STAATSFEIERTAG 1998/NR. 18 L J O EZ I INI I KAl^ H I
HEIMAT- UND BRAUCHTUMSPFLEGE
HERAUSGEGEBEN VON DER LIECHTENSTEINISCHEN TRACHTENVEREINIGUNG
0 Ü EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
INHALTSVERZEICHNIS
Brauchtumskalender 2
Leitartikel 3
Unser Gast 4
Gedichte 5
Brauchtum 6
Persönlichkeiten 7
Vaterländische und andere 8
Gedenktage
Das Haus Liechtenstein und 9
seine Kunstsammlungen
Kulturträger 25
Sagen 26
Hausnamen von Triesen 27
Zitate zum Staatsfeiertag 28
Kochen 29
Der Staatsfeiertag 30
Veranstaltungen 31
Museumsshop 32
IMPRESSUM
Herausgeberin und
Redaktionsadresse:
Liechtensteinische
Trachtenvereinigung
Heiligkreuz 19
FL-9490 Vaduz
Redaktion:
Adulf Peter Goop,
Vaduz (A.P.G.)
Tel. 075-232 34 39;
Adolf Marxer,
Mauren (A.M.);
Rita Jäger,
Mauren (R.J.);
Josef Eberle,
Triesenberg (J.E.);
Rita Vogt,
Balzers (R.V.)
Grafik: A.P.G.
Satz und Druck:
Lorenz Hilty
Buch- und Offset-
druck, Schaan
Erscheinungsdaten:
Advent, Ostern,
Staatsfeiertag
Abonnementspreise:
CHF 20.-jährlich
(Inland)
CHF 25.-jährlich
(Ausland)
CHF 38.-jährlich
(Übersee)
Nachdruck:
Unter Quellenangabe
gestattet
Bildnachweis:
Louis Jäger:
Brauchtumssymbole
Walter Wächter:
S. 6 unten, S. 27 Mitte
A.P.Goop:
S. 6 Mitte, S. 27 rechts
Prof. J. Seger t :
S. 8 links, Mitte,
S. 26
Heinz Preute, Vaduz:
S. 9-25
Paul Frick,
Liechtensteinisches
Landesmuseum:
S. 32
Brauchtumskalender
Tracht = Brauch = Brauchtum = Jah-
reslauf = 12 Monate = 365 Tage, die
voller verschiedenster Bräuche
stecken, die von jedem praktiziert
werden können. Die nachfolgende
Auflistung gibt einen Überblick
über einen Teil der wichtigsten
Bräuche, die jedermann kennen
sollte und hoffentlich nicht nur von
Trachtenträgern gelebt werden.
Brauchtum im Jahreslauf
AUGUST
Staatsfeiertag
Festbeflaggung der Häuser
Festgottesdienst
Festakt - Landeshymne
15.8.
15.8.
15.8.
15.8.
Fackelzug und Höhenfeuer 15.8.
Feuerwerk - Volksfest 15.8.
Kräutersegnung am
«Üsa-Lieb-Frauatag» 15.8.
Patronatsfest in Bendern 15.8.
SEPTEMBER
«'s Väh kunnt»
Alpabfahrtsherzen
«Bremimarkt» im Steg 19.9.
OKTOBER
Vaduzer Prämien- und
Warenmarkt
Eschner Prämien- und
Warenmarkt
«Tüarka-Uszücha»
«Wimmiete»
Wimmelläuten
Erntedankfest
«Kü arbsage is t - Küarbsalälli»
fflfcl
3.10.
10.10.
NOVEMBER
Allerheiligen
Gräberschmuck/
Gräberbesuch /
Seelenlichter
Verwandtentreffen
Allerseelen
Seelensonntag
Martini-Lichter, -Umzug,
Pacht-Zahlungstermin
«Kelbisunntig»
1.11
1.11.
2.11.
8.11.
11.11
R.J.
Titelbild:
Prof. Eugen Zotow
Lebertee, 1949
Öl auf Karton, 58,8 cm x 41,3 cm,
Sammlung Adulf Peter Goop, Vaduz.
Dieser Heilkräuterstrauss entstand über
Wunsch von Kräuterpfarrer Emmenegger,
Schaan. Das Ölbild ist das erste und einzige
Bild einer geplanten Serie für die Packungen
von Pfarrer Emmeneggers Kräutertees. Es
trägt den Titel «Lebertee».
Die Herausgabe der
«EinTracht» haben verdankens-
werterweise mitfinanziert:
Die Sammlungen
des Fürsten
von Liechtenstein,
Schloss Vaduz
E3Ü EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
LEITARTIKEL
Bildung ist der Schlüssel
zum Arbeitsmarkt
«Sprengt die Fesseln», so lautet der
Titel eines Beitrages des deutschen
Bundespräsidenten Roman Herzog
in der «Zeit» vom 7. November
1997. Er meint dort: «Die Spatzen
pfeifen es von den Dächern: Wissen
ist heute die wichtigste Ressource in
unserem rohstoffarmen Land. Wis-
sen können wir aber nur durch Bil-
dung erschliessen. Wer sich den
höchsten Lebensstandard, das beste
Sozialsystem und den aufwendig-
sten Umweltschutz leisten wi l l , der
muss auch das beste Bildungssystem
haben. Ausserdem ist Bildung ein
unverzichtbares Mittel des sozialen
Ausgleichs. Bildung ist der Schlüssel
zum Arbeitsmarkt und noch immer
die beste Prophylaxe gegen Arbeits-
losigkeit. Sie hält die Mechanismen
des sozialen Auf- und Abstiegs offen
und damit unsere offenen Gesell-
schaften in Bewegung. Und sie ist
zugleich das Lebenselixier der De-
mokratie in einer Welt, die immer
komplexer wird, in der kulturelle
Identitäten zu verschwimmen dro-
hen und das Überschreiten der
Grenzen zu anderen Kulturen zur
Selbstverständlichkeit wird.» Der
Bundespräsident fährt fort: «Es geht
darum, Tabus zu knacken, Irrwege
abzubrechen und falsche Mythen
zu beseitigen.
Erstens: Menschen sind Individuen.
Sie haben unterschiedliche Bega-
bungen. Wer das leugnet, vergisst
einerseits die herausragenden Ta-
lente, die unser Bildungssystem oft
genug behindert, und andererseits
die weniger Begabten, denen unser
Bildungssystem jeglichen Abschluss
verweigert.
Zweitens: Bildung beginnt nicht erst
mit dem Abitur. Praktische und theo-
retische Begabungen sind gleich-
wertig! Das muss sich auch in den
Bildungsangeboten, den Abschlüs-
sen und Berufschancen, der gesell-
schaftlichen Achtung niederschlagen.
Drittens: Es gibt keine Bildung ohne
Anstrengung. Wer die Noten aus
den Schulen verbannt, schafft Ku-
schelecken, aber keine Bildungs-
einrichtungen, die auf das nächste
Jahrtausend vorbereiten.»
Zur Bildung gehört die Vermittlung
von Werten
«Viertens: Es ist ein Irrglaube anzu-
nehmen, ein Bildungssystem kom-
me ohne Vermittlung von Werten
aus! Viele Lehrer leisten diese Wer-
tevermittlung durch ihr Beispiel und
durch Diskurse in ihren jeweiligen
Fächern. Aber es ist auch auf werte-
vermittelnde Fächer zu achten. Des-
halb gehört z.B. der Religionsunter-
richt in die Schule und darf nicht in
die Pfarrsäle verdrängt werden.
Fünftens: Falsch ist auch die Vor-
stellung, die Schule sei Reparatur-
betrieb für alle Defizite der Gesell-
schaft. Hier sind schon auch die El-
tern gefordert! Die Schule kann die
Eltern bei der Erziehung unterstüt-
zen, ersetzen kann sie sie nicht.
Sechstens: Es ist falsch, zu glauben,
dass alle Bildungsinhalte durch
bürokratische Vorgaben festgelegt
und möglichst einheitlich geregelt
sein müssten.
Siebtens: Es ist ebenso falsch, anzu-
nehmen, das beste Bildungsangebot
könne nur vom Staat kommen. Ge-
rade in einem guten öffentlichen
Bildungssystem brauchen private
Initiativen Ermutigung. Keiner von
uns weiss, wie die Welt von mor-
gen aussehen wird. Wir können nur
ahnen, was durch die modernen
Kommunikationsmedien und Infor-
mationstechniken entstehen wird.»
Man kann Leistung nicht fördern,
ohne sie zu fordern
«Zugleich müssen sich unsere Bil-
dungsinstitutionen wieder darauf
besinnen, dass man Leistung nicht
fördern kann, ohne sie auch zu for-
dern. Das setzt frei das Bewusstsein
aller voraus, dass es im Leben ohne
Anstrengung nicht geht. Wenn wir
uns als Bildungsziel darauf verstän-
digen können, junge Menschen auf
ein Leben in Freiheit und Selbstbe-
stimmung vorzubereiten, reicht
dafür kein La isser-faire, sondern wir
müssen schon auch deutlich ma-
chen, dass Freiheit anstrengend ist,
weil eben jeder die Ergebnisse sei-
ner Freiheit zunächst selbst verant-
worten muss.» Und am Schluss
führt Herzog aus: «Das Band, das
uns alle verbindet, ist doch das Be-
wusstsein, dass unsere Lebenszeit
eng begrenzt ist. Warum versuchen
wir dann nicht entschlossen und
gemeinsam, allen Beteiligten wie-
der Zeit zu verschaffen und diese
auch optimal zu nutzen? Zeit ist
das Wichtigste, was der Mensch
zum Reifen, Lernen, Forschen und
Umsetzen der Forschungsergeb-
nisse braucht ... Künftig müssen wir
die Fortentwicklung des Bildungs-
systems zur Daueraufgabe machen.
Unser Bildungssystem war einst ein
Modell für die ganze Welt. Aber es
muss weiterentwickelt werden ...
Schaffen wir ein Bildungssystem,
das Leistung fördert, keinen aus-
schliesst, Freude am Lernen vermit-
telt und selbst als lernendes System
kreativ und entwicklungsfähig ist.
Setzen wir neue Kräfte frei, indem
wir bürokratische Fesseln sprengen.
Entlassen wir unser Bildungssystem
in die Freiheit.»
Das sind Gedanken, über die es sich
wohl lohnt, anlässlich des Staats-
feiertages auch in Liechtenstein
nachzudenken. Ich benütze diese
Gelegenheit, um im Namen der
ganzen Redaktion allen Leserinnen
und Lesern zum Festtage gutes Wet-
ter und viel Freude zu wünschen.
<J
Adulf Peter Goop
T
H l
E3B EINTRACHT
STAATSFEIERTAC 1998
UNSER GAST
I.K.H. Prinzessin
Margaretha von
Liechtenstein, Brüssel
Die Familie und die Herausforde-
rungen der modernen Gesellschaft
Kürzlich las ich den Titel eines Arti-
kels, der lautete: «Wenn die Familie
verschwindet, bleibt die Geschichte
stehen.» Dieser Satz liess mich
innehalten und wieder einmal
überdenken, was für mich Familie
alles bedeutet.
Zweifelsohne erleben wir eine Krise
der Familie und eine Destrukturie-
rung des Familienbegriffs selbst:
Seit Jahren sinkende Zahlen von Fa-
miliengründungen und Geburten
innerhalb intakter Familien bei
gleichzeitig hohen Scheidungsraten
sind klare Indizien der Krise. Auch
definiert man die Familie zuse-
hends unterschiedlicher oder man
stellt ihr andere Formen gemein-
schaftlichen Lebens als gleichwertig
oder gleichartig gegenüber, ohne
dass sie es sind. Vor allem die auf
das ganze Leben angelegte Ehebe-
ziehung zwischen Mann und Frau
als Fundament der Familie wird in
ihrer Bedeutung zusehends relati-
viert.
Die Ursachen dieser negativen Ent-
wicklung sind vielschichtig: Ein
verändertes Menschen- und Welt-
bild mit einer Abnahme religiöser
Bindungen in Richtung auf mehr In-
dividualität und den Genuss der
materiellen Segnungen unserer Ge-
sellschaft, mangelnder gesetzlicher
Schutz der Familie und wirtschaftli-
che Veränderungen zählen jeden-
falls zu diesen Ursachen.
Hauptleidtragende beim Zerfall ei-
ner Familie sind in der Regel die
Kinder, wie viele Studien belegen
und wie wir aus eigener Beobach-
tung wissen. Es gibt kaum eine
grössere Verunsicherung für ein
Kind als die Scheidung seiner El-
tern.
Gelingt es nicht, dem traditionellen
Familienbegriff wieder einen höhe-
ren Stellenwert einzuräumen, so
werden unsere Gesellschaft und der
Staat selbst vor unermessliche Pro-
bleme gestellt. Daher soll gerade
der Staatsfeiertag Anlass sein, die
Familie in den Mittelpunkt zu stel-
len. Ihre Privilegierung bedeutet
nicht, dass andere gemeinschaftli-
che Lebensformen missachtet wer-
den.
Die Familie ist zweifelsohne der
Ort, wo Leben in geordneter Weise
weitergegeben werden kann, dort
bekommen wir den ersten und
wichtigsten Teil unserer Erziehung
und lernen in erster Linie unsere
Kultur kennen. In ihr erfahre ich
stete Zuneigung, Sicherheit und
Liebe und in ihr lerne ich, dem an-
deren - Ehegatte und Kind - zu-
zuhören, ihn anzunehmen, wie er
ist, seine Entfaltung als meine Ent-
faltung zu verstehen.
Was ist nun zu tun, um die Familie
als wichtigstes Glied der menschli-
chen Gesellschaft zu stärken? Si-
cher kommt dem Staat und seiner
Gesetzgebung eine besondere Rolle
beim Schutz der traditionellen Fa-
milie zu. Wir sind aber alle aufge-
rufen, das Unsere zur Stärkung die-
ser gesellschaftlichen Institution zu
tun, aber auch konkret zur Pflege
familiärer Bindungen bei uns zu-
hause und bei uns Nahestehenden
beizutragen. Jede Ehe und jede Fa-
milie kennt ihre Schwierigkeiten
und Krisen, und ihr Erhalt ist auch
eine Gnade. Für den Christen ist sie
ein Weg der Heiligung. Oft hilft nur
eine kleine Geste, ein kleiner Rat,
um eine Beziehung wieder auf das
richtige Geleise zu bringen.
Die Pflege gewisser Werte inner-
halb der Familie hilft uns, in guten
und schlechten Tagen zusammen-
zuhalten. Einige für mich wichtige
Stichworte seien dazu genannt:
Dialog
Entgegen landläufiger Annahme ist
der Dialog auch in einer Ehe nicht
naturgegeben. Er bedarf bewusster,
ständiger Pflege, wollen wir nicht
an den Bedürfnissen des täglichen
Lebens hängenbleiben. Je mehr un-
ser Partner von sich und von seinen
Gefühlen mitteilen kann, ohne be-
urteilt zu werden, und umgekehrt,
desto tiefer wird unsere Beziehung
werden.
Verzeihung
Jede Heilung einer verletzten Be-
ziehung fängt mit dem Verzeihen
an. Unsere Kinder müssen lernen,
um Verzeihung zu bitten und zu
verzeihen, um ihre eigenen und die
Schwächen des anderen zu akzep-
tieren. Streben wir eine Versöhnung
nach einem Streit noch vor dem
abendlichen Zubettgehen an.
Dank
Je mehr wir für das, was wir haben
und was uns geschieht, dankbar
sind, auch wenn wir damit nicht
zufrieden sind, desto mehr wird
sich die Welt um uns herum positiv
verändern. Dankbarkeit hilft uns
auch, Gemeinsames bewusster zu
erleben und die guten Eigenschaf-
ten des anderen zu entdecken.
Gebet
Schlussendlich sei ein Satz von
Mutter Theresa von Kalkutta zitiert:
«A family that prays together stays
together.» («Eine Familie, die zu-
sammen betet, bleibt zusammen.»)
SEI EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
GEDICHTE
Edwin Nu« (1922-1991)
Edwin Nutt, 1922 in Vaduz gebo-
ren und aufgewachsen, war eine
herausragende Persönlichkeit, die
das öffentliche Leben in Liechten-
stein in vielfacher Weise mit-
gestaltet hat. Neben seiner jour-
nalistischen Tätigkeit und seinem
politischen Engagement galt seine
eigentliche Leidenschaft der Hei-
mat- und Mundartdichtung.
Seine Gedichte sind Erinnerungen
an seine Jugend, Schilderungen des
einheimischen Brauchtums sowie
Ausdruck seiner Natur- und Hei-
matliebe.
Wir haben über ihn in der «Ein-
Tracht» Nr. 10 berichtet. Er lebt wei-
ter in seinem dichterischen Werk.
Land und Lüt
A jedes Land hat sini Lüt,
das ischt scho lang aso;
di äna jung, die andra alt
siaht ma si ko und go.
S'git viil, dia kröpplen Tag und
Nacht,
si wend zo eppas ko -
bi anderna schiints ma hei si no
uf d'Welt zom Irba loo.
Viil Lüt, dia kond zo Ruahm und
Ehr,
wia pachtet hend si s'Gfell
und mengem andra grootet nüt
ka tua grad was er well.
Dr ä lest i Büacher und schtudiert
bis a sis Lebesend
und hat, obwohl er fascht alls
wääss,
ihn selber noch net kennt.
A Wiile suacht an - und find's net,
denn d'Uuswahl ischt halt grooss -
doch was er selber gar net wääss
er schtierbt net kinderlos.
A jedes Land hat sini Lüt,
so wörd's o morn noch si -
uf dera wita, schööna Welt
und o well's Gott am Rhii!
Feriazit
Jetz isch si weder doo dia Zit,
wo no noch fort wend so viil Lüt;
di äna flügen schier um d'Welt
o wenn das koscht en Huffa Geld.
Wer rooss uf d'Rappa luaga muass,
macht Autoschtopp und goht sos
z'Fuass;
no wit gnua fort sii wett ma blooss,
ka Meer war z'tüüf, ka Wüeschti
z'grooss.
Ma kunnt denn häm, schier halba hü,
derwil sott ma jo gruabet sii -
ka Franka meh, so guat wia schtier
im Sack a schebigs Souvenier.
Dr Niider
Wer schaffet und zo eppas kunnt
und o da andera eppas gunnt
der hät's net Nicht uf dera Welt -
an Huffa Niider wegem Geld.
So isches gse vor tausig Johr
und höt fascht meh as früeher wohr;
wer eppas hat, min liaba Maa,
wörd allawil o Niider ha.
Min liaba Fründ, das sei din
Troscht,
wenn du o Hoor ir Falla looscht,
no der ischt arm und elend dra,
wo s'Uglöck hat, ka Niider z'ha.
Saison im Schtädtle
Di erschta kond i groossa Wäga
vor offa gond di erschta Lada
wo alls parat schtoht no zom kroma
vom Teddybär bis zor Magrona.
Lüt siahscht du doo - fascht alli
Rassa,
s'hät Japanesli grad i Massa
und Neger - schwirzer gängs gär
numma,
schtolzieren uf da Trottoir umma.
Ulidig siaht ma Mener warta
bis d'Fraua gschreba Asechtskarta
an ganza Schöbel - a Verwandti
und wääss dr Herrgott för Bekannti.
Findscht blooss an Platz zom
ghörig hocka,
muascht Angscht schier ha wegem
verdrogga, -
es schmeckt vo Wörscht, Parfüm
und Schwääss, siahscht Wiiber
mager wia'na Gääss.
Zeichnungen aus dem
«Gesamtwerk in sechs Bänden»,
von Wilhelm Busch,
Weltbild Verlag,
Augsburg 1994
B H EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
BRAUCHTUM
Alpabfahrt
«'S Väh kunnt»
Die Sennen denken anfangs Sep-
tember an die Alpabfahrt, denn all-
mählich geht es in den Herbst hin-
ein. Aus ist es mit der sommerli-
chen Herrlichkeit, und auf den
Berggipfeln sieht man schon fri-
schen Schnee glänzen. Mensch und
Tier schicken sich an, ins Tal zu
fahren, um ins «Winterfutter» zu
gehen. Wenn auch seit vielen Ge-
nerationen die Alpabfahrt Tradition
ist, so ist sie doch jedes Jahr immer
wieder ein neues Ereignis. Dem
weidenden Vieh werden auf der
Alp Glocken um den Hals gehängt,
damit das Vieh auf den weiten Wei-
degründen auch gehört und gefun-
den werden kann. Diese Kuh-
glocken - verschieden in Art, Ton
und Grosse - tragen die Tiere, an-
geführt von der Leitkuh, auch bei
der Alpabfahrt. Wenn das helle,
wundersame Läuten der «Singas»
(in Balzers «Singassa»), das dump-
fe, mächtige Dröhnen der «Plum-
pen» und das freudige Gebrüll der
den heimatlichen Stall witternden
Tiere zu hören ist, so ertönt in unse-
ren Dörfern noch der Ruf: «'S Väh
kunnt.»
Alpabfahrtsherzen
Zur Alpabfahrt gehören Herzchen
an der Stirn der Kuh - ein sehr alter
(auf einem Holzherzchen schon
1830 belegt) und auf das Liechten-
steiner Oberland beschränkter
Brauch. Das religiöse und auch das
weltliche Brauchtum nahm in unse-
rem kleinen Lande naturgemäss in
den allermeisten Fällen eine ähnli-
che Entwicklung wie in unserer
Nachbarschaft. Eine klare Ausnah-
me von dieser Regel macht aber
das erwähnte Alpabfahrtsherz, wel-
ches die Regierung im Jahre 1980
auf zwei Briefmarken darstellen
Hess. «Bei der Alpabfahrt zieren die
Alpknechte (= Senn, Zusenn,
Küher, Mister, Kleinküher und Batz-
ger) die besten Milchkühe, indem
sie diesen den mit künstlichen Blu-
men und farbigen Stoffbändern ge-
schmückten Melkstuhl auf die Stirn
binden und ihnen besonders grosse
Kuhglocken (Plumpen) um den
Hals hängen. Auf die Stirn bekom-
men diese Tiere überdies ein farbi-
ges Holzherz gebunden, welches
meistens das Monogramm Jesu
(JHS) trägt.»
Das Alpabfahrtsherz wird vom
Bauer an der Aussenwand seines
Viehstalles aufgenagelt
«Diese Herzchen (etwa 17 cm hoch
und 14 cm breit) werden vom
Bauern, dessen Kuh so ausgezeich-
net wurde, an der Aussenwand sei-
nes Viehstalles aufgenagelt. Es gibt
alte Ställe, an denen Dutzende sol-
cher Herzen angebracht sind. Die
ältesten sind weit über hundert Jah-
re alt. Dieser geradezu festliche
Alpabzug aber findet nur statt,
wenn die Herde (Senntum) die
Sömmerungszeit ohne jeden Verlust
überstanden hat. Wenn ein Tier
verfällt (zu Tode stürzt), wird nicht
aufgebunden und nicht gestuhlt,
und die Leitkuh trägt in Triesenberg
einen schwarzen Flor. Diese Alpab-
fahrtsherzen wurden früher von den
Hirten auf der Alpe aus Schindeln
und dünnen Brettchen geschnitzt,
so dass von den alten Exemplaren
keines dem andern genau gleicht;
sie waren in Grosse, Form und Far-
be verschieden. Heute aber werden
sie für alle Alpen in einer oder zwei
Werkstätten hergestellt; dadurch
wurden sie zu sehr vereinheitlicht.»
Auszug aus «Alpabfahrtsherzchen»
von Alexander Frick,
Bergheimat, Jg. 1969.
Rita Jäger
FUERSTENTUM
LIECHTENSTEIN
Aussenwand eines Viehstalles in Balzers
H l
E3H EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
PERSÖNLICHKEITEN
Felix Marxer (1922-1997)
Liechtensteiner eigener
Prägung
Glücklich, wer über sein 75. Le-
bensjahr hinaus in unbeschränkter
geistiger Frische das Leben und die
Umwelt verfolgen kann und Rück-
blick zu halten vermag auf eine rei-
che Ernte. Zu diesen Menschen
zählte Felix Marxer.
Felix war ein Mann der Tat
Er war ein Mann der leisen Töne.
Zeit seines Lebens, das praktisch
drei Viertel des nun zu Ende gehen-
den Jahrhunderts ausfüllte, blieben
ihm nach meinem Wissensstand
emotionale Aufwallungen fremd,
oder er verstand es, sie zu zähmen.
Visionen und Utopien erregten
zwar seine Aufmerksamkeit, aber er
war eher ein Mann der Tat. Der be-
gabte, geschätzte und hoch ver-
diente Realschullehrer, der Mitbe-
gründer und langjährige Präsident
der Musikschule, der erfolgreiche
Direktor des Liechtensteinischen
Landesmuseums, der anerkannte
Präsident des Historischen Vereins,
ist am 29. November 1997 überra-
schend von uns gegangen. Viele
Kollegen und Nachfolger in seinen
Ämtern - auch jene des Senioren-
teams - haben uns das Bild von
Felix Marxer in ihren Publikationen
kenntnisreich und gekonnt vor Au-
gen geführt. Dennoch kann ich den
Wunsch nicht unterdrücken, dem
mir während Jahrzehnten befreun-
deten Verstorbenen in Dankbarkeit
und liebevoller Erinnerung ein paar
Worte nachzurufen.
Felix Marxer wurde am 28. Mai
1922 in Nendeln geboren und ver-
lor schon früh seinen Vater. 1927
erkrankte Felix an Kinderlähmung
und musste als Folge davon sein
ganzes Leben mit einer Behinde-
rung fertigwerden, die aber dazu
führte, dass man ihn «etwas lernen
liess». Felix besuchte nach der
Volks- und Realschule das Gym-
nasium in Vaduz, absolvierte an
der Universität in Fribourg das
Studium zum Sekundarlehrer der
sprachlich historischen Richtung,
belegte auch Vorlesungen in Kunst-
geschichte und Journalistik, die für
ihn wichtige Ergänzungen der fach-
spezifischen Ausbildung waren.
Seine grosse Liebe galt der Musik
Doch seine grosse Liebe galt immer
der Musik. Er spielte Violine und
Handorgel. Später lernte er ohne
Lehrer auch noch Gitarre. Dieser
Freude ist es zu verdanken, dass er
an der Realschule Vaduz auch Ge-
sang unterrichtete und sich sehr für
die Gründung der Liechtensteini-
schen Musikschule, deren erster eh-
renamtlicher Leiter er wurde, ein-
setzte.
Die Tätigkeit von Felix Marxer er-
streckt sich wie ein wunderbarer Re-
genbogen von der hohen Wissen-
schaft bis hin zu seiner Verbunden-
heit mit der Schule, den Schülern,
der Musik, der prähistorischen For-
schung, der Geschichtsforschung
ganz allgemein, den kulturellen Ein-
richtungen wie Landesmuseum, Hi-
storischer Verein, Gesangsverein,
Volksmusik und Seniorengruppen.
Profundes Engagement für Liech-
tenstein
Felix Marxer liess sich ein Leben
lang nicht einordnen. Er war ein
unabhängiger Geist und scheute
sich nie, seine Meinung zu äussern
oder gar zu ändern. Unverblümt
sagte er, was ihm wert oder unwert
war und zog sich auch damit Ach-
tung und Respekt zu. Ginge es, sei-
ne Bedeutung als Kulturträger auf
verschiedenen Ebenen und um die
Wertschätzung, die Felix Marxer
nicht nur von den Intellektuellen,
sondern auch vom einfachen liech-
tensteiner Bewohner entgegenge-
bracht wurde, zu würdigen, und
wollte ich dem Dank hiefür mit
Worten Ausdruck verleihen, für
sein intelligentes und profundes En-
gagement für Liechtenstein, seine
Kultur, seine Menschen, so müsste
ich ein Buch schreiben.
Aber in den Geschichtsbüchern
sind die stillen Helden nicht ver-
zeichnet. Sie verdienen umso mehr
einen Platz in unseren Herzen. Sie
können aber auch als Vorbild die-
nen.
Felix gehörte zu denen, die ver-
sucht haben, den Mitmenschen
auch mit Musikdarbietungen bei
verschiedenen Gelegenheiten, vor
allem bei Seniorenzusammenkünf-
ten, Freude zu bereiten und zu
schenken. Felix widmete aber auch
der Erhaltung und Pflege der liech-
tensteinischen Sitten und Bräuche
seine besondere Aufmerksamkeit.
Er war z.B. Redaktor und Präsident
der Kommission, welche das
«Liechtensteiner Kochbuch» ver-
fasste, und Mitglied der Kommis-
sion für «Users Liaderbüechle». Er
war auch ein Sammler von alten
Sprichwörtern, Rätseln, Wetterre-
geln usw. Felix war kein Materialist,
und mit Matthias Claudius dachte
er wohl: «All das Geld und all das
Gut gewährt zwar schöne Sachen,
Gesundheit, Schlaf und guten Mut
kann's aber doch nicht machen.»
Solche Menschen sind selten
Felix Marxer war seiner Geburt
nach ein Unterländer, was er im-
mer auch wieder in seinem Dialekt
betonte und wozu er gerne stand.
Guter Optimismus, Humor und Ta-
lent auf vielen Ebenen und uner-
müdliche Schaffenskraft, das waren
Konstanten seines Lebens. Solche
Menschen wie Felix Marxer sind
aussergewöhnlich, sie sind selten,
aber sie sind Edelsteine im Wappen
eines Landes. Wir haben nicht viele
davon, daher sollten wir die weni-
gen nicht vergessen.
Adulf P. Goop
H l
SEI EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
VATERLANDISCHE UND
ANDERE GEDENKTAGE
Vor ... Jahren
780 1218
Feldkirch wird Stadt.
650 1348
Pestjahr in Liechtenstein.
390 20. Dezember 1608
Karl von Liechtenstein wird
in den Fürstenstand erhoben.
350 1648-1680
Zeit der Hexenverfolgung in
den Herrschaften Vaduz und
Schellenberg. Das Gericht
tagt auf Schloss Vaduz, wo
sich auch die Folter befindet.
Über 300 Personen fielen
diesen Folterungen zum
Opfer.
130 1868
Mit landesherrlicher Ver-
fügung wird das liechten-
steinische Militärkontingent
aufgehoben.
Liechtensteinischer Unteroffizier um 1850
110 15. Mai 1888
Brand in Eschen: Zwei
Kinder sowie 16 Häuser und
Stallungen, total 33 Firste,
fallen dem Brand zum Opfer.
100 17. Juli 1898
Eröffnung des Fürstensteiges.
90 20. Juni 1908
Erlass der Verordnung betref-
fend Schutz der Alpenflora.
26. Juni 1908
Eröffnung der ersten Touris-
tenstation im Malbun durch
Theodor Jehle aus Schaan -
heute Alphotel Malbun.
80 1918
Das Land steht als Folge des
Ersten Weltkrieges vor dem
finanziellen und wirtschaft-
lichen Ruin.
70 10. April 1928
Erlass des Gesetzes über das
Treuunternehmen.
15. Juni 1928
Unregelmässigkeiten bei der
Liechtensteinischen Spar-
kassa Vaduz.
Auflösung des Landtages.
21. Juni 1928
Prinz Alfred von Liechten-
stein trifft in Vaduz ein, um
die Regierungsgeschäfte
provisorisch zu übernehmen.
5. August 1928
Einweihung der Pfälzerhütte.
60 1938
Aussenpolitische Bedrohung
führt zur Bildung einer
Koalition zwischen den
beiden Parteien.
25. Juli 1938
Fürst Franz I. stirbt im Alter
von 85 Jahren auf Schloss
Felsberg.
Trauermarke Fürst Franz I.
Proklamation von Fürst Franz
Josef II. Dieser nimmt als
erster Fürst ständigen
Wohnsitz auf Schloss Vaduz.
Beginn der Renovations-
arbeiten des Schlosses.
30 11.Juni 1968
Geburt von S. D. Erbprinz
Alois.
19. Juni 1968
Erlass des Gesetzes betref-
fend die Errichtung der
Stiftung Liechtensteinische
Staatliche Kunstsammlung.
1968
Errichtung des Naturschutz-
gebietes «Heillos», Triesen.
A.P.G
E U EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
Das Haus Liechtenstein und
seine Kunstsammlungen
Abb. 1: Peter Paul Rubens (1577-1640); Decius Mus deutet seinen Offizieren den Traum; Leinwand; 293,5 x 277 cm; Inv. Nr. G 47; erworben
1693 durch Fürst Johann Adam Andreas I.
9
ES Ei EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
Das Haus Liechtenstein zählt zu
den ältesten und begütertsten
Adelsfamilien
Zu den ältesten und begütertsten
Adelsfamilien im Osten des Heili-
gen Römischen Reiches gehörend,
stand das Haus Liechtenstein früh
schon im Dienste verschiedener
Landesherren, zunächst der Baben-
berger, die ab 1156 Herzöge von
Österreich waren, später der Habs-
burger. Mit der Zunahme von Be-
sitz und Ansehen steigerte sich zu-
gleich auch die politische Bedeu-
tung der Familie, deren führende
Mitglieder von den jeweiligen Lan-
desherren bald zu Hof- beziehungs-
weise Obersthofmeistern ernannt
wurden und damit zur rechten
Hand des Herrschers in sämtlichen
Verwaltungsangelegenheiten avan-
cierten.
Die Brüder Karl, Maximilian und
Gundaker bauen das Fundament
Zur Wahrung der Familien- und Be-
sitzstruktur schlössen die Brüder
Karl, Maximilian und Cundaker
von Liechtenstein am 29. Septem-
ber 1606 auf Schloss Feldsberg ei-
nen Vertrag, durch welchen das fa-
miliäre Eigentum zum Fideikom-
miss, das heisst zum unteilbaren
und unveräusserlichen Gesamtbe-
sitz erklärt wurde. Im gleichen Zu-
ge wurde eine Erbregelung im Sin-
ne der Primogenitur getroffen, wo-
nach die Erbfolge in direkter Linie
auf den erstgeborenen Sohn über-
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Abb. 2: Fideikommissurkunde aus dem Jahre
1606
Abb. 3: Wappen des Fürstenhauses Liechtenstein seit 1623 bzw. 1719
ging. Das Fideikommiss wurde erst
im Jahre 1970 durch eine Familien-
stiftung abgelöst. Das Prinzip der
Primogenitur ist unverändert gültig.
Karl von Liechtenstein wird in den
erblichen Fürstenstand erhoben
Ein Jahr nach dem in weiser Vor-
ausschau abgeschlossenen Famili-
envertrag erhielt Karl von Liechten-
stein (1569-1627), der dem habs-
burgischen Kaiser Rudolf II. in Prag
zwischen 1600 und 1607 als
Obersthofmeister gedient hatte, den
Pfalzgrafentitel. Kurze Zeit später
erfolgte ein weiteres, für den politi-
schen und gesellschaftlichen Status
des Hauses Liechtenstein bis in die
aktuelle Gegenwart hinein bedeu-
tungsvolles Ereignis: die Erhebung
Karls von Liechtenstein in den erb-
lichen Fürstenstand durch König
Matthias, den Bruder Rudolfs II., im
Jahre 1608 - eine Würde, die 1623
auch seinen Brüdern Maximilian
und Gundaker durch Kaiser Ferdi-
nand II. zuteil wurde. Karls Nach-
kommenschaft erlosch in der vier-
ten Generation. Maximilian starb
kinderlos. Gundakers Stammeslinie
lebt bis zum heutigen Tage fort.
Karl von Liechtenstein bekrönte sei-
ne politische Laufbahn unter Ferdi-
nand II. als kaiserlicher Kommissar
und Vizekönig von Böhmen.
Wenngleich Karl 1614 von Kaiser
Matthias «zur Führung seines Fürst-
lichen Standes» mit dem in Schlesi-
en gelegenen Herzogtum Troppau
belehnt wurde und 1623 von Kaiser
Ferdinand II. auch noch das eben-
dort gelegene Jägerndorf als Schen-
kung erhielt - Erwerbungen, die
sich fortan im Wappen des Hauses
widerspiegelten -, so verliehen die-
se Territorien ihrem Besitzer gleich-
wohl nicht das Recht, mit Sitz und
Stimme im Reichsfürstenrat in Re-
gensburg vertreten zu sein und
10
H l
0 Ü EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
damit die Geschicke des Reiches
mitzubestimmen. Dies lag darin
begründet, dass das Haus Liechten-
stein, trotz ausgedehnter Besit-
zungen, über kein reichsunmittel-
bares, das heisst allein dem Kaiser
und nicht einem Landesherrn unter-
stelltes Territorium verfügte, an des-
sen Eigentum die Vertretung im
Reichsfürstenrat gebunden war.
Aus der Herrschaft Schellenberg
und der Grafschaft Vaduz entsteht
1719 das Fürstentum Liechtenstein
Erst am 23. Februar 1699 gelang es
Fürst Johann Adam Andreas
(1657-1712), dem Enkel Karls von
Liechtenstein, ein solches Territori-
um käuflich zu erwerben: die süd-
lich des Bodensees am Oberrhein
gelegene winzige Herrschaft Schel-
lenberg.
Fürst Johann Adam Andreas baute in Wien in der Nähe des kaiserlichen
Hofes herrschaftliche Residenzpaläste
Als schliesslich im Jahre 1712 auch
die südlich an Schellenberg angren-
zende Grafschaft Vaduz hinzuge-
kauft werden konnte, waren die ter-
ritorialen Voraussetzungen für die
Reichsunmittelbarkeit und den dar-
an geknüpften Sitz, samt Stimme,
im Reichsfürstenrat erfüllt.
1719 vereinte Kaiser Karl VI. die
Herrschaft Schellenberg und die
Grafschaft Vaduz zum Reichsfür-
stentum mit dem Namen Liechten-
stein.
Zur politischen Bedeutung des Für-
stentums für das Haus Liechtenstein
kontrastierten auffällig die geogra-
phische Abgeschiedenheit und die
wirtschaftliche Bedürftigkeit des
kleinen Landes. So ist es verständ-
lich, dass Fürst Johann Adam An-
dreas die Position seines Hauses in
unmittelbarer Nähe des kaiserli-
chen Hofes in Wien auszubauen
bestrebt war, wofür er mit der Er-
richtung zweier herrschaftlicher Re-
sidenzpaläste in der Hauptstadt der
Donaumonarchie einen anschauli-
chen Beweis erbrachte. Öffentliche
Ämter jedoch strebte er, wie schon
sein Vater Karl Eusebius (1611-
1684), nicht an. Johann Adam And-
reas konzentrierte sich vorrangig
und erfolgreich auf die Verwaltung
und Vergrösserung des Familienbe-
sitzes.
Fürst Joseph Wenzel, ein hervor-
ragender Feldherr
Enge Beziehungen zum habsburgi-
schen Hof im Verlauf des 18. Jahr-
hunderts unterhielt dagegen Fürst
Joseph Wenzel von Liechtenstein
(1696-1772). Seine hervorragende
militärische Laufbahn begann unter
Prinz Eugen von Savoyen und
gipfelte in seinem Aufstieg zum Ge-
neralissimus der kaiserlichen Ar-
mee, als welcher er, gegen Spanien
und Frankreich, die österreichische
Herrschaft in Oberitalien sicherte.
Insbesondere als Reorganisator der
kaiserlichen Artillerie erwarb er
sich grosse Verdienste. Doch auch
im diplomatischen Dienst, etwa als
Abb. 6:
Bernardo Bellotto
(1720-1780); Das
Gartenpalais Liech-
tenstein in Wien,
Seitenansicht (1759/
60); Leinwand;
99,7 x 159,6 cm;
Inv. Nr. G 887;
erworben 1759/60
nach Auftrag durch
Fürst Joseph Wenzel
vom Künstler
Botschafter in Berlin und Paris, war
Fürst Joseph Wenzel für das Kaiser-
haus tätig. Sein letzter öffentlicher
Auftrag führte Joseph Wenzel 1 764
nach Frankfurt am Main, wo er
Österreich als Prinzipalkommissar
bei der Kaiserkrönung Josephs II.
vertrat.
Abb. 7 : Hyacinthe Rigaud (1659-1743); Bild-
nis des Fürsten Joseph Wenzel von Liechten-
stein im Ornat des Ordens vom Goldenen
Vlies (1740); Leinwand; 82 x 65 cm; Inv. Nr.
G 670; in Auftrag gegeben 1740 durch Fürst
Joseph Wenzel
11
H l
EIS EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
Liechtenstein wird souveräner
Staat
Noch einmal war das Haus Liech-
tenstein mit Fürst Johann Joseph I.
(1760-1836) zu Beginn des 19.
Jahrhunderts auf das engste mit der
Entwicklung europäischer Ge-
schichte verknüpft. Johann Joseph
war primär, wie schon Joseph Wen-
zel, Soldat. Auch er wurde zum
Generalissimus der kaiserlichen Ar-
mee und zum Feldmarschall er-
nannt. Nach der für die französi-
schen Truppen siegreichen Schlacht
von Austerlitz (1805) bestand Na-
poleon auf den Fürsten von Liech-
tenstein als Unterhändler für die
Friedensverhandlungen mit Kaiser
Franz II. Schon ein Jahr später wur-
de das Reichsfürstentum Liechten-
stein in den unter französischem
Protektorat stehenden Rheinbund
aufgenommen, dessen Mitgliedstaa-
ten ihren förmlichen Austritt aus
dem Heiligen Römischen Reich
Deutscher Nation erklären mussten.
Die damit verbundene Anerken-
nung Liechtensteins als (quasi-)
souveräner Staat stellte Fürst Johann
Joseph vor eine diplomatische Zer-
reissprobe, da er sich weder vom
Reich lossagen, noch gar Truppen
aus Liechtenstein für den Rhein-
bund gegen das Reich zur Verfü-
gung stellen wollte. Ohne die
Rheinbund-Akte zu unterzeichnen,
ernannte der Fürst daher seinen erst
dreijährigen Sohn, den Prinzen Karl
Johann, für den er jedoch die Vor-
mundschaft behielt, zum Landes-
herrn des Fürstentums Liechtenstein
und heuerte für dieses ein Kontin-
gent nassauischer Soldaten an. Als
Napoleon 1809 in der Schlacht von
Aspern erstmals militärisch unter-
lag, geschah dies wiederum unter
massgeblicher Beteiligung Fürst Jo-
hann Josephs als Führer der kaiser-
lichen Kavallerie. Nach der endgül-
tigen Niederlage Napoleons kam es
auf dem Wiener Kongress von
1814/15 zur territorialen Neuord-
nung Europas. Mit Gründung des
Deutschen Bundes (1815) war für
Liechtenstein die aus den Tagen des
seit 1813 aufgelösten Rheinbundes
stammende Bestätigung als souve-
räner Staat verbunden, das heisst
die völkerrechtliche Gleichstellung
mit anderen im Deutschen Bund
zusammengeschlossenen Staaten
wie zum Beispiel Österreich oder
Preussen. Sie alle waren mit Sitz
und Stimme in der Frankfurter Na-
tionalversammlung vertreten. Fürst
Johann Joseph I., der die Regierung
des Landes Liechtenstein wieder ei-
genhändig führte, nahm nunmehr
den Rang eines souveränen Bun-
desfürsten ein.
Die Hälfte des liechtensteinischen
Territoriums in Böhmen und
Mähren geht verloren
Bis zum Ende des Ersten Weltkrie-
ges war es den Fürsten von Liech-
tenstein gelungen, ihren politischen
und wirtschaftlichen Status durch
kluges und weitsichtiges Handeln
stetig zu verbessern, mindestens
aber zu wahren. Mit der neuerli-
chen Grenzregelung in Europa
durch den Versailler Vertrag, insbe-
sondere aber den Vertrag von Saint-
Germain-en-Laye am 10. Septem-
ber 1919 und der damit verbunde-
nen Bestätigung der schon ein Jahr
zuvor entstandenen Republiken
Österreich und Tschechoslowakei,
kam es jedoch erstmals zu umfang-
reichen Verlusten an Grundbesitz.
Das bislang zu Niederösterreich
gehörende Gebiet von Feldsberg,
ein jahrhundertealter Stammsitz der
Fürsten von Liechtenstein, wurde
der Tschechoslowakei zugespro-
chen. Zugleich ging dort im Zuge
einer Bodenreform mehr als die
Hälfte des liechtensteinischen Terri-
toriums in Böhmen und Mähren
verloren.
Fürst Franz Josef II. nimmt als
erster Fürst 1938 ständigen
Wohnsitz in Vaduz
Einen tiefgreifenden und zukunfts-
bestimmenden Einschnitt in die Ge-
schichte des Hauses sowie des Lan-
des Liechtenstein hatte der Wechsel
der Residenz des Fürsten Franz Jo-
sef II. (1906-1989) von Wien nach
Vaduz im Jahre 1938 zur Folge.
Unmittelbar nach dem Anschluss
Österreichs an das Deutsche Reich
bekundete der Fürst mit diesem
Schritt nicht nur seine Gegnerschaft
zum Nationalsozialismus, sondern
auch die strikte Neutralität Liech-
tensteins. Damit beherbergte dieses
Land erstmals, seit es den Namen
Liechtenstein trug, den ständigen
Wohnsitz des Fürstenhauses in sei-
nen zwar eng umrissenen, doch
auch während des Krieges unver-
letzt gebliebenen Grenzen. Nach
1945 galt die Hauptsorge des Für-
sten der Sicherung des nochmals
stark reduzierten Familiengutes so-
wie der Entwicklung des Landes
Liechtenstein.
12
H l
E lü EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
Politischer und wirtschaflicher
Aufschwung unter Fürst Hans
Adam II.
Mit dem ältesten Sohn Fürst Franz
Josefs, dem damaligen Erbprinzen
Hans Adam (geb. 1945), vollzog
sich, nach einer Periode der Konso-
lidierung, schliesslich ein erneuter
wirtschaftlicher und politischer Auf-
schwung des Hauses und des Lan-
des Liechtenstein. Noch vor dem
Tode seines Vaters übernahm er
1984 als Stellvertreter die Regie-
rungsnachfolge. Seit 1989 amtiert
Hans Adam II. als Regierender Fürst
von Liechtenstein.
Zur Residenz gehören die
Kunstsammlungen
Der Residenzwechsel von Wien
nach Vaduz hatte auch die Über-
siedlung der weltweit berühmten
Kunstsammlungen des Fürsten von
Liechtenstein zur Folge. Trotz
wechselvoller Geschichte eignet ih-
nen eine wesentliche Konstante -
der private Status, welcher zugleich
als kulturelles Zeugnis der politi-
schen Souveränität des Hauses
Liechtenstein zu werten ist. Ihre
Anfänge liegen freilich im dunkeln,
zumindest, sofern nicht der Mass-
stab bewusster und zielstrebiger
Sammeltätigkeit angelegt wird.
Manches Familienmitglied hatte ge-
wiss schon die eine oder andere
Kostbarkeit erworben und vererbt,
bevor mit Karl I. von Liechtenstein
erstmals in der Geschichte des
Hauses eine Persönlichkeit hervor-
trat, welche ein profiliertes, nun
auch der verliehenen Fürstenwürde
angemessenes Interesse an Kunst
zum Ausdruck brachte.
Karl besass eine ausgeprägte Vor-
liebe für Gegenstände und Geräte
aus Gold, Silber und Edelsteinen.
Durch ihn kam es zur Schaffung
einer eigenen Silberkammer, die
1623 von der «Guardaroba» ge-
trennt und eigenständig inventa-
risiert wurde. Die «Guardaroba»
selbst umfasste, wie aus vorhande-
nen Inventaren hervorgeht, Teppi-
che, Möbel, Gold- und Silbergeräte
sowie Gemälde und zahlreiche
BergkristalIgefässe. Bereits im Jahr
1597 zeigte sich Kaiser Rudolf II.
Abb. 9: Giovanni Castrucci; Prunktruhe; Hartgesteine, Marmor, Granat; Ebenholz, Samt;
Bronze, vergoldet; Höhe 55,5 cm, Breite 88 cm, Tiefe 48,3 cm; Inv. Nr. 599; erworben nach
Auftrag durch Fürst Karl I. vom Künstler
am Kunstbesitz Karls von Liechten-
stein interessiert und liess sich aus-
gesuchte Gemälde und andere
Kunstgegenstände von diesem zum
Geschenk machen. Als ehrgeiziger
Sammler und Auftraggeber von
Kunstwerken sowie als stolzer Be-
sitzer einer mit kostbarsten Objek-
ten ausgestatteten Kunstkammer
stand Rudolf hinsichtlich Rang und
Ruf seinen Zeitgenossen zweifellos
weit voran, und schon aus diplo-
matischer Rücksichtnahme vermied
es Karl von Liechtenstein, zum Kai-
ser in Konkurrenz zu treten. Und
dennoch wusste Karl die am Prager
Hof tätige internationale Künstler-
schaft auch für seine eigenen
Bedürfnisse in Anspruch zu neh-
men. Als Obersthofmeister Rudolfs
II. ohnehin für die Verwaltung der
kaiserlichen Werkstätten zuständig,
vergab er bedeutende Aufträge
an Goldschmiede und Edelstein-
schneider (Abb. 9), insbesondere
aber an den kaiserlichen Kammer-
bildhauer Adrian de Fries, dessen
für Karl geschaffene lebensgrosse ;
Bronzeplastiken auch heute noch Abb. 10: Adrian de Fries (1545-1626); Chri-
ZU den herausragenden Werken der stus im Elend (1607); Bronze; Höhe 149 cm;
Fürstlichen Sammlungen gehören Inv. Nr. S 515; erworben 1607 nach Auftrag
(Abb. 1 0). durch Fürst Karl I. vom Künstler
13
H l
Ei Ei EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
Abb. 12: N.U'.,< > i tharel l i ; Christus als Schmerzensmann (um
1347); Holz; 70,5 x 49,7 cm; Inv. Nr. G 862; erworben 1892 durch
Fürst Johannes I I .
Abb. 11: Bertoldo di Giovanni (um 1440-1491); Schildhalter;
Bronze; Höhe 22,5 cm; Inv. Nr. S 258; erworben 1880 durch Fürst
Johannes II.
Abb. 13: Giambologna (1529-1608); Gross-
herzog Ferdinando I. de'Medici zu Pferde;
Bronze; Höhe 64 cm; Inv. Nr. S 575; erwor-
ben Mitte 18. Jh. durch Fürst Joseph Wenzel
14
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EIS EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
Abb. 14: Französischer Meister; Brustbild eines Mannes (1456); Per-
gament auf Holz; 50,7 x 41,5 cm; Inv. Nr. G 729; erworben 1677
durch Fürst Karl Eusebius
Abb. 16: Dionysio Miseroni (ca. 1607-1661);
Deckelvase in Form eines Maienkruges;
Rauchquarz; Bronze und Silber, vergoldet;
Email; Höhe 37,5 cm, Breite 31 cm, Tiefe
11,5 cm; Inv. Nr. 310; erworben nach Auf-
trag durch Fürst Karl Eusebius
Abb. 15: Jan Brueghel der Ältere (1568-1625); Landschaft mit dem jungen Tobias (1598);
Kupfer; 36 x 55 cm; Inv. Nr. G 477; erworben 1791 durch Fürst Alois I.
15
Abb. 17: Bernardo Bellotto (1720-1780); Das Gartenpalais Liechtenstein in Wien, Gartenansicht (1759/60); Leinwand; 99,8 x 158,5; Inv. Nr. G 889;erwo
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UM EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
n 1759/60 nach Auftrag durch Fürst Joseph Wenzel vom Künstler (rechts im Bild: Fürst Joseph Wenzel mit Diener)
17
H l
Elü EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
Pflege des Familienbesitzes und
Sammlung erlesener Kunstwerke
Durch seinen Sinn für das rechte
Mass schuf Fürst Karl I. in glückli-
chem Zusammenwirken mit seinen
Brüdern Maximilian und Gundaker
die wirtschaftliche, soziale und kul-
turelle Grundlage für ein zuneh-
mendes Gedeihen des Hauses
Liechtenstein, dessen Führung bald
nach dem Tode Karls im Jahre 1627
seinem Sohn Karl Eusebius überant-
wortet wurde.
Fürst Karl Eusebius strebte, im Un-
terschied zu seinem Vater, kein öf-
fentliches Amt an. Seine Hauptsor-
ge galt vielmehr der Pflege und
dem Ausbau des Familienbesitzes,
zu dem auch die Sammlung erle-
senster Kunstwerke gehörte. Das
väterliche Erbe sowie eine gute
Ausbildung förderten in Karl Euse-
bius einen lebhaften Sinn für die
bildenden Künste. Häufig engagier-
te er sich als Bauherr, der zur Er-
richtung oder Umgestaltung von
Kirchen, Schlössern und Residen-
zen, wie beispielsweise Eisgrub,
zahlreiche Architekten, Steinmetze,
Stukkateure und Maler beschäftigte.
Das eigenhändig verfasste «Werk
von der Architektur» bekundet die
Sachkenntnis des Fürsten in allen
Bauangelegenheiten, und die höch-
sten Massstäbe sind dabei gerade
recht. In einem Brief von 1681 an
seinen Sohn Johann Adam Andreas
empfiehlt er diesem, als «perfecter
architectus» selbst einen Michelan-
gelo, Vignola oder Bernini zu über-
treffen. Er äusserte die seinen Nach-
kommen zugedachte, einem ein-
dringlichen Rat gleichkommende
Überzeugung, dass Geld dazu die-
nen solle, «schene Monumenta zu
hinterlassen zue ebiger und un-
sterblicher Gedechtnuss». Von die-
ser Überzeugung profitierte auch
der überkommene Bestand an
Kunstwerken, der eine grossartige
Erweiterung erfuhr.
Fürst Karl Eusebius gilt als der
eigentliche Gründer der Fürst-
lichen Sammlungen
Nicht ohne Berechtigung gilt Karl
Eusebius als der eigentliche Grün-
der der Fürstlichen Sammlungen,
denn seine Sammeltätigkeit, die nun
weit in alle Gattungen hinein aus-
griff, wurde, jenseits eines allein
dem Fürstenstande angemessenen
Kultur- und Repräsentationsbe-
wusstseins, von kennerschaftlicher
Liebe und begeisterter Leidenschaft
zur Kunst getragen. Mit seinem
Namen verbinden sich, als Auftrag-
geber wie als Sammler, die Schaf-
fung und Erwerbung feinster Werke
der Malerei, der Skulptur und des
Kunsthandwerks (Abb. 14 und 16).
Neben der Kunst zielte das Inter-
esse des Fürsten schliesslich auf die
Pferdezucht und auf die Alchimie.
Karl Eusebius eignete die Gewiss-
heit, dass es die Pflicht eines
Fürsten «adelichen Gemiets» sei,
«curios zu sein, was Schenes, Stat-
liches, Rares und Künstliches zu
schätzen und zu lieben».
Die Liebe des Vaters zur Kunst, sein
Rat an den geliebten Sohn, fielen
bei Johann Adam Andreas auf
fruchtbarsten Boden, führten durch
ihn, während der Blütezeit des
Barock in Österreich, die Geschich-
te der Fürstlichen Sammlungen
zum Zenit, welcher ihren künftigen
Weltruhm begründete. Die histo-
rischen und politischen Umstände
begünstigten nicht nur das wirt-
schaftliche, sondern auch das
kulturelle Engagement Johann
Adam Andreas', der sich nach dem
Sieg über die Türken vor Wien im
Jahre 1683 um den Erwerb von
Baugrund ausserhalb der bis dahin
Schutz gewährenden Stadtmauern
bemühte. Mit dem Kauf eines
unweit der kaiserlichen Hofburg
gelegenen Grundstückes war zu-
gleich die Inbesitznahme eines
bereits begonnenen Palastes ver-
bunden, den Fürst Johann Adam
zur Fertigstellung als künftige Resi-
denz dem zuvor schon für das
Gartenpalais in der Rossau (Abb. 6
und 17) tätigen italienischen Archi-
tekten Domenico Martinelli anver-
traute. Auch zur Innenausstattung
beider Paläste zog der Fürst vor-
rangig italienische Künstler heran.
Prachtvolle barocke Hofhaltung
durch Fürst Johann Adam Andreas
in Wien
Unter der regen Anteil- und
Einflussnahme des Fürsten trugen
sie dazu bei, dass sich Stadt- und
Gartenpalais zu italienischen «Ge-
samtkunstwerken» formten, in de-
nen Johann Adam Andreas eine
prachtvolle und wahrhaft barocke
Hofhaltung entfaltete. Auch die von
Karl Eusebius wohl grösstenteils im
Schloss Feldsberg untergebrachten
Kunstsammlungen fanden im Wie-
ner Stadtpalais ein neues Zuhause
und wurden fortan dem Fideikom-
miss unterstellt. Wie eng das Ver-
hältnis Johann Adams zu namhaf-
ten Künstlern seiner Zeit war, belegt
eine ausgiebige und mitunter lang
anhaltende Korrespondenz, etwa
mit dem Bildhauer Massimiliano
Soldani Benzi, die sich bis heute im
Fürstlichen Hausarchiv erhalten
hat. Sie bietet wertvolle Einblicke in
die Wahrnehmungs- und Den-
kungsart eines in jeder Hinsicht
barock veranlagten Fürsten und der
von ihm beauftragten Künstler-
schaft. Gewiss wurden Johann
Adams ästhetische Vorstellungen
primär durch den «buon gusto ita-
liano» geprägt, den er insbesondere
bei der Errichtung und Ausstattung
von Bauwerken dominieren liess.
Die Sammlungen des Fürsten-
hauses (Gemälde, Skulpturen,
Gegenstände aus Gold, Silber usw.)
geniessen weltweiten Ruhm
Weltweiten Ruhm geniessen die
Sammlungen des Fürsten von
Liechtenstein heute jedoch vor al-
lem aufgrund der von ihm erworbe-
nen Gemälde des Peter Paul Ru-
bens, des Anton van Dyck und an-
derer Meister des flämischen Ba-
rock (Abb. 18 bis 24 sowie 27).
Bedeutend sind auch seine Ver-
dienste, erneut in zweierlei Funk-
tion als Auftraggeber und Sammler,
bezüglich der Gattungen Skulptur,
Kunsthandwerk und Waffen. Im
Wirken des Fürsten Johann Adam
Andreas gingen das Haus Liechten-
stein und die Kunst das engste und
18
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E3Ü3 EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
Abb. 18:
Peter Paul Rubens
(1577-1640);
Decius Mus befragt
die Haruspizien;
Leinwand;
295 x 413 cm;
Inv. Nr. G 48;
erworben 1693
durch Fürst Johann
Adam Andreas I.
Abb. 19:
Peter Paul Rubens
(1577-1640);
Decius Mus weiht
sich dem Tode;
Leinwand;
295 x413 cm;
Inv. Nr. G 49;
erworben 1693
durch Fürst Johann
Adam Andreas I.
Abb. 20:
Peter Paul Rubens
(1577-1640);
Decius Mus sendet
die Liktoren aus;
Leinwand;
288 x 346 cm;
Inv. Nr. G 50;
erworben 1693
durch Fürst Johann
Adam Andreas I.
19
H l
EIS EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
Abb. 21:
Peter Paul Rubens
(1577-1640);
Der Tod des Decius
Mus in der Schlacht;
Leinwand;
288 x 497 cm;
Inv. Nr. G 51 ;
erworben 1693
durch Fürst Johann
Adam Andreas I.
Abb. 22:
Peter Paul Rubens
(1577-1640);
Die Totenfeier für
Decius Mus;
Leinwand;
288 x 465 cm;
Inv. Nr. G 52;
erworben 1693
durch Fürst Johann
Adam Andreas I.
Abb. 23:
Peter Paul Rubens
(1577-1640);
Die Söhne des
Künstlers; Holz;
158x92 cm;
Inv. Nr. G 114;
erworben vermutlich
vor 1712 durch
Fürst Johann Adam
Andreas I.
Abb. 24: Peter Paul Rubens (1577-1640);
Clara Serena; Leinwand auf Holz; 33,5 x 27
cm; Inv. Nr. G 105; erworben vermutlich vor
1712 durch Fürst Johann Adam Andreas I.
20
H l
B H EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
Abb. 25:
Rembrandt
Harmensz. van Rijn
(1606-1669); Amor
mit Seifenblase
(1634); Leinwand;
74,7 x 92,5 cm;
Inv. Nr. G 880;
erworben 1995
durch Fürst Hans
Adam II .
Abb. 26: Jan Davidsz. de Heem (1606-1684); Waldbodenstilleben mit Blumen und Amphi
bien; Leinwand; 112,7 x 130,5 cm; Inv. Nr. G 926; erworben 1883 durch Fürst Johannes II.
Abb. 27: Anthonis van Dyck (1599-16^1);
Bildnis der Maria Louise de Tassis (ca. 1630);
Leinwand; 130 x 93,5 cm; Inv. Nr. G 58;
erworben 1710 durch Fürst Johann Adam
Andreas I.
21
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EIS EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
zweifellos fruchtbarste Verhältnis
ein, waren die glücklichsten Eigen-
schaften und Augenblicke eines In-
dividuums und einer Epoche ver-
eint.
Mit Joseph Wenzel erfuhren die
Sammlungen schliesslich eine ba-
rocke Nachblüte. Die Zeit grosser
Bauvorhaben war vorüber. Um so
ausgeprägter zeigte sich der Fürst
an den ihm vererbten Kunstwerken
interessiert, insbesondere an der
ihm als persönliches Legat von
Fürst Johann Adam übergebenen
privaten Gemäldesammlung, die ge-
trennt von der Fideikommissgalerie
verwaltet wurde. Wo immer Joseph
Wenzel in diplomatischer Mission
für das österreichische Kaiserhaus
tätig war, suchte er auch die Begeg-
nung mit Künstlern. Er gab Gemäl-
de in Auftrag, etwa bei Antoine
Pesne und Hyacinthe Rigaud
(Abb. 7), oder kaufte bei Händlern.
Unverkennbar war sein Auge, in
der Geschichte des Hauses Liech-
tenstein eine Ausnahme darstel-
lend, auf französische Kunst gerich-
tet. Zu den schönsten durch seinen
Auftrag entstandenen Kunstwerken
gehören jedoch zwei italienische
Gemälde - die von Bernardo Bel-
lotto um 1 759 geschaffene Garten-
und Seitenansicht des Palais' in der
Rossau zu Wien (Abb. 6 und 17).
Die Sammlungen verdanken ihm
zugleich aber den Erwerb der bron-
zenen Reiterstatuette des Grossher-
zogs der Toskana, Ferdinando I.
de'Medici (Abb. 13), welche den
Namen Giambolognas trägt und so-
mit einen Mittelpunkt für jene wohl
schon von Karl Eusebius erworbe-
nen Kleinbronzen schuf, die in
unmittelbarem Zusammenhang mit
dem grossen, in Florenz tätigen
Bildhauer entstanden waren. Auch
zwei kostbare Geschenke an Fürst
Joseph Wenzel fanden Eingang in
die Sammlungen - das ehemals
vierundzwanzigteilige Tafelservice
der Königlichen Porzellanmanufak-
tur zu Berlin, das der preussische
König Friedrich der Grosse direkt
für den Fürsten in Auftrag gab
(Abb. 29), sowie zwei Kästen mit je
drei spanischen Prunkgewehren, die
ihm Kaiser Joseph II. übereignete.
Nach dem Tode Joseph Wenzels
wurden die Sammlungen erst wie-
der durch Fürst Johann Joseph I.
grosszügig erweitert, vor allem im
Bereich der Malerei. In den Jahren
zwischen 1807 und 1810 verlegte
Johann Joseph die Fideikommissga-
lerie aus dem Stadt- in das Garten-
palais, wo sie bis zu ihrer Übersied-
lung nach Vaduz blieb. Konzen-
trierten sich die Fürsten von Liech-
tenstein mit ihren Aufträgen und
Erwerbungen von Kunstwerken bis
hin zu Alois II., der die Sammlun-
gen durch die Epoche des Wiener
Biedermeier bereicherte (Abb. 30
und 31), auf die Zeit des 16. bis 19.
Jahrhunderts, so kam es durch Fürst
Johannes II. (1840-1929) zu einer
nennenswerten Erweiterung des
Sammlungsbestandes aufgrund des
Ankaufs von Gemälden und Skulp-
turen des 14., 15. und frühen
16. Jahrhunderts (Abb. 11 und 12).
Johannes II., der hinsichtlich des
Kunstschaffens seiner eigenen Zeit
keine persönliche Resonanz zu
empfinden vermochte und daher
auf einen Anschluss der Sammlun-
gen an die Moderne verzichtete,
wurde aufmerksam auf die Meister
der Gotik und der (Früh-)Renais-
sance sowie auf die frühen Nieder-
länder, die bei den Fürsten bislang
gar keine oder nur geringe Beach-
tung gefunden hatten.
Restaurierung von Schloss Vaduz
1904-1912 und Ausbau als
Residenz 1938
Fürst Johannes II. war nicht zuletzt
um eine grundlegende Restaurie-
rung der Burg Liechtenstein bei
Mödling (ehemals Maria Enzers-
dorf), dem ältesten nachweisbaren
Stammsitz des Hauses, und des
Schlosses Vaduz besorgt. Instand-
setzung und Ausbau des Vaduzer
Schlosses in den Jahren 1904 bis
1912 befähigten Fürst Franz Josef II.
im Jahre 1938, Wien zu verlassen
und im Fürstentum Liechtenstein
neue Residenz zu beziehen. Auch
der grösste Teil des fürstlichen
Kunstbesitzes fand während oder
kurz nach dem Zweiten Weltkrieg
im Vaduzer Schloss eine neue Hei-
mat. Franz Josef II. sah sich jedoch
aufgrund der politischen und krie-
Abb. 28: Anthonis van Dyck (1599-1641);
Bildnis des James, Ersten Herzogs von Hamil-
ton (1640); Leinwand; 218,7 x 129,2 cm;
Inv. Nr. G 64; erworben 1991 durch Fürst
Hans Adam II.
Abb. 29: Königliche Porzellanmanufaktur
KPM; Zitronenkorb; Porzellan; Höhe 38,8 cm;
Inv. Nr. P 1405/6; erworben 1766 als Ge-
schenk durch Fürst Joseph Wenzel
22
H l
0 Ü EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
gerischen Ereignisse der Zeit von
1938 bis 1945 auch zum Verkauf
wertvollster Kunstwerke gezwun-
gen - ein nicht unumstrittener
Eingriff in den Sammlungsbestand,
der schliesslich mit Übernahme
administrativer Verantwortung für
das Vermögen des Hauses Liech-
tenstein durch den damaligen Erb-
prinzen und heutigen Fürsten Hans
Adam II. zum Abschluss kam. Die
mit seinem Wirken verbundene po-
litische und wirtschaftliche Wohl-
fahrt des Hauses und des Landes
Liechtenstein fördert, getragen von
Interesse und grossem Engagement,
gleichermassen den Erhalt und die
Entwicklung der Fürstlichen Samm-
lungen, welche seit Mitte der sieb-
ziger Jahre durch ebenso zahlreiche
wie bedeutsame Neuerwerbungen
wieder in stetigem Wachstum be-
griffen sind (Abb. 25, 28 und 32).
Abb. 30: Friedrich von Amerling (1803-
1887); Prinzessin Maria von Liechtenstein
(1836); Leinwand; 33 x 27 cm; Inv. Nr. G
2314; erworben 1836 durch Fürst Alois II.
vom Künstler
Ihren Schwerpunkt haben die Fürst-
lichen Sammlungen zweifellos in
der Epoche des Barock - jener Zeit
also, in welcher die Fürsten Karl,
Karl Eusebius und Johann Adam
Andreas die Sammlungen nicht nur
begründeten, sondern ihnen zu-
gleich ihr enzyklopädisches Geprä-
ge verliehen und sie ihrem glanz-
vollen Höhepunkt entgegenführten.
Abb. 31: Ferdinand Georg Waldmüller (1793-1865); Blick auf Mödling; Leinwand; 56x69 cm;
Inv. Nr. G 2308; erworben 1908 durch Fürst Johannes II.
Bestand herrlicher Kunstwerke von
allerhöchstem Rang, festgehalten
in wissenschaftlichen Publikatio-
nen und Katalogen
Es ist das Verdienst aller nachfol-
genden Fürsten, diesen zwischen
dem frühen 17. und frühen 18.
Jahrhundert zusammengetragenen
Bestand herrlichster Kunstwerke
von allerhöchstem Rang gewürdigt,
gepflegt und, wenn immer möglich,
ergänzt und vergrössert zu haben.
Bis in die aktuelle Gegenwart hin-
ein wird somit ein kostbares Erbe
auf verantwortungsbewusste und
lebendige Weise weitergeführt, was
in der Praxis bedeutet, dass die für
die Fürstlichen Sammlungen zu-
ständigen Fachkräfte jedes einzelne
Werk sowohl kunsthistorisch als
auch restauratorisch betreuen und
bearbeiten. Es gilt nicht nur Fragen
bezüglich der Zuschreibung und
des Inhalts zu klären, bezüglich des
«Wer» und des «Was», sondern
auch mit modernsten technischen
Mitteln die physische Substanz des
jeweiligen Originals zu sichern und
Kenntnisse über die Mal- und Her-
stellungsmethoden der Künstler, al-
so über das «Wie», zu gewinnen.
Das Ergebnis solch permanenter Ar-
beit fliesst ein in Bücher und wis-
senschaftliche Publikationen, vor
allem aber in öffentliche Ausstel-
lungen mit begleitenden Katalogen.
Wechselausstellungen in Vaduz
sowie Ausstellungen in Luzern
(1948), New York (1985/86),
Jerusalem (1995) und Luxemburg
(1995)
Dabei präsentieren sich die Samm-
lungen des Fürsten von Liechten-
stein entweder durch einzelne
Leihgaben bei weltweit stattfinden-
den Wechselausstellungen, oder sie
zeigen sich in grösserem Zusam-
menhang, der alle wichtigen Be-
stände umfasst, wie etwa anlässlich
der Ausstellungen in Luzern (1948),
New York (1985/86), Jerusalem
(1995) und Luxemburg (1995),
schliesslich und nicht zuletzt im
Rahmen von themenbezogenen
Ausstellungen, wie sie im regelmäs-
sigen Turnus von circa drei bis vier
Jahren seit 1952 in Vaduz zu sehen
gewesen sind. Die nächste Aus-
stellung im Engländerbau in Vaduz
wird am 11. September 1998 eröff-
net werden und trägt den Titel:
«Götter wandelten einst ...» -
Antiker Mythos im Spiegel alter
Meister aus den Sammlungen des
Fürsten von Liechtenstein.
Uwe Wieczorek
23
H l
Elü EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
Abb. 32: Antonio Canal, gen. Canaletto (1697-1768); Der Markusplatz in Venedig mit dem Campanile; Leinwand; 74,5 x 96,5 cm; Inv. Nr.
G 208; erworben 1997 durch Fürst Hans Adam II.
Meisterwerke
der Sammlungen
des Fürsten
von Liechtenstein
Das Haus Liechtenstein und seine Kunstsammlungen
24
E U EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
KULTURTRÄGER
Didaktische Medien-
stelle DMS
Pädagogisches Dokumentations-
und Medienzentrum des
Fürstentums Liechtenstein
Die Didaktische Medienstelle ist ei-
ne Dienstleistungsstelle des Schul-
amtes für die Lehrerinnen und Leh-
rer unseres Landes. Mit einem be-
scheidenen Angebot an Unter-
richtsdias und Lehrfilmen wurde
die Stelle im Jahre 1976 im Inter-
natstrakt des Liechtensteinischen
Gymnasiums eröffnet. Durch stetige
Weiterentwicklung im Sinne der Er-
wartungen der Lehrerschaft an eine
zeitgemässe Unterrichtsvorberei-
tung ist die Stelle in den mehr als
zwanzig Jahren zum Pädagogi-
schen Dokumentations- und Medi-
enzentrum Liechtensteins ausge-
baut worden. Seit 1994 befindet sie
sich in modernen, architektonisch
ansprechend gestalteten Räumen
an der Pflugstrasse 28 in Vaduz.
Geführt wird die Stelle von Christa
und Josef Eberle.
Breites Angebot für interessanten
Unterricht
Damit die Lehrerschaft interessant
und zeitgemäss unterrichten kann,
müssen ihr entsprechende Hilfsmit-
tel und Medien in die Hand gege-
ben werden. Die Didaktische Me-
dienstelle, kurz DMS genannt, kann
mit einem breiten Angebot aufwar-
ten. Mit dem Umzug an die Pflug-
strasse konnte eine schulpraktische
Bibliothek realisiert werden, die mit
der neuesten Fachliteratur für alle
Schulstufen ausgestattet ist und stän-
dig aktualisiert wird. Unterrichts-
einheiten, Spiele, Materialien für
den Werkstattunterricht und Kopier-
vorlagen stehen ebenso zur Verfü-
gung wie auch verschiedenste
pädagogische und medienkundli-
che Zeitschriften. Die audiovisuel-
len Medien wie Unterrichtsfilme,
Dias, Videos, Folien, Tonträger kon-
ventioneller und moderner Art und
CD-ROM's stehen in breiter Aus-
wahl zur Verfügung. Audiovisuelle
Geräte wie Film- und Diaprojekto-
Die Didaktische Medienstelle ist eine Fundgrube und lädt zum Verweilen ein.
ren, Tongeräte und Videokameras
sind für den Verleih bereit. Ein
Videoschnittplatz und Reprodukti-
onsanlagen können benützt wer-
den. Im Schulungsraum finden Kur-
se, Ausstellungen und gelegentlich
auch Lehrerteamsitzungen statt. Ei-
ne kleine Selbstbedienung-Cafeteria
lädt zur Begegnung ein. So kann
sich die Lehrerin von Balzers mit ei-
nem Kollegen von Ruggell zum Er-
fahrungsaustausch oder vielleicht
auch nur zu einem kleinen Schwatz
bei einer Tasse Kaffee treffen.
Mit Nachdruck hat die Stelle stets
darauf hingewiesen, dass der Me-
dienerziehung in den Schulen die
nötige Beachtung geschenkt wer-
den soll. So gut es möglich und
gefragt ist, kann Hilfe und Beratung
angeboten werden. Aufgeschreckt
durch die negativen Schlagzeilen
aus den USA wird die Medien-
erziehung wieder vermehrt in das
Bewusstsein der Lehr- und Erzie-
hungsverantwortlichen treten müs-
sen.
Interessierte Benützerschaft
Die DMS steht Lehrkräften aller
Stufen und Fachrichtungen, Jugend-
und Erwachsenenbildnern, Studen-
ten, Behördenmitgliedern und seit
1994 auch Schülerinnen und Schü-
lern der weiterführenden Schulen
zur Verfügung. Die interessierte
Benützerschaft findet in der DMS
eine wahre Fundgrube und verweilt
dort oft sehr lange beim Suchen
von Unterlagen für ein bestimmtes
Thema oder beim Sichten von
Medien. Der Beratung fällt dabei
ein grosser Stellenwert zu.
Die Didaktische Medienstelle ist
am Montag, Mittwoch und Don-
nerstag von 8-11 Uhr und von
14-18 Uhr geöffnet.
Josef Eberle
Schülerinnen und Schüler schauen hinter die Kulissen der Technik und bearbeiten mit ihrem
Lehrer einen Videofilm.
25
BEi EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
SAGEN
Das Klare, Erklärbare, Wirkliche ist
ein Teil unseres Lebens, das Dunk-
le, schwebend Unbestimmte ein
anderer Teil. In den Sagen lebt die-
ser Teil - sie sind Phantasie und
Poesie des Volkes.
Unser Land ist reich an Sagen
Unser kleines Land ist sehr reich an
Sagen. Es sind Erinnerungen und Er-
zählungen des Volkes, geheimnis-
volle und oft unheimliche Ge-
schichten, die ihre Wurzeln meist
in schlimmen Erlebnissen des
Volkes in der Vergangenheit, im
Aberglauben usw. haben und in
ihren Motiven manchmal bis in
vorchristliche Zeiten zurückreichen.
Von einer dieser beeindruckenden
Sagen berichten wir nachstehend.
Die lebendige Puppe
Können die Dinge lebendig wer-
den? Ja, es gibt oft merkwürdige
Geschehnisse auf dieser Welt, und
man muss deshalb in mancher Hin-
sicht vorsichtig sein. Aber daran
dachten die übermütigen Alp-
knechte auf der Alp Guschg am
Schönberg in jenem guten, warmen
Sommer, den sie nie mehr verges-
sen werden, gar nicht; denn die Ar-
beit ging ihnen leicht von der
Hand, alles gedieh prächtig, so dass
sie oft viel Zeit übrig hatten. Sie
sassen dann vor ihrer Alphütte und
schauten gelangweilt dem weiden-
den Vieh zu oder trieben Spässe
und Schabernack.
Mit der Puppe Kurzweil getrieben
Dabei kamen sie auf den abwegi-
gen Gedanken, aus alten herumlie-
genden Lumpen eine Puppe zu ma-
chen, mit der sie nun viel Kurzweil
hatten. Sie setzten sie an den Tisch
und führten mit ihr dumme Ge-
spräche. Sie nahmen sie plötzlich
in den Arm, trugen sie wie ein Kind
umher und taten, als wiegten sie sie
in den Schlaf, um sie dann unverse-
hens in eine Ecke zu werfen. Oder
sie versuchten, ihr Mus und Milch
in den Mund zu löffeln, und ver-
schmierten dabei das ungestalte
Gesicht der Puppe.
«Red auch einmal, du Tolpatsch!»,
fuhren sie die Puppe an, und da sie
begreiflicherweise nicht antwortete,
schlugen sie sie mit Händen und Füs-
sen und lachten sich dabei halbtot.
«Der muss bei mir bleiben»
Aber dann geschah das Unfassliche
und Grauenerregende, dass eines
Tages die Puppe wirklich sprach.
Der Herbst war gekommen, die
Alpknechte trieben das Vieh zu-
sammen und richteten sich für die
Talfahrt.
Am letzten Tage sassen sie noch
einmal beim Essen zusammen und
hatten dabei auch die Puppe an
den Tisch gesetzt, mit der sie wie-
der unanständige Spässe trieben.
Als sie das Mahl beendet hatten
und gerade aufstehen wollten, san-
ken sie wie vom Schlage getroffen
auf ihre Sitze zurück; denn die Au-
gen der Puppe begannen plötzlich
seltsam und furchtbar zu glitzern.
Sie schaute einen um den andern
böse und durchdringend an, dann
öffnete sie ihren Mund und hohl
sprach ihre Stimme: «Ihr könnt alle
heimgehen, aber der Senn da», und
sie hob den Arm und zeigte auf den
fahlen Senn, «der muss bei mir
bleiben.»
Kalter Schauer lief ihnen den
Rücken hinunter
Wie von einer magischen Kraft ge-
halten, blieb der Senn sitzen,
während die Alpknechte schlotternd
und bebend die Herde und ihre
Geräte sammelten und wie gejagt
die Alp verliessen. Als sie ein Stück
weiter unten waren und sich etwas
gefasst hatten, blickten sie noch ein-
mal scheu zurück, und was sie da
sahen, trieb ihnen einen kalten
Schauer den Rücken hinunter: Auf
dem Dache der Sennhütte war die
Haut des Sennen wie zum Trocknen
ausgespannt, und daneben sass die
lebendig gewordene Puppe, verwarf
wild die Arme und lachte, lachte
höhnisch und fürchterlich ...
Diese Sage hat Lehrer Frommelt in
Triesenberg erzählt, und wer genau
zuhört, mag eine Lehre daraus zie-
hen.
Dino Larese
26
BE EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
HAUSNAMEN VON
TRIESEN
1 dr Küefer-Ludwig
2 s'Trinas-Alberta-Edi
3 s' Böhili-Prinze-Ferdi
4 s'Kapaziners Norbert
5 dr Schwimmel
6 drTschüssli
7 drTschöpli
8 s' Hans Jogilis-Waltraud
9 s'Kopferschmeda-Alberta-Rösli
10 drPföö-Hans
11 dr Gerbi-Egon
12 s'Lang-Eberlis-Heinz
13 s'Wagner-Emile-Alwin
14 s'Sälers Adolf
15 s'Meierhöfler-Wilhelma-Willi
16 dr Maschlina-Fritz
17 dr Metzger Hans
18 s'Sägers Lisili
19 dr Sunna-Max
20 dr Schuemaher-Ferdi
21 s'Käs-Hansa-Thedor
22 s'Vorstehers-Rita
23 s'Möllers Hedi
24 dr Poschtli-Hermann
25 dr Kemifäger
Auflösung Wettbewerb
Ausgabe Ostern
Der Findling liegt, wie die sehr
vielen Leserinnen und Leser rich-
tig angegeben haben, auf dem
Gantenstein. Gefragt war aber
das Gemeindeterritorium, und
das ist nicht Schellenberg, son-
dern Eschen.
Nur zwei Einsenderinnen haben
die Frage richtig beantwortet.
Es sind dies:
1. Preis: Caroline Matt,
Bogengasse 105, 9491 Ruggell
2. Preis: Alice Schädler, Bei der
Buche 571, 9497 Triesenberg
Wir gratulieren herzlich!
KENNEN SIE
LIECHTENSTEIN?
Dieses Mal stellen wir Ihnen die
starke Verkleinerung eines Ölbildes
von Prof. Eugen Zotow vor. Sie soll-
ten uns nun den Namen der Strasse
mitteilen, mit welchem diese be-
zeichnet wird. Die Strasse hatte
schon im Jahre 1940 denselben Na-
men.
AUFLOSUNG DER
HAUSNAMEN VON
Um Ihnen die Sache zu
erleichtern, einige Hinweise
Die Strasse befindet sich in Vaduz,
und so wie vieles dort, hat sich
auch diese Strassenansicht verän-
dert. Sie ist modern geworden, mo-
derne Gebäude rahmen sie ein.
Das Auto auf der linken Seite war
Eigentum eines bekannten Rechts-
anwaltes.
Denjenigen, die den Namen immer
noch nicht gefunden haben, sei
verraten, dass das höchste Gebäude
von Vaduz den gleichen Namen
trägt, wie die Strasse.
Wettbewerbspreise:
1. Preis:
Liechtensteiner Kochbuch
2. Preis:
Sagen aus Liechtenstein
3. Preis:
Users Liaderbüechle
Es sind alle teilnahmeberechtigt.
Wenn Sie die Antwort wissen,
schicken Sie bitte bis 15. Sep-
tember 1998 eine Postkarte an
die Redaktion «EinTracht», Heilig-
kreuz 19, 9490 Vaduz. Aus den
eingegangenen richtigen Antworten
werden drei Gewinner ausgelost.
TRIESEN
1
2
3
4
5
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
Ludwig Feger
Edi Schurti
Ferdi Schurti
Norbert Kindle
Gebhard Amann
Gerold Negele
Engelbert Banzer
Waltraud Sele-Sprenger
Rösli Risch-Heidegger
Hans Frommelt
Egon Schurti
Heinz Eberle
Alwin Bargetze
Adolf Erne
Wil l i Kindle
Fritz Jäger
Hans Beck
Liseli Banzer
Max Heidegger
Ferdi Negele
Theodor Banzer
Rita Bargetze-Heidegger
Hedi Steiner-Hoch
Hermann Erne
Albert Kindle
Josef Frommelt
Diese Ausgabe der «EinTracht»
geht an alle Abonnenten und
zusätzlich an alle Haushaltun-
gen von
Triesen
27
H l
E S EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
ZITATE ZUM
STAATSFEIERTAG
Das Vaterland
Achte jedes Mannes Vaterland,
aber das deinige liebe!
G. Keller
Fähnlein der sieben Aufrechten
Als ich das Vaterland aus den Au-
gen verloren hatte, fand ich es im
Herzen wieder.
H. Heine
Erst in der Fremde erkennt man,
was das Vaterland ist.
G. Freytag, Siebleben
Im Hause muss beginnen, was
leuchten soll im Vaterland.
J. Gotthelf
Wer sein Vaterland nicht kennt, hat
keinen Massstab für fremde Länder.
Goethe, Wilhelm Meister
Wollt ihr unser Vaterland kennen
und lieben lernen, reist in fremde
Länder.
L. Börne
Ans Vaterland, ans teure, schliess'
dich an, das halte fest mit deinem
ganzen Herzen. Hier sind die star-
ken Wurzeln deiner Kraft.
F. Schiller, Wilhelm Teil
Der Fürst
Das Gefühl, das einen Fürsten vor
allem beseelen soll, ist Vaterlands-
liebe.
Friedrich der Grosse
Fürsten belohnen ihre Schmeichler
und verachten sie; Völker beten die
ihrigen an.
F. v. Gentz
Wohl gibt es Fürsten, die nach
Wahrheit dürsten; doch wenigen
ward ein so gesunder Magen, sie zu
vertragen.
F. v. Bodenstedt
Fürsten kommen in den Himmel,
wenn sie in der Wiege sterben.
(Sprichwort)
Viele schmeicheln der Person des
Fürsten; und alle sind Freunde des,
der Geschenke gibt.
Spr. Salom. 19, 6
Der Fürst ist der erste Diener seines
Staates.
Friedrich der Grosse
Geh nicht zu deinem Fürst, wenn
Du nicht gerufen wirst.
(Sprichwort)
Los der Könige ist es, Gutes zu tun,
aber schlechten Dank zu ernten.
Marc Aurel
Der Staat
An guten Schulen und guten We-
gen erkennt man den guten Staat.
(Sprichwort)
Der Staat muss untergehen, früh
oder spät, wo Mehrheit siegt und
Unverstand entscheidet.
F. Schiller, Demetrius
Der Staat sollte vorzüglich für die
Ärmeren sorgen, die Reichen sor-
gen leider nur zu sehr für sich
selbst.
J. G. Seume
«Woran erkenn' ich den besten
Staat?» Woran du die beste Frau
kennst - daran, mein Freund, dass
man von beiden nicht spricht.
F. Schiller, Der beste Staat
Der Kleinstaat steht seinem Bürger
viel näher als der Grossstaat. Hier
tritt dem Bürger kein bürokratischer
Mechanismus anonym und fremd,
fast feindlich gegenüber.
F. Gschnitzer
Gedächtnisschrift Dr. Ludwig Marxer
Die Heimat
Der ist in tiefster Seele treu, der die
Heimat liebt wie du.
Th. Fontane, Archibald Douglas
Heimat ist das Währende im ständi-
gen Wandel der Zeit.
Weh dem, der keine Heimat hat!
F. Nietzsche, Vereinsamt
Heimat ist nicht nur ein Ort, son-
dern geschieht dort, wo Menschen
einander wohlwollend begegnen!
Wenn du noch eine Heimat hast, so
nimm den Ranzen und den Stecken,
und wandre, wandre ohne Rast, bis
du erreichst den teuren Flecken.
A. Traeger
Heimat braucht jeder Mensch,
denn dort findet er eine vertraute
Umgebung und Geborgenheit.
Aber Heimat ist nicht nur an Orte
oder Länder gebunden. Heimat
sind Menschen, die uns verstehen
und die wir verstehen.
Max Frisch
Erst im Auslande lernt man den
Reiz des Heimatdialekts geniessen.
G. Freytag, Siebleben
Crösstenteils aus:
«Das grosse Buch der Zitate»
Orbis Verlag 1990
28
r
BE EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
KOCHEN
Fürstliche Speisen
Kaiserschmarrn nach Schlossart
Ein Lieblingsgericht von Fürst Franz
Josef II.
6 Eidotter mit 2 Esslöffel Zucker,
200 g Mehl, 1A Liter Milch, Vanille
und geriebene Zitronenschale gut
verrühren. 50 g Butter erhitzen und
einrühren.
6 Eiklar zu steifem Schnee schlagen
und in die Masse einziehen.
Eine Pfanne gut ausbuttern und die
Masse vorsichtig hineingiessen. Bei
massiger Hitze im Rohr ca. 15 Mi-
nuten goldgelb backen.
Mit einem Messer den Teig in der
Pfanne in kleine Würfel schneiden
- mit einer Schaufel vom Boden lö-
sen - und für weitere 5 Minuten
nochmals in das Backrohr stellen.
Mit Staubzucker bestreuen.
Dazu gehört natürlich ein speziel-
les Pflaumenkompott:
Zwetschgenröster
In einer Kasserole (Pfanne mit Stiel)
halbierte und entkernte Zwetschgen
mit etwas Zimtrinde, Gewürznel-
ken und Zucker halbweich rösten.
Anschliessend mit etwas Wasser
aufgiessen.
Profiteroles au Chocolat -
Brandteigkrapfen mit Schokolade
In einer Pfanne 70 g Butter mit 70 g
Wasser zusammen aufkochen und
70 g Mehl einrühren. Etwas anrö-
sten. Abkühlen und 3 ganze Eier
nach und nach einrühren. Diesen
weichen Teig in einen Dressiersack
füllen.
Auf ein nicht gefettetes Kuchen-
blech kleine, nussgrosse «Krapferl»
drücken. Bei mittlerer Hitze ca. 10
Minuten backen. Das Blech kalt
stellen und mit einem Messer die
Krapfen vom Boden lösen. An der
Unterseite etwas aushöhlen - die
Öffnungen mit steifem Schlagobers
füllen. Pyramidenförmig auf einem
Glasteller übereinanderschichten
und darüber kalte Schokoladen-
sosse giessen.
Mohr im Hemd
70 g Butter mit 70 g Mehl in einer
Kasserolle leicht anrösten und mit
1A I Milch verrühren. Etwas Vanille-
zucker dazugeben und 200 g
schwarze Kochschokolade erhitzt
einrühren.
JULIE8
Geheimnisse
aus dem
FÜRSTENHAUS
LIECHTENSTEIN
Etwas abkühlen lassen und 4 Eidot-
ter einmengen. In den Schnee von
4 Eiweiss 40 g Zucker einschlagen.
Den steif geschlagenen Schnee in
die Schokoladenmasse vorsichtig
einmischen.
Eine Pudding-Form mit Butter be-
streichen und auszuckern. Die
Masse einfüllen und im Wasserbad
ca. 15 Minuten kochen.
Wenn der «Mohr» (Pudding) fest ist,
heiss auf einen Teller stürzen und
das «Hemd» aus gesüsstem Schlag-
obers überziehen (darübergupfen).
Warme Schokoladensosse rundher-
um giessen.
Schokoladekuchen mit Obst belegt
100 g Butter mit 120 g Zucker,
etwas Vanille und 3 ganzen Eiern
gut abtreiben. 7" Tafel Koch-Scho-
kolade weich machen und ein-
rühren. Anschliessend 120 g Mehl
einmengen und gut vermischen.
Den Teig in eine gut gefettete
Kuchenform füllen und mit halbier-
ten Früchten (Marillen, Pfirsichen,
Zwetschgen) belegen. Nach dem
Backen mit gehobelten Mandeln
bestreuen.
Für die Party - und für
stille Geniesser
Käse-Bäckerei
150 g Butter, 150 g Mehl und 150 g
geriebenen Parmesan mit einem
Eidotter zu einem Teig verarbeiten.
Mit Paprikawürze und etwas Salz
abschmecken. Teig ausrollen und
kleine Quadrate oder Rechtecke
ausstechen. Mit einem ganzen
geschlagenen Ei bestreichen und
mit Kümmel bestreuen. Auf einem
gefetteten Kuchenblech hellgelb
backen.
Vanille-Kipferl
70 g Staubzucker, 210 g Butter,
250 g Mehl und 100 g geschälte,
fein geriebene Mandeln zu einem
Teig kneten. Daraus kleine Kipferl
formen und auf einem gut ein-
gefetteten Kuchenblech sehr hell
backen. Staubzucker mit Vanille-
zucker mischen und die Kipferl dar-
in gut wälzen.
Kullerpfirsich
Einen kleinen, reifen Pfirsich mit ei-
ner Gabel rundherum einige Male
anstechen und in einem hohen
bauchigen Glas mit Sekt übergies-
sen.
Durch die Ansammlung von Kohle-
säurebläschen an der Unterseite
des Pfirsichs beginnt er sich zu dre-
hen - zu «kullern».
Den «besoffenen» Pfirsich nach ei-
niger Zeit, wenn er etwas von sei-
nem Aroma abgegeben hat, heraus-
nehmen und verzehren. Sekt
nachtrinken.
Man kann natürlich statt Sekt auch
Champagner nehmen, aber
Champagner sollte man eigentlich
nur pur trinken ...
29
H l
EINTRACHT
ADVENT 1998
Aus dem Geburtstags-
fest unseres Landes-
fürsten entsteht der
Staatsfeiertag
Es kann gar nicht anders sein, wenn
nach tagelangem Unwetter der 15.
August herannaht, dann bricht fast
mit Sicherheit die Sonne durch die
Wolken, und Glück und Segen ste-
hen über den Festlichkeiten von
Maria-Himmelfahrt.
An diesem Tage wurde während
der Regierungszeit von Fürst Franz
Josef II. auch dessen Geburtstag ge-
feiert, welcher sich immer wieder
zu einer Huldigung der Liechten-
steiner ihrem Monarchen gegen-
über entfaltete.
Feiern in der heutigen Form
kennen wir seit 1940
Besondere Feiern zum Geburtstag
des Fürsten mit festlichem Hochamt
und Festpredigten in allen Gemein-
den, mit Beflaggung, vaterländi-
schen Reden und Musikdarbietun-
gen gab es schon früher. Sie fanden
jedoch nicht jedes Jahr, sondern
nur bei besonderen Anlässen statt.
Feiern in der heutigen Form aus
Anlass des Geburtstages unseres
Landesfürsten S. D. Fürst Franz Jo-
sef II. kennen wir seit 1940. In jener
für unser Land schwierigen und ge-
fahrvollen Zeit, wurde als Ausdruck
unseres Willens zur politischen Un-
abhängigkeit und unserer Treue zur
Heimat und Monarchie der Vortag
des Geburtstages unseres Landes-
fürsten, der 15. August, zum Staats-
feiertag proklamiert, an welchem
alle Häuser beflaggt werden. Dies
sollte nach dem Willen des Volkes
auch so bleiben.
Nachdem der Geburtstag unseres
heutigen Fürsten Hans-Adam II.
aber nicht in den Monat August
fällt, wurde am 27. Juni 1990 ein
Gesetz erlassen, dass der 15. Au-
gust nunmehr der liechtensteini-
sche Staatsfeiertag ist. Landtagsprä-
sident Dr. Karlheinz Ritter ist der
Schöpfer des Textes von Artikel 2.
Auch Volk und Staat müssen
Einkehr halten
Wie der Einzelne, um wieder fest
Stand zu fassen, der Einkehr bei
sich selbst und der Sammlung be-
darf, so brauchen auch Volk und
Staat Gelegenheit, sich zu besinnen
auf die Klammern, die sie zusam-
menhalten, auf die sprudelnden
Quellen, die sie nähren, und auf
die geschichtsträchtigen Kräfte, die
sie in Bewegung halten und for-
men. Darum kennt jede menschli-
che Gemeinschaft die vom Alltag
abgehobene Feier. Drängt sich im
Geschehen von Tag zu Tag das Un-
terscheidende und Trennende vor,
so hat sie den Sinn, von Zeit zu Zeit
das Gemeinsame und Verbindende
dem drohenden Vergessen zu ent-
reissen. Und herrschen im gewohn-
ten Tagwerk die Sorge für heute
und das Programm für morgen vor,
so lässt uns die Feier des Staats-
feiertages auch das Herkommen
und das generationenübergreifende
Wirken der Staatsidee innewerden.
Darum feiern wir Liechtensteiner
am 15. August nicht nur den «Üsa-
Lieb-Frauatag», sondern auch mit
Freude und Begeisterung den
Staatsfeiertag, den Tag der Heimat.
Denn Heimat ist das Währende im
ständigen Wandel der Zeit.
A.P.G.
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 1990 Nr. 34 ausgegeben am 13. August 1990
Gesetz
vom 27. Juni 1990
über den Staatsfeiertag
Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine
Zustimmung:
Art.l
Der 15. August ist der Staatsfeiertag.
Art. 2
Die Feierlichkeiten zum Staatsfeiertag sollen die Besinnung auf die staatli-
chen Grundwerte fördern und das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit
stärken.
Art. 3
Dieses Gesetz tritt am 15. August 1990 in Kraft.
gez. Hans-Adam
gez. Hans Brunhart
Fürstlicher Regierungschef
30
H l
E3Gi EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
Gott,
ich weiss nicht, was ich tun soll.
Meine Eltern streiten sich immer
häufiger.
Was passiert, wenn sie sich
trennen?
Ich bin hin- und hergerissen,
zu wem ich halten soll;
ich bin traurig,
weil ich beide behalten möchte.
Was wird aus mir?
Wie wird es sein, wenn Papa
auszieht?
Oder Mama?
Es gibt keinen,
mit dem ich wirklich darüber
reden kann.
Gott, ich bitte dich,
hilf du mir, das alles auszuhalten.
Ich hoffe doch so sehr,
dass es mit uns allen gut werden
kann.
Segnungen VERANSTALTUNGEN
Sammelordner für
«EinTracht»
Einem vielseitigen Wunsch ent-
sprechend haben wir schon vor
langer Zeit einen speziell gestal-
teten Ordner zum Sammeln der
«EinTracht» anfertigen lassen.
Wir glauben und hoffen, dass
diese Zeitschrift bald zu den be-
liebten kulturellen Publikatio-
nen zählt und gesucht wird. Be-
wahren Sie deshalb die «Ein-
Tracht» auf.
Sammelordner können bezogen
werden bei:
Papeterie Hilty, Schaan
Papeterie Thöny, Vaduz
Papeterie Feger, Triesen und
Balzers
Papeterie Marxer Eschen
Der Preis für den Sammelordner
(Platz für 12 Exemplare) beträgt
Fr. 19.-. Die Etikette - Sammel-
ordner «EinTracht» - hat teilwei-
se etwas gelitten. Eine neue Eti-
kette können Sie kostenlos von
uns erhalten.
Die Kirche kennt eine Fülle von
Segnungen, die das Leben des
Gläubigen als Einzelperson oder in
Gemeinschaft in ganz verschiede-
nen Situationen aus dem Glauben
heraus deuten, gestalten und berei-
chern. Im Benedictionale sind zur
Zeit nicht weniger als 99 Segnun-
gen enthalten. Dennoch kann nicht
verschwiegen werden, dass in den
letzten Jahrzehnten viel Sensibilität
und Wissen um den Reichtum die-
ser Segnungen in den verschieden-
sten Lebenssituationen verlorenge-
gangen ist. Das zweite Vatikanische
Konzil hat alle Möglichkeiten des
Segnens weder verkannt noch igno-
riert. Es hat im Gegenteil auf ihre
vertiertere Bedeutung für unsere
Zeit hingewiesen, ja sogar ge-
wünscht, dass Väter und Mütter
wieder vermehrt den Mut aufbrin-
gen sollten, Segnungen im Leben
der Familie auch selber zu vollzie-
hen. In Zukunft werden wir auf ein-
zelne dieser Segnungen hinweisen
und diese erläutern. Wir beginnen
mit dem Hinweis auf die Kräuter-
segnung.
Kräutersegnung am «Üsa-Lieb-
Frauatag»
Jedes Jahr wird am 15. August das
Fest Maria Himmelfahrt gefeiert.
Dieser Marienfeiertag wird bei uns
jedoch durch den Staatsfeiertag et-
was in den Hintergrund gedrängt.
In Jerusalem feierte man schon im
fünften Jahrhundert am 15. August
einen Gedenktag zu Ehren der
Gottesmutter, der sich im ganzen
Orient als Tag, an dem die heilige
Maria entschlafen sein soll, ausbrei-
tete und im achten Jahrhundert als
Tag der Aufnahme der «Seligen
Maria» in den Himmel auch in
Rom Eingang fand. Die Vorliebe
unserer Vorfahren für heil- und zau-
berkräftige Kräuter, deren Wirkung
sie kannten und die neuerdings
vermehrt wieder beachtet werden,
unterstützt die Kirche mit einer
feierlichen Segnung der Kräuter
und Blumen am Fest Maria Him-
melfahrt.
Feierlichkeiten aus
Anlass des Staats-
feiertages am
15. August 1998
10.00 Uhr
Feldmesse auf der Schlosswiese
10.45 Uhr
Ansprachen Seiner Durchlaucht
des Landesfürsten und des
Landtagspräsidenten Dr. Peter
Wolff. (Die Ansprachen
werden aufgezeichnet und am
15. August, um 19.00 Uhr
über den Landeskanal ausge-
strahlt. Wiederholung der
Ausstrahlung am Sonntag,
16. August 1998, um 19.00 Uhr.)
Anschliessend Landeshymne
11.20 Uhr
Aperitif beim Schloss Vaduz,
gegeben von Ihren Durch-
lauchten Fürst Hans-Adam II.
und Fürstin Marie von und zu
Liechtenstein, zu dem die ganze
Bevölkerung eingeladen ist.
ab 14.00 Uhr
Volksfest im Städtle Vaduz
22.00 Uhr
Grosses Feuerwerk
Die Jahre
zählen nicht,
wenn man
Enkelkinder
hat.
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E3Ü EINTRACHT
STAATSFEIERTAG 1998
Museumsshop der
Liechtensteiner Museen
Das Liechtensteinische Landesmu-
seum wie auch die Liechtensteini-
sche Staatliche Kunstsammlung ste-
hen an der Zeitenwende vor einem
eigentlichen hoffnungsvollen Neu-
beginn. Beide Institutionen werden,
sofern die geplanten Bauprojekte
zielführend realisiert werden, in den
Jahren 2000 bis 2005 in neuerbaute
bzw. neurenovierte Häuser einzie-
hen können. Die Vorbereitungen
sind bereits auf verschiedenen Ebe-
nen angelaufen. Zu diesem Neube-
ginn darf mit Fug und Recht auch
das Projekt Museumsshop gezählt
werden, das 1997 begonnen wurde.
Auf Initiative und dank finanzieller
Unterstützung seitens der Regie-
rung wurde in einer eigens bestell-
ten Arbeitsgruppe eine Palette von
Repliken nach Originalen, die sich
in den Museumssammlungen befin-
den, hergestellt. Daneben enthält
das Angebot auch Objekte (Seiden-
foulards, Schirme, Briefpapier etc.)
mit ausgewählten Motiven von
Sammlungsgegenständen beider
Museen. Die Staatliche Kunst-
sammlung wie das Landesmuseum
sind besonders bemüht, in dieser
Museumskollektion dem Liechten-
stein-Bezug ein ganz besonderes
Augenmerk zu schenken.
Museumsshops sind weltweit en
vogue. Die Liechtensteiner Museen
wollen jedoch keine Museumsläden
Replik einer Terra-Sigillata-Bilderschüssel.
Original 1. Hälfte 3. Jh. n. Chr., Fundort Bal-
zers. 0 24 cm, H. 12 cm.
«mit kunstgewerblichem Schnick-
schnack und flacher Schmunzel-
ware»1 füllen, kein Konsumkabinett
zwischen Kultur und Kommerz
errichten, sondern dem Museums-
besucher aus dem In- und Ausland
wie dem interessierten Liechten-
stein-Besucher allgemein hochwer-
tige Objekte mit Bezug zur Kultur-
geschichte unseres Landes anbieten,
Andenken und Souvenirs in dem
Sinne, wie es Bazon Brock um-
schreibt: «Schon die Reisenden des
antiken Massentourismus erwarben
Souvenirs, um ihre Erinnerungen an
Erlebnisse vor Kulturzeugnissen je-
derzeit aktivieren zu können ... Die
Souvenirs bieten der Erinnerung ein
Zuhause.»2
Zusätzlich konnte in das Sortiment
des Liechtensteiner Museumsshops
eine Kollektion ausgewählter Kost-
barkeiten als Reproduktionen nach
Silberbrosche eines Pfauen-Beschlägstückes.
Original 2./3. Jh. n. Chr., Fundort Schaan-
wald. H. 5,7 cm, L. 5 cm.
Vorbildern aus den Sammlungen
des Fürsten von Liechtenstein über-
nommen werden.
Das bisherige Angebot des Liech-
tensteiner Museumsshops kann
über die Liechtensteinische Staatli-
che Kunstsammlung Vaduz, das
Liechtensteinische Landesmuseum
Vaduz und die Fremdenverkehrs-
zentrale Vaduz bezogen werden.
Die Abbildungen zeigen eine Aus-
wahl der Eigenkollektion Liechten-
steiner Museen.
lic. phil. Norbert W. Hasler
Liechtensteinisches Landesmuseum
1 Bazon Brock: Spielsachen aus dem Netz
der Fischerin. Wieviel Kunst braucht der
Mensch? Und welche kann er sich kaufen?
Für den kleinen Appetit gibt es in vielen
Museen neuerdings gutsortierte Shops. In:
Frankfurter Allgemeine. Magazin. Heft 837,
15. März 1996, S. 62.
2 Ebenda, S. 64.
Replik des Bronze-Ebers von Cutenberg. Ori-
ginal 3./2. Jh. v. Chr., Fundort Gutenberg bei
Balzers. H. 4 cm, L 5,6 cm.
Quarzuhr. Das Zifferblatt dieser auf 200
Exemplare limitierten Uhr zeigt die 16teilige
Windrose aus der Liechtenstein-Karte von
J.J.Heber aus dem Jahre 1721.
I
Seidenfoulard. Der Georgs-Drache, nach
einer Gouache von Ferdinand Nigg (1865-
1949). Original in den Sammlungen der
Staatlichen Kunstsammlung.
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