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Beiträge zeichnen die Autoren
allein verantwortlich.
Balzner Neujahrsblätter 2000
6. Jahrgang
Titelbild; Blick vom Kurhaus Alvier auf Balzers
Foto Close up AG, Triesen
Herausgeber; Redaktionsteam «Balzner Neujahrsblätter»
Hans Brun hart
Georg Burgmeier
Elmar Bürzle
Anton Gstöhl
Rita Vogt
Anschrift: Redaktionsteam «Balzner Neujahrsblätter»
Palduinstrasse 102
9496 Balzers
Gestaltung: Ewald Frick
TANGRAM Anstalt, Werbeagentur, Triesen
Druck: BVD Druck + Verlag AG. Schaan
V 1999 «Balzner Neujahrsblätter»
Alle Rechte Vorbehalten
Inhalt
Zur Einführung.......................................................4
Zeitenwende - Wendezeit
Balzers von Jahrhundert zu Jahrhundert ..............................5
Arthur Brunhart
Die Franzosen in Balzers 1799 ..................................... 19
Rudolf Rheinberger
«Was ich über Balzers denke» .......................................27
Vor 100 Jahren.................................................... 102
Elmar Bürzle
Balzner Chronik................................................... 104
Unsere Verstorbenen............................................... 107
Dank.............................................................. 111
Bildnachweis/Allgemeine Hinweise
112
Zur Einführung
Die ersten fünf Jahrgänge der «Balz-
ner Neujahrsblätter» waren inhaltlich
und gestalterisch nach einheitlichen
Grundsätzen konzipiert. Der vorlie-
gende «Jahrtausendjahrgang» unter-
scheidet sich sowohl im Inhalt wie in
der Gestaltung etwas von den frühe-
ren Ausgaben.
Neben historischen Artikeln sollen in
dieser Nummer vor allem Einwohner
von Balzers zu Wort kommen. Wir ha-
ben das Ziel, einen bis zwei Prozent
der heute in Balzers lebenden Bevöl-
kerung als Autoren für diese Nummer
zu gewinnen, leicht erreicht und er-
hielten praktisch von allen Angefrag-
ten eine spontane Zusage. Die Beiträ-
ge sollen einen Querschnitt durch die
Bevölkerung repräsentieren: Frauen
und Männer, Jugendliche und Ältere,
Balzner und Mälsner, Gemeindebür-
ger, andere Liechtensteiner und Aus-
länder. Wir haben diese Personen ge-
beten, unter dem Motto «Was ich
über Balzers denke» persönliche An-
sichten, Eindrücke und Wünsche in
Bezug auf unser Dorf zu äussern. Die
Thematik war frei, sollte aber doch
die eigene Beziehung zu Balzers zum
Ausdruck bringen. Gesamthaft ist da-
bei eine Momentaufnahme entstan-
den, aber wohl gerade deshalb von
bleibendem Wert.
Neben Meinungen zum heutigen, Er-
innerungen an das frühere und Ge-
danken über das zukünftige Balzers
enthält die Publikation - wie bereits
erwähnt - historische Bezüge: Dieser
Rückblick skizziert, wie die beiden
Dörfer Balzers und Mäls sich an den
Jahrhundertwechseln präsentierten. Es
zeigt sich, dass die Gemeinde bei
mancher Jahrhundertwende vor exis-
tenziellen Fragen gestanden ist. Stich-
worte sind etwa der Schwabenkrieg
und die Reformation 1499 oder die
Franzosenzeit 1799. Dieses Thema
wird in einem eigenen Beitrag behan-
delt. So werden ebenfalls Zusammen-
hänge klar, die gedanklich vielleicht
zur Frage führen, was die Einwohner
von 1499 oder 1699 über ihr Dorf und
ihre Zeit geschrieben hätten.
Wir hoffen, dass wir mit der vorlie-
genden Sonderausgabe der Leser-
schaft eine ganz spezielle Freude be-
reiten können und eine bleibende Er-
innerung an die Zeit der Wende ins
dritte Jahrtausend gestaltet haben.
In diesem Sinne wünschen wir eine
interessante und anregende Lektüre
sowie einen guten und besinnlichen
Wechsel ins Jahr 2000.
Das Redaktionsteam
Balzers, im Dezember 1999
4
Zeitenwende - Wendezeit
Balzers von Jahrhundert zu Jahrhundert
Arthur Brunhart
Jahrhundert- und Jahrtausendwenden
provozieren Ängste und Erwartungen.
Die Tatsache, dass auf ein rational ge-
sehen höchst belangloses Ereignis
wie das Jahr 2000 mit einem giganti-
schen medialen Aufwand reagiert
wird, lässt sich zwar mit dem Interes-
se an irgendwelchen Formen von
Nachrichten erklären. Darüber hin-
aus werden dank der Aufmerksam-
keit, die dem banalen Ereignis gewid-
met wird, auch soziale Befindlich-
keiten erzeugt Passieren wird beim
Übei gang von diesem Jahrtausend
zum nächsten nichts. Die Bedeutung
der ganzen Angelegenheit wird allein
schon dadurch relativiert, dass die
Behauptung im Raum steht, zwi-
schen dem 31. Dezember 1999 und
dem 1. Januar 2000 finde gar kein
Jahr tauscndwcchscl statt, weil das
neue Jahrtausend erst am 1. Januar
2001 beginne. Schuld an dieser Ver-
wirrung ist eine Eigentümlichkeit der
christlichen Zeitrechnung, deren An-
fangsjahr mit «Eins» und nicht mit
«Null» beziffert wird.
Jahrhundertwende und
Endzeiterwartung
Mit Jahrhundert- und Jahrtausend-
wechseln verbunden sind Spekulatio-
nen über Weltuntergang und Endzeit-
erwartung, Sektierertum, religiöse
und apokalyptische Erwartungen, die
auf dem Hintergrund eines oftmals
übersteigerten Krisenempfindens spe-
zifische Reaktionen (Chiliasmus, Mes-
sianismus und andere) auslösten. Mit
Apokalypse sind visionäre Beschrei-
bungen eines historischen Endzu-
standes oder Endkampfes gemeint,
der Übergang von einer sündigen
weltlichen in eine heile göttliche Welt.
Solche Visionen bewegen die Men-
schen seit Jahrhunderten und sind
universeller Natur. Die Inkas etwa er-
warteten ein besseres Zeitalter mit
der Wiederkunft von König Inkarri,
im christlich-abendländischen Kul-
turkreis erschienen beispielsweise die
Figuren von Antichrist und Endzeit-
kaiser.
Die These vom Ende der Geschichte
ist uralt und kehrt immer wieder zu-
rück. Sie zeigt sich in den verschie-
densten Formen: Pessimismen der
Pharaonenzeit, Lehren der altorien-
talischen Weltreiche, eschatologische
Bewegungen im alten China, Offenba-
rung des Johannes, millenaristische
Entwürfe des Mittelalters, Karl Marx'
Vision von der klassenlosen Gesell-
schaft, Oswald Spenglers «Untergang
des Abendlandes», gegenwärtig in
Francis Fukuyamas «Ende der Ge-
schichte» und in weiteren Diskurs-
apokalypsen.
Solche Endzeitvorstellungen wurden
immer wieder gerne auf Jahrhundert-
enden bezogen - fragwürdigerweise,
wie eine Auswertung von Dokumen-
ten über die Wenden von 1300 bis
1900 durch Arndt Brendecke belegt.
Kulturkritik und Weltablehnung ver-
binden sich, lokale oder regionale Ka-
tastrophen werden als Indikatoren ei-
Vorchristliche Bronzefiguren der Gu-
tenberg-Gruppe: Mann, Eher, Krieger-
figur, Hirsch
ner kommenden universellen Kata-
strophe angesehen. Das Warten auf
das Ende einer Zeitphase ist manch-
mal mit der Erwartung des Endes al-
ler bisheriger Verhältnisse verknüpft
oder mit der Hoffnung, bestimmte
Verhältnisse oder Lebensbedingun-
gen aufgeben zu können. Angst wird
zur Erwartung umformuliert, Erwar-
tung zur Katastrophenangst.
Gegenwärtig ist erneut ein Wiederauf-
leben der Apokalypse festzustellen, die
Ängste und Hoffnungen nährt. Es tre-
ten Weltuntergangspropheten auf, die
sich an der Bibel, an Nostradamus
und den Astrologen orientieren. Es
wimmelt von Endzeitvorhersagen.
Nur der Zeitpunkt lässt sich - ironi-
scherweise - nicht so genau feststel-
len und bisherige (schon abgelaufene)
Prognosen stellten sich in kläglicher
Weise als falsch heraus.
5
Balzers und Mäls in
Jahrhundertschritten
Jahrhundert- und Jahrtausendwechsel
geben auch Gelegenheit, kurz einige
geschichtliche Entwicklungen zu be-
trachten und sich an dieses oder jenes
historische Ereignis zurückzuerin-
nern. Das wollen wir in einigen Jahr-
hundertschritten in Bezug auf die Ge-
meinde Balzers machen.
Die Geschichte des Dorfes reicht weit
zurück, sein Gebiet ist seit der Jung-
steinzeit Siedlungsplatz. Balzers ist die
südlichste nachgewiesene Fundstelle
der Rössener Kultur (3000 v. Chr.).
Keramikreste aus der frühen Bronze-
zeit und Gefässreste der Melauner
Kultur bezeugen weitere Besiedlung.
Diese Funde werden ergänzt durch
hallstättische oder La-Tène-zeitliche
Anhänger aus Bronzeblech. Besondere
kulturgeschichtliche Bedeutung haben
die aufgefundenen Weihegaben aus
einem vorchristlichen Gutenberger
Heiligtum: etwa die bronzenen Figu-
ren von Hirsch und Eber als heilige
Tiere der Kelten und der berühmte,
12,8 cm grosse Krieger, der «Mars von
Gutenberg», mit einem Lederpanzer.
Eine Kopie ziert den Brunnen bei der
Kreuzung Gnetsch-Fürstenstrasse. Die
Figuren dokumentieren die kulturel-
len Einflüsse.
Um das Jahr Null (Eins)
Kurz nach dem Jahre Null der christ-
lichen Zeitrechnung kam Bewegung
in die nördliche Alpenseite. Das römi-
sche Reich expandierte; nach der Er-
oberung Rätiens 15 v. Chr. gelangte
unsere Gegend in seinen Machtbe-
reich. In Balzers sind mehrere römi-
sche Fundstellen nachgewiesen (Höffe,
Amtshaus, Fürstenstrasse, Winkel und
andere), Fundamente römischer Mau-
ern, Grabstätten, Schmuck und Mün-
zen, eine Schüssel aus dem Amtshaus
mit dem ersten in Balzers erwähnten
Namen Silvinus, dem Besitzer der
Schüssel. Die bekannte römische Stras-
senstation Magia ist wohl in Balzers
zu lokalisieren. Die einheimische räti-
sche Bevölkerung wurde nach und
nach romanisiert. Die sprachhisto-
rische Schichtung wird in den alten
Flurnamen sichtbar. Die Flurbezeich-
nungen romanischen Ursprungs sind
in Balzers und Mäls zahlreich. Die
Christianisierung erfasste das Gebiet.
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Um das Jahr 1000
Religiöse Angst prägte das Leben der
mittelalterlichen Menschen weit stär-
ker als das heute der Fall ist. Dennoch
war, allgemein gesehen, der Übergang
vom ersten zum zweiten Jahrtausend
der christlichen Ära weniger von End-
zeit- oder Weltuntergangsstimmung
geprägt, als man sich das vorstellt. In
längerfristiger Perspektive bildete das
10./11. Jahrhundert in der europäi-
schen Geschichte eine Zeit des Über-
gangs, des tiefgreifenden sozialen und
geistigen Wandels. Das romantisch-
realistische 19. Jahrhundert malte -
etwa durch Jules Michelet und Felix
Dahn - phantasievoll und farbig ein
Schreckensbild für das Jahr 1000. Es
erzählte vom Blutregen als apokalyp-
tischem Zeichen, vom Entsetzen und
der Flucht der Menschen vor dem her-
einbrechenden Weitende - was sich
aber, wie so vieles, als neuzeitliche Le-
gende entlarvte.
Zweifellos herrschte aber, wie Quellen
zeigen, eine grössere Unruhe als
sonst. Die kollektive Angst und Be-
klommenheit vor dem Jahr 1000 war
die Frucht der in den Jahrzehnten zu-
vor von Gelehrten und Seelenhirten
immer wieder ausgesprochenen War-
nung vordem «Bald» und dem «Jetzt»
des Weltuntergangs und damit des
Jüngsten Gerichts. Die mehr als heute
an die Gegenwart des Todes gewöhn-
ten Menschen fürchteten nicht den
Untergang, sondern das damit ver-
bundene Gericht und die Strafen.
Weitaus mehr Menschen als in den
Ausschnitt aus der Peutingerschen Ta-
fel, auf der die Station Magia (einge-
kreist) zwischen Clunia (links) und
Curia (rechts) angeführt wird.
Jahren und Jahrzehnten zuvor pilger-
ten nach Jerusalem, weil die Ankunft
des Antichristen als bevorstehend
galt. Die Christianisierung Europas
machte damals grosse Fortschritte:
Russland wurde seit 989 von Byzanz
aus christianisiert, in Schweden (994)
und in Norwegen (995) traten erst-
mals christliche Könige die Herr-
schaft an, Ungarn (997) wurde chris-
tianisiert, in Nordspanien formierte
sich ein Bund christlicher Königrei-
che gegen das expandierende mau-
risch-islamische Kalifat Cordoba.
In ganz Europa hatten sich die gewal-
tigen demographischen Verschiebun-
gen (Völkerwanderung 350-1000) mit
ihren verheerenden Wirkungen auf
Bevölkerung, Produktion, Handel,
Geldumlauf, Städte, das kulturelle und
zivilisatorische Niveau, die Verwal-
tung und Schriftlichkeit bis zum Jahr
1000 beruhigt. Es begann sich lang-
sam ein europäisches System heraus-
zubilden. Die Völkerwanderung war
mit der Sesshaftwerdung der Norman-
nen beendet, die Christianisierung
durchgesetzt, der Fernhandel mit sei-
nen sozialen und ökonomischen Fol-
gen wieder belebt. Städte entstanden
als neues Element, das Land wurde
ausgebaut, beides war Ausdruck des
starken Bevölkerungswachstums um
die erste Jahrtausendwende.
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Um diese Zeit hatten Balzers und
Mäls ein etwas deutlicheres Profil ge-
wonnen. Die Ortsnamen tauchen 842
erstmals im churrätischen Reichs-
gutsurbar auf. Dieses Urbar verzeich-
net Güter, die zu einer Grundherr-
schaft gehörten und dieser Abgaben
leisteten. Etwas Ähnliches wäre heute
etwa das Grundbuch. Das churrä-
tische Reichsgutsurbar führt alle Gü-
ter, Rechte, Kirchen und Abgaben im
Besitz des fränkischen Reiches, der
Krone, auf, und zwar in der Gegend
Churrätiens, also Vorarlbergs, Liech-
tensteins, des St. Galler Oberlandes
und Graubündens. Unter Reichsgut
versteht man den gesamten, dem Kö-
nig zur Verfügung stehenden Besitz.
Nach der Völkerwanderung war Rätien
in der Mitte des 6. Jahrhunderts in
den Machtbereich der Franken ge-
langt. 806 führte der Karolinger Karl
der Grosse die fränkische Grafschafts-
verfassung in Rätien ein: Das Gebiet
wurde in kleine Amtsbezirke unter-
teilt, die sogenannten Grafschaften.
Auf den Gütern, die dem Königreich
gehörten, wurden Kriegsleute ange-
siedelt. Solche gab es auch in Balzers
und wahrscheinlich in Mäls, nämlich
die im genannten Urbar erwähnten
Palduin und Adamar. Die neue Füh-
rungsschicht war germanischer Her-
kunft. Nach dem Tod Karls des Gros-
sen geriet das fränkische Reich in
schwere Krisen. Rätien spielte wegen
seiner strategischen und verkehrspo-
litischen Bedeutung eine grosse Rolle.
Die beiden Gebiete fielen 841 an Karls
Enkel Ludwig, der in unserem Gebiet
die Germanisierung durch die Zu-
wanderung fränkischer Kriegsleute
verstärkte. Die Verhältnisse änderten
sich grundlegend.
Aus dem churrätischen Reichsguts-
urbar ist ersichtlich, dass die Wirt-
schaft des 9. Jahrhunderts recht diffe-
renziert war. Neben dem Ackerbau
war der Weinbau vertreten. Vieh- und
Alpwirtschaft spielten eine Rolle. Es
gab die Waldwirtschaft, die Bienen-
zucht und die Jagd. Es entstanden
Gewerbebetriebe wie beispielsweise
Mühlen. Weiter finden sich Wirtshäu-
ser, Lager für königliche Ernten,
Bergbau, Eisenschmelzen und Verar-
beitungsbetriebe für Beile.
Im Urbar werden Balzers und Mäls
getrennt erwähnt. Die räumliche
Trennung der beiden Siedlungen oder
Siedlungskerne ist deutlich: Balzers
am Berghang an der Strasse zur
St. Luzisteig und Mäls am gegenüber-
liegenden ßerghang am Weg über den
Rhein. Dazwischen lag die versumpf-
te Rietebene.
Der Hof in Balzers umfasste beträcht-
liche Güter an Ackerland, Wiesen,
Weingärten mit Unterhöfen, zwei Al-
pen, zwei Mühlen, einen guten Wald
sowie zwei Kirchen samt Zehnt von
diesem Hof. Das war das Lehengut
des Palduin. Der Hof Meilis umfasste
grössere Güter, eine Alp und fünf Hu-
fen mehr, jedoch nur eine Mühle, we-
der Kirchen noch Zehnt. Es gab dafür
einen Wald, der Futter für hundert
Schweine hergab, einen Fischteich
und eine Reuse. In Meilis lebten da-
mals Adamar, Wolfprecht und Con-
stantius Faber.
Es gilt heute aus verschiedenen Grün-
den als wahrscheinlich, dass Meilis in
Balzers bzw. Mäls zu lokalisieren ist.
Die Bedeutung des Namens «Meilis»
ist bis heute unklar. Er geht vermut-
Churrätisches Reichsgutsurbar, in
dem Palazoles (Balzers) und Meilis
(Mäls) im Jahr 842 erstmals schrift-
lich erwähnt sind.
lieh auf keltische Ursprünge zurück
und ist älter als der Name «Palazoles»
für Balzers. Dieser kommt von «pala-
tium» und wird als «Herrenhof,
Pfalz» gedeutet. «Palatium» bedeutet
auch königliche Hofhaltung oder kö-
niglicher Aufenthaltsort. Die Pfalzen-
forschung hat die Wesensbestandteile
einer Königspfalz analysiert als kö-
niglichen Aufenthaltsort («palatium»),
als Befestigung («castrum») und drit-
tens als Wirtschaftshof. Damit könnte
die karolingische Pfalz («palatium»)
als eine für die Bedürfnisse des könig-
lichen Hofes ausgestattete Guts- und
Herrenhofanlage bezeichnet werden.
Von den zwei erwähnten Kirchen in
Balzers wissen wir kaum etwas. Eine
davon erscheint 500 Jahre später
(1305) als Kapelle im Besitz des Klos-
ters Churwaiden, als der Bischof von
Chur den Abtausch gegen die Kirche
in Felsberg gestattete und die Kapelle
gleichzeitig zur Pfarrkirche erhob.
Aus welcher Hand diese Kapelle an
Churwaiden gekommen ist, wissen
wir nicht. Das Reichsgut war nach
und nach in die Hände lokaler Macht-
haber gekommen.
Um das Jahr 1500
Der Übergang vom 15. zum 16. Jahr-
hundert wird oft als Zeitenwende, als
apokalyptisches Saeculum bezeich-
net. Alles deutete auf Untergang hin.
Das Reich war morsch und alt, die
Kirche als beherrschende sozialpoliti-
sche Macht träge. Die Zeit jedoch
suchte - im Glauben, dass der Unter-
gang bevorstehe, dass die alte Ord-
nung zusammenbreche, und weil sie
dem jüngsten Gericht entrinnen woll-
te - die Reformation des gesamten Le-
bens (nicht nur der kirchlichen Ver-
hältnisse). Der Berliner Volkskundler
und Historiker Will-Erich Peuckert
hat die Mentalität und das Denken
des Zeitalters im Buch «Die grosse
Wende» beschrieben.
Die Jahre vor 1500 weisen einige
denkwürdige Ereignisse auf und wa-
ren von tiefgreifenden Entwicklungen
7
In Azmoos lagernde Eidgenossen zie-
hen über den Rhein: «...zuo Asmatz
aufbrachend und zuo Treysen mit
gewalt über Rheyn zugend».
geprägt. 1492 wurde ein neues Zeital-
ter eingeläutet. Mit der sogenannten
Entdeckung Amerikas durch Chris-
toph Kolumbus und den Reisen Vasco
da Gamas (1498) begann ein neues
Zeitalter in der europäischen, ameri-
kanischen und asiatischen Geschich-
te. Mit Härte und Grausamkeit wurde
erobert und kolonisiert. Die bisher in
einer Randlage lebenden Europäer
traten die Weltherrschaft an, getrie-
ben vom Verlangen nach Gold, Skla-
ven, Gewürzen und Zucker. Die Über-
legenheit des Alten Orients schwächte
sich ab, er wie auch die Neue Welt
wurden zu Rohstofflieferanten herab-
gedrückt. Diese Entwicklung vollzog
sich nicht einheitlich, sondern unter
fast andauernden Konflikten und
Kriegen in Europa und in Übersee.
1492 schon hatte Martin Behaim den
ersten Globus angefertigt.
Der erste fast ganz Europa betreffen-
de Vorgang nach 1500 war die Refor-
mation. Sie war nicht nur ein religiös-
kirchlicher, sondern, weil die Kirche
auch politische, soziale, ökonomische
und kulturelle Funktionen hatte, ein
die ganze Gesellschaft umfassender
Prozess. Auch in unserem Gebiet kam
es zu Änderungen. Die Freiherren von
Brandis führten Vaduz und Schellen-
berg in eine Hand zusammen. Der
1445 neu eingerichtete Postverkehr
Lindau-Mailand ging durch Balzers.
Die Eidgenossen begannen, erobernd
über den Rhein zu greifen. Sie plün-
derten und verbrannten im Alten
Zürichkrieg 1445 die Gemeinde Bal-
zers. Mit den Nachbarorten am Rhein
und am Fläscherberg wurden damals
Grenz- und Nutzungsstreitigkeiten
beigelegt. Von 1470 bis 1746 verwalte-
ten die Herren von Ramschwag die
Burg Gutenberg als habsburgische
Vögte. 1474 gab Herzog Sigmund von
Österreich die zu Gutenberg gehören-
den Schlossgüter als Erblehen aus.
Lehensnehmer waren Leute der aus-
gestorbenen Geschlechter Vitschhuser
und Augstainried, der Sohn eines
Christoph Frick von Batschuns sowie
Weltlin Wolfinger.
Die Härte des Krieges bekam die Balz-
ner Bevölkerung nicht nur 1445, son-
dern auch 1499 zu spüren, weil sie im
Grenzgebiet zwischen den Habsbur-
gern und dem schwäbischen Bund
auf der einen Seite und den expandie-
renden Eidgenossen auf der anderen
Seite lebte, zwischen Hammer und
Amboss. Anfangs des Jahres 1499 bro-
delte es schon. Es gingen Gerüchte,
man bewaffnete sich und brachte die
Habe in Sicherheit. Zwei Männer aus
Bünden, hiess es, seien auf Gutenberg
beim Ramschwag gewesen; dieser
habe jedem dreissig Gulden verspro-
chen, wenn sie in Graubünden und in
der Schweiz Brände legen würden.
Der Rhein war bewacht, Gutenberg
mit 200 Mann und Vorrat versehen,
als Österreich das Kloster St. Johann
im Graubündner Münstertal besetzte.
Die Bündner riefen die Eidgenossen
zu Hilfe. Am 6. Februar 1499 befan-
den sich die Urner auf dem Rück-
marsch in die Innerschweiz. Die
Kriegsknechte auf Gutenberg sahen
sie, begannen «etliche nacht durch ze
plären und bocken wie kelber» und
schossen hinüber. Das veranlasste die
beleidigten Urner, am 7. Februar, um
3 Uhr, das eisige Rheinwasser zu
durchwaten und bei Klein-Mäls ein
Haus anzuzünden. In diesem Haus
soll ein Schweizer gewohnt haben,
der zu den Gegnern der Eidgenossen
hielt. Die Brandstiftung bei Mäls
brachte den Krieg zum Ausbruch.
Der schwäbische Bund reagierte, rief
die Landschaften Vaduz und Schel-
lenberg zu den Waffen und trieb die
Eidgenossen zurück über den Rhein.
Ludwig von Brandis eroberte die
St. Luzisteig und am Donnerstag nach
Maria-Lichtmess das Städtchen Maien-
feld. Zahlreiche Leute wurden ersto-
chen und ertränkt. Eine Gruppe von
Kriegsknechten wollte, so erzählt die
fromme Sage, in der Kapelle des heili-
gen Luzius auf der Steig Quartier neh-
men. Da erschien ihnen ein Mann in
weissem Kleid und befahl ihnen, die
Kapelle zu verlassen. Sie taten das wi-
derwillig, wollten dafür aber die Ka-
pelle in Brand stecken; das Feuer er-
losch allerdings jedes Mal von selbst.
8
Die Bündner und Eidgenossen er-
oberten Maienfeld und die St. Luzi-
steig zurück. Bei der Verfolgung der
Gegner kam es bei St. Katrinabmnna
zu einem Kampf, dem sechzig Mann
zum Opfer fielen. Die schwäbischen
Bundestruppen zogen sich nach
Balzcrs zuruck, wurden von dort aber
vertrieben und bis zum Triesner Forst
verfolgt. In der Nacht zündeten die
Bündner in Balzers ein Haus an, um
Freund und Feind unterscheiden zu
können. Brot, Fleisch, Wein und
Quartier nahmen sie von den Dorfbe-
wohnern. Einige Schamser und Hein-
zenberger assen und tranken die
Narhl über in Ral/ers, und als sie
schliefen, wurden sie erstochen. Etwa
1000 Eidgenossen lagerten in einem
Wäldchen zwischen Balzers und Frie-
sen. Am 12. Februar, dem Fasnachts-
dienstag, sollte sich die Schlacht bei
Friesen vollziehen, die vermutlich in
dem Gebiet zwischen Zepfel und Lang
Wesa sowie dem Friesner Forst ge-
schlagen wurde und für die schwäbi-
schen Fruppen zu einem fürchterli-
chen Debakel wurde. Friesen wurde
verbrannt. Schloss Vaduz besetzt,
ausgeraubt und angezündet. Überall
wurde geplündert - in Balzers, Frie-
sen, Vaduz und Schaan.
Am 8. März 1499 versuchten die Eid-
genossen vergeblich, die Festung Gu-
tenberg zu stürmen. Sie rückten, so
wird überliefert, bis vor die Fore der
äussern Ringmauer. Zwischen dieser
und der Burg stand das Vieh zur Ver-
pflegung der Burgbesatzung. Die Eid-
genossen versuchten erfolglos, die
Fore aufzuhauen. Ein Mann soll aus-
serhalb der Festung durch eine gehei-
me Öffnung hinaufklettert sein. Er
wurde entdeckt und durch ein Loch
über den Felsen hinabgeworfen. Das
Loch sei seither «Schweizerloch» ge-
nannt worden sein - ein Mythos wie
andere solche Berichte.
An Ostern, Ende März 1499, wurde
Gutenberg erneut beschossen. Im
April wurde die Burg von den Bünd-
nern belagert. Sie hatten, so erzählt
Peter Kaiser, eine Kanone dabei, «wel-
che einen Stein, so gross als einen
Hut, schleuderte», sowie mehrere
kleinere Kanonen (Schlangenbüch-
sen), die bei Klein-Mäls aufgestellt
wurden. Als man mit der grossen Ka-
none einige Schüsse abgefeuert hatte,
zerplatzte sie in viele Stücke. Dieser
Bericht wird durch den Fund von Ka-
nonenfragmenten im Gebiet Unterm
Schloss bestätigt. Die Schüsse aus den
kleinen Schlangenbüchsen konnten
an den Mauern keine Schäden anrich-
ten, nur bei den Dach- und Holz-
werken. Die Besatzung auf der Burg
putzte die Schüsse zum Spott mit Be-
sen und Ofenwischern von den Mau-
ern ab. Auch eine Abgrabung der Fes-
tung misslang. Im Juni weilte Kaiser
Maximilian I. auf Gutenberg.
Der Krieg verlagerte sich. Die Schlacht
bei Frastanz am 20. April 1499 forder-
te das Leben von etwa 2000 Mann, der
Walgau allein hatte 500 Fote zu bekla-
gen und zählte rund 1000 Witwen und
Waisen mehr. In unserem Gebiet be-
stand der Krieg danach nur noch aus
gegenseitigen Raubzügen. Im Frieden
von Basel am 22. September 1499 wur-
de der Status quo bestätigt. Die habs-
burgischen und eidgenössischen Ein-
flussbereiche am Rhein waren nun
geographisch festgeschrieben, und die
Rheingrenze wurde respektiert. Das
ermöglichte einen dauerhaften Frie-
den - ein Glück für die Leute. Sie hat-
ten während des Krieges grosse Ver-
luste erlitten, und eine ganze Reihe
von Häusern in Balzers war unbe-
wohnbar geworden.
1509 verkaufte Johannes, der letzte
Freiherr von Brandis, die Herrschaft
Maienfeld an die Drei Bünde. 1510
wurden Vaduz, Schellenberg und Blu-
menegg an einen Neffen veräussert,
Kanonenfragment, gefunden in
Balzers, Unterm Schloss. Das Stück
stammt allerdings nicht von der im
Text erwähnten grossen Kanone, son-
dern von einer kleineren Schlangen-
büchse.
den Grafen Rudolph von Sulz. Wenig
später setzte sich in den benachbar-
ten Gebieten über dem Rhein (ausser
im Sarganserland) und hinter dem
Fläscherberg die Reformation durch.
Aus der Grafschaft Vaduz und aus
Balzers-Mäls besuchten verschiedene
Leute die Predigten in Fläsch. Die
neuen Landesherren, die Grafen von
Sulz, unterbanden diese Besuche und
verhinderten das Übergreifen der Re-
formation auf unser Gebiet.
Zur gleichen Zeit beteiligte sich im
Zuge der Reformation der Balzner
Jörg Pargant am erfolglosen bäuerli-
chen Aufruhr (Bauernkrieg) gegen die
Landesherrschaft. Im 16. Jahrhundert
wurden verschiedene Grenz- oder
Wuhrverträge der Gemeinde Balzers
mit den Nachbarorten Friesen, Maien-
feld, Fläsch und Gretschins geschlos-
sen, ebenso die Grenzregulierung bei
St. Katrinabmnna vom 18. Juni 1595
zwischen den Drei Bünden und der
Landesherrschaft.
9
Grenzstein von 1699 mit dem Balzner
Förggle. Eni solches Gemeindezeichen
ist in Liechtenstein bisher allein für
die Gemeinde Balzers verbürgt. Mit
dem Förggle wurden Besitzstände und
Eigentumsgrenzen des Dorfes mar-
kiert. Es fand auch als Siegel für
Gemeindeurkunden Verwendung. Das
Balzner Förggle wurde von Pfarrer Fri-
dolin Tschugmell entdeckt und be-
kannt gemacht.
Um das Jahr 1600
Die Jahre um 1600 waren die Zeit des
europäischen Späthumanismus, der
Barock befand sich im Aufwind. Die
Zeit hatte zwar bereits Ansätze eines
modernen Wissenschafts- und Men-
schenbildes in sich, sie galt aber als
Ende einer Epoche. Ein deutscher
Pfarrer schrieb 1595, dass die Welt
dunkel geworden sei: «Wie in einem
alten Hauss die Fenster dunckel wer-
den, und an einem verlebten Cörper
das Gesicht abnimpt, also gehets itzt
mit der Alten und kalten Weid auch,
die nimpt Zusehens ab» - alles schien
früher besser gewesen zu sein. Die
Zeit um 1600 wird in Zeugnissen als
eine Spätzeit reflektiert. Ein Jahrhun-
dert ging zu Ende.
Das «Jahrhundert» allerdings war vor
1600 als Begriff noch nicht allgemein
gebräuchlich, man dachte noch nicht
in solchen Zeitkategorien. Wenn man
von gewissen Vorformen und kalen-
darischen Anwendungen absieht, so
wurde der Begriff des «Jahrhunderts»
erst im 16. Jahrhundert geprägt. Für
die Katholiken überschnitt sich der
Termin des Jahrhundertwechsels mit
dem «Heiligen Jahr» oder «Jubel-
jahr», das dem reuigen Rompilger den
Ablass der Sündenstrafen versprach.
Die Protestanten empfanden solch ein
römisch katholisches «Jubeljahr» als
Provokation, stand doch in seinem
Mittelpunkt der eigentliche Stein des
reformatorischen Anstosses: der Ab-
lass. Für 1600 war vom Papst erneut
ein «Jubeljahr» ausgerufen worden.
Von der reformierten Seite wurde ent
sprechend reagiert. Man dachte sogar
an die Einführung eines eigenen «Ju-
beljahres» und bezeichnet,e das Jahr
1600 als ein «. evangelisches Jubiläum
unter den Vox Zeichen des 1600ten
Jahres nach Christi Geburt». Zum
Schluss des Jahrhunderts, welches
ganz im Zeichen des konfessionellen
Gegensatzes katholisch-protestantisch
stand, waren wenig apokalyptische
Töne zu hören. Die Jahrhundertwen-
de fand wenig Beachtung.
In Balzers und Mäls waren unterdes-
sen die Konturen der Gemeinde deut-
licher geworden Das T.egerbnch, ein
Verzeichnis der schnitzzahlcndcn
(= steuerzahlenden) Leute in der Graf-
schaft Vaduz und in der Herrschaft
Sehellenberg wurde 1584 angelegt.
Für die Bezahlung des jährlichen
Schnitzes übernahm der Landesherr,
damals ein Graf von Sulz, die Reiehs-
und Kreisauflagen, also die Beitrags-
leistungen, die Vaduz und Schellen-
berg an das Reich und den schwäbi-
schen Kreis abzuführen hatte. Balzers
und Mäls zählten 83 schnitzzahlende
Leute, die nach der Anlage von 1584
jährlich insgesamt rund 72 Gulden be-
zahlen mussten. Das Gesamtvermö-
gen dieser Leute betrug nach Abzug
der Schulden rund 20000 Gulden.
Viele der damals existierenden Fami-
liennamen sind heute verschwunden.
Genannt sind (bei Peter Kaiser) als
Einzelpersonen Hans Gurtnatsch, Ital
Ballisar, Jakob Plenki, Hans Nutt,
Wolf Ballisar, Jos Steger und dazu die
Geschlechter Frick, Moy, Nigg, Gasner,
Eberle, Bendter, Schedler, Mazenstei-
ner, Geist, Span; Wolfinger, Will,
10
Schlegel, Rudi, von Bank, Schwarz,
von Kriss, Meyer, Weiss, Duffli,
Schnopp und Nägele.
Elf Jahre später hielt eine bischöfli-
che Visitation der Pfarrei Balzers vom
17. Oktober 1595 fest, dass der Pfarrei-
sprengel 1 70 Kommunikanten (Kom-
munizierende) zähle, d.h. Pfarreian-
gehörige über dreizehn Jahre. Die
Pfarrkirche hatte damals drei Glo-
cken und vier Altäre, die Einrichtung
war jedoch ärmlich. Um das Jahr
1600 zählte Balzers nach einer ande-
ren Quelle 49 Feuerstätten (Haushalte
mit eigenem Herd) und 313 Leute
über fünfzehn Jahre.
In den Gemeinden der Grafschaft Va-
duz und der Herrschaft Schellenberg
nahm die Hexenverfolgung um 1600
ihre Anfänge. Am 5. Oktober 1598 ga-
ben die Gemeindevertreter - gemäss
Peter Kaiser «in Aberglauben und Un-
wissenheit versunken» - an einem
Audienztag Bericht über unheimliche
Vorgänge. Die Balzner erzählten, dass
sich das Kirchenwachs nicht zu Ker-
zen formen lasse, eine bestimmte
Frau sei dafür verantwortlich. Als
eine andere Frau aus Triesenberg in
Balzers war und am Abend wieder auf
den Berg heimkehrte, seien ihr zwei
Schweine aus dem Stall des Jos
Fritsch nachgelaufen und volle drei
Tage ausgeblieben.
Der Jahrhundertwechsel 1599/1600
ging in Balzers, soweit das aus den
bekannten Quellen ersichtlich ist,
ohne besondere Ereignisse vorüber.
Die Leute hatten andere Sorgen, als
über die Bedeutung von Jahrhundert-
wechseln nachzudenken. Die nächsten
Notlagen waren nicht weit entfernt.
Man munkelte, die Grafen von Sulz
wollten das Oberland verkaufen.
Krieg lag in der Luft. Er sollte bald
wieder über das Land und die Ge-
meinde Balzers hereinbrechen.
Um das Jahr 1700
Wieder hundert Jahre später - um
1700 - sind wir noch genauer über un-
sere Gemeinde informiert. 1656 war
das «Gemaindts-Buch» Balzers-Mäls
angelegt worden. In ihm wurden die
wichtigsten Balzner Daten der Jahre
1656-1777 festgehalten. Das Buch be-
inhaltet Abrechnungen und Angaben
über Einbürgerungen, Abzugsgeld (Ab-
und Auswanderungsgebühr), Baum-
pflanzungen, Gemeindenutzen, Kauf-
verträge, Grenzkonflikte, Verpachtun-
gen und weitere Bereiche.
Im Unterland, der Herrschaft Schel-
lenberg, hatte sich 1699 auch etwas
zugetragen. Am 18. Januar 1699 war
in Hohenems ein Kaufbrief unter-
zeichnet worden, durch den die reichs-
freie Herrschaft Schellenberg von den
verschuldeten Grafen von Hohenems
in den Besitz der Fürsten von Liech-
tenstein überging, die im heutigen
Tschechien und in Österreich begü-
Abb. oben:
Hexe beim Schadenzauber: Aus dem
Beilschaft melkt sie die Milch einer
Nachbarskuh.
Abb. unten:
Dieser Ausschnitt aus einer Militär-
karte von 1629 zeigt das Gebiet rund
um die St. Luzisteig mit Schlachtge-
tümmel am Busse des Ficischerbergs.
Abb. oben links:
Johann Adam 1. von Liechtenstein,
1699 Käufer von Schellenberg und
1712 von Vaduz
Abb. oben rechts:
Ausschnitt Balzers-Mäls aus der
Kolleffel-Karte von 1756
Abb. unten links:
Letzte Seite des Kaufvertrags vom
18. Januar 1699 betreffend den Ver-
kauf von Schellenberg
Abb. unten rechts:
Pläne der Burg Gutenberg und der um-
liegenden Gebiete von 1706 und 1750
tert und ansässig waren. Dank des Be-
sitzes von Schellenberg und später
von Vaduz konnte der Fürst einen ent-
scheidenden Prestigegewinn erzielen
und sich dadurch zum souveränen
Landesherrn emporschwingen. Die
Fürsten von Liechtenstein brauchten
das Land, wenn sie ihre Ziele errei-
chen wollten. Zwei Monate nach der
Vertragsunterzeichnung huldigten die
Untertanen am 16. März 1699 in
Bendern. Der neue Landesherr ver-
sprach, die bisherigen Rechte der
Leute am Schellenberg zu respektie-
ren. Fürst Johann Adam Andreas von
Liechtenstein machte 1700 erfolglos
ein Angebot von 290000 Gulden für
den Kauf der Grafschaft Vaduz. 1712
schliesslich konnte er die Grafschaft
Vaduz doch noch erwerben.
Trotz vieler materieller Einbussen
während des 17. Jahrhunderts konnte
sich Balzers bis zum Jahr 1700 wirt-
schaftlich erholen. Das Steuerkapital
betrug damals rund 108000 Gulden,
hatte sich gegenüber den Angaben im
Legerbuch 1584 also vermehrfacht.
Nur die Gemeinde Triesenberg hatte
ein etwas höheres Steuerkapital auf-
zuweisen. Die Schulden von Balzers-
Mäls betrugen 1700 rund 4300 Gul-
12
den. 1712 lebten in der Gemeinde 72
Männer über fünfzehn Jahre, in Mals
57, sechs Jahre später gab es im ganzen
Ort 101 haushäbliche Männer.
Am 29. Dezember 1707 wurde eine
Frühmesspfrund in Balzers errichtet.
Wenige Monate später, am 19. Sep-
tember 1708, genehmigte die gräfliche
Kanzlei in Vaduz den «Gemeindts-
Brief für die Gemeinde Balzers Klein-
mels», welchen die Gemeindeverant-
wortlichen neu gefasst hatten. Er ent-
hielt die Gemeindeordnung, welche
die Bereiche Gemeindenutzen, Atzung,
Zäune und Fuhrwesen regelte. Das
Rodfuhrwesen, d.h. ein Monopol des
Gütertransports von Balzers über die
St. Luzisteig nach Maienfeld, hatte
für die Gemeinde bis in das 19. Jahr-
hundert hinein eine grosse wirtschaft-
liche Bedeutung.
Übrigens wurden im Jahre 1700 in
Deutschland, angesichts der wieder
aufgeflammten Diskussion um die
Frage des Endes und des Beginns ei-
nes Jahrhunderts, zur Erinnerung
Münzen geprägt mit der witzigen In-
schrift, dass die Leute um 1700 nicht
einmal gewusst hätten, wie alt sie ei-
gentlich seien.
Um das Jahr 1800
Ende des 18. Jahrhunderts ( 1784) wird
in einer Landesbeschreibung auch
über Balzers-Mäls berichtet. Das Dorf
hatte damals eine Pfarrkirche und
zwei Kapellen, es zählte 106 Häuser
sowie 382 Einwohner ohne Hinter-
sassen. Hintersassen waren ansässige
Landesbürger ohne Gemeindebürger-
recht und ohne Gemeindenutzen. Der
Güterverkehr über die St. Luzisteig
gab den Bewohnern guten Verdienst.
In Balzers gab es fünf Wirte, eine
Mühle mit einer Säge, einen Schmied,
einen Wagner und zwei Wuhrzoller.
Die Burg Gutenberg war seit kurzem
als Festung aufgegeben und begann
zu verfallen. Ihre Güter waren von der
Gemeinde gepachtet worden.
Die Jahrhundertwende 1799/1800 hat-
te sich für Balzers und Mäls denkbar
schlecht angekündigt. Es begann
1791 mit einer Teuerung der Lebens-
mittel, die eine Ausfuhrsperre für
Früchte und Grundnahrungsmittel zur
Konsequenz hatte. Die Mangelsitua-
tion verschlimmerte sich weiter. Das
Jahr 1796 brachte laut Johann Georg
Helbert «unerträgliche» Kriegsrüstun-
gen, eine Engerlingsplage, der mehr
als die Hälfte des Türkens und des
Heus zum Opfer fiel, eine Maul- und
Klauenseuche, eine Pockenepidemie,
einen warmen Winter, einen kalten
Frühling, einen dürren Sommer mit
viel Ungeziefer sowie einen von
Hagelwettern und Sturmwinden be-
gleiteten nassen Herbst. Die Kinder-
sterblichkeit stieg, es gab mehr Todes-
fälle als Geburten. «Kinderblattern»
oder Pocken grassierten, auch Fleck-
fieber oder Flecktyphus, und Viehseu-
chen vergrösserten die Armut. Bettler,
Hausierer, Kriminelle, Emigranten, De-
serteure, Agenten und Spione mach-
ten das Land unsicher.
Abb. oben:
Plan des am 22. Oktober 1795 abge-
brannten Dorfes Balzers
Abb. unten:
Institut Gutenberg (links), Ruine Gu-
tenberg und Volksschule Balzers
Die Notlage war zum Teil eine Folge
der Kriege in unserer Gegend. Im De-
zember 1794 wurden die Vorarlberger
und Liechtensteiner Rheinufer mit
österreichischem Militär besetzt, die
Grenzen gegen die Schweiz geschlos-
sen, der Handel unterbunden. Der
Schmuggel blühte, und wer erwischt
wurde, musste zur Bestechung grei-
fen, oder er kam um Gut und Geld
oder um seine Freiheit. In fast allen
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Gemeinden lagen Militärkontingente
aus Österreich.
In der Karwoche 1799, am 6. März,
morgens um 7 Uhr, überquerten die
französischen Truppen den Rhein bei
Balzers und Bendern. Der Eschner
Chronist Johann Georg Helbert be-
richtet für das Unterland: «Die erste
Forderung war Geld, Wein und alles
was man hat,... die Feind nahmen uns
alles weisse Tuech und Bethäs, alle
kostbare Man und Weibskieiter, alle
ehrene Häfen, das beste Kupfer-
geschier, Bether... Heu und Stroh wur-
de in die Lager vertragen, alle
Schwein und das junge Vieh wurden
geschlachtet, alle Hüener aufgefan-
gen. Vier Man wurden hier auf der
Stel erschossen und viele plessiert, sie
schendeten die Weiber in Gegenwart
der Mäner, alte SOiährige Weiber,
lOiährige Kinder mussten ein Raub
der tiranen werden, wer sich nicht
flüchtete, wurde misshandelt.» Nach
dem erfolglos geführten Feldzug und
den verlorenen Schlachten um
Feldkirch zogen sich die französi-
schen Truppen am Ostermontag 1799
über den Rhein bei Bendern und
Balzers, wo sie eine Brücke errichtet
hatten, zurück. Während der drei Wo-
chen, in denen die Franzosen im Lan-
de lagen, hatten die Talgemeinden
Liechtensteins schwer zu leiden.
Balzers verköstigte 3000 Mann Infan-
terie, 278 Offiziere und 1613 Kavalle-
risten samt Pferden. Der Schaden im
Dorf betrug laut amtlicher Schätzung
22741 Gulden. Für dieses Geld hätte
man laut einer Berechnung etwa 250
Kühe und achtzig Pferde erwerben
können.
Das vorrangige Ziel für die Österrei-
cher war die Rückeroberung der Steig
und Graubündens. Ende April 1799
sammelten sich in Friesen und Bal-
zers grössere Truppenteile. Der An-
griff auf die von den Franzosen be-
setzte St. Luzisteig scheiterte jedoch.
Feldmarschall Friedrich Hotze hatte
die Bewegungen seiner Truppen vom
Hügel von Gutenberg aus verfolgt. Im
Zeitraum März 1799 bis Ende März
1801 waren in Balzers, wie Klaus Bie-
dermann in seiner Studie über das
Rodfuhrwesen errechnet hat, insge-
samt 69 Fuhrleute im Einsatz. Sie un-
ternahmen 3483 Fahrten, davon 2802
für die Kaiserlichen und 681 für die
Franzosen, und zwar vornehmlich auf
der Strecke über die Steig und nach
Feldkirch, für die Franzosen zudem
nach Trübbach. Johann Georg Hel-
bert notierte, dass über die St. Luzi-
steig täglich zwanzig bis vierzig Wa-
gen verkehren mussten, um die ein-
quartierten Truppen mit Mehl, Heu,
Hafer und Holz zu versehen.
Am 13. Juli setzten französische Trup-
pen wieder über den Rhein und schlu-
gen in Balzers zwei Lager auf. Das vor
vier Jahren (1795) abgebrannte und
verarmte Dorf erlitt neue Beeinträch-
tigungen. Im Oktober 1799 zogen die
ausgehungerten Truppen des russi-
schen Generals Alexander Suworow
durch Balzers. Am Nachmittag des
11. Oktober 1799, an einem Freitag,
traf Suworow in Balzers ein und
nahm mit der gesamten Generalität
im Balzner Gasthof Rössle (heute Ho-
tel Post) Quartier. Suworow habe
schlechte Laune gehabt und «sich so-
gleich ins nächste Fuhrmannsbett
hinein geworfen, die Kammer ver-
schlossen, und keinen Menschen für
sich gelassen». Der Durchmarsch der
Truppen folgte am Samstag. Die russi-
schen Kosaken waren gemäss Johann
Georg Helbert eine «wunderliche Rei-
terei. Ihre Rüstung am Pferd ist nicht
3 Bazen wert; ein schlechter lederner
Riemen zum Zügel und Zaum; kein
Sattel, kleine Rössle. Die Mannen tra-
gen eine lange blaue Mütze, weite
plumpe Hosen, eine Pistole, einen Ka-
rabiner, einen Spiess und eine lange
Stange». In diesem Zusammenhang
lesen wir in der Helbert-Chronik, dass
die Russen einen «unbeschreiblichen
Hunger» aus der Schweiz mitgebracht
hätten. «Sie fielen über alles her, assen
unreife Trauben, Türken und Obst.
Auf der Landstrasse ging es schreck-
lich her. Schuhe und Kleider nahmen
sie den Leuten vom Leibe ab.»
Während des Durchzugs der Armee
selbst hatten die Leute in Balzers laut
Meinung des Landvogtes Franz Xaver
Menzinger nicht viel gelitten, aber der
Nachtrab, der das Dorf noch während
mehrerer Tage durchquerte, war läs-
tig. In den einzelnen Häusern und auf
der Strasse war niemand mehr sicher,
deshalb wollte niemand mehr ein
Fuhrwerk verrichten. Menzinger be-
stätigte, dass die Leute in Balzers
«in einer förchterlichen Lage seien,
wir sehen dem schrecklichsten Fründ,
den Hunger vor Augen, und wissen
nicht, was der Krieg uns noch für Un-
heil zuziehen wird!» Allerdings musste
*****
Generalfeldmarschall Alexander
IV Suworow (1729-1800)
das Dorf am 11. Oktober 1799 für die
russischen Truppen 700 Zentner Heu
liefern, für die es keine Entschädi-
gung erhielt. Im Gegenteil, es wurde
im Feld der Türken gestohlen, die
Zäune wurden niedergerissen und
Obstbäume verholzt. In der Nacht wa-
ren Scheunen und Stallungen nicht si-
cher, den Leuten wurde der restliche
Heuvorrat bis zum letzten Halm ent-
wendet, so dass für noch im Stall ste-
hendes Vieh kein Futter mehr vorhan-
den war.
Eine Aufstellung allein der Schäden
vom 13. bis 31. Juli 1800 führt an
Requirierungen auf: zwei Ochsen,
sechs Stück Hornvieh, 183 Zentner
Heu, dreissig Zentner Stroh, dazu Rot-
wein, Weisswein, Hafer, Klee, Käse,
Brot, Branntwein, Schaffleisch, Bett-
zeug, Leintücher, Matratzen, Schuhe,
Strümpfe, Hemden, Tuch, Erdäpfel,
Kessel und anderes. Auch der Orts-
pfarrer Johann Josef Mähr wurde
ausgeraubt. Er verlor das Geld, die
silberne Sackuhr, Hemden, Schnupf-
tücher, Hauben, Leintücher, Hand-
schuhe, Schere, Messer, Gabeln, Le-
bensmittel, Speck, Bi'ot, Milch, Eier,
Zucker, Schokolade sowie Seifen im
Wert von über 108 Gulden.
Die Situation des Fürstentums ver-
schlimmerte sich im Jahr 1800 durch
14
die Ausbreitung einer Maul- und
Klauenseuche. Im Sommer herrschte
eine Dürre, Brunnen trockneten aus,
das Heu und die Trauben verdorrten.
Die Armut wuchs, in Elend geratene
Personen suchten sich mit Wanderge-
werbe durchs Leben zu schlagen, das
Bettel- und Gaunerwesen entwickelte
sich zu einer Landplage, der man
nicht Herr wurde. Die Vorschrilt,
Maikäfer emzusammeln und zu ver-
nichten, wurde erlassen. 1803 kam es
in Liechtenstein zur ersten Pocken-
schutzimpfung,
Das Aktcnbündel «Kriegserlittenhei
ten 1798—1801» im Landesarchiv ent-
hält ein Verzeichnis für Balzers und
Mals. In Balzers machten 61 Haushal
tungen Kosten in Höhe von 39848
Gulden 33 Kreuzer geltend. Das Ver-
zeichnis von Mäls umfasst 55 Haus-
haltungen mit einer Forderung von
fast 14000 Gulden. Mäls hatte etwas
weniger gelitten als das an der Tran-
sitstrasse Chur-Feldkirch gelegene
Balzers. In Bezug auf die Verteilung der
Kriegsschulden führten die Gemein-
den Balzers, Vaduz und Schaan einen
mehrjährigen Streit mit den übrigen
Oberländer Gemeinden. Der Schaden,
den das ganze Land Liechtenstein er-
litten hatte, wurde für die Zeitperiode
1794-1802 auf etwa eine Million Gul-
den geschätzt. Die «Franzosenzeit»
war eine der traumatischen Erfahrun-
gen der Liechtensteiner und Balzner
Bevölkerung.
1805 verstarb Fürst Alois I. von Liech-
tenstein. Er war als ein «lobenswerter
Fürst, der die Untertanen immer bei
ihren alten Rechten schützte», ange-
sehen. Die Nachfolge trat Johann I.
an, ein Militär, Karrierist in kaiserli-
chen Diensten, Diplomat und Moder-
nisieren In Liechtenstein bestand
nach den schwierigen Kriegsjahren
und den Notzeiten Handlungsbedarf.
Der mit der Abfassung eines Berichtes
betraute Hofrat Georg Hauer sah
1808 seine schlimmsten Befürchtun-
gen übertroffen. «Niemand ist vermö-
gend», schrieb er, «den unkultivierten
Zustand der Landesverfassung sich
vorzustellen... Wenn der Schöpfer erst
voriges Jahr sein Schöpfungswerk
vollendet und die ersten Menschen
zur Kultur des Bodens angesetzt hät-
te, so könnte man nicht weiter zurück
sein.» Der bald darauf ernannte Land-
vogt Josef Schuppler nahm die Refor-
men in Angriff. Bis 1812 waren die
Bereiche Verfassung, Recht und Jus-
tiz, Finanzen, Gemeinden, Grundbe-
sitz, Schule und Kirche einer Neuor-
ganisation unterzogen. 1808 wurden
in Liechtenstein die politischen Ge-
meinden im heutigen Sinne geschaf-
fen und damit Balzers und Mäls zur
Gemeinde Balzers zusammengefasst.
1805 bis 1807 entstand auf der Egerta
eine neue Pfarrkirche, bis dahin hatte
Mariahilf als Ersatz für die 1795 abge-
brannte alte Kirche gedient. 1815
umfasste die Gemeinde 127 Häuser
und 752 Einwohner, die von Vieh-
zucht, Acker- und Weinbau und Fuhr-
werk lebten.
Um das Jahr 1900
Am 14. Dezember 1899 beschloss der
deutsche Kaiser mit dem Bundesrat,
die Feier des Beginns des 20. Jahr-
hunderts auf den 1. Januar 1900 fest-
zusetzen. Papst Leo XIII. und die
Hochschule für Wissenschaft in Paris
erklärten jedoch, das neue Jahrhun-
dert beginne mit dem 1. Januar 1901.
Das «Liechtensteiner Volksblatt» setz-
te sich ebenfalls mit dieser Problema-
tik auseinander.
Die Welt war damals schon eng zu-
sammengewachsen. 1899 fand die
1.Haager Friedenskonferenz statt, in-
ternationale Truppen unter deutschem
Befehl warfen den Boxeraufstand in
China nieder, Graf Zeppelin stieg mit
seinem ersten Luftschiff auf, in Lon-
don wurde die erste panafrikanische
Konferenz organisiert. In Rom eröff-
nete der Papst am 24. Dezember 1899
Pfarrkirche auf der Egerta mit dem bis
1998 noch bestehenden, dann aber
aufgelösten historischen Friedhof
das Heilige Jahr 1900. Liechtenstein
trat dem Verband für Fremdenver-
kehr in Vorarlberg bei, der nun Lan-
desverband für Vorarlberg und Liech-
tenstein hiess. Neue Marken und neue
liechtensteinische Landesmünzen (Lan-
desgoldmünzen zu 10 Kronen und
Landessilbermünzen zu 5 Kronen)
wurden eingeführt. Nachdem 1898 in
der Firma Rosenthal im Mühleholz
Vaduz die Arbeiterinnen gegen Lohn-
kürzungen in Streik getreten waren,
gab die gleiche Firma ein Jahr später
jeder angestellten Person zwei Kro-
nen für die Anlage in einem Spar-
buch. Die Telefonverbindung Vaduz-
Buchs wurde in Betrieb genommen,
in Vaduz beschloss der Landtag den
Bau eines Regierungsgebäudes und
die Anschaffung der ersten Schreib-
maschine. Der Landesfürst Johann II.
besuchte Liechtenstein und der Histo-
rische Verein für das Fürstentum
Liechtenstein wurde gegründet. Der
Jahreswechsel 1899/1900 in Liechten-
stein ging bei warmer Witterung und
Föhn über die Bühne.
Die Dörfer Balzers und Mäls zählten
damals etwa 1000 Einwohner, welche
die ersten Annehmlichkeiten des tech-
nischen Fortschritts erfahren durften.
1894/95 war in Balzers eine Wasser-
leitung gebaut worden, nachdem Ty-
phusepidemien zahlreiche Kinder
und Erwachsene in Mitleidenschaft
gezogen hatten. Die Fertigstellung der
15
Abb. oben:
Ruine der Burg Gutenberg um 1890.
Deutlich sichtbar sind die alten Wein-
berge, der Burghügel ist noch nicht
bewaldet.
Abb. Mitte:
Bau der Pfarrkirche St. Nikolaus, de-
ren Grundstein am 24. Oktober 1909
gelegt wurde. Die Burg Gutenberg ist
schon restauriert.
Abb. unten:
Erstes Motorrad («Kleppere») in
Balzers mit Dominik Sieger, 1920
Wasserleitung in Mäls folgte nach lan-
gem Unterbruch der Arbeiten erst
1902. Eine Sektion des Krankenunter-
stützungsvereins war 1896 in Balzers
gegründet worden. Zwei Jahre später
erhielt die Gemeinde den Anschluss
an das Telefonnetz. 1900 wurde der
erste Windschutzstreifen an der Riet-
strasse angepflanzt. Wenige Jahre
später war der Neubau der heutigen
Pfarrkirche vollendet und die Restau-
rierung der Burg Gutenberg durch
Egon Rheinberger abgeschlossen - nur
zwei Jahre vor Ausbruch des Ersten
Weltkrieges. Noch immer waren Bal-
zers und Mäls zwei geographisch klar
getrennte Dörflein.
Um das Jahr 2000
Heute, am Ende des zweiten Jahrtau-
sends, zählt die Gemeinde rund 1500
Hauhalte und etwa 4200 Einwohner.
Balzers und Mäls sind zusammenge-
wachsen. Die Bevölkerung, die 1899
in der Landwirtschaft, in der Heimar-
beit, auf dem Bau, im Handel und in
16
der Saisonarbeit im Ausland ihren Er-
werb suchte, ist heute in der Indus-
trie, im Gewerbe, in der Verwaltung
oder im Dienstleistungssektor tätig.
Ihr steht eine auf sehr hohem Niveau
ausgebaute Infrastruktur zur Verfü-
gung: Schulen, Gemeindesäle, Mehr-
zweckgebäude, Vereinslokale sowie
sehr gut und reichhaltig ausgebaute
Sport- und Freizeitanlagen.
Welchen Wandel die Gemeinde allein
schon in Bezug auf ihre Grösse durch-
gemacht hat, zeigt ein Vergleich der
ersten mit heutigen Flugaufnahmen
von Balzers und Mäls. Das explosions-
artige Wachstum während der letzten
dreissig Jahre brachte viele interes-
sante Möglichkeiten, auf der anderen
Seite aber auch Verluste an Identitäts-
faktoren, insbesondere am kulturel-
len Erbe im weiteren Sinne, darunter
auch an Architektur. Auf diesem kul-
turellen Erbe beruht - so wird oft ge-
sagt - zu einem guten Teil das Selbst-
verständnis, die Identität, der Balzner.
Sie schleift sich ab. Die Entwicklung
hat Widersprüche hervorgebracht.
Man könnte aus der Perspektive des
Gestern Kritik üben und sagen, die
Zeit sei unter Druck schneller, zu
schnell, geworden, die alte dörfliche
Stabilität habe sich wie andernorts in
Bauwut, Spekulation und Jagd nach
Subventionen verwandelt. Das Dorf
war ehemals fast autark, mit Hand-
werksbetrieben und Krämerläden, die
soziale Zentren und Kommunika-
tionsplätze bildeten. Alle Facetten der
ländlichen Gesellschaft waren vor-
handen: Arbeit, Feste, Geselligkeit,
Kirche, Stille, viele verschiedenste
Geräusche, wenn man durchs Dorf
ging. Eine allgemeine, allen gehende
Dorf- und Nachbarschaftssolidarität
sei vorhanden gewesen. All dieses sei
gefährdet und dem Untergang ge-
weiht, weil Mobilität, Individuali-
sierung, Verlust an Solidarität, Verfall
der Werte, Fernsehen und Globa-
lisierung die Dörfer und das Denken
der Menschen beherrschen würden.
Den eigentümlichen Reiz und die Be-
sonderheiten des alten Balzers hat
zum Beispiel Emanuel Vogt in «Mier z
Balzers» beschrieben.
1947: Balzers (Vordergrund) und Mäls
mit Burg Gutenberg, Kirche und Ge-
meindebauten in der Mitte
Der mit Melancholie und Resignation
vorgebrachten Kritik steht auf der an-
deren Seite die Meinung gegenüber,
dass die glücklichen Verhältnisse so
gar nie existiert hätten. Dorfleben ist
zweifellos, damals wie heute, auch
verbunden mit Ausgrenzung, Sozial-
neid, Repression und Streit. Dem Ver-
schwinden von Landwirtschaft und
Handwerk aus dem Dorf und der da-
mit einhergehenden Verödung steht
vielerorts anderes gegenüber: Wieder-
aufleben der Dorfkulturen, Blüte des
Vereinswesens, Stolz auf die dörfliche
Lebensart und Eigenart. Die dörfliche
Welt befindet sich in einer Metamor-
phose, die zwar Verluste nach sich
zieht, aber auch Positives hervor-
bringt und unvergleichliche Chancen
auf Bildung und sozialen Aufstieg er-
öffnen kann. Solche Chancen standen
in der Welt des alten Dorfes nur weni-
gen offen.
17
Diese aktuelle Flugaufnahme von
1999 zeigt die Ortsteile Mäls (Vorder-
grund) und Balzers mit dem Burg-
hügel Gutenberg in der Mitte.
Aus solchen Erwägungen heraus ha-
ben die Gemeinde und die Dorfbevöl-
kerung während der drei letzten Jahre
ein Leitbild für Balzers erarbeitet, das
ein grosses Mass an Möglichkeiten
und zukunftsfähigen Ideen beinhal-
tet. Sie haben sich vorgenominen, den
Weg in ihre Zukunft vorzubereiten
und die weitere Entwicklung soweit
als möglich mit eigenen Kräften zu
steuern. Bei der öffentlichen Vorstel-
lung des Leitbildes wurde vom Ge-
meindevorsteher formuliert: «Für die
Gemeinde Balzers sind drei zeitliche
Dimensionen wichtig. Sie hat erstens
eine reiche, vielfältige und spannende
Geschichte hinter sich, die in die Ge-
genwart hineinwirkt. In dieser Ver-
gangenheit sind wir verwurzelt, auf
ihr beruhen zentrale Aspekte unseres
Selbstverständnisses und unserer Ei-
genart. Unsere Gemeinde Balzers er-
lebt zweitens eine Gegenwart in einer
zunehmend komplexeren und sich
verändernden Welt. In diesem Pro-
zess verändern wir uns mit, unser
Dorf wandelt sich. Unsere Gemeinde
Balzers hat drittens eine Zukunft, von
der wir an sich nicht wissen können,
was sie bringen wird. Wir können
aber versuchen, Leitplanken zu legen,
die es erlauben, den Weg in die Zu-
kunft wenigstens für die nächsten
Jahre in unserem Sinne zu beeinflus-
sen. Wir wollen als Gemeinde nicht
nur auf das warten, was möglicher-
weise kommt, sondern wir müssen
ein fundamentales und existentielles
Interesse daran haben, die weitere
Entwicklung soweit als möglich steu-
ern zu können - und das in unserem
Sinne und nach unseren lokalen Be-
dürfnissen.» Man wird sehen, was die
Zukunft bringt.
18
Die Franzosen in Balzers 1799
Rudolf Rheinberger
Das Gebiet Liechtensteins wurde im
Laufe der Geschichte immer wieder
von kriegerischen Ereignissen heim-
gesucht. Fremde Truppen mussten
auf ihrem Weg von Süddeutschland
nach Italien das Rheintal und die
Luziensteig passieren, was auch für
den umgekehrten Weg galt. Dabei litt
die Bevölkerung regelmässig unter
der Beschlagnahmung von Lebens-
mitteln, Vieh, Heu, Holz und anderen
Gütern. Nicht selten fanden auch
Brandschatzungen statt. Jedoch kehr-
te nach dem Durchzug der Soldaten
meist wieder Ruhe ein.
Es geschah aber auch, dass unser
Land zum eigentlichen Kriegsgebiet
wurde. Dies ereignete sich zuletzt vor
200 Jahren, zur Zeit der Franzosen-
kriege 1799/1800. Ich will von den da-
maligen Geschehnissen besonders je-
ne herausgreifen, welche Balzers und
seine nähere Umgebung betreffen.
Dies sind im Einzelnen:
- die Überschreitung des Rheins bei
Trübbach durch die Franzosen am
6. März 1799
- die Eroberung der Luziensteig am
gleichen Tag
- der erste missglückte Rückeroberungs-
versuch der Luziensteig durch die
kaiserlich österreichischen Truppen
am 1. Mai 1799
- die geglückte Wiedereroberung der
Steig am 14. Mai 1799
Die allgemeine Situation am Anfang
des Jahres 1799 stellte sich, kurz skiz-
ziert, so dar: Eben hatte der erste Ko-
alitionskrieg mit dem Frieden zu
Campo Formio im Oktober 1797 ein
Ende genommen, da begannen die
Fi 'anzosen ihre Agitation in der
Schweiz, wo sie - teils als Befreier
begrüsst, teils gegen heroischen Wi-
derstand kämpfend - vom Genfer See
her gegen Osten vordrangen. Im
Herbst 1798 hatten sie die Ostschweiz
und das Rheintal erreicht und besetz-
ten das linke Rheintifer von der Grau-
bündner Grenze bis zum Bodensee.
Überall in der schweizerischen Nach-
barschaft wurden Freiheitsbäume er-
richtet. Die Vögte der Zürcher und
Glarner Herren mussten das Sargan-
serland und Werdenberg verlassen. Es
wurden die kleinen Kantone Linth
und Säntis als Teile der Helvetischen
Republik ausgerufen.
In der Schweiz wurden nach französi-
schem Muster Freiheitsbäume aufge-
stellt. 1798 schätzte man die Anzahl
auf 7000.
19
Heute noch erinnert das «Massena-
Stübli» im Gasthaus Traube in
Azmoos daran, dass sich hier 1799
das Hauptquartier für den Angriff der
Franzosen auf Graubünden befand.
General Andre Massena (1758-1817)
schlagen, verlegte es dann aber am
5. März bezeichnenderweise nach Az-
moos. Dies lässt schon die Haupt-
stossrichtung der geplanten Angriffe,
nämlich Graubünden, erkennen. Das
erste Ziel war die Eroberung der
Befestigungen auf der Luziensteig,
denn damit konnte er den Österrei-
chern den Zugang zu Graubünden
von Norden her abschneiden. Die Ein-
nahme Feldkirchs war von zweitran-
giger Bedeutung. Massena machte
aber den Versuch, die Luziensteig so-
wie Feldkirch gleichzeitig in seine
Hand zu bringen.
Die Überquerung des Rheins
von Trübbach nach Balzers am
6. März 1799
Dagegen gelang es Österreich, den
Anschluss Graubündens an die Hel-
vetische Republik zu verhindern, und
kaiserlich österreichische Truppen un-
ter General Auffenberg marschierten
durch unser Land, um Graubünden
zu besetzen.
Nun muss man bedenken, welche
strategischen Ziele die Franzosen zu
jener Zeit verfolgten. Sie hatten den
Oberrhein überschritten und das
österreichische Heer unter Erzherzog
Karl zurückgedrängt. Die ganze Hel-
vetische Republik war von ihnen be-
setzt. Hätten sie nun auch noch Grau-
bünden in ihre Hand gebracht, so
wäre ihnen eine Zangenbewegung ge-
gen die österreichische Heeresgruppe
möglich gewesen, welche im vorder-
österreichischen Raum und Tirol
stand. Diesen ehrgeizigen Plan ver-
folgte General Massena, der Oberbe-
fehlshaber der Franzosen in der
Schweiz. Er musste daher zuerst mit
seinem helvetischen Heer den Öster-
reichern Graubünden zu entreissen
versuchen. Anfang März 1799 stan-
den sich entlang des Rheins von
Ragaz bis zum Rheindelta die kaiser-
lich österreichischen auf der rechten
und die französischen Truppen auf
der linken Rheinseite gegenüber.
General Massena hatte sein Haupt-
quartier zunächst in Altstätten aufge-
Die Überquerung des Rheins von
Trübbach nach Balzers war mit er-
heblichen Schwierigkeiten verbun-
den. Sie sollte an der Stelle stattfin-
den, wo von alters her eine Fähre in-
stalliert war und wo im Winter, wenn
der Wasserstand des Rheins niedrig
war, meist ein Brückensteg errichtet
wurde. Etwas nördlich von dieser
Stelle befindet sich heute die Fuss-
gängerbrücke Trübbach-Mäls.
Am Abend des 5. März hatten die
Franzosen noch gedacht, den Rhein
durchwaten zu können. Bis zum
nächsten Morgen war der Wasser-
stand infolge der durch den Föhn be-
dingten Schneeschmelze jedoch so
20
stark angestiegen, dass einige der ers-
ten Tirailleure, die sich ins Wasser ge-
stürzt hatten, von den Fluten fort-
gerissen wurden und ertranken. Des-
halb ordnete General Massena, der
die Flussüberquerung persönlich über-
wachte, die Erstellung einer Bock-
brücke an. Das dazu benötigte Holz
musste die Bevölkerung von Azmoos
und Trübbach in aller Eile am Scholl-
berg schlagen und zum Rhein trans-
portieren. Dort wurden die einzelnen
Böcke zusammengezimmert und in
gleichmässigen Abständen in das ge-
gen drei Meter tiefe, reissende Wasser
gesetzt. Die Verankerung jedes einzel-
nen Bockes nahm viel Zeit in An-
spruch, so dass es bis nachmittags
2 Uhr dauerte, bis die Brücke für die
Infanterie passierbar war.
Am rechten Rheinufer fanden die
Franzosen nur wenig Gegenwehr,
denn das bei Balzers und Mals pos-
tierte Bataillon Gradiskaner war zur
Verstärkung der Festungsbesatzung
auf die Steig abgezogen worden. Ein
eiligst herbeigerufenes Bataillon des
Regiments de Vins kam zu spät, um
noch etwas ausrichten zu können.
Zwei französische Brigaden, von de-
nen die eine unterhalb der Tardis-
brücke unter General Chabran, die
andere unter dem Befehl General
Borges bei Fläsch den Rhein über-
schreiten sollte, konnten dies infolge
des hohen Wasserstands nicht be-
werkstelligen. Deshalb erhielten sie
von Massena den Befehl, ebenfalls die
neu erstellte Bockbrücke bei Trüb-
bach zu benützen.
Eroberung der Luziensteig
Nun sammelten sich die Franzosen an
der Stelle, die noch heute «Schiff-
lände» genannt wird. Von hier aus
setzten sich drei Gruppen gegen die
Luziensteig in Bewegung. Die stärkste
Gruppe unter dem Bataillonskom-
mandanten Durand hatte den Befehl,
über die Pradwiesen frontal gegen die
Festung vorzurücken. Eine kleinere
Einheit in der Stärke von zwei Kom-
panien erreichte über Balzers das Pla-
teau von And und von dort durch das
steile Guschatobel die Alp Guscha.
Das ohnehin schon unwegsame Ge-
lände war infolge des gefallenen Neu-
«Plan vom St. Lucien-Steige samt der
Situation und den daselbst angelegten
Fort anno 1799»
schnees fast unpassierbar geworden,
und diese Einheit konnte den Befehl
nur unter Aufbietung der letzten Kräf-
te ausführen. Die dritte Gruppe in
Stärke eines Bataillons erreichte über
Mäls die Höhen des Fläscherbergs
und rückte von dort gegen die Fes-
tung vor.
Es war schon später Nachmittag, und
vier frontale Angriffe der Franzosen
waren von den Verteidigern der Fes-
tung abgewiesen worden. Als die Dun-
kelheit hereingebrochen war, gelang
es aber der von Guscha herab operie-
renden Truppe unter ihrem Komman-
danten Arnouil endlich, von Osten in
die Festung einzudringen und das Tor
aufzustossen. Damit war die Festung
gefallen. Oberstleutnant Hasslinger, der
Festungskommandant, wurde bei der
Erstürmung tödlich verwundet. Mit
ihm fielen noch 250 Mann, die sich
tapfer verteidigt hatten. Etwa 800
Österreicher wurden gefangen und
21
Feldmarschall Friedrich von Hotze
(1741-1799), gebürtig aus Richterswil
am Zürichsee, machte als General in
österreichischen Diensten Karriere. Er
fiel am 26. September 1799 in Schänis,
wo sich auch ein Denkmal bef indet.
vier Geschütze von den Franzosen er-
beutet.
Bereits am nächsten Tag, dem 7. März
1799, fiel Chur in die Hände der Fran-
zosen. Der österreichische Oberkom-
mandierende, General Auffenberg, wur-
de gefangen genommen. Der Rest sei-
ner Truppen zog sich ins Engadin
zurück. Damit hatte Massena in kür-
zester Zeit das gesteckte Ziel erreicht:
Graubünden war in seiner Hand, die
österreichischen Truppen waren ver-
trieben und die Alpenpässe in franzö-
sischem Besitz. Es folgte die Einglie-
derung Graubündens in die Helveti-
sche Republik.
Diese Situation barg grosse Gefahren
für das kaiserliche Heer unter Erzher-
zog Karl in sich. Der letzte Versuch
der Franzosen, Feldkirch zu erobern,
war am tapferen Widerstand der Vor-
arlberger Schützen und der regulären
kaiserlichen Truppen am 23. März
endgültig gescheitert. Am Tag danach
räumte Massena das liechtensteini-
sche Gebiet völlig. Der Rückzug aus
Liechtenstein erfolgte teils über den
Rhein ins Toggenburg, ins St. Galler
Rheintal und ins Seeztal, teils wurden
die frei gewordenen Truppenteile zur
Besetzung Graubündens verwendet.
Die Anwesenheit der Franzosen in
Bünden stellte aber eine stete Bedro-
hung Vorarlbergs und Tirols dar. Um
einen unverhofften Einfall der Fran-
zosen über das Gebirge vom Prättigau
her abwehren zu können, wurden von
den Montafoner Schützenverbänden
die wichtigsten Gebirgsübergänge be-
setzt, vom Schlappinerjoch im Osten
bis zum Sareiserjoch im Westen.
Der erste missglückte Versuch einer
Wiedereroberung der Luziensteig
am 1. Mai 1799
Das wichtigste Ziel für die Österrei-
cher musste die Rückeroberung der
Steig und schliesslich ganz Graubün-
dens bleiben. Die Vorbereitungen da-
für liefen schon bald an. Waren nach
dem Abzug der Franzosen nur einige
Vorposten der Österreicher entlang
des Rheins und bei St. Katrinabrunna
aufgestellt worden, kam Ende April
1799 wieder Bewegung in die liech-
tensteinische Szene. So waren am
30. April in Vaduz zwei kaiserliche
Generale mit vierzehn Offizieren und
240 Mann eingetroffen. Auch in
Friesen und Balzers sammelten sich
grössere Truppenteile. Der Plan des
kaiserlichen Oberbefehlshabers, Feld-
marschalls Hotze, versprach eine er-
folgreiche Erstürmung der Festung
Luziensteig. Der Angriff wurde von
Hotze auf den 1. Mai festgesetzt. Vier
Stossrichtungen waren geplant: Die
erste zielte von Triesenberg über
Tuass-Lawena-Mazorahöhe-Guscha
in die östliche Flanke der Festung; die
zweite mit Anmarsch von Nenzing
durch das Gamperdonatal auf die
Maienfelder Alp und hinunter durch
das Glecktobel sollte in den Rücken
der Festung führen. Der dritte und
grösste Verband sollte auf der Haupt-
strasse von Balzers aus frontal auf die
Befestigungen vorstossen. Einem star-
ken vierten Detachement fiel schliess-
lich die Aufgabe zu, von Anell aus auf
der Westseite des Fläscherbergs nach
Fläsch zu gelangen und die Fes-
tungswerke von hinten anzugreifen.
Es war eine ganze Reihe von Umstän-
den, welche den gross angelegten An-
griffsplan scheitern lassen sollten.
Die erste Gruppe war sechs Kompa-
nien stark und stand unter dem Be-
fehl von Major Guelf. Es handelte sich
um ein Bataillon regulärer Infanterie,
unterstützt durch Sulzer, Rankweiler
und Feldkircher Schützen. Das De-
tachement war am 29. April, um 2 Uhr
nachmittags, von Feldkirch aufge-
brochen. Eine kleine Abteilung von
sechzig Mann hatte sich vor dem Auf-
stieg nach Triesenberg vom Gros der
Kolonne abgespalten und marschierte
nach Balzers, um von dort über And
und das Guschatobel Guscha zu errei-
chen. Dieser kleine Verband wurde
von Oberleutnant Rajachich ange-
führt und kam auf Guscha schon bald
in Berührung mit den französischen
Vorposten.
Der Haupttrupp hatte um 1.30 Uhr in
der Nacht Triesenberg erreicht. Dort
schaltete Major Guelf eine Ruhepause
bis zum nächsten Tag, mittags 2 Uhr,
ein. Aus Friesen hatte er drei ortskun-
dige Führer mitgenommen, welche
angaben, den Weg nach Lawena und
von dort über die Mazorahöhe nach
Guscha genau zu kennen. Von Friesen
und Triesenberg hatte er sechzig Bau-
ern mit Schaufeln aufgeboten. Um
8 Uhr abends traf die Kolonne dann in
der Alp Lawena ein. Sie hatte den Weg
von Triesenberg über Guggerboden
und Tuass genommen. Nach einer
22
/*/j //
Stunde wurden drei Korporale mit
den sechzig Bauern vorausgeschickt.
Sie sollten einen Weg durch die noch
tief mit Schnee bedeckte Mazora-
halde auf den Guschner Grat aus-
schaufeln. Um 11 Uhr nachts setzte
sich Major Guelf mit dem Gros der
Truppe in Bewegung. Doch nach
anderthalbstündigem Marsch hörte
der ausgeschaufelte Weg auf. Führer
und Schaufler hatten erkannt, dass sie
sich in der Dunkelheit, die durch ein
starkes Schneegestöber noch un-
durchdringlicher geworden war, ver-
irrt hatten und waren umgekehrt, um
den verlorenen Weg zu suchen. Es
blieb Major Guelf mit seiner Truppe
nichts anderes übrig, als ebenfalls
umzukehren und sich zurück zur Alp
Lawena zu begeben. Erst um 5 Uhr
morgens begann man den Aufstieg
wieder, doch kam man infolge des
herrschenden Nebels und Schneege-
stöbers nur langsam voran. Nach ei-
nem äusserst strapaziösen Aufstieg
und dem ebenso unangenehmen Ab-
stieg erreichte die Kolonne am 1. Mai,
nachmittags um 4 Uhr, endlich Guscha.
Noch schlechter war es der zweiten
Gruppe in Stärke von anderthalb Ba-
taillonen unter dem Kommando von
Hauptmann Vukassowitsch ergangen.
Er war mit seinen 1250 Mann am
29. April nachmittags in Nenzing auf-
gebrochen und hatte im Gamper-
donatal übernachtet. Um 10 Uhr be-
gann am nächsten Morgen der Auf-
stieg zum Barthümeljoch. Der Weg
war steil und bis zu dreieinhalb Meter
tief mit Schnee bedeckt, so dass man
Stapfen treten musste, um überhaupt
vorwärts zu kommen. Ebenso be-
schwerlich war der Abstieg zu den
Maienfelder Alpen, wo der Verband
abends um 6 Uhr ankam. Erst um
Militärkarte aus dem 18. Jahrhundert
mit einem Stationierungsplan der
Truppen zwischen der Landquart und
der St. Luziensteig
Mitternacht erreichte die Truppe den
Gleckkamm. Hier nun verunmög-
lichte der hohe Schnee die weitere
Orientierung. Niemand wusste, wo
genau der Weg durch das Glecktobel
hinunter zur Steig führte. Haupt-
mann Vukassowitsch sah es als zu ge-
fährlich an, den Abstieg durch das
Tobel in der Dunkelheit zu wagen und
gab den Befehl zur Umkehr nach
Stürvis. Inzwischen war es auch zu
spät, um den vereinbarten Zeitpunkt
zum Eintreffen auf der Steigschanze
einzuhalten. Unterdessen war auf der
Hauptstrasse nach Balzers unter Füh-
lung von General Jellachich ein starker
Verband vorgerückt, der die Steig-
schanze von der Front angreifen sollte.
23
Schliesslich erfüllte die vierte Gruppe
unter Oberst St. Julien ihren Auftrag,
rheintalseitig, also auf der Westseite
des Fläscherbergs, nach Fläsch vorzu-
rücken. Oberst St. Julien war in der
Nacht vom 30. April zum 1. Mai in
Mäls eingetroffen. Um 2 Uhr nachts
brach er von Mäls auf und gelangte
über die Ellwesa bis ans Ende des
Elltals. Von da erklomm die Truppe
die steilen Wiesen zur linken Seite,
kam mit den zweieinhalb Bataillonen
im Elelee an und rückte entlang der
steilen Felswand gegen Süden vor.
Um 8 Uhr morgens erreichte St. Ju-
lien die Weinberge von Fläsch. Nach
Eroberung dieses Dorfes drang er bis
Maienfeld vor und schlug die Franzo-
sen in die Flucht. Aber jetzt wartete er
auf die Kolonne, die unter Haupt-
mann Vukassowitsch von den Maien-
felder Alpen herunterkommen sollte,
um sich mit ihr zu vereinigen. Doch -
wie wir gesehen haben - wartete er
vergeblich. Auch der Verband, der
über Lawena nach Guscha kommen
sollte, Hess auf sich warten. So ver-
ging wertvolle Zeit, in der sich die
Franzosen wieder sammelten und
zum Gegenangriff übergingen. Eine
Halbbrigade französischer Soldaten
überquerte unterhalb von Fläsch den
Rhein, so dass sich St. Julien plötzlich
von zwei Seiten angegriffen sah.
Da erhielt er von Feldmarschall Hotze
den Befehl zum Rückzug. Doch es ge-
lang nur einem kleinen Teil, sich
durch das Mozatobel auf die Ellwesa
zurückzuziehen. Es war ein verlust-
reiches Unternehmen: 92 Mann wa-
ren gefallen, 258 verwundet, gegen
1000 Offiziere und Soldaten mussten
sich ergeben und wanderten in die
Gefangenschaft.
Als Major Guelf die Niederlage ge-
wahr wurde, musste er trachten, sich
und seine Leute in Sicherheit zu brin-
gen. Ihm blieb nichts anderes übrig,
als den Weg, den er gekommen war,
zurückzugehen, nämlich über Gu-
scha, den Guschagrat nach Lawena,
von dort nach Triesenberg und weiter
über den Kulm und durch das Sami-
natal hinaus nach Feldkirch.
Feldmarschall Hotze hatte die Bewe-
gungen seiner Truppen vom Burg-
hügel Gutenberg aus beobachtet. Von
hier aus war es ihm möglich, das gan-
ze Steigtal einzusehen, was sich aber
im Elltal und in der Gegend von
Fläsch abspielte, konnte er nicht ver-
folgen. Er musste jeweils auf einen
berittenen Boten warten, der ihm die
dort aktuelle Lage schilderte und sei-
ne Befehle wieder überbrachte. Bis
der Bote aber den Rückzugsbefehl zu
Oberst St. Julien gebracht hatte, war
zu viel Zeit verstrichen, um noch ei-
nen geordneten Rückzug antreten zu
können. Damit war der erste Versuch
der Österreicher, am 1. Mai den Pass
der Luziensteig zurückzuerobern, ver-
lustreich gescheitert. Hotze ruhte aber
nach diesem Fehlschlag nicht, son-
dern begann unverzüglich mit den
Vorbereitungen zum nächsten An-
griff. Erzherzog Karl verstärkte auf
seine Bitte die in Vorarlberg statio-
nierten Truppen um 10000 Mann, da
für ihn jetzt die Säuberung Grau-
bündens von den Franzosen oberste
Priorität besass. So wurden im ersten
Drittel des Mai 1799 auch in Liechten-
stein vermehrte Truppenbewegungen
der kaiserlich österreichischen Armee
registriert. Beispielsweise kamen in
Vaduz zwischen dem 6. und 14. Mai
folgende Truppenkontingente an: Am
6. Mai erschienen 25 Offiziere mit 875
Mann und fünfzehn Pferden vom Re-
giment Kaunitz. Sie blieben nur eine
Nacht und zogen dann südwärts wei-
ter. Vom 8. bis 12. Mai waren vier Offi-
ziere und 300 Mann Peterwardeiner
in Vaduz einquartiert. Am 12. Mai
folgten sechzehn Offiziere und 610
Mann mit sechs Pferden; sie gehörten
dem Regiment Keiser an. Am 13. Mai
machte Feldmarschall Hotze, der
Oberkommandierende, mit vier Offi-
zieren und 32 Ulanen Station in Vaduz
(Aufzeichungen des Amtsboten Jo-
hann Rheinberger, FamARh, Dl8/19).
Es war der Tag vor dem grossen An-
griff. Innert dieser acht Tage waren
also allein in Vaduz etwa 2000 Solda-
ten im Quartier. Sie alle zogen aber
weiter nach Balzers und kamen beim
Ansturm auf die Festung Luziensteig
am 14. Mai zum Einsatz.
Die Wiedereroberung der Luzien-
steig am 14. Mai 1799
Dieses Mal hatte Feldmarschall Hotze
den Angriffsplan etwas geändert. Un-
ter Hotzes Kommando standen 20000
Mann. Er selbst sollte den Frontalan-
griff von Balzers aus leiten. Zu diesem
Zweck setzte er acht Bataillone (etwa
6000 Mann) und acht Eskadrone
Reitertruppen ein, und zwar auf
der ganzen Breite des Steigtals von
der Andhöhe bis zum Mälsner Holz,
wobei die Hauptmacht entlang der
Strasse von St. Katrinabrunna aus
vorzurücken hatte. Kleinere Abteilun-
gen sollten im Osten über And und
das Guschatobel Guscha erreichen,
während im Westen die Gegend des
Wesle und des ganzen östlichen Ab-
hangs des Fläscherbergs durchstreift
werden sollte. Dadurch wurde beab-
sichtigt, die Aufmerksamkeit des Geg-
ners auf sich zu lenken.
Eine zweite Kolonne unter dem Be-
fehl von Generalmajor Jellachich hat-
te die Aufgabe, von Nenzing durch
das Gamperdonatal aufzusteigen und
über das Barthümeljoch zu den
Maienfelder Alpen zu gelangen. Von
dort sollten sie sich nach Jenins bege-
ben und Richtung Steig marschieren.
Nur eine Kompanie sollte durch das
Glecktobel direkt in den Rücken der
Festung gelangen.
Die dritte Kolonne umfasste fünf Ba-
taillone und wurde noch durch Vor-
arlberger Landesschützen verstärkt.
Sie stand unter dem Kommando von
Generalmajor Hiller und wurde in
drei selbständige Gruppen aufgeteilt,
von denen die erste durch das Gam-
perdonatal, die zweite durch das
Brandnertal und die dritte schliess-
lich durch das Rellstal über das Ca-
velljoch in die Seewiser Alpen vorzu-
rücken hatten. Von dort aus sollten sie
die im unteren Prättigau stationierten
französischen Verbände angreifen so-
wie die Schloss- und die Zollbrücke
besetzen.
Schliesslich wurde eine vierte Kolon-
ne unter Oberst Plunkett gebildet, die
wiederum in zwei Gruppen geteilt
wurde, deren erste von Gargellen aus
über das St. Antönierjoch nach St. An-
tonien und Küblis und deren zweite
über das Schlappinerjoch nach Klos-
ters Vordringen sollte. Talauswärts
war eine Vereinigung mit der dritten
Kolonne vorgesehen.
Die ganze Operation war also gross
angelegt und bildete einen Ring, der
um die Steig zusammengezogen wer-
den sollte. Ein Angriff über Lawena-
Guschagrat-Guscha war dieses Mal
gar nicht mehr eingeplant worden.
Von entscheidender Bedeutung war
der Angriff der zweiten Kolonne von
24
»35 i y ,
ÜRl
Süden her auf die Befestigung. Gene-
ralmajor Jellachich leitete diese Ope-
ration selbst und hat sie folgender-
massen beschrieben:
«Am 13. Mai in den Maienfelder Al-
pen angekommen, ging ich noch vor
der Dämmerung mit dem Avantgar-
dekommandanten, Oberstwachtmeister
v. Eötves, und drei Offizieren zum
sogenannten Gleck, von wo man die
Steig und die ganze Lage derselben
wie ausgebreitet sieht. Ich fand den
Punkt so beschaffen, dass ich mich
auf der Stelle entschloss, anstatt bloss
eine Kompagnie, wie es im Angriffs-
befehl hiess, eine Grenzschützenab-
teilung von zwei Kompagnien und das
ganze Peterwardeiner Bataillon unter
dem Kommando des Oberstwacht-
meisters v. Eötves hierher zu beor-
dern und jedem der Führer den Weg
und die Art des Vorgehens genau vor-
zuschreiben.
Schon um 10 Uhr abends Hess ich die-
se Kolonne über das Gleck defilieren.
Ihr Abstieg durch das Glecktobel ge-
staltete sich so schwierig dass sie erst
um 5 Uhr morgens und mit nur drei
Füsilierkompagnien und mit den zwei
Grenzschützenkompagnien unten an-
langte.
Ich selbst ging mit den übrigen zwei
Bataillonen nach Vorschrift des
Marschbefehls mehr links über die
Vorderalp auf Jenins zu, wohin ich
aber infolge ähnlicher Hindernisse
auch erst mit Anbruch des Tages ge-
langte und dieses Dorf wie in der Fol-
ge auch Maienfeld emportieren [be-
setzen] liess und die geringe Besat-
zung gefangen nahm.
Da sich nun der Feind von allen Sei-
ten her sammelte und von der Steig
noch nichts Gewisses zu vernehmen
Angriff der Koalitionstruppen auf die
von den Franzosen gehaltene Festung
St. Luziensteig, die beim zweiten Vor-
stoss am 14. Mai 1799 in österreichi-
sche Hände fiel. Gut sichtbar sind die
mächtigen, heute noch bestehenden
Festungsma uem.
war, stellte ich mich auf der kleinen
Anhöhe zwischen Maienfeld und
Jenins auf, liess Maienfeld besetzen
und eine kleine Abteilung an den
Rhein bei Fläsch vorrücken, um dort
den Feind am Überschreiten des
Rheines zu verhindern. Eine andere
Abteilung beorderte ich nach Malans,
dessen Besatzung sich in die Wälder
flüchtete, hernach teilweise aber ge-
fangen eingebracht wurde.
Als Oberstwachtmeister Eötves mein
Feuer von Jenins und Malans her hör-
25
te, attackierte er mit den zur Verfü-
gung stehenden drei Füsilierkom-
pagnien und den zwei Grenzschüt-
zenkompagnien die Steig; er wartete
die Ankunft der im Glecktobel zurück-
gebliebenen Mannschaften nicht ab.
Oberleutnant Rajachich griff mit den
Grenzschützen als Kolonne rechts
den ihm angewiesenen rechten Flügel
des Feindes (vom Guschaturm bis
zum Tor herunter) an, bemächtigte
sich des Tores und der ganzen Besat-
zung des Flügels, wobei er zwei Kano-
nen erbeutete und 270 Gefangene
machte und sofort das Tor der Fes-
tung öffnete.
Hauptmann Mihich ging über den
Sattel des Passes vor, warf sich mit
den drei Füsiherkompagnien zuerst
auf das Lager des Feindes (einige hun-
dert Meter hinter den Festungswer-
ken) und erstürmte es. Hernach
wandte sich Oberleutnant Novich mit
einer Abteilung gegen den auf dem
linken Flügel der Festung stehenden
Wachtturm. Obschon hier der Feind
seine Kanonen wider den Angreifer
kehrte, gelang es diesem, in die feind-
liche Stellung einzudringen, wo er
den Chef der Brigade, mehrere Offi-
ziere und 300 Mann zu Gefangenen
machte und zwei Kanonen erbeutete.
Inzwischen rückte im Zentrum
Hauptmann Mihich weiter vor, alles
streckte das Gewehr, so dass sechs
Kanonen, zwei Haubitzen, neun Mu-
nitionskarren, ein Feuerwerkkasten
und 700 Gefangene in unsere Hände
fielen. Versprengte (334 Mann und
9 Offiziere) wollten sich über den Flä-
scher Ochsenberg nach Fläsch büch-
ten, wurden aber auf dem Sattel von
der Abteilung, die von Klein-Mels her-
auf über den Fläscherberg vorgerückt
war, gefangen genommen.» (Pieth,
S. 107-109). Somit war die Steigfes-
tung gefallen.
Auch die dritte und vierte Kolonne
hatten inzwischen die ihnen vorgege-
benen Ziele im Prättigau erreicht. Sie
hatten vom Montafon aus den in tie-
fem Schnee liegenden, steilen Auf-
stieg zu den Bergübergängen Cavell-
joch, St. Antönierjoch und Schlap-
pinerjoch schaffen müssen und tru-
gen nun das ihre zur Aufrollung der
französischen Stellungen bei. Bald
waren Chur und schliesslich auch das
Engadin wieder in der Hand der kai-
serlichen Verbände. Die Franzosen
zogen sich langsam aus der Ost-
schweiz nach Westen zurück.
Wie speziell Balzers unter den andau-
ernden militärischen Aktionen leiden
musste, zeigt Franz Büchel in seinem
Buch «Gemeinde Balzers. Beiträge
zur Geschichte 842-1942». Er listet
darin unter anderem die Einquartie-
rungen, Beschlagnahmungen und den
Raub von Vieh, Lebensmitteln sowie
Heu auf. Zudem musste das Balzner
Fuhrwesen viele erzwungene Leistun-
gen erbringen.
Bis zur Mitte des Jahres 1800 hielten
die Österreicher Graubünden besetzt.
Doch nachdem Napoleon Bonaparte
in Frankreich sowohl die politische
als auch die militärische Führung
übernommen hatte, änderte sich die
defensive Haltung der Franzosen, und
erneut rückten sie nach Osten vor.
Bald standen sie wieder am linken
Rheinufer. General Auffenberg erhielt
nun vom österreichischen Oberkom-
mando den Befehl, die Festungswerke
auf der Luziensteig zu sprengen, da-
mit sie der Feind nach einer erneuten
Eroberung nicht mehr nutzen konnte.
So stellte sich die Situation zu Beginn
des Jahres 1800 dar.
Literaturhinweise
Ackermann, Otto: Das Rheintal als Kriegs-
schauplatz. In: Werdenberger Jahrbuch 11
(1998), S. 67-85.
Beck, David: Vor 150 Jahren. In: JBL 49
(1949), S. 105/106.
Bernhard, Reinhold: Vorarlberg 1789-1801.
Dornbirn 1984.
Bilgeri, Benedikt: Geschichte Vorarlbergs.
Bd. 4, Köln 1982.
Büchel, Franz: Gemeinde Balzers. Beiträge
zur Geschichte 842-1942. Balzers 1987.
Büchel, Johann Baptist: Geschichte der
Pfarrei Triesen. In: JBL 2 (1902). S. 3-296.
Dies ist die beste Schilderung der Ereignis-
se in den Franzosenkriegen von Liechten-
steiner Seite. Die Darstellung ist umfas-
send, beruht auf einem genauen Quellen-
studium und verrät eine exakte Kenntnis
der lokalen geographischen Verhältnisse.
Frick, Alexander: Überreste einer Wehran-
lage aus den Franzosenskriegen auf Gafa-
dura. In: JBL 49 (1949), S. 102-104.
Helbert, Jakob: Chronik. Veröffentlicht aus
dem Nachlass von Johann Baptist Büchel.
In; JBL 29 (1929), S. 65-138. - Eigentlich;
Helbert, Johann Georg; vgl. Geiger, Peter:
Verfasser der Helbert-Chronik aufgespürt.
In: JBL 90 (1991), S. 317-328.
Kaiser, Peter: Geschichte des Fürstenthums
Liechtenstein. Nebst Schilderungen aus
Chur-Rätiens Vorzeit. Chur 1847.
Kirisits, Thomas; Die Rolle des Montafons
in den Franzosenkriegen. Feldkirch 1982.
Pieth, Friedrich: Graubünden als Kriegs-
schauplatz 1799-1800. Chur 1940.
Schweizer Kriegsgeschichte. Bd. 3, Bern
1925.
Vogt, Paul: Brücken zur Vergangenheit.
Vaduz 1990.
26
«Was ich über Balzers denke»
Für die Ausgabe 2000 der «Balzner
Neujahrsblätter» hat das Redaktions-
team sein Konzept etwas abgewan-
delt. Während in den bisherigen
Nummern die Bereiche Geschichte
und Natur, Kultur und Gesellschaft je-
weils einen thematischen Schwer-
punkt bildeten, sollten dieses Mal ein
bis zwei Prozent der Bevölkerung -
und somit ein repräsentativer Quer-
schnitt der Balzner Einwohner - un-
ter dem Titel «Was ich über Balzers
denke» ihre persönlichen Eindrücke,
Wünsche und Kritiken kundtun.
Dem Aufruf zur Mitarbeit, der im Juni
1999 erging, folgten rund sechzig Per-
sonen: Männerund Frauen, Jugendli-
che und Ältere, Bürger und Ausländer.
Entstanden ist ein buntes Kaleido-
skop von unterschiedlichen Meinun-
gen, eine Vielfalt von Aussagen über
die liechtensteinische Gemeinde, die
für viele die beste, die schönste, die
l(i)ebenswerteste ist.
Die Lektüre dürfte viele, die nicht das
Glück haben, in Balzers leben zu kön-
nen, neidisch oder zumindest neugie-
rig machen auf die südlichste liech-
tensteinische Gemeinde.
Illustriert sind die Beiträge mit Fotos
von Brigitte Frick (1968), Balzers. Die
Aufnahmen entstanden im Herbst
1999 und ergänzen die Aussagen über
Balzers durch eine persönliche Optik.
27
Otto Bellmann (1921)
Der schreckliche Krieg war zu Ende, und ich dankte dem Herrgott, dass er mich gesund
und heil die Heimat wieder sehen liess. Jetzt war jeder auf sich selbst gestellt. Das hiess
für mich, wieder Fuss zu fassen im Berufsleben, die Ausbildung zu vervollständigen und
ein Heim für die Familie zu schaffen. Dies gelang mir bis zum Jahre 1952. Dann erhielt
ich von meinem Chef das Angebot, beim Aufbau einer Fabrik in Basel und St. Louis
mitzuhelfen. Ich nahm das Angebot an und war bis Mitte 1953 in Basel tätig. Der Haupt-
teil der Arbeit war bis dahin geschafft, und ich sah mich nach einer anderen interessan-
ten Tätigkeit um. Eine Vorstellung bei Sulzer in Winterthur und der damaligen Geräte-
bauanstall Balzers fiel von meiner Seite zugunsten letzterer aus. Die wunderbare Lage,
die Berge und die freundliche Aufnahme machten mir die Wahl leicht. So arbeitete ich
also ab Mitte 1953 als Konstrukteur in Balzers.
Meine Familie folgte mir im September nach. Wir fuhren mit einem Camion quer durch
die Schweiz. Es gab noch keine Autobahn, und über dem Kerenzerberg begann es schon
zu schneien. In Richtung Sargans gab es nur Wolken, und es regnete immer stärker.
Meine Künder bekamen zunehmend traurigere Gesichter. Ich versuchte, sie aufzuhei-
tern, und sagte kurz vor der hölzernen Brücke in Trübbach. «So, jetzt schliesst euere
Augen und öffnet sie erst wieder nach der Brücke, denn dann seid ihr im Paradies.» Doch
auch im Paradies regnete es in Strömen. Schliesslich verdrängten die Neugier auf die
Ankunft und die freundliche Aufnahme durch «Aana Theres» die dunkle Stimmung.
«Aana Theres» hatte uns auch Hilfe beim Ausladen besorgt: Mock und Elias.
Die Bezeichnung «Paradies» ist gar nicht so weit hergeholt, sprach doch die «Bündner
Zeitung» zu Jahresbeginn aus Anlass der Wiederkehr der Entsiedelung Guschas von
einer Vertreibung aus dem Paradies. Und Guscha und Balzers haben ja eine gemeinsame
Grenze.
Nach Regen folgt Sonnenschein. Meine Kinder fanden ganz schnell Anschluss. Sie besuch-
ten eine gute Schule, und wohlbehütet wurden sie zu Erwachsenen. An einem sonnigen
Tag, kurz nach unserem Umzug, meinte «Aana Theres», dass meine Frau sich Balzers
einmal näher ansehen sollte. Dafür sei der Schlosshügel am besten geeignet. Sie besorgte
einen jugendlichen Führer und schickte beide los. Der Schuljunge schaute nun nicht
gerade nach dem offiziellsten Weg, sondern es ging quer durch den Weinberg. Dies gefiel
dem Weinbauern nicht, der beide aus dem Riet beobachtete. Eilig schritt er, die
Weinbergfrevler zu tadeln. Es fielen Worte wie «Traubendiebin» und «einsperren». Mei-
ne Frau war den Tränen nahe. Erst nachdem «Aana Theres» den Weinbauern etwas spä-
ter zur Rede gestellt hatte, war dieser wie umgekehrt. Meine Frau hatte seither keinen
grösseren Verehrer als ihn. Dies war das einzige Mal, dass sie angefeindel wurde. Sonst
fand sie schnell gute Freundinnen und Bekannte. Sie wurde Mitglied und Ehrenmitglied
des Balzner Frauenvereins.
Mein Leben in Balzers war geprägt durch meine Arbeit und meine Liebe zu den Bergen. In
der Natur zu sein, Alpen und Berge zu begehen war für mich das Elöchste. Durch meine
fast vierzigjährige Zugehörigkeit zum Liechtensteiner Alpenverein sowie zum Schweizer
Alpen-Club lernte ich nicht nur die Bergwelt Liechtensteins, sondern auch jene der
Schweiz, Österreichs und Italiens kennen. Gute Kameradschaften ergaben sich daraus,
und viele Freunde wurden gewonnen.
Seit über dreissig Jahren bin ich im Turnverein Balzers tätig, war Mitbegründer der
Männerriege, mehr als zweieinhalb Jahrzehnte Kassier und einige Jahre Hilfsleiter bei
der Jugi. Fünfmal nahm ich am Sommer-Jugendlager teil. Die früher beim Turnverein
obligatorischen Bergtouren wurden lange Zeit von mir organisiert und geleitet. Ich wur-
de Ehrenmitglied beim Turnverein und beim Liechtensteinischen Turn- und Leichtathle-
tikverband.
Rückblickend kann ich auf ein gutes, freundschaftliches Verhältnis mit allen Balznern
schauen; ich habe nie ein böses Wort gehört. Das liegt - so meine ich, sagen zu dürfen -
am Charakter der Balzner.
Peter Binder (1956)
Aufgewachsen bin ich in einer fünfköpfigen Familie in der Agglomeration
von Luzern. Wir wohnten dort in einer Vierzimmerwohnung in einem
Wohnblockquartier. Mein schulisches und berufliches Leben konzentrier-
te sich auf Luzern und Zürich, bevor ich auf dem Schulamt in Vaduz eine
neue Stelle antreten konnte. So zogen wir, vor bald neun Jahren, nach
Balzers, genauer gesagt nach Mäls, mitten ins Dorfzentrum, in einen zu
einem Hausteil umgebauten Stall. Beim St. Peter 89 hiess die neue Adres-
se, später wurde Iradug 5 daraus. Die neue, ruhige Umgebung war und
wird gekennzeichnet durch zwei «Lädeli», zwei Beizen, durch eine Metzg
und eine schöne Kapelle in einem von Einfamilienhäusern dominierten
Dorfteil. Drei, vier Pedalumdrehungen mit dem Mountainbike, und man
ist mitten in der Natur, sei es im Luzisteiggebiet, auf Lida oder auf dem
Regitzerspitz.
Der Unterschied von Stadt und Land könnte grösser nicht sein. Dies zumin-
dest denkt und fühlt man in der ersten Zeit der Umstellung. Auch die
Residenz Vaduz, Haupt- und Arbeitsort, vermochte am vorerst gewonne-
nen Eindruck nichts zu ändern. Mit der Zeit haben wir jedoch in Balzers
Angebote entdeckt, die uns erstaunten: ein Hallenbad, ein Kino, einen
grossen Gemeindesaal mit vielen Veranstaltungen, Vereine mit guten Pro-
grammen (Lager, Rennen, Feste), schöne Sportanlagen (Agility- und
Pferdesportgelände, Luftgewehranlage, Fussball- und Tennisplätze bis
hin zu einem Modellflugplatz) und vieles mehr. Unsere Familie ist mittler-
weile in der Harmoniemusik, im Fussballclub und vor allem im Turnver-
ein aktiv vertreten. Der Vergleich zwischen Stadt und Land ist bei uns in
den Hintergrund getreten.
Es ist wissenschaftlich oder sonst wie erwiesen, dass die Integration, das
Einleben in eine neue Umgebung, nur über die Sprache, über das gegen-
seitige Verstehen erfolgen kann. Dies ist mit Bestimmtheit richtig. Möch-
te man sich jedoch fast als halber Balzner ausgeben können, so ist es ge-
nau diese verflixte Sprache, die einem einen dicken Strich durch die
Rechnung macht; Auch noch so grosse Anstrengungen führen bei mir
nicht dazu, den Luzerner Slang durch einen gepflegten Balzner Dialekt zu
ersetzen. Bereits bei den ersten gesprochenen Buchstaben fliegt meine
dürftige Tarnung jeweils auf. Den Kindern dagegen gelingt die sprachli-
che Umstellung fast problemlos. Sei’s drum. Gut aufgenommen fühle ich
mich trotzdem.
Und da wäre noch die letzte Schwierigkeit: das ominöse «Hoi!». «Hoi», sagt
man in Balzers jedem und jeder, und per Du ist man scheinbar auch mit
allen. Nicht, dass ich in den bald neun Jahren das Gefühl in dieser Hin-
sicht hätte verbessern können - nein, ganz im Gegenteil; Höre ich in
Balzers ein «Grüezi», dann bin ich etwa gleich verunsichert wie jene wild-
fremde Person in Luzern, der ich unbedacht ein lautes «Hoi!» entgegen-
rufe. Umstellungen wollen gelernt sein!
30
Rosa Brunhart (1913)
Wenn man mich heute fragt, was sich seil der Zeit meiner Jugend in Balzers
am meisten verändert hat, dann ist es sicher die Tatsache, dass die Leute
heute Arbeit haben und damit auch wirtschaftlich besser gestellt sind.
Früher waren die meisten Familien arm. Diese Tatsache wurde jedoch
dadurch gemildert, dass dies für die meisten galt. Jene, die etwas be-
sassen, hatten in der Regel Boden oder Kühe; Bargeld war überall rar.
Dies brachte es mit sich, dass die Abhängigkeiten innerhalb der Familie
und der Verwandtschaft grösser waren. Es gab auch Abhängigkeiten des
wirtschaftlich Schwächeren vom wirtschaftlich Stärkeren. Dazu hat si-
cher beigetragen, dass es früher keine AFIV gab und deshalb ältere oder
kranke Leute auf das Wohlwollen von anderen angewiesen waren. Das
Zusammenleben der verschiedenen Generationen im gleichen Haushalt
gestaltete sich unter diesen Rahmenbedingungen auch nicht immer so
romantisch, wie dies heute oft gesehen wird.
Die wirtschaftliche Verbesserung hat aber sicher nicht dazu geführt, dass
die Leute heute glücklicher und zufriedener sind. Man war früher mit
weniger zufrieden. Viel arbeiten war kein Problem, weil man froh war,
dass man Arbeit hatte.
Mein Fazit ist, dass sich die Leute selber nicht sehr verändert haben. Die
Charaktereigenschaften sind die gleichen geblieben, und es hat unter den
Jungen ebenso viel positive Menschen wie unter den Alten. Mir scheinen
also die Veränderungen nicht so gross zu sein, wie man vielleicht auf den
ersten Blick meint; Das Dorf ist natürlich stark gewachsen, Industrie-
bauten sowie neue Quartiere sind entstanden, und viele Leute sind im
Laufe der Zeit zugezogen.
Es werden heute immer mehr Reisen unternommen. Nicht wenige junge
Leute studieren und arbeiten im Ausland, um sich weiterzubilden. Mein
Mann gehörte zu der Generation, die in Frankreich oder Spanien Arbeit
suchen musste. So haben sich die Dinge geändert.
Ich möchte auch sagen, dass die vielen Freiheiten, die man heute hat, und
der Zerfall der Autoritäten das Leben gerade für die Jugend nicht einfa-
cher machen.
So sind die Veränderungen zum Teil positiv, zum Teil negativ. Aufzuhalten
sind sie jedenfalls nicht. Es kommt halt auf die Einstellung an, die man hat.
31
Benno Büchel (1949)
Balzers leiht
Vor fofzg Joor bin e doo gebora,
linderem Schloss, dahääm,
bi zfreda, ha kan Grund zom schnora,
Balzers hebt me wianan Lääm.
Buurnet hämmer, Sälbstversorger,
s Fueder zoga hät a Kua,
am Vater hät ma globt no d Order,
höt ischt d Schtallstöör zua.
An ganza Huustääl Törgga,
Härdöpfel, Krut und Wii,
do hät ma könna wörka,
statt i d Feere is Fiinderwasser am Rhii.
Än Oschterhaas hät glanget,
vom Sammeklaus d Mandariinle sind epes wärt.
Mein, händ mier uf s Chrestkindle planget
und uf s Gweerle vom Trübbächler Märt.
Am Sunnteg zwei Mool i d Kiarcha,
der Wääbel hät uusgrüeft nochem Amt,
i d Chreschtaleer zom der Globa schtiercha,
latiinesche Gebätle als Mineschtrant.
Tanz und Underhaalteg früeier sälta,
ar Kelbe, ar Fasnet, oder amana Bongertfäscht.
Als Kind, zo höt sind s Wälta,
bischt glöckleg, wänn d an Orangina häscht.
D Tächneg hät üs öberrollt,
s Gält und d Färnseesänder.
Jeder s Auto föra holt,
hät Internet, Kontakt i alle Länder.
D Zit goot vorwärts, s ischt asoo,
ständeg muamer neu geschtaalta.
D Gmeinschaft läbt und blibt ned schtoo,
no d Worzla hämmer bhaalta.
Wänn se alls o änderet schnäll,
es blibt üs noch a bets:
Lida, Hölzle und Anell,
der Falknis und der Mettlerspetz.
Die Äägna hämmer, Fründ, Kollega,
d Kiarcha, s Schloss, der Pföö,
i muass ned lang mee öberlega:
a Häämet wunderschöö!
32
Blandi Büchel (1925)
Mit vier Jahren bin ich von Nendeln nach Balzers gekommen. Ich kann
mich daran zwar nur noch dunkel erinnern. Sehr gut erinnere ich mich
an unsere ersten Nachbarn, den «Wagner Josef» und «s Xavere Kaspers»;
da war ich als Kind immer willkommen.
Als Sechsjährige lernte ich neben dem Föhn noch den zweiten alten Balzner
kennen, nämlich den Neid. Das war 1931 beim Sängerfest im «Engel»-
Bongert. Da hat mich der «Photo Peter» aus Schaan zur Fürstin Elsa hin-
gebracht und hat Fotos gemacht. Auch Fürst Franz hat mich an sich ge-
drückt, mich eine halbe Unterländerin, die noch nicht einmal richtig
balzncrisch reden konnte. Das ging den grossen und den kleinen Balzncrn
lange nicht hinunter. Auch später in den Schuljahren spürte ich ihn hie
und da, den Neid, wenn ich von einer Lehrperson bevorzugt wurde, weil
ich vielleicht einmal besser war.
Nach unserem Umzug vom Winkel ins Dorf hinauf war ich oft bei «s Vita
Katrina». Sie hat mich den damaligen Schlagerhit «O Donna Klara» ge-
lehrt. Dabei hat sie mich auf den Küchentisch gesetzt, dann haben wir
zusammen gesungen, und Katrina ist im Tangoschritt in der Küche hin
und her getanzt.
Als wir später in der Obergass in unserem eigenen Haus wohnten, spielten
wir oft draussen beim Torkel in den Wingerta. Emil Wolfinger liess uns
gewähren. Wir kannten den Torkel von oben bis unten. Heute gehört die-
ses Gebäude der Gemeinde. Es wäre doch schön, wenn es genutzt würde
und auch für die Öffentlichkeit zugänglich wäre. Die Gemeinderäte soll-
ten sich etwas einfallen lassen, bevor es zu spät ist, wie beim Schloss, das
uns ja nicht mehr gehört.
Balzers ist schon lange zu meiner Heimat geworden, und ich möchte auch
nicht von hier weg, obwohl ich in meinem Geburtsort Nendeln nach wie
vor liebe Freunde habe. Ich fühle mich heute als waschechte Balznerin,
aber sicher nicht als etwas Besonderes.
Ein Anliegen habe ich noch auf dem Herzen. Wenn ich einmal ins Alters-
heim müsste, dann sollte der Garten auch so schön hergerichtet sein wie
beim Alten Friedhof auf der Egerta. Das wäre doch sicher zu machen.
Auch an euch, ihr lieben Gemeinderäte, fliegen die Jahre vorüber. Vielleicht
schaut auch von euch einmal der eine oder andere da zum Fenster hinaus
in diese Wüste. Wie herrlich wäre dann so eine schöne Oase mit gepfleg-
ten Weglein und Bänklein, um auszuruhen und von früher zu träumen.
33
Inge Büchel (1943)
Blutjung bin ich, damals vor 35 Jahren, nach Balzers gekommen. Die Hochzeit fand einen
Tag vor meiner Volljährigkeit statt. Fast hätte ich noch die Unterschrift von meinem Papa
gebraucht.
«Guata Tag, wämm ghöörscht?» So begrüsste mich der «Vrena Sepp», als ich das erste Mal
an ihm vorbeiging. Er unterbrach dabei seine Arbeit vor dem Haus, wo er gerade seine
«Sägessa» dengelte. «Aha, s Kaspers-Klemänza Klemänz ghöörscht du. Gäll, du kunscht
vo Schaa uffa? S Davidles Lena hät mers gseet. S Gottfreda-Hansa Guidos Frau, wo bi eu
domma woont, ischt jo oo a Schaanere! Jo, jo, ma ka überall läba!» Er hatte Recht. Allen
Unkenrufen meiner damaligen Freunde zum Trotz: Man kann in Balzers leben! Obwohl
ich noch heute mit Stolz sage, dass ich eine geborene Schaanerin bin, hatte ich doch nie
Heimweh. Was aber machte dieses Balzers zu meinem zweiten Zuhause? Ich glaube,
dass es ganz einfach die Bewohner dieses Dorfes sind, allen voran meine Nachbarn, die
dazu beitragen, dass ich mich hier so wohl fühle. Man war sofort per Du, obwohl man die
älteren Leute respektvoll noch mit Ihr anredete.
In vielen Gesprächen über den Zaun hat man Freud und Leid miteinander geteilt. Man half
sich, wenn die Not es erforderte. Man lachte miteinander in freudvollen Tagen und wein-
te und betete für- und miteinander, wenn leidvolle Zeiten unseren Alltag bestimmten.
Und so ist es noch heute!
Die gute Nachbarschaft hat auch meinen Kindern eine fröhliche Jugendzeit beschert. Ob-
wohl sie schon längst flügge geworden sind und das Elternhaus verlassen haben, sind sie
heute noch in allen Häusern herzlich willkommen, und unser Garten wird nach wie vor
von Nachbarskindern zum Spielen benutzt.
Viele Leute lernte ich damals beim Kirchgang kennen. Die meisten gingen noch zu Fuss in
die Sonntagsmesse. Jung und Alt füllten die Kirche bis auf den hintersten Platz! Man
konnte so das Wachsen und Gedeihen der Familien miterleben, auch wenn man Dorfteile
auseinander wohnte.
Als ich anfangs noch in einer Vaduzer Arztpraxis gearbeitet habe, konnten mich die
Balzner Patienten auch im Alltag erleben, was mir den Einstieg als Balznerin sicher auch
erleichterte. Ich habe in dieser Zeit das Zuhören gelernt, erfuhr so das Nichtaus-
gesprochene und konnte darum hier und dort helfend und ratend den Leuten beistehen.
So bin ich langsam ins Dorfleben hineingewachsen. Es gab damals noch nicht so viele
Fremde im Dorf. Man kannte fast jeden und jede. Ich fühlte mich zwar nie fremd, spürte
aber, wie man mich anfangs beobachtete. Es wurde mehrmals betont, dass ich eine «an-
dere» sei. Diese Bemerkungen machten mich damals als Liechtensteinerin sehr traurig.
Ich habe mich dann oft gefragt, wie sich wohl die wirklichen Ausländer hier fühlen. Diese
Begebenheiten liessen aber trotzdem keine Anpassungsschwierigkeiten aufkommen.
Nur das «Schaaner Tempo» konnte ich bis heute noch nicht ablegen.
Ich bin unendlich dankbar dafür, dass ich in Balzers daheim sein darf. Ich liebe die Ge-
gend, in der ich wohne. Ich liebe die Menschen in diesem Dorf mit all ihren Ecken und
Kanten und bin froh, dass ich mit meinen auch angenommen bin. All das ist mir aber
nicht selbstverständlich, sind doch so viele Menschen weltweit auf der Flucht, auf der
Suche nach einem Zuhause. Sollten wir darum nicht öfters dem lieben Gott eine Stunde
des Dankens in der heiligen Messe schenken? Das wäre mein Herzenswunsch fürs neue
Millennium!
34
Walter Bühler (1944)
Seit Mai 1991 stehe ich im Dienste der Pfarrei Balzers. Ich kannte das
Dorf und die Bevölkerung schon ein wenig, da ich von 1963 bis
1965 als Gymnasiast im Lyzeum Gutenberg war und von 1975 bis
1978 als Religionslehrer an der Realschule und als kirchlicher
Erwachsenenbildner des Dekanates Liechtenstein wirkte.
Balzers ist eine landschaftlich schön gelegene Gemeinde mit einer
romantischen Burg in der Mitte. Die Bevölkerung erlebe ich als
selbstbewusst, ordentlich, freundlich und umgänglich. Sie ist ver-
wandtschaftlich eng vernetzt. In den vergangenen fünfzig Jahren
hat sich das Dorf stark gewandelt. Die vielen Neuzugezogenen ha-
ben frisches Blut gebracht und offenere Einstellungen bewirkt. Das
kulturelle Erbe ist beachtlich. Materiell geht es den meisten Leuten
recht gut. Der Wohlstand nagt aber an den christlichen Werten und
Einstellungen, und es findet ein Rückzug ins Private statt. Diese
soziologische Situation prägt auch die Pfarrei.
Die Pfarrei Balzers reicht mehr als tausend Jahre zurück. Ihr Ur-
sprung verliert sich im Dunkel nicht dokumentierbarer Geschichte.
Es ist schön, auf eine so lange Zeit christlicher Tradition blicken zu
können. Die Frage ist aber, ob und wie diese Tradition weitergeht.
Die kirchlichen Veränderungen der letzten drei Jahrzehnte sind
gross: Die Kirche ist noch im Dorf, aber das Dorf ist nicht mehr in
der Kirche, d.h. nicht mehr in den Gottesdiensten. Die rückläufige
Gottesdienstteilnahme macht sichtbar, dass die Kirche das persön-
liche und öffentliche Leben nicht mehr stark prägt. Die Menschen
haben sich vom kirchlichen Zwang und von einer angstbesetzten
Religiosität befreit. Zudem ist die Religion ins Private abgedrängt
worden.
Ich fälle kein Urteil, wie der Glaube in Balzers im Allgemeinen be-
schaffen ist und ob die Leute (noch) beten. Aber die Kinder zur
Taufe bringen und die Sakramente der Kommunion und der Fir-
mung feiern ist mehr unbefragte Tradition als bewusste Entschei-
dung für ein ernsthaftes Leben nach dem Evangelium. Die christli-
che Erziehung wird bejaht, man vermag sie aber nur bruchstück-
haft zu leisten. Ebenso wird der schulische Religionsunterricht be-
jaht. Was wäre, wenn er ausserhalb der Schulzeit stattfände? In
Bezug auf die kirchlichen Trauungen habe ich den Eindruck, dass
viele sich nicht definitiv einem Partner Zusagen wollen oder sich
ein heute übliches grosses Hochzeitsfest nicht leisten können. Viele
Paare heiraten gar nicht öffentlich oder nur zivil. Gerne nimmt
man die Dienste der Kirche in Anspruch bei Krankheit, im Alter
und bei der Bewältigung des Sterbens. Es liess einmal jemand die
Bemerkung fallen, Balzers sei eine Beerdigungspfarrei.
Die Pfarrei St. Nikolaus an der Jahrhundertwende: Manches stirbt
ab, aber es wächst auch Neues. Es wird sichtbar in der engagierten
36
Arbeit im Pfarreirat, im Mitwirken der Eltern bei der Erstkommu-
nion und bei der Firmung, in der Mitgestaltung von Laien in der
Liturgie, im Zulauf der Kinder zum Ministrantendienst. Es wir sicht-
bar in gut besuchten freiwilligen Schülergottesdiensten, in kinder-
freundlichen Sonntagsgottesdiensten. Es wird sichtbar in Gebets-
gruppen, in der sozialen Tätigkeit der Familienhilfe und des Sama-
ritervereins, in der sozialen und religiösen Arbeit des Frauenvereins.
Es wird sichtbar bei interessierten Menschen, die Glaubenskurse
und Bibelgespräche belegen und sich in verschiedener Weise ehren-
amtlich in der Pfarrei einsetzen. Und dass der christliche Geist nicht
ganz verdunstet ist, zeigt sich auch «weltlich», im Bemühen um eine
gute Erziehung der Kinder oder im Trend junger Menschen in sozia-
le Berufe hinein.
Wie wird die Entwicklung der Pfarrei im neuen Jahrhundert weiterge-
hen? Das ist schwer vorauszusagen. Einiges wird davon abhängen,
wie das Verhältnis von Pfarrei und Gemeinde sein wird. Viele Be-
wohner von Balzers werden die Pfarrei Pfarrei sein lassen. Viele wer-
den die Kirche als Dienststelle für religiöse Feiern an den Lebens-
wenden und zur Bewältigung von Lebenskrisen brauchen. Andere
entscheiden sich ganz bewusst, als Glieder der Kirche die Feiern und
das Leben der Pfarrei mitzumachen und mitzutragen und von daher
ihrem Glauben und ihrer Lebensgestaltung Profil zu geben. Man ge-
hört nicht zur Pfarrei, weil man Balzner oder Balznerin ist, sondern
weil man sich zur Kirche bekennt und Gemeinschaft im Glauben
erfahren will.
Dass die Pfarrei in den nächsten Jahrzehnten priesterlos werden könn-
te, ist nicht wahrscheinlich. Sie ist aber nicht allein der Sorge des
Pfarrers und seiner Mitarbeiter anvertraut. Viele kümmern sich,
dass sie ihre Aufgaben erfüllt. Man wird auf die Menschen zugehen,
sie ansprechen und nicht warten, bis sie einer Einladung Folge leisten.
Es wird neue Ansprüche geben, denn auch in Balzers ist der Mensch
unheilbar religiös. Die Feiern der Sakramente werden das Mysterium
des Glaubens darstellen und zugleich für den christlichen Auftrag in
der Welt animieren. Der diffusen Esoterik wird man den Rücken
kehren. Die Pfarrei wird offene Ränder haben und niemanden
ausschliessen. Ökumenische Geschwisterlichkeil versteht sich von
selbst. Der Blick auf die südliche Halbkugel der Erde und die Solida-
rität mit benachteiligten Menschen wie auch die Sorge um die
Schöpfung werden den Pfarreimitgliedern ein Anliegen sein.
Vermutlich wird auch weiterhin um 5 Uhr früh die Glocke vom Turm
läuten. Man weiss zwar nicht mehr, warum. Aber sie abstellen, wür-
de uns wecken.
37
Katharina Burgmeier-Eberle (1916)
Ich bin in Balzers geboren und in die Schule gegangen. Meine Heimatgemeinde liebe ich
über alles, und es wäre schade, wenn unsere alten Gebräuche durch fremde Kulturen
verloren gingen.
Seit meiner Jugend hat sich in Balzers vieles verändert, nicht immer zum Guten, sei es
weltlich oder kirchlich. Ich erlebte eine schöne Kinder- und Jugendzeit, bin als jüngstes
von zehn Kindern in einer grossen Familie aufgewachsen. Meine Mutter war Schweize-
rin. Von der Schulzeit habe ich viele Erinnerungen, schöne und nicht immer lobenswer-
te. Auch wir waren keine Engel, Eine Begebenheit ist mir noch ganz besonders in Erinne-
rung geblieben: Der damalige Landesfürst besuchte die Balzner Schule, und zur selben
Zeit lebte eine Dichterin auf Burg Gutenberg bei der Familie Egon Rheinberger. Als sie
erfuhr, dass der Fürst nach Balzers kommt, verfasste sie zu diesem Anlass ganz kurz-
fristig ein Gedicht. Sie kam damit in unsere Klasse und bat unsere Lehrerin, Schwester
Athanasia Fleisch, eines der Kinder solle das Gedicht noch schnell lernen und dann dem
Fürsten vortragen. Die Schwester hatte allerdings grosse Bedenken, dass jemand aus un-
serer Klasse das Gedicht in so kurzer Zeit lernen könnte; aber die Dichterin bestand
darauf. Ich höre heute noch, wie Schwester Athanasia sagte; «Dann kann’s nur die
Eberle.» Ich hab’s dann tatsächlich geschafft und dem Fürsten das Gedicht vorgetragen,
welches ich bis heute in bester Erinnerung habe:
Liechtenstein, Du grünes Eiland,
Unberührt im Strom der Zeit,
Unter angestammtem Treupfand
Stehst Du da und bist gefeit.
Bist uns Hort und Vaterland,
Zittern Länder um ihr Morgen,
Wir sind sicher und geborgen
Unter einer guten Hand.
Was sollte in Balzers anders sein? Meine Wünsche betreffen in erster Linie die schönere
Gestaltung der Umgebung beim Alters- und Pflegeheim Schlossgarten. Viele Bewohner
desselben sind auf den Rollstuhl oder Gehhilfen angewiesen. Aus diesem Grund müssten
die Wege dringend mit Platten belegt werden. Denn wie schwer es ist, mit einem Roll-
stuhl über einen Kiesweg zu fahren, versteht sich eigentlich von selbst. Auch sollten im
Garten Bäume - ich denke da eher an althergebrachte Sorten wie Eichen, Linden,
Nussbäume - gepflanzt und in deren Schatten Ruhebänke aufgestellt werden, damit die
Bewohner die Natur gemessen können. Ein schöner Springbrunnen (Wasserspiel), mit
saisongerechten Blumen umgeben, würde Abwechslung in den Alltag bringen, da Wasser
bekanntlich beruhigend wirkt. Auch ein Teich mit Enten würde viel Freude bereiten und
die Gedanken anregen. Die freien Plätze auf der Nordseite des Gebäudes sollten mit
Sitzgelegenheiten ausgestattet werden, weil es gerade in den Sommermonaten auf dieser
Seite angenehm kühl ist und die Schlossstrasse dem Betrachter auch noch etwas Ab-
wechslung bietet. Ich meine, mit ein wenig gutem Willen müsste das zu machen sein,
denn am fehlenden Geld kann es nicht liegen.
Liebe Verantwortliche unserer Gemeinde! Ihr bleibt nicht ewig jung. Und - wer weiss -
vielleicht kommt der eine oder andere von euch auch einmal in den Genuss einer liebe-
voll gepflegten, abwechslungsreich gestalteten und schönen Anlage beim Alters- und
Pflegeheim Schlossgarten.
Norbert Bürzle (1951)
Balzers ist mir Heimat. Seit nun bald fünfzig Jahren lebe und wohne ich, abgesehen von
einigen Studienjahren, in Balzers. Was ist Heimat? «Die Heimat ist eine der mächtigsten
menschlichen Wirklichkeiten.» Für mich bedeutet Heimat Land und Landschaft, aber
auch Menschen, die diese Landschaft beseelen, eine Gemeinschaft, und ich fühle mich
als Glied dieser Gemeinschaft.
Ich bin als Balzner in Balzers bereits einen längeren Weg gegangen, und zwar in zweifa-
cher Hinsicht: den zeitlichen Weg, aber auch einen inneren Weg. In zeitlicher Hinsicht
habe ich das doch romantische, gemütliche und manchmal arbeitsintensive Agrardorf
auch in meinem Elternhaus noch erlebt - ein Erfahrungsbereich, der mein weiteres Le-
ben und meine Verbundenheit zu Balzers mitgeprägt hat und weiterhin mitprägt. Dann
drehte sich das Rad der Zeit hektischer. Wir alle wurden Zeugen von weltweiten, gewalti-
gen Lebensveränderungen. Diese grundlegenden Umwälzungen haben vor unserem Dorf
ebenfalls nicht Halt gemacht. Gerade in solchen Zeiten mit all diesen grossen Verände-
rungen ist es für mich wichtig, auch einen inneren Weg zu suchen, zu finden und zu
gehen. In meiner Familie, im Beruf sowie in der Gemeinschaft des Dorfes habe ich die-
sen Weg gesucht und gefunden. Immer wieder spürte ich dieses Unterwegs-Sein, gleich-
zeitig aber auch das Beheimatet-Sein und das Verwurzelt-Sein in unserem Dorf. Dies
schlug sich unter anderem in meiner Liebe zur liechtensteinischen Geschichte nieder,
die mir dauernd Ansporn ist, mich mit unserem Dorf und mit unserem Staat, mit seiner
Geschichte, seiner Form und seiner Bevölkerung zu beschäftigen. Gerade diese Beschäf-
tigung mit der Geschichte bringt Unterwegs-Sein bewusster zum Vorschein. Geschichte
befasst sich in der Gegenwart mit der Vergangenheit. Diese Auseinandersetzung mit der
Vergangenheit trägt für mich mit dazu bei, die Gegenwart besser zu verstehen und in
Gegenwart und Zukunft kompetenter zu handeln.
Und gerade für die Zukunft unseres Dorfes ist es von grösster Wichtigkeit, dass Balzers ein
Dorf bleibt, in dem es sich lohnt zu leben, zu arbeiten und Gemeinschaft zu erfahren.
Unsere gemeinsame Aufgabe heisst also «Zukunft»: Nur gemeinsam können wir uns den
Herausforderungen der Zukunft stellen. Wir alle sind also aufgerufen, das zukünftige
Balzers zu schaffen und zu gestalten. Wenn für uns alle nicht die passive Frage «Was
bringt uns die Zukunft?», sondern die engagierte, verantwortungsvolle und aktive Frage
«Was bringen wir der Zukunft?» gilt, ist es mir um die weitere Entwicklung unseres
Dorfes nicht bange. So sehr meiner Ansicht nach Gemeinsinn nach innen wichtig ist,
dürfen wir Offenheit nach aussen nicht unterschätzen. Trotz der Kleinheit unseres Dor-
fes finden wir bei uns eine Vielfalt von Interessengruppen, eine Vielfalt von Meinungen,
eine Vielfalt von Ansichten. Gerade diese Vielfalt verlangt ein tolerantes Zusammenle-
ben, ein Klima der Offenheit und vermehrter Rücksichtnahme dem anderen gegenüber.
Wenn ich mir des stetigen Unterwegs-Seins bewusst bin und mir dieses dauernd bewusst
mache, ermögliche ich mir auch immer wieder eine Distanz zum Ich und ein Hingehen
zum Mitmenschen. Dieses Hingehen zum Mitmenschen ist für mich wichtig für das Zu-
sammenleben und Zusammenwirken einer dörflichen Gemeinschaft. Wenn uns allen das
bewusst ist, wird Balzers auch weiterhin ein lebenswertes Dorf bleiben. Oder, wie es der
Historiker Johannes von Müller umschreibt: «Es ist nicht gross oder klein, was auf der
Landkarte so scheint. Es kommt auf den Geist an.»
40
Sebastian Delarue (1979)
Zuerst möchte ich ein paar Worte über mich und meine Situation verlieren, bevor ich
versuche, über den Charakter und die Besonderheiten der Balzner oder die Gemeinde zu
schreiben.
Ich bin ein Ausländer in dieser Gemeinde, jedoch fühle ich mich hier zu Hause und möchte
mein Leben nicht in einem anderen Land verbringen. Meine Eltern sind nun bald seil
dreissig Jahren in Liechtenstein, und ich selbst bin hier geboren und aufgewachsen. Ich
hatte dasselbe Leben wie ein Einheimischer in meinem Alter. Ich fühle mich mit meiner
Gemeinde verbunden, und ich glaube auch, dass ich sehr viel von ihrer Mentalität ange-
nommen habe. Ein einziger Unterschied bleibt: Auf dem Papier bin ich Ausländer.
Balzers ist die südlichste Gemeinde in Liechtenstein. Sie ist bekannt für den Föhn. Dieser
weht sehr heftig aus dem Süden über den San Bernardino zu uns. Deshalb bezeichnet
man die Balzner auch als «Pföötschingga». Eine weitere Hänselei besteht darin, dass
man von den «langsamen Balznern» spricht. Ich denke jedoch, die Leute hier im Dorf
sind einfach gemütlich, sie mögen keinen Stress und keine Hektik.
Am Anfang sind die Einheimischen den Fremden gegenüber sehr zurückhaltend. Es
braucht eine ganze Zeit, bis eine Bekanntschaft oder gar eine Freundschaft zustande
kommt. Doch wenn sie einmal besteht, wird diese wahrscheinlich sehr lange halten.
All die Dinge, die ich in Balzers erleben durfte, und all meine Freunde, die ich gefunden
habe, sind Gründe dafür, dass ich gerne hier lebe. Balzers ist meine Heimat, die ich nicht
ohne weiteres aufgeben möchte.
Francis Eberle und Susann Frick (beide 1987)
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42
Norman Eberle (1969)
Balzers. Ich denke an Begriffe wie Heimat, Zuhause, Fami-
lie, Freunde, aber auch an Geburt, Leben und Tod. Da
kann man leicht ableiten, was für einen Stellenwert dieses
Dorf für mich hat, obwohl Balzers sich im Grunde nicht
von anderen Dörfern abhebt. Wir haben ähnliche Proble-
me und Sorgen wie andere auch. Das Leben im Dorf ist
bestimmt nicht lebenswerter als anderswo in Liechten-
stein. Ich sehe auch keine speziellen Vorteile, die sich in
Balzers, im Vergleich zu anderen Gemeinden, bieten. Und
trotzdem könnte ich mir nicht vorstellen, für immer an
einem anderen Ort zu leben, denn aus einem leicht erklär-
baren Grund ist Balzers für mich dennoch etwas Besonde-
res; Ich bin ein Balzner.
Rösle Eberle-Kind (1939)
Der liechtensteinische Künstler Friedrich Kaufmann sagte einmal, dass
Balzers eine der schönsten Gemeinden Liechtensteins sei. Mit einer Ein-
schränkung gebe ich ihm Recht. Als in Mäls aufgewachsene Ruggellerin
bin ich der Meinung, dass Mäls die schönste Ortschaft ist! S Bröggle, der
St. Peter, d Marehelf, d Iradug, der Winkel sind malerische Dorfteile, die
meine Kinder- und Jugendzeit mitprägten und an die ich unvergessliche
Erinnerungen habe. Die Lebensqualität in Balzers machte auch früher
unser Dorf lebens- und liebenswert.
An der Schwelle des dritten Jahrtausends wage ich einen Blick in die Zu-
kunft - ins nächste Jahrhundert. Vielleicht sind dann meine Visionen von
heute zur Wirklichkeit geworden:
Mitten im Dorf steht ein Begegnungszentrum für Jung und Alt. Darin befin-
det sich eine Werkstatt, in welcher geschickte Hände werkeln und basteln
können. In einer Flickstube werden kleine Reparaturen ausgeführt, der
kaputte Reissverschluss von Jeans ausgewechselt oder das Loch im Pul-
lover gestopft. Eine Bibliothek mit Leseraum lädt zum Verweilen ein,
denn gute Bücher sind teuer geworden. In einer Spielecke sind Jasser bei
ihrem wöchentlichen Zeitvertreib. Im Computerraum surfen einige Se-
nioren und Jugendliche im Internet, andere versuchen (immer noch) die
Angst vor dem Wunderkasten zu verlieren. Natürlich fehlt auch ein Café
nicht. Ein Kinderhütedienst verfällt Müttern zu einigen freien Stunden.
Es ist ein Ort für zwanglose Begegnungen und sinnvolle Freizeitgestaltung.
Was lange währt, wird endlich gut: Ein grosszügiges Dorfmuseum doku-
mentiert die Geschichte sowie Leben und Wirken der Menschen von
Balzers im abgelaufenen zwanzigsten Jahrhundert. Es vermittelt einen
eindrücklichen Querschnitt vom armen, landwirtschaftlich geprägten
Dorf bis hin zur wohlhabenden Industriegemeinde.
Dem Attribut «di langsamma Balzner» sind viele treu geblieben. Wer lang-
sam spricht, überlegt sich besser, was zu sagen ist. Es ist ja immer klüger,
nicht zu schnell loszuschiessen.
Neben der traditionellen Familie gibt es viele neue Familienformen. Sie
mussten lange um Anerkennung kämpfen, werden jetzt akzeptiert und
unterstützt.
Balzers zeigt sich grosszügig bezüglich Anders-Denken, Anders-Sein, An-
ders-Handeln. Das multikulturelle Miteinander, ohne Neid, ohne Vorur-
teile, ist alltäglich und selbstverständlich.
Auch für Randgruppen, die oft den Preis für den Wohlstand bezahlen müs-
sen, bringen Balzner Toleranz und Verständnis auf. Sie werden nicht al-
lein gelassen.
Balzers bleibt mit seinen Stärken und Schwächen ein lebendiges Dorf, in
dem man sich wohl fühlt.
44
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Elfriede Fassold (1938)
Ich bin ein Vorkriegskind, d.h. ich gehöre schon zur älteren Generation. Geboren und auf-
gewachsen bin ich in Mäls, und da jeder Mälsner gleichzeitig auch Balzner ist, aber nicht
jeder Balzner ein Mälsner, bin ich eine in Mäls wohnhafte Balznerin. Ich bin mit der
Gemeinde verwurzelt, stammten doch meine beiden Elternteile aus Balzers. Zwar
musste ich meine Staatsbürgerschaft für eine Weile abgeben, als ich einen Österreicher
heiratete; ich konnte mich später jedoch wieder rückbürgern lassen. Inzwischen sind
auch meine beiden Töchter und mein Mann Balzner geworden.
Ausser während meines Welschlandjahres und eines Sprachaufenthalts in England habe
ich die ganze Zeit in Balzers gewohnt und könnte mir heute nicht mehr vorstellen, meine
Zelte irgendwo anders aufzubauen. Nach meiner Lehre wäre so etwas vielleicht möglich
gewesen, denn in jungen Jahren ist man für die Fremde viel offener als später, wenn man
älter wird. Wir leben ja hier in Balzers auf einem wirklich schönen Flecken Erde und
dürfen dankbar sein, dass wir dies unsere Heimat nennen dürfen.
An meine Jugendzeit mag ich mich nur noch lückenhaft erinnern, aber ein Ereignis ist mir
besonders haften geblieben: mein erster Kindergartentag. Stolz machte ich mich mit
meinem Bruder Clemens auf den Weg, denn ich war glücklich, schon in «d Vätterle-
schuel» gehen zu dürfen. Als mir dann aber die Mutter fehlte, fing ich an zu weinen und
wollte wieder heim. Das war jedoch nicht so einfach. Weil ich meinen Willen durchset-
zen wollte, wurde es der Kindergartenschwester zu viel, und sie erledigte die Angelegen-
heit mit einer Tracht Prügel, die ich ja auch verdiente. So blieb mir nichts anderes übrig
als durchzuhalten, auch wenn das Heimweh noch so gross war.
Wer jetzt glaubt, ich wäre von dieser Lektion abgeschreckt worden, irrt sich. Ich hatte
später nie mehr Probleme - im Gegenteil, ich ging gerne in den Kindergarten. Und so-
weit ich mich erinnern kann, hat es mir dann immer gefallen. Schliesslich gab es viele
Spielsachen, und man konnte basteln und Theater spielen, was ich sehr gerne tat. Einmal
hatte ich sogar die Hauptrolle im Stück «Das Glockenturm Bärbel». Während dieser
Theateraufführung starb die von mir dargestellte Bärbel, und anscheinend spielte ich
diese Tote so echt, dass eine andere Kindergartenschülerin die Sache derart ernst nahm,
dass sie richtig weinte, weil sie glaubte, ich sei wirklich tot. Oder hatte sie vielleicht ihre
Rolle noch besser gespielt als ich und konnte mit ihren «echten» Tränen alle täuschen?
46
Siegfried Poser (1947)
Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ich in Balzers als ältestes Kind von Balzner El-
tern geboren. Die Nachkriegszeit war - rückblickend betrachtet - karg, aber dennoch
wurde sie von mir nicht als belastend und entbehrungsreich empfunden. Das Leben war
von der Landwirtschaft, etwas Handwerk und der damals aufstrebenden Gerätebau-
anstalt Balzers geprägt. Auch meine Familie betrieb eine Nebenerwerbslandwirtschaft,
die unseren Alltag und den Rhythmus im Jahresablauf bestimmte. Langeweile kannte
man nicht. Neben der Ausbildung wurde man voll in den Familienarbeitsplan integriert.
Nach unserem Verständnis kam dadurch die Freizeit oft ein bisschen zu kurz. Die Tätig-
keit auf Wiese und Feld konnte Spass machen, aber auch belastend sein. Im Herbst
mussten wir das Vieh hüten und vertrieben dabei die Zeit gerne mit «Stägglera». Vieh
hüten war damals ein Kleinverdienst für die männliche Jugend, verdingten sich doch
Buben, die zu Hause keine Landwirtschaft hatten, bei anderen Bauern und verdienten
sich so ein Paar Schuhe oder Stiefel, die jeweils an Martini ausbezahlt wurden. Von
grossem Interesse war für die technikhungrige Jugend natürlich der Einzug der Mecha-
nisierung in der Landwirtschaft.
Das Bildungsangebot war damals sehr karg. Als weiterführende Schulen waren nebst der
Sekundarschule nur Privatorganisationen tätig, die aber auch bezahlt werden mussten.
Ich bin heute noch meinen Eltern dankbar, dass sie damals keinen Aufwand gescheut
haben, um meine Geschwister und mich in eine dieser Schulen zu schicken.
In den sechziger Jahren setzte ein enormer wirtschaftlicher Aufschwung ein. Industrie und
Dienstleistungsbereich entwickelten sich gleichauf. Überall wurden Arbeitskräfte benö-
tigt, die jedoch im Inland nicht mehr gefunden werden konnten. Speziell die Spitzenkräf-
te in der Industrie mussten aus dem Ausland geholt werden, weil das Bildungsangebot in
unserem Lande nicht in genügendem Umfang gegeben war. Aber auch die Massenarbeit
in der Industrie konnte nur mit Grenzgängern oder Zuwanderern bewältigt werden. Das
schaffte bald einmal ein Überfremdungsproblem.
Mit der Industrialisierung und der Entwicklung der übrigen wirtschaftlichen Sektoren än-
derte sich das Bild von Balzers und des übrigen Landes gewaltig. Die Nebenerwerbs-
landwirtschaft trat völlig in den Hintergrund; ein immer kleiner werdender Teil der Be-
völkerung beschäftigte sich noch mit Landwirtschaft.
Balzers ist heute nicht mehr das Dorf der fünfziger Jahre: Wo damals Rinder weideten
oder Reben gepflegt wurden, steht heute eine Menge schmucker Häuser. Wo sich früher
Schilf- und Strohwiesen befanden, ist heute die Industrie- und Gewerbezone angesiedelt.
Wo ich früher mit meinem Vater die ersten Kirschen pflückte und Äpfel erntete, steht
heute unser Bürohaus. Ja, Balzers ist anders geworden.
Für das Balzers von 2000 und später wünsche ich mir, dass doch einige typische Merkmale
des Balzers meiner Generation erhalten werden können. Die Integration in wirtschaftli-
cher und politischer Hinsicht möge auf das Notwendige beschränkt werden. Geld- und
Lustgewinn sollen nicht als Maxime gelten. Die kommenden Generationen sollen sich
noch an der herrlichen Umwelt erfreuen können und die wirtschaftlichen Ressourcen
möglichst lange eine Existenz in diesem unserem Lebensraum garantieren. Auch möge
in den kommenden Jahrzehnten der typische Balzner in Balzers und in Liechtenstein
weiterhin anzutreffen sein.
48
Diana Frick (1963)
Mama würzt den «Härdöpfelschtock». «Ma hät äfach ka Flacht med dera Böks», schimpft
sie. Ich sitze bei ihr in der Küche und bin in die Zeitung vertieft. Scheinbar. Denn das
lässt mich nun doch aufhorchen. «Was häscht gseet, Mama?» - «Ma hät äfach ka Pfacht»,
wiederholt sie. «Pfacht», sage ich, «das han i no nia ghöört.» - «Ka Maas», sagt sie, «ma
hät äfach ka Maas.» Ich schreibe es mir schnell auf: Pfacht = Mass. Ich schreibe es mir
auf und weiss doch gleichzeitig, dass ich es wieder vergessen werde. Die Sprache geht
mit der Zeit, verändert sich. Trotzdem überkommt mich eine kleine Wehmut ob all der
Ausdrücke, die unweigerlich verloren gehen.
Ähnlich geht es mir, wenn ich in unserem «Tänn» stehe. An der Wand hängen Arbeitsgeräte,
vor Jahren zum letzten Mal zur Hand genommen und ordentlich an ihren Platz versorgt.
Ich weiss von den meisten nicht einmal, wozu man sie braucht. Und dabei gehörten sie
noch völlig selbstverständlich in den bäuerlichen Alltag meiner Eltern.
Natürlich habe ich als Kind mitgeholfen. Ich habe beim Heuen hoch oben das Fuder
«gschtampft» oder sass als Beschwerung dem Vater vorne auf dem Pflug, wenn der
Wingert gekarstet wurde. Auch an die Tage im Feld kann ich mich erinnern und an
Mamas gebückten Rücken über den Kartoffeln.
Später war ich oft mit meinem Vater im Wingert. Er war ein ruhiger Mann. Da konnte man
stundenlang arbeiten, sprach ab und zu ein Wort und hatte den Frieden miteinander.
Oder beim Spritzen der Reben: Da war es dann meine Aufgabe, den Schlauch nachzulas-
sen und wieder hochzuziehen, derweil der Vater mit dem Schlauchende in der Hand, von
tausend Gifttröpfchen umnebelt, durch die «Zellata» runter und rauf ging. Mein Platz
war neben dem Spritzwagen. Der knatterte so herrlich laut, dass ich, ohne gehört zu
werden, aus voller Brust singen konnte. Die Jahre sind vergangen. An Vaters statt leuch-
ten nun die grauen Haare meines Bruders aus dem Wingert.
Ich habe einige Jahre im Ausland verbracht und bin ums Haar dort hängen geblieben.
Doch dann habe ich mich fürs Zurückkommen entschieden. Der Abschied fiel mir
schwer, und es steht wohl noch immer ein Koffer von mir in Basel. Wenn schon zurück
ins Land, dann wieder nach Balzers, habe ich gesagt.
Nun bin ich seit fünf Jahren wieder hier. Ich will mein Dorf nicht glorifizieren, auch hier ist
nicht alles Gold, was glänzt. Warum sollte das anders sein als anderswo.
Aber ich habe damals in Basel gespürt, wie wichtig mir meine Familie ist. Dass eben nur
hier die Leute den gleichen Herzschlag haben wie ich. Dass Freunde, mit denen man
aufgewachsen ist, etwas ganz Besonderes sind und ich sehr an meinem Verein, der
Harmoniemusik, hänge.
Damals ist mir klar geworden, dass ich - geprägt durch meine Kindheit, durch die Leute
und die Landschaft - nun mal hier, in Balzers, daheim bin.
49
Dominik Frick (1950)
Balzers bedeutet mir viel, sehr viel. Balzers ist mein Zuhause, ist meine Heimat, ist meine
Scholle. Hier lebe ich, hier arbeite ich, hier bin ich verwurzelt. Und nach jeder Auslands-
reise kehre ich stets gern wieder nach Balzers zurück.
Was macht den besonderen Reiz unseres Dorfes aus? - Kultur und Geschichte? Die Men-
schen? Das Klima? Der Arbeitsplatz? Natur und Landschaft? Wohl von allem ein biss-
chen. Natur und Landschaft haben es mir besonders angetan. Hier ist viel Einmaliges,
Verborgenes, Erhaltenswertes vorhanden; doch manches ist in Gefahr.
Die geographische Lage von Balzers ist einzigartig. Das Dorf liegt in der südlichsten Ecke
Liechtensteins, geöffnet zur Talebene gegen Norden, abgegrenzt durch den Rhein gegen
Westen, abgeschirmt durch Ellhorn und Fläscherberg im Süden. Überragt aber wird das
Dorf von den im Osten steil aufsteigenden Bergflanken von Mittagspitz, Mittlerspitz,
Wörznerhorn und Falknis.
Mitten im Dorf, zwischen den Ortsteilen Balzers und Mäls, erheben sich Rota Böchel,
Runda Böchel und der Burghügel Gutenberg, einst bedeutende Siedlungs-, Bestattungs-
und Kultstätten. Auf der Südseite des Burghügels wird seit Menschengedenken Rebbau
betrieben, während der Hügel an sich ein Refugium für seltene Pflanzen, Schmetterlinge
und Insekten darstellt.
Interessanterweise liegen ein grosser Teil des Balzner Waldes, aber auch Wiesen und
Weideflächen auf Schweizer Hoheitsgebiet, so Lida, das Hölzle und das Elltal, wo sich
im Frühjahr und Sommer herrliche Alpenblumen wie Enzian und Feuerlilie, Türken-
bund und Orchideen zu einer wahren Blütenpracht entfalten. Auch die Balzner und
Mälsner Allmein zählen zum besonderen Landschaftsbild unseres Dorfes. Die Allmein-
den gehören der Allgemeinheit, den Gemeindebürgern. Seit Jahrhunderten als Weiden
genutzt, waren sie gekennzeichnet durch trockenliebende Heidepflanzen wie Erika, Sil-
berdistel und Hauhechel. Die Allmeinden bilden einen grünen Gürtel zwischen den Dorf-
siedlungen und den Wäldern und würden sich als Naherholungszone geradezu anbieten.
Doch heute sind sie durch Überbauungen bedroht, die Heidepflanzen sind durch starke
Überdüngung und Überweidung weitestgehend verschwunden.
Rund ums Dorf erstrecken sich weitere wunderschöne Naturlandschaften wie das längst
trockengelegte Riet, das Entamoos mit alten Föhrenbeständen und Streuewiesen, der
Zepfel, die Senne und die Lang Wesa mit zum Teil einzigartigen Trockenwiesen und die
natürlich geschwungenen, baumbestandenen Bachläufe vom Äule bis ins Neugrütt. Es
gilt, diese herrlichen Biotope und Landschaften vor weiterer Zersiedelung und landwirt-
schaftlicher Übernutzung dauerhaft zu schützen und zu erhalten.
Ich wünsche mir, dass wir Bewohner sorgsamer und rücksichtsvoller mit unseren Natur-
werten umgehen, bilden doch gesunde Luft, Boden und Wasser die Grundlage unseres
Daseins. Von den Gemeindeverantwortlichen aber wünsche ich etwas mehr Mut bei ge-
wissen Entscheidungen zum Wohle unserer Natur (Düngeverbot der letzten Trocken-
wiesen im Besitz der Bürgergemeinde, Planung und Umsetzung von Waldstrassen, aktu-
elle Raumplanung). Gute Ansätze sind vorhanden, etwa durch die Wiederbewässerung
vom Alta Bach sowie die Erhaltung und den Bau von Trockenmauern. Und wer weiss -
vielleicht wird die Idee eines Seeleins im Junkerriet bald doch noch Wirklichkeit.
50
Mario Frick (1965)
Über meine Beziehung zu Balzers Hesse sich vieles sagen. Ich könnte über Föhnerlebnisse,
über abenteuerliche Aktionen auf und um Burg Gutenberg oder über das Aufwachsen
von Kindern in Balzers berichten. Ich möchte aber zwei, drei Gedanken zu den Balznern
in der Landespolitik äussern.
Die Balzner sind und waren gerade in den letzten drei Jahrzehnten in der Landesregierung
sehr gut vertreten. Während acht Jahren kamen sogar der Regierungschef und sein Stell-
vertreter aus Balzers und wohnten auch dort. Gleichzeitig fungierte ein Balzner als
Regierungssekretär. Woher kommt diese - bei allem Selbstbewusstsein und mit allen
Rechenkünsten nicht zu vertuschende - überproportionale Besetzung von Regierungs-
ämtern durch Balzner? Ich möchte allfällige Nicht-Balzner gar nicht erst spasshaft är-
gern und behaupten, wir seien eben die Klügsten und Geeignetsten. Wenngleich dieser
Gedanke uns Balznern nicht ganz fremd ist und natürlich schmeichelt...
In Balzers hat die politische «Einmischung» in Landesangelegenheiten Tradition. Der
eigentliche Vater der liechtensteinischen Verfassung, Dr. Wilhelm Beck, hat sich gerne
und erfolgreich auf seine Balzner Weggefährten abgestützt. Balzers ist neben dieser Tra-
dition auch rein geographisch ein guter Platz, um sich politisch entwickeln zu können.
Balzers steht geographisch abgesondert genug, um sich auf sich selber zu besinnen und
um im Land nicht übermässig, beispielsweise mit der Verkehrspolitik oder anderen
Aspekten, aufzufallen. Balzers ist aber auch stärker noch als die anderen Gemeinden des
Landes - und vor allem früher - mit den Schweizer Nachbarn in Kontakt gekommen.
Balzers ist ein Dorf, in dem gerne und viel politisiert wird. Dabei wird dem Gemeinwohl
ein grosser Stellenwert eingeräumt. Den Balznern ist es bewusst, dass man aus diesem
sicheren Hort heraus auch Horizonte öffnen muss. Man kann sich nicht nur auf sich
selber konzentrieren. Die Gemeinde erhält ihren Reiz zu einem sehr grossen Teil aus
dem Miteinander im gemeinsamen Staatsgebilde Liechtensteins.
Falsch wäre auf jeden Fall die Behauptung, die Balzner seien speziell behördengläubig und
würden deswegen so häufig in Exekutivämter gewählt. Ich verweise zur Widerlegung
dieser wohl nur scherzhaft zu verstehenden Behauptung auf die rege Schmugglertätig-
keit anfangs dieses Jahrhunderts und auf die Wahrnehmung der Einwohner von Balzers.
Melanie Frick (1988)
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noch vieW mehr.
52
Michèle Frick (1987)
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53
Xaver Frick (1913)
Als Dreikäsehoch stand ich in unserer Bünt im Plattabach und beobachtete die Erstellung des Nachbar-
hauses (Luzius Nipp - jetzt Raimund Nipp), also heutiges Haus Aviols Nr. 4.
Westlich von uns entstand nicht nur ein weiterer Neubau, nämlich das Haus von Christian und Franz
Brunhart, hier entdeckte ich auch etwas für mich ganz Neues. Als die Haustür einmal nicht verschlos-
sen war, gingen wir auf Besichtigung. Im Abort sahen wir eine richtige Spülung - eine Vorrichtung, die
wir bislang nicht kannten. Wir probierten sie aus, und als das Wasser rauschte, flüchteten wir.
Bevor es Waschmaschinen gab, wurde diese Tätigkeit meistens in der Küche verrichtet. So gab es bei uns
ein entsprechendes «Kesse». Darunter muss man sich eine kleinere Ausgabe des Behälters vorstellen,
wie er in den Sennereien für die Käserei benutzt wurde. Unsere Küche wäre auch ohne diese Einrich-
tung schon ziemlich eng gewesen. Die Wäsche wurde «gsotta» und nachher im laufenden Bach gespült.
Die vorher verwendete Lauge musste ja wieder ausgewaschen werden. Für diese Spülung hatte meine
Mutter zwei Möglichkeiten: Der Dorfbach, später Kanal, trennte die Dorfteile Winkel und Plattabach. Es
gab vom gemauerten Ufer (Ostseite) weg einen Steg, auf dem sich die Wäscherin platzierte. Ein gleicher
Steg befand sich bei dem Bach, der Zwöschetbech von Gnetsch trennte. Im Gegensatz zum Winkel diente
hier eine Furt dem Vieh, das zur oder von der Weide durchmarschierte und bei Bedarf den Durst stillte.
Persönlich hatte ich bei der Wäschestelle im Winkel ein gefährliches Erlebnis. Mit fünf Jahren stand ich
an diesem Dorfbach und sah einer Wäscherin zu. Ein Mädchen aus der Nachbarschaft stiess mich, ihres
Tuns wohl nicht bewusst, in den Bach, aus dem ich mich selber nicht in Sicherheit bringen konnte. Die
Wäscherin wagte den Sprung ins Wasser wohl auch nicht, suchte aber Hilfe. Diese fand sie beim späte-
ren Amtsdiener Heinrich Vogt, der im Winkel wohnte. Der Retter hatte Erfolg, und ich erinnere mich,
dass ich triefend nach Hause zog. Der Vorfall brachte mir eine Erkältung ein, die sich vorerst nur kurz,
später aber nochmals und dafür stärker auswirkte.
Zum Schluss fällt mir noch eine Episode zur «Zoschg» beim «Engel» ein. Die «Zoschg» war ein offenes
Gebäude, bestehend aus zwei parallelen Mauern entlang der Strasse, die mit einem Dach verbunden
waren. Sie war also auf der Nord- und der Südseite offen. Man fuhr mit dem Wagen auf der einen Seite
hinein, auf der anderen hinaus. Nach dem Abbruch gab es dort die erste Metzgerei Brunhart.
Zur Zeit des Bestehens der «Zoschg» befand sich westlich davon der Jauchekasten; darauf war kein
eigentlicher Miststock mehr. Als an einem kalten Winterabend der Turnverein im Gasthaus Post die
Jahresversammlung abhielt, gab es ein «Nachspiel». Als wir - etwas verspätet - auf die Strasse traten,
trafen wir den damaligen Nachtwächter, der Unterstützung benötigte. Aus der Gegend des «Engel»
drangen seltsame Geräusche an unsere Ohren, und gemeinsam machten sich die Turner auf den Weg.
Hinter der «Zoschg» hatte sich eine ausgebrochene Kuh verirrt und war hier eingebrochen. Aus dem
Jauchekasten ragte noch der Kopf des Rindviehes heraus. Der vereinten Turnerschar gelang es dann,
das Tier zu bergen und in dem weniger kalten «Engel»-Stall zu versorgen.
Als mein Vater beim Frühstück erzählte, das damals bekannte Dorforiginal Albrecht (Albrecht Wolfinger,
Elgagass) sei am Kanal entlang unterwegs gewesen und habe dort offenbar etwas gesucht, ging mir ein
Licht auf. Wir Turner hatten dem «Engel»-Wirt aufgetragen, die Kuh nur herauszugeben, falls wir für
unsere Bemühungen eine Belohnung erhalten würden. Nun zog ich aber sofort den Schluss: «Oh je, da
gibt es kein Bier!» Und so war es auch.
54
Tamara Garcia (1986)
55
Monika Grünenfelder-Büchel (1967)
Ob ich eine typische Balznerin bin, das weiss ich nicht, aber ich bin eine echte. Mutter und Vater sind
Balzner, ich bin in Balzers geboren, bin hier aufgewachsen und zur Schule gegangen und wohnte im-
mer in Balzers.
Als Kind und als Jugendliche hatten die Burg Gutenberg und der Burghügel immer etwas Spezielles,
Geheimnisvolles und Entdeckenswertes: der schönste Spiel- und Abenteuerplatz, den man sich vorstel-
len kann. Welcher Balzner hat nicht schon im Schlosswald eine «Niela» geraucht? Noch heute ist dieses
Wahrzeichen unserer Gemeinde ein Anziehungspunkt für mich und meine Familie. Wir geniessen von
dort die wunderbare Aussicht auf unsere Gemeinde, und ich wünsche mir, dass in Zukunft in der Burg
wieder Leben herrscht. Immer wenn ich über die Rheinbrücke fahre und die Burg Gutenberg sehe, sage
ich mir: «So, ätz bin i weder dahääm.»
Während meiner berufstätigen Jahre war nebst meiner Familie mein Verein, der Turnverein, ein wichti-
ges Bindeglied zu unserem Dorf. Die sportliche Tätigkeit, die Kollegen und der Teamgeist machen das
Turnerleben zu einer erfüllenden Freizeitbeschäftigung. Obwohl die Tendenz der heutigen Gesellschaft
in Richtung Individualsport geht, um unabhängig und ohne Verpflichtungen zu sein, finde ich ein in-
taktes und vielfältiges Vereinsleben sehr wichtig. Sport im Team bringt körperliche und geistige Fit-
ness. Geistige Fitness bedeutet Geselligkeit, Gemütlichkeit und vor allem die Fähigkeit, in der Gruppe
für Initiative und Harmonie besorgt zu sein. Diese geistige Fitness ist eine wichtige Voraussetzung für
eine intakte Dorfgemeinschaft. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Gemeinde für das
Bereitstellen sehr guter Infrastrukturen für die Vereine sowie die materielle und ideelle Unterstützung.
Ich hoffe, dass dies auch weiterhin - mindestens im gleichen Umfang - geschehen wird.
In meinem Alter setzt man sich auch mit der Politik auseinander. So bin ich sehr erfreut, dass in unserem
Gemeinderat immer wieder auch jüngere Männer und Frauen vertreten sind. Ich bin überzeugt, dass
die Denkweise der jüngeren Leute weniger von der Parteizugehörigkeit geprägt ist, und hoffe, dass in
Zukunft die politischen Entscheide vermehrt nicht aus Sicht der Parteipolitik getroffen werden. Die
Sache sowie die Qualifikation der Personen müssen im Vordergrund stehen.
In den letzten zwei Jahren, seit ich mit meinen Kindern im Dorf unterwegs bin, erlebe ich die Umwelt
sehr intensiv. Zu allem, was die Kinder sehen, stellen sie Fragen und fordern Erklärungen. Ich wünsche
mir von ganzem Herzen, dass unsere Kinder, wenn sie erwachsen sind, sagen können: «Z Balzers, do
bin i dahääm und do goots mier guat.»
Georg Gstöhl (1925-1999)
Balzers liegt etwas abseits der anderen Oberländer Gemeinden zwischen Rhein, diversen
Bergspitzen und zwei eidgenössischen Festungen. Der Zusammenhalt seiner Einwohner
war immer schon stark, wenn auch oft von Galgenhumor und Bauernschläue durchsetzt.
Mangels besserer Streitpartner soll es früher oft Rivalitäten zwischen den Dorfteilen
Balzers und Mäls gegeben haben. Damit die neue Pfarrkirche im Dorf bleibt, wurde sie
dann klugerweise in die Mitte gebaut.
Der Föhn sorgt immer wieder für frischen Wind in den Balzner Köpfen. Viele Initiativen,
Ideen und liechtensteinische Politiker haben in Balzers das Licht der Welt erblickt. Die
Balzner sind nicht nur innovativ, sondern in der Regel auch unerschrocken und hartnä-
ckig genug, um neue Einsichten durchzusetzen. Dabei handeln sie keineswegs über-
stürzt, sondern eher bedächtig (aber nicht langsam!).
Treu ihrem Wahrzeichen, der Trutzburg Gutenberg, sind die Balzner zwar bodenständig,
aber wenig obrigkeitsgläubig. Sagen und Legenden ranken sich um Wilderer, Schmugg-
ler, Dorforiginale und aufmüpfige Geister, denen Aussenstehende dank ausgefallener
Übernamen nicht immer folgen können. Mit ihrem «südlichen» Temperament sind die
Balzner aber auch besonders offen, gemütlich und gesangsfreudig.
Für das kommende Millennium wünsche ich mir für meine Heimatgemeinde Balzers wei-
terhin viel Freimütigkeit, eine Einladung an alle Ansässigen zur Mitgestaltung des Dorf-
lebens, eine lebendige Pflege des Balzner Brauchtums in Schule und Vereinen und eine
aufgeschlossene Integration der Zugezogenen. Mein Anliegen ist keine sture «Hafalääbi-
siereg», sondern die Stärkung eines zeitgemässen «Mier»-Gefühls aller Einwohner von
Balzers, unabhängig von Alter, Geschlecht und Staatsangehörigkeit.
Harald Hasler (1953)
Als Gampriner Bürger bin ich in Balzers geboren und aufgewachsen:
- in Balzers, im Dorf mit Tradition
- in Balzers, im überblickbaren Dorf, in welchem man noch fast alle kennt
- in Balzers, im Dorf, südlich gelegen, mit den warmen Föhnnächten
- in Balzers, im Dorf der vielen Vereine
- in Balzers, im Dorf des Gesangs und der Geselligkeit
- in Balzers, im Dorf des Sportes, mit doch schon etlichen Berühmtheiten
Balzers war, ist und bleibt meine Heimat - auch schon vor dem 7. Mai 1997, als ich endlich auch auf dem
Papier Balzner Bürger wurde. So lebe ich heute, zusammen mit meiner Frau und meinen beiden Kin-
dern Jasmin und Désirée, im eigenen Heim in Mäls.
In Mäls? Ja, in Mäls. Denn wie lautet das Sprichwort? «Jeder Mälsner ist ein Balzner, aber nicht jeder
Balzner ist ein Mälsner.» So hiess es zumindest früher, in meinen Jugendjahren. Und gerne erinnere ich
mich zurück an die Fussballspiele zwischen den Mälsnern und den Balznern auf dem Studentenplatz,
die fast immer zu unseren Gunsten entschieden wurden. Als Buben konnten wir auch mit Stolz beob-
achten, dass sich die 1. Mannschaft des FC Balzers doch mehrheitlich aus Mälsnern zusammensetzte.
War uns der Weg zum Studentenplatz zu weit, so nahmen wir kurzerhand das Bröggle in Besitz, um uns
in der Freizeit dem Strassenfussball zu widmen. Jenes Bröggle, das als Dorfplatz am Abend und an den
Sonntagnachmittagen zum allgemeinen Treffpunkt wurde, wo die Neuigkeiten ausgetauscht wurden,
wo über Gott und die Welt geplaudert wurde. Wenn ich mit meinem «Eene», dem «Gatter-Fränzle»,
abends aufs Bröggle in den Ausgang mitgehen durfte, so lauschte ich gespannt, was sich die Bauern
wieder zu erzählen hatten. Darunter waren dann auch Geschichten, die wir Buben doch irgendwie mit
gemischten Gefühlen aufnahmen.
Dass Mäls und Balzers damals zwei paar Stiefel waren, bekamen auch unsere Schulkollegen zu spüren.
Traditionsgemäss gingen wir als Abschlussklässler ins Funkenholz. Wie wir an einem nebligen Nachmit-
tag von Aneil unser gesammeltes Holz holen wollten, staunten wir nicht schlecht, als die Balzner
Funkenbuben uns mit einem vollbeladenen Traktor entgegenkamen. «Aber nicht die Balzner in Mäls
beim Holzen», dachten wir, und so stellten wir uns ihnen kurzerhand in den Weg. Wohl waren die
Balzner in der Überzahl, doch in den Mälsner Reihen standen die Stärkeren. Es dauerte nicht lange, bis
der Holzstapel vom Wagen runter war und die Balzner unverrichteter Dinge nach Hause fuhren.
War der Sludentenplatz im Junkerriet unser damaliger Trainingsplatz, so fanden in unse-
rer Juniorenzeit die Spiele auf dem Ritsch statt. Bevor der Match aber beginnen konnte,
musste der Platz zuerst einmal gezeichnet werden. Damals gab es noch keinen Platzwart,
welcher diese Aufgabe übernahm, und so mussten wir im nahe gelegenen Sägewerk Sä-
gemehl holen und damit die Spielfeldzeichnung vornehmen. Wer dies zu tun hatte, war
immer in den Anschlagkästen beim Hotel Post in Balzers und auf dem Bröggle nachzule-
sen. In diesen wurde auch die Mannschaftsaufstellung für die bevorstehenden Spiele
bekannt gegeben, und so mancher musste dort erfahren, dass er nur als Ersatz aufgebo-
ten war. Dank der Gemeinde Balzers dürfen unsere Jugendlichen heute auf einer der
schönsten Sportanlagen der Region ihre Spiele austragen, wobei allerdings der Föhn ab
und zu die Richtung der «runden Kugel» angibt.
So vergingen die Jugendjahre, das Wahlalter wurde erreicht, und die Teilnahme an der
ersten Wahl stand bevor. Mit Stolz stellte ich mich in die Kolonne und wartete darauf, bis
das Couvert eingeworfen werden durfte. Aber halt, da standen doch zwei Urnen, und ich
hatte nur ein Couvert. Sollte ich das eine zu Hause vergessen haben? Ach ja, jetzt wurde
mir bewusst, dass ich doch kein richtiger Balzner war und als «papiermässiger»
Gampriner keine Berechtigung hatte, an sämtlichen Abstimmungen in der Gemeinde
teilzunehmen.
Nach dem Motto «Jedem Liechtensteiner seine eigene Haustüre» wollte auch ich ein eige-
nes Haus bauen. Nun wurde mir abermals bewusst, dass man als Auswärtiger keinen
Anspruch auf einen Bauplatz von der Gemeinde hatte und auch keinen gegen Realersatz
eintauschen konnte. Ebenso wenig konnte ich als Gampriner am Bürgernutzen teilha-
ben. So musste ich beispielsweise für das Losholz einfach mehr bezahlen als mein Nach-
bar. Trotz dieser Nachteile, die ich in Balzers erleben musste, sah ich Balzers immer als
meine Heimat an.
Aber dies ist Vergangenheit, die Zukunft liegt vor uns. Balzers und Mäls sind eine Einheit
geworden. Balzers wird seine Traditionen, seine Vorzüge und Besonderheiten, seine
Schönheiten und seinen Dorfcharakter behalten.
Beatrix Hengevoss (1934)
Es war im Juni 1958. Langsam fuhr das Taxi, das uns von Sargans abholte, über die Rhein-
brücke. Vor uns lag die Burg Gutenberg, das Wahrzeichen des Dorfes, das unsere neue
Heimat werden sollte: Balzers. Erinnerungen sind verführerisch. Je mehr man sich in sie
versenkt, desto mehr holt die Vergangenheit die Gegenwart ein. So werde ich wieder für
kurze Zeit zu der jungen Frau, die mit ihrem Mann in das Haus Heiligwies 433 einzieht.
Balzers war damals ein typisches Dorf. Kaum eine Strasse war geteert, Autos fuhren nur
wenige. Die Bauern bestellten ihre Felder noch mit Ross und Wagen: «Im Märzen der
Bauer die Rösslein anspannt...». Dazumal war das Lied noch passend. Es gab mehr Bau-
ernhöfe als heute. Hinter den meisten stand ein kleines Holzhäuschen, aus dem es ab
Herbst kräftig qualmte. Erst später erfuhren wir, dass es Räucherhäuschen waren; wir
hatten sie einem anderen Zweck zugedacht!
Das Dorfbild hat sich inzwischen sehr verändert. Geblieben aber sind Hilfsbereitschaft
und Freundlichkeit vieler Balzner. Schon am ersten Tag nach unserem Einzug durften
wir diese erfahren, als Anneles und Manes Tochter Rita uns mit Blumen und Kohlkopf
beschenkte: «Das isch zum lizog vo der Mama und vom Täta med lieba Grüess!» Wir
hatten damals wie heute immer Glück mit unseren Nachbarn. In der Heiligwies beka-
men wir Nachbarsfrauen in den gleichen Jahren und Monaten einige unserer Kinder;
dies schuf besondere Verbindungen. Wir fühlten uns ohne Vorbehalte in die Strassen-
gemeinschaft aufgenommen, halfen uns gegenseitig, und für unsere Kinder waren der
«Eene Ferde» und die Familien von Annele und Mane, von Berta und Josef beinahe ver-
trauter als die weit entfernt lebenden eigenen Verwandten. Sprachschwierigkeiten hat-
ten wir kaum. Bald wusste ich, was «Summervögel», «Schäfa» und «Kefel» sind und was
«hüüsla» bedeutet. Nur eines war mir unverständlich, dass Annele auf meine Frage nach
ihrem Ergehen stets mit heiterem Gesicht antwortete: «Bi öberuus zfreda!» Für mich
klang das wie «unzufrieden». Wieso dann aber die fröhliche Miene? Alsbald lernte ich
auch viele andere Balzner beim Einkäufen und den zahlreichen Besuchen in der Arztpra-
xis unseres unvergessenen Dr. Alban Vogt kennen. Selten erfuhr ich Zurückhaltung. Es
war mehr ein Abtasten, wie die Neue wohl einzuschätzen ist. Viel Vergnügen bereiteten
mir in den sechziger Jahren das Mitspielen in der Operette «Der Zigeunerbaron» sowie
die Mitarbeit im Frauenberger Kreis, während ich heute sehr gerne die Vertretungen im
Altersturnen übernehme. Durch die Gründung des Feldgartenvereins teile ich mit so
manchen die Freuden und Ärgernisse des Gärtnerdaseins. So wurde der Kreis der Be-
kannten und Freunde immer grösser.
Seit unserem Einzug sind über vierzig Jahre vergangen. Alsbald hatten wir mit einem
Wohnortwechsel nichts mehr im Sinn und nun im Alter erst recht nicht. Dank derer, die
uns von Anfang an herzlich zugetan waren und noch sind, gelang es uns, neue Wurzeln
zu schlagen. Balzers ist zu unserer Heimat geworden. Vielleicht geht noch einmal der
Traum in Erfüllung, dass unsere Kinder, die zum Teil im Ausland leben, wieder ihr Wohn-
recht erhalten, wenn sie einst an ihren Geburtsort zurückkehren möchten.
60
Florian Hermann (1987)
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61
Brigitte Hoffmann (1942)
Balzers, das ist für mich ein ganz stabiler Ort, das ist Heimat. Meine Familie und beson-
ders unsere drei Kinder haben die Möglichkeit gehabt, sich hier zu verwurzeln und zu
wachsen. All die Jahre - es sind mittlerweile schon 35 - waren wir nie bedroht, weder von
Naturgewalten, politischen oder militärischen Machenschaften, auch nicht von Einzel-
personen.
Unseren dritten Hochzeitstag haben wir in Balzers gefeiert. Blutjung nach heutiger Sicht
kamen wir aus der anonymen Gressstadt Zürich in eine gewachsene, Vertrauen erwe-
ckende Struktur. Mit einem «Poppele» hatte ich in Balzers rasch Kontakt, nicht nur mit
anderen Müttern, sondern besonders auch mit älteren Bürgern.
Sehr verlegen wurde ich, als mich ältere Menschen grüssten - Menschen, die ich noch gar
nicht kannte. Also grüsste auch ich fleissig und jeden. Nach kurzer Zeit war das gang und
gäbe für mich. Bei gelegentlichen Besuchen in Deutschland, wo ich aufgewachsen bin,
bemerkte ich wiederum, dass dort die Menschen mit so viel Aufmerksamkeit wenig an-
zufangen wussten. Auch hatten unsere Kleinen nicht gelernt, artig an der Hand zu gehen,
was sich in der Stadt sehr stressig bemerkbar machte.
«Peterle» konnte ich nicht im Laden kaufen, denn das hatte jeder im Garten, aber drei
Kleidungsstücke gab mir die Albina zum Probieren mit - ohne Anzahlung, es reichte
schon der Name.
In den Anfangsjahren war in Balzers jede Haustür offen - Tag und Nacht - und ganz beson-
ders für die Kinder. «Magsch o än Zviere?», fragte der Marte unsere damals Jüngste so
manches Mal. Regelmässig auftretende leichte Fieberschübe bei der Zweieinhalbjährigen
entpuppten sich bei genauerer Recherche als kräftige Schlucke aus dem Mostkrug.
Eines der Kinder wollte unbedingt eine ältere Balznerin als Firmgotta haben mit der Be-
gründung: «I möcht dänks o Verwandtschaft z Balzers haa.» Sie hatte selbst zehn Kinder
und nahm das Ehrenamt lachend an. Dass der Firmausflug ausfallen musste, da eine
Kuh zu kalben begann, bescherte dem Kind ein unvergessliches Erlebnis. Der Firmling
durfte bei der Geburt des Kälbchens dabei sein (natürlich in «Sonntagskleidern») und
hatte nach eigenen Angaben den schönsten Firmtag von allen.
Noch ein Wort zu den offenen Türen. Der überlastete Dr. Alban gab am Telefon die Anwei-
sung: «Lasst das Hoflicht brennen. Ich komme schon, es kann aber spät werden.» Nachts
um 1 Uhr stand er im Schlafzimmer. Ja, diese offenen Türen haben es mir, meiner Familie
und vielen Fremden sehr erleichtert, hier Heimatgefühle zu entwickeln und auch ein
eigenes Dach über dem Kopf zu bekommen.
Manches, was mit der Gemeinde abgesprochen werden musste, ob Hausbau, Diashow
oder ein Platz auf dem Friedhof, lief unkompliziert und unbürokratisch. Diese Offenheit
und Unkompliziertheit - denke ich - haben Balzers zu dem gemacht, was es heute ist.
Diverse Gewerbe, saubere Industrie, Kultur und Sport und ganz besonders die vielen
Vereine haben sich gut entwickelt. Für jeden, der guten Willens ist und Interesse hat,
bietet Balzers eine Nische, eine Möglichkeit, sich zu integrieren und seine Talente zu
entwickeln.
Wenn ich mein Balzers so betrachte, ist das Alte ganz gut mit dem Neuen zurechtgekom-
men; Burg, Kirche, Friedhof, Gemeindehaus, Schulen und Geschäfte, ein gutes, schönes
Zentrum. Nur, wenn ich es mir hätte malen können, den Blick auf die Burg vom Rhein
aus hätte ich frei gelassen! Ein paar altersschwache Bauten - meine ich - passen auch
nicht so recht zu den vielen schmucken Häusern und gepflegten Ecken und Winkeln.
Doch nichts ist eben vollkommen!
Den grössten Teil meines Lebens habe ich in Balzers verbracht. Heimweh habe ich früher
nicht gekannt, aber auch das habe ich hier gelernt.
Dass wir im Jahr 2000 noch saubere Luft und gutes Wasser haben und ältere Menschen in
der Gemeinde vielfältig eingebunden sind, dafür möchte ich mich bei allen bedanken,
die vorausschauend gedacht und gehandelt haben.
Lorenz Kaufmann (1929)
Im Haus Nr. 93, Gatter in Mäls, erlebte ich zusammen mit vier Geschwistern eine glückli-
che Kindheit. Meine Jugendjahre fielen zum Teil in die Zeit des Zweiten Weltkrieges. Ich
erinnere mich noch gut, wie ich manchmal nachts aus dem Schlaf aufschreckte, wenn
die schweren Bomber der Alliierten herannahten, um ihre verderbliche Last im Feindes-
land abzuwerfen.
Mein Vater führte während einiger Jahre die Kriegswirtschaftsstelle in Balzers, d.h. er war
verantwortlich für die Ausgabe der Lebensmittelkarten. Wie in der Schweiz wurde auch
hier im Lande die Rationierung eingeführt. Es wurden an alle Haushalte Lebensmittel-
karten verteilt, wobei die Ausgabe jeweils am letzten Sonntag im Monat vom Weibel nach
dem Amt auf dem Vorplatz der Kirche bekannt gegeben wurde («Verrüeffa»).
Für Hausschlachtungen benötigte man ein spezielles Formular, das bei uns abgeholt wer-
den konnte. Der damalige Fleischschauer musste dann das Fleischgewicht eintragen,
aufgrund dessen die monatlichen Rationen gekürzt wurden. Beim Vorbereiten für die
Ausgabe der Lebensmittelkarten half ich, die Fleischmarken abzutrennen, und zwar so-
lange, bis das auf dem Schlachtschein eingetragene Gewicht erreicht wurde. So ging das,
bis die Rationierung endlich aufgehoben wurde.
Nach dem Krieg sah man ab und zu die ersten Kleinmotorräder, unter anderem auch die
Marke Moto Guzzi. Ich wäre sehr gerne einmal einen solchen «Töff» gefahren. Ein guter
Bekannter von mir besass so ein Gefährt und erlaubte mir, dieses auszuprobieren, was
mich natürlich riesig freute. Ich fuhr los in Richtung Mariahilf-Kapelle und weiter. Als
ich aber den Motor abstellen wollte, um umzudrehen, hatte ich keine Ahnung, wie das
gehen sollte. Mir fiel nichts anderes ein, als auf die Wiese in das hohe Gras zu lenken, wo
dann der «Karren» tatsächlich auch stehen blieb.
Nach Absolvierung meiner Lehre bei einer liechtensteinischen Bank wurde mir vom Ar-
beitgeber die Gelegenheit geboten, im Herbst 1949 nach London zu gehen, um meine
Englischkenntnisse zu verbessern. Die Reise nach London und der dortige Aufenthalt
waren zu jener Zeit, vor fünfzig Jahren, im Gegensatz zu heute, eine kleine Sensation. Ich
war von dieser Millionenstadt sehr beeindruckt, kehrte aber gerne in mein Balzers zu-
rück, wo ich mich wie früher wieder mit Freunden und Kameraden treffen konnte.
An einem Sonntagnachmittag machten wir uns auf den Weg zur Burg Gutenberg. Wir wur-
den uns einig, irgendwie in das Schloss einzudringen, wo wir einen guten alten Tropfen
Wein vermuteten. Über eine Aussenmauer gelangten wir in den Innenhof der Burg und
fanden unsere Vermutung bestätigt. Wir alle genossen den herrlichen Tropfen Wein, wo-
bei sich allerdings das Sprichwort «Und sie kannten die Kraft des Weines nicht» sehr
bald bewahrheitete. Wir fingen an, uns gegenseitig mit gefundenen Waffen zu bekriegen,
wobei ich beinahe von einer heranfliegenden Wurfaxt getroffen wurde. Zum Glück blieb
die Axt in dem neben mir stehenden Holzpfeiler stecken. Die ganze Szene endete
schliesslich mit dem Hinauswurf eines alten Globus, der über die Felswand hinunter in
Brüche ging. Durch selbstverschuldete Indiskretion kam aber die ganze Sache nach einer
gewissen Zeit doch zu Tage, und die Täter wurden ausfindig gemacht. Als Strafe musste
ein jeder von uns zwanzig Franken in den Balzner Armenfonds bezahlen. Das war wohl
der letzte «Lausbubenstreich», bei dem ich dabei war.
64
Silvio Kaufmann (1961)
Als Schaaner Bürger, aber in Balzers aufgewachsen, ist mir Balzers schon von klein auf
nicht nur Wohn-, sondern auch Heimatgemeinde gewesen.
Wenn ich an meine Kinder- und Jugendzeit zurückdenke, so glaube ich, in einem lebendi-
gen Dorf aufgewachsen zu sein. In der Freizeit traf man sich regelmässig auf der Strasse,
um gemeinsam irgendetwas zu unternehmen. Man bastelte so manche Dinge, wie Pfeil
und Bogen, oder man baute eine Seifenkiste und fuhr damit auf der Strasse umher. Na-
türlich wurde immer wieder Fussball gespielt, und so manche Fensterscheibe ging dabei
zu Bruch. Besonders gerne erinnere ich mich an die schönen Abende während der Som-
merferien zurück, an denen wir bis zu später Stunde Versteck spielten. Wir bevorzugten
vor allem alte Ställe und Scheunen, die heute aber grösstenteils verschwunden sind.
Durch das Abreissen alter Gebäude kann man auch erkennen, dass sich in Balzers etwas
bewegt. Mir persönlich gefällt es, wenn neu gestaltete Dorfkerne und Wohnquartiere
entstehen, junge Familien diese beleben und nachbarschaftlichen Kontakt zueinander
finden. Gut vorstellen könnte ich mir in Balzers einen kleinen Dorfplatz in Verbindung
mit gemütlichen Strassencafes.
Nicht vergessen darf man das grosse Angebot an sportlichen und kulturellen Möglichkei-
ten, die wir in Balzers haben und von allen Interessierten in der Gemeinde genutzt wer-
den können. Als noch aktiver Fussballer kann ich immer wieder feststellen, dass wir auf
einer der schönsten Sportanlagen weit über die Region hinaus spielen können.
Heute lebe ich zusammen mit meiner Frau Andrea und den drei Söhnen zufrieden im
eigenen Wohnhaus in der Gamslafina. Trotzdem denke ich oft und gerne an meine Kin-
der- und Jugendzeit zurück, die ich im Winkel verbracht habe.
Roland Marxer (1947)
Wer hätte vor bald fünfzig Jahren gedacht, dass ich Nachstehendes in rela-
tiv grosser Gelassenheit schreiben könnte. Es fing damit an, dass ich als
Kleinkind von Mauren über Triesen nach Balzers verpflanzt wurde. Der
damalige Fortschritt im Vergleich zu Balzers bestand in Mauren zumin-
dest darin, dass ich dort schon den Kindergarten besuchen konnte und in
den Genuss von «Heuferien» kam, obwohl ich kein Bauernkind war, bei
meiner Ankunft in Balzers aber wieder in den kindergartenlosen Zustand
versetzt wurde, weil man hier erst ab fünf Jahren eintreten konnte. Das
hatte nichts mit einem «Auswärtigenproblem» zu tun, sondern war ein-
fach so. Umso schneller war ich dann im Kindergarten integriert und
dazu aufgerufen, etwa in Krippenspielen gleich in Hauptrollen aufzutreten.
Das gab mir auch die Zuversicht, wem immer gegenüber, der mich danach
fragte, zu sagen, ich sei ein Balzner. «Oha lätz!» Da kam ich jahrelang in
meiner Unschuld falsch an: «Wämm ghöörscht dänn du?» war die Zusatz-
frage. «Am Wilhelm Marxer» meine Antwort. Flugs folgte der Kommen-
tar: «Dänn bischt du aber kän Balzner!» - was weniger mich, viel mehr
aber meine Eltern (ein internationales Paar; mein Vater aus Mauren, mei-
ne Mutter Schweizerin) intensiv beschäftigte. Solche Aussagen hatten
praktische Konsequenzen: Erwiesenermassen lag es nicht drin, dass ich,
obwohl guter Skifahrer, ein Kinderskirennen in Balzers gewinnen konnte
bzw. durfte. Der Hauptpreis musste an einen Rennkollegen mit Balzner
Pass verliehen werden. Ansonsten war ich in meiner Karriere kaum einge-
schränkt. Man liess mich als Oberministrant, Jungwachtmitglied,
Pfadfinderführer, Funkenbauer, Fussballspieler, Sänger usw., ja sogar als
Operettenpräsident gewähren, ohne von meiner «Auswärtigkeit» weiter
Notiz zu nehmen. Ins Alprecht musste ich mich bzw. meine Frau (die
kommt aus Schaan: nochmals fremdes Blut, aber erst zu einer Zeit in
Balzers, als das nicht mehr wichtig war) nicht einkaufen, da ich kein An-
recht auf Balzner Gemeindenutzen hatte und habe. Trotzdem hatte mich
der Vorsteher Mane damals eingeladen, am Büchlein «Balzers, unser
Dorf», zusammen mit Hans Brunhart und Ewald Kaufmann (der uns lei-
der allzu früh verlassen hat), mitzuwirken, was ich auch gerne tat und
gerade über das Alprecht und den Gemeindenutzen schrieb. Dabei
musste ich aber als strenger Wächter über meinen Status sogar den Mane
in seinem Vorwort korrigieren, weil er mich zusammen mit den beiden
anderen Autoren als «unsere Mitbürger» bezeichnete, während ich doch
nur ein Mitbewohner bin - wenn man es ganz genau nimmt.
Die Zeiten haben sich geändert. Ich wünsche mir für alle, die nach Balzers
kommen, die Offenheit seitens der Balzner, die sie mir - wenn auch mit
einiger Verzögerung - nunmehr seit Jahren entgegenbringen. Diese Of-
fenheit ist die Voraussetzung, dass es mit Balzers weiter vorwärts geht.
66
Karin Negele-Moll (1964)
Ich bin 35 Jahre alt, in Balzers geboren, aufgewachsen, und - abgesehen
von einem Aufenthalt in England und vier Jahren in Vaduz - habe ich
immer hier gewohnt. Für manche mag sich das langweilig anhören, doch
ich bin ein Nestmensch und am liebsten nahe der Familie, den Freunden
und in gewohnter Umgebung. Was natürlich nicht heisst, dass ich nicht
gerne verreise, andere Länder und Menschen kennen lerne. Schluss-
endlich kehre ich jedoch immer gerne zurück, mit neuen Erfahrungen,
Erlebnissen und Erinnerungen im Gepäck.
Die Vertrautheit in einer funktionierenden Gemeinschaft gibt mir Halt und
Kraft. Besonders heute, da ich verheiratet bin und wir zwei kleine Kinder
haben, wissen wir sehr wohl die Vorteile einer intakten «Grossfamilie» in
einer überschaubaren Dorfgemeinschaft zu schätzen. Ich suche nicht die
Anonymität einer Gressstadt. Wie jede Medaille hat aber auch diese eine
Kehrseite. Wenn jeder jeden kennt und man sich so nah ist, kippen das
gegenseitige Interesse und die Anteilnahme oft auf die unangenehmere
Seite; man wird genau beobachtet, beurteilt und kommentiert. Manchmal
empfinde ich dies als Zwang und Einschränkung meiner Persönlichkeit,
und ich weiss, dass es vielen anderen auch so ergeht. Daher wünsche ich
mir eine gehörige Portion Toleranz und Akzeptanz untereinander und
auch Neuem gegenüber.
Um unser Dorf, mit seiner Vergangenheit und Tradition einerseits und den
Zukunftschancen andererseits, so zu erhalten oder zu gestalten, wie wir
es lieben, müssen wir auch bereit sein, Aufgaben und Verantwortung zu
übernehmen. Dies scheint nicht mehr gefragt; man will nur noch unter-
halten werden und konsumieren. Eine gefährliche Entwicklung! Gerade
in unserer Zeit der Globalisierung ist es ausserordentlich wichtig, dass
wir mitarbeiten und uns nicht nur treiben lassen. «Wer kein Ziel hat,
muss sich nicht wundern, wenn er dort nicht ankommt.» Dieser Aus-
spruch hat sich mir eingeprägt.
Rein architektonisch fehlt mir in Balzers ein schöner Dorfkern, ein Zent-
rum, ein Ort der Begegnung, wo man einfach hingeht, wenn man Lust
hat, jemanden zu treffen. Eine solche Kernzone um wichtige öffentliche
Gebäude, in gartenbaulich schön gestalteter Umgebung, eventuell auch
mit Geschäften und Cafés als Treffpunkt, erfüllt meines Erachtens eine
wichtige und wertvolle Funktion.
Schlussendlich bin ich jedoch überzeugt, dass wir in einer der schönsten,
komfortabelsten und lebenswertesten Regionen dieser Welt leben. Auch
wenn ich gerne im Ausland bin und die dortigen Vorzüge wie Naturschön-
heiten, Weite oder Lebensrhythmus geniesse, bin ich mir sehr wohl
bewusst, dass unser Lebensstandard und unsere Lebensqualität in ande-
ren Ländern nur sehr schwer zu erreichen sind. Wenn immer ich fort war
und auf dem Weg nach Hause ums Ellhorn herumfahre und unser Schloss
sehe, durchfährt mich ein wohliger, erleichternder Seufzer: «Dahääm!»
67
Elias Nigg (1947)
1947 wurde ich als eines von fünf Kindern des Elias und der Barbara Nigg-Gstöhl in
Balzers geboren. Das Leben der Balzner Bevölkerung und auch unserer Familie war da-
mals geprägt von der täglichen Arbeit als Selbstversorger mit vielen kleinen Land-
wirtschaftsbetrieben. Die Arbeit ohne Maschinen war für alle hart. Doch jeder wusste,
dass sie die Ernährung der Familien sichern konnte. Wir Kinder wurden deshalb beson-
ders von unserem Vater recht früh in verschiedene Tätigkeiten eingebunden und lernten,
neben den Kinderwünschen auch Verantwortung zu übernehmen, die für den Zusam-
menhalt der Familie von grosser Bedeutung war. Unsere Familie lebte damals einfach,
aber ständig auch getragen von der umsorgenden Wärme unserer Mutter. Sie war immer
und für alle da. Sie hat getröstet, geschlichtet und war selbst überhäuft mit Arbeit im
Haus und auf dem Feld.
Balzers hat die gesamte prosperierende Entwicklung unseres Landes mitgemacht. Es ist
nicht nur Wohn- und Lebensraum, sondern Wirtschafts- und Kulturraum zugleich. Ich
erlebe Balzers als Gemeinde mit Kontinuität und mit Sinn für das Gemeinwohl. Eine
besondere Stellung nehmen sicherlich die vielen Vereine ein. Sie geben uns täglich die
Möglichkeit zur Gestaltung unseres Zusammenlebens, auch ausserhalb der Wirtschaft.
Dies ist eine traditionelle Kraft, welche wir von unseren Vorfahren übernehmen durften.
Wenn man mich nach einem Wunsch für Balzers fragen würde, so wäre die spontane Ant-
wort: «Ich möchte, dass die Burg Gutenberg wieder öffentlich wird, dass wir sie wieder
erleben und auch zeigen dürfen.» Als Balzner haben wir es vor einigen Jahren mit einer
Bürgerabstimmung verpasst, dass dieses Juwel - mitten in der Gemeinde - mit Leben
versehen werden konnte. Leben, welches für uns als Gemeinschaft nützlich und kulturell
bereichernd sein kann. «Gut Ding will Weile haben», und wir Balzner brauchen halt
manchmal etwas länger. Auch wenn dies so ist, kann uns heute nichts mehr daran hin-
dern, die damalige Fehlentscheidung zu korrigieren.
Die Gemeinde Balzers kann als Geburts- und Lebensort jedem Bürger und Einwohner Vor-
züge in allen Lebensphasen bieten, welche dem heutigen Zeitgeist entsprechen. Es liegt
jedoch bei jedem Einzelnen von uns, seinen Beitrag daran zu leisten, dass Balzers uns
auch in Zukunft Heimatgefühl vermitteln kann.
Christof Nipp (1985)
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yt -¿suA&y^&Aeyt ^ ^zy-cuA a^tt^A ¿Agyyrt AzJAA<?-
AiA^^cA ?AeAA.
69
Thomas Nipp (1969)
Im Folgenden möchte ich einige Gedanken zur Sprache bringen, die mir spontan zum
Begriff «Balzers» in den Sinn kommen. Ich bin mir dabei bewusst, dass ich die jeweiligen
Gedanken aus Platzgründen nur in allerkürzester Form erörtern kann. Dazu habe ich die
Gesichtspunkte «Landschaft», «Kultur» und «Zusammenleben der Menschen» ausgewählt.
Beim Stichwort «Balzers» denke ich zuerst an die schöne Lage des Dorfes mit der Burg
Gutenberg und der Pfarrkirche in der Mitte. In dieser Hinsicht darf Balzers mit Sicher-
heit als die schönste Gemeinde Liechtensteins bezeichnet werden. Es ist erfreulich, dass
man in Balzers zu den Schönheiten und Kostbarkeiten der Natur, wie der wunderschö-
nen Flora im Elltal, Sorge trägt. Das bedeutet jedoch auch, dass Balzers darauf achten
muss, dass nicht noch mehr Zersiedelung in dieser Region stattfindet.
Der nächste meiner Gedanken gilt dem regen kulturellen Leben unserer Gemeinde, dessen
einzelne Träger ich nicht namentlich zu erwähnen brauche, da sie bestens bekannt sind.
Dies führt dazu, dass ein grosser Teil unserer Bevölkerung aktiv daran beteiligt ist. Der
Kultur kann gar kein zu hoher Stellenwert eingeräumt werden, da sie zum Leben der
Menschen genauso dazugehört wie das tägliche Brot. Sie ist somit weitaus mehr als nur
eine Freizeitbeschäftigung, da sie die ganze Lebenswelt der Menschen durchdringt. Um
das kulturelle Leben der Gemeinde Balzers jedoch noch reicher zu gestalten, wäre es
begrüssenswert, die Burg Gutenberg für kulturelle Zwecke zu nutzen. Dies könnte bei-
spielsweise bedeuten, dort ein Ortsmuseum einzurichten, Ausstellungen zu zeigen und
auch Kammermusikkonzerte zu veranstalten (ideale Räumlichkeiten für Kammermu-
sik). Somit wäre die Burg Gutenberg nicht nur der geographische, sondern auch der
kulturelle Mittelpunkt von Balzers und könnte so (über)regionale Bedeutung erlangen.
Abschliessend möchte ich noch auf die Menschen eingehen, die in unserem Dorf leben. Es
liegt mir jedoch fern, den Balzner zu charakterisieren, da es den Balzner schlechthin
nicht gibt. Eher lohnt es sich, einige Merkmale des Zusammenlebens in Balzers anzufüh-
ren. Dazu zählen sicherlich das nach wie vor recht starke Zusammengehörigkeitsgefühl
der Balzner Bevölkerung (man kennt einander und duzt sich) und eine gewisse Wert-
schätzung von Traditionen. Aber auch die stets grosse Hilfsbereitschaft und Solidarität
der Balzner Bevölkerung gegenüber in Not geratenen Menschen - selbst wenn diese aus
fremden Ländern und Kulturkreisen stammen - kennzeichnen das Zusammenleben in
unserer Gemeinde. Allerdings darf das soeben Gesagte nicht darüber hinwegtäuschen,
dass auch Balzers nicht vor den negativen Auswirkungen unserer modernen Gesellschaft
verschont geblieben ist. So gibt es beispielsweise immer mehr vereinsamte und orientie-
rungslose Menschen. Das grösste Übel ist jedoch der reine Materialismus, dem leider
immer mehr Leute frönen. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass Balzers auch in Zukunft
eine Gemeinde bleiben wird, in der man gerne lebt und sich wohl fühlen kann.
70
Beate Nushöhr (1964)
Zum ersten Mal kam ich als Jugendliche mit Balzers in Kontakt, als ich mit meinen Eltern
und Geschwistern durch Liechtenstein fuhr, um unser Ferienziel im Prättigau zu errei-
chen. Damals hatte ich nicht den leisesten Gedanken daran, einmal hier in Balzers zu
leben. Vor gut sieben Jahren bin ich dann mit meinem Mann und unseren beiden Töch-
tern nach Balzers gekommen. Der Beruf meines Mannes und der gemeinsame Wunsch,
uns räumlich zu verändern, führten uns hierher.
Wir hatten das Glück, an einem herrlichen Platz in Balzers-Mäls unser neues Zuhause
einzurichten. Dort wurden wir sehr freundlich und hilfsbereit aufgenommen, was zu
einem guten Start beigetragen hat. Die erste Zeit war für mich angefüllt mit dem Erkun-
den und Kennenlernen von Balzers, den anderen Liechtensteiner Gemeinden und der
angrenzenden Schweiz sowie den Kindern ihren neuen Lebensraum näher zu bringen
und Kontakte zu knüpfen. In diesen sieben Jahren habe ich Balzers schätzen und heben
gelernt. Was ich besonders schätze an Balzers, ist die herrliche Natur mit ihren vielen
schönen Plätzen, die geradezu zum Verweilen und Entspannen einladen. Ob es die
Ellwesa sind, die mich jedes Jahr mit ihrer vielfältigen Flora begeistern, oder die schöne
Stimmung beim Durchlaufen der Diebalöcher oder das Sitzen und Lauschen auf der
Kiesbank am Rheinufer..., all dies sind Momente, die mich mit ihrer Schönheit, Ruhe
und Friedlichkeit erfreuen und die mir Raum geben, mich auf meine Aufgaben zu kon-
zentrieren.
Balzers bietet natürlich ausser der schönen Natur noch einiges mehr. So möchte ich das
grosse Freizeitangebot für Kinder erwähnen, welches hauptsächlich von den vielen Ver-
einen ausgeht.
Auf die Frage «Was ist ein Balzner oder eine Balznerin? Etwas Besonderes?» möchte ich
erzählen, wie man mir die typischen Balzner charakterisiert hat: «Balzner sind Menschen,
welche einen ausgeprägten <Dörfligeist> und zwei entscheidende Probleme haben, näm-
lich den <Pföö> und den Neid!» Ja, jeder Balzner und jede Balznerin ist etwas Besonderes,
wie jeder andere Mensch für mich einzigartig und mit seiner Individualität besonders
ist. Ich habe mir zur Devise gemacht, die Vorurteile zu ignorieren und jeden Menschen
so zu schätzen, wie er auf mich wirkt. Dies halte ich als Ausländerin für einen grossen
Vorteil, denn ich brauche mich so nicht mit negativen Vorgeschichten beschäftigen, son-
dern kann jeden Menschen im Moment wahrnehmen, so wie er ist, und mir mein eigenes
Bild machen; dafür bin ich dankbar.
Wenn ich etwas wünschen könnte für Balzers und die Menschen, die hier leben, so wäre
dies Folgendes:
- ein verantwortungsbewusster Umgang mit der Natur
- Chancengleichheit für alle, ob Mann oder Frau
- Förderung von Offenheit und Solidarität junger Menschen gegenüber
anderen Kulturen
- ein Dorfplatz, der z.B. belebt werden kann mit einem wöchentlichen
Obst- und Gemüsemarkt...
71
Helmut Ritter (1943)
Ich verbrachte meine Jugend in Bregenz, wo ich nach meiner Ausbildung auch arbeitete. Bei der Suche
nach einer nebenberuflichen Weiterbildung fand ich das Abendtechnikum in Vaduz. Um diese Möglich-
keit wahrzunehmen, bewarb ich mich bei der Balzers AG. Im Juni 1962 kam ich dann nach Balzers und
arbeitete in der Konstruktionsabteilung. In Mäls, hinterm «Truuba», wohnte ich in Untermiete, ebenso
wie zwei Freunde von mir. Abends spielten wir Fussball mit FCB-Spielern auf dem Studentenplatz, oder
wir verbrachten unsere Freizeit im «Truuba», «Schlosshof», «Falknis» etwa mit Schach spielen und
Tischfussball. Dabei lernte ich aufgeschlossene, humorvolle Balzner kennen, wodurch zahlreiche herzli-
che Kontakte und Freundschaften entstanden. Auf der anderen Seite waren zu dieser Zeit «d Ööstrii-
cher» bei manchen Balznern nicht sehr willkommen, was ich aber nicht direkt zu spüren bekam und
was mich deshalb auch nicht sehr störte. Am Wochenende fuhr ich jeweils nach Bregenz zu meiner
Mutter. Die Bongertfeste, Turnerkränzle, Silvester- und Maskenbälle an den Wochenenden wurden na-
türlich nicht ausgelassen. Hier zeigte sich auch die Gemütlichkeit der Balzner. Bei Musik, Tanz und
Gesang wurde oft nach der Sperrstunde in privater Runde bis in die Morgenstunden gefeiert.
Am Arbeitsplatz waren wir ein internationales, interessantes und facettenreiches Team in einem Betrieb,
der im weiten Umkreis aufgrund der Vielfältigkeit der Fachgebiete seinesgleichen suchte und auch heu-
te bei Besuchern immer wieder Erstaunen auslöst. Um das Studium auf dem Gebiet der Elektrotechnik
abzuschliessen, zog ich nach Zürich um. Trotz Plänen, nach der Ausbildung möglichst schnell weiter
nach Übersee ins Ausland zu wechseln, kam es ganz anders. Ich heiratete eine waschechte Balznerin, in
die ich mich kurz vor meinem Umzug nach Zürich verliebt hatte.
Nun lebe ich bereits 34 Jahre in Balzers. Wenn ich die erwachsenen Kinder, Nichten und Neffen betrach-
te, scheinen die Jahre wie im Fluge vergangen zu sein. Ich fand Aufnahme, Geborgenheit und Unterstüt-
zung in einer Grossfamilie mit all den schönen Festen im Kreise von Jung und Alt, wofür ich sehr
dankbar bin, weil dies heute immer weniger eine Selbstverständlichkeit ist.
In derselben Zeit entwickelte sich Balzers von einer ländlichen Gemeinde zu einem Dorf mit moderner
Infrastruktur. Trotzdem ist die Eigenheit der Balzner zu einem grossen Teil erhalten geblieben. Sie ist
geprägt durch eine gesunde Eigen- und Bodenständigkeit bei gleichzeitiger Aufgeschlossenheit für das
Neue. Dank dieser Eigenschaften ist es gelungen, einen Grossteil der Jugend in der Freizeit für Musik,
Gesang oder Sport zu gewinnen. Dies ist sicherauch ein Verdienst der verantwortlichen Institutionen in
der Gemeinde, mit denen ich während meiner Vorstandstätigkeit im Tischtennisclub gerne zusammen-
arbeitete. Bei Problemen und Anliegen fand sich immer ein offenes Ohr.
Während mir früher die unmittelbare Nähe des Bodensees sehr fehlte, schätze ich heute die ideale Lage
von Balzers, um die Freizeit in der Natur zu verbringen, auch wenn uns der «Pföö» manchmal vertreibt.
Es ist herrlich, sich vor der Haustüre beim Joggen, Skifahren oder Wandern entspannen zu können. Die
Voraussetzungen dazu sind durch die laufend gepflegten Wanderwege und Einrichtungen optimal.
Durch geschäftliche und private Aufenthalte im Ausland, vor allem in Übersee, konnte ich das Fernweh
ein wenig kompensieren. Sicher, es gibt auch viele andere reizvolle Gegenden, wo man sich vorstellen
könnte zu leben. Aber es ist jeweils schön, wenn am Ende einer Reise ins Ausland Schloss Gutenberg
auftaucht und man nach Hause in ein intaktes Umfeld mit sehr guten Einrichtungen und Arbeitsmög-
lichkeiten kommt.
72
Serpil Sahin (1982)
Ich lebe seit meiner Geburt in Balzers, in der gleichen Strasse, im gleichen Haus. Ich fühle
mich hier wohl, denn ich kenne Balzers als mein Zuhause, und die Leute sind alle
äusserst freundlich. Dass ich eine Ausländerin bin, habe ich in Balzers fast nie zu spüren
bekommen. In der Schule und auch sonst im Alltagsleben hat man mich nicht anders als
die anderen behandelt. Den Kindergarten, die Primarschule und auch die Realschule
habe ich in Balzers besucht. Ich bin hier aufgewachsen und fühle mich als «Balznerin».
Leider bin ich keine. Den Dialekt beherrsche ich sehr gut, und er gefällt mir auch.
Wenn ich in den Ferien in die Türkei fahre, fühle ich mich nie so wohl wie in Balzers, wo
meine Freunde und mein ganzer Bekanntenkreis leben. Doch den Strand, das Meer und
das tolle Klima in der Türkei vermisse ich schon, da in Balzers das Wetter nicht immer so
ist, wie es sein sollte.
Zu Hause geniesse ich am meisten die Ruhe und die Stille. Ich gehe gerne am Abend spa-
zieren. Vielfach bereitet mir der Föhn starke Kopfschmerzen. Daran habe ich mich aber
wohl oder übel gewöhnen müssen.
Überall gibt es Vor- und Nachteile. Im Grossen und Ganzen lebe ich sehr gerne in Balzers.
Ich hoffe, dass sich das in den nächsten Jahren nicht ändern wird, denn ich fände es
schade, wenn ich von Balzers wegziehen müsste.
Fredy Scherrer (1966)
Meine Jugend verbrachte ich nicht in Balzers. Erst durch die Heirat mit einer Balznerin
kam ich in diesen Ort. Meine Arbeitsstelle hier im Dorf verhalf mir dazu, möglichst rasch
viele Balzner kennen zu lernen und mir das für mich als Schweizer untypische Du anzu-
gewöhnen. Ich glaube, gerade dieser offene und unkomplizierte Umgang miteinander ist
im Vergleich zu anderen Orten - vor allem in der Schweiz - wohl etwas Einzigartiges.
Die politische Landschaft mit ihren drei Parteien, bei denen man meist nach den politi-
schen Farben des Elternhauses eingestuft wird, dürfte wohl für manchen, der diese
Form nicht kennt, als etwas eigenartig erscheinen. Es ist auch erstaunlich, dass rein
politische Entscheide nur von Balzner Bürgern getroffen werden können und andere
Steuern zahlende Einwohner davon ausgeschlossen werden.
Eine Besonderheit von Balzers sind sicherlich auch die vielen Traktoren, von denen wohl
einige nur noch für die Fahrt in die Deponie gebraucht werden. Im Weiteren ist bemer-
kenswert, dass es hier einfacher ist, ein Nachtlokal zu finden als eine Tankstelle. Ich bin
auch der Meinung, dass das Schloss Gutenberg kulturell zu wenig genutzt wird. Dadurch
bleibt es wohl für manchen zu Unrecht ein unantastbarer Ort.
An Balzers schätze ich vor allem die organisierte Gemeindedeponie, die Unterstützung der
Vereine durch die Gemeindebehörden, den tollen Gemeindesaal und das vielfältige Frei-
zeitangebot, das auch noch durch die geographische Lage begünstigt wird. Für die Zu-
kunft von Balzers wünsche ich mir, dass das Zentrum verstärkt ausgebaut und als Treff-
punkt erkannt wird. Ausserdem sollte das in die Industriezone verbannte Kleingewerbe
wieder vermehrt im Dorf angesiedelt werden.
Balzers bedeutet für mich eine neue Heimat. Hier fühle ich mich wohl. Die Erlebnisse im
Beruf und im Privaten zeigen mir auf liebenswerte Weise, dass ich wohl ein «Schwizer»,
aber sicher kein Fremder mehr bin.
Angelo Schito (1946)
Wie ich 1964 als junger Mann von Italien nach Liechtenstein kam, dachte ich zuerst, ich sei in der
Schweiz. Damals war es «in», in die Schweiz zu gehen, und ich wollte die grosse weite Welt kennen
lernen. Erst nach längerer Zeit, durch das Schreiben von Briefen nach Hause (denn damals schrieb man
noch nach Hause, telefonieren war zu teuer) und meine Leidenschaft als Briefmarkensammler, ist mir
aufgefallen, dass auf jeder Briefmarke der Name Liechtenstein zu lesen war. Liechtenstein? Was ist das?
Was bedeutet dieses Wort? Bis ich schliesslich draufgekommen bin, dass Liechtenstein ein eigener Staat
ist und noch einen Fürsten und eine Fürstin hat, dauerte es einige Zeit!
Meine ersten Eindrücke von Balzers waren, dass es sehr klein war und es fast nichts gab. Obwohl mein
Dorf, wo ich herkomme, auch nicht gross ist, gab es doch verhältnismässig mehr als in Balzers. Ich
erinnere mich noch gut an den Dorfladen in Balzers, wo man die Büchsentomaten fast eine Woche
vorher bestellen musste, um am Sonntag die Tomatensauce zu den Spaghettis kochen zu können.
Mein inneres Gefühl sagte mir gleich von Anfang an, dass ich hier in Balzers etwas zur Gemeinschaft
beitragen konnte. Ich spürte den grossen Idealismus der Jugendlichen, den Drang, etwas aus dem Leben
zu machen. Das imponierte mir stark, weil ich selber diese Haltung hatte.
Infolgedessen trat ich sehr schnell der Harmoniemusik Balzers bei. Die Aufnahme war äusserst herzlich
und freundlich; einige Mitglieder entwickelten sogar väterliche Gefühle mir gegenüber. Waren das noch
Zeiten, als wir im alten Probelokal auf dem Holzboden musizierten und den Takt mit den Füssen klopf-
ten, dass es nur so staubte! Auch meine Klarinette war eine Sensation: ein altes Böhm-System und dazu
ein Mundstück aus Glas. Wie haben doch alle geschaut! Ich habe an diese Zeit schöne Erinnerungen,
verbunden mit dem Gefühl, dass ich gebraucht wurde, dass man als Gemeinschaft etwas erreichen konnte.
Kurz darauf gründete ich mit einigen Kollegen und einer Kollegin eine Tanzmusik. Die Namengebung war
eine grosse Frage, denn man wollte nicht einen gewöhnlichen Namen aussuchen, sondern etwas Spezi-
elles. Wir einigten uns auf «The Sounders», was ein enormer Fortschritt in der damaligen Zeit war. Der
erste Auftritt wird mir immer in Erinnerung bleiben, denn er war ein einmaliges Erlebnis. Wir besassen
alle kein Geld und hatten mit geliehenen Mikrophonen und einem Radio als Verstärker im «Höfle»
unseren grossen Moment. Der «Höfle»-Wirt sagte uns, wenn bis 22 Uhr niemand mehr im Lokal sei,
müssten wir aufhören zu spielen. So weit kam es Gott sei Dank nicht. Im Gegenteil, wir hatten einen
Riesenerfolg und konnten uns danach vor Aufträgen kaum mehr retten.
Und so vergingen die Jahre. In der Zwischenzeit habe ich geheiratet und eine Familie gegründet. Vieles
hat sich seitdem verändert, und Balzers hat eine enorme Entwicklung mitgemacht. Ich schätze nach wie
vor den Idealismus bei der Bevölkerung, etwas aus ihrem Dorf zu machen. Auch die Förderung der
Jugendlichen durch so viele Vereine ist meines Erachtens sehr gut investiertes Geld, denn die Jugend ist
unsere Zukunft. Meiner Meinung nach hat sich die Investition in die vielen Vereine gelohnt, wenn man
nur schon einen einzigen Jugendlichen dazu animieren kann. Deshalb sollte jeder Bewohner im Rah-
men seiner Möglichkeiten die Vereine voll unterstützen.
Im Gegensatz zu heute war früher das Dorfleben in Balzers viel herzlicher und familiärer. Ich bin mir
bewusst, dass die Zeiten hektischer geworden sind, trotzdem vermisse ich diese Atmosphäre.
Nun sind schon einige Jahrzehnte vergangen, seit ich hierher gekommen bin. Ich kann sagen, dass Balzers
ein schönes und lebenswertes Dorf ist und war, wo sich das Mitarbeiten in der Gemeinschaft lohnt und
ich mich wohl fühle.
75
Sylvia Seger (1943)
Als ich vor dreissig Jahren, aus Österreich kommend, meine Koffer in einem Untermiet-
zimmer in Balzers abstellte, begann ein neuer Lebensabschnitt.
Die Lage des Dorfes war herrlich, das war auf den ersten Blick zu sehen. Es war ruhig, und
die Balzner fand ich sehr hilfsbereit und freundlich. Soweit alles in bester Ordnung.
Wenn nur die Sprache nicht gewesen wäre! Ich verstand die freundlichen Balzner eben-
so wenig wie sie mich, und meine Verständigungsversuche endeten häufig in allgemeiner
Ratlosigkeit. Ich beschloss, mich anzupassen. Die Lacherfolge, die ich - besonders am
Anfang - mit meinen schüchternen Dialektversuchen erzielte, waren nicht gerade ermu-
tigend. Aber irgendwann löste sich dieses Problem von selbst. Ich lernte den Dialekt
verstehen, und meine Balzner Bekannten haben sich an meine Aussprache gewöhnt.
In der Balzers AG hatte ich bald einen netten Freundeskreis und lud meine Arbeitskollegin-
nen des Öfteren zum Essen ein. Da dies mit der Zeit aus Platzgründen schwierig wurde,
beschlossen wir, unsere Zusammenkünfte in Restaurants zu verlegen. Wir nannten uns
Eulen-Club, weil diese Treffen aufgrund unserer Berufstätigkeit nur abends stattfinden
konnten.
Wer nun denkt, dass in diesem Damenkränzchen nur Kochrezepte ausgetauscht wurden,
täuscht sich sehr. Die Frauen hatten unter anderem lebhaftes Interesse an Politik. Ent-
scheidungen im Gemeinderat, Regierungsbeschlüsse und Tagesthemen, wie das in müh-
samen Geburtswehen begriffene Frauenstimmrecht, wurden heftig diskutiert, kommen-
tiert, kritisiert, gutgeheissen, abgelehnt oder in Frage gestellt. Es war eine helle Freude
zuzuhören, aber wahrscheinlich gut, dass den nicht anwesenden Ehemännern und der
hochverehrten Regierung diese Diskussionen nie zu Ohren kamen.
Wenn ich an diese lustige Zeit zurückdenke, tauchen viele Gesichter in meiner Erinnerung
auf. Unser Club umfasste zeitweise achtzehn Mitglieder; sogar zwei Männer waren da-
bei, die aber neben den diskutierenden Frauen nicht immer genügend zu Wort kamen.
Erinnerungen sind eines und die Zukunft etwas anderes, und da wir in der Zukunft das
ernten werden, was wir in der Vergangenheit gesät haben, drängen sich hier Wünsche
auf. Für Balzers, aber natürlich auch für das ganze Land, würde ich mir wünschen, dass
besonders die Belange des Umweltschutzes berücksichtigt werden. Liechtenstein ist ein
so kleiner Lebensraum, dass es nicht mehr besonders vieler Umweltsünden bedarf, um
das Schöne zu zerstören, das wir noch haben.
Das andere, von dem ich mir wünsche, dass es überleben möge, ist die Balzner Eigenart,
die in den Büchern von Mane Vogt so schön dokumentiert ist. Hier hat sich in den letzten
Jahrzehnten einiges geändert. Das eine kommt, das andere geht, die Zukunft lässt sich
nicht aufhalten. Nicht nur durch den ausländischen Bevölkerungsanteil, besonders auch
durch die Medien, durch Reisen und multikulturelle Veranstaltungen werden sehr viele
verschiedene Einflüsse und Wertvorstellungen hereingetragen, so dass die dörfliche Kul-
tur und Lebensart einem ständigen Wandel unterworfen ist.
Es bleibt zu wünschen, dass all dieses möglichst harmonisch verarbeitet wird, so dass
Balzers das bleibt, was es bisher war: ein lebendiges Dorf, in dem jeder Mensch seinen
Platz im Leben hat und von seinen Mitmenschen respektiert und geachtet wird.
76
Viktor und Käthi Sialm-Bossard (beide 1939)
Vor rund dreissig Jahren sah ich zum ersten Mal das Fürstentum. Am Gymnasium war eine Stelle frei, und
da ich aus meiner Freiburger Studienzeit liechtensteinische Kollegen kannte und ein Wechsel ohnehin
bevorstand, folgte ich einer Einladung zu einem Anstellungsgespräch.
In Trübbach endete damals die Autobahn; ich überquerte die Rheinbrücke und befand mich unvermittelt
auf liechtensteinischem Boden. Den Pass hatte ich vergeblich bereitgelegt. Beim Anblick des Schlosses
glaubte ich, Vaduz vor mir zu haben; ein beklemmendes Gefühl überfiel mich, denn ich fuhr auf eine
senkrechte Wand zu, die nach oben nicht enden wollte - Aprilwetter! Ich mag Berge, aber in dieser Enge
leben? Nie und nimmer! Dann bog die Strasse vor dem Schloss unerwarteterweise nach links. Das Ge-
lände weitete sich, und lichte Auenwälder säumten die Strasse; die Felswand verschwand. Es tauchte
ein anderes Schloss auf: Vaduz. Ich war erleichtert, und die Begegnung am Liechtensteinischen Gymna-
sium hob die Stimmung. Ich konnte mir vorstellen, hier zu unterrichten. Auch wenn nicht alles so
pünktlich ablief und nicht gerade jedes Wort zum Nennwert genommen werden konnte, gedachte ich,
etwa fünf Jahre hier zu bleiben.
Dass wir dann gerade im Dorf mit der steilen Felswand Wohnsitz nehmen sollten, war eher Zufall. Wir
standen hier in der Tat vor einer Wand: Die Kinder fanden sich im Dorf kaum zurecht, Kirchgang und
Botengang wurden anfangs hinter Vorhängen stumm begleitet, der Gruss kaum erwidert. Unsere Kin-
der reagierten allergisch auf die häufige Frage «Wämm ghöörscht?». Die Fragenden wussten dann in
jedem Falle Bescheid: Wir waren eben namen- und bodenlos. Gemüse gab’s kaum zu kaufen. Jeder
Balzner pflegte sein eigenes Gärtchen und hatte seinen Pflanzblätz. So wollte meine Frau sofort wieder
abreisen. Ein auswanderungswilliger Balzner meinte später einmal, die Balzner seien der Ansicht, in
Trübbach beginne der Urwald. Anfangs glaubten wir in der Tat, dass nicht nur die Autobahn in Trüb-
bach ende. Wir vermissten eben vieles: Spielkameraden für die Kinder, die vertraute Umgebung, Gast-
freundlichkeit, das Gefühl des Angenommenseins, Stimm- und Wahlrecht, politische Mitsprache und
Mitbestimmung. Der Ausländerausweis und die Abgabe der Militäreffekten hinterliessen ein ungutes
Gefühl. Als freier Rätier, in der Innerschweiz aufgewachsen, halte ich ohnehin Mühe, Kritik für mich zu
behalten. Und so merkte ich bald, dass auch in Balzers gewisse Themen tabu waren; Monarchie, Fürst,
Obrigkeit, Dorfpolitik usw.
Als nach einem Jahr unsere kleine Barbara starb, spürten wir rasch, dass hinter dieser Wand nicht kalte,
harte und unnahbare Menschen wohnten. Über Nacht erfuhren wir Mitgefühl, Hilfe und Herzlichkeit.
Das Grab gab eine neue Bindung zum Dorf. Das Beziehungsgeflecht ist seit dieser Zeit dichter gewor-
den; die Kinder sprechen den Balzner Dialekt und fühlen sich verwurzelt, weshalb sie das Ausgrenzen
bei der Jungbürgerfeier als sonderbar empfinden.
Über die Arbeit mit der heranwachsenden Balzner Jugend lernten wir Balzner Mentalitäten kennen und
achten. Wir sind in unserer Erziehungsarbeit überzeugt, dass schliesslich Grundbeziehungen zu Gott,
zum Mitmenschen, zur Natur und zu sich selbst wichtiger sind als etwa Beziehungen zum metallenen
Wilhelm Teil und zur Anzahl der Böden. So haben wir - aus den beabsichtigten fünf Jahren sind nun
dreissig geworden - versucht, junge Menschen für den fragwürdigen «Wertewandel» in unserer
konsumorientierten Zeit zu sensibilisieren. Wir alle sind ja in erster Linie Menschen, nicht Balzner,
nicht Mitbewohner (welch schönes Wort!).
Es hat sich seit 1971 viel verändert, nicht nur sprachlich. Die Kirche ist leerer geworden, der Friedhof
wird erweitert... Die Wand über Balzers ist dieselbe geblieben, aber unsere Beziehung zu ihr hat sich
positiv verändert.
77
Aldina Sievers-Nutt (1952)
Meine Mutter wischte sich die Tränen aus den Augen, wie ich als Zwanzigjährige, jüngste
von vier Töchtern, das Haus verliess, um in eine Stadt zu ziehen. «Wenn du wüsstest,
Mama, dass ihr mich hier so bald nicht wieder sehen werdet», dachte ich hartherziges
Geschöpf. Es war mir zu eng in Balzers, ich wollte weg, möglichst weit und für immer.
Nach zehn Jahren Stadtleben zog es mich zurück aufs Land.
Seit zwölf Jahren lebe ich wieder in Balzers, im umgebauten Elternhaus «mit Kanal-
anstoss». Zum Spass prahle ich gerne damit, dass ich vom Küchenfenster aus Forellen
angle, wenn der Kühlschrank leer ist. Trotz einiger neuer Häuser in der Umgebung ist
der Blick von meiner Haustüre Richtung Burg Gutenberg unverändert wie in meiner
Kindheit. Auch die Nachbarskinder spielen bei schönem Wetter auf der Strasse wie wir
früher. Sie sind nicht mehr so zahlreich, wie wir waren, und spielen andere Spiele. Wir
lasen die Messe auf der Scheiterbeige im «Tänn». Meine ältere Schwester war der Pfar-
rer, ich durfte das Weihrauchfass schwingen. Die Attraktion dieses Spiels rührte sicher
daher, dass wir Mädchen nicht ministrieren durften; mit Frömmigkeit hatte es wenig zu
tun, denn im Mai, wenn Pfarrer Candreia zur Maiandacht ging, versteckten wir uns hin-
ter den Heuhöckerchen auf den Wiesen. Sobald er vorbei war, hüpften wir wieder dar-
über, bis von einem Haufen nicht mehr viel zu sehen war.
Balzers ist landschaftlich schön gelegen und hat mit dem Burghügel und der Pfarrkirche
einen sehr hübschen, markanten Mittelpunkt. Am schönsten finde ich den Blick auf das
Dorf, wenn man von der Luziensteig herunterkommt. Mein Mann und ich machen oft
Dorfspaziergänge. Wir beobachten, wo und welche neuen Häuser entstehen. Die Vielfalt
an Farben, Fenstern, Baikonen, Dächern usw. auf kleinem Raum ist schon erstaunlich.
Man könnte glauben, das einzige Verbot der Bauordnung bestünde darin, dem Nachbarn
etwas abzuschauen. An der Sanierung von Altbauten scheint man wenig Interesse zu
haben. Warum halbzerfallene alte Häuser in diesem reichen Dorf? Was uns auf unseren
Touren auch immer wieder auffällt, ist, wie wenig anderen Fussgängern wir begegnen.
Wir schätzen aber auch die grösseren Wanderungen in die Umgebung, die wir von der
Haustüre an zu Fuss antreten können - vor allem natürlich jene nach Fläsch, wohin auch
ein gutes Glas Wein und Bündnerfleisch locken.
Wenn man als Kind der Stadt Wien richtige Berge oder Wälder sieht, dann nur in den Ferien. Ich habe ein Jahr ge-
braucht, um zu realisieren, dass ich hier in Balzers, wo ich mit meiner Familie seit achtzehn Jahren wohne, nicht in
den Ferien bin. Jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit nach Vaduz habe ich die Berge gesehen, wie der Schnee schmilzt, die
Wiesen und Wälder grün werden. Es war ein toller Anblick, und ich kam richtig aufgestellt ins Büro. Das Balzner
Schloss war am Heimweg wieder der Markstein: wie ein Leuchtturm, auch wenn die Nebel im Herbst die Leuchtkraft
schmälerten. Da bist du zu Hause.
Balzers war ganz anders für mich - nicht daheim und doch zu Hause. Ohne unsere verzweigte Lamilie wäre ich sicher
einsam gewesen. Nicht was den Kern der Familie betrifft, vielmehr die Anrede zu den Leuten im Ort. Ein «Hoi, bischt
im Schuss?» Das war’s dann schon. Ich habe verstehen gelernt, warum das so ist. Seit Jahrhunderten war man
misstrauisch gegenüber Fremden, hat als Grenzort, an einer der Hauptverbindungen in den Süden, schwer gelitten,
und das prägt den Menschenschlag.
Wenn ich jemanden einladen wollte, so wie ich es von zu Hause gewohnt war, hörte ich von meiner Frau: «Das ist bei uns
nicht üblich.» Und die wenigen Versuche, die daraus resultierten, waren nur einseitig. Also habe ich mich angepasst. Es
war mir klar, dass am Stammtisch kein Platz für mich war, ausser ich wurde dazu eingeladen. Meist war es Neugier und
der Wunder, «was das för än ischt». Jetzt lebt er da mit jemandem von uns. Man hat die Neugierde gestillt und erfuhr
die ganze Wahrheit. «Bischt jo ned schiächt, zalscht d Stüüra wia ii, aber wänn du uf Gmäänd gooscht zor libörgereg -
i stimm gega dii!» In vino (cervizia) veritas. Selbst in Diskussionen im Verwandtenkreis war das Ausländerthema latent
vorhanden. Denn schon ein Balzner oder Mälsner zu sein, macht einen Unterschied. Die Jahre des Getränkehandels
nach dem Tod des Schwiegervaters waren die, die mich versöhnt haben und mir Gelegenheit gaben, mit vielen
Balznern zu reden und sie auch kennen zu lernen. Ich bekam das Gefühl dazuzugehören.
Ich spüre, dass ich Farbe angenommen habe. Wenn ich in Wien oder sonst wo in der Welt von zu Hause erzähle, ertappe
ich mich dabei, zu sagen: «Bei uns z Balzers ist das anders.» Und die Gäste und Freunde, die uns besuchen kommen,
beneiden mich um die Berge, die Ruhe, die Natur rundherum und selbst um den Föhn, weil er warm ist. Balzers ist zu
meiner Heimat geworden mit allem Drum und Dran, was dazugehört. Leider gibt’s noch keinen Heurigen, der fehlt
mir! Trotzdem möchte ich nicht mehr woanders wohnen oder leben. Denn es ist heute für mich, wenn ich von auswärts
komme, noch immer so wie früher, als man den Kindern, die raunzig und müde waren, sagte: «Schau, ich sehe schon
das Schloss, da sind wir zu Hause.» Denn dort unterm Schloss, da bist du zu Hause - da ist Balzers.
Reinhard Sinn (1947)
Anja Sprenger (1975)
Vor 24 Jahren wurde bestimmt, dass ich hier aufwachsen soll. So wurde
Balzers zu meiner Heimat. Über die Zeit hinweg wurde es zur Selbstver-
ständlichkeit, dass meine Familie hier lebt, dass ich hier zur Schule ging
und dass ich hier gute Freunde fand. Dadurch ist Balzers für mich zu viel
mehr geworden als einfach der Ort, an den ich damals gebracht wurde.
Doch - wie wohl auch vielen von euch - wird mir immer wieder dann so
richtig bewusst, was mir meine Heimat wert ist, wenn ich in der Ferne
bin. An welchem Plätzchen kennt man denn nebst den zweibeinigen auch
die meisten seiner vierbeinigen Nachbarn? An welchem Plätzchen wird
denn schon so oft über die Zäune hinweg, von Garten zu Garten, über das
Wichtigste, über das Neueste oder einfach über das Alltägliche gespro-
chen? Aber ich sehe schon, die Einzigartigkeit dieses Dörfchens lässt sich
kaum erklären. Nur, lebt man hier, wird man bestimmt dieses Besondere
kennen lernen. Für mich jedenfalls ist Balzers ein kleines, lieb gewonne-
nes Fleckchen, mit dem ich viele schöne Erinnerungen verbinde und zu
dem ich immer wieder gerne zurückkehre.
Nelly Stamm (1940)
Durch den Arbeitsplatz meines Mannes in der Balzers AG kam unsere Familie aus dem Schaffhausischen ins
Rheintal nach Azmoos. 1972, zwei Jahre später, übersiedelten wir nach Balzers in die Elgagass. Wir waren
richtig stolz auf unser neues Zuhause, direkt unter dem Schloss Gutenberg, das wir unseren Besuchern schon
bald als «üsers Schloss» vorzeigten. Wir als Flachländer fanden es imposant, in einer Talsohle zu leben,
umringt von hohen Bergen. Man kann vom Frühjahr bis Flerbst von der Haustüre weg Wanderungen nach
den verschiedensten Richtungen unternehmen. Auch für den Wintersport sind Skipisten oder Langlaufloipen
in nächster Nähe vorhanden. Wenn wir heute an die ersten Erlebnisse und Erfahrungen in Balzers zurück-
denken, müssen wir öfters noch schmunzeln, wie über das unkomplizierte, für uns aber ungewohnte Du. So
spazierte ich mit dem Kinderwagen ins Mälsner Dorf zum Einkäufen. Unterwegs hielt mich ein älterer Mann
auf und sagte: «Hoi! Wämm ghöörscht dänn du, Määtle?» Verlegen sagte ich: «Ich bin ka Balznere, ich bin
eine Zugezogene.» Auch die Kinder, die an mir vorbeigingen, riefen: «Hoi!». Ich grüsste einfach auch mit
einem freundlichen «Hoi!» zurück.
Als aufgeschlossene und kontaktfreudige Person hatte ich eigentlich keine Mühe, mit den verschiedensten Leu-
ten ins Gespräch zu kommen, wenn ich meine Kinder in die Schule oder in den Kindergarten begleitete oder
wenn ich einkaufen ging. So erfuhr ich auch über die Institution des Frauen- und Müttervereins, dem ich als
Mitglied beitrat.
Eine besondere Bedeutung für mich persönlich hat das Alter. So stelle ich mich gerne für Kirchfahrten zur
Verfügung und helfe mit an Seniorennachmittagen (gemütlicher Kaffeehock). Seit zehn Jahren arbeite ich
bei der Familienhilfe Balzers als Betagtenbetreuerin. Da ist man nicht nur als Arbeitskraft, sondern auch als
Gesprächspartnerin gefragt, und ich konnte schon so vieles aus früheren Zeiten erfahren.
Sportlich und kulturell hat Balzers besonders viel zu bieten. So wurden 1975 ein Hallenbad und eine Dreifach-
turnhalle gebaut. Ich erfuhr, dass es unter anderem einen Tischtennisclub gibt. Einen Abend lang verfolgte
ich diesen schnellen Sport und war davon so begeistert, dass ich dem Verein sofort beitrat und heute, mit bald
sechzig Jahren, immer noch aktiv mitspiele (zweimal Landesmeisterin). Stolz bin ich auf die Operette
Balzers, bei der sowohl vor wie hinter den Kulissen zum grossen Teil Einheimische mitwirken.
Für eine gute Idee halte ich auch die alljährlichen Gemeindewanderungen. Wir benützten mit unseren Kindern
so jede Gelegenheit, die neue Heimat kennen zu lernen. Heute sind es mein Mann und ich, die gerne mitwan-
dern und den Kontakt mit den Balznern aufrechterhalten.
In der ersten Zeit in Balzers fielen mir die vielen Kirchgänger auf, Jung und Alt. Noch heute bin ich beeindruckt
von der Fronleichnamsprozession, dem Einzug der Erstkommunikanten und Firmlinge, begleitet von der
Harmoniemusik. Da ich in einer katholischen Minderheit (Diaspora) aufgewachsen bin, kannte ich dies alles
nicht. Gerührt waren wir von der Anteilnahme der Bevölkerung anlässlich der Pilzvergiftung unserer Familie
im Jahr 1983. Spontan wurden unsere jüngsten Kinderbei «Pflegefamilien» untergebracht und bestens betreut.
Mit dem ältesten Balzner, dem «Pföö», machten wir auch schon unsere Erfahrungen. In der Lowal wurde uns
einmal ein Drittel des Hausdaches weggefegt. Die Kinder hingegen hatten mit dem Föhn weniger Probleme.
Sie liessen sich von den Windstössen treiben, indem sie auf Rollschuhen ein Stoffsegel in der Hand hielten.
Unsere Kinder Daniel, Thomas und Sandra erlebten eine schöne Schul- und Jugendzeit. Im Gegensatz zu uns
Eltern haben sie den Balzner Dialekt schnell angenommen. 1992 konnten wir schliesslich auch unseren sehn-
lichsten Wunsch nach einem eigenen Heim verwirklichen. Damit ist zum Glück der vierte Wohnungswechsel
in Balzers wohl definitiv der letzte Umzug gewesen.
Abschliessend möchte ich sagen, dass wir gerne in Balzers leben und wohnen. Auf dem Papier bin ich zwar eine
Schweizerin, aber im Herzen eine Balznerin.
81
Franz Tschugmell (1928)
Mein Vater, in Triesen geboren, war Österreicher. Meine Mutter, eine Balzner Bürgerin,
verlor durch ihre Heirat die liechtensteinische Staatsbürgerschaft, wurde ebenfalls
Österreicherin. Wir vier Kinder wuchsen in Österreich auf, als Ausländer.
Den Balzner Bürgern stand damals und steht heute noch der Bürgernutzen in Form von
Losholz zu. Mit Pferdefuhrwerken oder, wenn Schnee lag, mit Schlitten wurden Holz-
stämme aus dem Wald geholt, im Hof aufgeschichtet und zu Scheiten verarbeitet. Hol-
zen war eine typische Winterarbeit.
Meine Eltern erbauten 1924/25 auf einem Grundstück der Mutter ein Wohnhaus. In der
Küche stand - wie damals in allen Häusern - ein Holzherd, in der Stube ein Kachelofen.
Dieser wurde von der Küche aus befeuert und eignete sich auch zum Brot backen. Doch
Losholz stand den Eltern nicht zur Verfügung. Zudem war es Ausländern verboten, im
Wald oder in den Rheinauen Dürrholz zu sammeln. So holte sich mein Vater das benötig-
te Holz (Schwemmholz) draussen am Rhein.
Damals schwoll der Rhein während langen Regenfällen oder bei Gewittern viel stärker und
schneller an als heute. Oft stieg der Wasserpegel bis zirka einen Meter unter die Damm-
krone. Dabei führte der Rhein eine immense Menge von Holz mit. Auch während der
Schneeschmelze war der Wasserstand von Mittag bis tief in die Nacht viel höher als heute.
Diese Änderungen sind auf die Stauseen im Bündnerland zurückzuführen. Früher rissen
Lawinen, Muren und reissende Bäche während Gewittern bereits zerkleinerte Holz-
stücke in die Tobel der Bergtäler. Von dort aus wurden sie vom Schmelz- und Regenwas-
ser direkt in den Rhein geschwemmt. Heute bleibt solches Holz in den Stauseen hängen.
Deren Wasser wird dosiert den Turbinen zugeleitet und fliesst - zusammen mit den vor-
geschriebenen Restwassermengen - in mehr oder weniger konstanter Menge den Rhein
herunter. Nur ein paar kleine Bäche, wie zum Beispiel die Landquart oder die Trübbach,
bewirken noch geringe Pegelschwankungen des Rheins.
Bei Hochwasser schwammen oft ganze Stämme und Bäume den Rhein herunter. Ufernahe
Hölzer wurden mit langen Stangen mit Stahlspitzen, aber auch mit Seilen und Stahl-
haken «geentert», ans Ufer gezogen und auf den Damm gezerrt. Dies brauchte sehr viel
Kraft und barg etliche Gefahren, so dass wir drei Buben nur in Anwesenheit unseres
Vaters holzen durften. Aber auch dann hatten wir es eher auf kleinere Stücke abgesehen.
Manchmal waren Bauern am Rheinholzen. Sie schlossen sich zu Gruppen zusammen,
die dank vereinter Kräfte die schwersten Stücke an Land zogen.
Die Schneeschmelze in den Bergen dauert von Ende Frühling bis in den Hochsommer. Das
Schmelzwasser, das damals ohne Rückhalt in den Rhein floss, bewirkte am Nachmittag
ab zirka 14 Uhr bis abends gegen 21 Uhr einen steten Anstieg des Wasserpegels. Dieser
blieb bis in die frühen Morgenstunden konstant und sank dann langsam wieder ab. Jeder
Anstieg brachte Holz, das nach dem Rückgang auf den Sandbänken liegen blieb. Dieses
Holz wurde von uns Buben gesammelt, in Jutesäcke gesteckt und auf den Damm getra-
gen. Waren die Stücke zu gross, wurden sie bereits auf der Kiesbank auf die richtige
Grösse zugesägt. Noch schwerere Hölzer schleppte man einzeln oder zu zweit auf den
Schultern auf die Dammkrone. Anschliessend wurde das Holz auf einem Handwagen
nach Hause geführt.
Vom Beginn der Schulferien bis in den Hochsommer hinein waren wir täglich am Rhein:
werktags um zu holzen, sonntags um in Begleitung des Vaters die Situation auszukund-
schaften.
Wenn ich mich richtig erinnere, waren es in den dreissiger und vierziger Jahren etwa fünf
Haushalte, die ihren Bedarf für den Holzherd und Kachelofen fast ausschliesslich mit
Rheinholz deckten. Zu diesen «Konkurrenten» hatten wir jedoch ein gutes Verhältnis. So
haben wir Fritz Marxer, der in einem kleinen Haus bei den heutigen Schrebergärten
wohnte und stets allein holzte, oft geholfen, ein schweres Stück auf den Damm zu tragen.
Andererseits überliess er uns Buben manchmal ein besonders schönes Prachtexemplar.
Die Besitzverhältnisse waren übrigens klar geregelt. Holzhaufen auf einer Kiesbank ge-
hörten demjenigen, der sie zusammengetragen hatte und dabei war, das Holz auf den
Damm zu transportieren. Nie wurde von uns Holz eines Konkurrenten angerührt, aber
auch uns kam kaum jemals ein Stück abhanden. Haufen hingegen, die unbeaufsichtigt
am Wasser lagen, wurden nicht als Besitz eingestuft.
Rheinholzen war eine harte Arbeit, die wir gerne verrichteten, zumal wir Buben zwischen-
durch immer wieder Zeit fanden, um mit Steinen, Sand und Wasser zu spielen.
Andreas Vogt (1941)
Jedesmal, wenn ich nach einer Auslandsreise über die Rheinbrücke fahre
und die Burg Gutenberg und das Falknismassiv im Blickfeld habe, über-
kommt mich ein seltsames Gefühl. Es hat etwas Befreiendes, gleichzeitig
vermittelt es aber auch Geborgenheit. Hier kehre ich immer wieder gerne
zurück, um Vertrautes und Liebgewonnenes zu finden. Welches sind die
Gründe, die uns mit einem Fleckchen Erde so stark verbinden?
Ich denke, der Beginn dieser Verwurzelung geht bis in die Jugendzeit des
Schreibenden zurück, dort, wo unser Dorf in der Nachkriegszeit seine
eindrückliche Entwicklung vom Bauerndorf zur Industriegemeinde ge-
nommen hat. Damals hat sich vieles innerhalb der Gemeindegrenzen ab-
gespielt. Die Freizeit verbrachten wir Buben im Schlosswald beim Jäger-
spiel oder auf dem Studentenplatz mit Fussball spielen. Fernsehen war
noch sehr wenig verbreitet. Als Ministrant, Singbub oder in verschiede-
nen Vereinen fand man ein weiteres Betätigungsfeld.
Erst mit dem Besuch der Realschule in Vaduz und später der Berufsschule
in Buchs wurden die Gemeindegrenzen überschritten. Es kam so zu den
ersten Kontakten mit Nicht-Balznern. Die zeitweise Entfernung wurde
durch einen längeren Auslandsaufenthalt verstärkt. Mit der Gründung
der Familie und dem eigenen Wohnhaus fand ein zweites Mal eine stärke-
re Bindung mit der Gemeinde statt, die durch ein achtjähriges politisches
Engagement ihren Höhepunkt fand. Jedes für sich allein reicht sicher
nicht aus, die Treue und Loyalität zu Balzers zu begründen. Es ist ebenso
die Art und Weise, wie sich Balzers weiterentwickelt hat, wie eine grosse
Zahl von Fremden in das Gemeindeleben integriert wurde, ohne den eige-
nen Charakter der Gemeinde zu verlieren.
Die Burg Gutenberg, die sich majestätisch zwischen den beiden Dorfteilen
Mäls und Balzers erhebt, stellt für mich einen starken optischen Faktor
dar. Als eingeschworener Mälsner führe ich diese Dualität Mäls/Balzers
bei jeder Gelegenheit gerne an, denn immerhin ist jeder Mälsner ein
Balzner, aber nicht jeder Balzner ein Mälsner.
Mit Blick in die Zukunft wünsche ich mir, dass Balzers möglichst vielen
Einwohnern im Rahmen einer modernen Infrastruktur jene Privatheit
gewährleisten kann, welche zur Entfaltung des ganzen Menschen not-
wendig ist und soviel Offenheit für Neuerungen bewahrt, damit zukünfti-
ge Entwicklungen nicht verpasst werden und trotzdem die Eigenart er-
halten bleibt. Kurzum: eine gewollte Entwicklung, anstatt sich einfach
treiben zu lassen.
84
Edi Vogt (1962)
Balzers ist für mich meine Heimatgemeinde, in der ich aufgewachsen bin und wo mein
Zuhause ist. Mein Aufwachsen war sehr erlebnisreich. Wir sind fünf Geschwister in mei-
ner Familie; da war immer etwas los.
Zum Thema Balzner oder Balznerin fällt mir das schöne Balzner Lied ein: «Wo am Morga
am Falknis d Sunna uufgoot...». Bei diesem Lied merkt jeder, dass Balzers mit seinen
Menschen etwas Besonderes ist.
In Balzers fühle ich mich mit meiner Familie grundsätzlich sehr wohl. Wir haben einige
Perspektiven in Schulen und Beruf. Meine Wünsche sind bis zum heutigen Zeitpunkt
grösstenteils in Erfüllung gegangen, betreffend Familie, Beruf und Gesundheit.
Auf die Frage, was mir in Balzers nicht gefällt, kommt mir spontan in den Sinn, dass uns
die Burg Gutenberg nicht gehört. Auch stört es mich, dass sie praktisch ungenutzt mitten
in unserem Dorfe thront. Des Weiteren könnte ich mir die Zusammenarbeit mit den
Behörden besser vorstellen.
Sehr wichtig finde ich die verschiedenen Dorfvereine, besonders für unsere Jugend. Ich
erinnere mich zum Beispiel gerne an die Pfadfinderzeit zurück. Die Dazugehörigkeit zu
den Pfadfindern hat mich sicherlich auch geprägt. Da lernt man viele Regeln, die man
auf dem späteren Lebensweg brauchen kann.
Hanni Vogt (1957)
Balzers bedeutet mir sehr viel - es ist Teil meines
Lebensinhaltes.
Abgenabelt vom idyllischen Tschüggerland, schlägt
mein Herz heute im südlichsten Dorfe Liechten-
steins, auf der Balzner Allmein. Hier am Fusse des
Mittagspitz fühle ich mich mit meinem Mann und
den drei Söhnen sehr wohl. Eingebettet zwischen
Bergen, ist Balzers ein wunderbares Naturparadies.
Besonders schätze ich aber auch das vielfältige Frei-
zeitangebot, welches unsere Jugendlichen gemes-
sen und aufgrund dessen sie sich auch entfalten
können. Was gibt’s Schöneres als glücklich heran-
wachsende Jugendliche, die mit Motivation und Zu-
versicht nach vorne schauen! Sie - die Quellen un-
serer Zukunft!
Leonhard Vogt (1934)
Nachdem ich langsam in die Jahre gekommen bin, mag es wohl nicht erstaunen, dass sich
meine gedankliche Auseinandersetzung mit meiner Heimatgemeinde mehr auf die
Jugendjahre als auf Zukunftsperspektiven bezieht. Die Entwicklung der letzten fünfzig
Jahre macht es schwer, Kindheits- und Jugenderinnerungen mit der Gegenwart zu ver-
binden. Zu vieles hat sich verändert, aber andernorts gibt es die Lebensweise meiner
Kindheit und Jugend noch.
Es war im Frühjahr 1995. Meine älteste Tochter hatte in Siebenbürgen soeben ihr Prakti-
kum beendet. So beschlossen wir, meine Frau und ich, mit der Tochter den Abschluss
ihi 'es Praktikums mit einer Rumänienreise zu feiern. Wir mieteten ein Auto und fuhren
durch die Bukowina an die Grenze zur Ukraine. Am Morgen und am Mittag liefen alle
Männer und Frauen, Hacken und Hauen geschultert, aufs Land, um dort in harter Hand-
arbeit die Felder zu bestellen. Alte Frauen und Kinder hüteten das Vieh. In den Dörfern
besiedelten Hühner, Gänse, Enten und Ziegen die Strassen. Am Abend lud uns eine Bäue-
rin in ihr Haus zum Übernachten ein und bot uns die Stube zum Schlafen an. Das Geld
zum Einkäufen der Milch mussten wir vorstrecken. Zum Nachtessen gab es Milch und
Suppe. Das Abendprogramm bildete allerorten ein Schwatz auf dem Bänkchen vor dem
Haus. Am Morgen wurden wir durch den Schrei der Hähne geweckt. Wir wuschen uns in
einem Holzzuber unter dem Baum vor dem Haus. Das Leben in den Dörfern der
Bukowina verläuft noch gleich wie vor fünfzig Jahren in meiner Heimatgemeinde. So
wurde die Reise für mich zur Rückschau auf das Balzers von gestern.
Die Idylle trügt. Meine Generation ist in Balzers in einfachsten Verhältnissen aufgewach-
sen - in einer klassenlosen Gesellschaft. Alle hatten damals wenig, wenn auch einige
noch weniger als die anderen. Verhungert ist niemand, reich geworden auch nicht. Vieles
am Leben war schön und bereichernd, aber die persönlichen Verhältnisse zwischen den
Menschen waren komplizierter. Man war stärker aufeinander angewiesen, stärker von-
einander abhängig. Die Enge führte oft zu lebenslangem Streit. Der Ausbruch aus der
früheren Enge der dörflichen Gesellschaft in die heutige Offenheit hat den Jungen viel
gebracht. Sie haben aber auch viel gegenüber früher verloren. So weiss ich denn nicht,
ob das Balzers von gestern, heute oder morgen das bessere war, ist oder sein wird.
Othmar Vogt (1946)
Danach gefragt, welche Vorstellungen ich in Bezug auf unser Dorf Balzers habe, sind ver-
schiedene Antworten möglich. Wenn ich aus persönlicher Warte antworte, so darf ich
sagen, dass ich mich in Balzers, meiner vertrauten Umgebung seit den Kinderjahren,
wohl fühle. Ich möchte, dass dieses Gefühl der Geborgenheit, Vertrautheit und Sicher-
heit auch weiterhin vorhanden sein wird. Balzers ist meine Heimat.
Antworte ich als amtierender Vorsteher der Gemeinde, so wird die Antwort differenzierter
ausfallen. Wichtig ist die Feststellung, dass Balzers ein attraktiver Wohn- und Arbeits-
platz ist, dass die Bevölkerung ein Traditionsbewusstsein hat, dass sie aber auch offen ist
und meistens spontan und mit gesunder Neugier auf neue Entwicklungen reagiert. Die
Leute sind selbstbewusst, vielfach aber auch wohltuend bescheiden und solidarisch. Je-
der, der das will, kann sich in die dörfliche Gesellschaft integrieren und darin seinen
Platz finden. Diese positiven Eigenschaften gilt es zu stärken und weiterzuentwickeln.
Mit dieser Zielsetzung haben wir in den vergangenen drei Jahren ein Leitbild geschaf-
fen, das den Weg in die nächste Zukunft zeigt. Unsere Gemeinde besitzt das Potenzial,
Bewährtes zu kräftigen und neue Chancen zu packen.
Balzers hat eine reiche Geschichte hinter sich, die in die Gegenwart und in die Zukunft
hineinwirkt. In der Vergangenheit sind wir verwurzelt, auf ihr beruhen zentrale Aspekte
des Selbstverständnisses und der Eigenart. Das macht unsere Identität aus. Balzers er-
lebt eine Gegenwart in einer komplexen und sich verändernden Welt. In diesem Prozess
wandelt sich das Dorf. Ich bin fest überzeugt, dass Balzers Zukunft hat.
Die Identitätsfaktoren und der Charakter der meisten Gemeinden in unserer Region ha-
ben in den letzten Jahrzehnten an Konturen verloren. Der materielle Boom hat dazu
geführt, dass sich Gemeinden immer mehr gleichen und sich ähnliche Probleme be-
merkbar machen. Ein Negativum bilden die Bereiche, die man plakativ oft mit Stich-
worten charakterisiert wie: Gleichgültigkeit, Konsumhaltung, Verlust an Bescheiden-
heit, Entsolidarisierung, Individualisierung, Verlust an Tradition und kulturellem Erbe,
schwindendes Interesse für das Gemeinwesen. Auch wenn Balzers als ein Dorf gilt, in
dem die bewährten Strukturen dauerhafter und lebensfähiger erscheinen als anderswo,
ist unsere Gemeinde in diesem Prozess sicher keine Ausnahme.
Balzers kann auf eine Reihe positiver Entwicklungen hinweisen. Viele Menschen suchen
nach Perspektiven, nach Möglichkeiten zum Engagement für lohnende Werte, nach
Mitwirkungsmöglichkeiten und sinnvollen Aktivitäten. Diese Kräfte galt und gilt es für
die Gemeindeentwicklung zu nutzen. Zusammenarbeit ist gefordert. Das Balzner Leit-
bild ist das zentrale Ergebnis einer solchen Zusammenarbeit von Gemeinde und priva-
tem Engagement.
Eine Gemeinde bezieht ihre Energie und Dynamik aus dem Engagement der Einwohner.
In dieser Hinsicht bin ich aufgrund der bisher gemachten Erfahrungen für die nächste
Zukunft positiv und hoffnungsvoll gestimmt. Wir können zuversichtlich in die Zukunft
blicken. Balzers kann dank des vorhandenen Potenzials, dank der engagierten Bevölke-
rung und dank effizienter Behördenstrukturen die Fähigkeit und Kraft aufbringen, sich
den kommenden Fragen mit Überzeugung und Selbstbewusstsein zu stellen. Ich wün-
sche mir, dass das so ist und unsere Gemeinde weiterhin für alle hier lebenden Leute der
Ort ist, wo sie heimatliche Geborgenheit, Vertrautheit, Sicherheit und Solidarität finden
und wo auch weiterhin Platz für die individuelle Entwicklung vorhanden ist.
88
Für mich hat es etwas durchaus Symbolisches; Von keinem Punkt in Balzers kann man die
ganze Gemeinde überschauen - selbst vom Mittlerspitz aus nicht. Die ganze Gemeinde
sieht man nur von aussen: Auf der Strasse von Oberschan nach Palfris hat es mehrere
solche Punkte, die einen guten Blick auf unsere Gemeinde ermöglichen. Sich die Zeit für
einen solchen Ausflug zu nehmen, möchte ich allen Balznern empfehlen.
Von dort zeigt sich Balzers als Dorf, das in die Berge eingebettet ist. Die umgebenden
Berge scheinen vor Eindringlingen zu schützen. Nur nach Nordwesten ist das Gelände
offen. Aber selbst da hat es hohe Rheinwuhre, die das gefährliche Wasser abhalten. Im
Übrigen scheint sich Balzers selbst in Liechtenstein um eine Sonderstellung zu bemü-
hen; Zwischen Balzers und Triesen gibt es noch eine längere Strecke unberührtes Land,
Naturschutzgebiete, Reservate. Es gibt sie noch, die nicht überbauten, manchmal sogar
ruhigen Landschaftsteile. Sind sie uns soviel wert, dass wir sie erhalten? Triesen, Vaduz
und Schaan sind dabei, endgültig zu einer Agglomeration zu verschmelzen. Dort sind die
Ortsgrenzen nicht mehr auszumachen. Balzers gibt sich in vielem konservativ und eigen-
ständig, manchmal aber auch etwas verschlossen oder gar abweisend.
Von der gegenüberliegenden Seite aus sind die Grenzen der Gemeinde gut zu erkennen.
Grenzen sind ambivalent: Abgrenzung und Herausforderung zugleich. Grenzen werden
in den Köpfen gemacht. Die Grenze zum Schweizer Gebiet ist mindestens dreimal so
lang wie die Grenze zum übrigen Liechtenstein. In drei Himmelsrichtungen grenzt
Balzers an die Schweiz. Die Schweiz liegt uns nahe, nicht nur beim Einkäufen. Selbst die
Balzers AG ist zweigeteilt: ein Teil in Liechtenstein, ein Teil in der Schweiz. Das passt gut
zu unserer Befindlichkeit.
Das Dorfbild wird von Gutenberg geprägt. Die Burg steht für die Herrschaft der Habsbur-
ger - einen Teil der Balzner Vergangenheit. Militärisch war Gutenberg für die fremden
Herren nie von grosser Bedeutung, gleichwohl sind mit der Burg vor allem schlechte
Erinnerungen verbunden: Krieg, Truppendurchzüge, Brandschatzung. Und trotz dieser
mehrheitlich schlechten Erinnerungen ist die Burg ein Wahrzeichen, auf das wir stolz
sind. So, wie sie heute dasteht, ist sie allerdings ein Produkt des 20. Jahrhunderts. Egon
Rheinberger schuf beim Wiederaufbau ein Kunstwerk, das in romantischer Weise den
Geist des Mittelalters hervorzaubern will. So zeugt die Burg auch ein bisschen von unse-
rem Umgang mit der Geschichte. Wir lassen uns vom Ambiente verzaubern. Auch das
Balzner Altersheim wurde Schlossgarten getauft. In unserer Vorstellung ist Gutenberg
ein Schloss, obwohl der Gedanke an eine etwas ungemütliche spätmittelalterliche Burg
der historischen Wahrheit näher käme. Der Sinn steht nach Phantasievollem.
Auf alten Flugaufnahmen aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg erkennt man ein zweige-
teiltes Dorf: Balzers und Mäls. Dazwischen - noch ziemlich einsam, genau in der Mitte -
die Pfarrkirche, das alte Gemeindehaus und die alte Volksschule. Balzers hat kein histo-
risches Zentrum. Dem «Örtlegeist» wurde zu meiner Schulzeit noch sehr gefrönt. Erst
durch die Gemeindebauten sind die beiden Ortsteile allmählich zusammengewachsen.
Aber der Gedanke, dass man auf ein Ortszentrum (einen Kern, um den sich die Gemein-
schaft gruppiert) hinarbeiten sollte, hat sich noch zu wenig durchgesetzt. Einzig ein Res-
taurant dieses Namens lässt etwas Hoffnung aufkeimen.
Neben den alten Bauten prägen die Gebäude der rasch gewachsenen Balzers AG das Orts-
bild. Balzers AG - ein denkwürdiger Name. Dass unsere Vorfahren einem ausländischen
Industriebetrieb erlaubten, unseren Namen zu benutzen, hat mich immer etwas gewun-
dert. Heute könnte man sich das wohl nicht mehr vorstellen. Damals aber war der Be-
trieb der Stolz unserer Gemeinde. In der Gründungszeit wurde die Balzers AG als der
Hoffnungsträger für die ganze Gemeinde angesehen. Und heute? Balzers - ein weltoffe-
nes, modernes Hightech-Unternehmen, das der globalen Konkurrenz erfolgreich stand-
hält? Das entspricht wohl nicht ganz dem Bild, das wir von uns selbst haben.
In wenigen Jahrzehnten - in zwei Generationen - hat sich Balzers grundlegend verändert.
Aber nicht alles hat sich in die gleiche Richtung entwickelt und nicht alle haben sich im
gleichen Tempo gewandelt. Die kulturellen Unterschiede sind grösser geworden, die
Meinungen und Mentalitäten vielfältiger. Das fordert uns, Integration und Toleranz sind
gefragt. Balzers wandelt sich, ist unterwegs, nur die umschliessenden Berge bleiben un-
verrückbar an der gleichen Stelle stehen.
Toni Vogt (1929)
Balzner sein ist Gefühlssache und deshalb meist unbewusst. Bewusst wird mir der Balzner
nur, wenn ich als solcher in Erscheinung trete. Wenn ich beispielsweise mit einem
Balzner Verein unterwegs war, freute ich mich darüber, einer von ihnen zu sein. Oder als
Mitarbeiter der Balzers AG erwähnte ich stolz, ich sei «rundherum Balzner», obwohl
diese Doppelrolle Widersprüche mit sich brachte. Die Industrie bescherte uns Arbeits-
plätze, die häufig mit ausländischen Arbeitskräften besetzt werden mussten. Wohlstand
auf Kosten der Identität war der Preis dieser Entwicklung. Rückblickend würde ich sa-
gen, dass der Seiltanz zwischen den beiden Extremen gelungen ist.
Und den typischen Balzner-gibt es ihn? Eigenständig, konservativ vielleicht, mit Zivilcou-
rage. Jedenfalls haben sich manche Balzner Charaktereigenschaften auf Landesebene
gut bewährt. Ein Blick auf die Regierungsmitglieder der letzten fünfzig Jahre zeigt, dass
etliche Balzner immer wieder einflussreiche Posten bekleiden.
Wenn wir möchten, dass es diesen Balzner, diese Balznerin auch in Zukunft gibt, müssen
wir jene kleinen Dinge am Leben erhalten, durch die sich unser Flecken Erde von den
anderen unterscheidet. Dazu einige spontane Gedanken meines Sohnes Philipp (1972);
Jedes Dorf hat seine Originale.
Vereine gibt es überall.
Burgen stehen auf der ganzen Welt.
Wälder brennen überall - verheerender als bei uns.
Viele Dörfer dieser Erde liegen an einem Landesende
und an einem Fluss und an einem Pass.
Alle Welt hat Regierungschefs,
die aus irgendeinem Dorf stammen.
Hunderte von Gegenden haben Föhn.
Aber unsere Ausgaben kenne ich am besten.
Aber wenn unsere gewinnen, freut es mich noch
ein bisschen mehr.
Aber auf unserer kenne ich mehr schöne Winkel
als auf jeder anderen.
Aber nirgends schmerzt es mich mehr,
als wenn hier Bäume nutzlos abbrennen.
Aber niemals würde ich zugeben, dass ein anderes
Doif zwar ähnlich, aber ein bisschen schöner liegt.
Aber den hier duze ich und er mich auch.
Aber ich bin mir sicher, dass nur wir das Original haben.
Was also ist speziell an Balzers? Es ist genau diese Mischung von Gewöhnlichem,
die ich hier besser kenne als irgendwo anders.
Sie ist Heimat.
92
Alma Willi (1945)
Balzers ist mein Geburtsort und mein Wohnort. Es ist die südlichste Gemeinde des Landes,
in der auch der «Pföö», den ich gern habe, zu Hause ist. Wenn er von der Luziensteig
herunterfegt, scheint er gehörig Luft zu machen und Abgestandenes wegzublasen.
Balzers ist für mich der Oberbegriff für zwei Dorfteile: «Baalzers» und «Mäls» (im Dialekt
ausgesprochen mit offenem «ä», wie «Gääs» oder «färn», wobei ich bedaure, dass man
den Dialektlaut heute besonders bei jüngeren Leuten nicht mehr so oft hört, da sie das
«ä» in «Mäls» wie z.B. in «Ähre» aussprechen). Dazwischen liegt in einmalig schöner
Landschaft, auf dem überraschend aus der Ebene herausragenden Felsen, das Schloss
Gutenberg. Zu meiner Volksschulzeit, in den frühen fünfziger Jahren, gingen wir
Mälsner auf dem Heimweg gerne über das Schloss nach Hause, indem wir rechts der
Kirche hinaufstiegen, durch das Wäldchen und über das Strässchen oder die Steinstufen
zum Missionshaus gelangten und beim Wäschhüsle den kleinen Umweg beendeten. Wir
kannten jede Blume und Eidechse auf den Felsen.
Beide Dorfteile haben heute noch eine (fast) unbebaute Allmein («Baalzner Alpmää» und
«Mälsner Alpmää»), was auf einen sorgsamen Umgang mit dem Boden seit vielen Jahren
hinweist und Ausdruck eines in der Bevölkerung festgeschriebenen Gemeinschafts-
gedankens ist.
Man sagt, «der eltescht Baalzner» sei der «Pföö» und der «Niid». Bemerkenswert ist, dass
zwei sehr unterschiedliche Bezeichnungen einer Person zugeschrieben werden. Wie
kann man regelmässig vom Föhn geschüttelt und gleichzeitig vom Neid geprägt sein?
Mir scheint, dass durch diese Eigenschaften eine gute Mischung entstanden ist.
Aufgrund der besonderen Lage der Gemeinde - die Strasse nach Fläsch und die Rhein-
brücke (früher Fähre) nach Trübbach stellen kürzere Wege dar als zur Nachbargemeinde
Friesen - hatten die Balzner seit jeher die Notwendigkeit und das Bedürfnis, nicht nur im
Land, sondern auch mit den direkt angrenzenden Nachbarn in der Schweiz ein freund-
schaftliches Zusammenleben zu pflegen. Dass diese freundnachbarliche Beziehung exis-
tiert, steht ausser Frage und ist das Verdienst aller. Es mag zutreffen, dass auch in
Balzers der Eigennutz eine wichtige Stellung im Denken und Handeln der Menschen
einnimmt, doch glaube ich, dass dem eine beachtliche Anzahl von grosszügigen Eigen-
schaften gegenübersteht. Das Ergebnis soll sein: Sorge tragen zum Erhaltenswerten und
Wegblasen von Verstaubtem.
93
Daniel Willi (1987)
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sßcs-¿Cas/ CLo*c^ -CCrUsn 1>cÀ<rhJi^ 'ŸÎJrdsc/ <ask*&Í
Cas>\ o ^c^yf i^Äo ^njo^r ^Ac¿s¿4^t,r- 'So^c
'TtCury^jt^ 'c2y¿r&r .
Matthias Willi (1978)
Balzers ist für mich die Gemeinde der Superlative: die süd-
lichste Gemeinde, die föhnigste Gemeinde, die beste Ge-
meinde, die schönste Gemeinde und zu guter Letzt die
langsamste Gemeinde, obwohl dies nur von den anderen
Gemeinden behauptet wird.
Balzers ist einfach etwas Besonderes, etwas Einzigartiges.
Allein schon wenn man den Zusammenhalt anschaut, der
in dieser Gemeinde herrscht, merkt man schnell, dass
Balzers sich von den anderen Gemeinden unterscheidet.
Die Grenzen der anderen Oberländer Gemeinden fliessen
alle ineinander, sei das nun geographisch gesehen oder sei
es der Dialekt. Dies ist wahrscheinlich der Grund dafür,
dass sich die Schaaner, Vaduzer und Triesner nicht mehr
richtig mit ihrer Gemeinde identifizieren können. Das ist
bei uns Balznern ganz anders. Jeder Balzner ist stolz dar-
auf, einer zu sein, denn: einmal Balzner, immer Balzner.
Natürlich gibt es überall Menschen, die sich nicht mögen.
Aber Balzers (und natürlich auch Mäls), als Kollektiv be-
trachtet, ist wohl die Gemeinde mit dem grössten Zusam-
mengehörigkeitsgefühl. Und ich hoffe, dass dies so bleibt.
t.
Albert Wolfinger (1944)
1944 geboren, war meine Jugend geprägt vom Wandel, den unser Dorf in den fünfziger
Jahren durchmachte. Zu jener Zeit kam der Landwirtschaft im dörflichen Leben noch
eine wesentlich grössere Bedeutung zu als heute. So erstaunt es nicht, dass im Jahresab-
lauf auch die Jugend ihren Teil an bäuerlicher Arbeit zu leisten hatte.
Diese begann im Frühjahr mit dem Einlegen der Kartoffeln, die im Abstand von gut einer
Schuhlänge in den Boden kamen. Der Mais wurde ebenfalls noch von Hand in die ge-
richteten «Föörele» gesät, um dann als Lieferant für «Törggamääl» und «Törggaschtroo»
zu wachsen. Als Unterfrucht wurden Erbsen beigegeben, was meine Aufgabe war. Der
Kessel war gross und mit Erbsen angefüllt. Deshalb kam ich in Versuchung, die Arbeit
ein wenig zu beschleunigen, indem ich einfach eine grössere Menge als die vorgeschrie-
bene einlegte. Doch siehe da, man bemerkte es, und ich musste einen beträchtlichen Teil
der Erbsen wieder einsammeln; dies bedeutete natürlich doppelte Arbeit.
Im Sommer gab es noch nicht die langen Schulferien, doch hatte man am Nachmittag
mehr frei, um heuen zu gehen. Heuen bedeutete damals viel Handarbeit. Das Gras wur-
de zwar schon mit der Maschine gemäht, musste aber nach wie vor mit der Heugabel
«gworbt» und mit dem Handrechen «gwändet» und «gmädlet» werden. Bei diesen Ar-
beiten sowie beim «Berleg macha» und «Zetta» war die ganze Familie mit dabei. Dies
war eine willkommene Gelegenheit, um zu erzählen, was es Aktuelles in der Gemeinde
und in der Welt gab.
Eine grosse Änderung brachte die Technik bei der Getreideernte. Die Korngarben, die im
Sommer auf den Feldern zu sehen waren, mussten von Hand gebunden werden, bis
schliesslich der Bindemäher für Erleichterung sorgte. Ich erinnere mich noch gut an die
vielen Wagen mit Korngarben, die im Stadel bei der Drescherei vom «Mooler Rüde»
oder in Mäls beim «Sääger Jörgle» warteten, wo es Standdreschmaschinen gab. Das war
natürlich für uns Buben eine interessante und spannende Angelegenheit, verbunden mit
ratternden Maschinen, Staub und Lärm. Doch all dies fand ein schnelles Ende, als in der
Region die ersten selbstfahrenden Mähdrescher zum Einsatz kamen. Natürlich war man
von der Grösse dieser Maschinen beeindruckt, welche die ganze Erntetätigkeit in nur
einem einzigen Arbeitsgang erledigten und so die alten Dreschmaschinen Vergangenheit
werden liessen.
Eine ganz besondere Zeit war der Herbst. Das Vieh war wieder von der Alp zurück, und
wir hatten Schulferien. Somit war Hüten angesagt, eine Beschäftigung, die allerhand
Überraschungen bot. Es gab noch die Trauben- und Feldjäger, die einem einen gehöri-
gen Schreck einjagen konnten. Ein solches Erlebnis hatte ich bereits als kleiner Bub, als
der Feldjäger seinen Vorderlader mit der Bemerkung lud: «Du hast nicht richtig gehütet,
jetzt erschiess ich dich!» Da war die Kuh, hinter die ich mich stellen konnte, meine letzte
Rettung. Ich war heilfroh, als der Schuss vorbei war. Da wir damals noch keine Uhr
hatten, schauten wir beim Hüten immer auf das Postauto, das um 17 Uhr von Vaduz
kam. Es war für uns das Zeichen, das Vieh ins Dorf zurückzutreiben.
Trotz allem, wenn es auch manchmal regnete und das Vieh nicht immer das Gleiche wollte
wie wir Buben, war es eine herrliche Zeit - voller Abenteuer, selbsterlebt und nicht nur
über den Fernseher konsumiert! So darf ich heute sagen: Auch wir hatten eine schöne
Jugendzeit, zwar ohne Fernseher und Rollerblades, aber mit «Stägglera», «Guggausa»
und «Niela rooha».
96
life ÍJ
■ 19«:
Patrick Wolfinger (1972)
Was bedeutet mir Balzers? Für mich war es gar nicht so leicht, spontan eine ehrliche Ant-
wort darauf zu finden. Es ist mein Schicksal, dass ich hier geboren und aufgewachsen
bin und deshalb mit Gegend und Leuten vertraut bin. Wenn ich an einem anderen Ort
geboren und aufgewachsen wäre, würde ich jene Gegend als meine Heimat ansehen und
hätte andere Vorstellungen von Wohnkomfort, Schulsystem oder Verwaltung. Ich denke
dabei jetzt nicht an eine andere Gemeinde in Liechtenstein oder der Schweiz. Es macht
wenig Sinn, Balzers mit einer anderen liechtensteinischen oder schweizerischen Ge-
meinde zu vergleichen, da die eine der anderen gleicht wie ein Ei dem andern. Damit
meine ich, dass sie ähnlich organisiert und verwaltet werden. Jetzt denkt mancher si-
cher, dass jedes Dorf seinen eigenen Dorfcharakter, seinen Stil hat. Ist es wirklich so,
oder ist das nur ein Wunsch? Ausser der Bauart der Häuser und der Denkweise Einzelner
sind andere Gemeinden ziemlich identisch. Wenn bei uns der Dorfteil Höfle auch noch
so schön wie das Bröggle oder die Praiawisch erneuert wird, ohne dass man krampfhaft
am Alten festhält, dann hat Balzers vielleicht sogar etwas Dorfcharakter.
Wieso wohne ich aber doch lieber in Balzers als sonst irgendwo. Es gibt für mich keine
rationale Erklärung. Auch als ich mir überlegte, was ich vermisse, wenn ich für längere
Zeit im Ausland bin, fand ich kein treffendes Argument, das nur für Balzers spricht.
Heimweh ist etwas, das ich zum Glück nicht kenne. Ich kann mir deshalb auch nur
schwer vorstellen, wonach man Heimweh haben kann. Bis auf Familie und Freunde ist
eigentlich alles ersetzbar.
Charlotte Wössner-Wanger (1961)
Im Süden seien die Männer feuriger, sagte man mir als junge Schaanerin. Ich hab's ge-
glaubt und 1990 nach Balzers geheiratet. Nun lebe ich hierund fühle mich wohl. Ich mag
die Balzner; sie sind gemütlich und nicht so gestresst wie die Residenzler. Ich schätze
auch das angenehme Klima auf der Gemeindeverwaltung und die vielen kulturellen
Möglichkeiten, die mir «mein» Balzers bietet. Schade, dass es nicht mehr so viele Ur-
Balzner gibt wie Roland Vogt, den alten Schmied vom Züghüsle. Er verkörperte für mich
alles, was ich an den Balznern so mag: Gemütlichkeit, ein liebevolles Miteinander und
die Freude an der Geselligkeit.
Seit meine vier Kinder auf der Welt sind, fühle ich mich in Balzers noch heimischer. Durch
Kindergarten und Schule wird unsere Familie intensiver ins Dorfleben integriert. Anna,
Fukas, Maximilian und Elias haben mich aber auch sensibler gemacht für die «unange-
nehmen» Seiten von Balzers. Neben unserem Haus in den Wingerta führt eine breite
Strasse vorbei. Auch wenn die Balzner an sich gemütliche Feute sind, hinter dem Steuer-
rad geht mit manch einem wohl das Temperament durch. Vor allem wenn der Föhn - der
absolut nicht zu meinen Fieblingsbalznern gehört - sein Unwesen treibt, brausen die
Autos durch das Wohnquartier. Für die Kinder in unserer Strasse ein fürchterlicher Zu-
stand, denn schliesslich wollen sie die Nachbarskinder besuchen oder zusammen in die
Schule gehen. Ich wünsche mir, dass ganz schnell etwas unternommen wird, damit der
Autoverkehr in den Wohnquartieren beruhigt wird.
Ansonsten kann von mir aus in Balzers alles so bleiben, wie es ist. Dann werde ich - so Gott
will - eines Tages eine Einladung zum Seniorenausflug der Gemeinde Balzers bekommen.
Ludwig Zink (1937)
Im Anfang der Zeiten schuf der liebe Gott Balzers. Er formte mit dem Daumen, dem Zeige-
finger und dem Mittelfinger Wörznerhorn, Mittagspitz und Falknis, mit der gewölbten
Handfläche den Regitzerspitz und das Ellhorn. Dann machte er mit dem Zeigefinger eine
Rille, das war das Bachbett des Rheins. Zum Schluss gestaltete er mit drei Fingern einen
kleinen Hügel; auf ihm sollte später einmal die Burg Gutenberg gebaut werden. Dann
bildete er den ersten Balzner und die erste Balznerin. Obwohl er ziemlich müde von der
Anstrengung war, entschloss er sich doch noch, jenseits des Rheins und der Berge Tiere
und andere Menschen zu schaffen.
Bei dieser Genesiserzählung ist es nicht verwunderlich, dass alle Einwohner Balzers als die
Mitte der Welt erachten und es als den schönsten Fleck Erde bewerten, den es überhaupt
geben kann. Als ich einmal vom Urlaub zurückkehrte, fragte ich Hans-Ruedi Müller:
«Gehst du auch in den Urlaub?» - «Wia kascht du no so eppes frooga, i bi med änara
Balznere ghüroota.» Da es nirgends in der Welt schöner als in Balzers sein kann, bleibt
der echte Balzner im Urlaub zu Hause. Ich gehe immer wieder einmal ins Ausland. Und
wenn ich zurückkehre, sage ich mir jeweils: «Es ist wirklich schön, hier in Balzers.»
Doch ich muss Weggehen, um dies zu spüren, denn ich bin kein echter Balzner. Aller-
dings habe ich auch gemerkt, dass das von mir vorgestellte Balzner Naturschutzgehege
in den letzten Jahren einige Risse bekommen hat, denn es gibt auch einige Ausreisser,
etliche Abenteurer und Weltenbummler in Balzers.
Ich habe am Anfang die Erfahrung gemacht, dass ich als Süddeutscher nicht immer ver-
standen wurde. Vielleicht hat es damit zu tun, dass der Balzner sich Zeit lässt, dass er den
Fremden gegenüber eher skeptisch ist. Einander verstehen ist nicht nur eine Sache des
Gehörs, sondern auch ein Ausdruck der Sympathie und des Wohlwollens. Und das ist bei
einem Balzner nicht von heute auf morgen zu schaffen.
Die ersten Leute, mit denen ich in Balzers in Kontakt kam, waren Jugendliche der Taize-
Runde, die sich jede zweite Woche im heimeligen Gewölbe des alten Pfarrhauses traf, wo
wir Patres während der Zeit des Umbaus auf Gutenberg einquartiert waren. Es war für
mich eine hilfreiche, ermutigende Gruppe für den Einstieg in die etwas gemächliche,
soziokulturelle Situcüion des Dorfes. Beim Abschied von der Gruppe gab es immer
Küsschen rechts und links. Ein warmer, emotionaler Föhnwind umgab uns dabei. Süd-
ländische Mentalität lag in der Luft. Balzers ist doch der südlichste Teil des Landes.
Nicht umsonst werden die Balzner «Pföötschingga» genannt.
Ich finde die Balzner recht grosszügig. Manchmal verwundert es mich, dass ich nichts
bezahlen muss. Sie sagen dann: «Bätten Se a Vaterunser.» Da ich sie aber auch als spar-
sam einschätze, ergeben sich für meine Grosszügigkeitshypothese gewisse Einwände:
Vielleicht sind die Balzner einfach in einem guten Sinn nachtragend. Sie denken vermut-
lich daran, wie sie - oder ihre Eltern - in den Jugendtagen aufs Schloss kamen und bei
den Patres Privatstunden nahmen, um Schreibmaschine, Französisch, Steno oder Musik
bei Pater Emil Baur zu lernen und zu üben. Vielleicht betrachten sie mich eben als einen
der Nachkommen dieser «Schlossherren» und sind deshalb so grosszügig.
Nun könnte ich ja noch mitteilen, wie ich mir die Balzner wünschen würde. Doch sie sind
eben, wie sie sind: wie der Balzner Marmor. Sie haben ihre hellen und dunklen Seiten.
Und wenn sie nicht so wären, wie sie sind, würde mir gewiss etwas fehlen.
100
Vladimir Zorc (1940)
Wie das Leben so spielt! Vor gut 35 Jahren wusste ich von Liechtenstein höchstens, was
man in der Schule so lernt: ein kleines Fürstentum mitten in Europa, mit einem Fürsten,
einer Fürstin, arbeitsamen und zufriedenen Mitbürgern. Das Land war nicht in den Zwei-
ten Weltkrieg verwickelt, und die Bevölkerung lebte vor allem von der Landwirtschaft.
Dann habe ich die Balznerin Emilie Gstöhl kennen gelernt und in Pretoria (Südafrika)
geheiratet. Kurz danach, im Jahre 1966, übersiedelten wir nach Balzers, und somit ha-
ben Balzers und Liechtenstein für mich einen ganz anderen Stellenwert erhalten. Ich
musste mich unter anderem der neuen Umgebung, der Lebensart der Leute sowie ihrer
Sprache anpassen. Dabei habe ich diese Menschen kennen und schnitzen gelernt.
In all diesen Jahren beeindruckte mich besonders die Tatsache, dass ich, obwohl als Aus-
länder in Balzers, dies nie als solches empfunden habe, nie das Gefühl hatte, von Freun-
den, Nachbarn oder Mitbürgern in irgendeiner Weise benachteiligt zu werden. Zugege-
ben, etwas Glück muss man haben. In unserem jetzigen Wohnquartier Brüel haben wir
eine freundliche, fröhliche und hilfsbereite Nachbarschaft, die zur entsprechenden Le-
bensqualität beiträgt.
Bei meinen vielen geschäftlichen Reisen, hauptsächlich in Südosteuropa, wurde ich stän-
dig über Liechtenstein, seine Politik, den Regierungsstil, die Gemeinden, die Lebens-
und Arbeitsbedingungen und anderes mehr ausgefragt. Stolz konnte ich die vielen Fra-
gen beantworten. Ja, ich war und bin stolz, in Balzers leben zu dürfen und mich hier zu
Hause zu fühlen. In diesem Zusammenhang bedanke ich mich herzlich bei der Gemein-
de Balzers für die Aufnahme in das Bürgerrecht.
Leider hatte ich durch die unregelmässigen Reisen nicht die Möglichkeit, mich den ver-
schiedenen Vereinen anzuschliessen und dort mitzuwirken.
Es ist in den letzten 33 Jahren viel geschehen in Balzers, sowohl politisch als auch wirt-
schaftlich. Die Infrastruktur des Gemeindewesens hat sich verändert, man ist Fremden
gegenüber offener geworden und vieles mehr.
Ich wünsche mir und uns allen auch für die Zukunft einen verantwortungsbewussten Ge-
meinderat, gelebte Toleranz untereinander, Wohlergehen, etwas Glück und Gottes Segen.
Vor 100 Jahren
Elmar Bürzle
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Vaduz. Volksbewegung im Jahre
1899
Gemeinde: ' Geburten Todesfälle
Vaduz 34 28
Triesen 36 22
Balzers 27 22
Triesenberg 39 26
Schaan 28 21
Eschen 28 12
Mauren 21 14
Schellenberg 12 10
Gamprin 7 7
Ruggell 14 14
Liechtensteiner Volksblatt
19. Januar 1900
Von der Mittagspitze. Ein zwi-
schen der Gemeinde Triesen und
der Alpgenossenschaft Mäls be-
züglich der Grenzregulierung zwi-
schen den Alpen Valüna und Gap-
fahl obwaltender Streit ist durch
einen Schiedsgerichtsspruch zu
Gunsten der Alpgenossenschaft
Mäls entschieden worden. Die An-
rufung eines Schiedsgerichtes,
welches im vorliegenden Falle
keine leichte Aufgabe hatte, verur-
sachte beträchtliche Kosten, wel-
che zu dem Streitgegenstand in
keinem Verhältnisse stehen und
es gilt hier, wie in allen derartigen
Fällen, das Sprichwort: Ein mage-
rer Vergleich ist besser als ein fet-
ter Prozess.
Liechtensteiner Volksblatt
9. Februar 1900
Von den Telephonstationen Va-
duz, Balzers, Triesen, Schaan und
Nendeln kostet das Drei-Minuten-
Gespräch im sogen, nahen Ver-
kehr nach Buchs (mit Gams und
Sevelen), Sennwald, Oberriet mit
Rüthi, Altstätten, Azmoos und
Ragaz 60 Heller, während für ein
Gespräch im sogen, weitern Ver-
kehr nach Chur, St. Gallen, Gla-
rus, Rorschach, Unterwasser und
Zürich 1 Krone 20 Heller zu ent-
richten ist.
Liechtensteiner Volksblatt
23. Februar 1900
Witwe Barbara Büchel in Ruggell
hat durch Jakob Wanger in Schaan
1. gegen Josef Büchel Nr. 82,
Ruggell, wegen grundbücherlicher
Zuschrift des Gutes Rugg. B. 3,
Fol. 319, Wiese auf Bangs K.-Nr.
206 IVa mit 700 KI.
2. gegen Postwirt Wolfinger in
Balzers wegen do. von Rugg. B. 3,
Fol. 175, Wiese dort, K.-Nr. 365 VI
per 434 Klafter,
3. gegen Klara und Karolina
Oehri wegen Zuschrift der Grund-
stücke:
Rg. B. 4, Fol. 129, Gut beim
Scheidgraben, K.-Nr. 349 V mit
365 Klafter, und B. 4, Fol. 209, Gut
im Sauwinkel, K.-Nr. 283 V mit
365 Klafter geklagt.
Die Geklagten, resp. deren unbe-
kannte Erben oder Rechtsnachfol-
ger, haben zu der auf den 9. April
d.J., vormittags 9 Uhr, hieramts
anberaumten Tagsatzung zu er-
scheinen oder dem für sie bestell-
ten Curator, Anton Real in Vaduz,
ihre Behelfe mitzuteilen.
F. L. Landgericht
Vaduz, am 24. März 1900
Blum.
Liechtensteiner Volksblatt
30. März 1900
Balzers. Seine bischöfliche Gna-
den, der hochwürdigste Bischof
von Chur, Herr Joh. Fidelis Bat-
taglia, ist am 12. d.Mts. hier ein-
getroffen, um in der Zeit zwischen
dem 13. und 22. Mai in den hier-
ländigen Gemeinden die Firmung
zu spenden. Derselbe wurde am
Bahnhofe in Trübbach von dem
Herrn Regierungschef Cabinets-
rat v. In der Maur, welcher in
Begleitung des bischöfl. Landesvi-
kars, Kanonikus Büchel, erschie-
nen war, sowie von der Geistlich-
keit und der Ortsvorstehung von
Balzers begrüsst.
Liechtensteiner Volksblatt
18. Mai 1900
Balzers. Im abgelaufenen Schul-
jahr war das Töchter-Institut Gu-
tenberg von 33 Zöglingen besucht,
von denen 6 nach Österreich, 4
nach Liechtenstein, 5 nach der
Schweiz, 1 nach Frankreich und
17 nach verschiedenen deutschen
Staaten zuständig sind.
Liechtensteiner Volksblatt
20. Juli 1900
Vaduz. Am 19. d. Mts. abends wur-
de auf einer Sandbank des Rhei-
nes nächst der Balzner Brücke die
Leiche einer beiläufig 50jährigen
Frauensperson gefunden. Die Ver-
unglückte hiess, wie die sofort an-
gestellten Erhebungen ergaben,
Adelheid Killias und war in Chur
wohnhaft gewesen. Dieselbe wur-
de am 21. Juli abends unter Inter-
vention des reformierten Hrn.
Pfarrers von Azmoos auf dem
Gottesacker in Balzers beerdigt.
Liechtensteiner Volksblatt
27. Juli 1900
102
Danksagung.
Jür btt tricln Otohfe örr^iicftrc Inino^mf w%fub btt flranfbnl unb W btr
©«rbigong unfrra on»trgr|Ii4Kn (Battia, SHuilrr acb 6<$»if(jfnituöfr
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Pfarrer, nafrta $ftjfi<$flo» J)ud aut, mit btr ®iür, btr liebta Ctrflwbtnta ancfc fctart
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(fiönbjcb!o«X 3abr alt. 1
Äutfunh in OUftban* „Gugel*«« edjrri
Vaduz. Das am Freitag den 27. Juli
von Sargans herangezogene Ge-
witter mit Fiagel richtete in Bal-
zers und Schaan in den Maisfel-
dern erheblichen Schaden an. Der
letzten Sonntag abend von Nor-
den her gekommene Orkan scha-
dete sowohl den in üppiger Fülle
stehenden Obstbäumen als auch
den Maisfeldern.
Liechtensteiner Volksblatt
3. August 1900
Sri örm ift rin ftbSiur, 6 SRoafllf
olitr 3n<^(cbt7 (rnglifdif Sirfrnijuna — fta<5t*
^taiplar) billig onjufaufm.
1 («Wöbt, 9Jr. 130, SflfKr«.
Kundmachung.
In Ausführung des Gesetzes vom
22. Sept. 1899 L.-Gbl. Nr. 6 betref-
fend die Rüfeschutzbauten hat
die fstl. Regierung zu Mitgliedern
der Landesrüfenkommission, wel-
cher der fstl. Landestechniker und
der fstl. Forstverwalter von Amts-
wegen angehören, ernannt:
a) den Landrat Meinrad Ospelt in
Vaduz
b) den Mühlenbesitzer Wilh. Fehr
in Schaanwald.
Zu Rüfenaufsehern sind von der
fstl. Regierung ernannt worden
für die Gemeinden :
1. Vaduz; Franz Josef Wächter,
2. Triesen; Emanuel Frömmelt,
3. Balzers: Georg Burgmayer,
4. Triesenberg: Wilhelm Beck,
5. Schaan: Lorenz Hilti (Nr. 57),
6. Mauren: Albert Matt (Nr. 20),
7. Eschen: Joh. Georg Kranz
(Nendeln).
Die nötige Dienstinstruktion für
die Rüfenaufseher ist bereits er-
lassen worden.
Vorstehendes wird hiemit zur all-
gemeinen Kenntnis gebracht.
Fürstliche Regierung.
Vaduz, am 7. August 1900.
v. In der Maur m.p.
Liechtensteiner Volksblatt
10. August 1900
Vaduz. An Stelle des k.k. und f.l.
Zoll-Einnehmers Herrn Johann
Blecha in Balzers, welcher als k.k.
Hauptzollamts-Assistent nach Feld-
kirch versetzt wurde, ist der k.k.
Finanzwache-Respizient Nikolaus
Seelos zum k.k. und f.l. Zoll-Ein-
nehmer in Balzers ernannt worden.
Liechtensteiner Volksblatt
14. September 1900
103
Balzner Chronik
1. November 1998 bis 31. Oktober 1999
November 1998
(1.) Die Balzner Jungturner errei-
chen an der Schweizer Meisterschaft
in Muri zum dritten Mal in Folge
einen Meistertitel.
(5.) Die Feuerwehr Balzers führt
zusammen mit anderen Rettungs-
organisationen wie dem Zivilschutz
und den Samaritern eine Grossübung
durch. 130 Personen sind im Einsatz.
(6.) Werner Brunhart (USA) über-
gibt dem Landesarchiv eine umfang-
reiche Sammlung von Fotos über
Balzers, in den Jahren 1920-1980
von Josef Brunhart (1893-1987) an-
gelegt. Die Bilder zeigen Szenen aus
Alltag, Brauchtum, Familien- und
Dorfleben und viele Personen aus
Balzers - das alte Balzers.
(6.) Auf Gutenberg befasst sich
eine vom Historischen Lexikon für
das Fürstentum Liechtenstein orga-
nisierte Tagung mit dem Thema
«Liechtenstein und die Revolution
1848».
(8.) Der neu gestaltete Alte Fried-
hof wird eingeweiht. Dort waren die
Balzner Verstorbenen von 1806 bis
1966 bestattet worden. Die vielen alt-
ehrwürdigen Grabstätten sind nun
verschwunden, und der Platz dient
gemäss seiner Bestimmung als «Ort
der Ruhe und Besinnung».
(11.) Auf Veranlassung von Altvor-
steher Emanuel Vogt kommt das
Balzner «Förggle»-Siegel in das
Liechtensteinische Landesarchiv.
Pfarr-Resignat Fridolin Tschugmell,
ein verdienter Familienforscher, hat-
te es gefunden und Emanuel Vogt zu-
geschickt.
(13.) Der Balzner Jagdaufseher
Hans-Peter Frick wird für seine Ver-
dienste um den Naturschutz mit dem
Binding-Preis ausgezeichnet.
(14.) Die Harmoniemusik Balzers
führt ein anspruchsvolles Herbst-
konzert auf, das den Höhepunkt des
Vereinsjahres bildet. Der Erlös geht
an Hilfsprojekte in Mittelamerika.
(15.) Georg Gstöhl wird für seine
fünfzigjährige Organistentätigkeit ge-
ehrt.
(15.) Renato Frick holt bei den
liechtensteinischen Einzelmeister-
schaften im Schach den 14. Meister-
titel.
(21.) Die Freiwillige Feuerwehr
Balzers führt ihren Unterhaltungs-
abend mit dem Schwank «Strohwit-
wer haben es schwer» durch.
(22.) In einer Bürgerabstimmung
wird im Zusammenhang mit der
möglichen Bildung einer Bürgerge-
nossenschaft der Regelungsausschuss
gewählt, der sich mit der Aufteilung
der Vermögenswerte befassen wird.
(24.) Im kleinen Gemeindesaal wird
die von Roman Banzer verlegte CD
zur Balzner Mundart vorgestellt. Sie
dokumentiert in einem interessanten
Querschnitt den heute in Balzers ge-
sprochenen Dialekt, der einem stän-
digen Wandel unterworfen ist.
(29.) Über das Wochenende vom
27. bis 29. November findet der
11. Weihnachtsmarkt der Balzner
Dorfgemeinschaft statt. Es beteiligen
sich 24 Aussteller.
(30.) Die Firma Balzers AG erhält
für ihr umweltfreundliches Transport-
konzept den TCS-Umweltpreis 1998.
Dezember 1998
(10.) Die vierte Klasse der Primar-
schule Balzers gestaltet eine Weih-
nachtsgeschichte. Der Erlös geht an
eine Schule für Behinderte in Leon
(Nicaragua).
(19.) In Zams verstirbt die Balzner
Ehrenbürgerin Schwester M. Ehren-
frieda Meier, die von 1930 bis 1979
Schuldienste in Balzers geleistet hat.
(20.) Über das Wochenende ver-
anstaltet der Fussballclub Balzers
das 11. Junioren-Hallenturnier mit
29 Mannschaften.
(20.) Der Frauen- und Mütterverein
führt die traditionelle Adventsfeier
für die älteren Dorfbewohner durch.
(20.) Der Liechtensteinische Pan-
flötenchor spielt mit grossem Erfolg
in der vollbesetzten Pfarrkirche
Balzers. Der Erlös geht an die Aids-
Hilfe.
(26.) Traditioneller Unterhaltungs-
abend des FC Balzers mit dem Lust-
spiel «Zimmer 12a».
(27.) Die «Balzner Neujahrsblätter
1999» werden präsentiert, umrahmt
von einem Vortrag über den Verlust
des Ellhorns 1948, von Szenen aus
der denkwürdigen Landtagsdebatte
1948 und Musikdarbietungen.
(31.) Die Gemeinde Balzers zählt
4118 Einwohner.
104
Januar 1999
(9.) Unter dem Titel «Neujahrs-
grüsse aus Balzers» bietet das Sym-
phonische Orchester Liechtenstein
ein Konzert.
(23.) Die Balzner Singjugend führt
unter dem Motto «Brücken zur Welt»
ein gelungenes Konzert auf.
(31.) Bei den Gemeindewahlen ge-
hen an die Vaterländische Union (VU)
1 1 575 Stimmen und an die Fort-
schrittliche Bürgerpartei in Liechten-
stein (FBPL) 9185 Stimmen. Beide
Parteien erhalten sechs Sitze im Ge-
meinderat. Als Vorsteher wird Oth-
mar Vogt bestätigt.
Februar 1999
(11.) Drei Tage vor seinem 77. Ge-
burtstag stirbt Altvorsteher Emanuel
Vogt.
(13.) Marco Büchel wird in Vail
(USA) Vizeweltmeister im Riesensla-
lom (Ski alpin).
(13.) Fasnachtsunterhaltung des
Männergesangvereins mit originellen
Sketches und Gesängen.
(14.) Monsterkonzert aller liech-
tensteinischer Guggenmusiken in
Balzers.
(19.) Übergabe des musikalischen
Werkes «Liechtensteiner Sagen -
Phantasie für Blasorchester», kompo-
niert von Friedrich Nestler, an die
Flarmoniemusik Balzers.
(28.) Kinderskirennen des SC Bal-
zers auf der Hausstrecke Prär, an
dem sich 170 Buben und Mädchen
beteiligen.
März 1999
(6.) Der Sängerbund und die Ge-
meinde Balzers ehren Edeltraud
Dünser, die Leiterin der Balzner
Jugendchöre, für ihren langjährigen
Einsatz.
(7.) Suppentag der Pfarrei Balzers.
(14.) Kirchenkonzert der Harmonie-
musik Balzers zusammen mit Tho-
mas Nipp an der Orgel.
(24.) Konzert der Gospelsingers und
Band in der Pfarrkirche Balzers.
(27.) Aufführung des Lustspiels
«Opas Glückstreffer» durch die
Liechtensteiner Seniorenbühne.
(28.) Jugend-Showturnen des Liech-
tensteinischen Turn- und Leichtathle-
tikverbandes in Balzers mit 150 teil-
nehmenden Kindern und Jugendli-
chen.
April 1999
(11.) Erstkommunion von fünfzig
Buben und Mädchen.
(27.) Die erwachsene Bevölkerung
der Gemeinde wird in den Jugend-
treffpunkt «Scharmotz» eingeladen,
der in den Tagen zuvor eine Werk-
woche mit reichhaltigen Aktivitäten
durchgeführt hat.
(30.) Im Rahmen eines Schüler-
austauschprogramms reisen Balzner
Realschüler nach Belgien.
Mai 1999
(6.) In Balzers findet mit rund
sechzig Personen die 700. Senioren-
wanderung statt. Es wird der gleiche
Weg begangen wie an der ersten
Wanderung 1985 mit elf Personen.
(9.) Muttertagskonzert der Harmo-
niemusik Balzers.
(15.) Frühlingskonzert des Männer-
gesangvereins Balzers.
(23.) 3. Balzner Pfingstturnier der
E- und F-Junioren.
(29.) 9. Jahrmarkt in Balzers, einer
der grössten Märkte der Region.
Juni 1999
(12.) Erfolgreiche Teilnahme des
Singkreises Gutenberg und des Män-
nergesangvereins Balzers am
St. Galler kantonalen Gesangsfest in
Bad Ragaz.
(13.) Firmung in der Pfarrei Balzers.
(18.) Treffen des Balzner Gemeinde-
rates mit der Geschäftsleitung der
Balzers AG.
(20.) Wahl von Helmuth Büchel, El-
mar Bürzle und Jürgen Vogt in die
Geschäftsprüfungskommission.
(27.) Liederabend mit der Soprani-
stin Edeltraud Dünser im Gemeinde-
saal.
(27.) Die Senioren-Kommission der
Gemeinde Balzers organisiert im
Rahmen des «Internationalen Jahres
der älteren Menschen» einen Tag der
Begegnung von Jung und All. Gleich-
zeitig feiert das Alters- und Pflege-
heim Schlossgarten das fünfjährige
Jubiläum.
105
(30.) Erste öffentliche Gemeinde-
ratssitzung in Balzers. Sie wird von
25 Interessierten mitverfolgt.
Juli 1999
(1.) Die vierte Klasse der Real-
schule Balzers führt unter der Lei-
tung von Silvia Tiefenthaler an zwei
Abenden mit «Traumschiff» eine ge-
lungene Komödie auf.
(18.) Die Pfadfinder der Abteilung
Gutenberg Balzers kehren aus dem
Sommerlager im Salzkammergut zu-
rück.
(23.) In einem gemeinsamen Projekt
der Flüchtlingshilfe, des Liechtenstei-
nischen Entwicklungsdienstes und
der Internationalen Berufswettbe-
werbe beginnen drei Flüchtlinge, in
der Balzner Zimmerei Nigg den Pro-
totyp eines mobilen Wohnheims zu
erstellen.
August 1999
(12.) Neunzig Kinder aus ganz
Liechtenstein nehmen in Balzers an
einem Zirkus-Workshop teil.
(22.) Gutenberg-Fest des Bildungs-
hauses Gutenberg.
(25.) Der Gemeinderat Balzers
beschliesst den Beitritt zum Ab-
wasserzweckverband Liechtenstein,
dem alle übrigen Gemeinden des
Landes schon angehören.
(26.) Ausflugsfahrt von 101 älteren
Einwohnern ins Appenzell, organi-
siert vom Komitee «Dem Alter zur
Freude».
(29.) Abschluss des Projektes
«Steinreiches Liechtenstein» zum
Wiederaufbau alter Trockenmauern,
in dessen Rahmen beim Alta Bach
solche Mauern errichtet wurden. Das
Projekt wurde von der Gemeinde in
Zusammenarbeit mit der Liechten-
steinischen Gesellschaft für Umwelt-
schutz und der Stiftung Umwelt-Ein-
satz Schweiz durchgeführl.
(29.) Flugshow der Modellflug-
gruppe Falknis zum 25-jährigen Be-
stehen des Vereins.
September 1999
(4.) Auf der Burg Gutenberg wer-
den die drei Bände «Bausteine zur
liechtensteinischen Geschichte»
(Mittelalter, Neuzeit, 19. Jahrhundert)
präsentiert. Herausgeber ist das
Historische Lexikon für das Fürsten-
tum Liechtenstein.
(9.) Die Musikgruppe «Up with
People» gibt in Balzers ein Konzert.
(11.) Sportfest der Gemeinde
Balzers.
(24.) Vortrag auf Burg Gutenberg
über die Ereignisse und die Bedeu-
tung des Schwaben- oder Schweizer-
krieges 1499, der im Februar 1499 in
Balzers seinen Anfang genommen
hatte.
(30.) Vorstellung des neuen Leitbil-
des der Realschule Balzers, das
Transparenz, Information und Zu-
sammenarbeit fördern soll.
Oktober 1999
(1.) Begegnungs-, Informations-
und Festtag der älteren und jüngeren
Bevölkerung in Balzers im Rahmen
des «Internationalen Tages der älte-
ren Menschen».
(9.) Die Freiwillige Feuerwehr, die
Stützpunktfeuerwehr und die Be-
triebsfeuerwehr der Balzers AG üben
auf dem Gelände der Balzers AG ein
Chemie-Unfallereignis.
(10.) Konzert der Jungmusikanten
der Harmoniemusik Balzers zum
Abschluss ihres Lagers in Marmorera.
(10.) Gedenkanlass zum Durch-
marsch der russischen Truppen am
11 ./12. Oktober 1799 durch Balzers.
Die Bevölkerung musste wegen der
einquartierten Truppen schwere Be-
drückungen ertragen.
(15.) Einreichung eines Referen-
dumbegehrens gegen den Beschluss
des Gemeinderates vom 25. August
1999, dem Abwasserzweckverband
Liechtenstein beizutreten bzw. den
abwassertechnischen Zusammen-
schluss mit der ARA Bendern herbei-
zuführen.
(24.) Mit einem eindrücklichen
Konzert in der Pfarrkirche Balzers
feiert der Singkreis Gutenberg sein
dreissigjähriges Bestehen.
(27.) Zweite öffentliche Gemeinde-
ratssitzung.
106
Unsere Verstorbenen
Silvia Batliner-Knuchel
* 5.2.1961; t 27.11.1998
Franziska Büchel-Vogt
* 10.11.1916; t 9.12.1998
Franz Vogt-Gstöhl
* 2.3.1923; f 25.12.1998
Ewald Kaufmann-Biedermann
* 23.3.1946; t 4.1.1999
Georg Eberle-Riegler
*13.2.1933; t 5.1.1999
Lothar Markmann-Frommelt
* 15.4.1943; t 13.1.1999
Elsa Vogt-Gstöhl
* 11.7.1926; t 15.1.1999
Reinhart Wolfinger-Frick
* 1.2.1947; | 19.T.1999
Emil Graf-Lutz
* 12.3.1913; f 20.1.1999
107
Emanuel Vogt-Hasler
* 14.2.1922; t 11.2.1999
Robert Vogt-Manser
* 26.12.1908; f 14.2.1999
Franz Gstöhl-Vogt
* 29.9.1929; t 2.3.1999
Alois Kaufmann-Büchel
* 13.6.1914; t 11.3.1999
Maria Dorothea
Freifrau von der Kettenburg
* 22.1.1921; t 16.3.1999
Regina Willi-Nipp
* 3.4.1907; t 2.5.1999
Pater Oskar Probst MS
* 3.3.1915; t 7.6.1999
Hans Wolfinger-Alber
* 3.10.1926; f 18.6.1999
Anna Gstöhl-Kircher
* 21.2.1907; t 27.6.1999
Niklas Anderson-Nutt
* 25.3.1966; t 2.7.1999
Rainer Thöni-Wolfinger
* 26.3.1968; t 2.8.1999
Margarete Hahn-Breidert
* 20.3.1913; t 23.8.1999
108
Georg Gstöhl-Wachter
* 14.6.1925; t 23.9.1999
Agnes Kindle-Frick
* 22.12.1922; t 10.10.1999
Franz Wille-Kaufmann
* 1.10.1910; f 13.10.1999
Walter Gstöhl
* 9.10.1932; f 13.10.1999
Ordensfrauen, die in Balzers gewirkt
haben oder aus Balzers stammen:
Sr. M. Ehrenfrieda Meier
Kloster der Barmherzigen Schwestern, Zams
* 25.3.1906; t 19.12.1998
Sr. Hilga Geigenberger
Kloster der Barmherzigen Schwestern, Zams
* 19.8.1903; t 11.4.1999
Sr. Anna Gaudentia Vogt
Dominikanerinnenkloster St. Peter, Schwyz
* 1.2.1913; t 3.2.1999
Sr. Laurentia Bürzle
St. Annaheim, Steinerberg
* 20.2.1914; t 26.3.1999
109
Zum Schluss ist es uns ein Bedürfnis, für das grosse Interes-
se und das spontane Mitwirken, das wir bei der Realisierung
der «Balzner Neujahrsblätter 2000» erfahren durften, ganz
herzlich zu danken. Zu besonderem Dank verpflichtet sind
wir der Gemeinde Balzers für die Abnahme von Neujahrs-
blättern und vielfältige Hilfestellung, der Liechtensteini-
schen Landesbank AG als grosszügigem Hauptsponsor so-
wie dem Kulturbeirat und der Regierung des Landes für die
massgebliche Förderung unserer Publikation.
Unser Dank richtet sich weiter an die Autoren sowie nach-
folgende Personen und Institutionen, die bei der vorliegen-
den Schrift mitgearbeitet sowie organisatorische und finan-
zielle Unterstützung gewährt haben:
Toni Banzer, Liechtensteiner Namenbuch, Triesen
Bernadette Brunhart, Balzers
Buchbinderei Thöny, Vaduz
BVD Druck + Verlag AG, Schaan
Close up AG, Triesen
Brigitte Frick, Balzers
Adulf Peter Goop, Vaduz
Heidi Marxer, Pfarreisekretariat, Balzers
TANGRAM Anstalt, Werbeagentur, Triesen
Das Redaktionsteam
Balzers, im Dezember 1999
Bildnachweis
5, 9, 10, 11 (unten),
12 (oben links und rechts,
unten links), 13 (unten),
15, 16 (oben und unten),
17 Liechtensteinisches Landesmuseum, Vaduz
6 Werdenberger Jahrbuch 5 (1992), S. 14.
7, 12 (unten rechts) Gemeinde Balzers (Hg.): 1150 Jahre Balzers und Mäls. Balzers 1992.
8 Johannes-Stumpf-Chronik. Zürich 1547.
11(oben) Manfred Tschaikner: Der Teufel und die Hexen müssen aus dem Land. Vaduz 1998.
13(oben) Franz Büchel: Geschichte der Pfarrei Balzers. Balzers 1982, S. 19.
14 Terra Plana 1999, H. 3, S. 25.
16 (Mitte) Franz Büchel: Gemeinde Balzers. Beiträge zur Geschichte 842-1942, Balzers 1987.
18 Gemeinde Balzers
19 Terra Plana 1998, H. 1, S. 19.
20 Werdenberger Jahrbuch (11) 1998, S. 73 und 76.
21 Friedrich Pieth: Graubünden als Kriegsschauplatz 1799-1800. Chur 1949, S. 53.
22 Terra Plana 1998, H. 4, S. 6.
23, 24 Sammlung Adulf Peter Goop, Vaduz.
28-101 Brigitte Frick, Balzers
Allgemeine Hinweise
Den Texten liegt die neue deutsche Rechtschreibung zugrunde.
Bei den Flurbezeichnungen findet die Schreibweise des Liechtensteiner Namenbu-
ches Anwendung.
In Pluralbildungen für Personen (z.B. Balzner, Einwohner) schliesst die maskuline
Form die feminine mit ein.
FamARh
JBL
k. k.
fstl.
Familienarchiv Rheinberger
Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum
Liechtenstein
kaiserlich-königlich
fürstlich
112
Geschäftsstelle Balzers
Liechtensteinische Landesbank Aktiengesellschaft
FL-9490 Vaduz • Telefon +423 / 236 88 11 • Fax +423 / 236 88 22 • E-Mail IlbOllb
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Nennen Sie uns ruhig beim Namen. Kundennähe bedeutet uns sehr viel. In unserer
Geschäftsstelle in Balzers bedienen wir Sie aus nächster Nähe. Wir freuen uns, wenn
Sie mit uns ins Gespräch kommen und schätzen den persönlichen Kontakt. Nennen Sie
uns also ruhig beim Namen, denn wir haben ein offenes Ohr für Ihre Anliegen und ver-
stehen uns als Partner, der Ihnen in allen Geld-Angelegenheiten zur Seite steht.
LIECHTENSTEINISCHE
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AKTIENGESELLSCHAFT