EINTRACHT
OSTERN 2003
SAMMLER/INNEN
Edwin Marock und sein
Filmarchiv
Im schmucken Heim am Saume des
Möliholzröfi-Föhrenwaldes arbeitet
noch täglich mit Bienenfleiss und
bewundernswerter Akribie der jung-
gebliebene Achtziger Edwin Marock
in seinem Reich der Filmgeschichte.
Mit «Flissbeldli» hat es angefangen
Schon die «Flissbeldli» der Schwes-
ter Hildegund im Kindergarten Mau-
ren wurden eifrig gesammelt und
fein säuberlich aufgeklebt. Mit den
begehrten «Lederstrumpf-Bildchen»
von «Steinfels» wurden Bubenträu-
me wahr. Gezielt sammeln, ordnen
und aufbewahren wurde zum Leit-
motiv des Studenten, der heute
noch seine erste Fibel und sein er-
stes Buch «Nant» von Reimmichl
mit Stolz zeigen kann.
Die Leidenschaft zum Film packte
Edwin bereits in der Schulzeit. So
schlich er sich verbotenerweise in
die Tonhalle im nahen Feldkirch
und sammelte die Filmprogramme.
In seinem Beruf als Lehrer konnte er
mit seiner ansteckenden Begeiste-
rung und den Kenntnissen der Me-
dienwelt den Unterricht natürlich
vielfältig bereichern.
Von Filmzensur zu Filmberatung
Im Jahre 1966 wurde Edwin als
Fachmann von der Regierung in die
Filmzensur berufen.
Angeregt vom Priesterkapitel als der
moralischen Instanz musste die Film-
zensur die Kinofilme überprüfen,
sichten, ablehnen oder bewilligen.
An die Landeszeitungen gingen im
Laufe von 30 Jahren 8000 Filmbe-
sprechungen. Ein grosses Kompli-
ment gebührt auch Kollege Franz
Oehri für seine geschätzte Mitarbeit.
Doch die Zeit blieb nicht stehen,
und die gesellschaftlichen Werte
wandelten sich. So kam die Welle
der so genannten Aufklärungs- und
Sexfilme. Ein Kinobesitzer konnte
die Filmzensur aus den Angeln he-
ben, da eine gesetzliche Grundlage
fehlte. Die freiwillige Filmberatung
setzte die Arbeit mit grossem Idea-
lismus bis 1996 fort, allerdings ohne
irgendwelchen Dank.
Das Archiv
Das ganze untere Stockwerk, vom
Büro über den Weinkeller bis zu
Tankraum und Garage, ist voll ge-
pfropft mit Filmdokumentationen,
vorbildlich geordnet, mit vier Schwer-
punkten:
- Dossiers über Filme, 13 600 Print-
medien (Bilder, Texte, Zeitungsbe-
richte)
- Dossiers über Schauspieler,
14 400 (Fotos, Texte, Personenbe-
schreibungen), davon harren zwei
Drittel noch der Aufarbeitung!
- Die fachspezifische Bibliothek
umfasst 2600 Bände, darunter
sehr wertvolle, seltene Werke.
- Besonderes Augenmerk legt Ed-
win auf seine zum Teil komplet-
ten Spezialsammlungen wie di-
verse Filmgattungen, weltweite
Kinder- und Jugendfilme,
Klassiker, Filmgeschichte oder
auch Filmfestivals usw.
2600 Filme, darunter auch viele aus
der Zensurzeit, sind auf Video auf-
genommen. Und dies alles hat der
leidenschaftliche Sammler zum gröss-
ten Teil aus dem eigenen Hosensack
berappt. Jeden Tag verbringt er drei
Stunden mit der weiteren Aufarbei-
tung und hält sich mit Fachliteratur
auf dem neuesten Stand.
Vor Jahren wollte Edwin seine ein-
malige Sammlung dem Lande über-
geben, doch die Regierung hatte
kein Interesse, obwohl eigentlich je-
des andere Land stolz auf ein so fun-
diertes Filmarchiv wäre.
Erfreulicherweise zeigt die Gemein-
de Vaduz Bereitschaft, die grosszü-
gige Schenkung der filmhistorisch
so wertvollen Sammlung in geeigne-
te Räumlichkeiten zu übernehmen.
Der Sammler legt Wert darauf, dass
dieses mit Herzblut aufgebaute
Filmarchiv von einem kompetenten,
verantwortungsvollen Konservator be-
treut und in seiner Gesamtheit er-
halten bleibt. Johann Oehry
30
EINTRACHT
OSTERN 2003
TRACHTENVEREIN
SCHAAN
Schon mehr als 70 Jahre gibt es
Trachten in Schaan. Alte Bilder le-
gen Zeugnis ab von unserer Schaa-
ner Tracht, die es heute nicht mehr
gibt. Sie wurde nur in Schaan getra-
gen. Heute tragen alle Trachten die
«Liechtensteiner Tracht».
Den Anfang machten zwei junge
Frauen, die sich für einen Festum-
zug im Jahre 1929 etwas Besonde-
res ausdachten: Bei Frau Rheinber-
ger im Schloss Cutenberg liehen sie
sich eine Tracht aus. Als Schneide-
rinnen entwarfen sie nach diesem
Muster eine eigenständige Tracht.
Diese Trachten fanden sofort Gefal-
len. Es war ein emsiges Arbeiten,
denn sie wollten diese Festkleider
beim Fürstenempfang in Schaan
und bei der Erbhuldigung in Vaduz
(am 11. August 1929) erstmals tra-
gen.
Schon damals nahmen Trachten-
frauen an der Fronleichnams-Pro-
zession teil, und dieser Brauch
blieb durch all die Jahrzehnte bis
heute erhalten. Auch bei anderen
Anlässen wurden die Trachten im-
mer wieder getragen. Im Jahre 1965
wurde die Liechtensteinische Trach-
tenvereinigung als Dachverband für
alle Trachten tragenden Vereine ge-
gründet. Die Schaaner Trachten wa-
ren bis dahin eine lose Gemein-
schaft, nun gründeten sie den Trach-
tenverein Schaan.
Gründungsdatum:
16. April 1968
Mitglieder:
26 Erwachsene, 12 Kinder
Präsidentinnen seit der Gründung:
1968- 1989
1989- 1995
1995 - 1997
1997 - heute
Rösle Kindle-Nigg
Hermine Sele
Christa Frick
Anita Koller
Aktivitäten:
Mitwirkung an verschiedenen kirch-
lichen Anlässen wie Palmsonntag,
Weisser Sonntag, Fronleichnam,
Staatsfeiertag, Erntedank sowie bei
besonderen kirchlichen Feiern. An
Fronleichnam fertigen Trachtenfrau-
en den Blumenteppich an.
An diversen Gemeinde- und Ver-
einsanlässen servieren wir den Ape-
ritif. Zusammen mit Gemeindever-
tretern überbringen wir an hohen
Geburtstagen sowie an Goldene
oder Diamantene Hochzeitspaare
Glückwünsche.
Bei der neu gegründeten liechten-
steinischen Volkstanzgruppe tanzen
fünf unserer Mitglieder (4 Frauen
und 1 Mann) mit.
Anita Koller
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EINTRACHT
OSTERN 2003
BRAUCHTUM IN LIECHTENSTEIN,
eine beachtenswerte Seite des Kulturlebens
Die Schönheit und der Reichtum des liechtensteinischen Brauchtums sind aus dem über 400 Seiten
umfassenden Bildband «Brauchtum in Liechtenstein» ersichtlich. Dort werden die einzelnen Bräuche
in den Kapiteln «Jahreslauf», «Lebenslauf» und «Alltag» eingehend beschrieben.
Der nachstehende Kalender, der einen Überblick über die Bräuche in den Frühlingsmonaten gibt, soll
allen Leserinnen, die sich für Brauchtum interessieren, Hilfe und Wegleitung sein.
BRAUCHTUM
EP
MÄRZ
Märzenkalb
Krankensonntag
Josefi / Vatertag
Fastenopfer
Suppentage
APRIL
«In den April schicken»
Palmsonntag / Palmen-
herstellung/Palmprozession
Karfreitag / Karfreitagsei
Osterfeuer
Ostern
Heimosterkerze
Wasserweihe
Osternest / Osterhase /
Ostereier - Segnung derselben
«Ostereiertütschen»
Ein rotes Osterei für den Schatz
Osterkuchen
Osterbaum
1.3.
2.3.
19.3.
•
3i
1.4.
13.4.
18.4.
19.4.
20.4.
IM JAHRESLAUF
MAI
Maiblasen der Musikvereine
Maiandacht
Lichterprozession in Bendern
Maiwallfahrt der Frauen
Muttertag
Blumen und Gedichte zum Muttertag
Musikständchen zum Muttertag
Jahrmarkt in Schaan
Maikonzert
«Met Krüz go»
(Woche vor Christi Himmelfahrt)
Fiurprozession an Christi Himmelfahrt
JUNI
Fronleichnam
Fronleichnamsprozession / Blumen-
streuen / Strassenschmuck und Haus-
altäre
«Üserherrgottsbrötle»
Alpauffahrt
Viehmarkierung
Alpen- und Viehsegnung
Sennen-Ave
1.5.
1.5.
11.5.
17.5.
29.5.
19.6.
19.6.
19.6.
R. N.