J A H R B U C H
DES HISTORISCHEN VEREINS
FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN
ZWEIUNDSECHZIGSTER BAND
VADUZ, IM SELBSTVERLAG DES VEREINS, 1962
I N H A L T S V E R Z E I C H N I S
Seite
I. D a v i d B e c k : Fürstlicher Rat Joseph Ospelt, a. Regierungschel V
II. Neu-Schellenberg. — D . B e c k : Ausgrabungsbericht . . 3
Neu-Schellenberg. — K . H e i d : Die Fundgegenstände . 51
III. A l e x a n d e r F r i c k : Ist der Verrat des Ul i Mariss nur eine
vage Sage oder geschichtliche Wirklichkeit ? . . . . 81
IV. L u d w i g W e l t i : Georg Wilhelm Gressner aus Messkirch,
der Maler des Hochaltarblattes in der Liebfrauenkapelle zu Triesen
und das Schicksal seiner Tochter Anna Katharina . . 103
V. F r i d o l i n T s c h u g m e l l : Notizen aus dem Totenbuch der
Pfarrei Bendern 1735 - 1814 113
VI. A l e x a n d e r F r i c k : Fenkera und beim Igraben zwei Schaaner
Flurnamen 123
VII. W e r n e r A . G r a f : Ein spätbronzezeitlicher Fund aus Vaduz 137
VIII. D. B e c k / O. S e g e r : Fundberichte 151
IX. E r n s t v o n L e h m a n n : Die Säugetiere des Fürstentums
Liechtenstein 157
X. V e r e i n s c h r o n i k :
A) Jahresbericht 363
B) Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben vom 1. Juli 1961
bis 30. Juni 1962 367
C) Mitglieder-Verzeichnis 369
D) Verzeichnis der historischen Vereine, wissenschaftlichen In-
stitute usw., mit denen der historische Verein Schriftentausch
unterhält 378
X L B e n e d i k t B i l g e r i : Liechtensteinisches Urkundenbuch
3. Band. 4. Fortsetzung 310
Fürstlicher Rat
Joseph Ospelt
a. Regierungschef
11. Juni 1962
von David Beck
Fürstlicher Rat Joseph Ospelt
a. Regierungschef
Am 1. Juni 1962 verschied in Vaduz, in seinem 83. Lebensjahre.
Herr Fürstlicher Rat Joseph Ospelt, langjähriger Vorsitzender und
Ehrenpräsident unseres Historischen Vereins, ein Mann, der sich im
kulturellen und im politischen Leben unseres Landes grösste Verdienste
erworben hat.
Joseph Ospelt wurde am 9. Jänner 1881 als Sohn des Julius Ospelt
und der Maria geb. Seger in Vaduz geboren. Er besuchte die Volks-
schule und dann die Landesschule in Vaduz. Als junger Mann trat er
in den Staatsdienst ein, wurde 1912 zum Regierungssekretär ernannt,
trat dann aber 1918 vom Staatsdienst in den fürstlichen Privatdienst
über und besorgte als Rentmeister die fürstliche Domänenverwaltung
bis zum Jahre 1922.
Nach Inkrafttreten der neuen Verfassung vom 5. Oktober 1921, an
der er selbst massgeblich mitgearbeitet hatte, war er der erste Liechten-
steiner der (1921 — 1922) das Amt eines Regierungschefs bekleidete.
Das Staatsgrundgesetz trägt, neben der des Landesfürsten, auch seine
Unterschrift. Fürst Johann II. verlieh ihm im Jahre 1922 den Titel
eines Fürstlichen Rates.
Nach seinem Rücktritt als Regierungschef, im Apri l 1922, eröffnete
er in Vaduz eine Rechtsagentur. In der Folge bekleidete Fürstl. Rat
Joseph Ospelt eine Reihe hoher und wichtiger Staatsämter. So war ^r
1928 bis 1949 Präsident des Verwaltungsrates der Liechtensteinischen
Landesbank und von 1950 bis 1957 Präsident des Aufsichtsrates dieses
Institutes. Von 1930 bis 1953 amtete er als Präsident des liechtenstei-
nischen Staatsgerichtshofes. In den Jahren 1930 bis 1932 entsandte ihn
das Vertrauen des Volkes in den Landtag.
IX
Eine Herzensangelegenheit war für den nunmehr Verewigten auch
die Tätigkeit auf caritativem Gebiet. Er war einer der Initianten des
im Jahre 1923 gegründeten liechtensteinischen Caritasvereins und am-
tete bis zum Jahre 1960 als Kassier und als treibende Kraft dieser
segensreichen Vereinigung.
Als im Jahre 1901 der Historische Verein für das Fürstentum
Liechtenstein gegründet wurde, fehlte unter den ideal gesinnten Män-
nern, welche unsern Verein ins Leben riefen, auch der Name Joseph
Ospelt nicht. Wir finden ihn schon bald unter den Mitarbeitern am
Jahrbuch und im Jahre 1919 wurde er in den Vorstand berufen. Als
Nachfolger von Prälat Joh. Bapt. Büchel wurde er im Jahre 1928 zum
Vorsitzenden gewählt. Als solcher wurde er immer neu bestätigt und
als er im Jahre 1955 wegen seines vorgerückten Alters eine Wiederwahl
ablehnte, ernannte ihn die Jahresversammlung in Anerkennung seiner
grossen Verdienste um den Verein zum Ehrenpräsidenten.
Fürstlicher Rat Joseph Ospelt besorgte nicht nur durch Jahrzehnte
hindurch die Vereinsgeschäfte stets pünktlich und in vorbildlicher
Weise, er war besonders auch tätig als Redaktor und als Mitarbeiter
am Jahrbuch. Aus der stattlichen Reihe von geschichtlichen, volks-
und familienkundlichen Arbeiten, Flurnamensammlungen, sowie aus
seinen Veröffentlichungen von Urkunden und Regesten seien hier nur
die wichtigsten genannt:
1. Sammlung liechtensteinischer Orts- und Flurnamen, Jahrbuch
Bd. 11 und Nachtrag in Jahrbuch Bd. 20.
2. Vaduzer Sprüche, Jahrbuch Bd. 17.
3. Der 1866er Feldzug des fürstlich-liechtensteinischen Bundeskontin-
gentes, mit kurzer Lebensbeschreibung des Hauptmannes und Lan-
destechnikers Peter Rheinberger, Jahrbuch Bd. 24.
4. Regesten aus den Urkunden des fürstlich liechtensteinischen Re-
gierungsarchives, Jahrbuch Bd. 25 u. 26.
5. Spruch und Brauch im menschlichen Leben, Jahrbuch Bd. 28.
6. Das Legerbuch oder Steuerbuch vom Jahre 1584, Jahrbuch Bd. 30.
7. Regesten von Urkunden des ehemaligen Archives im Schloss Va-
duz, Jahrbuch Bd. 33.
X
8. Aus den Akten des Reichskammergerichtes des alten Deutschen
Reiches, Jahrbuch Bd. 35.
9. Zur liechtensteinischen Verfassungsgeschichte, Jahrbuch Bd. 37.
10. Sammlung liechtensteinischer Familiennamen, Jahrbuch Bd. 39.
11. Landammänner-Verzeichnis und Landammänner-Siegel, Jahrbuch
Bd. 40.
12. Die Gründung der Grafschaft Vaduz, nebst kurzer Geschichte der
vorausgegangenen Zeit, Jahrbuch Bd. 41.
13. Die Ämterbesetzung in der letzten Zeit der Landamännerverfas-
sung, Jahrbuch Bd. 42.
14. Eine Schuldenregelung der Grafschaft Vaduz von 1700, Jahrbuch
Bd. 44.
15. Zwei Landschaftsrechnungen aus dem 18. Jahrhundert, Jahrbuch
Bd. 45.
16. Aus der Rentamtsrechnung für 1786, Jahrbuch Bd. 48.
17. Fünfzig Jahre Historischer Verein für das Fürstentum Liechten-
stein, Jahrbuch Bd. 50.
Fürstlicher Rat Joseph Ospelt war seinerzeit Mitglied der kurz vor
dem ersten Weltkrieg ins Leben gerufenen Historischen Kommission
für Vorarlberg und Liechtenstein.
Mit besonderem Verständnis förderte er die Forschungen auf ur-
und frühgeschichtlichem Gebiet. Unter seiner Leitung beteiligte sich
unser Verein auch massgeblich an der Schaffung zeitgemässer Gesetze
über Natur- und Denkmalschutz. Durch viele Jahre war er Mitglied
der Denknialschutzkommission. Bei der anlässlich der Herausgabe des
neuen Kartenwerkes bestellten Nomenklaturkommission durfte auch
der Sammler der Orts- und Flurnamen nicht fehlen. Ein Blick in das
im Erscheinen begriffene Vorarlbergisch-Liechtensteinische Wörter-
buch zeigt uns, dass er auch hier einer der eifrigsten Sammler und
Mitarbeiter war. Die Phonogrammaufnahmen der liechtensteinischen
Mundarten hatte er schon früh ins Auge gefasst und vorbereitet.
Unter seiner Leitung hat unser Verein sein Tätigkeitsfeld erweitert;
der Inhalt des Jahrbuches wurde von Jahr zu Jahr reichhaltiger und
XI
die Mitgliederzahl hat sich bedeutend vermehrt. Er war auch stets be-
strebt, die Sammlungen des Vereins zu vermehren und es war immer
sein Wunsch sie in geeigneten Räumen ausstellen zu können. Dieser
Wunsch ging zu seiner Freude noch unter seiner Präsidentschaft im
Jahre 1954 in Erfüllung.
Mit Joseph Ospelt schied das letzte der Gründungsmitglieder unse-
res Historischen Vereins aus dem Leben. Er hat ihm durch 60 Jahre die
Treue gehalten, ja noch viel mehr, er hat für ihn seine rastlose Arbeits-
kraft und sein reiches Wissen zur Verfügung gestellt und ihn durch
viele Jahre vorbildlich geleitet.
Fürstlicher Rat Joseph Ospelt hat sein arbeitsreiches Leben stets
selbstlos in den Dienst des Vaterlandes und der heimatlichen Ge-
schichtsforschung gestellt. Die Nachwelt ist ihm dafür zum Dank ver-
pflichtet und in 'den Annalen unseres Vereins wird sein Name stets
ehrenvoll genannt werden. Er ruhe in Gottes Frieden.
David Beck
XII
Neu-
Schellenber
D. Beck, Ausgrabungsbericht
K. Heid, Die Fundgegenstände
Neu-Schellenberg
Grabungsbericht von D. Beck
E I N L E I T U N G
M i t Schenkungsurkunde v o m 9. August 1956 hat Seine Durch lauch t
Fürs t Franz Josef von Liechtenstein dem His tor ischen V e r e i n f ü r das
F ü r s t e n t u m Liechtenstein die beiden Burgru inen A l t - und Neuschel len-
berg mi t dem d a z u g e h ö r i g e n G r u n d ins Eigentum ü b e r g e b e n . D a m i t
ergab sich f ü r den V e r e i n die s e l b s t v e r s t ä n d l i c h e V e r p f l i c h t u n g k ü n f t i g
alles N ö t i g e f ü r die Pflege und die Erha l tung dieser f ü r die Geschichte
des Unterlandes, der ehemal igen Herrschaf t Schellenberg, bedeutsamen
Burgen vorzukehren.
V o n verschiedenen Seiten, besonders aus dem Unter land , k a m
schon seit Jahren die Anregung, es soll ten die auf der B u r g Neuschel -
lenberg z u m T e i l noch sichtbaren M a u e r n konserviert und so vor dem
weiteren Z e r f a l l bewahrt werden. Der Vors tand des His tor i schen V e r -
eins beschloss daher, zuerst eine Ausgrabung zur Er forschung der gan-
zen Burganlage und ihrer Baugeschichte vorzunehmen und nachher
die freigelegten M a u e r n zu konservieren.
Eine erste Grabung wurde i m Sommer 1960, i n der Zeit v o m 18.
J u l i bis 6. September d u r c h g e f ü h r t . A n die Kosten dieser Grabung hatte
der Landtag auf A n t r a g der Regierung einen Kred i t von 10 000 Franken
bewil l ig t . Im Jahre 1961 wurde v o m 17. J u l i bis z u m 11. September die
Untersuchung fortgesetzt. Der v o m Lande h i e f ü r ausgesetzte Kredi t
betrug 20 000 Franken. D ie Arbe i t en w u r d e n a u s g e f ü h r t v o n einer
Arbei tergruppe des Landesbauamtes unter dem Vorarbei ter Bernhard
Marxer aus Mauren , mi t Zuzug von A r b e i t s k r ä f t e n aus verschiedenen
u n t e r l ä n d i s c h e n Gemeinden . D ie Grabungsle i tung hatte der Bericht-
erstatter ü b e r n o m m e n . Der nachfolgende Bericht gibt Aufsch luss ü b e r
den Ver lauf und die Ergebnisse dieser interessanten Grabung .
3
Im Anschluss an die Ausgrabung wurde schon i m Jahre 1962 mit
den Konservierungsarbei ten begonnen. Gle ichze i t ig wurde auch noch
ein T e i l der Vorburg und des Burggrabens a u s g e r ä u m t . Das dort l ie -
gende S t e i n m ä t e r i a l konnte bei der E r g ä n z u n g und E r h ö h u n g der teil-
weise bis fast auf den Felsgrund abgetragenen M a u e r n verwendet
werden.
D I E L A G E D E R B U R G
Im liechtensteinischen Unter land zieht sich von Bendern a m Rhe in
gegen Nordosten zu ein langgestreckter H ö h e n z u g bis h ine in ins Vor -
arlbergische, in die N ä h e von Fe ldk i rch . Es ist dies der Eschnerberg,
oft auch Schellenberg genannt. Dieser H ö h e n z u g , re ich gegliedert durch
zahlreiche Kuppen und T ä l c h e n , gehö r t geologisch der Helve t i schen
Kre ide fo rmat ion an und stellt eine Ve rb indung des He lve t ikums z w i -
schen der Alv ie rgruppe und den Vorar lberger Kreideketten her (Vergl .
R. Blaser, Geologie des F ü r s t e n t u m s Liechtenstein, J b L . 52/5 ff . ) .
D u r c h zahlreiche E inze l funde und durch systematische Ausgrabun-
gen hat s ich dieser «Inselberg» i m ehemals versumpften Rhein ta l als
bevorzugtes Siedlungsgebiet erwiesen, dessen Besiedlung schon i n der
Jungsteinzeit, i m 4. Jahrtausend v. Chr . , eingesetzt hatte u n d s ich seit-
dem durch alle p r ä h i s t o r i s c h e n und geschichtl ichen Per ioden kont i -
nu ie r l i ch fortsetzte.
Z w e i Burgen, A l t - und Neuschellenberg, beide i m Gebiet der heuti-
gen Gemeinde Schellenberg gelegen, k r ö n t e n i m Mit telal ter die H ö h e n
des Eschnerberges. Altschellenberg, w ie der N a m e sagt die ä l t e re , liegt
etwa 400 Meter nordwest l ich des Dorfkerns von Mit te lschel lenberg auf
einer Kuppe von nur geringer H ö h e , mi t Stei lhang gegen den Rhe in
und das Dorf Ruggel l zu . E ine weitreichende Aussicht ist h ier nur
gegen Norden zu offen . D ie Burganlage w a r nicht gross und von den
Mauern ist heute nur mehr sehr wen ig sichtbar.
E twa 700 Meter n o r d ö s t l i c h der K i r c h e von Mit telschel lenberg steht
auf aussichtsreicher H ö h e die Ruine der Burg Neuschellenberg. Diese
war u m ein bedeutendes grösse r als Al tschel lenberg u n d v o n ih ren
M a u e r n w a r zu Beg inn der Ausgrabung, wie noch a u s g e f ü h r t w i r d ,
einiges erhalten.
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V o n Neuschel lenberg aus geniesst m a n auf drei Seiten eine u m -
fassende Aussicht : gegen S ü d e n bis i n die Gegend von Sargans — die
Burgen von Werdenberg und War tau , auf der anderen Talseite, s ind
gut sichtbar. Gegen Osten ist der B l i c k auf Fe ldk i r c h m i t der Schatten-
burg und weiter i n den W a l g a u bis Bludenz f r e i u n d n o r d w ä r t s ist die
Aussicht bis z u m Bodensee of fen . Im Westen ist der noch etwas h ö h e r e
H e r r e n b ü h e l vorgelagert und gegen Nordosten verdeckt die Kuppe des
Borscht die Aussicht , so dass die nur etwa 2 Ki lomete r entfernte Burg
Tosters i m Vorar lbergischen nicht sichtbar ist.
G E S C H I C H T L I C H E S
Ü b e r die Zeit der Erbauung der Burgen A l t - und Neuschel lenberg
fehlt uns jede u rkund l i che Nachr ich t . Es darf aber als sicher angenom-
men werden, dass sie ihre Entstehung e inem Rittergeschlecht, den
Her ren von Schellenberg, verdanken und nach diesem Geschlecht
benannt wurden . A u c h der s p ä t e r e n Herrschaf t Schellenberg verbl ieb
dieser Name .
Der liechtensteinische His tor iker Johann Baptist B ü c h e l hat s ich
lange und i n mehreren g rö s se r en Arbe i ten mi t der Geschichte der
Her ren von Schellenberg befasst 1). E r weist nach, dass e in Ritterge-
schlecht von Schellenberg i n Oberbayern, an der Isar, Länggr i e s gegen-
über , schon vor 1200 seinen Sitz hatte. Gegen Ende des 12. Jah rhun-
derts verschwinden die Her ren v o n Schellenberg aus jener Gegend.
Etwa zu gleicher Zeit taucht der N a m e bei uns auf. B ü c h e l vermutet
nun, dass dieses u r s p r ü n g l i c h oberbayerische Rittergeschlecht, wie eine
Reihe anderer s c h w ä b i s c h e r Edler, zur Stauferzeit i n unsere Gegend,
also nach C h u r r ä t i e n , verpf lanz t wurde, mi t der Aufgabe die nach
Italien f ü h r e n d e n Strassen und A l p e n p ä s s e zu sichern und z u bewachen.
Die Her ren von Schellenberg hatten a m Eschnerberg ih ren Besitz
i m Gebiete der G r a f e n von Werdenberg. Sie waren deren V a s a l l e n u n d
konnten die Reichsunmit te lbarkei t nicht er langen; doch standen sie
i m Range ü b e r den Landf re ien . In den v ie len Fehden zwischen den
G r a f e n von Mont fo r t -Fe ldk i rch u n d den Werdenbergern standen die
Schellenberger stets treu auf der Seite Werdenbergs.
5
Das den Schellenbergern g e h ö r e n d e Gebiet lag sehr zerstreut, z u m
T e i l auch jenseits von Rhe in und III. A u c h die G r a f e n von Mont for t -
Fe ldk i rch und die Gra fen von Werdenberg hatten am Eschnerberg Be-
sitz an Leuten und G ü t e r n .
D ie Her ren von Schellenberg waren s tammverwandt mi t den Her -
ren von Neuburg , die i n unserer Gegend auf z w e i Burgen sassen. D ie
eine dieser Burgen war die Neuburg i n der Herrschaf t Aspermont , un-
terhalb C h u r ; die andere Neuburg stand unweit Götz i s , i m Vorar lbe rg .
M i t den Neuburgern gemeinsam hatten die Schellenberger u r s p r ü n g -
l ich auch ihr Wappen : zwe i schwarze Querba lken auf Go ldg rund .
A u c h s p ä t e r noch bestanden verwandtschaf l iche Beziehungen zwischen
den T h u m b e n von Neuburg (bei Götzis) und den Schellenbergern. E i n
M a r q u a r d « g e n a n n t von Sche l l enberg» hatte eine Ita aus dem Ge-
schlecht der Thumben von Neuburg geheiratet u n d war auf die N e u -
burg übe r s i ede l t . Er nennt sich i n einer Urkunde von 1256 « M a r q u a r -
dus miles dictus de Sche l l enbe rc» , ist aber auf dem Siegel als «von
N e u b u r g » bezeichnet.
Das bayerische Geschlecht der Schellenberg war auch i m Besitz
der Herrschaf t Tölz i n Oberbayern gewesen. Der N a m e Tölz oder Töl -
zer lebte als Beiname u n d s p ä t e r als Vorname i m Geschlecht der
Schellenberger i n C h u r r ä t i e n noch lange fort.
Im Jahre 1280 kauf ten die B r ü d e r U l r i c h und M a r q u a r d von Schel-
lenberg v o m Kloster St. G a l l e n die Herrschaf t Wasserburg am Boden-
see; Tölzer , ein Sohn des Marquard , erheiratete die Herrschaf t Kis legg
i m Al lgäu .
Schon i n der ersten H ä l f t e des 14. Jahrhunderts verschwinden die
Her ren von Schellenberg ganz aus unserer Gegend und w i r f i nden
dieses Geschlecht wieder i n der Gegend von Laut rach an der Iiier, i m
bayerischen Gebiet, w o seine verschiedenen Zweige noch lange b l ü h t e n .
A b etwa 1200 w i r d das Geschlecht der Schellenberg immer wieder
in U r k u n d e n aus unserer Gegend genannt. W e n n auch i n keiner dieser
Urkunden aus dem 13. Jahrhunder t die Burgen A l t - und Neuschel len-
berg selber e r w ä h n t sind, k ö n n e n w i r doch annehmen, dass die i m m e r
wieder genannten T r ä g e r dieses Namens , die oft als Schiedsrichter
oder als Zeugen auftreten, oder als K ä u f e r , V e r k ä u f e r , oder Dona -
toren e r w ä h n t werden, ih ren Sitz auf den Schellenberger Burgen hatten.
6
Erstmals w i r d hier der N a m e Schellenberg u m 1200 e r w ä h n t . E i n
Verze ichnis des Convents des Klosters P f ä f e r s nennt einen Alber tus ä
Schellenberch als M ö n c h 2 ) .
Im Jahre 1220 bezeugen die B r ü d e r H e i n r i c h und K o n r a d von
Schellenberg, Kanon ike r zu Chur , m i t andern, den Verkau f eines W e i n -
gartens bei der St. Mar t insk i rche zu C h u r durch Probst und Convent
von St. L u z i i n C h u r 3 ) .
Eine Gutta von Schellenberg war u m diese Zeit Aebt iss in des adel i -
gen Frauenstiftes zu L i n d a u 4 ) .
U m 1227 ist M a r q u a r d von Schellenberg, mi t anderen Edlen (z. B .
Marqua rd von R a n k w e i l , Ritter U l r i c h von Göf i s und der ganzen Fa-
m i l i e des Alber t T h u m b von Neuburg , i n Fr i sun (St. Gero ld , i m Grossen
Walsertal) anwesend, als diese F a m i l i e dem Kloster Weissenau G ü t e r
schenkte 5 ).
A m 17. A p r i l 1256 ü b e r g i b t Ritter Marqua rd « g e n a n n t von Schellen-
berg» dem Kloster Kreuz l ingen , das er i n seinen Besitzungen bei Rank-
w e i l ge schäd ig t hatte, eine Wiese «In den M e d e r n » bei G ö t z i s 3 ) . Eine
e n d g ü l t i g e Vere inbarung i n dieser Sache erfolgte 1262 (datiert: N e u -
burg, 14. J u n i 1262)").
Marqua rd von Schellenberg, Mundschenk (des Klosters P f ä f e r s ) ver-
zichtet 1267 zu Gunsten des Klosters St. L u z i z u C h u r auf den Zehnten
der K i rche z u Bendern; A l b e r o v o n Schellenberg u n d sein Sohn H e i n -
r ich sind als Zeugen a u f g e f ü h r t , ebenso ein Marquard , genannt «Tul-
kecer» (Tö lze r ) 8 ) .
M a r q u a r d der Schenk war, nach Büche l , e in N e f f e des 1227 und
1256 e r w ä h n t e n Marquard , genannt von Schellenberg").
An lä s s l i ch einer Vergabung an das Johanni terhaus zu Fe ldk i r ch
durch die G r a f e n Hugo und H a r t m a n n von Werdenberg i m Jahre 1265
waren als Zeugen anwesend M a r q u a r d der ä l t e re , M a r q u a r d der j ü n g e r e
und U l r i c h von Schel lenberg 1 0 ) .
In einer Streitsache mi t dem Probst von C h u r w a l d e n i m Jahre 1273
ist als Vertreter der Gegenpartei e in U l r i c h von Schellenberg genannt.
A l s Zeuge war unter andern zugegen Her r A lbe ro von Schel lenberg 1 1 ) .
Im Streit König Rudolfs von Habsburg mi t dem A b t von St. G a l l e n
und dessen Bruder, Bischof F r iedr ich von Chur , standen die Schel len-
berger mi t den G r a f e n von Werdenberg auf der Seite des Königs . A l s
7
Bischof F r iedr ich i m S p ä t h e r b s t 1288 von e inem Kriegszug i n den W a l -
gau he imkehren woll te , wurde er von den Werdenbergern u n d Schel-
lenbergern in der A u bei Balzers geschlagen und gefangen genommen 1 - ) .
A l s es nicht gelang die äb t i s che Feste C l a n x i m A p p e n z e l l du rch
Belagerung e inzunehmen, wurde der äb t i s che Befehlshaber von Mar -
quard von Schellenberg mi t 70 M a r k Silbers bestochen, worauf C l a n x
ü b e r g e b e n wurde 1 ' 5 ) .
Erst zu A n f a n g des 14. Jahrhunderts gelangen die beiden Burgen
A l t - und Neuschel lenberg a l l m ä h l i c h ins L ich t der Geschichte. N a c h
Peter Kaiser k a m das Besi tz tum der Her ren von Schellenberg auf dem
Eschnerberg i m Jahre 1317 an die Gra fen von Werdenberg-Hei l igen-
berg zu B l u d e n z 1 4 ) . Der V e r k ä u f e r war, wie e in altes Vaduze r U r b a r
berichtet, ein M a r q u a r d von Schellenberg. Dieser war , nach Büche l ,
ein Sohn des G r ü n d e r s der L in i e der Schellenberg zu Wasserburg 1 5 ) .
U n k l a r ist die H e r k u n f t eines gewissen Ritters H e i n r i c h Ramung , der
kurz vorher i m Besitz der Burg Neuschel lenberg gewesen sein sol l , sie
dann aber 1317 an den Ritter H e i n r i c h von Schellenberg verkauf t hatte,
von dem sie M a r q u a r d erwarb und anscheinend noch i m gleichen Jahr
an die G r a f e n von Werdenberg-Hei l igenberg wei te rverkauf te 1 0 ) . Ritter
H e i n r i c h von Schellenberg v e r ä u s s e r t e i m Jahre 1318 auch noch die
weiteren i h m verbliebenen Besitzungen a m Eschnerberg, so den K i r -
chensatz (das Patronatsrecht) an der K i r c h e von Mauren , an Rudo l f
den alten A m m a n n zu F e l d k i r c h 1 7 ) . D a m i t verschwindet die F a m i l i e
der Her ren von Schellenberg aus unserer Gegend. W i r treffen sie i n
jener Zeit bereits i m bayerischen Gebiet, i n Laut rach an der Hier. In
keiner U r k u n d e f inden w i r aber die Burgen A l t - und Neuschel lenberg
i m Zusammenhang mi t den Her ren von Schellenberg e r w ä h n t . Erst 1348
w i r d Al tschel lenberg das erstemal i n einer U r k u n d e genannt. In diesem
Jahre vermachte Johann v o n Riedberg die Festen Riedberg und H o h e n -
juval t den Her ren H e r m a n n und Beringer v o n Landenberg-Grei fen-
see. In der U r k u n d e heisst es: « Dies beschach vor der a l t e n
S c h e l l e n b e r g , vf des Riehes offener Lantstrasse . . . . » 1 8 ) .
Im 14. Jahrhunder t sitzen auf der Burg Neuschel lenberg die Ma ie r
von Al t s t ä t t en als Vögte der G r a f e n von Werdenberg-Hei l igenberg zu
Bludenz. M i t e inem Brief, datiert: Neuschel lenberg, 15. Oktober 1364,
vermacht Wal ther Ma ie r von Al t s t ä t t en , der Äl te re , dem Domkap i t e l
C h u r seine Leibeigene A n n a R ü t n e r i n zu Lums (Gampr in) 1 ! l ) . H i e r ist
8
die Burg Neuschellenberg z u m erstenmal i n einer U r k u n d e genannt
(«zu der N ü w e n Sche l l enbe rg» ) .
Neben den Her ren der beiden Burgen A l t - und Neuschel lenberg
hatten aber auch die G r a f e n von Sargans zu V a d u z und die G r a f e n
von Mont fo r t -Fe ldk i rch Besitz an Leuten und G ü t e r n a m Eschnerberg.
N a c h dem Tode des letzten G r a f e n von Mont for t -Fe ldk i rch , Rudol f IV. ,
i m Jahre 1390 k a m dessen Besi tz tum a m Eschnerberg an den G r a f e n
H e i n r i c h z u V a d u z . Dami t hatten die Her ren z u V a d u z ein macht-
mäss iges Ü b e r g e w i c h t am Eschnerberg erlangt.
Im Jahre 1391 verkaufte G r a f Alb rech t v o n Werdenberg-Hei l igen-
berg an H e i n r i c h Stöckl in zu Fe ldk i r ch seinen A n t e i l an dem z u m
Domkap i t e l von C h u r g e h ö r e n d e n Zehnten der Burg Al t sche l lenberg 2 0 ) .
A m 18. August 1391 schloss G r a f Albrech t von Bludenz m i t seinen
Untertanen und den Leuten der Grafschaf t Fe ldk i r ch e inen B u n d auf
40 Jahre, gegen jedermann, ausgenommen die H e r z ö g e von Ö s t e r r e i c h .
In diesem Ver t rag s ind als Partner auch genannt «die Burgherren ba id
uff der A l t e n und N ü w e n Schellenberg und A l l e lüt , die zue den selben
z w a i n Vest inen g e h ö r e n t » 2 1 ) . Dieses B ü n d n i s war w o h l i n erster L in i e
gegen die G r a f e n von V a d u z gerichtet.
1394 gelobt G r a f Albrech t von Werdenberg-Bludenz neben andern
Vesten auch A l t - und Neuschel lenberg den ö s t e r r e i c h i s c h e n H e r z ö g e n
o f fen zu ha l ten 2 2 ) . N a c h einer U r k u n d e i m Regierungs-Archiv verkauf t
ein «Kunz i m Holz» i m Jahre 1394 sein Gut bei der « N e u e n Schel len-
berg» .
A l s 1405 der Appenze l l e r K r i e g ausbrach, und die Appenze l le r i n
der Schlacht am Stoss siegreich gewesen waren, verlangten auch die
Leute a m Eschnerberg i n den «Bund ob dem See» au fgenommen z u
werden. A m 21. J u l i 1405 wurde v o m A m m a n n und den Landleuten
am Eschnerberg der B u n d beschworen. Peter Kaiser berichtet d a r ü b e r :
«Die Leute am Eschnerberg freuten sich des Bundes u n d der durch i h n
erlangten Freiheit , und w e i l ü b e r a l l dem gemeinen M a n n von den
Burgen aus v i e l Ü b e r d r a n g , Schaden u n d Gewa l t z u g e f ü g t wa rd , mach -
te sich alles daran, diese Sitze der Zwingher rschaf t z u ze r s tö r en . So
brachen die Leute a m Eschnerberg die Burgen A l t - und Neu-Schel len-
berg und gaben sie den F l a m m e n pre i s» . (Kaiser, S. 219). Sie teil ten
dieses Schicksal mi t fast a l len Burgen i m Umkre i s . N a c h der C h r o n i k
9
des U l r i c h Imgraben von Fe ldk i r ch w ä r e 1405 nur eine der beiden
Burgen «von denen ab dem E s c h n e r b e r g » verbrannt worden' 2 3 ) .
Aber die Schlacht bei Bregenz am 13. J ä n n e r 1408 brachte das
Ende des Bundes ob dem See und die Eschnerberger kehrten wieder
unter ihre f r ü h e r e n H e r r e n z u r ü c k , n ä m l i c h unter den Bischof Har t -
m a n n und den G r a f e n Albrech t von Bludenz. Es scheint, dass damals
wenigstens die Burg Neuschel lenberg wieder instand gesetzt und
w o h n l i c h gemacht wurde .
Im Jahre 1412, am 31. Oktober, verkaufte Gra f A lb rech t von Wer -
denberg- Bludenz die beiden Schellenberger Vesten und Burgs t ä l l e mi t
al ler Z u b e h ö r an Leuten und G ü t e r n an seinen Tochte rmann den G r a -
fen W i l h e l m von Montfor t -Tet tnang «zur A b w e n d u n g g r ö s s e r e n Scha-
dens» , u m 3846 G u l d e n und 4 Sch i l l i ng H e l l e r 2 4 ) .
Der letzte Graf von Werdenberg zu Vaduz , Bischof H a r t m a n n von
Chur , starb i m Jahre 1416. Seinen Besitz a m Eschnerberg hatte er schon
vorher an seine S t i e f b r ü d e r U l r i c h T h ü r i n g und W o l f h a r t v o n Brandis
verkauft . A l s 1418 auch Gra f Albrech t III. von Werdenberg-Bludenz,
der Her r von A l t - und Neuschel lenberg u n d des dazu g e h ö r i g e n Be-
sitzes, starb, stritten sich seine f ü n f T ö c h t e r und deren E h e m ä n n e r
lange u m sein Erbe. Erst durch Schiedsspruch des Kaisers S ig i smund
i m Jahre 1434 2 5) und durch Verg le ich mi t dem G r a f e n W i l h e l m von
Tettnang und seiner G e m a h l i n Kunigunde i m Jahre 1437"-*') k a m der
Freiherr von Brandis, W o l f h a r t III., dessen G e m a h l i n Verena eine Toch-
ter Albrechts war , i n den Besitz des ganzen Gebietes der Herrschaf t
Schellenberg. V o n da an bl ieb die Herrschaf t Schellenberg i m m e r bei
den Inhabern der Grafschaf t V a d u z .
W i r d ü r f e n annehmen, dass zu Beginn des 16. Jahrhunderts die
beiden Schellenberger Burgen noch intakt waren ; sicher war dies bei
Neuschel lenberg der F a l l , denn L u d w i g von Brandis unterzeichnete
1505 einen Revers, i n dem er dem Hause Ö s t e r r e i c h die Burgen V a d u z
und Schellenberg o f fenh ie l t 2 7 ) . A l t - und Neuschel lenberg s ind i n der
sogenannten «Landes re t tung» (1505) als nicht mi t G e s c h ü t z versehen
e r w ä h n t 2 8 ) .
Es scheint, dass auch i m Schwabenkr ieg die Schellenberger Burgen
unbehell igt bl ieben. E i n g rösse re r M ü n z f u n d aus dieser Zeit, der 1931
in der N ä h e von Al tschel lenberg gemacht wurde u n d der nach Auswe i s
10
der M ü n z e n 1498 oder 1499 von seinem Besitzer vergraben wurde,
d ü r f t e i m Zusammenhang mi t dieser unruhigen Zeit stehen.
Tei ls durch Erbschaft (1507) und teils durch K a u f (1510) (JbL. 60,
S. 36 ff.) gelangten V a d u z und Schellenberg an die G r a f e n von Sulz,
« samt den Schlössern , Burgstal len, D ö r f e r n , Landen, Leuten u . s. w .» .
A u s dem 16. Jahrhunder t haben w i r keine weiteren Nachr ich ten
mehr ü b e r die beiden Schellenberger Burgen. Sie w u r d e n nicht mehr
bewohnt und dem Z e r f a l l ü b e r l a s s e n . In den U r b a r i e n s ind sie gele-
gentl ich noch als «Burgstäl l» e r w ä h n t . M i t den beiden Herrschaf ten
Vaduz und Schellenberg k a m e n sie 1613 i n den Besitz der G r a f e n v o n
Hohenems und seit 1699, als die Herrschaf t Schellenberg von den
Für s t en von Liechtenstein e rworben wurde, waren sie i m m e r i m Be-
sitz der Landesherren. M i t Schenkungsurkunde v o m 9. August 1956
ü b e r g a b Seine Durch laucht Fürs t Franz Josef die beiden Burgru inen
A l t - und Neuschel lenberg dem His tor ischen V e r e i n f ü r das F ü r s t e n t u m
Liechtenstein ins Eigentum.
A u s der Zeit vor 1800 s ind uns keine z u v e r l ä s s i g e n Ans ich ten der
Schellenberger Burgen bekannt. D ie A b b i l d u n g e n i n der Anicet ' schen
C h r o n i k «Sche l l enbe rg das ä l te re» und «Sche l l enbe rg das hintere
Schloss» h ä l t U l m e r f ü r reine Phantasie-Rekonstruktionen (A. U l m e r ,
Burgen und Edelsitze, S. 942). A u f f a l l e n d ist, dass eine Rekonst rukt ion
der Burg Neuschel lenberg auf G r u n d der ausgegrabenen Grundrisse,
mit Ans ich t von Nordost her, jedenfal ls dem B i l d , das mi t «Schel len-
berg das ä l tere» bezeichnet ist, sehr ä h n l i c h sehen m ü s s t e , sowoh l was
die topographische Gestalt des B u r g h ü g e l s als auch die e inzelnen Ge-
b ä u d e t e i l e (Bergfried und Palas) betr iff t . (Abb. 1).
Aus dem 19. Jahrhunder t s tammen einige Bi lder , welche die Burg
Neuschel lenberg i n schon stark ve r fa l l enem Zustand zeigen. A l t Reg.-
Chef Dr . A . Fr ick besitzt eine aus der ö s t e r r e i c h i s c h e n Na t iona l -B ib -
liothek i n W i e n stammende Photokopie einer Dars te l lung der Ruine
i m Jahre 1821. In seinem Besitz ist auch eine Ble is t i f tze ichnung von
A u g . Kayser vom Jahre 1829. Beide Ans ich ten zeigen die Ruine von
Nordwesten her. (Abb. 2). Einige weitere B i lde r v o n K . A . Kayser und
Mor i t z Menzinger , die E . Poeschel i n seinem K u n s t d e n k m ä l e r b a n d f ü r
das F ü r s t e n t u m Liechtenstein a u f g e f ü h r t hat, be f inden sich i m Besitz
LI
Abb. 2 Schellenberg (nach einer Bleistiftzeichnung von Aug. Kayser 1829)
der f ü r s t l i c h e n Sammlung bezw. des His tor ischen Vereins . Sie zeigen
alle die noch z u m gröss ten T e i l aufrechtstehenden Mauern des südös t -
l ichen Wohntraktes u n d einige auch noch das Tor i m west l ichen T e i l
der Ruine .
A b Mit te des 19. Jahrhunderts w u r d e n die Burgmauern i m m e r
mehr als Steinbruch b e n ü t z t , besonders b e i m B a u der alten Schel len-
berger Pfa r rk i rche und des Frauenklosters i n den F ü n f z i g e r - und Sech-
zigerjahren. D a auf der Westseite der Burg die A b t r a n s p o r t m ö g l i c h -
keiten am g ü n s t i g s t e n waren, w u r d e n zuerst, wie die alten Bi lder ze i -
gen, die westl iche Ringmaur , der Wohnt rak t auf dieser Seite u n d der
gröss te T e i l des Bergfr ieds fast bis auf den G r u n d abgetragen. D u r c h
die so entstandene breite Bresche auf der Westseite konnte dann das
Steinmaterial , das der A b b r u c h des n ö r d l i c h e n und ös t l i chen Tei ls der
Burg ergab, ebenfalls leicht an die Strasse geschafft werden. U m 1930
war die Burgstelle dicht mit W a l d und G e b ü s c h ü b e r w a c h s e n . Damal s
wurden auf dem B u r g h ü g e l durch das f ü r s t l i c h e Forstamt eine g rösse re
A n z a h l ausgewachsener Tannen und Fichten geschlagen, worauf die
Ruine durch Jahrzehnte mi t fast undurchdr ing l i chem G e b ü s c h ü b e r -
wachsen war .
Im Jahre 1926 erschien das wer tvol le W e r k von Andreas U l m e r
«Die Burgen und Edelsitze Vorar lbergs und L iech tens t e in s» . Es behan-
delt auch alle Burgen unseres Landes. A l t - u n d Neuschel lenberg bear-
beitet der Verfasser i m Zusammenhang. In der Dars te l lung der ge-
schicht l ichen V e r h ä l t n i s s e ü b e r n i m m t er die Forschungsergebnisse
Johann Bapt. Büche l s . Der beigegebene Grundr i s sp lan wurde anschei-
nend von Egon Rheinberger aufgenommen und gezeichnet. E r bietet
e in gutes B i l d der Burganlage, o b w o h l damals nur mehr e in sehr k l e i -
ner T e i l der M a u e r n aufrecht stand und sich die ü b e r w a c h s e n e n Mauer-
reste i m G e l ä n d e k a u m mehr abzeichneten (Abb. 3). Was an der P lan -
skizze nicht st:mmt und was s ich erst durch die Grabung a b k l ä r e n
liess, sol l s p ä t e r e r w ä h n t werden.
13
A N M E R K U N G E N Z U M TEIL «GESCHICHTLICHES»
Abkürzungen :
JbL = Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein.
LUB = Liechtensteinisches Urkundenbuch
1) JbL Bd. 1 und 3 — 6, Regesten zur Geschichte der Herren von Schellen-
berg.
JbL Bd. 7 — 9, Geschichte der Herren von Schellenberg.
JbL Bd. 19, Geschichtliches über die Burgen unseres Landes.
JbL Bd. 20, Geschichte des Eschnerbergers.
LUB VI, S. 66.
LUB 1/1, S. 82.
JbL Bd. 1, Büchel (Regesten), S. 182.
Helbok, Regesten von Vorarlberg und Liechtenstein, Nr. 375.
Helbok, a. a. O., Nr. 465.
JbL Bd. 1, Büchel (Regesten) S. 184.
LUB VI, S. 115.
JbL Bd. 7, S. 23 ff.
JbL Bd. 4, Büchel (Regesten) S. 171.
LUB VI, S. 117.
LUB 1/2, S. 97.
LUB 1/2, S. 98 ff.
Kaiser Peter, Geschichte des Fürstentums Liechtenstein, S. 162.
JbL Bd. 9, S. 30.
JbL Bd. 9, S. 30.
LUB 1/3, S. 40 ff.
LUB VI, S. 225.
LUB VI, S. 245.
LUB 1/1, S. 313 ff.
LUB 1/3, S. 71 ff.
JbL Bd. 1, Büchel (Regesten), S. 238.
LUB 1/2, S. 288 und 1/3, S. 117 (Anmerkung).
LUB 1/3, S. 111 ff.
JbL Bd. 26, S. 113.
Urkunde im Staatsarchiv Schwyz (Nr. 408 vom 27. Juni 1437).
JbL Bd. 36, S. 91.
IbL Bd. 20, S. 21, Büchel , Geschichte des Eschnerberges.
14
L o g e p 1 a « oon SCHCLiEHBEnc.
g Graben
t Außeres Tor
Zwinger
Vorbur
Bergfried
Hof
Zisterne
Wohnbau
Zingel
Innerer Hof
mit Mantel
Burgweg
0 1 2 3 4 5 6 7 8mtr.
I I I I 1 1 I I I
R U I N E S C H E L L E N B E R G
Handskizze
z
b
P
h
x
f
k
m
Abb. 3 Skizze von E. Rheinberger (um 1900)
D I E G R A B U N G
Im Auf t rage des Bauamtes wurde i m Sommer 1958 von G r u n d b u c h -
geometer Johann S c h ä d l e r eine topographische A u f n a h m e des Burg-
gebietes und seiner Umgebung gemacht, (Abb. 4, P l a n I). A l s G r u n d -
lage f ü r die G r a b u n g s p l ä n e erstellte s p ä t e r der Vermessungstechniker
des Bauamtes, Horst Seger, noch einen P l a n des Gebietes, der f ü r die
Ausgrabung i n Betracht kam, i m M a ß s t a b 1 : 100.
Die P lanskizze von Egon Rheinberger f ü r A . U lmer ' s B u c h «Burgen
und Edelsi tze» ergab i n bezug auf die e inzelnen Bautei le der Burg
bereits eine gute Ü b e r s i c h t :
Durch das ä u s s e r e Tor gelangte m a n i n den Zwinger , e in inneres
Tor f ü h r t e i n die Vorburg , dahinter, u n g e f ä h r i n der Mit te der Anlage ,
stand der Bergfr ied. Die V o r b u r g w a r nach aussen zu durch eine R ing -
mauer (Zingel) begrenzt und geschü tz t . Hin te r dem Bergf r ied , i m n ö r d -
l ichen T e i l der Burg befanden sich die Wohnbau ten , die teils von e inem
ä u s s e r e n und teils von e inem inneren H o f aus z u g ä n g l i c h waren . I m
ä u s s e r e n H o f befand sich die Zisterne.
Die Burganlage von Neuschel lenberg hat die F o r m eines Dreiecks,
dessen l ä n g e r e Seiten an der Nordecke i n einen spitzen W i n k e l zusam-
menlaufen . Im G e l ä n d e noch sichtbar ist der Burgweg von S ü d e n her
auf das Tor zu . Dieses befand sich i m s ü d w e s t l i c h s t e n T e i l der Burg .
Die T o r ö f f n u n g ist noch erhalten.
Die S ü d f l a n k e der Burg war durch den Burggraben gesichert, der
u n g e f ä h r einen Viertelskreis beschreibt. A u f den anderen Seiten boten
Felsen und S te i l ab fä l l e guten Schutz. Süd l i ch des Grabens liegt e in
ebenes V o r g e l ä n d e , auf dem aber keine Spuren einstiger Befestigung
festgestellt werden konnte.
V o r Beginn der Grabung f i e l uns auf, dass hinter dem Burggraben
und para l le l mi t diesem eine m ä c h t i g e Trockenmauer die Südse i t e der
Burg abschloss. A n einer Stelle w a r die Aussenseite dieser Mauer noch
gut erhalten (Abb. 5). A u c h das innere Mauerhaupt war dort noch
o b e r f l ä c h l i c h festzustellen. So konnte auch die S t ä rke dieses Mauer -
werks ermittelt werden; sie b e t r ä g t 4,5 Meter. Gegen Westen zu Hess
sich diese Mauer aber nur mehr als wal lar t ige Erhebung i m G e l ä n d e
feststellen. In der N ä h e des Tores, w o sie wieder f re i lag . g ing sie i n
eine M ö r t e l m a u e r ü b e r (Abb. 6).
16
I
Abb. 6 Das Tor (Tor 1)
I
gut erhalten. Die Ö f f n u n g des Tores misst i n der Breite 2,20 Meter.
V o n der Mauer 30 war o b e r f l ä c h l i c h nichts mehr zu sehen; doch konn-
ten durch die Grabung ih r einstiger Ver lauf und ihre Breite i n den
Fundamenten noch ermittelt werden. D ie M a u e r n 30 und 29 stehen i m
Verband, die Mauer 29 ist an die Mauer 27 angelehnt. Der l ä n g l i c h e
Raum hinter dem Tor 1 war der erste oder ä u s s e r e Zwinger . D u r c h das
Tor 2 gelangte m a n v o n hier aus i n den grossen Zwinger , i n die
Vorburg .
Die Trockenmauer und die dahinter liegende Mörtelmauer
Die Trockenmauer (41 — 45) wurde auf der ganzen Länge an ihrer
Aussenseite freigelegt. Ü b e r a l l waren wenigstens die Fundamente auf
dem Felsgrund noch intakt. W i e bereits e r w ä h n t , ging die Aussenfront
der Mauer i n i h r e m west l ichen Te i l , rechts v o m Tor (T 1), i n eine
M ö r t e l m a u e r ü b e r . Bei der Frei legung der Trockenmauer auf der Innen-
seite zeigte es sich, dass dort, nicht i m m e r ganz para l le l mi t dieser
ver laufend, eine durchschni t t l ich 70 Centimeter starke M ö r t e l m a u e r
lag, (Mauer 34a — 40), v o n der o b e r f l ä c h l i c h nur mehr i n i h r e m west-
lichsten T e i l (35) noch etwas sichtbar war . A n i h r e m ö s t l i c h e n Ende
bog diese Mauer i m rechten W i n k e l nach N o r d e n z u u m (40). Sie
schloss hier, als T e i l der Ringmauer , die Ostseite der V o r b u r g ab. A u c h
die Trockenmauer bog an ih ren beiden Enden rech twinke l ig nach i n -
nen ab und stiess an die M ö r t e l m a u e r an (41 u . 45). Zwischen der
Trockenmauer und der M ö r t e l m a u e r lag ü b e r a l l eine L ö s s e i n f ü l l u n g .
Diese wurde an mehreren Stellen bis auf den Felsgrund ausgehoben.
Dabei wurden i m Löss einige Ziegelreste festgestellt. D ie E i n f ü l l u n g
erfolgte daher zu einer Zeit, als die Burg schon stand. D ie M ö r t e l m a u e r
war also eine f r ü h e r e Ringmauer ; auf der Südse i t e der Burg u n d i n
ih rem n o r d ö s t l i c h e n T e i l (40) e r f ü l l t e sie diese Funk t ion auch s p ä t e r
noch. V o n dem Tor i n dieser Mauer , das erst a m Schluss der Grabung
festgestellt wurde, so l l s p ä t e r die Rede sein. Es befand s ich i n der Süd-
westecke der Burg (34 a, T 8).
Die Vorburg (der Zwinger)
Zwischen der Ringmauer und der eigentl ichen Burg, mi t Bergf r i ed
und anschliessenden W o h n g e b ä u d e n und H ö f e n , lag die V o r b u r g oder
der Zwinger . Dieser grosse Platz war , besonders i m west l ichen T e i l und
20
i n der Mitte, hoch mi t T r ü m m e r r e s t e n u n d Schutt a u f g e f ü l l t . Dabe i
befanden sich noch kompakte M a u e r b l ö c k e von mehreren Kub ikme te rn
Mäch t igke i t , deren Wegschaf fung v i e l M ü h e kostete. E i n mehr als neun-
z i g j ä h r i g e r G e w ä h r s m a n n kann s ich noch er innern, w ie i n seiner J u -
gend die M a u e r n des Bergfrieds gerammt wurden . D a r a u f h i n sei aber
die Ste ingewinnung auf der Burg verboten worden und die Blöcke
bl ieben liegen.
N ä h e r untersucht und z u m gröss t en T e i l auch a u s g e r ä u m t wurde
die ös t l i che H ä l f t e der Vorbu rg . Das Steinmater ial i m west l ichen T e i l
kann erst i m Laufe der Konservierungsarbei ten entfernt werden. U n -
tersucht wurde zuerst das Fe ld 2 i m ö s t l i c h e n T e i l der Vorburg . In
e inem 2 l /a Meter breiten Schnitt, von der Mit te des Platzes gegen die
Trockenmauer zu , stiessen w i r i n etwa 1 Meter Tiefe auf eine mi t
Trockenmauerwerk ausgekleidete Grube (ca. 2 x 2 m) . Diese w a r mi t
Abbruchmate r ia l , Ziegelresten und Tie rknochen a u s g e f ü l l t . E twa 40
Centimeter ü b e r dem Felsgrund ging die E i n f ü l l u n g i n eine tief-
schwarze K o h l e n - und Brandschicht ü b e r , da r in befanden sich eben-
falls Ziegelreste.
In der Fortsetzung des Schnittes zeigte sich dann, 2 Meter vor der
Trockenmauer , die schon e r w ä h n t e , 70 Centimeter starke M ö r t e l m a u e r .
Die Brandschicht auf dem Fels reichte nur bis an diese Mauer , weiter
aussen, unter der L ö s s e i n f ü l l u n g zwischen M ö r t e l m a u e r u n d Trocken-
mauer, war sie nicht mehr vorhanden.
In der Nordostecke der Vorburg , auf z w e i Seiten an die Mör te l -
mauer anstossend, befand sich eine ummauer te Feuerstelle, mi t rotge-
branntem L e h m und Steinen a u s g e f ü l l t . Es k ö n n t e s ich u m einen Back-
ofen oder u m eine Feuerstelle f ü r einen gewerbl ichen Betrieb handeln .
(Abb. 9 zeigt die Si tuat ion i n Feld 2).
V o m T u r m (Bergfried) aus w u r d e n z w e i Schnitte auf die Mör t e l -
mauer zu gemacht und die P ro f i l e aufgenommen. (Abb. 10, Schnitt 12 /
Prof. 18 u n d Schnitt 13 / Prof. 20). E ine tiefe u n d eine obere Ku l tu r -
schicht, getrennt durch eine stellenweise fast meterhohe, sterile Löss-
f ü l l u n g , konnten i n beiden Schnitten festgestellt werden. V o r dem Berg-
f r i ed lag u r s p r ü n g l i c h ein, wenn auch nicht t iefer Graben . V o r der Fels-
stufe auf der s ich der Bergfr ied erhob, ist das alte Gehn iveau sichtbar.
D ie Kul turschicht ü b e r dem Fels ist schwarz und zeigt, besonders i m
Schnitt 13, Brandspuren. Die K e r a m i k aus dieser t iefen Schicht ist aus-
21
Abb. 9 Situation in Feld 2
nahmslos unglasiert. Die Mör te l r e s t e , die i m n ö r d l i c h e n T e i l von
Schnitt 12, oben auf der untern Kul turschicht , festgestellt wurden , b l ie-
ben hier bei Bauarbei ten z u r ü c k ( M ö r t e l a u f b e r e i t u n g ) .
Ü b e r der alten Kul turschicht wurde s p ä t e r zur Ausp lan ie rung Löss
e inge fü l l t , d a r ü b e r entstand das obere Gehniveau , eine ebenfalls dunkle
Kulturschicht . In dieser lagen, besonders i m Schnitt 13, v ie le Ziegel-
reste.
D ie Planierungsarbei ten i n der V o r b u r g waren jedenfal ls i m Z u -
sammenhang mit g r ö s s e r e n baul ichen V e r ä n d e r u n g e n an der Burg
selbst vorgenommen worden. Wahr sche in l i ch entstand zur gleichen
Zeit auch die Trockenmauer , die alte Ringmauer w a r i m Abschni t t
35 — 38 auf B r u s t h ö h e abgetragen und der R a u m zwischen den beiden
M a u e r n war ebenfalls mi t Löss e i n g e f ü l l t . So entstand hinter der
Trockenmauer eine Ar t Wehrgang. Eine erst a n l ä s s l i c h der Konser-
vierungsarbeiten entdeckte Aussparung f ü r e in aufrechtstehendes Kant -
holz auf der Innenseite der Trockenmauer muss damit zusammen-
h ä n g e n (s. P lan) .
12
23
Das Tor 8
Dass die Mauer 34 a — 40 ein T e i l der Ringmauer war , wurde erst
am Schluss der Grabung klar , als i m Abschni t t 34a ein altes vermauer-
tes Tor festgestellt werden konnte (Abb. 11). Der K a n a l f ü r den ver-
schiebbaren Balkenr iegel ist i n der v e r s t ä r k t e n Mauer 34/35 noch sehr
gut erhalten. A u c h der Ansatz des Torbogens ist i n der Mauer 32a noch
sichtbar. Bei der m ü h e v o l l e n Aushebung des ganz mi t Steinen ausge-
f ü l l t e n Raumes von Feld 16 wurde erst i n einiger Tiefe die Trocken-
mauer 45a gefunden. Sie bildet das westl iche Ende von Abschni t t 45.
Der Felsgrund i n der west l ichen Ecke (Mauer 32'33) lag noch 2,15
Meter unter dem N i v e a u der Schwelle von Tor 1. E i n altes Gehn iveau
Abb. 11 Tor 8
24
konnte auf der H ö h e der Torschwel le vor und hinter dem Tor 8 fest-
gestellt werden. In den M a u e r n 32a und 28 fand der Ber ing auf der
Westseite der Anlage seine Fortsetzung. Das Tor 2 wurde i n einer spä-
teren Bauperiode aus der Mauer 28 ausgebrochen.
H i e r w i r d auch klar , dass die Trockenmauer einer j ü n g e r e n Bau-
periode a n g e h ö r t : ihre Stirnseite (45a) liegt ganz nahe a m Tor 8, der
lote W i n k e l , der hier entstanden w ä r e , h ä t t e die Ver te id igung des Tores
sehr erschwert. Zudem steht die Mauer 33, die zur s p ä t e r e n Toranlage
(Tor 1) gehör t , i n enger Ve rb indung mi t dem Abschni t t 45 der Trocken-
mauer.
Der Bergfried
V o m Bergfr ied war nur mehr die Nordostecke (Mauern 2 u . 3) etwa
5 — 6 Meter hoch sichtbar, doch waren auch hier die s c h ö n e n Steine
der inneren Mauerverk le idung den S t e i n r ä u b e r n z u m O p f e r gefal len.
Die ü b r i g e n Mauerte i le waren hoch mi t m ä c h t i g e n M a u e r t r ü m m e r n
und Schutt ü b e r l a g e r t . Es gelang erst i n der zwei ten Grabungskampagne
die noch erhaltenen G r u n d m a u e r n des Bergfrieds bis auf den Felsgrund
fre izulegen und das Turminnere a u s z u r ä u m e n . A m schlechtesten er-
halten w a r die Aussenecke der M a u e r n 1/4 (Südwes t ecke ) . Die S tä rke
der e inzelnen M a u e r n b e t r ä g t : 1 = 1.85, 2 = 1.50, 3 = 1.45 u n d
4 = 1.85 Meter, die Innenmasse i n der Reihenfolge der M a u e r n u m m e r n
s ind: 5.10, 4.50, 4.80 und 4.80 Meter. Das ergibt eine I n n e n f l ä c h e v o n
rund 23 Quadratmetern. A n der Innenseite waren die M a u e r n ü b e r a l l
noch mindestens 1 Meter hoch erhalten.
A u f dem Fels i m T u r m i n n e r n lag eine Brandschicht . Sie w a r an der
Nordmauer (3) 60 — 70 Cent imeter hoch u n d enthielt verkohlte B a l -
kenreste; auch die Steine der Mauer waren hier rotgebrannt. D a r ü b e r
lag Abraumschut t . D i e i m T r u m i n n e r e n gefundenen Becherkacheln
waren unglasiert. E i n H a h n aus Bronze (vergl. A b b . 37, 5) und e in
T ü r k l o b e n k o m m e n aus der t iefen Brandschicht .
Das P r o f i l 11 (Abb. 12) zeigt die Innenseite der Mauer 3, mi t einer
Luftscharte und mi t Ba lken - und G e r ü s t l ö c h e r n . A n der angebrochenen
Mauer 4 ist die Mauer technik erkennt l ich : die Aussenkanten s ind
beidseitig mi t g r ö s s e r e n Blöcken s c h ö n geschichtet, i nnen s ind kleinere
unbearbeitete Steine i m Mör te l verlegt. Der Eingang i n den T u r m Hess
sich nicht mehr feststellen; er befand sich, w ie bei anderen Burgen, i n
25
rl Hält**-
Abb. 12 Bergfried (Profil 11)
einem Obergeschoss, jedenfal ls auf der Seite gegen das Burginnere zu.
Im Abbruchschut t auf der Ostseite des Bergfrieds wurden Reste von
Wandmale re i en gefunden. Diese k ö n n e n , ihrer Lage nach, nur aus dem
oberen T e i l des Bergfrieds stammen. Sie beweisen, dass der T u r m ,
wahrsche in l ich i n der F r ü h z e i t der Burg , auch als W o h n t u r m b e n ü t z t
wurde. D a nur einzelne B r u c h s t ü c k e geborgen werden konnten, ergibt
sich ke in B i l d von der Ar t dieser Male re i .
Die inneren Burgteile
Hinter der Vorburg und dem Bergfr ied lagen die W o h n g e b ä u d e .
Durch das Tor 3, das der letzten Bauperiode a n g e h ö r t , k a m m a n i n
einen Hof . H i e r befand sich, i n der ä u s s e r s t e n Nordecke der B u r g i n -
lage. die Zisterne. Rechter H a n d stand ein g rösse res W o h n g e b ä u d e , der
Palas (F6 ) ; l inks lagen die R ä u m e F 15, F 11, und F 8. Diese w a r e n
i n ih ren G r u n d m a u e r n weniger massiv und dienten w o h l als W i r t -
s c h a f t s g e b ä u d e und Dienstbotenwohnung. In der Mauer 20 befand s ich
26
das grosse Tor (T4) , das i n den inneren H o f (F 5 und F 6a) f ü h r t e .
In der Mauer 20 ist der K a n a l f ü r den Verschlussbalken noch zwe i
Meter tief sehr gut erhalten. Ös t l i ch des inneren Hofes befand sich
wieder e in g r ö s s e r e r Wohnt rak t (F 4), i n dessen Erdgeschoss m a n durch
das Tor 5 gelangte. Dieser T e i l der Burg erscheint auf al ten Bi lde rn ,
etwa u m 1850, noch gut erhalten und ist als Palas erkennbar (vergl.
A b b . 2).
V o m inneren H o f aus gelangte m a n auch i n den grossen W o h n -
raum (F 6) auf der Westseite (Tor 6).
D ie beiden W o h n g e b ä u d e F 4 und F 6 waren nur v o m inneren Hof
aus z u g ä n g l i c h . In die oberen Stockwerke und i n den Bergf r ied konnte
man ü b e r eine Holzt reppe und ü b e r eine entlang der M a u e r n 6, 5, 3
und 24 verlaufende, wahrsche in ' i ch mehr-
s töckige Galer ie ge'angen. Sie wurde z u m
T e i l getragen von den vorstehenden Tor-
wangen 9a und 6a bei Tor 5 u n d 25 u n d
und 26 bei Tor 6. Wahrsche in l i ch diente
auch die nur noch i n Resten erhaltene
Mauer 51 als S tü tze f ü r diese Galer ie . D ie
Torwangen hatten nur die H ö h e des un-
tersten Gelasses und ü b e r dem Tor 5 ist
die Schwel le der T ü r e als Zugang i n den
ersten Stock noch erkennbar.
Im inneren H o f lag der Schutt stellen-
weise ü b e r z w e i Meter hoch. Das P r o f i l 9
(Abb. 13) zeigt die S c h i c h t v e r h ä l t n i s s e :
A u f dem Fels lag eine etwa 30 Centimeter
hohe f ü n d i g e Kul turschicht , die oben i n
eine Brandschicht ü b e r g i n g . D a r ü b e r lag
eine fundleere, ka lk ige Abbruchschicht ,
dann folgte eine etwa 30 Centimeter
starke Brandschicht , untermischt mi t Stei-
nen u n d Ziegelresten, d a r ü b e r lag, unter
einer Humusdecke , 60 — 80 Centimeter
hoch Abbruchschut t mi t Steinen und
Mör t e l r e s t en (P ro f i l 9).
Suhellenberq
Feld 5 Profil 9
H U I H u m u s
uTj) Bauschutt
ES BrandsdiicM
1 •• I L e h m
0 I m
i i i i i I
M. Miller
Abb. 13 Profil 9
27
Feld 6 / Profit |
Abb. 14 Profil 6 (Mauer 23 mit Tor 7)
Die Umfassungsmauern der inneren Burg
Gegen S ü d e n war der Wohnt rak t durch die Mauer 5 gedeckt. Diese
ist heute i n i h rem west l ichen T e i l noch etwa 10 Meter hoch gut erhal -
ten. Sie zeigt weder T ü r - noch F e n s t e r ö f f n u n g e n u n d hatte w o h l den
Chrarakter einer Schi ldmauer . D ie S tä rke der Mauer b e t r ä g t 1,50 bis
1.60 Meter. M i t dem Bergfr ied ist sie nicht i m V e r b a n d ; sie stösst v i e l -
mehr schräg t , also nicht i m rechten W i n k e l , an die M a u e r 2 an. D ie
Mauertechnik ist etwas anders als b e i m Bergf r ied . Es w u r d e n weniger
grosse, lagerhafte Steine verwendet, auch Findl inge und Tuffs te ine
wurden vermauert. A u f der Innenseite s ind i n verschiedener H ö h e
B a l k e n l ö c h e r sichtbar, die aber nur etwa 25 Centimeter tief i n die
Mauer gehen u n d mi t der schon e r w ä h n t e n umlaufenden Zugangs-
galerie z u s a m m e n h ä n g e n m ü s s e n . A u f der Aussenseite der Sch i ld -
mauer s ind hoch oben ebenfalls noch B a l k e n l ö c h e r z u sehen. Dies läss t
darauf schliessen, dass auch noch eine ä u s s e r e Wehrgaler ie vorhan-
den war .
28
Abb. 15 Tor 6
M i t der Mauer 5 ist die Mauer 7 — 14 i m Verband , welche auf der
Ostseite des Wohntrakts v e r l ä u f t und hier, auf der weniger g e f ä h r d e -
ten Ostseite, nu r mehr 1.20 Meter stark ist. D ie Fortsetzung auf der
Nordseite (Mauer 50) w a r noch i n s p ä r l i c h e n Resten feststellbar.
V o n der Mauer 27 auf der Westseite besteht noch e in gutes Stück
be im Tor 3. Im weiteren Ver lauf , auf die Zisterne zu , ist die Mauer 27
noch i n Spuren auf dem Fe 'sgrund erhalten.
29
DIE E I N Z E L N E N B A U T E I L E D E R I N N E R E N B U R G
a) D e r W e s t t r a k t (F 6)
V o n diesem T e i l der Burg waren vor der Grabung keine M a u e r n
mehr sichtbar. Die s t ä rks t e war die an die Mauer 4 des Bergfrieds an-
gelehnte Mauer 23 (1,60 Meter). H i e r konnte e in zugemauertes Tor (T 7)
festgestellt werden. D ie A b b i l d u n g Prof. 6 zeigt dieses von innen ge-
sehen i n steingerechter A u f n a h m e (Abb. 14, P r o f i l 6).
Die mi t 23 i m Verband stehende Mauer 22 ist 1,30 Meter stark.
Sie ist i n der Mit te leicht nach aussen geknickt und steht i m Verband
mit der Mauer 24, welche an die Nordwestecke des Bergfr ieds ange-
lehnt ist. Die nach innen zu gelegenen M a u e r n 21 und 24 s ind nur
1 Meter stark. In der Ostmauer (24) befindet s ich der Zugang ins Erd -
geschoss dieses Raumes (6) . Das G e w ä n d e , teilweise aus Tuffs te in , ist
auf der einen Seite noch gut erhalten (Abb. 15). E i n Stück der M a u e r
Abb. 16 Mauer 21 (Detail)
30
Abb. 17 Zisterne
21 ist auf ihrer Nordseite i n Fischgrattechnik (opus spicatum) erstellt
A b b . 16). Die M a u e r n 21 — 2 4 umschlossen mi t gut 58 Quadratmetern
I n n e n f l ä c h e den g röss t en W o h n r a u m der Burg , den west l ichen Palas
(F6) .
b) D i e Z i s t e r n e (F 14)
Im n ö r d l i c h e n T e i l der Burganlage befand sich die Zisterne (Abb.
17). A u c h hier waren alle M a u e r n ü b e r w a c h s e n , aber der bis z u m
Rande mi t Steinen a u f g e f ü l l t e Brunnenschacht w a r als k le ine Vert ie-
fung i m Boden noch sichtbar. D ie G r u n d m a u e r n des B r u n n e n h ä u s c h e n s
wurden freigelegt und der nur v ier Meter tiefe Schacht a u s g e r ä u m t .
Ausser einigen Tierknochen enthielt er keine Funde. Der Schacht hat
eine lichte Weite von 70 Centimeter. Er hatte den Zweck das Regen-
und Schmelzwasser von den D ä c h e r n der B u r g g e b ä u d e aufzunehmen .
Rund u m den locker gemauerten Schacht befand sich eine E i n f ü l l u n g
von k le inen Bruchsteinen, so wurde das Wasser f i l t r ier t und durch
Anre icherung minera l i scher Bestandteile schmackhaf ter gemacht. N a c h
31
aussen und nach unten h i n w a r die Steinpackung durch L e h m abge-
gedichtet (vergl. Ze ichnung : Zisterne, Ans ich t u n d Schnitt, A b b . 18).
Zisternen ganz gleicher Ar t kennt m a n von verschiedenen andern
Burgen.
Die der Mauer 16 entlang laufende Mauer 16a ist nu r etwa V2 Meter
hoch und oben mi t Mör te l glatt gestrichen. Sie war eine A r t U m g a n g
oder Wehrgang, von dem aus m a n ü b e r die B r ü s t u n g der Mauer 16 h i n -
weg oder durch Scharten i n dieser die Z u g ä n g e von N o r d e n u n d Westen
her gut beobachten und verteidigen konnte. Gegen Norden reicht hier
der B l i ck weit hinunter ins Rheinta l , bis z u m Bodensee. D a die M a u e r
16 aussen g e k r ü m m t ist, k ö n n t e m a n sich auch vorstellen, dass hier
i n der n ö r d l i c h e n Ecke ein nach innen offener Schalenturm stand.
c) D e r R a u m F 15
ö s t l i c h der Zisterne, ebenfalls auf dem ä u s s e r s t e n Felssporn, wur -
den die G r u n d m a u e r n auf drei Seiten noch gefunden. V o n der R ing-
mauer auf der Nordseite (50) war nur mehr e in k le iner Rest vorhanden.
Die Mauer 15 ist 80 Centimeter u n d die Mauer 13 ist 85 Centimeter
stark. Beide waren an die Ringmauer (14 und 16) angelehnt. Der E i n -
gang i n den R a u m ging durch die Mauer 13.
Im R a u m 15 fä l l t der Felsgrund nach aussen zu , gegen Norden , aber
auch gegen die Mauer 15 h i n stark ab. U m das Bodenniveau auszu-
gleichen, war mi t Löss planiert worden . In dieser Löss-Schicht w u r d e n
jungsteinzeit l iche Siedlungsreste gefunden: S i lexs tücke , z u m T e i l be-
arbeitet, e in kleines Steinbeil , e in Steinmeissel, sowie einige wenige
sehr stark verwitterte Scherben mi t grober Magerung. Der Löss war
ü b e r eine g rösse re F l ä c h e h i n ganz rot gebrannt. Es w a r keine eigent-
l iche Kul turschicht festzustellen. D ie neol i thischen Artefakte befanden
s ich hier i n s e k u n d ä r e r Lagerung und wurden mit dem E i n f ü l l m a t e r i a l
an diesen Platz gebracht.
Das P r o f i l 16 zeigt die S c h i c h t v e r h ä l t n i s s e i m Fe ld 15. Mit te lal ter-
l iche Funde lieferte die ganze, etwa 60 Centimeter hohe Kalk /Schut t -
Schicht ü b e r dem Löss.
d) D e r R a u m 11 / 11 a
Süd l i ch v o m R a u m F 15 wurden die M a u e r n 13 und 11, die noch
etwa 80 Centimeter hoch erhalten waren, freigelegt, Sie stiessen beide
32
Abb. 19 Situation im Raum IIa
an den Abschnit t 14 der ös t l i chen Ringmauer an. M i t nur 55 — 60 C e n -
timeter Dicke ist die Mauer 11 die s c h w ä c h s t e a l ler ausgegrabenen
Grundmauern . H i e r befand sich ein gegen die Hofsei te h i n offener
Raum. In diesem war e in Mör t e l e s t r i ch als Fussboden noch gut erhal-
ten. Dieser ging ü b e r einen alten Mauerrest h inweg (Mauer 12). Die
Mauer 12 war i m Mit te l te i l nur 60 Centimeter, gegen die Mauer 13 zu
aber 1 Meter dick. N a c h Frei legung dieser M a u e r wurden auf ihrer
ös t l i chen Seite drei Aussparungen f ü r H o l z s t ä n d e r sichtbar (Vergl . P l a n
und A b b . 19), ebenso zwe i i n der Mauer 53, zwischen den M a u e r n 12
und 14. In der Mauer 53 w a r e in K a n a l eingemauert f ü r einen l iegen-
den Balken , i n den wahrsche in l i ch S t ä n d e r eingestemmt waren . D ie
34
S t ä n d e r k ö n n t e n zu e inem A l t a n oder Söl ler g e h ö r t haben, der i n f r ü -
hen Bauperioden hier bestand.
E i n i n Fe ld I I a aufgenommenes P r o f i l (P 15) zeigt folgende Schich-
tung: ü b e r dem Fels, etwa 40 Cent imeter hoch, E i n f ü l l u n g mit grossen
Steinen und Löss l ehm. d a r ü b e r eine Einlage mi t Mör te l , wahrsche in l i ch
ein alter Fussboden. D ie d a r ü b e r l iegende dunkle Kul turschicht mi t
Funden w a r 20 bis 25 Centimeter hoch. A u f ih r lag eine etwa gle ich
hohe Schicht mi t Bauschutt und schl iessl ich der etwa 15 Centimeter
dicke, gegen die Aussenmauer z u stark eingesunkene M ö r t e i b o d e n , der
ü b e r die Mauer 12 h inwegging (P ro f i l 15, A b b . 20).
Feld 11a Profil 15
HU Bauschutt
E3 Löss
[22 Fels
0 Im
1 • • • i I i i i i I
M. Mutter
Abb. 20 Profil 15 in Feld 11 a
35
Abb. 21 Situation Raum F 8 und F 8a
e) D e r R a u m F 8 u n d F 8 a
M i t der Mauer 11 steht die Mauer 10 i m Verband . E i n alter Eingang
vom offenen R a u m F 11 her bestand i n der Mauer 11. Dieser E ingang
ist zugemauert. A u f der Südse i te ist der R a u m v o n der M a u e r 8 be-
grenzt, die west l ich an die Mauer 9 und ös t l ich an den Ber ing (Ab-
schnitt 7) ans töss t . In der Südos t ecke ist e in E inbau (F 8a) teilweise
noch etwa 3 Meter hoch erhalten (s. P l a n u . A b b . 21). D ie M a u e r n 52
und 52a s ind verbunden u n d an die M a u e r n 7 u n d 8 a n g e f ü g t . Der
kle ine R a u m (2 x 1,30 Meter) w a r a n g e f ü l l t mi t rotgebranntem L e h m
und mit stark verbrannten Steinen, auch die M a u e r n zeigen, besonders
i m oberen T e i l , starke Brandspuren. Unter den rot gebrannten Steinen
war au f f a l l end v i e l glattes, abgerolltes Flussgeschiebe (Bollen). W i e uns
ein alter Ofenbauer sagte, w u r d e n f r ü h e r solche «Rhe inbo l l en» bei
L e h m ö f e n verwendet. M a n k ö n n t e auch an eine Bade- oder Schwitz-
stube denken, wobei mi t den heissgemachten glatten Steinen das Bade-
36
Profil 8
Im
J
Kalkboden
Mauer 52
Humus
starker Brand
Asche
Kalkboden
A b b . 22 P r o f i l vor Mauer 52a t. 8. H6I
M Müller
wasser e r w ä r m t wurde. D ie Mauer 52 steht nicht auf dem Felsgrund,
sondern auf dem Löss. mit dem der ganze ös t l i che , gegen die M a u e r 7
abfal lende Boden ausplaniert wurde . A u c h hier fanden w i r i m Löss
wieder verschiedene neoli thische Artefakte aus Si lex und G r ü n s t e i n ,
dabei auch eine s c h ö n e Pfei lspi tze aus rotem Horns te in . Eine neol i th i -
sche Kul turschicht war nicht festzustellen, also m ü s s e n die Siedlungs-
reste mi t dem Löss an diese Stelle gebracht worden sein. Ü b e r dem
Löss l ehm waren stellenweise noch Reste eines Kalkestr ichs festzu-
stellen. E i n unmit te lbar vor der Mauer 52a aufgenommenes P r o f i l
(Abb. 22, P r o f i l 8) zeigt die Schichten i n dem an die M a u e r 8 anstos-
senden T e i l von F 8.
37
Abb. 23 Nordostecke des Raumes 4
f) D e r O s t t r a k t ( R a u m F 4 )
V o m ä u s s e r e n H o f gelangte m a n durch das breite Tor 4 (in der
Mauer 20) i n den inneren Hof . Die Mauer 20 ist i n ihrer Struktur noch
gut erhalten. Rechts v o m Tor ist sie noch 4,70 Meter hoch. Der Mör te l
ist hier noch k a u m verwittert. A u c h der M a u e r k a n a l f ü r den Sperr-
riegel reicht noch 2 Meter weit i n die 0,90 Meter starke Mauer 20 h ine in .
V o m inneren H o f gelangte m a n durch eine 1,20 Meter breite T ü r e
(T 5) ins Erdgeschoss des Raumes F 4. Dieses kle ine Tor ist auf der
Hofseite von zwe i , gegen die Hofsei te zu vorstehenden Torwangen
f lankier t (s. P lan) . A u c h das Tor 5 w a r v o n innen mi t e inem Sperr-
riegel verschliessbar. Die W ö l b u n g ü b e r dem Tor ist noch erhalten.
Der R a u m F 4 hat eine G r u n d f l ä c h e von etwas ü b e r 38 Quadrat-
meter. Die M a u e r n 8 und 6 stossen an die s t ä r k e r e n Aussenmauern 5
und 7 an. Das B i l d (Abb. 23) zeigt die Nordostecke des Raumes F 4
mi t einer Lichtscharte i n der Mauer 7 und mi t ausgesparten Ni schen
in der Mauer 8. In der Mauer 6 bef inden sich i n einer H ö h e von 2 1 '•>
38
Abb. 24 Profil in Feld 13 (Profil 13) mit f r ü h e m Mauerrest im Vordergrund
Meter 4 B a l k e n l ö c h e r , auf der Gegenseite (Mauer 7) ist das Mauerwerk
nicht mehr ganz so hoch erhalten.
Das in diesem Raum aufgenommene P r o f i l (P 17) zeigt folgende
Schichtung: ü b e r dem Felsgrund lag 30 — 40 Centimeter hoch eine
dunkle Schicht, e in alter Gehboden mi t Funden. D a r ü b e r folgte, etwa
e in Meter hoch, eine Schicht mi t a l tem Zerfal lschutt . Zuoberst lag,
ebenfalls etwa 1 Meter hoch, Schutt, mi t Steinen und Mör te l vermischt ;
dieses Mate r i a l stammt of fenbar aus dem A b b r u c h i m letzten Jahr-
hundert, z u m Zwecke der Steingewinnung.
Frühe Baureste im äusseren Hof
Die Mauer 21 des west l ichen Wohntraktes (F 6) w a r unter dem
Abbruchschut t nicht mehr sichtbar und ganz ü b e r w a c h s e n . Bei ihrer
Frei legung auf der Hofsei te (F 13) kamen die mi te inander verbun-
denen M a u e r n 18 und 19 z u m Vorsche in . Sie waren stellenweise noch
etwa 1 Meter hoch erhalten und die Mauer 18 reichte i n i h rem Funda-
39
ment noch unter die Mauer 21 h ine in . Die Mauer 19 w a r nur noch
etwa 4 Meter lang erhalten. A u c h unter der Mauer 20 zog sich e in auf
beiden Seiten noch sichtbarer alter Mauerrest durch (Mauer 46). In
diesem Te i l der Burg haben w i r also alte G e b ä u d e r e s t e ,die a n l ä s s l i c h
der Err ichtung des west l ichen Wohntrakts und der Mauer 20 g rös s t en -
teils abgebrochen wurden . Innerhalb der M a u e r n 18, 19 und 21 wurde
etwa 80 Centimeter ü b e r dem Felsgrund, ü b e r einer E i n f ü l l s c h i c h t aus
Steinen und Löss, ein Mör t e l e s t r i ch als Fussboden freigelegt. Der Boden
war aber nur mehr i m west l ichen T e i l von Feld 13 erhalten. L e h m -
spuren deuteten darauf h in , dass er i m m e r wieder durch E i n f ü l l u n g
von Löss lehm erneuert wurde.
Im Feld 13 konnte e in s c h ö n e s Schichtenprof i l gewonnen werden
(s. A b b . 24 und A b b . 25, P r o f i l 13). Der Schutt lag an der M a u e r 21
etwa 3,30 Meter hoch. Ü~ber dem Mör te l - und Lehmboden lag eine nach
oben zu immer dunkler werdende Kul turschicht . D a n n folgte wieder
40
e in Kalkes t r ich , auf dem eine obere, nicht mehr so dunkle Kul turschicht
lag. In der Mitte des Raumes waren die B ö d e n und die darauf l iegenden
Kul turschichten eingesunken. D ie hel lbraune Strate ü b e r der oberen
Kul turschicht , mi t v i e l Mör te l - und D a c h z i e g e l e i n s c h l ü s s e n , g e h ö r t
w o h l der Periode des n a t ü r l i c h e n Zerfal les an. Was d a r ü b e r lag w a r
Abbruchschut t und Humusdecke .
Die Gebäudereste westlich der Burg
B e i m W e g r ä u m e n des Ausgrabungsschuttes und des Abbruchmate -
rials, das s ich am Fusse des Felsens auf der Wetseite der Burg aufge-
h ä u f t hatte, stiessen w i r auf Mauerreste (Mauern 47, 48 u n d 49). D ie
Mauern 47 und 49 s ind dort, wo sie an den Burgfelsen anstossen. noch
gut 2 Meter hoch. D ie Westmauer ist nur mehr auf F u n d a m e n t h ö h e
erhalten. D ie Mauerd icke be t r äg t 80 Centimeter. D ie Mauer 48 hat eine
Länge von 20 Metern. H i e r d ü r f t e es sich u m die G r u n d m a u e r n eines
W i r t s c h a f t s g e b ä u d e s handeln , u m einen Stal l oder eine Scheune. Der
Bau muss erst i n einer Zeit errichtet worden ein, als die Burg i h r en
wehrhaf ten Charakter ver loren halte, denn ein G e b ä u d e an dieser
Stelle w ä r e f ü r die Ver te id igung h inde r l i ch gewesen. Sondierungen
innerhalb der M a u e r n erbrachten keine H i n w e i s e f ü r eine Dat ierung.
G e f u n d e n wurden hier h a u p t s ä c h l i c h Tierknochen, sowie einige Ke -
r a m i k b r u c h s t ü c k e und Eisenreste (Abb. 26).
Zusammenfassung
Ü b e r die Zeit der Erbauung der Burg Neuschel lenberg ist aus den
vohandenen U r k u n d e n nichts zu er fahren; ebenso wissen w i r nicht,
w a n n sie e n d g ü l t i g aufgelassen wurde . A u s s a g e k r ä f t i g i n bezug auf
Dat ierung s ind vor a l l em die F u n d g e g e n s t ä n d e . N a c h den Bes t immun-
gen, die K . H e i d f reundl icherweise ü b e r n o m m e n hat, g e h ö r e n diese
h a u p t s ä c h l i c h i n die Zeit von der Mit te des 12. Jahrhunderts bis z u m
16. Jahrhundert . Dabe i ist das 15. Jahrhunder t nur mehr s p ä r l i c h ver-
treten und die meisten Funde ent fa l len auf das 13. und besonders auf
das 14. Jahrhundert .
Die Grabung hat gezeigt, dass an der Burg verschiedene Bauper io-
den z u unterscheiden sind. M a n darf annehmen, dass zuerst der wehr-
hafte T u r m , der Bergfr ied , erbaut wurde. A u c h die s p ä t e r ü b e r b a u t e n
M a u e r n 18, 19 und 46 s ind alt. Sie s ind Reste erster Wohnbauten . Ü b e r -
baut wurden auch die M a u e r n 12 und 53 i n Fe ld 11. D i e den Berg-
41
Abb. 26 Reste eines Wirt schaf t sgebäudes auf der
Westseite des Burgfelsens
f r ied f lankierenden M a u e r n 5 und 23 g e h ö r t e n z u m inneren Ber ing,
wobei sich das Tor z u m Burg innern (T 7) i n der Mauer 23 befand.
Aus den Schnitten, die zwischen dem Bergf r ied und der M ö r t e l -
mauer (35 — 40) gegraben wurden , geht hervor, dass dort ( im Zwinger)
auf dem Fels eine f r ü h e mit te lal ter l iche Kul turschicht liegt, die an die
M ö r t e l m a u e r ans töss t . Ausserhalb der Mauer , zwischen der Mör t e l -
mauer u n d der Trockenmauer , ist sie nicht mehr vorhanden. Die
Mauer 35 — 40 muss also zu der Zeit, als die Kul turschicht gebildet
wurde, schon bestanden haben (vergl. die P ro f i l e P 18 und P 19). Das
Tor 8 in der SW-Ecke war das f r ü h e ä u s s e r e Burgtor.
Die f ü r den Burgenbau ganz u n g e w ö h n l i c h e 4Va Meter dicke Trok-
kenmauer, welche der An lage auf der Südse i t e vorgelegt wurde, g e h ö r t
der letzten Bauetappe an. In i h rem west l ichen T e i l , w o das neue Burg-
tor (T 1) errichtet wurde, geht sie i n eine M ö r t e l m a u e r ü b e r . Damal s
entstand auch der neue (äussere) Zwinge r und das Tor 2. Der alte
Bering, entlang der Innenseite der Trockenmauer , wurde bis auf ge-
42
ringe H ö h e abgetragen und der R a u m zwischen den beiden M a u e r n
mi t Löss e inge fü l l t . Zugle ich wurde auch i m inneren Zwinger das
Ter ra in mi t Löss ausplaniert und z w a r bis zur H ö h e der Felskante,
auf welcher der Bergf r ied steht (Nieveau 664,20 m). Das alte G e h -
niveau lag durchschni t t l ich 1 Meter t iefer (vergl. Schni t tprof i le 18,
19 und 20).
Der Zugang i n die innere Burg wurde verlegt und das Tor i n der
Mauer 23 vermauert ; west l ich davon entstand das neue Tor (T 3). A u c h
i m Wohnt rak t wurden g rösse re V e r ä n d e r u n g e n vorgenommen: der
westliche Palas — z u m T e i l ü b e r den alten M a u e r n — erbaut, ebenso
die Mauer 20 mi t dem Tor 4. N ich t festzustellen ist, was, ausser den
V e r ä n d e r u n g e n i m Feld 11. auch sonst noch entlang der ö s t l i chen
Aussenmauer neu gebaut oder v e r ä n d e r t wurde .
Die i n den unteren Kul turschichten vorgefundenen Brandreste, i m
Bergfr ied und süd l i ch und ös t l ich davon, i n der Vorburg , i m inneren
Hof und i m Feld 13 deuten auf Z e r s t ö r u n g e n durch Brand h i n . V e r -
mut l i ch geschah dies, als i m Appenze l l e rk r ieg 1405 die Leute am
Eschnerberg die Burgen als Sitze der Zwingher ren den F l a m m e n preis-
gaben, w ie die Chronis ten berichten (vergl. A n m e r k u n g 23). Damal s
war die Burg Neuschel lenberg noch i m Besitz des G r a f e n Albrech t von
Bludenz, aber schon ba ld nachher, 1412, k a m sie an dessen Tochter-
mann , den G r a f e n W i l h e l m von Montfort-Tet tnang. O b dieser, oder
schon sein V o r g ä n g e r sie wieder instand setzen liess, e r fahren w i r
nirgends.
W i e schon e r w ä h n t , w i r d der g röss te T e i l der bei der Grabung ge-
machten Funde i n die Zeit vor 1400 datiert. A u s dem 15. und 16. Jahr-
hundert war sehr wen ig mehr vorhanden. W e n n die Burg also 1405
verbrannt und ba ld nachher wieder aufgebaut wurde, so konnte sie
doch nicht mehr lange bewohnt worden sein. Dies ist einigermassen
auch aus der Stratigraphie ers icht l ich. W o zwe i Kul tursch ich ten fest-
gestellt werden konnten, ist die j ü n g e r e weniger m ä c h t i g oder doch
nicht so a u s g e p r ä g t , also nicht mehr Niederschlag eines l ä n g e r e n Zeit-
raumes (vergl. die Prof i le ) .
D ie ä l t e s t en Funde, unglasierte K e r a m i k mi t K n o l l e n - und Ba lken-
rand, sowie unglasierte Becherkacheln s tammen besonders aus den
t iefen Schichten i m Feld 13, i m Feld 15 und i m inneren Hof . Spä te re ,
glasierte und verzierte Ofenkache ln enthielten die beiden W o h n r ä u m e
43
F 4 und F 6. Sie lagen aber auch ausserhalb der M a u e r n dieser W o h n -
r ä u m e , i m Zerfa l l s - u n d Abbruchschut t , besonders u m den Westbau
und i m inneren Hof . D a h i n k ö n n e n sie bei Z e r s t ö r u n g oder A b b r u c h
gelangt sein.
W i r konnten nicht feststellen i n we lchem T e i l der inneren Burg die
K ü c h e war . A m ehesten k ä m e d a f ü r der ös t l i che Wohntrakt , etwa der
erste Stock ü b e r dem R a u m F 8 i n Frage, sicher aber nicht einer der
ebenerdig gelegenen R ä u m e . A u c h fanden w i r ke inen H i n w e i s auf eine
Burgkapel le . Joh . Bapt. Büche l glaubte, dass die etwa 900 Meter nord-
o s t w ä r t s der Burg gelegene, dem h l . Georg geweihte Kapel le zur Burg
gehö r t habe 1 ) . A u c h A . U l m e r hat diese Ans ich t ü b e r n o m m e n 5 ) . Dage-
gen glaubt E. Poeschel, dass die St. Georgskapel le auf Hinterschel len-
berg i n keiner n ä h e r e n Beziehung zu r Burg stand 3 ) .
Zu den Funden
Unter den Funden bef inden s ich auch drei M ü n z e n . A l l e dre i ge-
h ö r e n i n 15. Jahrhundert .
1. E i n sehr schlecht erhaltener Hoh lp fenn ig , der zudem bei der Ber-
gung noch zerbrochen wurde . Im Schweizer ischen Landesmuseum
in Z ü r i c h wurde diese M ü n z e p r ä p a r i e r t und wieder zusammen-
gesetzt und von Prof. Dr . D . Schwarz als P fenn ig der M ü n z s t ä t t e
von Thiengen, gep räg t u m 1400, bestimmt. Das M ü n z b i l d zeigt i n
e inem Perlkreis e inen m ä n n l i c h e n K o p f von l inks , mi t Spitzkappe
zwischen den Buchstaben T — V ( T ü n g e n ) . Fundort : Fe ld 13.
2. E i n Sechser oder «Kle iner G r o s c h e n » des Erzherzogs S ig i smund v o n
Ö s t e r r e i c h (1410 — 1437). Diese M ü n z e stammt aus der Südos t -
Ecke v o n F 4, oben aus der dunk len Schicht ü b e r dem Felsgrund.
3. Eine k le ine S i l b e r m ü n z e des Bischofs Or t l ieb von Brandis (Chur)
1458 — 91. Es ist e in einseitiger S i lberpfennig mi t spr ingendem
Steinbock nach l inks, i n e inem Kreis von grossen Per len und dem
1) Johann Baptist Büchel , Geschichtliches über die Burgen unseres Landea,
J b L Bd. 19, S. 36.
2) Andreas Ulmer, Die Burgen und Edelsitze Vorarlbergs und Liechtensteins.
Dornbirn 1926, S.
3) Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein, S. 277.
44
Photo Walter Wächter, Vaduz
Abb. 27 Münze des Bischofs Ortlieb von Brandis von Chur (stark vergrössert)
Beizeichen O oben (Abb. 27). Diese M ü n z e wurde gefunden i m
Schnitt 6 (entlang der M a u e r 23, aussen) i m oberen T e i l der schwar-
zen Schicht.
Die ergiebigste Fundstelle f ü r G e g e n s t ä n d e aus Eisen war das Feld
13. Dort konnten aus beiden Kul turschichten eine grosse A n z a h l N ä g e l ,
besonders viele Pfei lspi tzen, ferner Messer und andere Eisengegen-
s t ä n d e geborgen werden.
Dachziegelreste (Hohlziegel) lagen besonders viele i m inneren Hof ,
sowie ausserhalb des Bergfrieds, i n der Vorburg . Es wurde aber ke in
einziger ganzer Ziegel gefunden.
Es ist nicht erstaunlich, dass bei der Grabung auch p r ä h i s t o r i s c h e
Funde zu Tage kamen. G a n z i n der N ä h e des B u r g h ü g e l s liegt e in
wicht iger vorgeschichtl icher Siedlungsplatz, der Borscht. D u r c h G r a -
bungen i n den Jahren 1935/36 u n d 1947 — 1950 konnte festgestellt
werden, dass dort Siedlungsreste l iegen, welche die letzten zweie inha lb
Jahrtausende v. Chr . umfassen. Sie reichen v o m mit t leren N e o l i t h i -
k u m (Jungsteinzeit) bis i n die spä t e Eisenzeit (Latene). D e m N e o l i t h i -
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k u m g e h ö r e n auch die i m Burggebiet gemachten Funde an. A l l e lagen
i m Löss, der zur P lan ie rung verwendet wurde. Es ist wahrsche in l i ch ,
dass auf dem B u r g h ü g e l selbst e in neoli thischer Siedlungsplatz war .
Dort w o aber die Funde gemacht wurden , n ä m l i c h i n der Lös se in fü l -
lung i m inneren Zwinger (Feld 2), ferner i m Feld 15 und i m Fe ld 8
war keine Kul turschicht festzustellen. Die Funde befanden sich also
i n s e k u n d ä r e r Lagerung. Es handelt s ich u m geschliffene G e r ä t e
aus Serpentin. Bei le und Meissel , ferner u m solche aus Silex geschla-
gene, dabei eine s c h ö n e Pfei lspi tze u n d einige bearbeitete Feuerstein
ge rä te , sogenannte «Kra tzer» . D a z u k o m m e n noch viele unbearbeitete
S i lexs tücke und Absplisse.
Die v ie len aufgefundenen Tierknochen, g röss t en te i l s von Haust ie-
ren, konnten durch f reundl iche Vermi t t l ung von H e r r n Dr . E . v o n
Lehmann , dem derzeitigen Bearbeiter der S ä u g e t i e r f a u n a unseres
Landes, dem Zoologischen Institut der U n i v e r s i t ä t M ü n c h e n zur Unter-
suchung und Bes t immung ü b e r g e b e n werden. W i r danken dem Leiter
des Institutes, H e r r n Pr iv . -Dozent Dr . J . Boessneck f ü r sein f reundl iches
Entgegekommen und h o f f e n i n etwa z w e i Jahren den Bericht ü b e r
diese Untersuchung v e r ö f f e n t l i c h e n zu k ö n n e n .
Besonders viele Knochen wurden i n den inneren H ö f e n und i n den
Kul turschichten der V o r b u r g gefunden. Sie waren v i e l f ach stark zer-
kleinert und zerschlagen, jedenfal ls z u m Zweck der M a r k g e w i n n u n g .
K u r z vor Abschluss dieses Grabungsberichtes erhielten w i r v o n
Her rn Pr iv . -Dozent Dr . J . Boessneck einen vorläufigen Bericht ü b e r
die bereits best immten Knochenfunde . Insgesamt wurden 8952 K n o -
chenreste zur Bes t immung ü b e r g e b e n . V o n den best immten 8350 K n o -
chen s ind 8247 Haustierknochen, n ä m l i c h : P fe rd (3), R i n d (5049),
Schwein (2061), Schaf /Ziege (838), H u n d (11), Katze (7), H u h n (250).
Gans (22), Taube (6).
A l s Wildtierknochen wurden best immt: H i r s c h (55), Gemse (2),
Reh (2), B r a u n b ä r (14), W i l d s c h w e i n (6), Fuchs (6), Dachs (7), Hase
(5), Murmel t i e r (2), Habich t (2). Z w e i Knochenreste g e h ö r e n einer
Fischart an.
Dr . Boessneck macht darauf aufmerksam, dass sich an diesem vor-
l ä u f i g e n Resultat der Untersuchung eventuell noch einige Ä n d e r u n g e n
ergeben k ö n n t e n , da e in paar Knochen noch nicht bestimmt werden
konnten.
46
D e m Berichterstatter obliegt noch die Pf l ich t , i m N a m e n des His to-
rischen Vereins a l len zu danken, welche diese interessante Ausgrabung
e r m ö g l i c h t und dabei mi tgehol fen haben: den L a n d e s b e h ö r d e n f ü r die
B e w i l l i g u n g sehr ansehnlicher Kredite , dem Landesbauamt f ü r die Er-
stellung der topographischen A u f n a h m e n als Planunter lagen, sowie
f ü r die Beistel lung einer Gruppe von Arbe i te rn . D e m Vorarbei ter ,
He r rn Bernhard Marxe r und a l len seinen f leissigen Arbei tskol legen,
sowie unsern Zeichnern den Her ren M a x M ü l l e r von Win te r thur und
Franz Hoop aus Eschen g e b ü h r e n besonders D a n k und Anerkennung .
Zu danken haben w i r auch dem P r ä s i d e n t e n des Schweizer ischen Bur -
genvereins, H e r r n Dr . Hugo Schneider v o m Schweiz . Landesmuseum
i n Zü r i ch , der uns bei der Arbe i t sp lanung half und die Grabung mehr-
mals besuchte, sowie der Burgenforscher in F rau Franz iska K n o l l - H e i t z ,
und H e r r n Benedikt Frei , Mels , ferner H e r r n Dr . W . Graf , St. G a l l e n ,
der seine Fer ien f ü r unsere G r a b u n g opferte und auch die Fundta fe ln
f ü r diesen Bericht zeichnete.
Schliessl ich sind w i r aber noch zu ganz besonderem D a n k ve rp f l i ch -
tet H e r r n K a r l He id , alt Postverwalter, aus Die t ikon , dem erfahrenen
Burgenforscher, der l ä n g e r e Zeit bei unseren Grabungen mi t Rat und
Tat mi tha l f und als ausgezeichneter Kenner , besonders der mit te l -
a l ter l ichen Keramik , die Fundbearbei tung f ü r diesen Bericht ü b e r n a h m .
Die i n der E in le i tung zu diesem Bericht abgebildeten Rekonstruk-
tionsversuche verdanken w i r H e r r n G . Ha r tmann , M e i l e n (ZH).
W i e bereits e r w ä h n t , wurde mi t den Konservierungsarbei ten an den
n u n ü b e r a l l und zur G ä n z e freigelegten M a u e r n bereits begonnen. Sie
sol len so d u r c h g e f ü h r t werden, dass die Mauerreste f ü r absehbare Zeit
erhalten bleiben. Aufgabe des His tor ischen Vereins w i r d es sein, auch
wei te rh in f ü r die Erha l tung der Burgru ine z u sorgen und laufend die
nö t ig werdenden Ausbesserungen vorzunehmen.
Die nun ganz freigelegte Ruine Neuschel lenberg w i r d k ü n f t i g e in
sehenswertes und anschauliches Objekt darstellen, an dem alle Tei le
einer mit te la l ter l ichen Burg i n i h r e m gesamten Grundr iss noch sicht-
bar sind.
47
Neu-Schellenberg
Die F u n d g e g e n s t ä n d e von K . H e i d
Die unglasierte Keramik
Die Funde lagen a l lgemein i m Brandschutt, w ä h r e n d nur i m Fe ld 13
eine Brandschicht eindeutig vorhanden war . In diesem Fe ld und i m
Feld 15 fanden sich die ä l t e s t en Funde. D a deren Dat ierung f ü r die
G r ü n d u n g der Burganlage von besonderer Wicht igke i t ist, sol len hier-
nach die S tücke e inzeln besprochen werden.
1. Topfrand. Fundort Fe ld 15. A b b . 28, 1. Har ter roter Brand . Kuge-
lige F o r m mit ku rzem Hals und Kno l l en rand . M ü n d u n g 16 cm.
D a z u noch ein weiteres Exemplar . Dat ierung kurz nach 1100
2. Topfrand. Fundort Fe ld 15. A b b . 28, 2. In der A u s f ü h r u n g wie
N r . 1, wobei der Randabschluss von der K u g e l f o r m abweicht, mehr
gestreckt w i r d . Dat ierung u m 1140 -').
3. Topfrand. Fundort Fe ld 15. (zwei Exemplare) . A b b . 28, 3. M ü n d u n g
16 cm. Har t schwarz gebrannt. Kugel ige F o r m mit betontem Ha l s .
Der Randabschluss w i r d noch schlanker als bisher. Dat ierung
nach 1140 : !).
4. Topfrand. Fundort Fe ld 13. A b b . 28, 4. M ü n d u n g 10 cm. H e l l g r a u
hart gebrannt. A u f der W a n d feine S t r ichr i l l en . Kurze r Ha l s und
kugelige F o r m . Der Rand geht nun bereits i n L i p p e n f o r m ü b e r .
Dat ierung 1140 4 ) .
5. Topfrand. Fundorte Feld 2 und 13 (zwei S tücke) . A b b . 28, 5. M ü n -
dung 11 cm. Hel l ro t gebrannt. Kugel ige F o r m mit k u r z e m Ha l s .
Der Rand ist nun oben f l ach und n i m m t B a l k e n f o r m an. Dat ierung
1150 •"').
6. Topfrand. Fundort Fe ld 15.. A b b . 28, 6. M ü n d u n g 11 cm. Har ter
grauer Brand . Kugel ige F o r m mit betontem, durch eine Leiste ver-
51
Abb. 28 Profile der Keramik
zierten Hals . Der Randabschluss ist oben f l ach und a u s w ä r t s ge-
spalten. Dat ierung u m 1230 e ) .
7. Topfrand. Fundort Fe ld 13. A b b . 28, 7. M ü n d u n g 12 cm. G r a u ge-
brannt. Rauhe O b e r f l ä c h e . Kugel ige F o r m mit betontem Hals . Der
Randabschluss w i r d aussen kantiger, mi t dem Ansatz zur goti-
schen H ä n g e l i p p e . Dat ierung von 1240 — 1267 ' ) .
B o d e n s t ü c k e zu diesen T ö p f e n s ind alle v o n der Drehscheibe
abgehoben. Der Ü b e r g a n g Boden - W a n d ist s t u m p f w i n k l i g . D ie
Verz ie rungen b e s c h r ä n k e n s ich auf Rippen, f lache Furchen u n d
senkrecht gestellte Kerben, w ä h r e n d das We l l enband hier nicht
vertreten ist.
8. Schüssel. Fundort Fe ld 2. A b b . 28, 8. M ü n d u n g 14 cm. Hel l ro te r
S2
Abb. 29 Zeichnung der Fragmente eines Aquamaniles aus Ton
Brand. Rauhe O b e r f l ä c h e . Der f lache Rand steht beidseit ig vor.
Gerade W a n d . Dat ierung i n den A n f a n g des 14. Jahrhunderts ä ) .
9. Schüssel. Fundort Schnitt 13. A b b . 28, 9. H ö h e 5 cm. Boden 4 cm.
M ü n d u n g 10 cm. Rot gebrannt. Gerade W a n d . Rand gerade rund
abgeschlossen. Aussen Rest einer Eigenglasur. Dat ierung M i l t e
14. Jahrhunder t
10. Lampe. Fundort Fe ld 8 a. A b b . 28, 10. M ü n d u n g 10 cm. H ö h e 3 cm.
Boden 5 cm. Roter Brand . Rauhe O b e r f l ä c h e . Geschweif te Fo rm.
5.3
Photo Walter Wächter, Vaduz
Abb. 30 Kopf des Aquamaniles aus Ton
N a c h innen geneigter Rand mi t einer Del le , wo der Docht auf lag .
Ü b e r g a n g Boden-Wand rund. Dat ierung 1240.
Z w e i weitere Lampen aus dem Feld 13 s ind etwas weiter ent-
wickel t , i ndem der Ü b e r g a n g Boden-Wand kant ig hervortrit t und
auch der Rand schlanker w i r d . Sie k ö n n e n i n die Jahre u m 1250
datiert werden. —
/ / . Schröpfnapf oder Salbenhäfeli. Fundort Fe ld 6a. Mauer 3. A b b . 28,
11. H ö h e 5 cm. Boden 3 cm. M ü n d u n g 5 cm. He l l ro t gebrannt.
Gerade W a n d mi t Wuls t i n halber H ö h e . Rand dachart ig abge-
schlossen. Dat ierung i n das 15. Jahrhundert .
54
Fhoto Walter Wächter, Vaduz
Abb. 31 Tonpuppe
12. Gefässdeckel. Fundort Fe ld 4. A b b . 28, 12. Spannweite 14 cm.
H e l l g r a u gebrannt. Flache Platte mi t unten E inbuch tung i n der
Mitte. Der K n a u f mi t Rippe unter dem Rand ist oben vert ieft mi t
einer Spitze i n der Mitte. Dat ie rung u m 1300 1 0 ) .
13. Aquamanile. Fundort Fe ld 5. A b b . 29 u n d 30. Leider s ind v o n
diesem G e f ä s s z u wen ig Fragmente erhalten, als dass eine e in-
wandf re ie Rekonstrukt ion m ö g l i c h w ä r e . He l lg rauer Brand mi t
roter Eigenglasur. V o m K o p f ist das Gesicht und das rechte Ge-
55
w e i h erhalten. D ie Stirne ist durch ein B a n d rechteckiger E i n -
stiche verziert. D ie A u g e n b i lden z w e i runde L ö c h e r und die
Augsbrauen s ind durch Kerben begrenzt. D ie Nase w i r d noch
schwach angedeutet, w ä h r e n d das M a u l , rundes Loch , den Ausguss
bildet. Die leicht g e w ö l b t e Brust t räg t als Verz i e rung sechs senk-
recht laufende D o p p e l b ä n d e r von rechteckigen Einst ichen. Die
ü b r i g e n Fragmente s tammen v o m Bauch, e inem Fuss i n W a l z e n -
f o r m und v o m R ü c k e n des Tieres, wobe i v o m Einguss auf dem
R ü c k e n Randpar t ien vorl iegen. Eigenglasuren s ind auch auf an-
deren G e f ä s s e n u m 1300 z u f inden . Es s ind keine eigentliche G l a -
suren, sondern das G e f ä s s w i r d vor dem Brand mi t rotem L e h m -
wasser Übergossen . D a d u r c h w i r d das G e f ä s s mi t e inem roten
Ü b e r z u g versehen, der als V o r l ä u f e r der Glasur betrachtet w i r d .
14. Im Fe ld 13 u n d 15 fanden sich unglasierte, gebrannte Lehmkugeln
v o n 2 c m Durchmesser, die ve rmut l i ch als M a r m e l f ü r die Kinde r
gedient haben n ) .
15. V o n einer Tonpuppe aus dem Fe ld 3, wieder als Spielzeug der
K i n d e r gedacht, ist alles bis an den K o p f erhalten. Sie hat he l l -
roten Brand und ist auf der Rückse i t e mi t dem Messer zugeschnit-
ten. D ie H ä n d e s ind ü b e r den Bauch gefaltet, der mi t e inem Fal ten-
rock bedeckt ist. Diese rohe Arbe i t ist u m 1300 z u datieren.
16. V o n einer zwei ten Puppe (Abb. 31) aus dem Fe ld 6 ist hingegen
nur der Kopf und die Brust unversehrt. Beide A r m e s ind abgefal len.
Roter Brand u n d mi t zugeschnittener Rückse i t e . D ie Brust w i r d
durch e in Mieder bedeckt, das den Ha l s f r e i lässt . A u f dem Kopf
t räg t sie e in Tuch , das i n Spitzen ü b e r der Stirn vorsteht. Der Ge-
sichtsausdruck ist p a u s b ä c k i g , ausdrucksvol l . Sie k a n n i n die Jahre
u m 1300 datiert werden. Gle iche S tücke wurden bei der Ausgra -
bung der Burg H ü n e n b e r g und i m Kloster W u r m s b a c h bei Jona
gefunden 1 2 ) .
Die glasierte Keramik
Die h a u p t s ä c h l i c h s t e n Funde lagen b e i m T u r m , Fe ld 5, 6, 13 u n d
ein S c h ü s s e l r a n d kommt aus dem R a u m unterhalb des Felsens an der
Strasse. Das Fundinventar ist nicht re ichhal t ig u n d vielsei t ig, sondern
es sind gewisse Formen mehrmals vertreten. Schüsse ln , G r a p p e n u n d
T ö p f e s ind i n der M e h r z a h l und i m m e r mi t Innenglasur bedeckt.
56
1. Schüssel. Fundort Schnitt 8. A b b . 28, 13. M ü n d u n g 32 cm. Roter
Brand mit b l a t t g r ü n e r Innenglasur. Geschweif te F o r m mit Ba lken-
rand. Der Ba lkenrand ist bei der unglasierten K e r a m i k h ä u f i g und
als e infacher Rand bei dem Eindr ingen der Glasur ü b e r n o m m e n
worden. Die Schüsse l d ü r f t e dem 2. V ie r t e l des 14. Jahrhunderts
a n g e h ö r e n .
2. Schüssel. Fundort Fe ld 6. A b b . 28, 14. M ü n d u n g 32 cm. Hel l ro ter
Brand mit b l a t t g r ü n e r Innenglasur. Aussen S t r ichr i l l en . Geschweif -
te F o r m . Der Ba lkenrand ist breiter als bei N r . 1. Dat ierung 2. V i e r -
tel des 14. Jahrhunderts .
3. Schüssel. Fundort O e k o n o m i e g e b ä u d e an der Strasse. A b b . 28, 15.
Roter Brand mit b l a t t g r ü n e r Innenglasur. Der Ba lkenrand ist mehr
kant ig und d ü r f t e dem 2. Vie r t e l des 14. Jahrhunderts a n g e h ö r e n .
4. Schüssel. Fundort Fe ld 6. A b b . 28, 16. M ü n d u n g 24 cm. Roter Brand
mi t d u n k e l g r ü n e r Innenglasur. S t r ichr i l len . Leistenrand. Dieser
Rand kommt glasiert und unglasiert i n der Zeit der ersten G l a s u -
ren u m 1320 vor.
5. Schüssel. Fundort Fe ld 9. A b b . 28, 17. M ü n d u n g 18 cm. Roter Brand
mit g r ü n e r Innenglasur. Der Ba lkenrand ist gotisch mi t einer Tropf-
leiste. Henkelansatz b ü n d i g z u m Rand erhalten. Dat ierung gegen
die Mit te des 14. Jahrhunderts .
6. Schüssel. Fundort Fe ld 9. A b b . 28, 18. M ü n d u n g 20 cm. Rot ge-
brannt mi t g e l b g r ü n e r Innenglasur. Gotischer Ba lkenrand mi t
H ä n g e l i p p e . Der Bandhenkel schliesst a m Rand b ü n d i g an. Datie-
rung u m 1350.
7. Schüssel. Fundort Fe ld 9. A b b . 28, 19. M ü n d u n g 24 cm. Rot ge-
brannt mi t b l a t t g r ü n e r Innenglasur. Rauhe O b e r f l ä c h e . Der Rand
w i r d hochgezogen mi t k r ä f t i g e r H ä n g e l i p p e . Das G e f ä s s ist schlank
und d ü r f t e i n die Jahre u m 1360 g e h ö r e n .
8. Schüssel. Fundort Fe ld 6. A b b . 28, 20. M ü n d u n g 20 cm. Rot ge-
brannt mi t b l a t t g r ü n e r Innenglasur. Geschweif te Fo rm. Der goti-
sche Rand hat eine k r ä f t i g e Tropfleiste . Dat ie rung u m 1370. G l e i -
che G e f ä s s e mi t brauner Innenglasur l iegen noch vor.
9. Schüssel. Fundort Fe ld 13. A b b . 28,21. M ü n d u n g 24 cm. Roter
Brand mi t verbrannter, brauner Aussenglasur. Ausserhalb des
57
spitzen Randabschlusses l au fen drei kantige Rippen. D ie starke
P ro f i l i e rung des Randes weist i n das 16. Jahrhundert .
10. Schüssel. Fundort Fe ld 6. A b b . 28, 22. M ü n d u n g 22 cm. H ö h e 9 cm.
Boden 10 cm. Rot gebrannt mi t h e l l g r ü n e r Innenglasur. Leicht ge-
schweifte F o r m . Rauhe O b e r f l ä c h e mi t S t r ichr i l l en . Ü b e r g a n g Bo-
den-Wand s t u m p f w i n k l i g mit Kante. Manchet tenrand, oben rund
abgeschlossen mit Wuls t . Der Bandhenkel schliesst am Rand b ü n -
dig an. Erste Glasur und Dat ierung u m 1320.
11. Hafen. Fundort Fe ld 15. A b b . 28, 23. M ü n d u n g 7 cm. Boden 4.80 cm.
H ö h e 8 cm. He l l ro t gebrannt mi t g r ü n e r Innenglasur. Geschweif te
Form. Ü b e r g a n g Boden-Wand kant ig vorstehend. Rand nach aus-
w ä r t s gebrochen, mi t rundem, nach oben v e r s t ä r k t e m Abschluss.
Bandhenkel mi t b ü n d i g e m Anschluss z u m Rand. Dat ierung anfangs
15. Jahrhundert .
12. Hafen. Fundort Fe ld 4. A b b . 28,24. H ö h e 20 cm. Boden 11.50 cm.
M ü n d u n g 16 cm. He l l ro t gebrannt mi t b l a t t g r ü n e r Innenglasur.
Ubergang Boden-Wand kantig. Boden unten roh und von der Dreh-
scheibe abgehoben. Rand l ippenart ig a u s w ä r t s geneigt mi t schwa-
cher Deckel furche . Unter dem Rand Bandhenkel mi t R ü c k e n f u r c h e .
Die Verz ie rung geht unter dem H e n k e l durch und besteht aus v ie r
Furchen oben, drei Furchen unten und dazwischen ein dreifaches
Wel l enband . Dat ierung i n die 2. H ä l f t e des 15. Jahrhunderts .
V o n einer Serie Grappen mi t brauner und g r ü n e r G la su r l iegen
viele Fragmente vor. D i e w a l z e n f ö r m i g e n Füsse haben eine Standplatte,
oder umgelegten Lappen. Be i e inem Fragment mi t runder M u l d e ist der
Randabschluss beidseitig ve r s t ä rk t . Der w a l z e n f ö r m i g e , hohle G r i f f ist
mi t Q u e r r i l l e n verziert. Sie s ind alle i n die Zeit u m 1400 zu datieren.
V o n besonderem Interesse ist e in Wandf ragment aus dem Fe ld 6, das
zu den Burgfunden gehör t . Der d ickwandige Scherben mi t beidseitiger,
gesprickelter brauner Glasur weist Verz ie rung i n der Ri tz technik auf.
Es s ind B ä n d e r und Blä t ter , die teilweise g r ü n e Glasur tragen. Dat ie-
rung i n den A n f a n g des 17. Jahrhunderts .
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass s ich die glasierte Ke -
ramik h a u p t s ä c h l i c h auf das 14. Jahrhunder t konzentriert , das 15. Jahr-
hundert nur s p ä r l i c h vertreten ,das 16. u n d das 17. Jahrhunder t nur
je e inma l hervortritt .
58
Die unglasierten Becherkacheln
Die Fragmente von Becherkacheln, von denen z w e i P ro f i l e ganz
erhalten sind, z ä h l e n i n die Hunderte u n d d ü r f t e n von drei Ö f e n stam-
men. A l s Standort kommt Feld 13, das Gebiet von den Feldern 4, 5
und 9 und der T u r m i n Frage. Abgesondert k o m m e n Becherkacheln
aus der Zeit u m 1320 i n Fe ld 2 vor, ve rmu t l i ch aus e inem Ö k o n o m i e -
g e b ä u d e .
1. Becherkachel. Fundort Fe ld 13. A b b . 32, 13. M ü n d u n g 9.50 cm.
Boden 6.50 cm. H ö h e 13.50 cm. He l l ro t gebrannt. Schlanke F o r m
ohne Rie fe ln . Rauhe O b e r f l ä c h e mi t f l achen E i n d r ü c k e n . Rand-
abschluss beidseitig leicht ve r s t ä rk t , a u s w ä r t s geneigt. Ü b e r g a n g
Boden-Wand spitz vorstehend. Innere W a n d t räg t D r e h w ü l s t e .
Boden innen i m Zen t rum spitz e r h ö h t . Die Kache l ist v o n der
Drehscheibe abgehoben. Z u r Dat ierung sagt uns die glatte W a n d
und der Randabschluss, dass die Kache l i n die Zeit ku rz nach
1100 gehör t .
2. Becherkachel. Fundort Fe ld 13. A b b . 32, 19. M ü n d u n g 9 cm. Roter
Brand . Rauhe O b e r f l ä c h e . W a n d mi t breiten, f l achen R ie f e ln be-
deckt. Der Rand w i r d nach aussen breiter, rund abgeschlossen. U n -
ter dem Rand flaches B a n d bis zu den Rie fe ln . Dat ierung u m 1190.
3. Becherkachel. Fundort Fe ld 13. A b b . 32, 18. M ü n d u n g 9 cm. Roter
Brand . W a n d mi t breiten, f l achen Rie fe ln bedeckt. Rand rund nach
aussen ve r s t ä rk t . Dat ierung u m 1180.
4. Becherkachel. Fundort Schnitt 13. A b b . 32, 16. M ü n d u n g 16 cm.
Roter Brand . Schlanke F o r m . Ohne Rie fe ln . Rand rund a u s w ä r t s
geneigt mi t R i l l e i m Ü b e r g a n g zur inneren W a n d . Dat ierung u m
1200.
5. Becherkachel. Fundort Fe ld 15. A b b . 32, 14. M ü n d u n g 15 cm. Roter
Brand . W a n d mit g l e i c h m ä s s i g e n R ie f e ln bedeckt. R a n d oben f l ach ,
rund nach aussen abgeschlossen. Das Bodenfragment dazu hat
einen s tumpfen W i n k e l i m Ü b e r g a n g und ist von der Drehscheibe
abgehoben. Dat ierung u m 1210.
6. Becherkachel. Fundort Fe ld 13. A b b . 32, 9. M ü n d u n g 10 cm. Rot
gebrannt. Feine S t r ichr i l l en auf der W a n d . K le ine r Rand mi t
schwacher Furche, a u s w ä r t s hoch ve r s t ä rk t . Dat ierung u m 1240.
7. Becherkachel. Fundort Fe ld 13. A b b . 32, 6. M ü n d u n g 10 cm. Roter
59
Brand Gerade Form. W a n d mi t s p i r a l f ö r m i g e n R i l l e n bedeckt.
Rand a u s w ä t s geneigt, hoch stehend rund abgeschlossen. Innen
D r e h w ü l s t e . Erste E n t w i c k l u n g zur Nap fkache l . Dat ierung u m 1270.
8. Becherkachel. Fundort Bergfr ied . A b b . 32, 17. M ü n d u n g 10 cm.
Roter Brand . Weitere E n t w i c k l u n g v o n N r . 7. Der Rand w i r d noch
mehr ausgezogen und w i r d oben eben. Dat ierung u m 1280.
9. Becherkachel. Fundort Fe ld 6. A b b . 32, 19. M ü n d u n g 12 cm. Roter
Brand. Aussen f lache Rie fe ln . Der Rand t r äg t nun eine Hoh lkeh le ,
die zu den N a p f k a c h e l n ü b e r f ü h r t (siehe P r o f i l 4). Dat ierung u m
1290.
10. Becherkachel. Fundort Fe ld 6. A b b . 32, 5. M ü n d u n g 10 cm. Roter
Brand . Markante , r e g e l m ä s s i g e Rie fe ln . Rand oben f l ach , a u s w ä r t s
ve r s t ä rk t , rund abgeschlossen. Glasur t ropfen auf dem Rand . D a -
tierung u m 1320.
11. Becherkachel. Fundort Fe ld 11. A b b . 32, 7. M ü n d u n g 13 cm. Roter
Brand . Markante Rie fe ln . Rand nach innen ve r s t ä rk t . Dat ie rung
um 1320.
12. Becherkachel. Fundort Schnitt 6. A b b . 32, 8. M ü n d u n g 12 cm. Roter
Brand . Schlanke F o r m mi t r e g e l m ä s s i g e n Rie fe ln . Rand gerade ab-
geschnitten. Dat ierung u m 1300.
13. Becherkachel . Fundort Fe ld 2. A b b . 32, 11. M ü n d u n g 22 cm. Rot
gebrannt. Markante R ie fe ln . R a n d oben f l a c h mi t V e r s t ä r k u n g nach
aussen. Braune Glasur t ropfen auf dem Rand . Dat ie rung u m 1320.
14. Becherkachel. Fundort Fe ld 13. A b b . 32, 15. M ü n d u n g 11 cm. Roter
Brand. W a n d mi t grossen, breiten R ie f e ln bedeckt. Rand oben
f lach , nach aussen kant ig ve r s t ä rk t . Dat ierung A n f a n g 14. Jahr-
hundert.
15. Becherkachel. Fundort Schnitt 6. A b b . 32, 12. M ü n d u n g 14 cm.
Roter Brand . Breite, kantige Rie fe ln . Rand f l a c h u n d eckig nach
aussen geneigt. Dat ierung gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts .
Z u den v ie len Kache ln l iegen Bodenfragmente vor, die al le von der
Drehscheibe abgehoben wurden und nur bei e inem Exempla r abge-
schnitten ist. Die B ö d e n z u den schlanken K a c h e l n stehen tei lweise
spitz vor und tragen innen eine Spirale mi t Spitze i m Zent rum, v o n
der Gestal tung mi t der H a n d . D ie s p ä t e r e n K a c h e l n haben breite B ö d e n
mi t einer Spitze i m inneren Zent rum. Der Ubergang Boden -Wand ist
60
s t u m p f w i n k l i g . E i n Fragment aus dem Fe ld 13 t räg t unten e inen R ing
mit Kreuz . Dieser ist der A b d r u c k einer E r h ö h u n g auf der Drehscheibe,
u m der Kache l w ä h r e n d des Drehens mehr H a l t zu geben.
Die unglasierten Napfkacheln
Diese Kache ln lagen zur Hauptsache i n den Feldern 5, 6, 9 und 13.
Sie g e h ö r e n zu e inem Ofen , der ve rmu t l i ch i m Fe ld 13 stand. D a nur
u n g e f ä h r f ü n f Exemplare vorl iegen, muss der O f e n Becher- und Napf -
kacheln enthalten haben.
1. Napfkachel. Fundort Fe ld 5. A b b . 32, 1. M ü n d u n g 19 cm. H ö h e
9 cm. Boden 13.50 cm. Ziegelrot gebrannt. Gerade F o r m . Ü b e r g a n g
Boden-Wand kantig. Boden unten ha lbrunde R i l l e n v o m abschnei-
den mi t dem Draht von der Drehscheibe. D i e W a n d bedecken
a u s g e p r ä g t e R i f f e l n , aber nur i m mit t leren T e i l der W a n d . Der
Rand steht nach innen kant ig vor, nach aussen l ippenar t ig s c h r ä g
a u s w ä r t s . Dat ierung i n das Ende des 13. Jahrhunder t s 1 3 ) .
2. Napfkachel. Fundort Fe ld 6. A b b . 32, 2. M ü n d u n g 18 cm. He l l ro t
gebrannt. Aussen grobe R ie f e ln bis unter den Rand. Der Rand ist
i n der A u s f ü h r u n g wie N r . 1, aber feiner. Dat ierung Ende des
13. Jahrhunderts .
3. Napfkachel. Fundort Fe ld 6. A b b . 32, 4. M ü n d u n g 16 cm. Roter
Brand . Aussen grobe R ie f e ln bis unter den Rand. Der Rand ent-
spricht den N r . 1 und 2 mi t der Ausnahme , dass der innere Ü b e r -
gang zur W a n d rund ist.
4. Napfkachel. Fundort Fe ld 11. A b b . 32, 3. M ü n d u n g 16 cm. He l l ro t
gebrannt. Aussen g l e i c h m ä s s i g e R ie fe ln , i nnen als G e g e n s t ü c k
schwache Furchen. Der Rand bleibt sich gleich, nur dass n u n al le
Rundungen Kanten gewichen sind. Dat ierung i n den A n f a n g des
14. Jahrhunderts .
Die glasierten Napfkacheln
V o n diesen Kache ln lassen sich u n g e f ä h r 40 Exemplare nachweisen,
was etwa z w e i Ö f e n entsprechen d ü r f t e . N a c h der Ver te i lung der
Scherben auf die Fundstel len, standen solche i m Fe ld 13, 6 und 9.
Die K a c h e l n s ind e inhei t l ich geformt und weisen nur bei den Rand-
a b s c h l ü s s e n g e r i n g f ü g i g e A b w e i c h u n g e n auf, mi t b l a t t g r ü n e r , brauner
61
oder roter Innenglasur. D ie Dat ierung weist i n die Zeit der ersten
Glasuren , somit u m 1320.
1. Napfkachel. Fundort Fe ld 5 und 9. A b b . 32,21. M ü n d u n g 18 cm.
H ö h e 11 cm. Boden 11 cm. Har t rot gebrannt. G r ü n e Glasur .
Schlanke Form. Rand bandart ig a u s w ä r t s hoch gestellt, innen i m
Ü b e r g a n g zur W a n d spitz vorstehend. Aussen mi t g l e i c h m ä s s i g e n
R ie fe ln bedeckt. Der Boden t rägt i nnen i m Zen t rum eine Spitze,
unten f l a c h von der Drehscheibe abgehoben. Diese K a c h e l n s ind
gut bekannt und weit verbrei te t 1 4 ) .
2. Napfkachel. Fundort Fe ld 13. A b b . 32, 25. M ü n d u n g 20 cm. Blatt-
g r ü n e Innenglasur. In der A u s f ü h r u n g wie N r . 1 m i t Ausnahme
des Randes, der i m Abschluss k ü r z e r ist und nach innen eine
Furche t rägt .
3. Napfkachel. Fundort Bergfr ied . A b b . 32. 22. M ü n d u n g 14 cm. Blatt-
g r ü n e Innenglasur. In der A u s f ü h r u n g w ie N r . 1, mi t der A u s n a h -
me, dass der R a n d nun magerer w i r d u n d die Furche kle iner .
4. Napfkachel. Fundort Fe ld 13. A b b . 32, 24. M ü n d u n g 23 cm. Rote
Innenglasur. Hart , grau gebrannt. Breite R ie fe ln . Der Randab-
schluss ist i n jeder Beziehung kantig, sonst w ie be i N r . 1. D i e
Dat ierung d ü r f t e hier auf 1350 s t immen.
Die glasierten Medaillonkacheln
V o n diesen Kache ln l iegen Fragmente von u n g e f ä h r zehn E x e m -
plaren vor. Sie s tammen zur Hauptsache aus den Feldern 6, 9 u n d 13,
wobei der O f e n oben i m G e b ä u d e v o m Feld 6 gestanden und be im
Absturz i n die angrenzenden Felder streute. Sie s ind g r ü n u n d braun
glasiert und nur i n z w e i M o t i v e n hergestellt worden .
1. Medaillonkachel. Fundort Fe ld 13. A b b . 32,20. H ö h e 12.50 cm.
Tellerbreite 15 cm. B r a u n glasiert. D ie R ö h r e ist geriefelt und
schliesst beidseitig vorstehend am Tel le r an. Der Rand ist zungen-
artig, s c h r ä g hoch gestellt, mi t e inem Absatz zur P!atte. Diese ist
mi t einer stilisierten, f ü n f b l ä t t r i g e n , erhabenen Rose verziert . D ie -
se Kache ln s ind gut bekannt, weit verbreitet und g e h ö r e n i n die
Zeit der ersten Glasuren u m 1320 1 5 ) .
2. Medaillonkachel. Fundort Fe ld 13. A b b . 32, 23. Tellerbrei te 15 cm.
Die R ö h r e ist abgebrochen. Der Rand fä l l t weg und ist nur durch
62
einen k le inen Stumpf angedeutet. D ie erhabene Verz i e rung besteht
aus einer stil isierten Rose i n der Mit te und r ingsum f ü n f kleinere
Rosen miteinander verbunden durch eine Schnur, wobe i i n deren
Mit te w iede rum ganz kleine Rosen liegen. Dat ierung gegen das
Ende des 14. Jahrhunderts .
Die glasierten Blattkacheln
Blat tkachelfragmente fanden sich i n den Fedlern, 6, 9 und 13,
welche einen O f e n aus der zwei ten H ä l f t e des 14. Jahrhunderts nach-
weisen. Er stand ve rmut l i ch i n e inem oberen Geschoss des G e b ä u d e s
i m Feld 6. Leider konten nur z w e i K a c h e l n soweit zuammengesetzt
werden, dass m a n ein B i l d von ihnen e rhä l t .
1. Blattkachel. Fundor t Fe ld 13. A b b . 32,27. H ö h e 19.50 cm. Breite
15 cm. Rot gebrannt mi t b l a t t g r ü n e r Glasur . D ie K a c h e l ist b i l d -
l i c h i n eine obere und untere H ä l f t e geteilt, oben F iguren u n d
unten gotische Fenster. D i e obere H ä l f t e ist w i e d e r u m i n z w e i
Felder getrennt, i n denen je eine menschl iche Büste plastisch dar-
gestellt w i r d . Der m ä c h t i g e Kopf ist mit Locken umrahmt , w ä h r e n d
die H ä n d e ü b e r die Brust gefaltet s ind. Beide Felder s ind mi t
k r ä f t i g prof i l ie r ten Ba lken umrahmt . D ie untere H ä l f t e zeigt drei
gotische Masswerkfenster unter einer G i r l ande . Die p r imi t ive A r t
der Gestal tung erinnert an die Arbe i t eines Hafne r s auf dem
Land 1 ' ' ) . D ie Dat ierung i n die zweite H ä l f t e des 14. Jahrhunderts
d ü r f t e r icht ig sein.
2. Bekrönungskachel. Fundort Fe ld 6. A b b i l d u n g 31, 26. H ö h e 9 cm.
Breite unbekannt. Rot gebrannt mi t brauner Glasur . D ie Kache l
z e r f ä l l t i n z w e i F l ä c h e n v o n 3 und 6 c m H ö h e , wobe i das obere
z u r ü c k l i e g e n d nach vorne s c h r ä g gestellt ist. Beide H ä l f t e n werden
durch z w e i Leisten getrennt. A l s Verz i e rung t r äg t das obere Band
eine Reihe von Kuge ln . Das untere B a n d t räg t unter einer zweiten,
schwachen Leiste Kreise, i n denen die stilisierte Rosette mi t v ier
oder f ü n f B lä t t e rn gezeigt w i r d 1 7 ) . Dat ierung i n die Mit te des
14. Jahrhunderts .
V o n weiteren B e k r ö n u n g s k a c h e l n l iegen einige Fragmente vor, die
nur den unteren T e i l einer Frauenf igur erhalten haben, also ohne
Kopf und Brust. Die Frau t rägt einen Faltenrock, unter dem die Füsse
noch sichtbar s ind. Weitere Fragmente von Bla t tkacheln tragen Tier-
63
f iguren, eine menschl iche Gestalt ohne Kopf , L i l i e n u n d p f l anz l i che
Ornamente.
Verschiedenes
Schleudersteine. A n verschiedenen Or ten s ind faustgrosse, runde Kiesel
gefunden worden, die aus einer kriegerischen Auseinandersetzung
stammen.
Ziegel. Es fanden s ich nur Hohlz iegel f ragmente vor, die a l le von der
Bedachung des Bergfrieds stammen. Einige Fragmente tragen eine
braune Glasur .
Wetzsteine. V o n dre i verschieden grossen, gefundenen Wetzsteinen ist
nur e in Fragment 20 c m lang und 3.50 c m breit. Sie s ind al le aus
Sandstein.
Lavezstein. W i e i n v ie len Burgengrabungen und r ö m i s c h e n Siedelun-
gen fanden w i r auch hier wieder Fragmente von G e f ä s s e n aus Lavez-
stein. Es waren dies «Kübel i» , w ie sie noch heute i n G r a u b ü n d e n und
Tessin hegestellt werden 1 8 ) . Beide Wandf ragmente s ind gerade und
tragen feine R i l l e n v o m Ausdrehen auf der Drehscheibe.
Knochen, Horn. Verschiedene Messergr i ffe s ind aus Knochenplat ten,
teilweise glatt, oder durch L ä n g s f u r c h e n verziert. E i n Stück R ö h r e n -
knochen ist halbiert zur weiteren Verarbe i tung vorbereitet. V o n H i r s c h -
horn liegt das Fragment eines Gr i f f e s vor, der beidseitig Platten mi t
reicher Verz i e rung trug, welche aus Ornamenten eingelegter Silber-
k ü g e l c h e n besteht (Abb. 38, 9).
Glas. Fragmente von drei T r i n k g l ä s e r n fanden sich i n Feld 6. 9 u n d 13.
1. Glasfuss mi t W a n d und R a n d s t ü c k . Bodendurchmesser 7 cm. H e l l -
g r ü n mi t Pat ina. Der Boden ist unten nach oben hochgezogen u n d
hat r ingsum Rippen. D ie W a n d ist mi t grossen N u p p e n (Glas-
tropfen) verziert und schliesst kelchar t ig ab. Dat ierung i n die Mit te
des 14. Jahrhunder ts 1 9 ) .
2. Glasf ragment i n der A u s f ü h r u n g w ie N r . 1, mi t Ausnahme , dass
die W a n d senkrecht ansteigt und mi t k l e inen Nuppen bedeckt ist.
Dat ierung i n die Mit te des 14. Jahrhunder t s 2 0 ) .
3. Fragment aus he l l em Glas, mi t schlanker F o r m und senkrechten
Rippen verziert, ohne Pat ina. Dat ierung i n das 16. Jahrhundert .
64
Aus dem Fe ld 4 s tammen auch Fragmente von Fensterscheiben,
wobei das ä l t e r e S tück dem 13. Jahrhunder t a n g e h ö r t und z w e i Butzen-
s c h e i b e n s t ü c k e dem 16. J ah rhunder t 2 1 ) .
Fundgegenstände aus Eisen
Pfeilspitzen. Insgesamt fanden s ich 87 Pfei le isen, 83 S tück f ü r den
Bogen und 4 f ü r die Armbrus t . D i e Ver te i lung nach Fundor ten ergibt
27 Stück i m Feld 13, 8 Stück i m Fe ld 2, 13 S tück i m Bergf r ied mi t U m -
gebung und der Rest verteilt ü b e r das ganze Burgareal . A u s s e r g e w ö h n -
l i ch s ind 12 Pfe i l sp i tzen (Abb. 34, 7 — 9) mi t e inem D o r n an Stelle der
Tü l le . Sie haben eine Länge v o n 11 cm, eine Länge des D o m e s v o n
3 c m u n d l a n z e t t f ö r m i g e s Aussehen. Besonders a u f f ä l l i g ist die schlanke
und leichte F o r m . Pfe i le isen mi t D o r n s ind i m 13. Jahrhunder t ge-
b r ä u c h l i c h . Die Pfe i le isen mi t Tü l l e (Abb. 34, 2 — 4 u n d 6), haben
eine L ä n g e von 5.50 bis 10 c m u n d einen T ü l l e n d u r c h m e s s e r von 1.30
cm. Sie s ind alle l a n z e t t f ö r m i g , lang u n d schlank, w ie dies der P f e i l
des Bogens bedingt. Z w e i Spitzen A b b . 34, 1 und 5, v o n 5.50 u n d 9 c m
Länge mi t Lanze t t form und Tü l l e s tammen von P fe i l en der Armbrus t .
Sie s ind gle ich w ie diejenigen des Bogens, nur schwerer i m Gewich t .
V o n den Spitzen, wie sie sonst ü b l i c h f ü r die Armbrus t s ind A b b . 33, 10,
liegt nur e in Exempla r mi t kurzer Vierkantspi tze vor.
Spiesseisen. Fundort Fe ld 5. A b b . 34, 11. Es hat eine L ä n g e von 26 c m
und einen T ü l l e n d u r c h m e s s e r von 3 cm. D ie T ü l l e ist rund und geht
i n die l a n z e t t f ö r m i g e Spitze ü b e r . Dat ie rung i n die Mit te des 14. Jahr-
hunder ts 2 2 ) .
Lanzenschuh. Fundort Fe ld 2. A b b . 34, 12. Er hat eine Länge von 9 c m
mit T ü l l e n d u r c h m e s s e r von 3.80 cm.
Sicheln. A b b . 37,7. V o n drei Exempla ren mi t S ä g e z ä h n u n g s ind Frag-
mente i n den Feldern 2 und 13 gefunden worden . D i e u r s p r ü n g l i c h e
Länge betrug 40 cm. D ie G r i f f a n g e l w i r d r ech twik l ig umgebogen und
l ä u f t nach 5 c m H ö h e i n e inem Bogen z u m ha lb rund u m g e s t ü l p t e n
Ende. Z w e i S iche ln tragen Handwerksmarken . Bemerkenswert ist noch,
dass Sicheln f ü r L inks - und R e c h t s h ä n d e r vorl iegen.
Rebmesser. A b b . 33, 7 und 8. Fundor t Schnitt 1 und Feld 13. Diese w e i -
sen auf den f r ü h e r e n W e i n b a u h i n und g e h ö r e n i n das 14. Jahrhundert .
Ihre L ä n g e geht von 17 — 20 cm. Das ä l t e r e Messer aus dem Fe ld 13
65
hat eine buck l ig hochgezogene Kl inge , w ä h r e n d die beiden Messer aus
dem Burggraben mehr langgezogen s ind. E i n Messer t räg t eine H a n d -
werksmarke (Kugel mi t daraufstehendem Kreuz) . D ie Zwinge z u m G r i f f
eines Messers ist aus Blechband mi t K u p f e r zusammengeschmiedet.
Flachzange. A b b . 37, 6. Fundort Fe ld 9. Länge 15.50 cm. Beide G r i f f e
s ind nach innen gebogen und tragen auf der Innenseite eine Hoh lkeh le .
N a c h der A u s f ü h r u n g d ü r f t e sie dem 15. Jahrhunder t a n g e h ö r e n .
Schmiedezange. A b b . 37, 2. Fundort Fe ld 6. L ä n g e 25 cm. D ie Backen
s ind k e g e l f ö r m i g und rech twink l ig abgebogen. D ie G r i f f e s ind rund
und am Ende rech twik l ig abgebogen.
Steinhammer eines Steinmetzen. A b b . 37, 1. Fundort das Innere des
Turmes. L ä n g e 21 cm. Beidsei t ig v ierkant ig , spitz mi t rechteckigem
Loch f ü r den St i l i n der Mit te .
Stechgabel. A b b . 37, 8. Fundort Fe ld 6. L ä n g e 33 c m und Breite 18 cm.
Die runde Tü l l e misst 4.50 cm. Die drei Z i n k e n s ind v ie rkant ig bis zur
Spitze geschmiedet.
Schere. Fundort Fe ld 2 und Fe ld 11. V o n den z w e i Scheren ist je nur
e in Schenkel vorhanden.
1. A b b . 37, 4. L ä n g e 17 cm. Der Schenkel mi t der Schneide ist einseits
f l ach , anderseits schwach g e w ö l b t . Der kurze G r i f f v o n 6 c m L ä n g e
ist vor dem ova len R i n g tordiert. Sie k a n n w o h l i n das 14. Jahr-
hundert datiert werden, w o tordiertes Eisen g e l ä u f i g ist.
2. A b b . 37, 5. L ä n g e 14.50 cm. Der Schenkel mi t der Schneide ist eben-
fal ls einerseits f l ach , anderseits schwach g e w ö l b t . Der 6.50 c m lange
G r i f f beginnt v ierkant ig und w i r d r und i n der Fortsetzung und i m
Bogen nach oben umgelegt. Sie kann i n den A n f a n g des 14. Jahr-
hunderts datiert werden.
Bohrer. A b b . 37, 3. Fundort Fe ld 13. L ä n g e 11.50 cm. Runder Sp i ra l -
bohrer, dessen S c h n i t t f l ä c h e n nach innen vorstehen. Z u m Einspannen
i n den Spindelbohrer ist der Bohrer h in ten abgeplattet. E i n gleiches
Exemplar wurde i n der Burg H ü n e n b e r g mi t Abgang Ende 14. Jahr-
hundert gefunden.
Hufeisen. V o n 17 Stück Hufe i sen fanden sich 14 i n den oberen R ä u m e n
der Burg , R a u m T o r - T u r m 2 u n d i m Schnitt 2 das ä l tes te Exemplar .
W e n n w i r die Z a h l der Eisen i n den oberen R ä u m e n mi t dem Fundort
der Schmiedzange b e r ü c k s i c h t i g e n , so ist i n der N ä h e v o m Fe ld 6 eine
66
Schmiede betrieben worden. D ie Eisen lassen s ich i n drei Kategorien
e inte i len:
1. Hufe i sen A b b . 36, 6 aus Schnitt 2 von 11 c m Länge u n d 9 c m Breite.
D ie R ä n d e r der Schenkel s ind gewellt und tragen je drei rechteckige,
vertiefte N a g e l l ö c h e r . D ie Stol len s ind noch k l e in . Diese Eisen sind
schon i m 10. Jahrhunder t bis u n g e f ä h r 1300 ohne V e r ä n d e r u n g
bekannt 2 3 ) .
2. Hufe i s en (Abb. 36, 7) von einer L ä n g e von 11 c m und einer Breite
von 9 cm. Sie s ind i n der A u s f ü h r u n g w ie N r . 1 mi t der Ausnahme,
dass die Schenkel nun gerade R ä n d e r besitzen. Sie k ö n n e n kurz vor
1300 datiert werden.
3. Hufe i s en (Abb. 36, 5) mi t einer L ä n g e von 10 c m und einer Breite
von 11 cm. D ie Schenkel s ind mi t geradem Rand nach vo rn stark
verbreitert. Jeder Schenkel hat i n einer Rinne drei kleine, recht-
eckige N a g e l l ö c h e r und vo rn i n der Mit te e in weiteres. Diese Eisen
tragen H a n d w e r k s m a r k e n und s ind nach 1300 z u datieren.
Schnallen. V o n 8 Schnal len s tammen 4 aus dem Feld 13 u n d je e ine
aus Fe ld 2, 6, 8 u n d 9. Sie s ind vorwiegend Tei le von G e w a n d g ü r t e l n .
Eine Rechteckschnalle g e h ö r t zu e inem Pferdegeschirr . Sie lassen s ich
i n drei Kategorien unterteilen, wobe i die ä l tes te , die Ringschnal le fehlt .
1. Ha lb runde F o r m . A b b . 35, 4. Breite und H ö h e a l lgemein 5.50 cm.
Diese Schnal len s ind alle f l a c h mi t gerader Achse u n d verbreiterter
Dornauf lage . Der D o r n l ä u f t u m die Achse und liegt lose auf dem
Bügel . Dat ierung gegen 130 0 2 4 ) .
2. Rechteckschnalle. Breite 6 c m u n d H ö h e 4.50 cm. Diese Schnal le
besteht aus drei Te i len , dem Bügel , Achse u n d D o r n . D ie runde
Achse w i r d beidseitig zu e inem Zapfen d ü n n e r , u m den der Büge l
geschlungen ist. Der D o r n l ä u f t u m den Büge l und liegt auf der
Achse lose auf. D ie Dat ierung fä l l t i n den A n f a n g des 14. Jahr-
hunderts.
3. Doppelschnal le . A b b . 35, 6. Breite und H ö h e 5.50 cm. In der goti-
schen Zeit w i r d die Schnalle mi t dem D o p p e l b ü g e l mi t einer kan-
tigen Mittelachse g e b r ä u c h l i c h . Die Büge l s ind rund gegen die Mit te
zur Achse eingezogen mi t einer vorstehenden Spitze. Der D o r n l ä u f t
auf der Achse und kann auf beide Büge l gelegt werden. So kann das
Riemenende durch den zwei ten Büge l gezogen werden. Dat ie rung
zweite H ä l f t e des 14. Jahrhunderts .
67
Ring. Der einzige R ing zu e inem G e w a n d wurde i m Feld 8 gefunden.
Er ist aus rundem Draht mi t e inem Durchmesser von 1.20 cm.
Sporn. Im Feld 2 wurde ein ganzer u n d i m Feld 13 e in halber Sporn
gefunden. Beide Sporen s ind mi t R ä d c h e n versehen gewesen und kön -
nen genauer datiert werden, i ndem der Stachelsporn i m letzten Vie r t e l
des 13. Jahrhunder t verschwindet .
1. Der ganz erhaltene Sporn (Abb. 36, 4) ist 12.50 c m lang u n d 8.50 c m
breit. Die A r m e sind geschweift und tragen a m Ende je eine Oese
f ü r den Fussriemen. Im Querschnit t ist der Schenkel innen glatt,
aussen ha lb rund und be im Ansatz des R ä d c h e n t r ä g e r s spitz hoch-
gezogen. Der gerade, runde R ä d c h e n t r ä g e r ist nach 3.50 cm Länge
gespalten zur A u f n a h m e des R ä d c h e n s . D ie Büge l s ind schon be-
deutend gebogen und gestatten ein gutes Anpassen an den Fuss. Er
k a n n i n die Zeit kurz nach 1300 datiert werden.
2. Krä f t i g entwickelter, halber Sporn. A b b . 36, 3. A m Ende des gebo-
genen Schenkels liegt eine Platte mi t z w e i Oesen. Der Büge l hat
einen f lachen Querschnitt , ist aber be im Ansatz des R ä d c h e n t r ä g e r s
spitz e r h ö h t . A l s Ve rz i e rung t r äg t der Schenkel s c h r ä g gestellte
Kerben, ist aber nicht verzinnt . A l s R ä d c h e n t r ä g e r dienen z w e i
runde, gerade und para l le l laufende Träge r , die a m Ende je einen
durchbohrten Kopf zur A u f n a h m e des R ä d c h e n s haben. Dat ierung
in das Ende des 14. Jahrhunderts .
Schlüssel. A b b . 35, 3, 5 u n d 7. Es w u r d e n drei ganze u n d z w e i Frag-
mente von Schüsse ln i n den Feldern 5 und 13 gefunden. D ie D ü r f t i g k e i t
dieser Funde und auch a l lgemein sagt uns, dass die Burg nach ihrer
e n d g ü l t i g e n Z e r s t ö r u n g der P l ü n d e r u n g anhe^m f i e l . Z w e i H o h l s c h l ü s -
sel s ind i n ihrer A r t noch romanisch und i n die Zeit u m 1200 zu da-
tieren. Sie s ind aus e inem Stück Blech geschmiedet, i n der Weise, dass
zuerst das Rohr mi t dem Bart umgebogen und das andere Ende z u m
Ring umgebogen und dessen Ende i n das Rohr hineingeschoben wurde .
Sie haben eine Länge von 8 und 14 cm. Der rechteckige Bart hat bis zu
vier F ü h r u n g e n . V o n S t a b s c h l ü s s e l n l iegen z w e i Fragmente vor. Der
Ring ist f l ach und der Bart hat nur unten z w e i F ü h r u n g e n . Sie k ö n n e n
bereits i n die Mit te des 14. Jahrhunderts datiert werden. A l s Schiebe-
sch lüsse l f ü r e in Holzschloss ist der Sch lüsse l aus dem Feld 5 z u be-
trachten. Er hat eine Länge von 21 c m u n d ist i m Querschnit t recht-
eckig. Der R i n g w i r d bis z u m Stab umgebogen, ohne mi t i h m fest ver-
68
bunden z u sein. Er hat ke inen Bart, sondern der Stab w i r d auf eine
L ä n g e von 6 c m s t u m p f w i n k l i g umgebogen mit einer nach innen u m -
gebogenen Spitze.
E i n T ü r s c h l o s s war derart schlecht erhalten, dass es bei der R e i n i -
gung vol lends ze r f i e l . D o c h kennen w i r diese Sch lösse r aus v ie len
anderen Grabungen gut. Im Grabungsbericht der Burg S c h ö n e n w e r d
bei D i e t i k o n s ind z w e i solche Sch lösse r beschrieben und b i l d l i c h dar-
gestell t 2 5 ) . Ferner l iegen einzelne Schlossriegel, T ü r k l o b e n , T ü r b ä n d e r
und dergl. i n Fragmenten vor (Abb. 35 und 36, 1 — 2 ) .
Messer V o n 45 Messern s ind nur wenige ganz erhal ten; sie s tammen
aus de;n ganzen Grabungsgebiet. Messer i m romanischen St i l s ind
keine darunter, sondern die Dat ierung bewegt sich v o m ausgehenden
13. bis an das Ende des 14. Jahrhunderts . A u s der V i e l f a l t fo lgen die
wichtigsten Ar ten .
I. Messer aus dem Feld 13. A b b . 33, 1. L ä n g e 17 c m m i t G r i f f a n g e l .
D ie Schneide hat einen geraden R ü c k e n , anderseits geschweift und
geht mit kant igem Absatz zur A n g e l ü b e r . Es kann i n das Ende des
13. Jahrhunderts datiert werden.
2 Tischmesser aus Fe ld 13. A b b . 33, 5. L ä n g e 21 c m mit einer G r i f f -
angel u n d g l e i c h m ä s s i g e r Breite der Schneide. Es t räg t eine H a n d -
werksmarke und d ü r f t e i n die Zeit kurz nach 1300 g e h ö r e n .
3. Jagdmesser aus Fe ld 6. A b b . 33, 4. L ä n g e 23 c m mi t 10 c m langer,
schmaler Schneide. Gerader R ü c k e n mi t langem, f l achen G r i f f mi t
vier N i e t e n l ö c h e r n . Das G r i f f b a n d hat e inen h u t ä h n l i c h e n A b -
schluss aus Eisen. Dat ierung i n das Ende des 14. Jahrhunderts .
4. Jagdmesser aus dem T u r m i n n e r n . A b b . 33, 6. L ä n g e 35 c m und nur
10 c m G r i f f l ä n g e . R ü c k e n der Schneide und des Flachgr i f fes gerade.
Die Schneide ist g l e i c h m ä s s i g breit. Dat ie rung 14. Jahrhundert .
5. Sackmesserklinge (Abb. 33, 3) aus dem Feld 11, welche neueren
Datums ist.
6. Messer aus Fe ld 5. A b b . 33, 2. Erhaltene L ä n g e 12 cm. Gerader
R ü c k e n und Nietengr i f f . A u f der Schneide Meistermarke. Dat ierung
u m 1300.
Nägel. Eine Unmenge von N ä g e l n s tammen aus a l len R ä u m e n . V o m
Stift mi t dem f i r s t ä h n l i c h e n Kopf bis z u m grossen Balkennagel ist alles
vertreten. A l s Z i e r n ä g e l s ind etliche S tücke mi t e inem r u n d h u t ä h n l i -
6^
chen Kopf u n d leichtem, l angem Stift hervorgehoben. N i c h t z u ver-
gessen s ind etliche H u f e i s e n n ä g e l , tei lweise noch den Hufe i s en an-
haf tend.
Maidtrommel. A b b . 35, 2. Es l iegen z w e i Stück aus dem Fe ld 2 u n d 13
vor, die m a n auch Brummeisen nennt. L ä n g e 7 cm. Vierkant iger Draht
mi t e inem Bogen und z w e i Schenkeln, zwischen denen eine a m R i n g
befestigte Lamel le f ibr ier t und einen B r u m m t o n von s ich gibt. Sie s ind
das beliebte Instrument der Landsknechte auf dem Marsch gewesen.
Im Schloss H a l l w i l wurden bei der Ausgrabung 85 Exemplare gefunden.
Kienspanhalter. Fundort Fe ld 13. L ä n g e 23 cm, Der G r i f f ist tordiert
und die Gabe l z u m E i n k l e m m e n des Kienspans hat a m Ende nach
innen geneigte H a k e n .
Aus dem ü b r i g e n Eisen s ind Ke t t ens tücke , eine Spindel , Schuhlöf -
fe l f ragment und viele unbest immbare E i s ens tücke noch z u e r w ä h n e n
Fundgegenstände aus Bronze
G e g e n s t ä n d e aus Bronze fanden sich i n den Feldern 9, 13 u n d 15.
1. Spindel zu e inem H a h n e n . A b b . 38, 5. H ö h e 6.50 cm. A l s G r i f f der
Spindel dient e in stilisierter H a h n . U m 1300 z u datieren.
2. Ausguss z u einer Bronzekanne. A b b . 38, 4. L ä n g e 8.50 cm. E r hat
die F o r m eines Trichters mi t Wuls t an der A u s g u ß s t e l l e . A n der
Kanne war er mi t Nie ten befestigt u n d t räg t oben e inen Ring , an
dem w o h l der Decke l f ü r den Ausguss h ing .
3. Teilslück eines H a h n e n . A b b . 38, 6. L ä n g e 10 cm. R ö h r e n f ö r m i g mi t
e inem rechteckig und breiteren ausgesparten R a u m i n der Mit te , w o
die Spindel eingesetzt war.
4. Zierblatt. A b b . 38, 1. Breite 8 cm. Es ist h a l b m o n d f ö r m i g , ha lb rund
und w e l l e n f ö r m i g mi t eingeritzten gotischen Verz ie rungen . Es s ind
dies Masswerkfenster und d a r ü b e r Rankenwerk . D e m R a n d entlang
liegen N i e t e n l ö c h e r , wodurch es auf B lech mit Nie ten befestigt war .
5. Schnalle. A b b . 38, 8. Doppelschnal le m i t dem Büge l i n der Mitte,
an dem der D o r n befestigt war . Verz ie rungen fehlen . Diese Schnal -
len treten nach der Rechteckform auch i n Eisen auf und k ö n n e n i n
das Ende des 14. Jahrhunderts datiert werden.
6. Gürtelbeschläg. A b b . 38, 3. Länge 4.50 u n d Breite 1.50 cm. Das Be-
sch l äg w a r doppelseitig und auf einen Lederr iemen mi t sechs Stif-
70
ten vernietet. D ie Dekora t ion , eine Traube i n der gotisches Mass-
werk beidseits erscheint. Es k a n n i n das 15. Jahrhunder t datiert
werden.
7. Beschlag i n L ö f f e l f o r m . A b b . 38, 7. L ä n g e 9 cm. Das eine Ende ist
r und erweitert mi t e inem Nage l loch i n der Mit te und e inem w e i -
teren a m Ende des schmalen Teiles. Diese Bronze ist vergoldet, w ie
es damals bei besseren Sachen ü b l i c h war . Das gleiche V e r f a h r e n
wurde auch b e i m Eisen angewendet, i n d e m dies verzinnt w u r d e 2 6 ) .
8. Glöcklein. A b b . 38, 2. H ö h e u n d Breite 1 cm. K u g e l f o r m mi t einer
Rippe i n der Mit te und e inem eisernen K ü g e l c h e n .
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A N M E R K U N G E N
1. K. Hammel, Badische Fundberichte 1948/50, Tafel 30 G 4.
2. K. Hammel, Badische Fundberichte 1948/50, Tafel 30 G 10.
3. K. Hammel, Badische Fundberichte 1948/50, Tafel 30 G 9.
4. K. Hammel, Badische Fundberichte 1948/50, Tafel 30 G 10.
5. K. Hammel, Badische Fundberichte 1948/50, Tafel 30 H 9.
6 K. Hammel, Badische Fundberichte 1951, Tafel 8, B 21.
7. K. Heid, Neujahrsblatt von Dietikon 1953.
8. K. Heid, Grabungsbericht der Burg Schönenwerd bei Dietikon.
9. J. Horand, Baselbieter Heimatbuch 1942.
10. Nicht publizierter Bericht der Ausgrabung der Burg Dübelstein bei Düben-
dorf 1926.
11. Solche Kugeln wurden auch bei der Grabung Schönenwerd bei Dietikon
und Tegerfelden gefunden.
12. K. Heid, Die Keramik der Burg Hünenberg, Zuger Neujahrsblätter 1948.
13. H. Schneider, Die Ausgrabung der Hasenburg bei Willisau, ZAK 1/1960.
14. J. Grüninger, Bibiton, Heimatkunde vom Linthgebiet 3/1940.
15. J. Grüninger, Bibiton, Heimatkunde vom Linthgebiet 3/1940.
16 J. Grüninger, Bibiton, Heimatkunde vom Linthgebiet 3/1940.
17. H. Schneider, die Ausgrabung der Hasenburg bei Willisau, ZAK 1/1960.
18. Fundorte in Burgen sind mir bekannt von Schönenwerd (Dietikon), Hasen-
burg Gwinden, Hasenburg Willisau und Lindenhof Zürich.
19. J. Horand, Baselbieter Heimatbuch, Band I, Abb. 37.
20. J. Horand, Baselbieter Heimatbuch, Band I, Abb. 37.
21. Glas für Fensterscheiben ist bei Schönenwerd (Dietikon) schon für das
13. Jahrhundert nachgewiesen.
22. Das gleiche Spiesseisen fand sich bei der Grabung Schönenwerd (Dietikon).
23. Schuchard, die Burg im Wandel der Weltgeschichte. Auf der Burg Tode-
mann sind diese Eisen bereits für das 10. Jahrhundert nachgewiesen.
24. ZAK 1946, Heft 1. H. Schneider gibt dort eine gute Darstellung der Ent-
wicklung der Schnalle.
25. K. Heid, Die Burg Schönenwerd bei Dietikon 1937. Hier sind zwei Tür-
schlösser in allen Einzelheiten abgebildet.
26. K. Heid, Die Burg Schönenwerd bei Dietikon 1937. Hier fand sich auch
ein besseres Türschloss, das verzinnt war.
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75
13 15
Photo Walter Wächter. Vaduz
Abb. 35 Verschiedene Geräte (1 Schlossriegel, 2 Maultrommel, 3, 5 und 7
Schlüssel. 4 und 6 Schnallen, 8-14 verschiedene Nägel und 15 Spindel zu
Spinnrad)
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Abb. 38 Gegenstände aus Bronze und Horn
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Ist der Verrat des
Uli Mariss
nur eine vage Sage oder
geschichtliche Wirklichkeit ?
von Alexander Frick
Ist der Verrat des Ul i Mariss nur eine vage Sage
oder geschichtliche Wirklichkeit ?
von Alexander Frick
In unserer f rühen Landesgeschichte treten äusserst selten ein-
zelne Personen durch gute oder schlechte Taten besonders her-
vor. Wir kennen wohl die Namen der damaligen Landesherren
und auch der jeweiligen Landammänner , eigentliche Volksge-
stalten aber kennt unsere Geschichte während des Mittelalters
kaum. Eine Ausnahme macht Ulrich Mariss, der erbsenstreuende
Verräter aus der Zeit des Schwabenkrieges (1499). Ich habe mir
die Aufgabe gestellt, einmal den Spuren dieses Mannes soweit
als möglich nachzugehen, und dabei zu versuchen, geschicht-
liche Tatsache und blosse Sage von einander zu trennen.
/. Die Vorstellung unserer jungen Generation von Uli Mariss
Unsere jetzigen Schulbücher behandeln diesen Mann als
sagenhafte, also nicht als geschichtlich nachgewiesene Figur.
So steht im Lesebuch für das 5. Schuljahr der liechtensteinischen
Volksschulen, herausgegeben vom Landesschulrat des Fürsten-
tums Liechtenstein im Jahre 1955 auf Seite 278 und 279 der
folgende Aufsatz über den Verräter U l i Mariss:
«Kurze Zeit nach der mörderischen Schlacht bei Triesen
waren die Eidgenossen abermals in unserem Lande und
lagerten bei Schaan. Eine grosse Schar kampflustiger Ge-
sellen aus verschiedenen Kantonen der Schweiz sammelte
sich hier unter dem Führer Heini Wolleb. Es galt dieser
Zug dem Heere des Schwäbischen Bundes, das an der Letzi
bei Frastanz eine feste Stellung bezogen hatte.
Ein Haufe trennte sich in Schaan vom Hauptheere, um auf
geheimen Wegen über Planken und Gafadura nach Frastanz
zu gelangen. Diese Heerestruppe sollte dem Heere des Bun-
des in den Rücken fallen.
Aus der Kriegsnot jener Tage ist folgende Sage auf uns
gekommen: Noch in frischer Erinnerung waren die Greuel,
die die Eidgenössischen Soldaten durch Mord und Brand
verübt hatten. So hatten sich beim abermaligen Nahen der
Eidgenossen die Schaaner in die Berge geflüchtet.
Oberhalb der alten Pfarrkirche wohnte U l i Mariss. Er allein
blieb zurück, denn in seinem Herzen waren Geiz und Hab-
sucht eingesessene Freunde. Mit seinen Schelmenäuglein
listig zwinkernd, erbot er sich des Landes Feinde auf wenig
begangenen Pfaden durch Wald und Dickicht in den Rük-
ken der Schwäbischen zu führen. So ging's über Planken
nach der Alpe Gafadura. Der Verräter zog voraus und
streute aus seinem Sacke Erbsen auf den Weg, um ihn den
Eidgenossen sicher anzuzeigen.
So gelangten sie nach der Frastanzer Alpe Saroja und sahen
schon die breiten Massen des feindlichen Heeres im Tale
wogen. Heiss entbrannte da das Herz der Eidgenossen von
wilder Schlachtbegier, und sie schickten sich an, gegen
Amerlügen abzusteigen. Da verlangte U l i seinen Lohn. Er
wollte ungesehen und mit Gold beladen nach Schaan zu-
rückkehren. Der Hauptmann hiess ihn niederknieen, er
werde den verdienten Lohn erhalten. Da zitterte das Ver-
räterherz in habsüchtiger Freude, und schon sah er im vor-
gehaltenen Hute der Goldstücke verlockenden Glanz. Aber
o weh ! Da saust das Schwert eines Eidgenossen und trennt
mit sicherem Hieb den Verräterkopf vom Rumpfe. Das war
der gerechte Lohn für die verräterische Tat.
Noch heute wird in Frastanz zum abschreckenden Gedächt-
nis am Diensttag in der Kreuzwoche der Name des Ver-
räters beim Feldumgang verlesen».
Liechtenstein.
Lesebuch 1955
84
U l i Mariss und seine verwerfliche Tat werden heute also ohne
jeden Vorbehalt in den bunten Kranz unserer Alp- und Geister-
sagen eingeflochten und in dieser wohl unverbindlichsten Form
unserer Jugend dargeboten. Den märchenhaften, phantasievollen
Darstellungen, wie etwa der Entstehung der «Dreischwestern»
und der Versteinerung der Schmalzbettler — um nur zwei zu
nennen — werden also U l i Mariss und sein Verrat angefügt.
Es ist bei dieser Darstellungsweise nicht verwunderlich, dass
man die Erzählung um U l i Mariss immer mehr für ein mehr oder
weniger frei erfundenes Märchen hält.
//. Ulrich Mariss in Chroniken und anderen Druckwerken
Die Suche nach schriftlichen Quellen ergab interessante und
wie es zu erwarten war auch von einander abweichende Ergeb-
nisse. U m dem Leser ein eigenes Urteil zu ermöglichen, führe
ich die einschlägigen Stellen in alten und neueren Werken wort-
wörtlich an.
Die früheste Erwähnung des Ulrich Mariss fand ich in der
Prugger'schen Chronik, die im Jahre 1685 in Feldkirch gedruckt
und verlegt wurde. Die diesbezügliche Stelle lautet:
«Die Schweizer und Pündtner, wegen angezogenem Über-
und Einfall mehr erhitzet, mit Zuzug der Zürcher, Sargan-
ser, Glariser, Appenzeller, St. Galler, Luzerner, Schwyzer,
Unterwaldner und Zuger, zusammen in die 7000 Mann,
giengen auch über den Rhein und wider die Unsrigen der
Letzi zu. Worauf die Unsrigen 300 Schützen auf dem Berg p r u gg er'sche
Leutzengast, dazu 1500 Erzknappen aus Tirol, der stählerne Chronik (i685)
Haufen genannt, neben den Berg verlegten, auf die Eidge-
nossen zu warten; war auch alles in guter Ordnung, und
würden die Schweizer schön empfangen sein worden, wenn
nicht ein Verräther das ganze Spiel verderbt hätte.
Denn ein falscher und geldbegieriger Bauer, mit Namen
Ulrich Mariss von Schaan ab der Kirche, in diesem 1499sten
Jahr den 20. Tag Aprilis, welcher war der Samstag vor
Georgi Fest, die Schweizer verrätherischerweise durch
heimliche Wege über die Berge geführt und die Unserigen
85
in der Feinde Händ geliefert hat, welches gleich folgen
wird. Dieser Verräther wird zu ewiger Gedächtniss zu
Frastanz feria tertia rogationum, das ist an dem Dienstag
in der Kreuzwoche, da man um das Feld geht, unter wäh-
render Prozession öffentlich verlesen».
Soviel ich bis heute feststellen konnte, stammt die erste Er-
wähnung des Verrates des U l i Mariss in unseren Archiven aus
dem Jahre 1783 und ist in der Beschreibung des Reichsfürsten-
tums Liechtenstein des damaligen fürstlichen Rentmeisters M . Fr.
Jos. Ambrosi enthalten. Das Orignal dieser nahezu 100 Seiten um-
fassenden Landesbeschreibung liegt im Hausarchiv der Fürsten
von Liechtenstein in Vaduz. Mir stand eine von Pfarr-Resignat
Fridolin Tschugmell verfertigte Abschrift aus dem Jahre 1948
zur Verfügung. Im geschichtlichen Teil schildert Ambrosi u. a.
den Schwabenkrieg und vor allem Einzelheiten von der Ein-
nahme und Plünderung des Schlosses Vaduz. Beim Lesen seiner
Schilderung der Schlacht bei Frastanz merkt man bald, dass er
sich dabei sehr an die Prugger'sche Chronik gehalten hat. Er
geht allerdings weiter als Prugger, denn nach ihm führte Mariss
die Eidgenossen ausdrücklich über Planken-Gafadura gegen Fra-
stanz. Auch bezeichnet er U l i Mariss als «hiesigen Unterthan».
Man muss sich allerdings die Frage stellen, ob sich nicht schon
Prugger und 100 Jahre später auch Ambrosi einer alten, mir
allerdings noch unbekannten Darstellung dieser Ereignisse be-
dienten und sich daher die grosse Ähnlichkeit durch Benutzung
der gleichen Quelle erklären würde. Diese Frage drängt sich
beim Lesen der weiteren Schilderungen Ambrosis auf, so wenn
er z. B. von der Einnahme der Burg Vaduz folgendes schreibt:
« brannten mittlerweyl die feindlichen Kriegsknecht
den bey dem Eingang ins Schloss befindlichen runden Turm an».
Das ist bei Prugger nicht enthalten ! Rentmeister Ambrosi kann
meines Erachtens diese konkreten Aussagen nur einer ihm vor-
liegenden früheren Schilderung entnommen haben.
Hier eine auf unser Thema bezughabende Stelle aus dieser
ungedruckten Quelle:
86
«Die Schweitzer und Bündtner wegen vorangezogenem Ein- Landesbeschrei-
fahl mehrere erhitzt giengen mit Zuzug der Zürcher, Gla- (Tr^edrudct)83
risser, Appenzeller, Lucerner, Schwytz, Unterwaldner und
Zuger zusammen in die 7000 Mann auch über den Rhein
wieder die Kayserlichen der Litzi zu, worauf letztere 300
Schützen auf den Berg Lentzen-Gass, darzu 1500 Erz-Knap-
pen aus Tyrol, der stähline Hauffen genannt, neben den
Berg verlegten, um auf die Aydgenossen zu warthen, da-
hero alles in guter Ordnung, dass die Schweitzer schön
empfangen worden seyn würden, wann nicht ein Bauer,
mit Namen Ulrich Mariss von Schan, ob der Kirch allda
wohnhaft, ein hiesiger Unterthan, den 20-ten Apr i l 1499-
sten Jahrs, welcher war der Samstag vor St. Georgi Fest,
die Schweitzer verrätherischer Weis durch heimliche Weeg
über die Berg durch bemelte Alpp Gafadura ober dem
Dörfel Blanckhen geführt und die Kayserlichen Völckher
in der Feinden Hand geliefert hätte — ».
Das dreibändige Werk «Weizenegger-Merkle» über Vorarl-
berg, erschienen im Verlage der Wagner'schen Buchhandlung in
Innsbruck im Jahre 1839 bringt zu unserem Thema folgende
Ausführungen:
«Die Eidgenossen sahen nichts anderes voraus, als die Wie-
derholung gegenseitiger Einfälle, und brachten in 14 Tagen
bei Azmoos 7000 Mann zusammen, mit welchen sie den
Frieden aus den österreichischen Ländern holen wollten.
A m 11. Apr i l machten sie einen verstellten Angriff auf das
Schloss Gutenberg, in der Erwartung, das Lager in Frastanz
werde zum Entsätze aufbrechen, denn da lagen 15 000
Weizenegger-
Mann; 300 Büchsenschützen waren auf dem Nentzengast Merkie (i839)
vertheilt, und 1200 Bergknappen — der stählerne Haufe
genannt — streiften vor der Letze herum. Als die Schweizer
ihren Zweck nicht erreichten, bestimmten sie den 20. Apr i l
zum Angriffe des Lagers, und gaben dem Hauptmanne
Henni Wolleb von Ur i 2000 Mann, welche von Ulrich
Mariss, einem geldgierigen Bauern aus Schaan, ab der Kir-
che um bedungenen Lohn auf Bergpfaden, vermutlich durch
das Saminathal über Amerlügen, den Kaiserlichen in den
87
Rücken geführt wurden. Der Weg war an einigen Punkten
so schlimm, dass sich die Kriegsleute an den Spiessen über
die Felsen hinauf helfen mussten».
«Es fällt allerdings auf, dass ausser Prugger (S. 54) kein
Chronikenschreiber von dem Verrathe des Ulrich Mariss
eine Meldung macht. Eine bleibende Erinnerung erhält sich
zu Frastanz noch in unseren Zeiten, indem am dritten Tage
der Bittwoche bei der Feldersegnung ein Gebeth für Jene,
welche durch die Verrätherei dieses Mannes in der Schlacht
ihr Leben verloren, verrichtet wird. In den Kreis der Sagen
gehört, dass ein Hirtenknabe auf der Höhe die heranzie-
henden 2000 Schweizer bemerkt, und, um die Schützen und
Erzknappen aufmerksam zu machen, so lange mit aller
Kraft in sein Hirtenhorn geblasen habe, bis er athemlos
zur Erde gesunken sey. Dem Verräther habe man den be-
dungenen Lohn richtig ausbezahlt, aber auf dem Stege über
der III zwischen Frastanz und Gövis so viele Spiesse,
Büchsen und Rüstungen auf ihn gehäuft, dass er darunter
ersticken musste».
Es ist wohl selbstverständlich, dass Peter Kaiser unser erster
wirklicher Geschichtsschreiber in seiner «Geschichte des Fürsten-
tums Liechtenstein, nebst Schilderungen aus Chur-Rätiens Vor-
zeit» (Chur 1847) auch auf U l i Mariss zu reden kommt. Auf Seite
292 und 293 ist das nachfolgende zu lesen:
«Am 20. Apr i l vor Tag brachen die Eidgenossen auf in zwei
Schlachthaufen. Der grössere zog auf der Strasse nach Feld-
kirch vorwärts und gelangte oberhalb Gallmist auf die vor-
her beschriebene Ebene. Hier trennte sich Heinrich Wolleb
von Ur i von der Hauptmacht und zog mit 3000 Mann durch
den Wald hinauf bei Fällengatter, um die vordere Letzi zu
umgehen. Der kleinere Streithaufen trennte sich gleich
beim Aufbruch von der Hauptmacht und wandte sich nach
Planken, einem kleinen Bergdörflein, das zum Kirchspiel
Schaan gehört. Zum Führer hatte diese Abtheilung den
U l i Mariss, der ob der Kirche im genannten Dorfe wohnte.
Von Planken führte sie dieser durch die Alp Gaffadura
88
Peter Kaiser
(1847)
bis auf die Höhe des Berges, an dessen anderer Seite die
den Frastanzern zugehörige Alp Saroia liegt. Dieser Zug ist
bei den Leuten auf Planken noch in Erinnerung und sie
erzählen davon folgende Sage: «Uli Mariss ging, Erbsen
streuend, voran und die Schweizer dieser Spur folgend,
kamen auf die Höhe des Berges. Daselbst angekommen, ver-
langte U l i Mariss den versprochenen Lohn. Da sprach der
Hauptmann der Schweizer zu ihm: „Knie nieder, nimm den
Hut in die Hand und Du wirst ihn erhalten". Solches that
U l i Mariss : da schlug ihm der Hauptmann mit dem
Schwerte den Kopf vom Rumpfe, dass er in den Hut fiel.
So bekam der Verräther den Lohn». Aus der Alp Saroia
gelangten die Schweizer in die Voralp Amerlügen und von
den Höhen aus konnten sie das in der Tiefe liegende Thai
überschauen. Ein Hirte, der auf jenen Höhen das Vieh
weidete und die Schweizer erblickte, stiess alsobald, wie
die Sage meldet, mit solcher Macht in sein Horn, um den
Seinigen ein Zeichen zu geben, dass ihm die Adern spran-
gen und er todt nieder fiel.
Mittlerweile hatte Heinrich Wolleb seinen Zug ausgeführt;
er drang durch Dickicht und Stauden, wo nur Mann für
Mann sich durchwinden konnte. Die Hauptmacht der
Schweizer lag auf der Ebene, vor der Letzi, den Erfolg des
Kampfes oben am Berg abwartend. Heinrich Wolleb fand
tapferen Widerstand, die Tiroler-Bergknappen, die stählerne
Schaar genannt, und die Wallgauer wichen nicht. Da er-
litten die Schweizer grossen Verlust, ihre Ordnung wankte,
sie wandten sich schon zur Flucht, als zur rechten Zeit noch
die Schaar, welche U l i Mariss über das Gebirg geführt
hatte, und bei der sich viele gute Schützen befanden, von
der Höhe herabfiel, die Tiroler und Wallgauer im Rücken
fasste. Da sammelte Heinrich Wolleb seine Macht wieder,
drang vor und die Tiroler und Wallgauer, von allen Seiten
angegriffen, wurden nach tapferem Widerstande zersprengt,
rückwärts gegen den Tobel gedrängt oder liefen den Strei-
tern in die Hände, welche über das Gebirg gekommen
waren».
Zwei weitere Stelle-.! seien aus diesem Werke angeführt.
Auf Seite 295 schreibt Peter Kaiser:
«Die Berichte der Eidgenossen geben den Verlust der Bün-
dischen auf 3000 an, ihren eigenen auf 11 Todte und 60
«übel wund Geschlagene»; von dem Übergang über das
Gebirg und dem Verrath des U l i Mariss melden sie nichts».
«Gross war die Trauer durch ganz Wallgau: es war keine
Gemeinde, die nicht den Verlust wackerer Männer zu be-
klagen hatte. Das Andenken an diesen Tag wurde den
Nachkommen erhalten, indem bei dem jährlichen Umgang
in der Bittwoche für die Seelen der Gefallenen gebetet oder,
wie das gemeine Volk glaubte, der Fluch über U l i Mariss
gesprochen wurde, dessen Verrath so viel fromme Männer
in den Tod gebracht; auch ward eine Kapelle in der Nähe
der Wahlstatt erbaut».
Dr. F. J. Vonbun schrieb im Jahre 1858 ein Buch über die
Sagen Vorarlbergs (Innsbruck 1858). Auf Seite 98 beschreibt er
die Schlacht bei Frastanz unter ausdrücklicher Bezugnahme auf
die Pruggersche Chronik und Weizenegger-Merkle. Dr. Vonbuns
Darstellung lautet:
«Es war am 20. april des jahres 1499 als in Farstanz eine
hauptschlacht geschlagen wurde zwischen den schweizeri-
„. „ sehen eidgenossen und dem schwäbisch-kaiserlichen heere.
Die Sagen Vor- °
arlbergs von Letzteres war theils auf dem Lanzengast, einem Schenkel
)r. F . j .
v ° n ^J des Rojaberges, theils in der ebene zu Frastanz gelagert.
Die schweizerischen eidgenossen theilten ihr heer in zwei
abteilungen; während die eine von der Vaduzer Strasse aus
direkt gegen den feind vorrückte, die höhe am Lanzengast
eroberte und die dortige mannschaft, der stählerne häufen
genannt, aufs schwäbische hauptheer in der ebene zurück-
trieb, wurde die andere, aus zweitausend mann bestehende
abtheilung, von U l i Mariss, einem geldgierigen bauer aus
schän, um bedungenen lohn auf geheimen bergpfaden bis
auf Amerlügen in die linke ganz sicher geglaubte flanke
des feindes geführt, was den sieg der eidgenossen entschied.
— Nun erzählt die sage, dass ein hirtenknabe auf Amer-
90
lügen, als er die heranziehenden zweitausend Schweizer
bemerkte, um seinen landsleuten auf dem Lanzengast und
der Frastanzer ebene ein zeichen zu geben so lange mit
aller kraft in sein horn blies, bis er athemlos zur erde sank.
— Weiter berichtet sie: man habe dem Verräther den be-
dungenen lohn ausbezahlt, aber auf dem stege über die III
zwischen Frastanz und Gaevis so viele spiesse, büchsen
und rüstungen auf ihn gehäuft, dass er darunter ersticken
musste. — Auch die weiber von Gaevis sollen • an der
Schlacht männlichen antheil genommen und sich das jetzt
noch bestehende recht erworben haben, das rosenkranz-
gebeth in der kirche anfangen zu dürfen, was sonst über-
all von Männern geschieht».
Das Jahrbuch des hist. Vereins für das Fürstentum Liechten-
stein brachte im Jahre 1916 eine Sammlung der «Liechtensteini-
schen Volksbräuche und Volkssagen», zusammengetragen von
Dr. Albert Schädler. Unter der Überschrift: «Uli Mariss» kann
man dort auf Seite 115 lesen:
«Über die Alpe Gafadura nahmen die Eidgenossen am 20.
Apr i l 1499, im sogenannten Schwabenkrieg, ihren Weg nach
Frastanz. Hinter der Letzi bei Tisis trennte sich ein kleiner
Streithaufe und wandte sich nach Planken. Zum Führer Jahrbuch
hatte diese Abteilung den U l i Mariss, der ob der alten nun
abgebrochenen Pfarrkirche in Schaan wohnte. Von Planken
führte sie dieser durch die Alpe Gafadura bis auf die Höhe,
auf deren andern Seite die den Frastanzern gehörige Alpe
Saroya liegt.
Hierüber wird folgende Sage erzählt:
U l i Mariss ging, Erbsen streuend, voran, und die Schweizer
dieser Spur folgend, kamen auf die Höhe. Daselbst ange-
kommen, verlangte U l i Mariss den versprochenen Lohn.
Da sprach der Hauptmann der Schweizer zu ihm: «Knie
nieder, nimm den Hut in die Hand und du wirst ihn
empfangen». Dieses tat U l i Mariss und da schlug ihm der
Hauptmann den Kopf vom Rumpfe, dass er in den Hut fiel .
So bekam der Verräter seinen Lohn».
91
Nach dem 1. Weltkrieg hat Kan. Joh. Bapt. Büchel Peter
Kaisers Geschichte neu bearbeitet. Diese zweite, verbesserte
Auflage erschien im Selbstverlag des Hist. Vereins f. d. F. L. im
Jahre 1923. Joh. Bapt. Büchel hielt sich bei der Darstellung der
Schlacht bei Frastanz im grossen und ganzen an Peter Kaiser.
Während aber Kaiser noch schrieb: «Zum Führer hatte diese Ab-
teilung den U l i Mariss, der ob der Kirche im genannten Dorf
wohnte» sagt Büchel nur mehr: «Zum Führer soll die Abteilung
einen U l i Mariss gehabt haben, der in Schaan wohnte». Dieser
Satz ist die einzige Erwähnung von U l i Mariss in der von Joh.
Bapt. Büchel überarbeiteten Geschichte Liechtensteins. Es war
durchgehend die Art von Kan. Joh. Bapt. Büchel etwas unschöne
Episoden, soweit diese nicht als klare geschichtliche Tatsachen
anerkannt waren, abzuschwächen oder wenn es anging ganz
auszumerzen (Vergleiche u. a. Entstehung der Tobelhockersage).
Und nun zurück zu zwei Vorarlberger Quellen. Ludwig Saus-
gruber schrieb einen Aufsatz für das Vorarlberger Lesebuch
(Bregenz, Verlag Teutsch 1924) mit der Überschrift «Doppel-
schlacht bei Frastanz». U l i Mariss kommt darin an drei Stellen
Stellen wie folgt vor:
«Nach diesem Plan begann am 20. Apr i l 1499 die Doppel-
schlacht bei Frastanz. Wie die Sage erzählt, wies ein geld-
gieriger Bauer von Schaan, Ulr ich Mariss (Ulimariss) mit
Namen, den Eidgenossen den Weg über Planken und führte
sie aufs Hinterälpele. Die dort als Vorposten stehenden
300 Österreicher wurden nach der ersten Salve aus ihren
schweren Büchsen zusammengehauen. Dann drangen die
Schweizer aufs Vorderälpele, wo sie die Knappen über-
raschten und gegen die Letze in die Flucht trieben».
«Der Verräter U l i Mariss soll bei der Frastanzer Brücke so
mit Panzern und Waffen zugedeckt worden sein, dass er
erstickte. Nach anderer Darstellung wurde ihm schon auf
dem Hinterälpele, als er den Lohn für seine Verräterei
forderte, von Hauptmann Wolleb der Kopf abgeschlagen,
und zwar so, dass er in seinen von ihm selbst gehaltenen
Hut fiel».
Vorarlberger
Lesebuch (1924)
92
Heimatkunde v.
Vorarlberg (1949)
«Zum Andenken an die in der Schlacht gefallenen 46 tapfe-
ren Walser wird jedes Jahr am 20. Apr i l zu Sonntag im
Walsertal ein Gottesdienst gehalten. In Frastanz aber wird
zum ewigen Gedächtnis am Dienstag in der Kreuzwoche
beim Feldumgang der Name des Verräters Ulrich Mariss
verlesen».
Im Jahre 1949 gab Dr. Artur Schwarz (Verlag Eugen Russ,
Bregenz) eine Heimatkunde von Vorarlberg heraus. Im geschicht-
lichen Teil wird auch die Schlacht bei Frastanz kurz behandelt.
U l i Mariss tritt dabei nur nebenbei (Seite 292) im folgenden
Passus auf:
«Das Landvolk des Walgaues hat diesen Tag nicht verges-
sen, denn noch bis in die jüngste Zeit waren eine Reihe
von Sagen im Umlauf, die irgendeine Episode aus dem Ver-
zweiflungskampf zum Hintergrund hatten (u. a. Bertsch und
seine 7 Söhne, die Sage von Ulrich Mariss von Schaan, die
noch in Frastanz lebendig ist»).
Mit «Sagenumwobene Heimat» hat H . F. Walser seine Samm-
lung liechtensteinischer Sagen aus Berg und Tal betitelt, die im
Jahre 1948 in Buchform, mit guten Illustrationen versehen, he-
rausgegeben wurde (Alpenland-Verlag Schaan). Hans Walser gab
der alten Sage ein etwas farbigeres Gepräge und Prof. Franz
Renner, Wien, stellte den Tod des Verräters auf Gafadura dar.
Hier der Wortlaut und die Zeichnung Prof. Renners:
«Das Jahr 1499 war angebrochen. Es sollte kein Gutes wer-
den. Der Schwabenkrieg zog auch unsere Talschaft in Mit-
leidenschaft und das wechselvolle Schlachtenglück brachte
manchen Durchzug feindlicher Truppen. Und so lange die
Welt besteht, wird es immer Judas geben, die um schnöden
Lohn zum Verräter werden. Zu Kriegszeiten ganz besonders, sagenumwobene
Und solch ein Judas wohnte damals ob der alten Pfarr- Heimat (1948)
kirche in Schaan, von der heute nur noch der im romani-
schen Stil erbaute Turm steht.
Sein Name war U l i Mariss. Es war am 20. Apri l im Jahre
des Unheils 1499. Die Eidgenossen waren über den Rhein
gekommen, um über die Heerstrasse gegen Feldkirch zu
9.3
marschieren. In Schaan teilten sie sich; ein Zug Kriegs-
knechte wollte über Gafadura und den Royasattel nach
Frastanz, um den dort kampierenden Österreichern in den
Rücken zu fallen. Die des Weges unkundigen Eidgenossen
brauchten einen Führer, der sie des Nachts sicher über die
Höhe führte. In U l i Mariss fand der Hauptmann des Zuges
den Mann, der sich um versprochenen, hohen Lohn zu
dieser Verrätertat hergab.
Weisse Erbsen streuend machte sich U l i Mariss bei ein-
brechender Dunkelheit auf den Weg. In grösserem Abstand
folgten die eidgenössischen Kriegsknechte. Einer ging mit
lodernder Fackel voraus und leuchtete nach den gestreuten
Erbsen. Mühselig gings durch Busch und über Stein. Schon
kündete eine fahle Wolkenbank im Osten das Werden
eines neuen Tages, als die Schar auf der Sattelhöhe ankam.
Und nun bat U l i Mariss um den versprochenen Lohn. Da
sprach der Hauptmann: «Knie nieder, halte den Hut auf
und du wirst ihn empfangen». U l i Mariss kniete nieder,
hielt, das Haupt gesenkt, den Hut hin. Da zog der Haupt-
mann das Schwert, ein Schwirren in der Luft, und mit
einem Streich schlug er dem Verräter das Haupt vom Leibe,
dass es schwer in den Hut fiel. Dann stürzte der Körper
vornüber und ein rotes Rinnsal floss gegen das «Frastanzer
Sand». U l i Mariss hatte seinen verdienten Lohn erhalten.
Durch die Wolkenbank aber stiess im gleichen Augenblicke
eine blutrote Scheibe und ihre Strahlen durchdrangen den
Weltenraum, in dem nun eine Judasseele umherirrte».
Beim Zusammentragen der schriftlichen Erwähnungen des
U l i Mariss habe ich festgestellt, dass es kaum eine Darstellung
der Schlacht bei Frastanz gibt, in der nicht dieser unglückliche
Mann in irgendeiner Weise Erwähnung fände. Diese Feststellung
gilt für Liechtenstein und für Vorarlberg, nicht aber für die
Schweiz. Schon im Werke «Weizenegger-Merkle» wird vermerkt,
dass ausser Prugger kein Chronist diesen Verrat festhält. Auch
Peter Kaiser ist es aufgefallen, dass die eidgenössischen und
bündnerischen Geschichtsschreiber nichts von dieser Verräterei
melden. Es ist sicher, dass es besonders in vorarlbergischen Dar-
stellungen noch weitere schriftliche Erwähnungen dieses unseres
Landmannes gibt, aber ich glaubte von weiteren Erhebungen in
dieser Richtung absehen zu können, da kaum mehr wirklich
neues zum Vorschein käme.
Es fällt auf, dass Prugger nichts von der Todesart U l i Mariss be-
richtet. Die Version, U l i Mariss habe seinen Verrat durch Streuen
von weissen Erbsen begangen, kommt in keiner Publikation Vor-
arlbergs vor, ist also ganz auf Liechtenstein beschränkt. Merkle
und auch Kaiser unterscheiden in ihren Darstellungen ausdrück-
lich zwischen geschichtlichem Ereignis und dem Bereich der Sage.
Dem aufmerksamen Leser wird auch aufgefallen sein, dass die
Route über die Mariss die Eidgenossen in den Rücken der Kaiser-
lichen geführt hat in den einzelnen Darstellungen stark variiert.
Eine weitere Wertung der vorzitierten Textstellen möchte ich ge-
gen Schluss zusammen mit den anderen Erhebungen vornehmen.
In Schweizer
Chroniken Uli
Mariss nicht er-
wähnt
Abweichende
Darstellung
95
/ / / . Ulrich Mariss in der mündlichen Überlieferung
Abgeänderter
Rosenkranz
Gafadura
In meiner Heimatgemeinde Schaan konnte ich in meiner
Jugendzeit, in der das Erzählen alter Geschichten noch nicht
verdrängt war durch Radiomusik und Fernsehen, immer wieder
aus dem Munde alter Leute hören, dass in Frastanz bei der Bitt-
prozession zum ehemaligen Schlachtfeld das Rosenkranzgebtt
dahin abgeändert würde, in dem man dort sagte: «Verflucht und
vermaledeit sei U l i Mariss, von nun an bis in alle Ewigkeit».
Ein zuverlässiger Gewährsmann aus Mauren sagte mir, dass ge-
nau dasselbe auch in Mauren erzählt worden sei.
Sowohl in Planken als auch in Schaan blieb die Erinnerung
an den kaum fassbaren Verrat stets lebendig und oben am
Geisterspuk auf Grenzgrat von Gafadura musste der enthauptete Verräter nach
Meinung des Volkes als unsteter Geist umherwandeln und er-
schreckte dort hin und wieder nächtliche Wanderer. Heute ist
dieser Geisterglaube auch bei uns sozusagen untergegangen.
Der erbsenstreuende Verräter ist im Verlaufe der Jahrhun-
derte geradezu eine symbolische Figur geworden. Man sagt in
Schaan, wenn ein zu hütendes Geheimnis vorzeitig bekannt wird,
eine symbo- nicht, einer muss das Wort gebrochen und das Geheimnis ver-
lische Figur r a t e n h a D e r L nein man sagt in einem solchen oder ähnlichen
Falle mit Vorliebe: «es muss ein Erbsenstreuer dabei gewesen
sein».
Zwischen dem Plankner Alpzinken und dem Grenzgrat steht
uii Marisshütte auf Eschner Gerechtigkeit eine alte, heute dem Zerfall preis-
gegebene Holzerhütte, die ganz allgemein mit «Uli Marisshütte»
bezeichnet wird.
Es war naheliegend, dass ich mich im Zuge meiner Nach-
forschungen mit einigen präzisen Fragen an das kath. Pfarramt
in Frastanz wandte. Der dortige Pfarrherr Dr. Bohle, der sein
Pfarramt jetziges Amt seit 1940 innehat, schrieb mir u. a. folgendes: «Sie
Frastanz f r a g e n mich wegen des Gedenkens des sogenannten Verräters
Ulrich Mariss. Ich bin in Frastanz Pfarrer seit 1940. Mir ist
damals gesagt worden, dass seit jeher an der Stelle, wo das Kreuz
in den Einliser Feldern steht, bei der Prozession am Dienstag in
Erbsenstreuer
96
der Bittwoche 5 Vater Unser für die 1499 Gefallenen gebetet
worden seien. Ich verkünde jetzt immer: «Für die 1499 und für
die in beiden Weltkriegen Gefallenen 5 Vater Unser und das
Glaubensbekenntnis».
Von der Erwähnung bezw. Verfluchung des U l i Mariss bei
dieser Bittprozession hat er bis heute nie etwas in alten Kirchen-
büchern gelesen oder von alten Leuten gehört. Pfarrer Dr. Bohle
aber wird freundlicherweise diese Angelegenheit im Auge be-
halten und wenn er etwas wissenswertes erfährt, mir das melden.
Auch an das Vorarlberger Landesarchiv wandte ich mich in
dieser Sache. Von dort erwartete ich mit guten Gründen zuver-
lässige und weitergehende Antworten, da der Leiter des Landes-
archives, Oberarchivrat Dr. Meinrad Tiefenthaler und ein wei-
terer Beamter aus Frastanz stammen und dort auch ihre Jugend-
zeit verbracht haben. Dem diesbezüglichen Brief vom 6. Nov.
1962 entnehme ich folgende Stelle: «Wegen U l i Mariss habe ich vorarlberger
mich auch noch mit Herrn Dr. Tiefenthaler unterhalten, der Landesarchiv
meine Angaben bestätigt hat, wonach also seinerzeit in Frastanz
der Verräter ein geldgieriger Bauer aus Schaan gewesen sei, der
nach vollzogenem Verrat, anstatt eine Geldsumme entgegen-
nehmen zu dürfen, enthauptet wurde. Dr. Tiefenthaler weiss aus
der Überlieferung, wie ich Ihnen auch bereits sagte, dass seiner-
zeit bei der Bittprozession «Über die Felder» am Rain, das ist auf
dem Hang gegen das Frastanzer Ried, wo die Schlacht stattfand,
für die gefallenen Walserhelden gebetet und anschliessend der
Verräter verflucht wurde. Gegen Ende des 19. Jhs. soll dieser
Brauch abgekommen sein».
IV. Das Geschlecht der Mariss in Schaan
Nachdem wir nun die schriftlichen und die mündlichen Über-
lieferungen miteinander durchgegangen sind, wenden wir uns
wieder nach Schaan und wollen da an seinem Heimatort nach
diesem Manne forschen.
Im Legerbuoch vom Jahre 1584, das im Regierungsarchiv in
Vaduz aufbewahrt wird und Gegenstand eines längeren Auf-
satzes von Joseph Ospelt bildete, der im Jb. des hist. Vereins
97
vom Jahre 1930 veröffentlicht wurde, scheint in Schaan eine
Anne Maressin mit einem Steuervermögen in Höhe von 120 \\
und einem jährlichen Schnitz von 24 Kr. auf; weiter ist ein
ebenfalls in Schaan wohnhafter Clas Maress mit einem steuer-
baren Kapital in Höhe von 124 f l und einem Steuerbetrag in
Höhe von 25 Kr verzeichnet. Damit ist das Geschlecht der Mariss
oder, wie es in diesem alten Steuerregister heisst. «Maress» in
Schaan urkundlich verbürgt.
Maress ist nach Angaben von Herrn Fr. Melcher, ehem. Re-
daktor des räto-romanischen Idiotikons, ein romanischer Fami-
lienname. Fr. Melcher sagt hiezu: Mareß = rom. Maress = Ver-
kleinerung von Maria (siehe Hist. Jahrb. f. d. F. L. vom Jahre
1906, Seite 62 und 67).
Das Geschlecht der Mariss ist in unserer Gegend schon recht
Grosses urbar früh, nämlich durch das grosse Urbar des Domkapitels zu Chur
1 3 9 3 aus dem Jahre 1393 nachgewiesen. (Siehe 1. Teil, 1. Band des
liecht. Urkundenbuches, Seite 337).
Auch Peter Kaiser erwähnt auf Seite 395 seiner Geschichte
des F. L. die Mariss zu Schaan und zwar mit folgenden Worten:
«Unter der Herrschaft der Grafen von Sulz geschieht zuerst
Meldung von den Hexenprozessen in unserer Landschaft;
sie brachen seitdem nach gewissen Zwischenräumen immer
wieder aus. Vorzüglich waren es die Nachkommen der
Tragischer wegen Hexerei Hingerichteten, welche der öffentliche Ruf
Untergang des
Geschlechtes unerbittlich verfolgte, als ob das Übel ein erbliches wäre.
Das sonst angesehene Geschlecht der Düntel in Schan, so
wie das der Mariss wurde besonders hartnäckig verfolgt.
Beide Familien sind seitdem erloschen».
Prof. Otto Seger hat in den hist. Jahrbüchern der Jahre 1957
und 1959 zwei hochinteressante Arbeiten unter den Überschriften:
«Der letzte Akt im Drama des Hexenprozesses in der Grafschaft
Vaduz und Herrschaft Schellenberg» und «Aus der Zeit der
Hexenverfolgungen» veröffentlicht.
Auf Grund von neueren Urkundenfunden im Ausland konn-
te in das Dunkel der letzten Phase des Hexenwahnes in
unserem Lande einiges Licht gebracht werden. Al le in in der
98
Zeit von 1651 bis 1680 sind in unserem Lande mehr als 300
Personen als Hexen verurteilt und hingerichtet worden. In dem
Verzeichnis der Hingerichteten, das nicht veröffentlicht ist, f in-
den wir keine Mariss mehr. Die Feststellung Kaisers, die Mariss
wären durch die Hexenverfolgungen ausgerottet worden, ist aber
dadurch nicht etwa hinfällig. Das besagt nur, dass die Träger
dieses Namens schon den ersten Verfolgungswellen zum Opfer
fielen. Vielleicht waren sie vom Volke immer noch verfehmt und
deshalb diesen Verdächtigungen besonders ausgesetzt ? Peter
Kaiser, der sehr gewissenhafte Geschichtsforscher, hätte so etwas
nie so konkret gesagt, wenn er dafür nicht Belege gehabt hätte.
Er, Peter Kaiser, konnte vor mehr als 100 Jahren noch aus alten
Akten schöpfen, die uns leider nicht mehr zur Verfügung stehen.
Mit «Schaaner Geschlechter 1227 — 1950» ist eine sehr ver-
dienstvolle Arbeit des Pfarr-Resignat Fridolin Tschugmell be-
titelt, die im 1960er hist. Jahrbuch zur Veröffentlichung kam.
Zum ausgestorbenen Geschlecht der Maress schreibt Tschugmell
u. a.: «Anno 1499 lebte Ulrich Maress unseligen Angedenkens. —
U m 1600 verschwinden sie aus den Büchern».
Das Brandis'sche Urbarium von 1507, dessen Original im
Regierungsarchiv in Vaduz liegt und im hist. Jahrbuch 1906
durch Joh. Bapt. Büchel ausführlich behandelt wurde, bringt
unter dem Titel: «Lehengüter in Schaan» folgenden Passus:
«Hans Kammrer hat 8 stucki, die uolrich und peter die
maressen hond gehebt. Zins järlich 10 fiertel waissen».
In die heutige Schriftsprache übersetzt heisst das : Hans
Kammrer hat 8 Stück, die vor ihm Ulrich und Peter Mariss inne
hatten.
Das ganze
Geschlecht
verfehmt ?
Auch die Person
des Ulrich Ma-
riss ist urkund-
lich klar bewie-
sen
V. Schlussfolgerung
Der kurze, dürre Nebensatz im Urbarium aus dem Jahre 1507,
der auf die früheren Leheninhaber Ulrich und Peter Mariss hin-
weist, ist für unsere Untersuchung von grösster Bedeutung. Was
steckt hinter diesen wenigen, uns zufällig zugekommenen Wor-
ten ? Ulrich und Peter waren höchstwahrscheinlich Brüder, die
irgendwann gemeinsam von ihrem Vater die 8 Grundstücke als
Auch der Bruder
Peter bestraft?
99
Erblehen übernommen hatten. Nun, im Jahre 1507, also 8 Jahre
nach dem unseligen Schwabenkrieg hat ein anderer diese Lehen-
güter inne. Erblehen wurden einer Familie nicht so ohne weite-
res weggenommen. War Ulrich Mariss in diesem Zeitpunkt tat-
sächlich tot ? Und wurde auch Peter für die Tat seines Bruders
mit dem Entzug der Lehengüter bestraft ? Vieles, sehr vieles
spricht für diese Annahme !
Was mich bei dieser Untersuchung neben der eben besproche-
nen Erwähnung des Ulrich Mariss im Brandis'schen Urbar stark
beeindruckte, waren die Vorgänge bei den Bittprozessionen auf
der ehemaligen Walstatt bei Frastanz. Es besteht für mich kein
Grund mehr für einen ernsten Zweifel an der Richtigkeit der
Überlieferung, dass in f rüheren Jahrhunderten der Name U l i
Mariss bei den Kreuzgängen über das Schlachtfeld öffentlich er-
wähnt wurde. Der Chronist des benachbarten Feldkirch, Prugger.
hätte das nicht so konkret sagen dürfen, wenn es sich nicht so
verhalten hätte, denn diese Behauptung war ja von jedermann
leicht überprüfbar. Hätte er hier etwas Unwahres geschrieben,
so hätte man ihm das Unüberprüfbare kaum mehr geglaubt.
Wann dieser Brauch aufgelassen wurde, ist nicht so wichtig zu
wissen; es ist indessen anzunehmen, dass dessen Einführung bald
nach der blutigen Schlacht erfolgte, denn so etwas wird von
Leuten ausgedacht, die dabei waren und selber unter den Ereig-
nissen arg litten. Wäre der Sachverhalt nicht einigermassen klar
gewesen, hätte die Ortsgeistlichkeit derartiges nicht mitmachen
können. Auch ist anzunehmen, dass die Schaaner, die ja nicht
weit von Frastanz entfernt leben, von diesem sonderbaren Brauch
gehört haben und wenn die ganze Sache auf Verwechslung oder
Verleumdung aufgebaut gewesen wäre, hätten sie sich sicher
dagegen gewehrt, dass einer der ihrigen zu Unrecht so verun-
glimpft werde.
Die in der Überschrift gestellte Frage möchte ich abschlies-
send wie folgt beantworten:
Ulrich Mariss ist eine geschichtliche Persönlichkeit. Er hatte
uii Mariss half zur fraglichen Zeit in Schaan gelebt. Der Umstand, dass 8 Jahre
ien Eidgenossen n a c h d g r S c j - , i a c ] l t b e i p r a s t a n z ein anderer im Besitz seiner Le-
uber die Berge
hengüter war und dass er bei den Bittprozessionen in Franstanz
100
Jahr für Jahr als Verräter erwähnt wurde, zwingt uns die A n -
nahme auf, dass er den Eidgenossen und Bündtnern bei ihrem
Umgehungsmanöver über die Berge tatsächlich behilflich war.
War er aber ein Verräter ? War das Motiv seines Handelns
wirklich Habgier ? Wer wollte das heute beweisen ? Selber
hatte er es wohl nicht vor seinem Gang über Gafadura ausge-
plaudert. Und die Eidgenossen schweigen in ihren Schlacht-
berichten diesen Mann völlig tot. Kaum einmal hat sich ein
War e;
Sieger solcher Werkzeuge gerühmt; gleichgültig ob diese frei- verrat
will ig oder gezwungenermassen mitmachten. Ist U l i Mariss nicht Hat>su<
vielleicht von den Eidgenossen zu diesem Tun gezwungen wor-
den ? Wir wissen es nicht ! Mariss konnte nicht mehr befragt
werden, er konnte sich nicht mehr wehren. Wir müssen uns auch
vergegenwärtigen, dass bei uns in jenen Tagen die Verhältnisse
in jeder Hinsicht total verworren waren. Das ganze brandisische
Land von der Steig bis zur III war — mit Ausnahme der Feste
Gutenberg — in der Hand der Eidgenossen. Die Gebäude waren
grösstenteils verbrannt, der Hausrat und das Arbeitsgerät über
den Rhein verschleppt, die ganze Viehhabe von den Kriegern
geraubt und fortgetrieben. Der Landesherr war in der Gewalt
seiner Feinde und in die Innerschweiz verbracht. Unsere Vor-
fahren mussten schon am 12. Februar 1499 zu den Eidgenossen
schwören und zu den zwei Bünden, zum Grauen Bund und
Gotteshausbund. Im Dezember 1499 wurde Ludwig von Brandis
aus der Gefangenschaft entlassen und erhielt sein Land wieder.
Seine Untertanen wurden erst zu diesem Zeitpunkte der Eidge-
nossenschaft ledig gesagt, d. h. von dem ihnen aufgezwungenen
Schwüre entbunden.
Ich w i l l mit diesen Ausführungen nicht etwa spitzfindige
juristische Überlegungen anregen, sondern nur dartun, dass das
Motiv das zur Tat führte, sowie die Todesart dieses Unglücklichen
bei dieser Untersuchung ungeklärt geblieben sind und sie wer-
den es höchstwahrscheinlich für alle Zeiten bleiben. Das möge
uns davor hüten im Urteil all zu hart zu sein.
101
Georg Wilhelm Gressner
aus Messkirch
der Maler des Hochaltarblattes
in der Liebfrauenkapelle
zu Triesen
und das Schicksal seiner
Tochter Anna Katharina
von Ludwig Welti
Graf Franz Karl v. Hohenems 1676, 26 jährig.
Original in der hohenemsischen Ahnengalerie in Bistrau, Böhmen
Georg Wilhelm Gressner aus Messkirch der Maler des
Hochaltarblattes in der Liebfrauenkapelle zu Triesen
und das Schicksal seiner Tochter Anna Katharina
von Ludwig Welti
Als ich im 60. Jahrbuch die ansprechende, gut bebilderte Abhand-
lung von Otto Seger über die Altarbilder der Kapelle Unserer Lieben
Frau zu Triesen aufmerksam durchlas, fiel mir bei der überraschenden
Feststellung der Signatur des Künstlers «G. W. Gresner 1654» sofort
ein, dass mir dieser Name in den von mir exzerptierten Wiener Reichs-
hofratsakten schon einmal begegnet sein müsse, dass mir aber damals
kein Werk dieses mir auch sonst völlig unbekannten Barockmalers
geläufig gewesen sei.
Ich nahm diese Exzerpte1) alsbald wieder zur Hand und fand, dass
dieser bisher in der Kunstgeschichte als Konstanzer Meister bezeichnete
«fürneme Maller» Georg Wilhelm Gressner von Messkirch sich mit
seiner von Ochsenhausen gebürtigen Hauswirtin Anna Mayrin als
österreichischer Herrschaftsmann unter das Amt Altenburg in das Kel l -
hofgericht Weiler begeben habe, dahin Steuern bezahlt und alles gege-
ben und getan habe, was er seiner Herrschaft schuldig gewesen sei,
dass aber dieses Ehepaar am 7. Jul i 1678 bereits als verstorben ange-
führt werde'-).
An diesem Tage berichteten nämlich die Bregenzer Vogteibeamten
Franz Apronian Pappus, Diethelm Jelin und Franz Anton Klainbrodt
an die Regierung nach Innsbruck, dass Graf Franz Karl von Hohen-
ems die eheleibliche Tochter dieses Paares, Anna Katharina Gressnerin,
ein lediges Weibsbild, lange Zeit bei sich herumgezogen und mit vie-
len Versprechungen3) «hinderführet» haben solle, sie aber jetzt bereits
ein halbes Jahr lang auf seiner Festung in schwerer Gefangenschaft
halte. Ihre Schwester Maria Dominika habe sich darüber bei ihnen
106
wehmütig beklagt und habe sie um Hilfe angerufen, weil sie bei den
verzweifelten Verhältnissen nicht nur um ihre leibliches, sondern auch
um ihr geistliches Wohl besorgt sein müsse.
Maria Dominika hatte der Innsbrucker Regierung bereits in einem
eigenen Memorial die näheren Umstände und Gründe, die zur Verhaf-
tung ihrer Schwester geführt hatten, auseinandergesetzt.
Demnach hat der Graf seine einstige Geliebte nicht nur mit Schrei-
ben, sondern auch durch die Überredungskünste seines Kammerdieners,
vor allem durch das Versprechen, ihr 1000 Reichstaler auszahlen zu
wollen, dolose et fraudulenter von Chur nach Hohenems gelockt. Als
sie sich dann eines Tages im Schloss Hohenems anmeldete, wurde sie
ganz unverhofft verhaftet und von sechs Musketieren oder Untertanen
in das Gefängnis auf der Festung Altems eskortiert. Dort lag sie dann
in Eisen und Banden in Verwahrung, ohne das ihr der Graf zu ihrem
Seelentrost einen Gestlichen oder Religiösen zu Beicht und Kommunion
zugelassen hätte. Aus dieser unverhofften Tyrannei — folgerte M . Do-
minika — gehe hervor, dass ein neuer Diocletianus oder Maximinus
erstanden sei.
Als sie erfuhr, dass die o. ö. Regierung in bezug auf den Reichs-
grafen nichts zu judizieren habe, wandte sie sich an den Kaiser Leopold
nach Wien und bat ihn in einer Denkschrift um Liberation ihrer hoch-
bedrängten Schwester, dass sie nicht ganz verzweifle und an Leib und
Seel zugrunde gehe (ne animo despondeat et simul anima et corpore
pereat). Um ihrer Bitte um Delegierung des Innsbrucker Wesens zur
Schlichtung dieses Handels etwas mehr Nachdruck zu verleihen, deu-
tete sie an, ihre Schwester könnte nach erfolgter Freilassung durch
Schreiben des Grafen Franz Karl erweisen, wie schimpflich und spött-
lich derselbe dieses Wesen angegriffen und gescholten habe, woraus
unfehlbar Crimen laesae Majestatis ( Majestätsbeleidigung) erhelle.
Die geheimen Räte in Innsbruck unterstützten das Hilfegesuch
Maria Dominikas an den Kaiser am 26. Jul i 1678 mit dem Hinweis,
dass der Graf schon einmal ein Weibsbild ohne geistliche und welt-
liche Mittel (ohne Sakramente) habe absterben lassen4).
Kaiser Leopold beauftragte am 18. 8. 1678 den Bischof von Konstanz,
die wahre Beschaffenheit dieses Falles inquirieren zu lassen und be-
sagtes Weibsbild, falls es nichts Malefizisches verbrochen habe, auf
107
freien Fuss zu setzen. Andernfalls dürften ihr jedoch die Alimenta und
der geistliche Trost nicht entzogen werden.
Der Graf von Hohenems entliess jedoch seine gemarterte Geliebte
trotz des kaiserlichen Befehls und des bischöflichen Ansinnens nicht
sofort aus dem Arrest, sondern liess sie noch eine geraume Zeit mit
noch schärferen Bedrohungen als zuvor auf das elendeste stecken und
weiter verwahren. Erst als sich sein bis aufs Blut gequältes Opfer eher
dem Tode als dem zeitlichen Weltleben ergeben hatte, fand sich der
pathologische Sadist bemüssigt, es im Mai 1679 aus dem düsteren
Gefängnis zu entlassen.
Die Gressnerin büsste während dieser grausamen Prozedur ihre
ganze kleine Habschaft ein, stürzte sich aus lauter Zaghaftigkeit und
Kleinmütigkeit in ein Delirium und getraute s ;ch nach ihrer Befreiung,
da ihre Leibeskräfte durch Hunger und Kummer schwer abgenommen
hatten, keinen einzigen Kreuzer oder Pfennig mehr zu ihrem Lebens-
unterhalt zu verdienen. Sie beantragte deshalb einen ausreichenden
Schadenersatz und eine Art Invaliditätsrente und trat dafür ein, dass
auch diejenigen, welche ihretwegen unschuldiger Weise gelitten und
mit unbilligen Strafen belegt wurden, dieser Strafen enthoben werden
möchten.
Zu den Hauptgeschädigten in dieser hochnotpeinlichen Geschichte
gehörte der seit 1654 in gräflichen Diensten, zunächst als Lakai und
Weidmann gestandene Burgvogt Andreas Seewald oder Seywaldt aus
Müs bei Ha l l in Tirol, der Ahnherr der vorarlbergischen Seewald in
Hohenems, Dornbirn und Lustenau.
Obwohl er dem gräflichen Hause bereits in die 20 Jahre als Burg-
vogt auf der Festung Altems treu und redlich gedient hatte, liess ihn
Graf Franz Karl doch unter dem unbegründeten Argwohn, als ob er
der Anna Katharina Gresnerin wider obhabende Pflicht einige Korres-
pondenz «oder anders dergleichen» zugelassen habe, ohne alles Exami-
nieren und ohne Ursach ganz furios in das abscheulichste und ärgste
Gefängnis werfen, in einen ganz dunklen und ungesunden Ort, in den
weder ein Sonnen- noch ein Mondstrahl drang oder scheinen mochte,
wo ein Mensch auch nicht wohl noch recht liegen konnte.
In dem von ihm nach zehn Jahren an die fürstäbtlich kemptische
Kommission erstatteten Berichte gab er an, dass er wie der ärgste Übel-
täter in die sechs Wochen lang elendiglich ohne jedes Examen in die-
108
sem finsteren Loche habe liegen müssen: «dergestalt, dass, wenn nicht
Gott und fromme Leut, als welche meine Unschuldt erkendt und wohl
gewusst, mich nicht mit Speis und Trank jederweilen in etwas versehen
(hätten), ich (durch) des mehrgedachten Herrn Grafen Tyranney nit
allein mein Leben in dieser so hardten Gefangenschaft zeitlich aufge-
ben, sondern dadurch verursachter Leibsschwachheiten, Angst und
Betrübnis ohne Seelentrost und Erreichung hochheiliger Sacramenten
(hätte) zuegrundt gehn müessen. Was ich wegen so harter und niemals
verschuldter Gefangenschaft als ein alter embsischer Bedienter sambt
meinem armen Weib und Kinderlein vor Jammer, Ellendt und Schrek-
ken ausgestanden, auch unverdienten Spott und grossen Schaden er-
litten, ist Gott, dem höchsten Richter, bekandt».
Da der inzwischen nach Heerbrugg in die Schweiz geflohene Graf
ihm auch noch seine Besoldung hinterhalten, ihn dadurch in grossen
Ruin und Schaden gebracht und ihn bei der Gemeinde, in Stadt und
Land an seinem ehrlichen Namen verschreit gemacht hatte, bat See-
wald die kaiserliche Kommission, ihm zur Wiedererlangung seines
ehrlichen Namens und zum Ersatz seiner erlittenen Kosten und Schä-
den behilflich zu sein.
A m 23. September 1680 wurde dem gräflich hohenemsischen Unter-
tanen Michel Bosch, ehedem Lakai, nun Wirt und Händler in Hohen-
ems, der dort wegen seiner lustenauischen Mundart)'' gehänselt wurde,
auf Drängen der von ihm beleidigten Grässnerin auf dem Jahrmarkte
in Dornbirn sein Kram beschlagnahmt.
Da diese vermeinten Injurien und andere mitlaufende Motive bei
der kaiserlichen Kommission in Konstanz anhängig waren, verwahrten
sich die hohenemsischen Räte und Oberbeamten gegenüber den öster-
reichischen Vogteibeamten gegen eine von diesen geforderte Stellung
des Bosch nach Feldkirch und verwiesen sie mit ihren und der Gräss-
nerin Klagen nach Konstanz.
Diese scheint der kaiserlichen Kommission gewalttätig zuwider-
gehandelt, geschrieben und geredet zu haben. Auf ihr Betreiben dürfte
der Dornbirner Gerichtsammann Martin Hueber Michel Böschens Kram
beschlagnahmt haben, um ihr, der durch die lange grausame Gefangen-
schaft auf Altems so schwer Geschädigten, einen Schadenersatz zu-
kommen zu lassen.
109
Die hohenemischen Oberbeamten erwarteten von den Feldkircher
Kollegen die Aufhebung des Dornbirner Arrests, muteten ihnen zu,
keine weiteren Festhaltungen zu Gunsten der Grässnerin auf Kosten
der gräflichen Beamten, Bedienten und Untertanen in den ober- und
vorderösterreichischen Territorien zu dulden, und verwiesen sie mit
den gegen Bosch geführten Klagen an die dafür zuständige Kommission
nach Konstanz.
Anna Katharina Gressnerin, der Herzog Karl von Lothringen als
kaiserlicher Statthalter in Innsbruck am 7. 10. 1681 in Berücksichtigung
ihres grossen Notstandes und ihrer in der Gefangenschaft ausgestan-
denen Drangsale ihre Forderung von 900 f l . an den Grafen Franz Karl
anerkannt und sie auf die im österreichischen gelegenen emsischen
Effekten angewiesen hatte, starb laut Bregenzer Rosenkranzbruder-
schaftsbuch am 1. Jul i 1695 am Bäumle in Lochau, wo sie wohl bei
der Familie des Landmilizhauptmanns Andreas Mathis (f 1687) eine
Unterkunft gefunden haben wird, dessen Nachkommen mit dem Prä-
dikat «von Bäumle» geadelt wurden").
A N M E R K U N G E N
') Denegata antiquiora, Karton 95, fol. 1 — 34, H. H. u. Staatsarchiv, Wien.
2) Auf der figurenreichen Darstellung der Seeschlacht bei Lepanto in St. Maria
im Calancatal von 1649 bezeichnet sich der Maler als Constantiensis Curiae
habitans, also als einen in Chur wohnenden Konstanzer. Diese Angabe kann
sich aber nur auf seine Herkunft aus dem Bistum Konstanz beziehen, denn
im Trauungsbuch von Weiler im Allgäu wird er unter dem 21. September
1659 bei seiner zweiten Eheschliessung mit Anna Mauchin von Heimenkirch
ebenfalls ausdrücklich als Maler von Messkirch bezeugt. Er starb, erst 49
Jahre alt, am 10. November 1672 in Weiler, wo er seit seiner Wiederver-
heiratung sein festes Domizil aufgeschlagen haben muss. Das beweist auch
die Reihe der im dortigen Taufbuch eingetragenen Kinder zweiter Ehe, eines
Georg Jakob (geb. 3. 8. 1660, eines Franz Anton (geb. 24. 9. 1661 und
1. 2. 1665), einer Anna Maria (geb. 19. 10. 1663) und eines Franz Wilhelm
(geb. 13. 7. 1670), wobei der altenburgische Ammann Hans Georg Baum-
gartner und eine Ursula Ressin aus Weiler, bei der letzen Taufe 1670
sogar die Lindauer Stiftsdame Maria Cleophe von Bernhausen als Tauf-
110
paten fungierten. Der älteste Sohn Georg Jakob wurde ebenfalls Maler. Er
war 1696 laut «Die Kunstdenkmäler des ehemaligen Kreises Wangen» 1954,
S. 121, mit der Fassung von Altären in Eisenharz betraut. Seit 31. 10. 1683
in Bremenried bei Weiler i. A. mit Martha Fehrin verheiratet, wurde er dort
Vater folgender, im Taufbuche zu Weiler eingetragener Kinder: Donatus
Wilhelm (23. 8. 1684), Silvester Anton (31. 12. 1685), Maria Maxima (16. 5.
1687), Maria Regina (27. 2. 1689), Magdalena (22. 4. 1691) und Franz Joseph
(22. 11. 1698).
3) Sie bekam von ihm u. a. ein Medaillon und eine Diana von Filigran im
Werte von etwa 50 fl. Die Vaduzer Vettern warfen dem Grafen Franz Karl
später vor, er habe von dem Fideikommissgut viel verschenkt und auf ver-
schiedene Weise veralieniert, welches die Fr. Kressnerin wohl genossen
habe, und der Vergleich mit dem nach dem Tode seines Vaters aufgenom-
menen Inventar zu erkennen geben werde.
4) Pfarrer Karl Johann Gehrers Mutter, die 1677 mit ihrer Tochter und einigen
anderen Weibern als Hexe verdächtigt, gefangengenommen und gefoltert
worden war. Drei davon wurden dann auch tatsächlich verbrannt, die
Schetter, die Pämpin und Barbara Wetzlin. Vgl. L. Welti, Die Schetter,
Vorarlberger Volkskalender 1951, S. 87.
5) Vgl. dazu meinen demnächst auch im 1. Bande des Lustenauer Heimat-
buches erscheinenden Beitrag «Zank, Streit und Feme im Freien Reichshof
Lustenau» zu «100 Jahre Gesangverein Konkordia Lustenau», Festschrift
zum Vorarlberger Landessängertag, 10 — 12. August 1956, S. 34, mit dem
Reiterbildnis des Grafen Franz Karl von Hohenems, das erstmals in meiner
Geschichte der Reichsgrafschaft Hohenems und des Reichshofes Lustenau.
Tafel 28, veröffentlicht wurde.
Dr. Eugen Gabriel hat dieses Lustenauer Mundartzeugnis von 1675 laut
Autorenreferat über seine demnächst in der Reihe der Deutschen Dialekt-
geographie (DDG) in Marburg (L) erscheinende Wiener Dissertation (1959)
«Akzent und Vokalismus der Mundarten von Dornbirn, Lustenau und Ho-
henems» im Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins 1961, S. 189
sprachgeschichtlich gewürdigt.
6) Aus dieser Sippe stammte auch der Rankweiler Landrichter Peter Mathis
von Rosenfeld (1712- 1748). Vgl. Die kaiserlichen Freilandrichter von Rank-
weil und deren Familien, in eben diesem Jahrbuch, S. 84 f.
Anschrift des Verfassers: Dr. Ludwig Welti, Landesoberarchivrat, Bregenz
Im Rosshimmel 18
111
Notizen
aus dem Totenbuch
der Pfarrei Bendern
1735 -1814
gesammelt von Fr. Tschugmell, Resignat
Notizen aus dem Totenbuch
der Pfarrei Bendern 1735 — 1814
gesammelt von Fr. Tschugmell, Resignat
Bei meiner Familienforschung in den Pfarreien des Landes habe
ich alle Tauf-, Ehe-, Firm- und Totenbücher durchgearbeitet und fand
da und dort interessante Zufügungen zu den Eintragungen in diesen
alten Büchern. Besonders aber im alten Totenbuch zu Bendern sind
soviele Bemerkungen zugefügt, dass es mir wert schien selbe alle
herauszuschreiben und zusammenzustellen in eine Liste. Die Pfarrer
dort, die diese Pfarrei verwalteten durch viele Jahre, beherrschten die
lateinische Sprache recht gut und immer wieder fanden sie neue
Wendungen um das Sterben, den Tod und das Begräbnis in verschie-
dener Weise zu notieren in dem Totenbuch und zudem fügten sie sehr
oft in kurzen, trefflichen Worten Umstände des Todes, ja sogar des
Vorlebens des Verstorbenen hinzu. Zweierlei besonders f iel mir auf:
einmal wie sie die verstorbenen Kleinkinder ins Totenbuch eintrugen
und dann aber auch bei den Erwachsenen manchmal sehr lobenswerte
Zufügungen machten, aber auch bisweilen recht tadelnde Worte fan-
den, je nachdem das Vorleben des Verstorbenen war.
Man kann nun sicherlich geteilter Meinung sein betreff dieser Zu-
fügungen im Totenbuch und sagen: es passe nicht gut und sei ver-
werflich ehrenrührige Dinge zu erwähnen beim Tod der Pfarrkinder,
jedoch für mich als Forscher waren diese Notizen interessant und
interessant auch die verschiedenste Art und Weise, mit der diese
Pfarrer das Sterben immer wieder mit anderen Worten und Wendun-
gen ausdrückten. Dann betreff der Eintragungen beim Tode der Klein-
kinder ist es wirklich bemerkenswert, wie sie mit ihren tröstlichen
Beifügungen dem frommen Volksglauben entgegen kamen. Für den
oder jenen Leser noch diese Anmerkung: in den späteren Totenbüchern
landauf und -ab sind solche Notizen sehr selten und in den um 1870
begonnenen sogenannten Civilstands-Büchern fehlen zumeist zuge-
fügte Bemerkungen dieser Art gänzlich.
115
Ohne irgendwie diese Sammlung zu ordnen nach dem oder jenen
Gesichtspunkt setze ich alle diese Notizen aus dem Totenbuch der
Reihe nach her, wie ich selbe bei meiner Durcharbeit eben gefunden
und fortlaufend mir aufgeschrieben habe. Es möge dem Leser belassen
sein: mehr das Latein der Schreiber zu beachten oder mehr zu schauen
auf den Inhalt der Notizen, die oft in prägnanter Kürze vielsagende
Worte enthalten. Die Übersetzung in die deutsche Sprache ist zuweilen
nicht wortwörtlich um eben das Lesen und Verstehen zu erleichtern.
Wer besser die lateinische Sprache gelernt als ich, mag sich selbst
da und dort bessere Übersetzungen machen.
1 ad societatem angelorum assumptus est infans puerulus
in die Gemeinschaft der Engel ist aufgenommen worden das
Knäblein N. N .
2 det ei Domine requiem aeternam
der Herr gebe ihm (ihr) die ewige Ruhe
3 tumulatus (-a) est: N . N .
begraben wurde N. N.
4 gemellae mortuae: triumphant angeli, gratulor angelis
gestorben sind die Zwillinge N. N. — als Engel triumphieren sie —
ich gratuliere den Engeln
5 laetetur cum angelis infans n. n.
es freut sich mit den Engeln das Kind N. N.
6 donet ei Dominus pacem
gebe ihm (ihr) der Herr den Frieden
7 sacrae terrae traditus (-ta) est
der geweihten Erde übergeben wurde N. N.
8 depositus (-ta) est
begraben wurde N. N.
9 ex hac vita discessit
aus diesem Leben ist abgeschieden N. N.
10 vivere desiit
es hörte auf zu leben N. N.
116
11 animam Deo ac Domino suo rediit
seine Seele gab Gott dem Herrn zurück N. N.
12 ultimum clausit diem
es endete seinen letzten Tag N. N.
13 morti occubuit (succubuit)
dem Tod verfiel N. N.
14 suffocatus (-ta) est aquis Rheni
im Rhein ertrunken ist N. N.
15 in coemeterio tumulatus (-ta) est
im Friedhof wurde begraben N. N.
16 ad astra evolavit infans
zu den Sternen entflohen ist das Kind N. N.
17 viam omnis carnis ingressa (-sus) est
den Weg alles Feisches ist gegangen N. N.
18 angelicis choris insertus est puerulus
den englischen Chören zugeteilt wurde das Knäblein N . N.
19 castra secutus triumphat cum Duce suo Christo miles
im Militärdienst gestorben triumphiert nun mit Christus seinem
Heerführer der Soldat N. N.
20 vitam optimo fine claudit
mit einem sehr guten Ende schloss sein Leben N. N.
21 dies vitae clausit
die Tage seines Lebens schloss N. N.
22 ad sedes coelestes invitatus (-ta) est
zu den himmlischen Sitzen ist eingeladen worden N. N.
23 in utero matris baptizatus coeli glorium ante mundi vanitatem
aspexit infans
Im Schoss der Mutter getauft, erblickte des Himmels Herrlichkeit
bevor der "Welt Vergänglichkeit das unschuldige Kind N. N.
24 vivat in saecula
es mögest du leben in Ewigkeit
117
25 nummero sanctorum connummeratus (-ta) est infans
der Zahl der Heiligen zugezählt wurde das Kind N. N.
26 angelorum coetui aggregati sunt infantes
den Chören der Engel beigesellt wurden die Kinder N. N.
27 Coelesti consortio connumerati sunt infantes
den himmlischen Heerscharen zugezählt wurden die Kinder N. N.
28 laetetur in coelis
es freut sich im Himmel N. N .
29 e mortali ad immortalem vitam auffugit
vom sterblichen Leben zum unsterblichen entfloh N. N.
30 abiit ad coelestia gaudia
in die himmlischen Freuden eingegangen N. N.
31 mortuus est (-tua) infans n. n. oret pro me
gestorben ist das Kind N. N. es bitte für mich
32 vivat in coelis
es lebe im Himmel N. N.
33 pie (piissime) obiit
fromm (im Herrn) entschlafen ist N. N.
34 requiescat in pace (Abkürzung: R. I. P.)
ruhe in Frieden
35 mortalem cum immortalem mutavit vitam
das sterbliche Leben mit dem unsterblichen vertauschte N. N.
36 mortuus (mortua) est
gestorben ist N. N .
37 obdormivit in Domino
im Herr entschlafen ist N. N.
38 viam aeternatis aggressus est optime munitus
den Weg in die Ewigkeit hat angetreten wohlversehen N. N.
39 ad supremos sedes avolavit innocens infans
zu den höchsten Thronen aufgeflogen ist das unschuldige Kind N.N.
118
40 piam animam Creatori ac Salvatori reddidit
seine fromme Seele gab dem Schöpfer und Erlöser zurück N. hl.
41 terram sumpsit
zur Erde zurück kehrte hl. N. (ins Grab stieg N. N.)
42 repente obiit (periit)
plötzlich gestorben (verunglückte) hl. hl.
43 apoplexia tactus (-ta) est
vom Schlag getroffen wurde N. N.
44 placidissime in Domino obdormivit
friedlich im Herrn entschlafen ist hl. N.
45 terrae mandatus (-ta) est
der Erde übergeben wurde N. N.
46 vivit jam in gloria
bereits in der Glorie lebt hl. N.
47 angelico choro adjuncta est f i l iola
dem Engelchor zugeteilt wurde das Töchterchen hl. hl.
48 pie in Domino obiit Anna puerpura cum infantulo suo, visitant
invicem in vita aeterna
selig im Herrn entschlief Anna während der Geburt ihres Kindes
mitsambt demselben; sie besuchen sich nun im ewigen Leben
49 obiit, cui precor aeternam felicitatem
hl. hl. starb und ich wünsche ihm die ewige Glückseligkeit
50 ad aeterna gaudia assumptus est uti pie speramus
zu den ewigen Freuden ist aufgenommen worden, wie wir in
frommer Weise hoffen: hl. N.
51 ad gaudia aeterna angelorum ingressus est
zu den ewigen Freuden der Engel ist eingegangen hl. N.
52 angelis associatus est filiolus innocens
den Engeln zugesellt wurde das unschuldige Knäblein hl. hl.
53 defunctus (-ta) et angelis sociatus est
gestorben und den Englein beigesellt wurde hl. hl.
119
54 omnibus sacramentis rite munitus (-ta) obiit
mit allen Sakramenten wohlversehen ist entschlafen N. N.
55 sine luce et cruce ex incuria suorum defuncta
ohne Licht und Kreuz aus Nachlässigkeit der Angehörigen ist
gestorben N. N.
56 mutabilem vitam relinquens immutabilem aggressus est
das veränderliche Leben hat verlassen und fing ein unveränder-
liches Leben an N. N.
57 optime provisus ante Judicem nunc stat judex n. n. homo bene
moderatus
wohlversehen stellt nun vor dem ewigen Richter der ehrbare Orts-
Richter N . N.
58 sicut vita, mors est ita — propitius sit ei judex aeternus
wie gelebt so gestorben, der ewige Richter sei ihm gnädig
59 pascit inter lilias virgo vere laudabilis
unter Lilien weidet die wahrhaft lobenswürdige Jungfrau N. N.
60 matrem mortuam secutus est eius infans
der verstorbenen Mutler folgte das Kind N . N .
61 Judex, loquax, jacet, tacet
Richter war er, ein Schwätzer, da liegt er, jetzt schweigt er N . N .
62 miserrime periit in undis Rheni n. n. juvenis alias bene moderatus
elendiglich im Rhein ertrunken ist der ehrbare Jüngling N. N.
63 optime provisus animam Deo reddidit egregius vir
wohlversehen gab seine Seele Gott zurück der ehrbare Mann N. N .
64 uxorem suam secutus est post tres dies honestus vir
seinem Weibe folgte nach drei Tagen der ehrbare Mann N. N.
65 miserrime obiit peste
elendiglich an der Pest gestorben N. N.
66 fratrem suum secutus est gemellus infans
seinem Bruder folgte das Zwillingsbrüderchen N. N.
120
67 gemellae mortuae
gestorben sind die Zwillingsschwesterchen N. N.
68 spernabilen vitam linquens aeternitatem aggressus est
die verachtungswürdige Welt verlassend trat in die Ewigkeil
ein N. N.
69 gemelli motui orent pro me
gestorben sind die Zwillinge N. N . bittet für mich
70 juvenis mortuus juventutem aeternam invenit
es starb der Jüngling N. N. und fand ewige Jugend
71 matrem secuta est puella pia post dies octo
seiner Mutter folgte das fromme Mädchen nach acht Tagen
72 saltando a morte rapta et sepulta N . N . nec virgo nec mulier
beim Tanz vom Tode gepackt wurde begraben N. N., sie war
weder Frau noch Jungfrau
73 in osculo pacis pie obiit honestus juvenis
mit dem Friedenskuss fromm im Herrn entschlafen ist der Jüng-
ling N . N .
74 in silva saxo ictus repente obiit assistente fratre juvenis
im Walde von einem Stein getroffen starb plötzlich N. N. sein
Bruder war bei ihm
75 inventus in Rheno flumine et eodem die sepultus est jam foeditus
ignotus vir
im Rhein gefunden wurde und bereits in Verwesung übergegan-
gen ein unbekannter Mann und am gleichen Tage auch begraben
76 sex infantes relinquens orphanos obiit pia mater
sechs Waislein zurücklassend starb die fromme Mutter N. N.
77 in amentia auffugit et inventa est mortua in silva pia alias mulier
in plötzlichem Wahnsinn entlief die sonst brave Frau und wurde
im Wald tot gefunden
78 N . N . miles in castris in Belgia obiit
N. N. Soldat, starb im Lager in Belgien
121
79 laeta obiit vere pia virgo N . N . laententur angeli
freudig starb die wahrhaft fromme Jungfrau N. N. es freuen sich
die Engel
80 suffocatus infans obiit
erstickt ist das Kind N. N.
81 lacrimabili morti occupuit nocte ex Nofels redux vir
einen beweinenswerten Tod fand des Nachts auf dem Heimweg
von Nofels der Mann N. N.
82 in Bachachanalibus redientes ex urbe, bibuli ambo, in paludine
submersi, terrae mandavi patrem et f i l ium, propitius sit Deus
animabus eorum
an der Fasnacht auf dem Heimweg aus der Stadt zwei Lumpen,
ertrunken im Ried, begraben beide: Vater und Sohn. Gott sei
ihrer Seele gnädig
83 in silva ligno tactus obiit vir
im Wald von einem Holz erschlagen wurde der Mann N. N.
Nachsatz: Eine grosse Sammlung aus dem alten und neueren
Totenbuch von Bendern hat seinerzeit zusammengestellt und ver-
öffentlicht J. B. Büchel im Jahrbuch 1923, «Geschichte der Pfarrei
Bendern». Er jedoch suchte jene Todesfälle heraus mit zugefügten
Bemerkungen, die ihm passten für seine geschichtlichen Forschungen
und es ergänzen nun beide Sammlungen einander.
Siehe auch Jahrbuch 1926, «Geschichte der Pfarrei Eschen», Seite
99 f. Notizen aus den Pfarrbüchern. Detto Jahrbuch 1927, «Geschichte
der Pfarrei Schaan», Seite 68 f. «Bemerkenswerte Notizen aus den
Pfarrbüchern», beide von demselben J. B. Büchel zusammengestellt.
Detto Jahrbuch 1918, «Die Pfarrbücher Liechtensteins» I. Balzers,
Seite 65 f. — weiter II. Folge d. i . «Trisen», Seite 37 in Jahrbuch 1920.
von A. Feger. Dann Dr. M . Risch: Todesursachen-Statistik 1831-1930
aus den Totenbüchern Trisen, in Jahrbuch 36, Seite 49 ff.
122
Fenkera
und beim Igraben
zwei Schaaner
Flurnamen
von Alexander Frick
Fenkera und Igraben - zwei Schaaner Flurnamen
von Alexander Frick
Normalerweise wird von Flurnamenforschern einfach das Resultat
einer mitunter recht komplizierten und langwierigen Untersuchung
bekanntgegeben. Ich möchte im folgenden anhand von zwei, den heu-
tigen Menschen nichts mehr sagenden Flurnamen dartun, wie ver-
schieden die Problemstellung von Fall zu Fall ist, wie etwa Lösungs-
versuche als vergeblich aufgegeben werden müssen und wie schluss-
endlich doch eine überzeugende Antwort gefunden werden kann. Die
Flur- und Ortsnamenforschung hat in unserer Region in früheren
Jahrzehnten infolge teilweise geradezu widersprechender Deutung
durch verschiedene Forscher etwas an Kredit verloren. Es sei hier in
diesem Zusammenhang an die diesbezüglichen scharfen Auseinander-
setzungen zwischen zwei bedeutenden Männern in der Nachbarschaft
erinnert. Der Hauptfehler lag m. E. im Umstand, dass man mitunter
allzu rasch mit einer Erklärung aus dem keltischen oder romanischen
Wörterbuch zur Hand war. Vielleicht sind die nachfolgenden Zeilen
dazu angetan, nebenbei auch das etwas angeschlagene Ansehen dieser
interessanten und wichtigen Sparte unserer Vereinsaufgabe ein wenig
zu heben.
I. F E N K E R A
Weit draussen im topfebenen Schaanerfeld, umgeben von den fast
ausschliesslich deutschnamigen Fluren Heid, Bofelgätterle, Mähder,
Unterau und Schafwinkel, liegt ein nicht allzu grosser Wiesenkomplex
mit dem nicht alltäglich klingenden Namen «Fenkera». Ich w i l l aber
gleich hinzufügen, dass man ebensoviel «Fenken» und auch «Fenkere»
hören kann. Mit Fenkera aber ist nun einmal diese Flur im Über-
sichtsplan 1 : 10 000 (Blatt Schaan) eingetragen. In der Flurnamen-
sammlung von Josef Ospelt (1911) ist die Aussprache dieser Bezeich-
nung mit «uf dr Fenkera» angegeben. Ich w i l l mich an diese offizielle
Schreibweise halten.
125
Was bedeutet nun dieser Name ? Welcher Sprache entstammt er ?
Im Jahre 1911 reichte cand. phil. Eugen Nipp, der spätere Studien-
rat Prof. Dr. Nipp bei der Universität Wien seine Dissertation über
«Die romanischen Orts- und Flurnamen des Fürstentums Liechtenstein»
ein. Eine Photokopie des von Prof. Mayer-Lübke angenommenen
Manuskriptes liegt in der Landesbibliothek in Vaduz. Unsere Fenkere,
so hatte es Eugen Nipp gehört, ist zwar im Register der Orts- und Flur-
namen, das dieser Doktorarbeit beigeheftet ist, enthalten, aber der
Doktorand Nipp hat diese Bezeichnung nicht weiter bearbeitet. Auf
Seite 8 macht er diesbezüglich folgende aufschlussgebende Bemerkung:
«Deutsche Wörter, die jetzt nicht mehr als Appelative in Verwendung
stehen, vom Volke also auch nicht mehr verstanden werden, finden
sich besonders im unteren Liechtenstein, wo die romanischen Namen
recht spärlich auftreten. U m möglichste Vollständigkeit zu bieten,
werden auch diese Namen ins Verzeichnis aufgenommen, da sich
der eine oder andere doch einst als romanisch entpuppen könnte».
Eugen Nipp konnte sich also vor mehr als 50 Jahren nicht klar
entscheiden ob Fenkere ein germanisches oder romanisches Wort sei.
Da die in- und ausländischen Forscher sich f rüher fast ganz auf
die Erklärung unserer romanischen und keltischen Orts- und Flur-
bezeichnungen konzentrierten, ist meines Wissens noch kein ernst-
hafter Versuch unternommen worden unser Wort Fenkera zu deuten,
wenigstens habe ich in unserem Schrifttum bis heute nichts finden
können.
Schon in jungen Jahren las ich mit grossem Interesse die vielen
Geschichten über die Montafoner «Fengga». Dr. F. J. Vonbun schreibt
über die «Fengga» in seinem im Jahre 1858 veröffentlichten Werke
«Die Sagen Vorarlbergs» u. a. folgendes: «Vor alten Zeiten hausten
im Montavon die Fengga, das waren wilde leute, am ganzen körper
mit struppigen haaren bedeckt, so dass nur an den wangen die fleisch-
farbe kümmerlich durchschimmerte; sie wohnten in töblern (daher
«Fengga-töbler»), wäldern und auch in höhlen u. s. f.». Unwillkürlich
brachte ich damals schon diese «Fengga» und unser «Fenkera» in eine
lose gedankliche Verbindung. Mit Zähigkeit und kritischer Einstellung
verfolgte ich dann später diese Spur. Auch bei uns ist das sagenhafte
Volk der «Wilden Leute» nicht unbekannt. Wir haben eine Reihe von
Sagen, die vom Wirken dieser dienstbaren, vor allem im Malbuntal
126
beheimateten Zwergengeschlechter berichten. Über das Verschwinden
der Wildmännlein oder «Wildmannli», wie sie in der Triesenberger-
mundart heissen, wird erzählt, dass ein solches Wildmannli vor langer
Zeit einem Hirten, der auf der Sareiser Höhe gestanden habe, zuge-
rufen hätte: «Das Bitzi und das Batzi sind gestorben, auch ich w i l l
mich zur Ruhe begeben». Bitzi und Batzi waren die Geschlechter
unserer Wildmannli . Seit jenem Tage ist nie mehr ein Vertreter unserer
wilden Leute gesehen worden. Es gelang mir indessen trotz eifrigem
Forschen nicht, irgendwie einen Beweis zu erhalten, dass die Wi ld-
mannli auch bei uns einmal mit «Fengga» bezeichnet worden wären.
Von Fengga erzählen nur die Bewohner des Montavon und des Kloster-
tales, sowie des Patznaun und des Prätigaus. Sprecher von Bernegg
schreibt von «Fänk» und Mehrzahl «Fänka». (Gilt fürs Prätigau). Also
führte die Fährte ins Mythologische zu keiner Lösung. Ich gab das
weitere Suchen in dieser Richtung auf.
Zufällig kam mir letzthin ein Bruchstück eines alten Küchen-
Rezeptbuches in die Hände und beim Lesen stiess ich auf das Wort
«Fenk». Das war das Stichwort, das ich sofort aufnahm und mich auch
zum Ziele führte. Die Literatur half mir nun rasch und fast mühelos
weiter:
1. Das «Etymologische Wörterbuch der Familiennamen» (Prof. Josef
Karlmann Brechenmacher) behandelt auf Seite 450 den Familien-
namen Fencher und sagt hiezu wörtlich:
«Fench(er) ist der Hirsebauer (Fennich <^ lat. panicum = Hirse,
Heidekorn»).
Auch Fenkenesser, ebenfalls ein Deutscher Familienname, wird an
derselben Stelle auf Fenk = Hirse zurückgeführt.
2. K l u g e , Etymologisches Wörterbuch bringt über Hirse u. a. fol-
gendes : «Von den beiden angebauten Hirsearten ist die Rispen-
hirse (Panicum miliaccum L) bei uns altheimisch und heisst adh.
hirso, hirsi; mhd. hirs. Die Kolbenhirse (Panicum italicum) wird
zur Römerzeit bei uns bekannt. Aus lateinisch panicum entsteht
asächs. penik, ahd. phenisch, fenich, das im alem. Fennich fortlebt').
«Im ganzen», so führt Kluge weiter aus, «hat sich dann Hirse für
beide Arten durchgesetzt».
127
3. In Trübners «Deutsches Wörterbuch» findet sich zu unserm Thema
auf Seite 448 folgende Stelle: «In Europa werden seit der Eiszeit
zwei Hirsearten angebaut, die Rispenhirse (Panicum miliaccum)
und die Kolbenhirse (Letoria Italica) doch scheint die Kolben-
hirse in vorgeschichtlicher Zeit den Germanen fremd gewesen zu
sein.
Für die Rispenhirse wird lat. panicum übernommen. Dies ergibt
mit germanischer Anfangsbetonung asächs. penik, ahd. phenisch,
fenich; mhd. fench und lebt heute im Schweiz, pfench, fennich
weiter».
Den weiteren Ausführungen in diesem Wörterbuch ist zu ent-
nehmen, dass in Deutschland der Hirsebrei das ganze Mittelalter
hindurch eine sehr verbreitete Volksnahrung war. (In Süddeutsch-
land vielfach heute noch) Hirsebrei war es zum Beispiel auch,
den die Zürcher auf dem Glückhaften Schiff 1576 noch warm nach
Strassburg brachten. Da die Pflanze gegen Kälte empfindlich ist,
der Ertrag also recht unterschiedlich sein kann, geht der Hirse-
anbau immer mehr zurück und der Hirsebrei wird durch Hafer-
grütz, Haferflocken, vor allem aber durch die Kartoffel ersetzt.
4. Dass sich aber unser «Fench» auch im nicht alemannischen Sprach-
gebiet noch lange hielt, beweist z. B. die folgende Ausführung in
Mayers Hand-Lexikon, Leipzig, (1878) : «Hirse (Fenich, Fench,
Panicum L) Pflanzengattung der Gramineen. Gemeine Hirse
(P. miliaccum L.) Getreidepflanze aus dem wärmeren Asien, ge-
deiht bis zur Nordgrenze des Weinbaues, besonders in Schlesien,
Österreich, Frankreich angebaut».
5. P. Hugo Müller kommt in seinem «Obwaldner Namenbuch» eben-
falls auf den Hirseanbau und zwar wie folgt zu sprechen: «Die
Hirse war vor der Einführung der Kartoffel eine beliebte Volks-
nahrung. ,Hirs und Fenk' ist ein häufiger Ausdruck in Küchen-
ordnungen. Lat. panicum ^> Fennich ^> Fench ^> Feich. Auf der
Feichegg wurde die gemeine Hirse angebaut. Wahrscheinlich
kommt von Fench auch der Familienname Fenk». In Obwalden
ging die mundartliche Entwicklung also noch weiter, nämlich von
Fench zu Feich. Es ist interessant, dass in diesem Urkanton die
Ausdrücke Hirse und Fenk nebeneinander gebraucht wurden und
128
beide sich auch namengebend auswirkten, denn neben dem oben-
genannten Feichegg gibt es dort Fluren die mit Hirseren, Hirseli,
Hirserenried, bezeichnet werden.
Alle oben zitierten Stellen aus der einschlägigen Literatur liessen
wohl den Schluss zu, dass auch bei uns in f rüheren Jahrhunderten
Hirse angebaut wurde und da wir alemannischer Abstammung
sind, unsere Vorfahren auch das Wort «Fench» oder später «Fenk»
benutzt haben. Nachdem aber in Obwalden und in Zürich (1576)
auch das Wort «Hirse» in Verwendung stand, könnten mit Recht
Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme aufkommen. Ich be-
mühte mich daher sehr um das letzte Glied der Beweisführung
erbringen zu können:
Im Hausarchiv der Regierenden Fürsten von Liechtenstein liegt
eine ausführliche Beschreibung des Reichsfürstentums Liechten-
stein verfasst vom Rentmeister M . Fr. Jos. Ambrosi im Jahre 1783.
Mir lag eine Abschrift vor, welche Pfarr-Resignat Fridolin Tschug-
mell im März 1948 gemacht hatte. Den 90 Seiten dieser Beschrei-
bung ist viel Interessantes zu entnehmen, so auch die Erträge des
damaligen Fruchtzehent. In einer Vorbemerkung des Verfassers
Ambrosi (Seite 13) heisst es wörtlich: «Es wird gnädigster Herr-
schaft jährlich in der oberen und unteren Herrschaft der Frucht-
Zehent gegeben, als Vesen, Gersten, Türckhen-Korn, F e n c k h ,
solche Gattungen auf der Robot eingeführt wird».
Auf Seite 21 zeigt dann Rentmeister Ambrosi die Einnahmen
während 6 Jahren aus dem Fenkzehent auf, indem er wörtlich schreibt:
«verkaufter rauer F e n c k h
Anno 1777 ist kein gepflanzt worden
1778 6 Viertl 2 Mässl
1779 5 Viertl
1780 • 2Vä Viertl
1781 7 Viertl
1782 2V-2 Viertl»
Gross war also der Zehent-Ertrag aus dem Fenkhanbau in diesen
Jahren nicht mehr. Der Ertrag aus dem Türkenzehent war vergleichs-
weise in dieser Zeit durchschnittlich etwa 170 Viertel pro Jahr.
129
Aber was für unsere Untersuchung wichtig ist, der Anbau von
Hirse und deren Bezeichnung mit Fenk ist damit urkundlich belegt,
Von Hirse ist in dem Bericht des Rentmeisters keine Rede.
Auf dem Wiesenkomplex im Schaanerfeld, der den Namen Fenkera
trägt, wurde also schon vor 500 Jahren Fenk angebaut. Gerne haben
unsere Vorfahren die Parzellen und Fluren nach dem hauptsächlichen
Fruchtanbau benannt. So finden wir in unserem Flurnamenverzeich-
nis eine oder mehrere Hampfera, Gerstera, Räbera, Flaxera.
Zum Schluss möchte ich bemerken, dass unsere Fenkera zum
erstenmal im Brandisischen Urbar 1507 (siehe Jb. 1906) als «Fen-
cheren» auftaucht. In einer Urkunde des Jahres 1664 heisst sie Fenk-
heren, in einer solchen von 1672 Fänkheren und in Schriftstücken aus
dem 18. Jahrhundert lesen wir «Fenckern».
II. I G R A B E N
Die Sammlung liechtensteinischer Orts- und Flurnamen von Josef
Ospelt (Vaduz 1911) und unsere neuen Landkarten 1:10 000 und
1 : 25 000 enthalten diese uralte, rätselhafte Bezeichnung für einen
im Norden von Schaan verlaufenden Graben. Vor 50 Jahren war dieser
Name noch ganz geläufig, heute wird er vom Volke kaum mehr ver-
wendet. Über die Gründe hierfür später.
Jeder auch nur einigermassen sprachlich Interessierte stellt sich
unwillkürlich die Frage, was das nur aus einem «I» bestehende Be-
stimmungwort wohl bedeute; über das Grundwort Graben hingegen
sind sich alle klar. Im Gegensatz zu der unter I. behandelten Fenkera
gibt es hier Vergleichungsmöglichkeiten, denn anderswo sind derartige
«I» Namen ebenfalls anzutreffen. So kenne ich aus meiner Studien-
zeit her «Ibach» und «Iberg» im Kt. Schwyz. Ich habe festgestellt, dass
auch in allen anderen deutschsprachigen Kantonen der Schweiz ähn-
lich anlautende Orts- und Flurnamen zu finden sind. (Zusammen-
stellung der im topogr. Atlas der Schweiz enthaltenen Orts- und Flur-
namen). Es sind über 40 solcher Namen auf die ganze deutsche Schweiz
fast gleichmässig verteilt. Im Kanton St. Gallen sind es:
Ibach (Hof südöstlich von Ganterswil)
Ibach (Hof bei Nesslau)
Iberg (Burg auf einer Anhöhe bei Wattwil).
530
Im Kanton Solothurn gibt es beispielsweise: Ibach, Bach bei Bris-
bach und Igraben, südlich von Himmelried.
Es kommt in der Schweiz der Flur- bezw. Ortsname «Ibach» 14 mal
und «Iberg» 9 mal vor. «Igraben» hingegen gibt es dort nur den oben
erwähnten im Solothurnischen. Ob aber alle Flurnamen der Schweiz
im Topographischen Atlas Aufnahme fanden, ist allerdings nicht an-
zunehmen. Auch in Süddeutschland gibt es gleich- oder ähnlich an-
lautende Flurnamen, so z. B. in der Nähe von Isny einen «Iberg», ein
«Eybach» im Württembergischen.
Alle diese Namen sind schon vor Jahrzehnten von anerkannten
Forschern klar und überzeugend gedeutet worden: Diese Orts- und
Flurnamen verdanken ihre Entstehung einem in fast ganz Europa ver-
breiteten Baume, der Eibe (lat. Taxus baccata). Im Althochdeutschen
hiess dieses geheimnisumwitterte Gewächs, das in Busch- und Baum-
form vorkommt iwa, im Angelsächsischen i w , im Mittelhochdeut-
schen iw e . Das ahd. Wort iwa, Eibe, ist höchstwahrscheinlich urver-
wandt mit ahd. ewa, die Ewigkeit. Diesem ahd. Wort iwa erging es
in der Zusammensetzung mit einem anderen Wort ähnlich wie dem
ahd. aha = fliessendes Wasser, das auch zu ah und vielfach gar zu
einem blossen «a» zusammenschrupfte.
Unser Igraben in Schaan geht also auf eine oder mehrere Eiben
zurück, die an seinen Ufern oder in deren Nähe standen. Auf die
gleiche Art entstanden z. B. «Nussbaumries» in Balzers, «Erlenbach»
in Eschen. Es ist wohl eine Selbsverständlichkeit für jeden ernsten
Flurnamenforscher, dass er eine Realprobe vornimmt, das heisst, er
prüft ob die örtlichen Verhältnisse so geschaffen sind, dass eine be-
stimmte Annahme gerechtfertigt erscheint. In unserem Falle wäre die
Herleitung von Eibe zu verwerfen, wenn der Igraben weit draussen
im moorigen Riet verlaufen würde, an einem Ort also, an dem keine
Eiben wachsen könnten. In dieser Beziehung tauchten tatsächlich noch
einige beträchtliche Schwierigkeiten auf: Auf den Landkarten 1 : 10000
und 1 : 25 000 ist als Igraben ein im Riet, also westlich der Eisenbahn
verlaufender Wassergraben bezeichnet, in einem Gebiet in dem kaum
einmal Eiben wuchsen. Diese Eintragung auf unseren neuen Karten
erwies sich im Verlaufe meiner weiteren Untersuchungen als unrichtig.
(Namenwanderung !)
131
Abb. 1 Ausschnitt aus der Karte 1 : 10000
Trotz der Tatsache, dass vor 50 Jahren, als Josef Ospelt die Flur-
namen unseres Landes sammelte, der Name Igraben noch allgemein
gebräulich war — denn hier fehlt die Anmerkung, die bei abgehenden
Benennungen steht: «Selten mehr gebraucht» — konnte ich niemanden
finden, der mir den genauen Verlauf des Igrabens hätte erklären
können. Der alte wirkliche Igraben führt schon lange kein Wasser
mehr, er hat daher seine Bedeutung verloren und ist damit langsam
aber sicher auch dem Bewusstsein der Bevölkerung entglitten. Beim
132
Erstellen der neuen Landkarten aber fanden die Topographen dort wo
es früher «Igraben» hiess kein Gewässer und kaum eine Eintiefung
mehr und so übertrugen sie den alten Namen auf den nächstliegenden
Graben. Josef Ospelt, der verdienstvolle Sammler unserer Flurnamen,
hat seinerzeit für seine Zwecke eine Flurnamenkarte angelegt, in die
er alle Flur- und Gewässernamen möglichst genau nach den Angaben
seiner Gewährsmänner und anhand des Grundbuches eintrug. In
Schaan stand ihm Altvorsteher Josef Beck zur Verfügung, ein Bauer,
der seine Gemeinde durch und durch kannte. Diese Karte brachte die
Lösung des Problems. Der Igraben verlief danach nicht, wie in den
neuen Karten eingetragen, im Riet, sondern kam den Berghang herun-
er (siehe Abbildung 2).
Die Krüppelrüfe, die Efisalfrüfe und die Forst- bezw. Efiplanken-
rüfe hatten früher alle ihre breiten Abiaufgräben, die unreguliert
durch das leicht abfallende Wiesengelände herunterschlängelten und
beidseitig von Stauden und Waldbäumen besäumt waren. Die Krüppel-
und die Efisalfrüfe haben auch jetzt noch diese Abiaufgräben, während
Abb. 2 Ausschnitt aus der Flurnamenkarte von Joseph Ospelt
jener der Forstrüfe schon lange keine Bedeutung mehr hat, da dieser
Rüfezug immer mehr eingewuhrt und damit gegen die «Ställa» hinaus
abgedrängt wurde. Wenn in früheren Zeiten die Forstrüfe sich in den
Forstwald ergoss — die dabei von der Rufe ausgefressenen Gräben
sind so erhalten, als ob sie von gestern wären — hatte der Igraben die
Aufgabe, das sich allmählich reinigende Rüfewasser zu sammeln und
ins Riet abzuführen. Die schon erwähnten ungestörten Geländeformen
im Forstwald zeigen mit aller Deutlichkeit, dass das Rüfewasser seinen
Lauf in genauer Richtung auf das heutige Bahnwächterhaus nahm.
Dass diese Rüfe noch im 18. Jahrhundert oftmals in den Forstwald
ausbrach ist urkundlich belegt und zwar in der schon unter I zitierten
Beschreibung des Landes durch Rentmeister Ambrosi (1783). Unter
dem Titel «Land-Blagen» schreibt Ambrosi wörtlich: «unter die schäd-
lichste Land-Übel seynd die Gewässer- und Stein-Rüfenen vorzüglich
anzumerkhen Deren seynd 6 in der
oberen Herrschafft
eine bey denen Blanckhner-Güthern und Stallungen an der Landstrass,
in welche Stallungen die auf Blanckhen zu Herbstzeit mit ihrem Vieh
herunterfahren, den Waidgang zu brauchen, auch das Heü und Grom-
met über Winther einzulegen und damit zu füttern. Diese Rüfe zer-
theilt sich offtmahls durch den Schaaner Buchwald, reisst tiefe Gräben,
auch Bäum nieder, auf der aigentlichen Rüfe wird aus den Berg-Töblen
ein Ruin von Steinen und wildem Grund mitgebracht, folgsam im
ebenen Land die fruchtbaren Güther darmit überlegt».
Unser alter Igraben verlief einwandfrei im Rüfegrund, also in ei-
nem Boden in dem sich Eiben recht wohl fühlen. Auch heute wachsen
auf dem gleichen Rüfekegel Eiben, so an der Bildgasse und an der
Grenze zwischen Duxplatz und Galina, um nur zwei Standorte zu
nennen.
Es besteht nun kein trifftiger Grund mehr, die Ableitung des
Wortes «Igraben» von iwa = Eibe anzuzweifeln. Anderswo lässt sich
die Schrumpfung von iwa zu iw und schliesslich zu i urkundlich
belegen. Bei uns ist das kaum je möglich, weil dieser Graben wohl
nie eine so grosse Bedeutung hatte, als dass er in einer Urkunde er1
wähnt worden wäre.
Das Wort Igraben ist ein interessantes sprachliches Denkmal, das
der Nachwelt erhalten werden sollte. Auch wenn der Igraben durch
134
die immer vollständigere Einwuhrung der Forstrüfe überflüssig ge-
worden und heute schon weitgehend verschwunden ist, so könnte
vielleicht das kurze Verbindungssträsschen, das die Landstrasse und
die Schwarze Strasse miteinander verbindet und im unteren Teil eine
Hohlgasse bildet offiziell mit «Igraben» bezeichnet werden. Wenigstens
im untersten Teil verläuft das Strässchen sicher dort wo einst der Igra-
ben von Zeit zu Zeit das trübe Rüfewasser in die Ebene herabführte .
Dass Strassen Namen von ehemals am gleichen Ort verlaufenen Grä-
ben und Bächen erhalten, wäre wirklich nichts neues. Diese Benen-
nung könnte um so leichter erfolgen, da dieses Strassenstück noch
keinen Namen trägt. Bei der nächsten Kartenauflage müsste dann
selbstverständlich die Korrektur der erfolgten falschen Eintragung des
«Igrabens» vorgenommen werden.
135
Ein
spätbronzezeitlicher
Fund aus Vaduz
von Werne r A . G r a f
Ein spätbronzezeitlicher Fund aus Vaduz
von Werner A . Graf
Im Sommer des vergangenen Jahres konnte durch die lobenswerte
Aufmerksamke i t eines Bauarbeiters i n V a d u z ein kleiner , jedoch inte-
ressanter urgeschichtl icher Fund geborgen werden. H e r r D a v i d Beck,
Vorsi tzender des His tor ischen Vereins und u n e r m ü d l i c h e r Betreuer
des urgeschicht l ichen und vo lkskund l i chen Kulturgutes i m F ü r s t e n t u m
Liechtenstein, teilt ü b e r die F u n d u m s t ä n d e folgendes mi t :
A m Vormi t t ag des 1. J u n i 1962 wurde gemeldet, dass bei Arbe i t en
f ü r einen A n b a u a m Hause Greber-Ospelt i n V a d u z e in alter Topf ge-
funden worden sei. D ie M e l d u n g k a m von Eugen Beck, Schaan, Trax-
f ü h r e r der B a u f i r m a R o m a n Gassner, V a d u z . Der Berichterstatter begab
sich u n v e r z ü g l i c h auf die Fundstel le (Koordinaten 757.920/223.280),
wo das G e f ä s s bereits aus der Fundlage herausgenommen worden , der
A b d r u c k i m Boden aber noch gut sichtbar war . M i t dem nicht mehr
ganz erhaltenen, of fenbar p r ä h i s t o r i s c h e n Topf w u r d e n noch einige
Scherben von mindestens z w e i andern G e f ä s s e n ü b e r g e b e n , darunter
einige glatte, unverzierte Tei le eines R a n d s t ü c k e s . Augensche in u n d
Befragung der Arbei ter ergaben folgendes: Fü r den geplanten A n b a u
auf der Südse i t e des Hauses Greber-Ospelt musste die dort stehende
Garage samt dem Betonboden entfernt werden. Der Aushub darunter
wurde mi t P i cke l u n d Schaufel a u s g e f ü h r t . T r a x f ü h r e r Eugen Beck,
welcher z u f ä l l i g die Arbe i ten beobachtete, erkannte i m Boden e in Ge-
fäss , als eben ein Arbei te r einen Pickelschlag dagegen f ü h r e n wol l te .
Er barg den Topf so rg fä l t i g samt den paar dabeil iegenden Scherben,
die nach seiner Angabe ü b e r dem Topf lagen oder aus diesem heraus-
ragten. B e i m Augenschein zeigte sich direkt unter dem herausgerisse-
nen Betonboden eine dunkle mi t K o h l e vermischte Schicht, die aber
nur auf 1 m 2 Ausdehnung und etwa 10 c m H ö h e erhalten war . Das
G e f ä s s lag mi t der M ü n d u n g nach oben eingetieft i n den darunter-
l iegenden R ü f e s c h o t t e r . Der n ö r d l i c h e T e i l des Raumes war bereits vor-
her schon ausgegraben worden , ohne dass den Arbe i te rn etwas beson-
139
deres aufgefa l len war. Der gröss te T e i l der schwarzen Schicht d ü r f t e
schon be im Bau der Garage vor u n g e f ä h r zehn Jahren achtlos entfernt
worden sein. A u c h gegen S ü d e n konnte die Ausdehnung der Schicht
nicht mehr festgestellt werden, da dieser T e i l der Garage seinerzeit f ü r
Fundamentmauern und A b w a s s e r s c h ä c h t e ausgehoben worden war .
Eine genaue Untersuchung der Kul tursch ich t ergab noch einige sehr
kleine Scherbenreste. A u c h ös t l ich des Neubaues, w o i m H a n g e in
mehrere Meter hohes Bodenpro f i l sichtbar war, zeigte s ich i m gleich-
massig kiesigen Boden keine Spur einer Brand- oder Kul turschicht .
Da der Aushub aus der Baugrube w e g g e f ü h r t und i n Triesen (Heilos)
abgelagert worden war, durchsuchte der Berichterstatter zusammen mi t
Pfr . Resign. F. Tschugmel l und Reallehrer Fe l ix Marxe r den dort an-
g e h ä u f t e n Schutt. Dabe i wurden vier Tonspulen, sonst aber weder
Scherben noch andere G e g e n s t ä n d e gefunden.
Soweit die F u n d u m s t ä n d e , und nun zu den Funden.
a) Der bauchige Topf (Abb. 1, 1) mi t ausschwingender Randl ippe ist
12,5 c m hoch u n d 16,5 c m weit . Sein Boden ist schwach gedellt, der
T o n f e i n gemagert u n d i m Brand dunkelbraun . Ü b e r Bauchumbruch
und Schulter, die zu z w e i Dr i t t e ln erhalten sind, l ä u f t eine Verz ie -
rung: zwischen zwe i hor izonta len B ä n d e r n von je drei L i n i e n folgen
sich i n A b s t ä n d e n f ü n f S c h r ä g s t r i c h g r u p p e n , die durch gestempelte
Dreieckre ihen verschiedener L ä n g e v o n einander getrennt s ind.
Solche Reihen folgen sich auch ü b e r dem oberen L in ienband . D o c h
endet das Dre ieckmot iv p lö t z l i ch u n d w i r d durch eine leider nur
noch auf kurze Strecke erhaltene Folge eingestempelter Punktaugen
abge lös t (Abb. l a , b). Inkrust ierung ist keine zu erkennen.
b) Aus einer A n z a h l Scherben v o n dunke lbraunem Brand , die ver-
mut l i ch zu mehreren G e f ä s s e n g e h ö r e n , läss t sich bloss eine steil-
wandige, unverzierte Randpart ie v o n ca. 13 c m M ü n d u n g s d u r c h -
messer rekonstruieren (Abb. 1,2).
c) Die n a c h t r ä g l i c h gefundenen vier Tonspulen erscheinen alle von
gedrungener Gestalt. Das d r ü c k t sich da r in aus, dass ihre H ö h e
(Achse von Scheibenmitte zu Scheibenmitte) k le iner oder a l lenfa l l s
gleich dem Scheibendurchmesser ist u n d dass die Spulen nicht k la r
i n S c h a f t s ä u l e u n d Scheibenenden gegliedert sind, sondern diese
Teile i n einander ü b e r g e h e n . Besonders a u s g e p r ä g t ist diese Ge-
drungenheit bei der k le ineren unverzier ten Spule (Abb. 1, 4). B e i m
IAO
Abb. 1 1 = 6 Spätbronzezeitlicher Fund von Vaduz; 7 Tonspule von Eschen/
Lutzengüetle; 8—10 Tonspulen von Schaan/Krüppel. M . 1:3 (lb M . 1:6)
g rö s se r en unverzierten Stück (Abb. 1, 3) f ä l l t der ungle ich grosse
Durchmesser der beiden Scheibenenden auf. D ie n ä c h s t e Spule
(Abb. 1, 6) ist auf den beiden «Felgen» verziert. A u f ihnen l ä u f t je
eine Doppelre ihe s c h r ä g gegen einander gestellter Kornst iche u m .
Das dadurch gebildete tannreisartige Muster ist auf den beiden Fe l -
gen g e g e n l ä u f i g angebracht. Die Einst iche enthalten z u m T e i l noch
141
weisse Reste der ehemaligen Inkrustierung. Im ü b r i g e n ist die Spule
auf einer Seite etwas deformier t und von poriger Struktur (in der
Ze ichnung ist diese Zone punktiert angedeutet), was auf H i t zee in -
w i r k u n g und V e r g l ü h e n des Mater ia ls z u r ü c k z u f ü h r e n ist. Das
vierte Stück endl ich ist das s chöns t e (Abb. 1, 5). Die beiden Schei-
b e n f l ä c h e n s ind gle ich gross, nahezu kreisrund und eben, die Ober-
f l ä c h e sauber geglä t te t . Beide Felgen s ind mi t dem bereits beschrie-
benen t a n n r e i s ä h n l i c h e n Kornst ichmuster verziert, das hier jedoch
auf beiden Felgen i n gleicher Rich tung l äu f t . D i e S c h e i b e n f l ä c h e n
s c h m ü c k t je eine Kreuzverz ie rung mi t e inem durchlaufenden und
zwe i anschliessenden dre i l in igen Ba lken , f l ank ie r t von s c h r ä g ge-
stellten Korns t ichre ihen. Z i e r r i l l en u n d Korns t i ch weisen zahlre iche
Reste der ehemaligen Inkrust ierung auf. Der Ton al ler v ier Spulen
ist f e i n gemagert, der Brand bei zweien ziegelrot bis grau (Abb. 1,
3 und 6), bei den beiden andern he l lb raun (Abb. 1, 4 und 5).
Der Tonspu lenfund von V a d u z bietet die w i l l k o m m e n e Gelegenheit ,
die ü b r i g e n bisher i n Liechtenstein bekannt gewordenen Stücke vorzu-
legen, wie auch den entsprechenden Funden der n ä h e r e n und wei teren
Nachbarschaf t n a c h z u s p ü r e n .
V o n der L u t z e n g ü e t l e - G r a b u n g 1944 l ) stammt eine Spule (Abb. 1,
7), welche einen etwas weniger gedrungenen E ind ruck macht und
deren E n d f l ä c h e n nicht p lan, sondern kalotten- bzw. leicht kegel-
f ö r m i g gebildet sind. Darauf f inden sich i n etwas u n s o r g f ä l t i g e r M a n i e r
e in dreil iniges und ein zwei l in iges Kreuz und i n den Sektoren kurze,
vorwiegend v o m Rand gegen das Zen t rum gerichtete S c h r ä g s t r i c h e .
Die ganze seicht e i n g e d r ü c k t e Ve rz i e rung war nicht inkrustiert . Der
Ton ist f e in gemagert und rot bis grau gebrannt.
Der Gesamtpubl ika t ion des Mater ia ls v o m Grabungsplatz K r ü p p e l
oberhalb Schaan vorgrei fend, werden z w e i Spulen u n d das Fragment
einer solchen hier schon vorgelegt, welche 1961 u n d 1962 gefunden
wurden. A l l e drei s ind verziert. D ie eine zeigt nur schwach e i n g e d r ü c k t
und ohne jede Inkrustat ion eine Kreuzverz ie rung mi t s ich schneiden-
den Mi t t e l l i n i en u n d i m W i n k e l zusammenstossenden Sei tenl inien,
dazu — jedoch nur noch teilweise u n d schwach erkennbar — nach
dem Zent rum weisende D o p p e l w i n k e l i n den Sektoren (Abb. 1, 9). E i n
Fragment zeigt auf der Scheibe eine seichte Mit te ldel le , u m die s ich
ebenfalls w e n i g eingetieft e in Tupfenkreis , eine Kre i s l i n i e u n d wieder
142
ein Tupfenkreis legen (Abb. 1, 10). D ie dritte Spule schl iessl ich ist an
ihren Enden etwas g e w ö l b t u n d auf diesen von h a l b m o n d f ö r m i g e n bis
rechteckigen S t e m p e l e i n d r ü c k e n bedeckt, wobe i die k r e i s f ö r m i g e A n -
ordnung noch erkennbar ist, vor der f l ä c h e n h a f t e n W i r k u n g jedoch
i n den Hin te rg rund tritt (Abb. 1, 8).
Abb. 2. Verzierte Tonspulen von Oberriet/Montlingerberg M . 1:3
143
In der schweizer ischen Nachbarschaf t f indet sich auf dem Mont -
lingerberg / Oberriet S G e in g rösse re r Bestand an Tonspulen. A l l e i n
aus alten Grabungen l iegen i m His tor i schen M u s e u m St. G a l l e n ü b e r
30 Stück, von denen hier die durch F o r m und Verz i e rung bemerkens-
wertesten zusammen vorgelegt werden (Abb. 2). Besonders w ich t i g f ü r
die Dat ierung s ind jedoch die Spulen, welche von Benedikt Frei , Mels ,
Ehrenmi tg l ied unseres Vereins, i n den f ü n f z i g e r Jahren auf dem Mont -
l ingerberg aus klarer Schichtenlage gehoben w u r d e n 2 ) . Di rek t gegen-
ü b e r Schaan und wie be im Fundplatz K r ü p p e l auf einer Waldkuppe
ü b e r der Rheinebene s ind auf dem S o n n e n b ü h l bei Buchs S G bei einer
Sondierung eine unverzierte Spule und ein kleines B r u c h s t ü c k mi t
Ri tzverz ierung und Inkrustation z u m Vorsche in gekommen ; i ) . Wenden
w i r uns r h e i n t a l a u f w ä r t s i n das z u m Walensee f ü h r e n d e Seeztal, so
begegnen uns von den H ö h e n s i e d l u n g e n Castels/Mels und St. Georg bei
Berschis weitere verzierte und unverzierte Tonspulen. V o n den letz-
teren seien einige aus der i m Jahre 1936 unter der Lei tung von K . K e l -
ler-Tarnuzzer, Frauenfe ld , stehenden Grabung ebenfalls hier vorge-
legt (Abb. 3) 4 ) . Zu den s p u l e n f ü h r e n d e n F u n d p l ä t z e n i m Gebiet des
Alpenrhe ins g e h ö r t des weiteren die H ö h e n s i e d l u n g Cresta bei Caz is
GR, wo das Schweiz. Landesmuseum unter Lei tung seines Direktors
Prof. Dr . E. Vogt i n z w e i j ä h r i g e n Interval len verschiedene Grabungen
d u r c h f ü h r t e . N a c h den bisher publ iz ier ten summarischen Fundl is ten
wurden mehrere Spulen mi t Kreuzmuster , aber auch andere nach Ver -
z ierung u n d F o r m interessante S tücke gefunden 5 ) . Schl iess l ich ist auch
von der Motta da Va l l ac /Sa lou f G R , also v o m n ö r d l i c h e n Zugang zur
Ju l ie r - und Septimerpassroute eine Tonspule bekannt geworden ( i). Der
Freundl ichkei t von B. Frei verdanke i ch schliessl ich die Angabe, dass
i n Südt i ro l (St. Lorenzen i m Pustertal, S ä b e n s ü d w e s t l i c h B r i x e n und
Pfa t ten/Vadena süd l i ch Bozen) Tonspulen gefunden wurden und zwar
verzierte wie unverzierte, gedrungene und schlanke, ebenso auch eine
mi t querdurchbohrtem Schaft. Dieses V o r k o m m e n verwunder t nicht,
wenn man bedenkt, dass auch aus Ober i ta l ien Tonspulen bekannt
sind ') . Kehren w i r wieder i n nordalpine Gef i lde z u r ü c k , begegnen w i r
diesen Objekten auch auf dem Thurberg ob W e i n f e l d e n T G 8 ) , auf der
Halb inse l H o r n i m Nussbaumersee/Gde. H ü t t w i l e n T G 9) und auf der
Insel Werd./Eschenz T G 1 0 ) , wie auch auf dem deutschen Bodenseeufer
i n Sippl ingen " ) . In Z ü r i c h - A l p e n q u a i w u r d e n seinerzeit 23 Spulen
J 44
Abb. 3. Verziene Tonspulen. 1—4 St. Georg bei Berschis; 5 Mels/Castels. M . 1:3
von verschiedenen L ä n g e n und Durchmessern gefunden, davon einige
mi t querdurchlochtem Schaft, sowie eine mi t einer m e r k w ü r d i g e n R i l l e ;
von Verz i e rung ist nicht die Rede l ä ) . E i n querdurchbohrtes S tück mi t
e infacher Kerbz ie r auf den R ä n d e r n k o m m t v o n Z ü r i c h - W o l l i s h o f e n
(Haumesser) 1 S ) . V o m Ebersberg/Berg am Irchel Z H w a r e n schon
J . H e i e r l i Spulen bekannt, w ä h r e n d er Fundorte von solchen i n bronze-
und steinzeit l ichen Pfah lbauten nicht i m e inzelnen a u f f ü h r t 1 4 ) . Eine
g rösse re Z a h l Tonspulen k a m schl iessl ich auf dem K e s t e n b e r g / M ö r i k e n
A G u n d auf dem Wit tnauer H o r n / W i t t n a u A G zutage l ä ) . Zwei fe l los
gibt es noch weitere s p u l e n f ü h r e n d e F u n d p l ä t z e , doch w a r e n dieselben
i n der uns nur b e s c h r ä n k t zur V e r f ü g u n g stehenden Literatur nicht
au f f indbar ; m ö g l i c h e r w e i s e w u r d e n die scheinbar wen ig bedeutungs-
vo l l en Objekte auch nicht i m m e r a u f g e f ü h r t .
Be i der Sichtung des Tonspulenmater ials ist vorab festzustellen, dass
auf verschiedenen F u n d p l ä t z e n verzierte und unverzierte F u n d s t ü c k e
nebeneinander v o r k o m m e n ; w e n n bei den strat igrafischen Grabungen
auf dem Mont l ingerberg i m einen Hor i zon t z w e i unverzierte, i m an-
dern drei verzierte e r sche inen 1 6 ) , m ö c h t e m a n dies als eher z u f ä l l i g
betrachten. A u f f a l l e n d ist dagegen, dass i n den Seeufersiedlungen des
Z ü r i c h s e e s u n d auf den H ö h e n s i e d l u n g e n i m Ju ra die meisten S tücke
unverziert s ind u n d s ich der Schmuck a l lenfa l l s auf bescheidene F i n -
gertupfen u n d Nagelkerbung an den R ä n d e r n b e s c h r ä n k t , w ä h r e n d die
Stationen i m Alpenrhe in t a l u n d i n etwas geringerem Masse die Insel
W e r d Spulen mi t mannigfal t igster A u s s c h m ü c k u n g der S c h e i b e n f l ä c h e n
hervorbr ingen. A m reichen Ma te r i a l v o m Mont l ingerberg lassen s ich
die verschiedenen Zierschemata sehr s c h ö n aufzeigen. Weitaus am
h ä u f i g s t e n begegnet m a n dort dem Kreuzmuster , das von einfacher bis
zu sehr reicher A u s p r ä g u n g erscheint (Abb. 2, 1 — 6). Es w i r d daneben
145
nicht nur auf den l iechtensteinischen F u n d p l ä t z e n (Abb. 1, 5, 7, 9)
sondern auch auf Cresta/Cazis b e v o r z u g t 1 7 ) . Z i e m l i c h selten ist eine
mehr s t e r n f ö r m i g e Stel lung der Zierelemente (Abb. 2, 7 und 8). H ä u f i g
begegnet m a n hingegen wiede rum den kreis- bzw. r i n g f ö r m i g e n M u -
stern (Abb. 2, 9 — 13; 1, 10; 3, 3), welche bei der B i l d u n g mehrerer
Kreise gelegentlich durchaus f l ä c h e n d e c k e n d w i r k e n k ö n n e n (Abb. 2,
13; 1, 8; 3, 3) u n d so die V e r b i n d u n g zu r e igent l ichen F i ä c h e n b e d e k -
kung b i lden (Abb. 3, 4 u n d e in S tück v o n der Insel Werd/Eschenz , bei
dem Durchst iche entlang der R ä n d e r an farbige Fadeneinlagen denken
lassen). Neben diesen sozusagen zentralsymmetrischen Mustern be-
gegnet m a n b i swei len auch axia lsymmetr ischen, wobe i die Verz ie rung
von der A r t eines e infachen Doppelpfe i l s [Cresta/Cazis l a ) u n d ä h n l i c h
A b b . 2, 14] ü b e r eine band- oder b a l k e n f ö r m i g e Zierweise (Abb. 2, 17
und 18) w iede rum bis zur F l ä c h e n b e d e c k u n g (Abb. 2, 16 u n d 17) f ü h -
ren kann . Vere inze l t f i nden sich schliessl ich Mot ive , denen die Sym-
metrie ü b e r h a u p t abgeht und auf denen m a n stilisierte Tier- oder P f l a n -
zengebilde zu erkennen glaubt (Abb. 2, 15 u n d 19; 3, 5). W e n n die
M e h r z a h l der beschriebenen Muster und die Verzierungstechnik w ie
L i n i e n - und W i n k e l b ä n d e r , Korns t ich , Tupfen , Dreieck- u n d Punkt-
augenstempelung, Inkrustation, eventuel l auch Fadeneinlagen i n der
bekannten Pfah lbauornament ik 1<J) ihre Entsprechung f indet und e in-
zelne Muster w ie etwa das von Korns t i ch f lankier te Balkenkreuz dort
direkte Para l le len h a t 2 0 ) , so zeigt s ich i m Dekor der rheintal isch-
b ü n d n e r i s c h e n Spulen doch eine v o n der strenggeometrischen A u f f a s -
sung des Pfahlbaukreises abweichende Zierweise, die m a n gerne m i t
s ü d l i c h e n K u l t u r s t r ö m u n g e n i n V e r b i n d u n g br ingen m ö c h t e .
F ü r die zei t l iche E ins tu fung des Vaduze r Fundes stehen e i n m a l der
gut erhaltene Topf u n d sodann die Tonspulen zur V e r f ü g u n g . M i t
seiner doppelkonischen F o r m und seinem geometrischen Dekor ist das
Ge fä s s unbedenkl ich der s ü d d e u t s c h - s c h w e i z e r i s c h e n S p ä t b r o n z e z e i t
bzw. Urnenfe lderze i t zuzuordnen. Dabe i lassen das etwas weiche P r o f i l
und das wenig straffe Zierschema mit seinem Wechse l v o m Dreieck-
z u m Punktaugenstempel v ie l le icht an eine S p ä t p h a s e denken. Gute
Entsprechungen f inden sich anscheinend nur wenige. Im A u f b a u ver-
gleichbar ist am ehesten ein Topf aus der s p ä t b r o n z e z e i t l i c h e n Schicht
der Insel Werd/Eschenz T G , dessen Schmuckzone ebenfalls von u m -
laufenden S t r i c h b ü n d e l n eingefasst w i r d u n d ü b e r dem B a u c h u m b r u c h
146
ansetzt, s ich jedoch ü b e r den ganzen G e f ä s s o b e r t e i l bis z u m Randan-
satz erstreckt" 2 1). Im Dekor steht dem Vaduzer G e f ä s s sodann eine
Schale von Z ü r i c h - W o l l i s h o f e n nahe 2 2 ) . V o n den Tonspulen läss t s ich
zur Dat ierung etwa folgendes sagen: In k l a r e m Schichtzusammenhang
wurden solche auf dem Mont l ingerberg gehoben. W ä h r e n d sie dort
i m untersten Melauner /Hal l s ta t t A - H o r i z o n t noch fehlen, erscheinen
zwe i unverzierte S tücke unmit te lbar d a r ü b e r i n einer Schicht mi t deut-
l i chem Hallstat t B-Einschlag u n d drei verzierte Fragmente i m eigent-
l i chen H a B - H o r i z o n t ; i n den eisenzeit l ichen Schichten feh len sie wie -
der g ä n z l i c h 2 3 ) . A u f dem Wit tnauer H o r n fanden sich die Spulen
ebenfalls i n e inem nach H a B datierten Siedlungshorizont , i n dem je-
doch auch Hal ls ta t t -Mater ia l enthalten w a r 2 4 ) . D e r A u s g r ä b e r betont
i m ü b r i g e n den engen Zusammenhang der S p ä t b r o n z e z e i t k e r a m i k mi t
derjenigen v o n Z ü r i c h - A l p e n q u a i , von w o ebenfalls Spulen bekannt
sind. A u c h auf dem Kestenberg wiegt die H a B - K e r a m i k g e g e n ü b e r
e inem A n t e i l aus der Stufe H a A 2 v o r 2 5 ) . D ie Tonspule v o n Motta da
V a l l a c schl iessl ich wurde zusammen mi t e inem s p ä t e n einschneidigen
Rasiermesser mi t angenietetem G r i f f gefunden, also e inem Objekt aus
der Endphase der S p ä t b r o n z e z e i t 2 0 ) . Ü b e r die von Castels /Mels aus der
1936er Grabung s tammenden Spulen s ind die F u n d u m s t ä n d e nicht
bekannt. Tatsache ist jedoch, dass damit auch anderes Mate r i a l der
HaB-Stufe gefunden wurde und dass der Fundpla tz eine gute H a B -
Schicht e n t h ä l t 2 7 ) . Be rücks i ch t ig t man , dass auch a n d e r w ä r t s Ton-
spulen h ä u f i g zusammen mi t gutem H a B - M a t e r i a l w ie z. B . Feuer-
böcken , H e n k e l n mi t u m l a u f e n d e m Rie fenband etc. gefunden werden,
so darf w o h l der Schluss gezogen werden, dass zumindest i m ost-
schweizerisch-l iechtensteinischen Gebiet die Tonspulen gerade dieser
Zeitstufe a n g e h ö r e n . W e n n J . H e i e r l i i n seiner 1901 erschienenen
«Urgesch ich te der Schweiz» Spulen nicht nur i m Pfah lbau inven ta r der
Bronzezei t sondern auch der j ü n g e r e n Steinzeit a n f ü h r t 2 S ) , d ü r f t e dies
mi t dem nach heutigen Begr i f f en f ü r Dat ierungsfragen w e n i g geeig-
netem Pfah lbaumate r i a l z u s a m m e n h ä n g e n . W i e sich schl iess l ich die
V e r h ä l t n i s s e s ü d l i c h der A l p e n darstellen, sei hier of fen gelassen.
Es seien endl ich noch einige Bemerkungen ü b e r die Ve rwendung
der Tonspulen angebracht. Auszugehen ist davon, dass sich diese n ö r d -
l i ch der A l p e n stets i n S i e d l u n g s p l ä t z e n fanden, wobei aber v ie l le icht
147
gerade f ü r Vaduz die Mög l i chke i t eines Bestattungsplatzes nicht ganz
ausgeschlossen werden darf. Das V o r k o m m e n i n S i e d l u n g s p l ä t z e n und
die h ä u f i g e Vergesel lschaftung mi t Sp innwi r t e ln und F e u e r b ö c k e n —
gelegentlich auch mi t Webgewichten, legen es nahe, die Spulen w ie
ihre heutigen Entsprechungen aus H o l z als Fadenspulen z u deuten.
I m m e r h i n ist z u bedenken, dass gedrungene Stücke wie etwa eines aus
Mont l ingen (Abb. 2, 13) diesem Zweck nicht besonders d i en l i ch waren .
Trotzdem i n den Seeufersiedlungen je und je Textilreste geborgen wur -
den, f a n d s ich bisher auf den Tonspulen auch nie Faden aufgewickel t .
N ich t ohne weiteres ers icht l ich ist zudem, w o z u der Schaft quer durch-
locht wurde, wie das bei S t ü c k e n v o n Castels/Mels, Z ü r i c h / A l p e n q u a i
und W o l l i s h o f e n , sowie v o n St. Lorenzen i m Pustertal der F a l l ist.
Hingegen Hesse sich die L ä n g s d u r c h b o h r u n g , wie v o m Mont l ingerberg
und St. Georg bei Berschis bekannt (Abb. 2, 7 u n d 11; 3, 1), sehr w o h l
mi t einer Aufs teckvorr ich tung i n Zusammenhang br ingen. M i t Recht
hat G . Bersu f ü r das Wit tnauer H o r n festgestellt, dass nach der topo-
graf ischen Lage die dort gefundenen Spulen nicht als Netzsenker in
Verwendung gestanden haben k ö n n e n 2 9 ) . Dasselbe gil t f ü r eine we i -
tere A n z a h l P l ä t ze w ie insbesondere K r ü p p e l / S c h a a n , Motta da V a l l a c /
Salouf und K e s t e n b e r g / M ö r i k e n . Anderseits bestehen aber auch Beden-
ken, die Spulen als G e f ä s s u n t e r s ä t z e anzusprechen, w ie Bersu es tut
und wie dies auch S ä f l u n d f ü r eine i n der Terramare v o n Castione dei
Marches i (Prov. Parma) f ü r e in Stück von 16 c m H ö h e u n d 18 c m
Scheibendurchmesser p o s t u l i e r t 3 0 ) . D ie i n unserem Gebiet of tmals
fast p i l z f ö r m i g e n Enden h ä t t e n f ü r daraufgesetzte G e f ä s s e e in h ö c h s t
labiles Gle ichgewicht geschaffen. Trotzdem aus Mit te ldeutschland f ü r
die gewerbliche Sa lzgewinnung den unsern ä h n l i c h e , jedoch wesent-
l i c h h ö h e r e T o n s ä u l e n als G e f ä s s u n t e r s ä t z e be im Trocknungsprozess
bekannt s ind 3 1 ) , bleibt die E r k l ä r u n g als Fadenspulen f ü r unser Gebiet
doch die naheliegendste. Denkbar w ä r e ü b r i g e n s auch, dass die Spulen
an ein und demselben Ort verschiedenen Zwecken d i en l i ch waren .
M e r k w ü r d i g bleibt jedenfalls , dass e in n ü t z l i c h e s H a u s g e r ä t bloss w ä h -
rend einer v e r h ä l t n i s m ä s s i g kurzen Zeitepoche i n V e r w e n d u n g stand,
u m i n den folgenden wieder zu verschwinden.
Z u m Schluss m ö c h t e n w i r es nicht unterlassen, dem Vere insvor-
stand und insbesondere seinem Vors i tzenden bestens z u danken, dass
148
er uns den interessanten Fundkomplex zur V e r ö f f e n t l i c h u n g anver-
traut hat. Gedankt sei auch den Her ren B. Frei , Mels , f ü r verschiedene
Hinwei se u n d Literaturangaben, sowie H . Brunner , G o l d a c h S G , u n d
K . Kel ler -Tarnuzzer , Frauenfe ld T G , f ü r die f reundl iche Bewi l l i gung ,
i n die e i n s c h l ä g i g e n Mate r i a l i en der Museen St. G a l l e n u n d Frauenfe ld
Einsicht nehmen z u d ü r f e n .
A N M E R K U N G E N
') D. Beck, Ausgrabungen auf dem Eschner Lutzengüetle 1944, JL 1944, S. 106
und Abb. 21, 16.
*) B. Frei, Zur Datierung der Melaunerkeramik, Z A K 15 (1954/55) 142 und
Abb. 9, 37 - 39; 12, 35 und 36.
3) JSGU 46 (1957) 170, Abb. 83, 13 und 14.
4) Die Zeichnungen sind einem Abbildungsband entnommen, den uns Frau
Knoll-Heitz, St. Gallen, freundlicherweise zur Verfügung stellte.
5) Jahresbericht des Schweiz. Landesmuseums Zürich, 65 (1956) 31; 1959/60,
50 und Abb. 2; 70 (1961) 46.
ü) JSGU 36 (1945) 54 und Tafel VI, 3.
") z. B. Castione dei Marchesi, Prov. Parma (5. Pfahlbaubericht, 1863, Tafel
III 26; G. Säflund, Le Terremare, Leipzig 1939, S. 95, 100, 138, Tafel 41);
Bologna - S. Vitale, Grab 215 (H. Müller-Karpe, Beiträge zur Chronologie
der Urnenfelderzeit nördlich und südlich der Alpen, Berlin 1959, Tafel 69,
J 2, 3); Este. Gräber 38 und 70 (H. Müller-Karpe, Chronologie, Tafeln 94,
A 10; 101, B 30).
s) Keller-Tarnuzzer und Reinerth, Urgeschichte des Thurgaus, Frauenfeld
1925, Abb. 9, 13.
") Thurgauer Beiträge zur Vaterländischen Geschichte, 68 (1931) 130.
1 0) Funde im Schlossmuseum Frauenfeld TG.
") 6. Pfahlbaubericht, 1866, Tafel VIII 5.
1 2) 10. Pfahlbaubericht, 1929, S. 195 und Tafel IV 40 - 42.
1 3) 9. Pfahlbaubericht, 1888, Tafel IX 19.
1 4) J. Heierli, Urgeschichte der Schweiz, 1901, S. 231.
1 5) R. Laur, Kestenberg II, in Urschweiz 16 (1952) 93 und Abb. 64, 4; Kesten-
berg III, in Urschweiz 19 (1955) 15 und Abb. 17, 3 - 5, 8 - 10.
"*) vgl. Anmerkung 2.
'") vgl. Anmerkung 5.
l s ) Jahresbericht des Schweiz. Landesmuseums Zürich, 1959/60, Abb. 2.
149
Verena Gessner, Die geometrische Ornamentik des spätbronzezeitlichen
Pfahlbaukreises der Schweiz, 1946.
9. Pfahlbaubericht, 1888, Tafel VIII 14.
Schlossmuseum Frauenfeld, Nr. 3644.
9. Pfahlbaubericht, 1888, Tafel X 3.
vgl. Anmerkung 2.
G. Bersu, Das Wittauer Horn, Basel 1945, S. 79 f.
vgl. Anmerkung 15.
vgl. Anmerkung 6.
B. Frei, Zur Datierung der Melaunerkeramik. ZAK 15 (1954/55) 164 An-
merkung 90.
J. Heierli, Urgeschichte der Schweiz, 1901, S. 173 und 187.
G. Bersu, Das Wittnauer Horn, S. 80.
G. Säflund, Le Terremare, S. 100 und 138.
Germania, 40 (1962) 381 und Abb. 17.
Anschrift des Verfassers: Dr. W. A. Graf, St. Gallen, Spittelerstr. 12
150
Fundberichte
Neolithikum
S C H E L L E N B E R G (Burgruine Neuschellenberg)
Während der Ausgrabung der mittelalterlichen Burgruine Neu-
schellenberg wurden an einigen Stellen des Burgareals neolithische
Funde gemacht. Es handelt sich fast durchwegs um Steingeräte. A n
neolithischer Keramik wurden nur einige kleine, grob gemagerte,
untypische und stark abgewitterte Reste gefunden.
Die Fundstücke lagen im Löss, der beim Burgenbau zur Auspla-
nierung verwendet wurde. Sie befanden sich also in sekundärer La-
gerung. Eine eigentliche Kulturschicht konnte nirgends festgestellt
werden. Der neolithische Fundplatz «Borscht» liegt etwa 400 Meter
nordöstlich der Burgruine. Wahrscheinlich bestand aber auch auf dem
Burghügel ebenfalls eine neolithische Siedlung, deren Kulturschicht
beim Burgenbau grösstenteils abgeräumt wurde, wie etwa bei den Bur-
gen Gutenberg (Balzers) und Altschellenberg.
Einige der besseren Funde an Steingeräten hat W. A. Graf im Mass-
stab 1:2 für diesen Bericht gezeichnet (s. Abbildung).
1. Kleines, zierliches und schön geschliffenes Steingerät (Meissel) aus hellem
Grünstein, Länge 5 cm.
2. Steinbeilchen aus dunklem Serpentin, Länge 6 cm.
3. Steinbeil aus hellgrünem Serpentin, stark abgebraucht, noch 7,8 cm lang.
4. Steingerät, Serpentin, hellgrün, mit Schleifspuren auf einer Kante, Länge
7,5 cm.
5. Kleiner Meissel, heller Serpentin, 4,1 cm lang.
151
Neolithische Funde vom Burghügel Neuschellenberg
6. Meissel, Material wie Nr. 5, 3,6 cm lang.
7. Schön gearbeitete Pfeilspitze aus rotem Hornstein, Länge 2,5 cm.
8. Kratzer aus grünem Hornstein, mit ringsum laufender Steilretusche,
3,7 cm lang.
9. Werkzeug (Messer) aus rotem Hornstein, schöne Retusche auf einer Seite,
5,6 cm lang.
10. Steingerät, dunkelgrüner Silex, einseitig grob retuschiert, 4,1 cm lang.
11. Kratzer aus rotem Hornstein, einseitig retuschiert, Länge 4 cm.
Dazu kommen noch eine grössere Anzahl zerschlagener oder un-
bearbeiteter Abfälle von Silex und Grünstein. (Siehe auch Bericht über
die Ausgrabung der Burgruine Neuschellenberg in diesem Jahrbuch).
152
Bronzezeit
R U G G E L L (Unterm Weissen Stein)
Im Herbst 1961 fand unser Mitglied Ing. Hermann Wild, Vaduz
anlässlich einer kleinen Sondierung unter einer überhängenden Fels-
wand (Balm) am Weissen Stein oberhalb Ruggell in geringer Tiefe
Menschenknochen und etwas Scherben.
Die Fundstelle liegt rund 100 Meter über der Talsohle, ungef. auf
den Koordinaten 759.500 / 233.770. Im Frühjahr 1962 wurde hier eine
kleine Grabung unternommen. Auf einer offenbar künstlich errichteten
Steinlage, entlang der Felswand, wurden viele regellos durcheinander
liegende menschliche Skeletteile gefunden. Durchschnittlich 3 Meter
vor der Felswand, in der Fallinie der Wand, lag ein Steinwall, mit
erdiger Zwischenfüllung, wahrscheinlich gebildet durch abgewitterte
Felsteile. Zwischen diesem «Wall» und der Steinlage entlang dem Fels
befand sich unter dem Waldhumus eine stellenweise mit Branderde
durchsetzte Kulturschicht, in der, wie übrigens auch zwischen den
Knochen entlang dem Fels, eine Anzahl Scherben gefunden wurden.
Von dem uns zur Verfügung stehenden Vergleichsmaterial haben sie
am meisten Ähnlichkeit mit der frühbronzezeitlichen Keramik vom
Borscht (Vergl. Jahrb. Bd. 47, 48, 49). Gefunden wurden ferner eine
beidseitig zugespitzte Knochennadel, 7,3 cm lang und ein Bronzeblech,
8 X 4,5 cm. Die Fundschicht war vielfach dusch Dachsbauten
stark gestört. Sie wurde untersucht zwischen Felswand und Wal l auf
einer Länge von 9 Meter, bis auf den gewachsenen Boden. A n einer
Stelle wurde auch der «Wall» durchbrochen. Zwischen den Steinen
fanden wir auch hier noch etwas Keramik. Die Stelle soll noch näher
untersucht werden.
Völkerwanderungszeit
E S C H E N (Bongerten)
Im Gebiet des seit 1954 bekannten alemannischen Friedhofs in
Eschen-Bongerten (s. Jahrb. Bd. 54, S. 49 ff. ; A. Frommelt, Alamannen-
friedhof in Eschen) wurden im September 1962 beim Neubau des
Felix Marxer wieder alemannische Funde gemacht. Leider wurde der
153
Beginn der Bauarbeiten vorher nicht gemeldet und der grössere
Teil der Funde erst nachträglich von den Arbeitern übergeben.
Die Arbeit wurde vorübergehend eingestellt und es konnte noch ein
Grab freigelegt werden, das aber keine Beigaben aufwies. Aus einem
bereits angeschnittenen Grab konnte noch ein schlecht erhaltenes
Eisenmesser geborgen werden. Von den Arbeitern wurden übergeben:
1. Ein zweischneidiges Schwert (Spatha), nach der Konservierung durch
J. Elmer vom Schweiz. Landesmuseum noch 55 cm erhalten, Spitzenteil
fehlt.
2. Ein Spalhafragmenl (Griffteil), 30 cm lang. Eine Röntgenaufnahme an-
lässlich der Konservierung zeigt Damastverzierung.
3. Fragment eines einschneidigen Schwertes (Sax). Griff fehlt. Noch 29,5 cm
lang.
4. Eiserne Rückenplatte eines Gürtelbeschlägs (unverziert).
5. Ein Haken (Gürtelhaken ?) aus Eisen.
6. Eine Pflugschar aus Eisen, 15,5 cm lang. Wurde aus dem Aushub geborgen
und es war nicht festzustellen ob sie auch aus einem Grab stammt.
Funde verschiedener Perioden
S C H A A N (Krüppel)
Auf dem von den Brüdern Ing. Peter Rheinberger und Dr. Rudolf
Rheinberger entdeckten prähistorischen und römischen Siedlungsplatz
«Auf Krüppel» oberhalb Schaan (820 m. ü. M.) wurde 1961 eine Son-
dierung und 1962 eine grössere Grabung ausgeführt. Einzelne Funde
lassen eine Besiedlung des Platzes schon im Neolithikum vermuten.
Nach Ausweis der reichlich vorhandenen Keramik lagen aber die
Schwerpunkte in der Späten Bronzezeit und in der Jüngeren Eisenzeit.
Melauner Keramik ist gut und Schnellerware häufig vertreten.
Von Waldhirt Kaspar Walser zuerst beobachtete Mörtelspuren auf
der Südseite des Hügels führten zur Auffindung der Grundmauern eines
Gebäudes aus spätrömischer Zeit, datiert durch ein schönes, grüngla-
siertes Krüglein und 5 Münzen aus der Zeit von 330 — 354. Interessant
sind auch die vielen beisammen gefundenen, durch Schnitzereien
verzierten Knochenplättchen, die möglicherweise zu einer Schmuck-
schatulle gehörten.
154
Die Fundamentmauern eines ebenfalls römischen, jedoch sehr klei-
nen Gebäudes (Innenmasse 4,60 x 3,80 m) wurden in der Nähe der
aussichtsreichen Westkante des Hügels freigelegt. Die Mauerstärke
beträgt 80 Centimeter. Aus diesem Bau kommen 6 Münzen, fünf davon
gehören ebenfalls in die Zeit von 330 — 354, eine ist älter (Aurelian
270 — 275). Eine Münze (Constans 337 — 350) lag ausserhalb des
Gebäudes.
Auffallend ist, dass auf dem Hügelplateau selbst keine prähistori-
sche Kulturschicht mehr vorhanden ist, sie wurde, anscheinend erst in
nachrömischer Zeit, total abgeräumt. Die Siedlungsreste liegen am
steilen Nordhang und zum Teil auch auf der Südseite des Hügels.
Für das Jahr 1963 ist eine grössere Grabung vorgesehen, der dann
ein ausführlicher Bericht folgen soll.
D. Beck
T R I E S E N (Beim Galgen)
Im Mittelalter war es ein Recht des Kaisers, die hohe Gerichtsbar-
keit — das Recht über Leben und Tod zu richten — einem Landes-
herrn zu verleihen. Das äussere Zeichen dafür war das «Hochgericht».
Auf der ältesten Landkarte des Fürstentums Liechtenstein, die im
Jahre 1721 enstanden ist, ist an der Landstrasse zwischen Vaduz und
Triesen das Hochgericht eingezeichnet, das die Form eines sogenannten
Dreigalgens hatte. Eine Flur auf Triesner Gebiet, nahe der Vaduzer
Grenze, trägt heute noch die Bezeichnung «Beim Galgen». Für eine
Reihe von Verbrechen vor allem Mord, galt die Strafe des Erhängens.
Aus den Akten der Hexenprozesse wissen wir, dass die zum Tode
verurteilten Hexen und Hexenmeister auf dem Gerichtsplatze bei der
Linde in Vaduz dem Scharfrichter übergeben wurden. Von ihm und
einem Geistlichen begleitet, wurden die Opfer zur Richtstätte geführt.
Dort wurden sie, wie es in den Urteilen heisst, «mit dem Schwert vom
Leben zum Tode hingerichtet». Ihre Leichname wurden verbrannt
und ihre Asche wurde an Ort und Stelle vergraben, damit sie nicht
mehr Schaden stiften könnte. Etwa dreihundert unserer Vorfahren
erlitten so den Tod.
155
Bisher war die Stelle nicht zu lokalisieren, an denen die Hinrich-
tungen vollzogen wurden. Beim Fabrikbau der Firma Lova fand sich
beim Fundamentaushub an der Südseite, ungefähr in der Mitte der
Gebäudefront, eine Aschenschicht, die direkt auf dem Geröll des
ehemaligen Rheinbettes aufliegt. In der Asche lagen angekohlte Kno-
chen, die unschwer als menschliche zu erkennen waren. Die Schicht
setzt sich ausserhalb des Gebäudes fort, wo sie nachträglich noch ein
Stück weiter verfolgt werden konnte. Es war die Stelle gefunden, auf
der einst die Scheiterhaufen loderten, um die Opfer des unheilvollen
Wahnes zu verbrennen. Wir haben uns den Platz des Galgens wohl
in der Nähe, wahrscheinlich unmittelbar ober dem jetzt noch sicht-
baren alten Rheinufer vorzustellen.
Auf einer Kiesbank des alten Rheinlaufes, wahrscheinlich zwischen
Bäumen und Sträuchern des Auwaldes, lag die Stätte des Grauens.
Otto Seger
Die Säugetiere
des Fürstentums
Liechtenstein
von
Ernst von L e h m a n n
Die Säugetiere des Fürstentums Liechtenstein
von
Ernst von Lehmann
V O R W O R T
In meiner letzten v o r l ä u f i g e n Mi t t e i l ung ü b e r die S ä u g e t i e r f a u n a
des Gebietes (v. L . 1957/62) hatte i c h als Fernz ie l schon die Erarbei -
tung einer m ö g l i c h s t v o l l s t ä n d i g e n Liste der S ä u g e t i e r e des Landes
e r w ä h n t . Z u n ä c h s t war nur an eine kurze Auf s t e l l ung gedacht, ä h n l i c h
wie sie P r inz Hans von u n d z u L I E C H T E N S T E I N 1954 mi t seiner A v i -
fauna l iechtensteiniana f ü r die Voge lwe l t geschaffen hatte. Dieser R a h -
men erwies sich aber schon sehr ba ld als z u eng, da meine Säuget ier -
kund l i chen Exkurs ionen nach Liechtenstein i m Laufe der vergangenen
zehn Jahre nicht nur der Faunist ik , also dem Nachwe i s der Ar t en
galten, sondern es wurden m ö g l i c h s t grosse Serien v o n K l e i n s ä u g e r n
gesammelt, die s p ä t e r — entsprechend meiner Hauptarbei ts r ichtung —
i m Zusammenhang mi t öko log i s chen , t iergeographischen u n d taxo-
nomischen Fragen untersucht wurden . Diese Aufgabe war umso inte-
ressanter, als i n Mit te leuropa erst einige wenige Arbe i ten aus j ü n g s t e r
Zeit vorl iegen, die sich mi t der zusammenfassenden Dars te l lung der
gesamten S ä u g e r f a u n a eines eng umschr iebenen Raumes befassen.
A u c h aus der Schweiz und dem west l ichen Ö s t e r r e i c h haben w i r
keine detaill ierte A b h a n d l u n g der gesamten S ä u g e t i e r w e l t . So beklagt
J A N E T S C H E K i n der Landeskunde Vorar lbergs von K . I L G (1961) zu
Beg inn seines Beitrages ü b e r die Tierwel t , dass « V o r a r l b e r g zu den
zoologisch noch wen ig untersuchten A l p e n l ä n d e r n , besonders i m H i n -
b l ick auf die k a u m i n A n g r i f f genommene Wissenschaf t von den Tier-
gemeinschaften, aber auch der ar t l ichen Zusammensetzung nahezu
al ler Tiergruppen gehö r t» , und sagt s p ä t e r noch insbesondere, dass
z. B . die M ä u s e noch sehr w e n i g bekannt seien (1. c. p. 221). — I m
159
gleichen Sinne ä u s s e r t e sich schon vorher K . B A U E R (1960), w e n n
er schreibt, dass die Säuge t i e r e auch i n Ö s t e r r e i c h zu den am wenigsten
bekannten Gruppen der Landesfauna g e h ö r e n , u n d dass b u c h s t ä b l i c h
nur eine einzige Arbe i t existiert, die die gesamte S ä u g e t i e r f a u n a eines
Gebietes zusammenfassend darstellt, n ä m l i c h K . Z A L E S K Y ' S Bearbei-
tung der «Säuget ie re des Gö l sen t a l e s» . — Inzwischen v e r ö f f e n t l i c h t e
J . N I E T H A M M E R (1960 b) eine a u s f ü h r l i c h e Dars te l lung eines
Seitentales der Kle insö lk (Niedere Tauern). F ü r die Zentra l - u n d West-
alpen feh len jedoch (abgesehen von Spezialarbeiten ü b e r einige Nager
i m Schweizer ischen Na t iona lpa rk und ü b e r F l e d e r m ä u s e allerneuesten
Datums — A E L L E N und Mitarbei ter 1950, 1960— 1962, D O T T R E N S
1962) nach wie vor Gebietsmonographien. Z w a r gibt F. B A U M A N N
(1949) mi t seinen « F r e i l e b e n d e n S ä u g e t i e r e n der Schweiz» eine u m -
fassende Auswer tung der alten und neueren Literatur, b i o z ö n o t i s c h e
Untersuchungen und regionale Besonderheiten f i nden i n diesem
Nachschlagewerk aber n a t u r g e m ä s s ke inen R a u m .
Das v o n m i r bearbeitete Mate r i a l umfasst i n erster L in i e die eigene
A u f s a m m l u n g von 650 K l e i n s ä u g e t i e r e n , z u denen Schäde l u n d Frag-
mente von ü b e r 100 K l e i n s ä u g e r n aus S c h l e i e r e u l e n g e w ö l l e n k o m m e n ,
sowie der Bestand an S ä u g e t i e r e n der Zoologischen Staatssammlungen
(Museum) i n Vaduz , die i n der Hauptsache von H e r r n R i c h a r d H O M -
B E R G , dem f r ü h e r e n Verwa l t e r der G r ä f l i c h - J o s e p h - S e i l e r n - A s p a n g '
sehen Sammlung i n Leschna ( O s t - M ä h r e n ) , gesammelt u n d p r ä p a r i e r t
wurden. Ausserdem zog i ch z u m T e i l die i n den Schulen des Landes
aufbewahr ten S tücke h inzu , vor a l l em die S a m m l u n g der Hauptschule
V a d u z sowie der Ebenholz-Schule u n d der neuen Schule i n Schaan. —
Lag der Schwerpunkt der Ma te r i a l sammlung also auf den K l e i n s ä u g e -
tieren, so konnten die jagdbaren Säuge t i e r e n a t ü r l i c h nur durch ge-
legentliche direkte Beobachtung sowie durch Besicht igung einzelner
T r o p h ä e n u n d kle iner Serien und durch Befragen der J ä g e r erfasst
werden. D a r ü b e r h i n a u s lieferte P r inz Hans v. u . z. L I E C H T E N S T E I N
dankenswerterweise einen Beitrag ü b e r die jagdliche Behand lung dieser
Tiergruppe, der w ö r t l i c h e i n g e f ü g t w i r d . — F l e d e r m ä u s e w u r d e n nur
i n einigen F ä l l e n gesammelt, da nur vereinzelte S c h l u p f w i n k e l i n
G e b ä u d e n entdeckt wurden , und u m die ansich geringen B e s t ä n d e
mög l i chs t zu schonen. Manche Ar t en sind also nur durch Beobach-
160
tungen festgestellt worden . N u r bei dieser Gruppe besteht auch noch
die Aussicht , dass i n Z u k u n f t weitere, bisher ü b e r s e h e n e A r t e n nach-
gewiesen werden k ö n n e n . —
Es sol len also hier nur die rezenten, f re i lebenden Säuge t i e r e des
Landes behandelt werden. —
Die Sammel- und B e o b a c h t u n g s t ä t i g k e i t wurde m i r i n Liechtenstein
nur durch das Entgegenkommen und die v ie l f ä l t ige H i l f e e r m ö g l i c h t ,
die m i r von a l len Seiten entgegengebracht wurde . S. D . der Regierende
Fürs t , F R A N Z J O S E P H II, gestattete das mehrfache Durchsuchen der i n
Frage kommenden R ä u m e des Schlosses nach F l e d e r m ä u s e n , u n d die
Fürs t l . Fami l i e n a h m auch gelegentlich als Zuschauer und H e l f e r a m
K l e i n s ä u g e r f a n g i m G e l ä n d e tei l . W i e schon i n me inen f r ü h e r e n Be-
richten hervorgehoben, ist m i r aber die Arbe i t an Ort u n d Stelle nur
e r m ö g l i c h t worden durch die grosse Begeisterung und entscheidende
Hi l fe l e i s tung des P r inzen Hans v. u . z. L I E C H T E N S T E I N aus Vaduz , der
als Zoologe und Vorsi tzender des Jagdschutzverbandes von vornhere in
der tragende G r u n d aller Unte rnehmungen w a r und blieb, nicht a l l e in
durch technische Hi l f e l e i s tung mi t der Beschaf fung der W o h n - u n d
F a h r m ö g l i c h k e i t e n , nicht nur durch die Kenntnis der ö r t l i c h e n Ver -
hä l t n i s se , sondern nicht zuletzt durch das sachliche Interesse an der
Arbe i t selbst. — Z u danken habe i c h ferner sehr he rz l i ch a l l ' denen,
die m i c h mi t grosser Passion i m G e l ä n d e und be im P r ä p a r i e r e n unter-
s tü tz t haben: H e r r n R. H O M B E R G , der w ä h r e n d meiner ersten Exkur -
sionsfahrt noch i n V a d u z wohnte, und dem ich die E i n f ü h r u n g i n die
V i e l f a l t der A l p e n w e l t dieses Landes verdanke, H e r r n Real lehrer
H a n n o M E I E R aus Mauren , der m i c h als sehr interessierte und landes-
kundige Stü tze bei den Exkurs ionen ins Unte r l and u n d z u m Va lo r sch
begleitete, H e r r n Dr . med. H j . K U H N aus Heide lberg u n d me inem
jungen H e l f e r Ro land S C H U L Z , die m i r wochen lang i m G e l ä n d e u n d
am P r ä p a r i e r t i s c h ha l fen , und den «Jagern» des Landes, H e r r n Huber t
N E G E L E , M e i n r a d SELE und Joh . E B E R L E , die m i r ihre H ü t t e n zur
V e r f ü g u n g stellten, m i c h be im Wiese l fang u n t e r s t ü t z t e n u n d m i r ihre
Er fahrungen u n d Beobachtungen mit tei l ten. Ebenso danke ich H e r r n
F l o r i a n K I N D L E f ü r die Mögl ichke i t , das Schloss Gutenberg m e h r f a c h
untersuchen z u k ö n n e n , sowie dem R e g i e r u n g s g ä r t n e r , H e r r n Albe r t
N I G G , der m i r i n seiner ausgezeichneten Beobachtungsgabe u n d H i l f s -
bereitschaft eine unersetzliche H i l f e war . Wich t ige Beobachtungen
161
und ausserdem eine herzl iche Gastf reundschaf t e r fuhr i c h insbesondere
noch bei H e r r n Bernhard S E G E R i n Schaan.
Ich danke aber auch nicht minder he rz l i ch dem His tor i schen V e r e i n
fü r das F ü r s t e n t u m Liechtenstein i n V a d u z und seinem Vors i tzenden
H e r r n D a v i d B E C K , sowie H e r r n Regierungschef a. D. , Dr . A lexande r
F R I C K f ü r die weitgehende U n t e r s t ü t z u n g meines Vorhabens durch
die Beschaf fung u n d Bereitstel lung der Li teratur u n d vor a l l en D ingen
f ü r die Druck legung meiner Arbe i ten . — Der Druckere i L. H I L T Y .
Schaan, danke i c h f ü r das Entgegenkommen bei den technischen E i n -
zelheiten der A u s f ü h r u n g und der Wiedergabe der Abb i ldungen . —
Die B i lde r wurden , wie jeweils angegeben, v o n verschiedenen
Seiten geliefert; die ü b r i g e n s ind eigene A u f n a h m e n . •—
Die wissenschaft l iche Auswer tung des Materiales erfolgte i m Zoo-
logischen Forschungsinstitut und M u s e u m Alexander Koen ig in
B o n n (ich danke auch an dieser Stelle H e r r n Di rek tor Prof. Dr.
M . E I S E N T R A U T und H e r r n Kustos Dr . H . W O L F f ü r die Unter-
s t ü t z u n g der Arbei t ) , wobe i m i r z u m Verg le ich nicht nur die Samm-
lungen unseres Institutes zur V e r f ü g u n g standen, sondern verschiedene
Balgserien von andern Museen und pr ivaten S a m m l e r n herangezogen
werden konnten. A l l e n Kol legen und insbesondere den Museen Stock-
ho lm, Leiden, Strassburg, London, B e r l i n u n d Bern sei auch an dieser
Stelle f ü r die le ihweise Ü b e r l a s s u n g ihres Mater ia ls nochmals herz-
l i c h gedankt. — Ebenso danke i ch hier F r l . Dr . h a b i l . K . KÜMMEL
vom Naturhist . Ve re in d. Rhein lande i n B o n n f ü r zahlre iche Literatur-
h i l f en . —
E I N L E I T U N G
A l s i c h vor dem Kriege das Liechtensteinische L a n d z u m ersten
Ma le von der Vorar lberger Grenze aus (von der Rheinebene u n d von
der Dreischwersterngruppe) vor m i r l iegen sah, w a r i ch nicht nu r von
seiner S c h ö n h e i t und Mannigfa l t igke i t begeistert, sondern es f i e l m i r
vor a l l em n a t ü r l i c h der steile Anst ieg auf, der rasch v o n der Rhe in-
ebene bis h inauf z u den Zwei tausendern reicht (s. R e l i e f - A b b . 1).
Ta t s äch l i ch b e t r ä g t die kartierte Ent fe rnung v o m R h e i n bis z u m ersten
Geb i rgskamm i m Osten nur etwa 2.6 (Si lumer K u l m ) bis 6 k m (Drei-
162
1 - Reliefdarstellung des Fürstentums (Aus dem Landesmuseum Vaduz. Foto W. Wächter Vaduz)
Schwestern), und innerha lb dieses relat iv schmalen Streifens (von
etwa 25 k m Länge) entfaltet s ich der wesentliche T e i l des Landes.
A u f der kurzen Strecke v o m Rhein ta l (450 m ü . M.) bis zur hoch-
a lp inen Grasheidenstufe (bei etwa 1800 m) vol lz ieht sich i n dicht
aufeinanderfolgenden Stufen nicht nur der imposante Wechse l der
Pf lanzendecke (von den subtropischen V e r h ä l t n i s s e n der A u w a l d -
streifen a m Rhe in und den W e i n h ü g e l n und - H ä n g e n des Kul tur landes
bis zu den kargen H o c h a l m e n unterhalb der S c h n e e b ö d e n ) , sondern
mi t i h m auch der krasse U m w e l t w a n d e l f ü r die Tiere, insbesondere
f ü r die eng an den Lebensraum angepassten und nur wen ig weit
wandernden K l e i n s ä u g e t i e r e .
Dieser Gebietsstreifen des Liechtensteiner Landes ist aber noch
deshalb besonders interessant, w e i l es sich bei den ver t ika len Unter-
schieden durchaus nicht i m m e r u m morphologisch scharf markierte
Stufen mi t deut l ichen G r e n z l i n i e n handelt, w i e etwa an den gewal-
tigen A b b r u c h w ä n d e n des Dreischwesterngebietes, sondern es schieben
sich gewaltige Be rgs tü rze und Rutschungen zwischen die S t e i l h ä n g e ,
die dort e in g l e i c h m ä s s i g e s Ansteigen des G e l ä n d e s verursachen. Hie r -
163
Abb. 2 — Das Bergsturzgelände um Triesenberg (Foto-Verlag s. Eberle, Triesenberg)
zu g e h ö r t vor a l l e m die breite Schuttzone, die von Triesen ü b e r Tr ie-
senberg bis fast z u m S i lumer K u l m h inauf re ich t u n d heute w ie eine
sanft ansteigende, breite A u f f a h r t zwischen die W ä n d e der Dre ischwe-
sterngruppe und der W a n g h ö h e gelegt erscheint (Abb. 2). Gerade an
dieser Stelle e r f ä h r t durch eine Biegung des Rheines die Ta ln iederung
eine erhebliche V e r s c h m ä l e r u n g , so dass die Ent fe rnung v o m Strom
bis z u m K a m m des S i lumer K u l m s kar tographisch auf nur wen ig
mehr als 2,5 k m zusammenschrumpft . H i e r ergibt s ich also der f ü r
den Zoologen seltene F a l l , dass er Tiere der grossen S t r o m t ä l e r und
des Flachlandes und hochalpine Formen, auf engsten R a u m zusammen-
gerück t , studieren kann , wobei das Wichtigste dabei ist, dass die ver-
schiedenen H ö h e n g ü r t e l gleitend ineinander ü b e r g e h e n .
Fü r den öko log i sch Interessierten ergaben s ich dadurch einige
Fragen, die mi t der Artenzusammensetzung dieser rasch und gle ich-
m ä s s i g ansteigenden L e b e n s s t ä t t e n z u s a m m e n h ä n g e n , w ie A b h ä n g i g -
keit von der k l imat i schen und strukturel len Situat ion des Biotops,
A u s w i r k u n g von Le i t l i n i en und Wanderwegen, die Herausb i ldung
und Beschaffenheit der Kontaktzonen zwischen den — ihrer He rkunf t ,
164
Karte I - Ubersicht über das Untersuchungsgebiet (Fürstentum Liechtenstein)
ihren ö k o l o g i s c h e n A n s p r ü c h e n und ih ren Einwanderungswegen nach
verschiedenen — Artengruppen und schliessl ich das P rob l em der
ausserartlichen Konkur renz i n den b e g ü n s t i g t e n L e b e n s r ä u m e n .
D a r ü b e r h i n a u s bot die Rheintalseite des Landes eine gute Gelegen-
heit, den Fragen nach der historischen Besiedlung durch mehr autoch-
thone (alpine) oder v o m Norden und Westen (cf. J A N E T S C H E K 1961,
s. u.) eingewanderte Formen nachzugehen, wobei das breite Eingangs-
tor der Rheinsenke seit dem R ü c k z u g des Gletschers prakt isch a l len
w e s t e u r o p ä i s c h e n S ä u g e t i e r a r t e n den W e g ö f f n e t e . H i e r b e i w a r es v o n
besonderem Interesse, n a c h z u p r ü f e n , ob und wiewe i t die Einwanderer
morphologisch und öko log i sch i h r en Charakter , z. B. als Tiere der
ar iden Steppen und Buschsteppen ver loren mi t dem Eindr ingen i n die
Moor- und Sumpfwaldgebiete des Rheintales. Wisent u n d Auerochse,
E l ch und Biber fanden sich — neben Steinbock und Gemse ! — noch
i n den Speiseresten der neol i thischen bis r ö m e r z e i t l i c h e n Siedlungen
a m Eschnerberg und i n Schaan ( W Ü R G L E R 1958, H A R T M A N N - F R I C K
1960), und andererseits musste s ich die — wahrsche in l i ch f r ü h z e i t i g —
einwandernde Feldmaus, als u r s p r ü n g l i c h xerophi ler .Halbsteppen-
bewohner, mi t den feuchten W a l d - und Ü b e r s c h w e m m u n g s g e b i e t e n
auseinandersetzen. Dies gilt bis z u e inem gewissen Grade f ü r andere,
aus trockeneren Gebieten e inwandernde K l e i n s ä u g e r (Sp i t zmäuse )
ebenfalls, w o r ü b e r i m Zusammenhang mi t der F ä r b u n g und der B i o -
t cpwah l dieser Tiere noch zu berichten sein w i r d .
Die Gebiete ös t l ich des oben e r w ä h n t e n Kammes und der Wasser-
scheide des Gebirges, d. h. das Saminata l mi t seinen Se i t en t ä l e rn , dem
Valorsch und dem Malbun ta l , das zur Vorar lberger III e n t w ä s s e r t ,
waren als H o c h t ä l e r f ü r meine Untersuchungen insofern von Bedeu-
tung, als hier neben der ve r t ika ln Ausbre i tung einiger A r t e n vor a l l em
auch die A b h ä n g i g k e i t von der Pf lanzendecke und den k l imat i schen
Bedingungen i m Verg le ich zur sonnenseitig orientierten Rheinabda-
chung studiert werden konnte. —
43 wi ld lebende S ä u g e t i e r a r t e n konnten i n Liechtenstein nachge-
wiesen werden, und es ist bemerkenswert, dass mi t Ausnahme zweier
Huft iere alle Ar t en innerha lb des k l e inen Raumes zwischen V a d u z -
Triesen-Silumer K u l m festgestellt werden konnten. — (s. Kar te I).
166
Die Farbtafe] wurde z. T. mit Unters tü tzung des Landesjagdschutzverbandes Liechtenstein hergestellt.
Oben : links Feldspitzmaus (Crocidura leucodon)
rechts Rehbock (ca. 4 jährig) im «atlantischen Färbungstyp». Erlegt
im Erble bei Rotenboden (956 m) am 3. VIII. 1960
Unten: links Rothirsch (alter Zwölfender. 162,84 Punkte). Erlegt am Kumme-
rer (1200 m) von Prinz Eugen v. u. z. Liechtenstein am 18. XI. 1961
rechts Junge Haselmaus (Muscardinus avellanarius). Freilandaufnahme
Die Säugetierarten
A B K Ü R Z U N G E N U N D Z E I C H E N
ad. <• l L l l t t I C ' KAS l I K / I -} Ii
Skbr. Schädelkapselbreite
Rostr. Rostrum = Schnauze
Zyg. Zygomatische Breite = Jochbogenbreite
subad. subadult = eben herangewachsen
med. medius = halberwachsen
inf. infantil = kindlich
n numerus = Anzahl
CB. Condylobasallänge = Schädellänge
Gew. Gewicht
Hf. Hinterfusslänge
juv. juvenis = jugendlich
K + R Kopf- + Rumpf-Länge
Schw. Schwanzlänge
ssp. Subspecies = Unterart (Rasse)
0 Durchschnitt
6 männlich
? weiblich
Alle Maße in Millimeter, Gewichte in Gramm
Ordnung! Insektenfresser — Insectivora
Familie: Igel — Erinaceidae
E u r a s i s c h e r I g e l — Erinaceus europaeus europaeus L. 1758
M a t e r i a l : ^ ad. ( abgesäug t ) , Vaduz , 16. 8. 1962
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : Bälge , Schäde l und Skelette von folgen-
den Fundorten (in K l a m m e r n A n z a h l ) : Rhe in l and (13), I tal ien (3),
Spanien und Portugal (19), Mit te ldeutschland (4), P a l ä s t i n a (1),
Mandschure i (2); W a n d e r i g e l — Erinaceus algirns: Tunesien
(2), A lge r i en (2), M a r o k k o (2), M a l l o r c a (1).
167
F ä r b u n g : Liechtenstein: Unterseite und E x t r e m i t ä t e n ein, durch
herausragende, gelbl iche Grannenhaare verwaschenes Braun , a m i n -
tensivsten an der Brustmitte und an der Unterseite der A r m e — etwa
Bone B r o w n ' ) . K i n n , Kehle u n d Gebiet unter den A c h s e l n t r ü b weiss.
K ö r p e r s e i t e n e in Gemisch von stumpf braunen (Unterhaar etwa Na ta l
Brown) und blass b r ä u n l i c h bis weiss l ichen (Grannenhaare etwa
W o o d B r o w n bis Pale O l i v e - B u f f ) F a r b t ö n e n . H in t e r den Ohren , an
den Schnauzenseiten und e in St i rnf leck dunkelbraun . N a s e n r ü c k e n
t r ü b weiss. Stacheln i m ap ika len T e i l oberhalb der Hau t blass horn-
gelb (Pinkish Buf f ) , die dunkle subterminale Binde tief schwarzbraun
(etwa Seal Brown) u n d die distale Spitze weiss l ich .
Dami t entspricht das Stück i n der F ä r b u n g etwa den hier vor l ie-
genden Bä lgen aus dem n ö r d l i c h e n Rhe in l and (Bonn), abgesehen von
den mehr ausgedehnten und a u f f ä l l i g e r e n weissen Par t ien (Nasen-
r ü c k e n ) . D ie V a r i a b i l i t ä t der weissen Fel lbez i rke ist b e i m Igel bekannt
und w i r d von z w e i verschiedenen Faktoren bestimmt. E i n m a l durch
die a l lgemein zu beobachtende Tendenz, i m niederschlagsreichen,
ozeanischen Kl imabe re i ch N W - E u r o p a s dunkele, meist gelb-rot-braun
betonte Haar fa rben hervorzubringen, w o r ü b e r i c h schon be i anderen
S ä u g e r n i m e inzelnen berichtet habe (1961a, 1963a), und z u m anderen
durch das Kreuzungsergebnis zweier e u r o p ä i s c h e r Igelformen, des
West- (Braunbrust-) und des Ostigels (Weissbrustigel), wobei die K o n -
takt- und Vermischungszone bekannt l ich n o r d - s ü d l i c h von der Ostsee
bis zur A d r i a v e r l ä u f t . Es w ä r e also auf eine mehr u m w e l t a b h ä n g i g e
und eine mehr genetisch bestimmte Ursache z u r ü c k z u f ü h r e n , wobe i
letzten Endes aber — d. h. i h r em Ursprung nach — beide k a u m z u
trennen sind (cf. von L E H M A N N , 1963a). A u f jeden F a l l besteht be im
Igel die deutliche Tendenz, i n den s ü d l i c h e n (Mit telmeerraum) und
i n den mehr kontinental- trockenen Gebieten (SO-Europa) die weissen
Bezirke des Felles z u v e r g r ö s s e r n . Dies ist u n a b h ä n g i g von der syste-
matischen Z u g e h ö r i g k e i t der e inzelnen Gruppen , so dass sogar die
F ä r b u n g s k e n n z e i c h e n oft ganz verwischt werden. B e i den h ier vor-
liegenden Bä lgen ergibt sich z. B. folgendes B i l d : Mitteldeutsche
Tiere aus der Umgebung von B e r l i n zeigen i m P r inz ip die gleiche
B a u c h f ä r b u n g wie das L iech tens te in -S tück , sie s ind der b r a u n b r ü s t i g e n
*) alle Farbangaben nach Ridgway (1912)
168
West fo rm zuzute i len; der braune Fleck auf der Brust ist jedoch stark
reduziert und verwaschen von einer weiss l ichen A u f h e l l u n g , die die
gesamte Unterseite v o m K i n n bis z u m A f t e r durchsetzt. Z w e i Igel aus
Schlesien g e h ö r e n jedoch schon der Os t fo rm an — die gesamte vordere
H ä l f t e der Unterseite ist weiss, die hintere H ä l f t e (Bauch) ist braun,
wobei nach den Seiten eine F leckung u n d eine Vermischung durch
weisse, lange Grannen vorliegt. G a n z ä h n l i c h ist die Unterseite zweier
Wander ige l (Erinaceus algirusj, die w i r aus den B e r g l ä n d e r n Ost-
Marokkos haben: Der vordere T e i l der Unterseite ist weiss, der hintere
T e i l des Bauches k r ä f t i g braun, i n e inem Fal le durch blasse Haare
aufgehellt . — Andererseits ist von den Trockengebieten West -Marokkos
eine helle, w e i s s b ä u c h i g e Unterart beschrieben worden (lavaudeni),
und ebenso haben die m i r hier vor l iegenden Bälge der gleichen A r t
aus Tunesien und von der Insel M a l l o r c a eine re in weisse Unterseite,
die dann aber auch bei den s ü d l i c h e n Vertretern des Eurasischen Igels
(Erinaceus europaeus) i n der der gleichen Reinhei t auftri t t — absolut
w e i s s b ä u c h i g s ind z. B. die hier vorl iegenden Igel aus Portugal , der
gröss te T e i l der mit telspanischen Tiere (cf. J . N I E T H A M M E R , 1956),
und die beiden Bälge aus der Gegend von Te rn i i n I tal ien s ind so
hochgradig aufgehellt , dass der braune Brustf leck nur ganz schwach
angedeutet ist. Ebenso berichtet B A U E R (1960) ü b e r die a u f f ä l l i g e
He l l igke i t der Igel (Ostigel) v o m Neusiedler See (als Gl i ede r der sog.
pannonischen Steppenfauna):
«In der Färbung fallen die Neusiedlersee-Tiere durch ihre Helligkeit auf.
Von den 3 Bälgen und 24 lebenden Tieren hatte nur ein einziges Stück, ein
männliches Jungtier (Nr. 52/350), ausgedehnte dunkle Partien auf der Unter-
seite. Acht der lebend untersuchten Tiere zeigten Zeichnungen, wie sie
HERTER (1952) unter V und VI abbildet, die anderen 16 lebenden Stücke und
auch die beiden Bälge haben die Unterseiten von der Schnauzenspitze bis zur
Schwanzwurzel weiss, ohne jede Einsäumung durch dunkle Haare . . . ».
A u f derartige Konvergenzerscheinungen komme ich bei der Be-
sprechung der S c h ä d e l e l e m e n t e nochmals z u r ü c k .
K ö r p e r m a ß e : K + R 288, Schw. 24, Hf . 44, O h r 28 m m . —
M I L L E R (1912) f ü h r t f ü r z w e i Igel aus St. G a l l e n folgende M a ß e an :
K + R 279 und 297, Schw. 41 und 43, H f . 44 u n d 47. Unser Stück
enspricht also i n den K ö r p e r a b m e s s u n g e n etwa der ostschweizer
Populat ion.
169
Schädelmasse:
Herkunft C B
Länge
Zyg.
Breite
Mastoid-
Breite
Postorb.
Vereng.
Rostrum-
Breite
Palat.-
Breite
Ob. Unt.*)
Zahnreihe
Liechtenstein 59,2 36,9 29 14,5 12,2 17,3 28 22,9
Bonn 61,1 36,9 29,4 14,6 13,4 17,7 31 24,3
Berlin 60,8 38,8 29,8 14,6 11,9 18,9 29,6 24,3
St. Gallen 60 37,8 29,8 14,2 12,2 18,6 29,8 23,2
und Appenzell 62,6 38,8 30,8 15,6 14,2 19 31,6 25
(4 St. nach MILLER)
Marokko (62.110) 59,3 (34) 28,7 14,7 11,4 18,5 29,3 22
*) Alveolenentfernung
Hie rmi t liegt das Vaduzer T ie r i n den S c h ä d e l m a s s e n etwas unter
den verglichenen, etwa gleichalterigen Igeln aus Westdeutschland
und auch unter denen, die M i l l e r (1912) f ü r die Ost-Schweiz a n f ü h r t .
Abb. 3 — links Eurasischer Igel aus Vaduz, rechts Wanderigel aus Marokko
Besonders a u f f ä l l i g ist die Redukt ion der Zahnre ihen und das z i e m l i c h
schmale Rost rum (Schnauze), so dass i m Schäde l eine gewisse Ä h n l i c h -
keit mi t dem S W - p a l ä a r k t i s c h e n Wander ige l (Erinaceus algirus) ent-
steht (Abb. 3). — H i e r z u ist zu sagen, dass g r u n d s ä t z l i c h beide Ar t en
zur k u r z k ö p f i g e n , r a m s n ä s i g e n Gruppe g e h ö r e n , w ä h r e n d der Ostigel
(roumanicus) e in schlankeres Rostrum zeigt, o b w o h l dieser genetisch
dem West igel wesent l ich n ä h e r steht als dem Wander ige l . (Rouma-
nicus w i r d von manchen Bearbeitern nur unterart l ich, von anderen
ar t l ich v o m Westigel , Erinaceus europaeus europaeus, geschieden. Ich
vermute, dass es sich u m Prospecies i m Sinne von S C H I L D E R — cf.
von L E H M A N N 1960a — handelt, womi t die nomenklatorische F ix i e -
rung schwier ig wi rd ) .
170
Bei der Ermi t t lung dieser S c h ä d e l p r o p o r t i o n e n ergaben s ich n u n
jedoch interessante Feststellungen. Ü b l i c h e r w e i s e w i r d die Schnauzen-
l änge durch einen Index a u s g e d r ü c k t (cf. H E R T E R 1952), der s ich aus
dem V e r h ä l t n i s von L ä n g e zur H ö h e des M a x i l l a r e (Oberkieferbein)
errechnet, wobe i die L ä n g e der oberen Kante des M a x i l l a r e (am
Nasale) durch die H ö h e (gemessen v o m hinteren Rand des Can inus
h inauf z u dem Punkt, i n dem M a x i l l a r e , P raemaxi l l a re und Nasale
zusammenstossen) dividier t w i r d . Es ist k lar , dass dieses Mass wesent-
l i c h von der A u s f o r m u n g dieses Knochens a b h ä n g t , d. h . ob das Ober-
k ie fe rbe in l ang (und das Zwischenk ie fe rbe in schmal u n d steil) ist.
T a t s ä c h l i c h haben nun die ö s t l i c h e n F o r m e n des Eurasischen Igels
durchweg e in relat iv weit nach h in ten ragendes M a x i l l a r e (so dass die
Nasenbeine dazwischen erhebl ich z u r ü c k b l e i b e n ) ; von den hier vor-
l iegenden S c h ä d e l n von Schlesien ü b e r Gr iechen land bis P a l ä s t i n a u n d
zur Mandschure i gibt es jedenfal ls keine Ausnahme . D a m i t w ä r e also
die L a n g s c h n ä u z i g k e i t des Ostigels (einschliesslich der ssp. transcau-
casicus !) i n der Hauptsache durch die L ä n g e des Oberkieferbeines
bedingt. Interessant ist es nun aber, dass schon bei den wenigen, m i r
vor l iegenden I g e l s c h ä d e l n z w e i A u s n a h m e n sofort a u f f a l l e n : Z w e i
Schäde l der « r a m s k ö p f i g e n G r u p p e » s ind ausgesprochen schlank und
l a n g s c h n ä u z i g — ein Vertreter der West igel aus Mit te l - I ta l ien (Nr.
60.452) und ein Wander ige l von der Insel M a l l o r c a (Erinaceus algirus
vagans). W i e die A b b i l d u n g 4 zeigt, handelte es sich b e i m Ver -
gleich u m etwa gle ich grosse Tiere ; m a n erkennt aber auch, dass die
Streckung des Rostrums auf verschiedene Weise ereicht wurde : be im
Ostigel (oben rechts) ist das M a x i l l a r e , wie meist, sehr lang, be im
i tal ischen Igel (daneben) ist es hingegen extrem kurz und d a f ü r das
Zwischenkie fe rbe in (Praemaxil lare) wei t nach h in ten gestreckt; be i
den beiden Wander ige ln (unten) ist die L ä n g e der M a x i l l a r e nur un -
wesentl ich verschieden (bei dem Stück aus Alge r i en 13,5, b e i m M a l -
l o r c a - S c h ä d e l 14 mm) , u n d die Schlankhei t des Rostrums des l i n k e n
Schäde l s ist h a u p t s ä c h l i c h durch eine « m a ß s t a b g e r e c h t e » al lgemeine
Verr ingerung der ü b r i g e n beteiligten Knochen erreicht worden. Bei der
oben a n g e f ü h r t e n Messmethode w ü r d e n diese v ier Schäde l folgende
Indizes haben (s. Zusammenste l lung) :
171
Schädel alte Messmethode (— lndices) neue Messmethode ( - lndices)
Italien (60.452)
Ostigel (Er. 291)
Wanderigel Mallorca
Wanderigel Algerien
0,7
1,0
1.1
1,2
0,71
0,71
0,71
0,81
Liechtenstein
Marokko (62.110)
0,78
0,92
0,87
0,81
W e n n m a n das ü b l i c h e K r i t e r i u m j > 1 = l a n g s c h n ä u z i g u n d
<^ 1 = k u r z s c h n ä u z i g hier anwendet, kommt m a n also bei der alten
Messmethode zu ganz fa lschen Sch lüssen , denn der Italiener ist aus-
gesprochen l a n g s c h n ä u z i g und der Alger ier , umgekehrt, k u r z s c h n ä u z i g .
Ich messe daher die Länge des Rostrums v o m fo ramen inf raorbi ta le
bis z u m vordersten Punkt des Praemaxi l la re , also bis zur Schnauzen-
spitze. Die H ö h e nehme i ch i n der ü b l i c h e n Weise (s. o.) u n d div id iere
H ö h e durch Länge . A u f diese Weise ergeben die vier S c h ä d e l die oben
i n der Tabel le angegebenen Werte. D ie beiden S c h ä d e l der A b b . 3
haben dann Indizes, die oben ebenfalls a n g e f ü h r t s ind. — M a n k a n n
also das Kennze ichen f ü r e in gestrecktes Ros t rum bezw. f ü r e inen
k u r z s c h n ä u z i g e n , r a m s k ö p f i g e n Typ bei einer Indexzahl u m 0,78 fest-
legen, d. h . ^> 0,78 = r a m s k ö p f i g und <^ 0,78 = l a n g s c h n ä u z i g . —
E i n hier vorl iegender Schäde l aus P a l ä s t i n a hat z. B . den Index 0,75.
ist also l a n g s c h n ä u z i g , obwoh l diese Gruppe neuerdings z u Erinaceus
europaeus, also nicht z u m Ostigel gestellt w i r d (cf. E L L E R M A N &
M O R R I S O N - S C O T T 1951).
M i t meiner Messmethode w i r d n u n z w a r die S c h ä d e l f i g u r a t i o n
besser dargestellt, es kann und sol l aber mi t diesem V e r f a h r e n durch-
aus ke in taxonomisches K r i t e r i u m geschaffen werden, i m Gegentei l ,
man ersieht daraus nur, dass L a n g s c h n ä u z i g k e i t u n d K u r z s c h n ä u z i g -
keit zwar i m al lgemeinen als Kennze ichen bestimmter Verwandt -
schaftsgruppen anzusehen sind, dass aber unter U m s t ä n d e n innerha lb
der gleichen Gruppe beide Formen v o r k o m m e n k ö n n e n . Es ist dies
nichts anderes als das Prob lem der W u c h s f o r m , ü b e r die
M E U N I E R (1962) k ü r z l i c h bei anderen S ä u g e r n sehr anschaul ich be-
richtete. Er sagt h ie rzu e i n f ü h r e n d : «Von v ie len Eigenschaf ten gibt es
Para l le lvar ia t ionen i n den verschiedenen Unterarten, die nicht etwa
das Ergebnis von Popula t ionsmischungen sind, sondern z u m Wesen
172
der V a r i a b i l i t ä t ü b e r h a u p t g e h ö r e n . . . . Ihr Vorhandense in hat o f fen-
s icht l ich mi t den Kategorien systematischer Trennung oder Zusammen-
fassung nichts zu tun . . . D ie verschiedenen Wuchs typen als Ausgangs-
formen anzusehen, w ä r e schon methodisch ein I r r t u m » . —
Abb. 4. Obere Reihe: links Igel
aus Italien (langschnäuzig), Ost-
deutschland (langschnäuzig);
Untere Reihe: links Wanderigel
aus Mallorca (langschnäuzig),
rechts Wanderigel aus Algerien
(kurzschnäuzig)
Abb. 5 - Die gleichen Ober-
schädel von Abb. 3 : links Wan-
derigel, rechts Eurasischer Igel
aus Vaduz (vergl. die Gau-
menformen!)
173
Es kann also bei den Igeln weniger die ä u s s e r e F o r m des Schäde l s
entscheidend f ü r eine systmatische B ü n d e l u n g sein als v i e lmehr das
Verha l ten e i n z e l n e r S c h ä d e l k n o c h e n ; z. B . scheint m i r e in relativ
weit nach hinten reichendes M a x i l l a r e f ü r alle Ost igel u n d i n gewisser
Weise auch f ü r algirus charakterist isch z u sein, entsprechend der g le i -
chen Erscheinung bei anderen Gattungen (Ohrenigel) mit mehr öst-
l icher Verbre i tung (Paraechinus, Hemiechinusj. D ie alte Messmethode
sagt also g r u n d s ä t z l i c h nichts ü b e r die F o r m des Rostrums aus, sie
scheidet aber nach einem, wahrsche in l i ch taxonomisch wicht igen,
Einzelelement des Schäde l s (Oberkieferknochen) .
Eine weitere ä u s s e r e Ä h n l i c h k e i t (Konvergenz) besteht i m Gebiss
zwischen v ie len West igeln und dem Wander ige l . W i e schon e r w ä h n t ,
zeigt das Vaduzer Stück eine erhebliche Gebissredukt ion; alle Z ä h n e
sind relativ k le in , und dadurch verl iert auch der letzte untere V o r -
backenzahn (Praemolar, P4) sein typisches Aussehen, das i h m von
manchen Autoren (cf. Traite de Zoologie, 1955) heute noch als Ar t -
kennzeichen und Unterscheidungsmerkmal g e g e n ü b e r dem Wander -
igel zugeschrieben w i r d — die Dreispi tz igkei t ! B e i dem Vaduze r
Stück kann i n dem nur schwach angekauten Gebiss von einer drit ten
Spitze, wie sie M i l l e r (1912) abbildet, keine Rede sein, nur rechtsseitig
ist satt des Metaconids e in ganz kleines C i n g u l u m erkennbar. Prakt isch
hat der Zahn z w e i Spitzen u n d den Talus . — Die hier durchgesehenen
Ige l schäde l zeigten i n dieser Hins ich t folgendes B i l d . (Stark abgekaute
Zahnre ihen bl ieben u n b e r ü c k s i c h t i g t ) :
Herkunft n PJ: 3 Spitzen unklar 2 Spitzen
europaeus:
Westdeutschland 5
Liechtenstein 1
Spanien u. Portugal 13
Italien 2
Palästina 1
roumanicus 2
algirus 7
M a n ersieht daraus, dass die A u s b i l d u n g der drit ten Spitze i n P-t bei
manchen West igeln und auch bei roumanicus sehr w e n i g deut l ich ist
und auch ganz fo r t fa l l en kann , w ie es be im Wander ige l der F a l l ist.
Dami t ist dieses Kennze ichen — ebenso wie die A n z a h l der W u r z e l n
4 1
1
6 5 2
1 1
1
1 1
7
174
beim drit ten oberen Schneidezahn (bei europaeus 1, bei algirus 2
Wurze ln) und die, recht variabele, A u s f o r m u n g der hinteren Joch-
bogenenden — ke in sicheres Untersche idungsmerkmal und nur so
bedingt zu verwenden w ie die F o r m des Rostrums (Rams- oder Spitz-
näs igke i t ) . N a c h dem m i r vorl iegenden Mate r i a l ist das einzige, ab-
solut sichere Unterscheidungsmerkmal a m Schäde l zwischen europaeus
und algirus die V e r l ä n g e r u n g des harten Gaumens nach hinten ü b e r
den Querwuls t hinaus i n den Bereich des F l ü g e l b e i n s ( V e r k ü r z u n g der
fossa mesopterygoidea) be im Wander ige l , wie es schon T H O M A S
(1918) mi t Recht i n seinem, jetzt etwas i n Vergessenheit geratenen
Schlüsse l herausgehoben hat. In diesem Punkt ist auch eine sehr gute
U n t e r s c h e i d u n g s m ö g l i c h k e i t zwischen dem Vaduze r Schäde l und dem
des vergl ichenen Wanderigels aus M a r o k k o (Nr. 62.110) gegeben, trotz
g röss te r Ü b e r e i n s t i m m u n g i n Fo rm und Grösse (Abb. 5). —
Der Igel ist i m Liechtensteinischen Rhe in ta l nicht selten; ausge-
sprochen h ä u f i g i n den G ä r t n e r e i e n und Obstbaugebieten des w a r m e n
und g e s c h ü t z t e n Streifens zwischen den Siedlungen und dem Steil-
hang des Gebirges i n Vaduz , w o das vorl iegende Stück auch von
H e r r n R e g i e r u n g s g ä r t n e r N I G G gesammelt wurde. Ü b e r die vert ikale
Ausbre i tung läss t s ich sagen, dass der Igel sich i n Triesenberg (900 m)
noch for tpf lanzt (Beobachtung D a v i d B E C K ) , dass aber aus dem Sa-
mina ta l (Steg, 1300 m) nurmehr e^ne Einzelbeobachtung vorliegt
( N E G E L E ) . — A u c h von T S C H U D I (1854) berichtet schon, dass der
Igel i n der Schweiz nirgends h ä u f i g ist, aber auch nicht selten, und
i n manchen Gegenden nur die T ä l e r bewohnt und das Gebirge meidet.
Er berichtet ferner, dass der Igel z w a r nicht verfolgt und gegessen
w i r d , dass i h n aber die Bauern nicht unter den S tä l l en dulden, «da sie
fest ü b e r z e u g t sind, die Fruchtbarkei t der K ü h e leide gewalt ig durch
die N ä h e der Igel». —
Familie: Spitzmäuse — Soricidae
W a l d s p i t z m a u s — Sorex araneus tetragonurus H E R M A N N 1780
M a t e r i a l : 49 Bälge und Schäde l , 57 G e w ö l l s c h ä d e l und Fragmente.
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : I tal ien (26), Schweiz (13), F rankre ich
(8), England (8), Belgien (20), H o l l a n d (26), Schweden (8), Ös te r -
reich (29), Deutschland (ca. 600).
175
F ä r b u n g : Die Liechtensteiner W a l d s p i t z m ä u s e sind i m Jugend-
kle id ( r - Ers t l ingskleid ?) deut l ich «grauer» als die erwachsenen Tiere,
etwa M u m m y B r o w n bis h ö c h s t e n s vereinzelt Prout s B r o w n . D ie Scha-
bracke (abgesetzte R ü c k e n f ä r b u n g ) ist als solche nicht i m m e r deut l ich.
Im zwei ten Sommer s ind sie, wie bereits 1954 a u s g e f ü h r t , oberseits
tief schwarz-braun (Seal Brown) mit deut l ich abgesetzter hel ler Seiten-
zone (Verona B r o w n bis W o o d Brown) . D ie Tiere mi t k r ä f t i g braunen
Seiten s ind auch unterseits rotbraun ü b e r h a u c h t . Dami t ist das zweite
Sommerkle id praktisch das gleiche wie bei den m i r vorl iegenden Serien
aus Norddeutschland und aus U p p l a n d (Schweden), der Terra typica f ü r
die N o m i n a t f o r m (Sorex araneus araneus L.) . A u c h die dunk len V a -
rianten meiner adulten Sommertiere aus der V o r e i f e l und dem H o h e n
V e n n haben die gleiche F a r b t ö n u n g , wenngle ich hier u n d bei den
N i e d e r l ä n d i s c h e n Serien schon ein helleres Braun h ä u f i g ist (cf. von
L E H M A N N 1954, 1955a, 1957/62). — Im W i n t e r k l e i d zeigen d e
Liechtensteiner Tiere i n der Farbe das, was i ch 1955 mi t «he l l em Typ»
bezeichnete: die dunkle Schabracke (Light Seal Brown) ist schmal und
die he l l silbergraue Bauch- und S e i t e n f ä r b u n g bildet damit einen
auf fa l l enden Kontrast, k a u m durch einen b r ä u n l i c h ü b e r f l o g e n e n Be-
grenzungssaum gemildert .
Derart ig kontrastreiche W i n t e r b ä l g e mi t he l len Seiten und ganz
(oder fast ganz) ohne b r ä u n l i c h e n Saum haben w i r aus dem A l p e n -
raum noch v o m Silvretta-See (Vorarlberg), aus dem Kan ton Bern
( G ü m l i n g e n , Wasen) und aus der Umgebung des Thuner Sees (Inter-
laken, Sundlauenen) vorl iegen. Dies ist aber wahrsche in l i ch nicht die
f ü r tetragomirus typische, d. h. 1780 der Erstbeschreibung zugrunde
gelegte, F ä r b u n g , denn bei der Or ig ina lbeschre ibung von H E R M A N N
heisst es h ins ich t l i ch der F ä r b u n g ( Z I M M E R M A N N , 1780): «a t roc ine -
reus subtus pa l l i d io r» , d. h. unten blasser als die schwarzgraue Ober-
seite, w ä h r e n d es bei der Beschreibung der « G e m e i n e n Sp i t zmaus»
(Sorex araneus), eine Seite vorher, heisst: «sub tus a lb ido» , was wei ter
unten mi t «Bauch schmuzig weiss» ü b e r s e t z t w i r d . Es ist also klar ,
dass H E R M A N N 1780 eine ausgesprochen dunkle Spitzmaus vorgelegen
haben muss, als er sie als tetragonurus (wegen der Schwanzform) be-
schrieb. Sie g e h ö r t e jedenfal ls sicher nicht zu dem «he l l en Typ» mi t
den si lberweissen Seiten, und die hier vorl iegende Serie v o n fün f
W i n t e r b ä l g e n aus Strassburg (Terra typica) — Br i t i sh Mus . London
176
Abb. 6 — Kontrastreich gezeichnete (links) und dunkle (rechts) Waldspitzmäuse
aus denselben Gebieten: obere Reihe — Hohes Venn, Mitte — Liechtenstein und
Strassburg, unten — Schweizer Mittelland.
8. 8. 10. 28 — 32, C o l i . Mottaz — zeigt auch eine an den F lanken weit
herabreichende schwarzbraune (zum T e i l samtschwarze) R ü c k e n f ä r -
bung (Abb. 6), an die sich ein schmaler holz- bis mit te lbrauner Saum
anschliesst (Wood B r o w n bis W a r m Sepia). Diesen t i e fdunklen Win te r -
pelz gibt es nun aber bemerkenswerterweise i n denselben Gebieten,
i n denen auch die «hel le», kontrastreiche F ä r b u n g auftr i t t : W i r haben
einen solchen dunk len Ba lg z. B. aus Schallenberg (Kanton Bern), und
der sog. « d u n k l e Typ» aus dem Bonner Raum, ü b e r den i ch 1955 aus-
f ü h r l i c h berichtete, hat die gleiche F ä r b u n g . Ebenso sehen Winter -
bä lge aus dem H o h e n V e n n aus. In a l l en Fä l l en k o m m e n daneben
auch «helle» Tiere vor, und schliessl ich haben w i r auch diese beiden
verschiedenen F ä r b u n g s t y p e n aus dem n ö r d l i c h e n Mit teldeutschland
vorl iegen, aus F rankfu r t /Oder (Nr. 37.99 und 37.101). Die A b b i 1-
d u n g 6 zeigt diese beiden F ä r b u n g s m u s t e r aus den gleichen R ä u m e n
nebeneinander.
Diese eben e r w ä h n t e n W i n t e r b ä l g e s ind alle auf der Unterseite
hel l s i lbergrau (Pale O l i v e - G r a y bis Smoke Gray) . D e m g e g e n ü b e r
sind die hier vorl iegenden W i n t e r b ä l g e v o m Luganer See (Porlezza,
Prov. Como) i n der Farbe völ l ig anders: D ie Tiere s ind oben u n d an
den Seiten e inhei t l ich dunke lbraun (Light Seal B r o w n bis Bone Brown)
ohne abgesetzte Schabrake. Un ten geht das Braun i n e in tief dunkles,
mit B r a u n verwaschenes G r a u ü b e r (etwa Mouse Gray bis H a i r Brown) .
Ich k o m m e auf die taxonomische Wer tung dieser verschiedenen Fär-
bungen noch z u r ü c k . —
177
K ö r p e r - u n d S c h ä d e l m a s s e : Die nachstehende Tabel le
zeigt die Abmessungen v o l l erwachsener Tiere (zweites Sommerkle id)
aus Liechtenstein, sowie z u m Verg le ich f ü n f topotypische S tücke
(tetragonurus — C o l i . Mottaz — i m Winterk le id) und eine Serie von
50 erwachsenen W a l d s p i t z m ä u s e n (Uberwinter l inge) aus dem H o h e n
V e n n .
Herkunft n K-fR Schw. Hf, Gew. CB Zyg. Bemerkungen
Liechtenstein 20 77,4 45,6 12,5 13,4 g 19,5 (20,1)*) 5,5
Strasburg 5 76,5 48,3 13,6 19,4 (20,5) 5,6 topotyp. telrag.
Hohes Venn 50 73,7 39,4 12,2 10,9 g 18,4 (19,3) 5,2
*) ( ) = bis Schneidezahnspitze
Es lässt s ich daraus ersehen, dass die Liechtenstein-Tiere i n der
S c h ä d e l l ä n g e gut mi t typischen letragonurus-Sxücken ü b e r e i n s t i m m e n ,
w ä h r e n d Vertreter des H o h e n Venns , also von den Hoch lagen der
E i f e l , erhebl ich kleinere Schäde l haben. A u c h i n den K ö r p e r a b m e s -
sungen zeigt sich dieser Unterschied, wobei m a n al lerdings b e r ü c k -
sichtigen muss, dass die K ö r p e r m a s s e der Strassburger Serie von
M O T T A Z genommen wurden, so dass u . U . kleine Verschiebungen
infolge der verschiedenen Messmethode m ö g l i c h s ind (vor a l l em bei
den Sohlenmassen).
Ausser der oben a n g e f ü h r t e n topotypischen Serie von M O T T A Z
lag m i r das Mater ia l des Zoo l . Museums Strassburg vor, f ü r dessen
Zusendung i ch H e r r n Kol legen G O U I N hier nochmals he rz l i ch danke.
Leider handelte es sich fast nur u m sehr alte Spir i tus-Exemplare , die
stark verschrumpft waren . D ie Masse, die m a n unter diesen U m s t ä n d e n
noch nehmen konnte (Schwanz, Hinterfuss) , s ind also nur sehr bedingt
zu verwenden. Es zeigten Tiere aus Strassburg selbst folgende Werte :
14. IV. 1907 Strassburg Wall
X. 1906 ebenda
1906 Strassburg
3. XL 1787 (?) Wiese St. Galli
bei Strassburg
VII. 1895 Garten Schoelhammer
3. XI. 1778 (?) Glacis Strassburg
Schw.
45
42
41
43
42,5
45
Hf. Bemerkungen
13 leg. Speyer
12 leg. Speyer
11,5 Jungtier
13 «Original Duvernoy»
12 jung
13,5 Dr. Gall
V o n dem messbaren S c h ä d e l m a t e r i a l ergab e in Schäde l v o m Rhe in -
wa ld bei Strassburg (leg. D Ö D E R L E I N V . 1912) die CB-Länge v o n
178
20,1 (20,3), e in weiteres S c h ä d e l f r a g m e n t von der Sporeninsel i n Strass-
burg (Tier p r ä p a r i e r t von K E I S T H A R D T und aufgestellt) liess nur
noch folgende Masse nehmen: Zyg . Breite ca 5,6, obere Zahnreihe
ca 8,7 m m . — D e m g e g e n ü b e r ergab eine weitere kle ine A u f s a m m l u n g
(Alkohol ) aus W ö r t h / S a u e r , also aus der Rheinebene weiter n ö r d l i c h ,
unweit der P f ä l z e r Grenze, kleinere Abmessungen:
Schw. Hf.
IV. 1915 • 37 12 leg. Frey
« 40 12
« 41 12
39 12
36 11
Es ist f r ag l i ch , ob t a t s ä c h l i c h al le diese Tiere Uberwin te r l inge
waren, da die S c h w ä n z e z u m T e i l noch stark behaart s ind. A u f jeden
F a l l k ann m a n aber annehmen, dass die typische tetragonurus mi t den
grossen Massen, w ie sie z. B . von M O T T A Z gesammelt wurde, am aus-
g e p r ä g t e s t e n i n den Vogesen (und vie l le icht i m Schwarzwald) vor-
kommt, w ä h r e n d die Tiere der Rheinebene schon geringere Masse
zeigen die n o r d w ä r t s noch weiter abnehmen. —
W i e die erste Zusammenste l lung zeigt, s ind die Tiere, die M O T T A Z
sammelte, noch l a n g s c h w ä n z i g e r als die aus Liechtenstein. Vermut -
l i ch liegt dies an einer Erscheinung, die ich schon weiter oben bei der
Besprechung der Fe l l fa rben e r w ä h n t e : Die 5 Strassburger Bälge r e p r ä -
sentieren den sog. « d u n k l e n Typ» , w ä h r e n d die grosse A u f s a m m l u n g
aus Liechtenstein auch Tiere der «he l l en Form» e n t h ä l t . W i e i ch schon
1955 an dem Ersdorfer (Voreifel) Waldsp i tzmausmater ia l zeigen konnte,
besteht dort eine Kor re la t ion zwischen F ä r b u n g und Körpe rg rös se
insofern, als die he l len Tiere kleinere Masse zeigen als die dunklen .
Dies gilt auch f ü r die Liechtensteiner W a l d s p i t z m ä u s e , denn das oben
abgebildete Tier (Abb. 6, mitte l inks) aus V a d u z (3. 1. 1957) r e p r ä s e n -
tiert z. B . die hel le F o r m und hat folgende Masse: K + R 67, Schw. 41,
Hf . 12, G e w . 7,5 g. Selbst bei B e r ü c k s i c h t i g u n g der bekannten Winter -
depression zeigt schon der extrem kurze Schwanz eine starke A b w e i -
chung von den Mit te lwer ten des gleichen Gebietes (s. Zusammen-
stellung).
Es ist daher notwendig, auf diesen sog. «he l l en Typ» der W a l d -
spitzmaus, d. h . auf die kontrastreiche F o r m etwas n ä h e r einzugehen.
179
W i e ich schon 1955 zeigte, ist die helle Fo rm, so w ie i ch sie i n der
Vore i f e l kenne oder ä h n l i c h , i n steigender Z a h l i m N W des Verb re i -
tungsgebietes anzutreffen und zwar i n Belgien und H o l l a n d und dann
vor a l l em auf den Inseln der Nordsee und i n England , so dass diese
relativ k le inen, k u r z s c h w ä n z i g e n , kontrastreich gezeichneten Tiere
dort zur Aufs te l lung neuer Unterarten g e f ü h r t haben (castaneus, freta-
lis, grantii, pulcherj. Der W e g ihrer postglazialen Ausbre i tung und die
Absperrung auf Inseln kennzeichnet diese S p i t z m ä u s e als Formen einer
durch Isolation fortgeschrittenen En twick lung , worauf auch die Ten-
denz zu gewissen Gebissredukt ionen (bei grantii von den Hebriden)
hindeutet. Daneben bestehen aber fast ü b e r a l l (noch) Popula t ionen des
« d u n k l e n Typs», der s ich noch einige, entwicklungsgeschicht l ich ä l t e r e
Züge bewahrt hat, die die Formen i n den Eiszei t refugien (Süda lpen ,
S ü d - F r a n k r e i c h ) heute noch i n sehr v i e l h ö h e r e m Masse auszeichnen:
Die Schabracke ist bei Jungt ieren weniger scharf a u s g e p r ä g t und die
Körpe r - und S c h ä d e l m a s s e s ind h ö h e r . In der k le inen Serie aus England
liegen m i r z. B. typische, kontrastreich gezeichnete castaneus-Rälge
aus H e r f o r d und Middlesex vor und daneben Jungtiere mi t k a u m an-
gedeuteter Seitenzone aus der Grafschaf t Devon , wie i ch sie gelegent-
l i ch auch i n der V o r e i f e l antraf ( « d u n k l e r Typ») . — Die Tiere aus
Norwegen, die M i l l e r 1909 wegen ihrer Zahnpigment ierung und gros-
sen Abmessungen zur Unterart bergensis erhob (und die i ch schon
a l l e in wegen dieser G r ö s s e n a b w e i c h u n g f ü r eine gute Gebirgsrasse
des Nordens halte), haben nach der Or ig ina lbeschre ibung i m Sommer-
k le id eine a u s g e p r ä g t e , dunkle Schabracke ü b e r einer hel lgelben Sei-
tenzone; die m i r vorgelegenen Bälge zeigen aber auch das gleiche B i l d
wie i n der V o r e i f e l : neben solchen mi t a u s g e p r ä g t e n Schabracken
gibt es Jung- (Rosendal, Suldal , Ko inhared , Hardanger) , Win te r - (Jaren,
Hadel) und e i n j ä h r i g e Sommertiere (Rosendal, Hardanger, Koinhared) ,
die von dem Ersdorfer « d u n k l e n Typ» k a u m z u unterscheiden sind.
Ich habe 1955 die Vermutung ausgesprochen, dass das Nebene in-
ander grosser dunkler und kle iner hel ler W a l d s p i t z m ä u s e das Ergeb-
nis einer Uberlagerung von Ex t remformen darstellt, die i m Ver l au fe
der Entwicklungsgeschichte gesondert entstanden und s p ä t e r wieder
in B e r ü h r u n g gekommen sind, w ie es ja bei zahl re ichen Voge l - und
S ä u g e r a r t e n bekannt ist. Diese Deutung scheint m i r heute aber nicht
mehr haltbar zu sein, denn es m ü s s t e eine, wenigstens i n grossen Zü-
180
gen erkennbare geographische oder ö k o l o g i s c h e Sonderung vor l iegen
oder vorgelegen haben, w e n n m a n eine s e k u n d ä r e Ve rmi schung an-
n immt . D ie helle Fo rm tritt aber ü b e r a l l i n West- und Mi t te l -Europa
n ö r d l i c h des Alpenhauptkammes auf, ohne erkennbare B i n d u n g an
bestimmte Biotope. Deut l i ch ist nur, dass sie entsprechend der fort-
schreitenden postglazialen Ausbre i tung nach N W i n dieser Richtung
an Z a h l zun immt .
1960 hat B A U E R — auf G r u n d meiner Beobachtungen — erwogen,
ob s ich i n der he l len Wa ldsp i t zmaus fo rm nicht v ie l le icht eine eigene
A r t verbirgt (Sorex arcticusj. N a c h meinen Feststellungen ist das nicht
anzunehmen, vor a l len Dingen w e i l es zwischen dem dunk len und
hel len Typ Übergänge gibt. Sie s ind nicht sehr zah l re ich — ich habe
1955 i n der V o r e i f e l weniger als 20°/o der Bälge so eingestuft, — aber
a l l e in diese Tatsache lässt doch eine — b e s c h r ä n k t e ? — Vermischung
der beiden Formen vermuten. — Ich nehme daher an, dass es sich bei
den he l len S p i t z m ä u s e n weder u m eine eigene A r t noch u m eine
geographische oder öko log i sche F o r m handelt, sondern nur u m den
Ausdruck des verschiedenen Entwicklungsstandes einzelner Popula-
tionen, wobe i m a n al lerdings v e r h ä l t n i s m ä s s i g grosse, ins Auge f a l -
lende Mutationsschrit te annehmen muss. D ie Situat ion der westeuro-
p ä i s c h e n Waldsp i tzmaus w ü r d e dabei etwa der entsprechen, die ich
be im ( w e s t - ) e u r o p ä i s c h e n Reh wie folgt umrissen habe (wobei m a n
statt « G r ö s s e n a b n a h m e » bei der Waldsp i tzmaus vor a l l em noch «kon-
trastreiche F ä r b u n g » einsetzen muss): « . . . w i r d also deut l ich, dass
das E u r o p ä i s c h e Reh . . . aufs Ganze gesehen i m m e r k le iner wurde .
Dies ist u n a b h ä n g i g . . . . von dem gelegentl ichen Bestehen sog. «Super-
st i ten» (nach K A H L K E ) , also a l t e r t ü m l i c h e r (Gross-) Formen inmit ten
fortschri t t l icher Populat ionen, und bedeutet, dass be im E u r o p ä i s c h e n
Reh eine phylogenetische Tendenz zur G r ö s s e n a b n a h m e bes t eh t» ,
(von L E H M A N N 1960 b).
Die Entwicklungsstadien w ä r e n demnach bei der Waldsp i tzmaus
i n folgender Reihenfolge zu kennze ichnen: 1. Oberseite und F lanken
u n i f o r m ( = Jugendform. Süd -Alpen , S ü d - F r a n k r e i c h ) , 2. A u s b i l d u n g
einer Schabracke (und abgesetzten Seitenzone) und eines dunklen ,
a u s g e p r ä g t e n Winterpelzes (mit abgesetztem Saum), 3. Schrittweises
A u f h e l l e n der Unterseite und der Seitenzone, und H i n a u f g r e i f e n der
si lberigen S e i t e n f ä r b u n g ( = V e r s c h m ä l e r u n g der Schabracke).
181
Die F ä r b u n g , also der Hel l igkei tsgrad der Schabracke steht mi t
dieser Spezial is ierung nur indirekt i m Zusammenhang und ist sowohl
phylogenetisch bedingt als auch u m w e l t a b h ä n g i g : Einerseits läss t s ich
i n grossen Z ü g e n erkennen, dass die Fo rmen der w a r m e n K l i m a t e
(Mittelmeergebiet) relativ he l lb raun s ind ; h ie rzu g e h ö r e n aber auch
die S p i t z m ä u s e der m i l d e n ozeanischen Kl imabere iche , und es ent-
spricht dies der — auch noch bei der Zwergspi tzmaus hervorzuheben-
den — Tendenz, wonach die rotbraunen F a r b t ö n e i m Westen Mi t t e l -
europas g e g e n ü b e r den schwarzbraunen das B i l d beherrschen. Ext rem
feuchte Vorkommensgebiete ( S ü m p f e ) scheinen ebenso w ie die k ü h l e n
bis kalten Kl imabere iche eine Verdunke lung zur Folge z u haben (Ge-
birge, N o r d - und Ost-Deutschland, Skandinavien) . — Andererseits
geht dazu eine phylogenetische und ontogenetische E n t w i c k l u n g paral -
le l , die v o m hel len B r a u n z u m Schwarzbraun v e r l ä u f t . Die stammes-
geschichtl ich alten Formen der mediterranen Eiszei t refugien s ind rela-
tiv he l lb raun; mi t dem Vordr ingen i n die k ü h l e r e n Gebiete nach den
Vereisungen werden die Tiere nicht nur spezialisierter i m Muster des
Haarkleides, sondern die Schabracke w i r d auch dunkler , sei es als
Kältereaktion (Win te rk le id stets dunkler als das Sommerkle id) , sei es
i m Zuge einer a l lgemeinen Entwicklungstendenz. Diese spiegelt s ich
auch i m ontogenetischen Bereich. Das Jugendkle id ist stets hel ler
braun als die Schabracke der Tiere i m zwei ten Sommerk le id , und
senile W a l d s p i t z m ä u s e s ind oft extrem verdunkelt . O b bei der allge-
meinen Verdunke lung der Schabracke i n den e inzelnen Gebieten mehr
die phylogenetische Richtung oder das K l i m a den Ausschlag gab,
wissen w i r nicht ; festzustellen ist nur, dass i n Mit te leuropa v o n Ost
nach West die Verdunke lung i m m e r s p ä t e r i n der E n t w i c k l u n g des
Tieres einsetzt. Im Osten ist schon das Jugendkle id stark verdunkel t
und dem Al te r sk le id mehr a n g e n ä h e r t (cf. Z I M M E R M A N N , 1951), i m
Westen des Festlandes gibt es Tiere, die i n der Jugend noch he l l - bis
mit te lbraun s ind u n d erst i m zwei ten Lebenssommer dunke lbraun
werden ( « d u n k l e r Typ») neben solchen, die ebenfalls i m ersten Som-
mer eine hel lbraune Schabracke haben, diese Farbe aber auch i m
Al te rsk le id ohne nennenswerte Verdunke lung beibehalten («hel le
F o r m » ) , und schliessl ich s ind die Tiere der Br i t i schen Inseln i . d. R.
immer relativ he l l (rotbraun = castaneus !) bis z u m Al te r .
182
Es ist wich t ig , s ich diese Entwicklungstendenzen vor A u g e n zu
halten bei der äus se r s t schwier igen taxonomischen Beur te i lung der
W a l d s p i t z m ä u s e i n Mi t t e l - u n d Westeuropa. M I L L E R (1912) schied
s. Zt. araneus und tetragonurus nach der Zahnpigment ierung, Z A L E S K Y
(1948) b ü n d e l t e nach der Schabrackenbi ldung u n d B A U E R (1960) —
angeregt durch Z I M M E R M A N N 1951 — nach der Farbe des Jugend-
kleides. A l l e Methoden k ö n n e n nicht v o l l befr iedigen, w e i l sie nur
Stadien der a l lgemeinen E n t w i c k l u n g herausgreifen und z u m Kr i te -
r i u m einer Unterart erheben. Gewiss s ind diese Kennze ichen auch ein
Ausdruck der geographischen Va r i a t i on und Rassenbildung, aber die
Merkma le stark pigmentierte Z ä h n e , a u s g e p r ä g t e Schabracke und rela-
tiv helles Jugendkle id sind i n ke inem Gebiet Westeuropas so eindeutig
herausdifferenziert , dass m a n sie zur Grundlage einer systematischen
Neuordnung machen k ö n n t e .
Was ist also z u tun ? — Ich glaube, dass m a n den Gegebenheiten
am besten gerecht w i r d , w e n n m a n auf dem Festlande i n Westeuropa
n ö r d l i c h des Alpenhauptkammes nur z w e i Unterar ten anerkennt, die
N o m i n a t f o r m (araneus L.) und tetragonurus H E R M A N N . Araneus ist
die kleinere, n ö r d l i c h e r verbreitete F o r m des Mittelgebirges und der
Ebene, tetragonurus die Geb i rgs fo rm der Westalpen n ö r d l i c h des
Hauptkammes und der anschliessenden B e r g l ä n d e r mi t g r ö s s e r e n Kör-
per- und S c h ä d e l m a s s e n . Ü b e r die F ä r b u n g und Zeichnung lässt s ich
nichts sagen, was zur Unterscheidung der beiden Unterar ten beitragen
k ö n n t e (s. o.). V e r m u t l i c h s ind die Jungtiere der Alpenpopula t ionen
i d. R. dunkler als die der Ebene und Mittelgebirge Westeuropas, w ie
der Verg le ich der L iech tens te in -Aufsammlung mit der aus der V o r e i f e l
zeigt. Diese Abs tu fungen werden aber je nach K l i m a u n d En twick-
lungsstadium der Gruppe so wechseln, dass sie ke in brauchbares Kr i t e -
r i u m l ie fe rn . —
K ü r z l i c h haben B A U E R (1960) und J . N I E T H A M M E R (1960 b)
die W a l d s p i t z m ä u s e dieser Gebiete anders gruppiert, u n d z w a r da-
durch, dass sie tetragonurus nur f ü r das Mittelgebirge gelten lassen
und f ü r die A l p e n die, v o m Beschreiber selbst schon ba ld nach der
Aufs te l lung wieder eingezogene, westalpine Unterart alticola M I L L E R
1908 wieder e i n f ü h r e n . Diese Neuordnung geht v o n der i r r igen A n -
nahme aus, dass typische tetragonurus aus dem Elsass keine lang-
s c h w ä n z i g e A l p e n f o r m darstellen, u n d entstand, w e i l die Autoren keine
183
tetragonurus aus Strassburg gesehen hatten (cf. J . N I E T H A M M E R
1. c. p. 413). T a t s ä c h l i c h s ind die E lsässe r (wohl besser: Tiere der
Vogesen) aber ebenso l a n g s c h w ä n z i g wie die Alpent iere (s. Tabelle) .
Ausserdem k a n n m a n auch wegen der grossen Unterschiede i n den
S c h ä d e l m a s s e n die Popula t ionen der n ö r d l i c h e n Mittelgebirge keines-
fa l ls z u tetragonurus stellen (s. Tabelle) . H i n z u kommt, dass das K r i -
ter ium, das B A U E R (1960) a n f ü h r t : «Sorex a. araneus dunkles Jugend-
k le id , k l e i n — Sorex a. tetragonurus: Jugendkle id he l l , mittelgross
und l a n g s c h w ä n z i g » f ü r die Popula t ionen der nordwest l ichen Mi t t e l -
gebirge nicht anwendbar ist, da — wie schon e r w ä h n t — z. B . i n der
Vore i f e l die kleinsten, he l len Tiere i n der Jugend he l lb raun s ind ; die
g rösse ren , dunkleren s ind i m Jugendkle id meist etwas dunkler , mi t te l -
braun, o b w o h l beide Formen nach ih ren Massen nicht z u tetragonurus
gestellt werden d ü r f e n . U n d schliessl ich s ind auf der anderen Seite
die Jungtiere aus Liechtenstein und der Schweiz bei we i tem a m dun-
kelsten, o b w o h l sie s chäde lg ro s s und l a n g s c h w ä n z i g s ind.
Was schliessl ich die alte M I L L E R ' s c h e Unterart alticola anlangt,
haben schon M O T T A Z (1907 und 1908) und F A T I O (1905) mehrmals
darauf hingewiesen, dass al le Formen, die f ü r die Zentra l - und N o r d -
Schweiz beschrieben wurden (nuda, nigra, crassicaudatus und alticola)
letzten Endes Synonyme zu tetragonurus seien. M O T T A Z schreibt 1907
dazu a u s d r ü c k l i c h , dass er i n einer p e r s ö n l i c h e n Unterhal tung G . S.
M I L L E R davon ü b e r z e u g e n konnte, dass seine alticola schon f r ü h e r
unter anderen N a m e n beschrieben wurde (cf. 1. c. Fussnote (*)). Tat-
säch l i ch hat M I L L E R ja die Unterart 1912 i n seinem Kata log der West-
e u r o p ä i s c h e Säuge t i e r e wieder eingezogen bezw. z u m Synonym von
tetragonurus e rk l ä r t . —
Dami t ist m . E. die Si tuat ion i n der Zentra l - und Nord-Schweiz ,
wie i m ganzen Westa lpenraum n ö r d l i c h der Zentralkette gek lä r t , und
es kann sich jetzt nur noch d a r u m handeln , w ie m a n die Waldsp i tz -
m ä u s e des S ü d a b f a l l e s , d. h . der mediterranen Seite der A l p e n einord-
nen so l l . Dieses, i m Grunde genommen nicht schwierige P rob lem
(danach z u urteilen, was m i r aus den i ta l ienischen A l p e n vorliegt) ist
dadurch etwas verwir r t worden, w e i l m a n die s ü d l i c h e n Sorex-Formen
seit Z A L E S K Y als «tetragonurus-Voimen» oder « ie i ragonwrws-Gruppe»
bezeichnet. D ie ansich durchaus zutreffende Feststellung, dass die
stammesgeschichtlich alten Formen, mi t u n i f o r m e m H a a r k l e i d und
184
grossen Massen und mehr s ü d l i c h e r und s ü d ö s t l i c h e r Verbre i tung
(Eiszeitrefugien), z u s a m m e n g e h ö r e n , w i r d dadurch entwertet, dass
man dieser Gruppe den N a m e n einer z w a r a lpinen, aber mehr «fort-
sch r i t t l i chen» , weiter entwickel ten, nordwest l ichen Unterart gab. Mög-
l i ch war dies nur, w e i l bis dah in keine weitere A l p e n f o r m ausser
tetragonurus f ix ier t worden war . Es fehlt also e in N a m e f ü r die süd-
und ostalpineri Tiere, und nachdem i ch die oben bereits e r w ä h n t e
Serie v o m Luganer See untersuchen durfte und feststellen konnte, dass
diese S p i t z m ä u s e alle Charakter is t ika der a l t e r t ü m l i c h e n S ü d f o r m e n
der A l p e n zeigen, m ö c h t e i ch diese Popula t ion beschreiben und no-
menkla tor isch festlegen.
Sorex araneus antinorii B O N A P A R T E 1832 — 1841. H y p o t y p o i d e :
Naturhist. Museum Bern Nr. Nr. (leg. A . GHIDINI) CB Zyg. Schw.
3, $, Porlezza, Luganer See (Italien), 12. IV. 1909 (19 (20,1) 5,5 48)
14, cf, Porlezza, Luganer See (Italien), 25. XII. 1911 ( 19,2 (20,4) 5,7 49 )
F a r b e : 9 ( 2- Sommerkle id) Oberseite Bister, Seiten nicht abgesetzt,
Unterseite e in stark mi t Ocker ü b e r t ö n t e s Schiefergrau, Ö* ( W i n -
terkleid) oben, wie S. 177 schon a n g e f ü h r t , Bone B r o w n . Keine
Schabracke. Unterseite: silberige Haarspi tzen, gelb ü b e r f l o g e n ;
dunkle Haarbasen durchscheinend.
H i e r z u g e h ö r e n 14 weitere Bälge ( + Skelette) v o m gleichen Fund-
ort und Sammler aus a l len Monaten (Nr. 1, 2, 4 — 13, 15, 16 N a t u r L
hist. Museum Bern). Die Farbe der Jungtiere entspricht oberseits i n
manchen F ä l l e n der des oben angegebenen alten 9- i s t a D e r meist
etwas hel ler und stumpfer (grauer) braun, etwa nach N a t a l B r o w n .
Die Unterseite ist ebenfalls e in stark mit Ocker verwaschenes G r a u . —
Es erschien m i r richtiger dieser, ve rmut l i ch weit nach Italien und
i n die Ostalpen verbreiteten, Wa ldsp i t zmaus fo rm keinen neuen N a m e n
zu geben (und i h n zu der langen Reihe der alten h i n z u z u f ü g e n ) , son-
dern i n der alten Literatur nach einer f r ü h e r e n Bezeichnung zu suchen.
Hie rbe i stiess i c h bei F I T Z I N G E R (1868) auf die « z i m m t g e l b e Spitz-
m a u s » von B O N A P A R T E (Sorex Antinorii). N a c h der von B O N A P A R T E
(1832 — 1841) gegebenen a u s f ü h r l i c h e n Beschreibung und A b b i l d u n g
ist das Typus- (und einzige) Exempla r (Turiner Museum, ohne Fund-
ortangabe) meiner Ü b e r z e u g u n g nach nichts anderes gewesen als eine,
185
relativ l a n g s c h w ä n z i g e (alpine) Waldspi tzmaus , dessen K ö r p e r stark
verschrumpft und dessen Farbe hochgradig verblasst war . Ich schliesse
dies e i n m a l aus den Massangaben des Beschreibers, wonach die —
relativ u n v e r ä n d e r l i c h e n — Schwanz- und H i n t e r f u s s l ä n g e n von An-
tinorii g e g e n ü b e r denen seiner Waldsp i tzmaus und Alpensp i tzmaus
folgende Werte ergaben (in Z o l l und L in i en ) :
Name Schwanz Hinterfuss
araneus 1 ' 7'' 5'/ä'
antinorii 2' 6'
alpinus 2' 7 '' 6'
V o r a l l em aber lag m i r k ü r z l i c h aus der S a m m l u n g des Zoolog. M u -
seums Strassburg e in altes Waldsp i t zmaus-Exempla r vo r («St rassburg .
Haup tm. Schmid t» ohne Jahr) , das eine stark verschrumpfte sog. M u -
mie darstellt, die die gleiche ocker- (oben) und (seitlich) hellgelbe
H a a r f ä r b u n g hat, wie die Typus -Abb i ldung von antinorii. W i e jeder
Museumsbetreuer weiss, verblassen S o r i c i d e n b ä l g e ausserordentlich
stark (cf. J . N I E T H A M M E R 1956 und B A U E R 1960), u n d nach meinen
Feststellungen n immt der Pelz der Waldsp i tzmaus auch i n den üb l i -
chen Schubladen mi t der Zeit Farben an, die sich ü b e r he l lb raun und
ocker bis gelb aufhe l l en k ö n n e n . — M I L L E R (1912) hat antinorii zu
Sorex alpinus gestellt, al lerdings mi t e inem Fragezeichen, und i h n
konnten eigentl ich nur der — vergl ichen mi t dem wahrsche in l i ch sehr
verschrumpften K ö r p e r — relativ lange Schwanz und die grossen
Hinterfusssohlen dazu veranlasst haben. D e n n die genaue Farbbe-
schreibung B O N A P A R T E S macht es deutl ich, dass es s ich u m keine
Alpenspi tzmaus gehandelt haben kann — die Füsse werden n ä m l i c h
nicht als weiss, sondern als ebenso ge tön t w ie der K ö r p e r beschrieben.
Ausserdem ist eine A u f h e l l u n g des schiefergrauen Pelzes der A l p e n -
spitzmaus i n e in abgesetztes (!) z imtfarbiges B r a u n und Gelb , w ie es
die A b b i l d u n g und auch das Strassburger Tier z. B. zeigen, auszu-
schliessen.
D a die s ü d a l p i n e und italische Waldsp i tzmaus ansich rö t l i ch braun
und relat iv he l l ist, halte ich es f ü r z w e c k m ä s s i g , dieser Unterart
den N a m e n der al ten « z i m m t f a r b i g e n Sp i t zmaus» aus dem Tur ine r
Museum neu zu geben, den P r inz B O N A P A R T E schon vor mehr als
100 Jahren e inem i ta l ienischen Zoologen, dem Marqu i s O r a z i o
A N T I N O R I , zu Ehren schuf. Die beiden, oben a n g e f ü h r t e n S tücke des
186
Berner Museums werden dami t z u Hypo typo iden bestimmt, da der
alte Typus nach A u s k u n f t des Istituto d i Zoologia de l la U n i v e r s i t ä d i
Tor ino nicht mehr vorhanden ist.
Die Waldspi tzmaus fand sich i n Liechtenstein i n a l len untersuch-
ten R ä u m e n , von der Rhe inau bis h inauf zur K r u m m h o l z - u n d Zwerg-
strauchstufe bei 1900 m (Sareis), wobe i al lerdings die gröss te Dichte
i n der Ebene festzustellen war . Ausser den Busch- und W a l d r ä n d e r n
i m Phragmitetum, zwischen Triesen und Balzers z. B. , i m Glanz roh r -
R ö h r i c h t Phalaridetam arundinaceae L i b b . (nach O B E R D O R F E R 1957)
an den U f e r n der K a n ä l e , und vor a l l e m i n der Pfeifengraswiese
(Molinion) bezw. i n den Fluss- u n d Bach-Hochstaudengesel lschaften
(Mädesüs sgese l l s cha f t en ) i m Ried . Schl iess l ich waren aber auch z. B .
i m Saminata l die montane Flussufererlenaue (Alnetum incanae) und
die Bachufer der unteren Bergwaldstufe der rheinseit igen Lagen ergie-
bige F a n g p l ä t z e (siehe h ie rzu Karte 2). A u s dem alten Schaaner K i r c h -
tu rm wurden aus S c h l e i e r e u l e n g e w ö l l e n S c h ä d e l u n d S c h ä d e l f r a g -
mente von (wenigstens) 49 Tie ren gesammelt. —
Der For tpf lanzungsbeginn liegt auch i n den Hoch lagen relat iv f r ü h ;
w i r f ingen z. B . a m K u l m (Sücka) schon a m 23. J u n i e in $ , das s ä u g e n d
und bereits wieder mi t 12-mm-langen Ke imb la sen t r äch t ig war . G r a -
vide Jungtiere w u r d e n i m August gefangen (Rheinau).
A l s mophologische A b w e i c h u n g wurde die extreme A u f h e l l u n g
(Fell und Zahnpigmentierung) eines Jungtieres v o m V a l o r s c h (21. 8.
1962) festgestellt (Balg-Nr. 62.113). E inen F a l l von Ol igodont ie (Fehlen
der beiden P 2 ) zeigte e in S c h ä d e l f r a g m e n t aus den o. a. Schleiereulen-
g e w ö l l e n . A n Parasiten wurde eine B a n d w u r m - F i n n e (Cyclophyl-
lidea ?) gefunden. —
Z w e r g s p i t z m a u s — Sorex minutus becki ssp. nova
T y p u s : ö" S i l u m (F. L ) , 11. 8. 1956, leg. E. v. L E H M A N N & K U H N ,
Balg und Schäde l , M u s e u m A . Koen ig -Bonn N r . 56.1004.
P a r a t y p o i d e : cf B a r g e l l a - A l m (F. L.) , 18. 1. 1952, leg. R. H O M -
B E R G , Zoo l . Staatssammlung, Vaduz . — cf. Osterachtal, A l lgäu , 7. 9.
1949, leg. G . H E I N R I C H , M u s e u m A . Koen ig -Bonn N r . 49.43. — Cf,
Bodman, Bodensee, 9. 5. 1949, leg. G . H E I N R I C H , M u s e u m A . Koen ig -
B o n n N r . 50.144. — cf ebenda v o m gleichen Tag und Sammler , M u -
seum A . Koen ig-Bonn N r . 50.145.
187
Nr. K + R Schw. Hf . CB Schädel- Rostrum-
kapsel-Br. Breite
Gewicht
56.1004 (Typus)
Mus. Vaduz
49.43
50.144
50.145
61
48
54
57
56
39
41
46
40
40
10
11
10
11
11
15,5 (15,9)
15.4 (15,8)
15,2 (15,9)
15.5 (16)
15.6 (16)
7,4
6,8
7
7,5
7,5
2,2
2,1
2
2,2
2,2
4g
5g
5g
5g
0 55,2 41,2 10,6 15,4
D i a g n o s e : Die neue Unterart ist gekennzeichnet durch eine
relativ helle, rötlich-braune Fellfarbe (in der Jugend Sepia bis Bister,
im zweiten Sommerkleid etwa Olive Brown und im Winter dunkler,
etwa Clove Brown) und — gegenüber ost- und norddeutschen Tieren —
durch grössere Masse. Wegen der unterschiedlich bestehenden Winter-
depression ist die — relativ konstante — Schwanzlänge ein geeignetes
Kriterium. Die Schwanzlänge beträgt bei becki etwa 40 mm, ist auch
oft höher, während sie bei norddeutschen und osteuropäischen Tieren
erheblich darunter liegt (0 36,2 mm).
Nach dem hier vorliegenden Material (73 Bälge) und den Literatur-
angaben zu schliessen ist die Unterart vom deutschen Mittelgebirge
(Riesengebirge, Schwäbische Alp) und den West-Alpen (Zentral-Al-
pen ?) bis zum Atlantik verbreitet. Die Population des Nordrandes der
westdeutschen Mittelgebirge (Voreifel, Hohes Venn. Harz) zeigen ge-
wisse Übergänge zur dunklen, kleinen Nordrasse (Nominatform). —
Die 13 Zwergspitzmäuse aus dem Zentralmassiv (Frankreich), über die
CANTUEL (1950) berichtet, liegen in den Massen noch etwas über unse-
ren Tieren. K + R 51 — 62 (0 54, 69), Schw. 37 — 38 (0 43, 31), wobei
es sich offenbar um Jungtiere handelte (Gewicht 0 3,5 g). — Ein mir
vorliegender Balg (+ Skelett) des Berner Museums (Ö\ Disentis, Grau-
bünden, 27. 10. 1903) verkörpert auch sehr gut die Westrasse mit dem
für Bergformen bezeichnenden langen Schwanz. Die Masse betragen
nach Angabe des Sammlers (A. GHIDINI): K + R 54, Schw. 46, Hf.
11 mm. — Hierher gehört auch wahrscheinlich die Form, die v.
BURG (1921) «Grösste Zwergspitzmaus (Sorex minutus engadinensis
v B») nennt und die er aus Purcher kannte. — Für die französische
Atlantik-Insel Belle-Ile beschrieb 1940 HEIM DE BALSAC eine neue
Zwergspitzmaus, die er insulae-bellae nannte, und für die ebenfalls
ein extrem langer Schwanz (und Hinterfuss) kennzeichnend sein soll;
sie steht also unserer, oben beschriebenen Unterart sicher sehr nah
188
und ist als Inse l form nur eine Sonder form dieser wei t verbreiteten
Westrasse. Die besonders stark pigmentierten Z ä h n e , die der Beschrei-
ber bei insulae-bellae besonders hervorhebt, s ind jedenfal ls als solche
Lokalsonderhei t zu werten.
D e m g e g e n ü b e r ist die N o m i n a t f o r m durch dunklere Fe l l fa rbe und
geringere Masse gekennzeichnet. S T R O G A N O W (1957) gibt f ü r die
Sibir ischen Z w e r g s p i t z m ä u s e (Terra typica !) folgende Diagnose: A u s -
ser der geringen G r ö s s e (K + R 49,8 — Schw. 36 — Hf . 10,3 — C B 14,9)
« v e r h ä l t n i s m ä s s i g dunkler Pelz . Sommerk le id auf dem R ü c k e n schwarz-
braun, m a n c h m a l m i t kaf fee-z imtbraunen Schattierungen . . ». —
Ebenso f ü h r t K U B I K (1951) bei den Popula t ionen i n Po len f ü r die
M e h r z a h l eine S c h w a n z l ä n g e von 35 — 38 m m an und zeigt, dass ke in
Unterschied h i e r in zwischen A l t - u n d Jungt ieren besteht. — Die hier
vorl iegenden Serien aus Mi t t e l - u n d Nordeutschland ( F ü r s t e n w a i d e -
Potsdam-Hamburg) s ind i m Jugendkle id mi t te lbraun (etwa Bone
Brown) , i m Win te r aber tief dunke lb raun (zwischen Clove B r o w n und
Fuscous-Black) und i m zwei ten Sommer ebenfalls dunke lbraun ( M u m -
my B r o w n bis B lack i sh Brown) , die Hamburge r Tiere etwa Light Seal
B r o w n . D i e S c h w a n z l ä n g e n betragen i m Durchschni t t 36,2 m m , die
K + R- u n d C B - L ä n g e n 51 resp. 14,8 m m , wobei diese letztgenannten
Masse wegen der saisonalen Schwankungen nur bedingt heranzuziehen
sind. — M I L L E R (1912) bringt f ü r den N o r d e n des Festlandes keine
Masse, seine Z w e r g s p i t z m ä u s e aus Schott land entsprechen aber mi t
einer durchschni t t l ichen S c h w a n z l ä n g e von 36 m m auch der oben an-
g e f ü h r t e n N o r d - (bezw. Nominat - ) Fo rm, w ä h r e n d seine Serien aus
dem Harz , F rankre ich und der Schweiz mi t ih ren grossen Massen ganz
unserer Westrasse z u g e h ö r e n .
Dami t ist die neue Unterart durch z w e i M e r k m a l e gekennzeichnet,
die als solche a l lgemein f ü r K l e i n s ä u g e r der Gebirge u n d des mehr
atlantischen Kl imabere iches Mitteleuropas gelten, die relat iv grossen
K ö r p e r m a s s e (vor a l l e m der « A n h ä n g e » ) einerseits und andererseits
die etwas hellere, ins Röt l i che ziehende Fel l farbe (cf. von L E H M A N N
1961 a).
Ich benenne diese Unterart zu Ehren des H e r r n Ober lehrer D a v i d
B E C K aus V a d u z , der als Init iator und u n e r m ü d l i c h e r Organisator der
Ausgrabungen f r ü h g e s c h i c h t l i c h e r u n d p r ä h i s t o r i s c h e r S tä t t en i m
Lande einen wesent l ichen Beitrag auch zur S ä u g e t i e r k u n d e l iefert . —
189
Die beiden F ä n g e i n Liechtenstein kennzeichnen auch hier die
öko log i sche Si tuat ion: beide Tiere w u r d e n u m 1700 m , also an der
oberen Waldgrenze gefangen, wo z w a r durch N i e d e r s c h l ä g e boden-
und luftfeuchte, aber sehr wechselwarme und wenig Deckung bietende
L e b e n s r ä u m e (Almen) deut l ich von den dicht bewachsenen Bachufe rn
der Waldzone abweichen, die die g rö s se r en Spitzmausarten besetzen.
Schon vor mehr als 100 Jahren, als die Zwergspi tzmaus i n der Schweiz
noch unbekannt war , gab v o n T S C H U D I (1854) einen bezeichnenden,
wicht igen H i n w e i s : «Viel le icht h ä l t s ich auch die niedl iche, blos IV2
Z o l l lange Zwerspi tzmaus (Sorex pygmaeus) bei uns unentdeckt auf;
wenigstens liebt sie i n Deutschland die n ö r d l i c h e n B e r g a b -
h ä n g e » . (Sperrungen v o m Verfasser). Dieses V o r k o m m e n i n weniger
g ü n s t i g e n L e b e n s r ä u m e n entspricht auch den Feststellungen, die H E Y -
D E M A N N (1960) f ü r Schleswig-Hols te in machte: « N a c h meinen. . . .
F ä n g e n liegt das öko log i sche O p t i m u m der Waldsp i tzmaus i n baum-
bestandenen L e b e n s r ä u m e n , also an Standorten mi t g r ö s s e r e m Schat-
tenfal l und ausgeglicheneren F e u c h t i g k e i t s v e r h ä l t n i s s e n , w ä h r e n d die
Zwergspi tzmaus i n Rich tung zu baumlosen Biotopen zun immt . Z w e i f e l -
los hat S. minutus bei uns die g rös se r e ö k o l o g i s c h e Spanne von beiden
Ar ten , vor a l l e m die g rösse re Trockenheitsresistenz, was i n erster
L in i e i n i h r e m V o r k o m m e n i n pf lanzenlosen Strand- und D ü n e n -
gebieten z u m Ausdruck k o m m t » . —
A l p e n s p i t z m a u s — Sorex alpinus alpinus S C H I N Z 1837
Die von m i r gesammelten 10 A l p e n s p i t z m ä u s e s tammen s ä m t l i c h
von Berglagen ü b e r 1300 m (Masescha, S i l u m , Sareis — siehe Karte)
und v e r k ö r p e r n die g r o s s w ü c h s i g e westalpine N o m i n a t f o r m , w ie i c h
schon 1954 und 1957/62 a u s f ü h r e n konnte. Dort f i nden s ich auch die
Massangaben i m einzelnen. Das M a x i m u m b e t r ä g t (bei e inem alten Ö"
von S i l u m , N r . 56.1008) K + R 75, Schw. 70, Hf . 14,5, C B 19,7, H o d e n
10 m m , Gewich t 11 g. — Z w e i weitere, von H e r r n H O M B E R G bei der
Goldlochspi tze bei 1886 m gesammelte Tiere entsprechen i n den Mas-
sen u n g e f ä h r meiner Serie (ein Schwanz ist of fenbar amputiert) . D a -
gegen ist e in altes 9 m i * abgekautem Gebiss, dass H e r r H O M B E R G
erstaunlicherweise unten an der Vaduze r K i r c h e am 4. 11. 1953 f ing ,
bemerkenswert k l e in . Es misst nach Angaben des Sammlers nur 61 —
64 — 14 m m bei 8 g Gewich t . Der S c h ä d e l ist zerbrochen, erscheint
aber auch k le iner u n d z ier l icher als die der beiden anderen S tücke .
190
Der Schwanz ist vö l l ig kah l . N i m m t m a n h ier i n Anbetracht des Alters
des Tieres und der Jahreszeit, schon eine gewisse Schrumpfung an, so
bleibt doch e in erstaunlicher Unterschied zu den Tieren der Hochlagen .
Die Masse unterschreiten sogar noch die Abmessungen, die M I L L E R
(1912) u n d J . N I E T H A M M E R (1960 b) f ü r deutsche bezw. ostalpine
Tiere der Unterart hercynicus angeben.
Es gibt i n der Literatur vereinzelte Berichte, wonach Alpenspi tz -
m ä u s e auch i n t ieferen Lagen festgestellt werden. H i e r z u g e h ö r t die
Mi t te i lung von A . G H I D I N I (1911), der i m November 1910 i n Por lezza
am U f e r des Luganer Sees i n nur 280 m H ö h e eine m ä n n l i c h e A l p e n -
spitzmaus f ing . Ba lg und Skelett, die i m Berner M u s e u m aufbewahr t
werden, l iegen m i r vor. K ö r p e r m a s s e s ind nicht vermerkt, der Schäde l
ist leider zerbrochen und hat i n der Kapse l eine Breite von 9,4 m m ;
die S c h ä d e l l ä n g e ist nicht mehr genau zu ermitteln, liegt aber wahr -
schein l ich etwas unter 20 m m (CB). — Aus neuerer Zeit gibt es z w e i
weitere Meldungen, wonach A l p e n s p i t z m ä u s e i n tieferen Lagen vor-
kamen : i m Donauta l zwischen 300 u n d 400 m bei V i l s h o f e n i n N d .
Bayern ( B O T H S C H A F T E R 1957) und i m O r a v a - T a l (450 m) i n der
Tschechoslowakei ( H A N A K & M A Z A K 1962). In beiden F ä l l e n bestand
of fenbar keine Ve rb indung zwischen diesen Popula t ionen der t ieferen
Berglagen und solchen, die i n den bekannten H ö h e n s t u f e n leben, und
es d r ä n g t s ich i m Fal le Liechtenstein n a t ü r l i c h die Frage auf, ob dieses
Stück aus V a d u z (450 m) vie l le icht auch keinen Zusammenhang mi t
den Popula t ionen der Hochlagen hat. D a f ü r spricht die Tatsache, dass
w i r bisher i n den fast 1000 m , die ver t ika l zwischen den Fundorten
liegen, keine Alpenspi tzmaus f ingen . Es ist ausserdem a l lgemein be-
kannt, dass die Alpenspi tzmaus durchaus nicht g l e i c h m ä s s i g ü b e r ihre
S i e d l u n g s r ä u m e verteilt ist, sondern ein, i m einzelnen v ie l le icht wech-
selndes, zersplittertes Verbre i tungsbi ld bietet. Dies gilt öko log i sch , w o -
r ü b e r noch z u berichten sein w i r d , als auch geographisch. In diesem
Zusammenhang sei an die A l p e n s p i t z m ä u s e des Harzes erinnert. Diese
weit nach N o r d e n vorgeschobene, isolierte Gruppe , die wegen ihrer
K l e i n w ü c h s i g k e i t M I L L E R 1909 veranlasste, sie zu r neuen Unterart
(hercynicus) z u erheben, ist v ie l le icht heute i n i h r e m alten V o r k o m -
mensgebiet verschwunden. Jedenfal ls f i n g Z I M M E R M A N N 1951 an
dem klassischen Fundpla tz ( « M ä u s e k l i p p e n » ) keine Alpenspi tzmaus
mehr. — Das sporadische Auf t re ten mag i n manchen F ä l l e n die H e -
191
rausbi ldung morphologisch abweichender F o r m e n b e g ü n s t i g t haben
(in V i l s h o f e n ist dies nach B O T H S C H A F T E R 1957 aber of fenbar nicht
der Fal l) und kann v ie l le icht gebietsweise so entstanden sein, dass bei
der postglazialen Neubesiedlung der Be rgzüge einzelne Popula t ionen
aus unbekannten G r ü n d e n i n t ieferen Lagen «übr ig b l i eben» (vielleicht
analog der Schneemaus, die an manchen P l ä t z e n auch geringe H ö h e n
bewohnt) und i n diesen wen ig g ü n s t i g e n Randgebieten eine K ü m m e r -
f o r m bi lden, oder es bliebe die D e u t u n g s m ö g l i c h k e i t , dass mehrere
Siedlungswellen, z u m T e i l morphologisch abweichender Gruppen
(hercynicus = Os t fo rm ?) das m e r k w ü r d i g e B i l d ergeben. Gerade eine
solche Mögl i chke i t liegt i m Liechtensteiner Rhein ta l mi t seinen breiten
Zugangswegen vor a l l em aus N besonders nahe. — Es sol l aber dieser
E inze l fang aus V a d u z nur als Problemste l lung und nicht als sicherer
Beweis gewertet werden. —
Die P lä tze , an denen ich A l p e n s p i t z m ä u s e f ing , waren z w a r steinig
i m weitesten Sinne, aber i m eigentl ichen Fe lsgerö l l oder i n dessen
N ä h e f i ng i c h nur z w e i Tiere. D ie meisten s tammen aus Fichtenbe-
s t ä n d e n , i n denen einzelne Felsen eingestreut s ind, und z w a r f ingen
sich die Tiere dort auf der trockenen Nadels t reu unter Sch i rmf ich ten
oder i n H ä u s e r n ä h e (Steinmauer). Fliessendes Wasser w a r i n diesen
Fä l l en nicht sehr nah. In z w e i F ä l l e n hatte i c h sie aber auch v o n
Bachufern . A n solchen Stellen f ingen sich auch W a l d s p i t z m ä u s e ; m a n
hatte aber doch — wie es auch L Ö H R L schon 1938 a u s f ü h r t — den E i n -
druck, dass sich die S i e d l u n g s r ä u m e der Popula t ionen z w a r strecken-
weise ü b e r l a p p e n , dass die Tiere aber nicht eng nebeneinander leben.
Ausserdem scheint die Alpenspi tzmaus h ö h e r e A n s p r ü c h e an das M i c r o -
k l i m a zu stellen, denn es war a u f f ä l l i g , dass w i r an dem kal ten Osthang
des Saminatales, das eine lang w ä h r e n d e Schneedecke hat und den Tie-
ren auch keinen kurzen und bequemen W e g z u m Auswe ichen i n tiefere
Lagen bietet, keine Alpenspi tzmaus i n den mi t Ge rö l l oder Einze l fe l sen
durchsetzten feuchten F i c h t e n b e s t ä n d e n f ingen, trotz v ie ler Versuche
Dagegen gab es dort W a l d s p i t z m ä u s e i n normaler Dichte . —
Die For tpf lanzung beginnt, entsprechend den k l imat i schen Bed in -
gungen der Hochlagen relat iv s p ä t ; a m 16. M a i gab es i n S i l u m s ä u -
gende und gradive 99 u n d a m 22. J u l i f ingen w i r das erste, eben
herangewachsene Jungtier. (Vergl . Sorex araneus: Ende J u n i schon
der zweite W u r f i m k l imat i sch u n g ü n s t i g e r e n Saminata l !).
192
W a s s e r s p i t z m a u s — Neomys fodiens fodiens P E N N A N T 1771
M a t e r i a l : 16 Bälge ( + Schäde l ) , 13 G e w ö l l s c h ä d e l
(bezw. Fragmente).
F ä r b u n g : D ie weissen Flecken hinter den A u g e n s ind nur bei z w e i
Tieren deutl ich, bei e inem Jungt ier v o m August (Rotenboden) und bei
e inem alten °- i m Winterpe lz v o m 2. November (Rheinau). Be i diesem
Tier haben auch die O h r e n mehr oder weniger deutliche weisse Tup-
fen, wie ü b e r h a u p t das Silberweiss der Unterseite bei diesem Win te r -
balg hel ler i n Erscheinung tritt und mi t dem, s i lber ig ü b e r h a u c h t e n ,
t iefschwarzen Rücken , ohne alle braunen F a r b t ö n e , e inen auf fa l l enden
Kontrast bildet. — Die dunkle Bauchze ichnung vari ier t i n unserem
Mate r i a l von e inem kurzen, schmalen Str ich auf der Bauchmit te bis
zu e inem Tier, dass an der Keh le e inen grossen, dunk len Fleck hat
und den Bauchstr ich zu e inem breiten Band ve rg rösse r t , das s ich —
etwas aufgehell t — an der Brust ü b e r die ganze Unterseite ausbreitet.
Diese Ze ichnung entspricht etwa der N r . 4 der « a b u n d i s t i s c h e n » Reihe
bei B A U E R (1960). D ie von den K ö r p e r s e i t e n h ineinwachsende Ver -
dunke lung kommt bei den Liechtensteiner B ä l g e n nicht vor. E i n Dri t-
tel der Tiere hat auf der Unterseite keine Schwarzze ichnung. Dies ist
u n a b h ä n g i g v o m Fundort ; so hat e in am 15. August i n Rotenboden
( « G r u a b a » ) gefangenes a l t s ä u g e n d e s 9 die o. a. extreme Verdunke lung ,
w ä h r e n d die vier neben ih r gefangenen, fast erwachsenen, Jungtiere
folgendermassen gezeichnet s ind : 2 Tiere ohne Schwarz, 1 mi t e inem
d ü n n e n Strich auf der Med ian l i n i e des Bauches, und e in T ie r hat ausser
diesem Str ich noch einen k le inen Keh l f l eck .
O b sich bei diesem B i l d der wechselnden A u s f o r m u n g der Bauch-
ze ichnung die von K A H M A N N & RÖSSNER (1956) ausgesprochene
Vermutung , es handele sich u m eine monogene Anlage mi t dominanter
Wirkungsweie , i n dieser F o r m aufrechterhal ten lässt , ist sehr f r ag l i ch .
W i e i c h an anderer Stelle 1963 i m Zusammenhang mi t der Vere rbung
des Brustf leckens bei Apodemus schon andeutete (von L E H M A N N ,
1963 b), s ind i n solchen Fä l l en wahrsche in l i ch mehrere Faktoren i m
Spiel . Ich vermute bei der Ze ichnung der Wasserspitzmaus einen ä h n -
l ichen Vererbungsmodus, w ie i h n die Tigerung des Pferdes hat, d. h .
u m ein komplexes (polymeres) M e r k m a l mi t sich steigernder W i r k u n g
i m P h ä n o t y p (von L E H M A N N 1951). In diesem Fal le w ü r d e das be-
deuten, dass die hochgradig a u s g e f ä r b t e n Tiere die geringer gescheck-
193
ten Typen abspalten können, und nur die Summierung gleichsinniger
Gene können, umgekehrt, die stärkste Ausprägung des Merkmals her-
vorbringen. Ausserdem mögen modifikatorische Gene und vielleicht
auch das genotypische Milieu eine gewisse Rolle spielen. Vielleicht
würden Zuchtexperimente die Zusammenhänge deutlich machen.
Der rostrote Anflug der Unterseite, den K A H M A N N & RÖSSNER
(1956) untersuchten und mit an Gewissheit grenzender Wahrschein-
lichkeit einer Haarfärbung zuschreiben, die durch die Hauptnahrung
der Spitzmaus, den Bachflohkrebs Gammarus hervorgerufen wird, ist
bei fast allen Bälgen aus Liechtenstein mehr oder weniger deutlich
ausgeprägt. Bemerkenswerterweise wurde das am stärksten gefärbte
Tier relativ weit ab von offenem Wasser gefangen (oberhalb Triesen-
berg) — ein weiterer Hinweis auf den grossen Aktionsradius und die
Wanderfreudigkeit dieser Spitzmaus. —
M a s s e u n d G e w i c h t : Den bereits 1954 veröffentlichten al-
ten cfÖ" vom Mai (Rheinau) seien drei säugende bezw. abgesäugte
$ 0 aus den Monaten Juli'"), August und November (Triesenberg, Ro-
tenboden und Rheinau) gegenübergestellt:
K+R Schw. Hf. Gew.
cfcT 79 (77, 78, 82) 61,6 (55, 61, 69) 18,7 (18, 19,19) 16,6 (15,15, 20)
CB
21,4 (20,7, 21,6, 22)
K+R Schw. Hf. Gew.
$ $ 88,6 (88*', 88, 90) 68,3 (67, 68, 70*') 18,3 (17,5, 18,19,5*') 17 (16,5, 17*», 17,5)
CB
*) Jungtier des gleichen Jahres ! 21,7 (21,4, 21,8*. 22,1)
Es zeigt sich dabei, dass die 99 aus der späteren Jahreszeit vor
allem grössere Körper- und Schwanzmasse zeigen, vielleicht ein Hin-
weis auf saisonbedingten Zuwachs im Zusammenhang mit der Ernäh-
rung. Im übrigen entsprechen die Masse ungefähr denen, die MILLER
(1912) für die Schweiz anführt , wobei interessanterweise die grössten
Schädellängen (CB = 22 — 22,2 mm) in tieferen Lagen, nämlich aus
528 m (Züberwangen, St. Gallen) festgestellt wurden (cf. Liechtenstein:
Maximum 22,1 mm — Vaduz, Rheinau !). Es scheint sich also auch
hier eine gewisse Abhängigkeit vom Nahrungsangebot abzuzeichnen. —
Wir fingen die Wasserspitzmäuse von der Rheinau, wo sie die Ufer
des schnell fliessenden, relativ tiefen Kanales zwischen Vaduz und
194
Schaan und dessen Z u f l ü s s e dicht besiedelten, bis z u etwa 1000 m H ö h e
(«Tristel» bei Triesenberg), wobei eine Schwerpunktb i ldung der Bach
unterhalb Rotenbodens ( « G r u a b a » ) darstellt. H i e r gab es deut l ich
durchwandernde Gruppen ( F a m i l i e n v e r b ä n d e ?), die den Bach als
Nahrungsquel le und Lei t l in ie benutzten, w ä h r e n d sich i n anderen
N ä c h t e n keine Wasserspitzmaus bemerkbar machte. — Ausserdem
f ing R. H O M B E R G ein Paar i m Lawena-Tobel i m J u n i 1953. — Im
Saminata l und ü b e r h a u p t jenseits der Rheinabdachung f ingen w i r
keine Wasserspitzmaus. — Die G e w ö l l f u n d e s tammen aus Schaan.
A u f den Beg inn der For tp f lanzung der W a s s e r s p i t z m ä u s e i m Rhe in -
tal habe ich schon 1954 hingewiesen. A m 19. u n d 20. M a i gab es selb-
s t ä n d i g e Jungtiere, die 8 4 % bezw. 8 0 % der K ö r p e r g r ö s s e und des
Gewichtes der Al t t ie re hatten. —
S u m p f s p i t z m a u s ( R u n d s c h w ä n z i g e Wasserspitzmaus, Mi t t e l -
spitzmaus, M i l l e r ' s Wasserspitzmaus) — Neomys anomalus milleri
M O T T A Z 1907
M a t e r i a l : 3 Bälge und Schäde l .
F e l l s t r u k t u r und F a r b e : A l l e dre i Tiere f ingen sich am
gleichen Bach (Rotenboden) i m J u l i und August zweier aufeinander-
folgender Jahre und weichen i n Haars t ruktur und Farbe deut l ich von-
einander ab: Das junge Ö" v o m 27. J u l i 1961 ist ku rzhaa r ig und ober-
seits tief schwarz mi t feiner weisser Sprenkelung, w ie die Tiere i m
Winterhaar . Es hat an den Kopfsei ten und den Vorderbe inen Pigment
und zeigt dort den Beginn eines neuen Haarwechsels ( Z w i s c h e n h ä -
rung !). Das j ü n g e r e , den H o d e n nach noch nicht reife, Jungtier v o m
25. August 1962 ist etwas langhaariger, hat e inen d ü n n e n Pelz mi t sehr
v i e l s c h w ä c h e r e r Sprenkelung, u n d das Schwarz ist graubraun auf-
gehellt (erstes Jugendhaar, nicht Erst l ingshaar, cf. B A U E R 1960 !).
H i e r ist der Oberkopf pigmentiert ohne erkennbaren Haarwechse l .
Das alte Ö" schliessl ich, v o m gleichen Tage und Fundpla tz (25. August
1962), ist noch etwas kurzhaar iger als das junge O* von 1961, zeigt die
Sprenkelung feiner und reicher, das Schwarz der Oberseite ist aber
noch mehr durch einen graubraunen T o n aufgehell t als bei dem Jung-
tier v o m gleichen Tage. Dieses F e l l hatte nur wenige P igment f lecken
auf N a c k e n und Kopf . — Die Tendenz einen dunk len K e h l f l e c k aus-
zubi lden («Schat ten») ist bei den beiden Jungt ieren festzustellen. Eine
195
G e l b f ä r b u n g der Unterseite (vor a l l e m am Ki nn ) ist bei dem alten Ö"
vorhanden. Sehr stark ist dieser gelbe Ü b e r f l u g bei e inem Vergle ichs-
s tück aus Por lezza und e inem aus Ringgenberg (Berner Ober land) , die
beide i m Januar gefangen wurden . — Die Bregenzungsl inie zwischen
Ober- und Unterseite ist scharf; die weissen Augen f l ecken s ind — vor
a l l em bei den jungen Tieren — deut l ich. —
M a s s e und G e w i c h t : D ie nachstehende Tabel le zeigt die
Abmessungen und z u m Vergle ich die Masse des Typus und die Schä-
delmasse zweier Tiere aus den A l p e n u n d eines aus Ostpolen.
Schädel .
Herkunft K + R Schw. Hf. Testes Gewicht C B kapselbr.
Liechtenstein <$ ad. 75 45 15 6 12 g 19,4 (19,9) 10,3
Liechtenstein S subad. 75 47 15 5 10 g 19,3 (20,2) 10
Liechtenstein S med. 70 50 15 inf. 10 g
Typus MOTTAZ 81 51 (17) (21) 10,3
Bern. Obld. 46.73 20 (20,6) 10,3
Porlezza 9 I. 1912 19,9 (21) 10,2
Ostpolen, 18. X . 1949 19,1 (20,1) 9,6
Es w i r d daraus ersichtl ich, dass die erwachsenen Tiere aus L iech-
tenstein i m K ö r p e r k le iner u n d auch i n den S c h ä d e l m a s s e n etwas ge-
ringer s ind als das Typus-Exemplar von M O T T A Z , 1907 (ein z w e i -
j ä h r i g e s 9 a u s den W a a d t l ä n d i s c h e n A l p e n i n 1230 m H ö h e v o m 23.
September 1905). Im ü b r i g e n s t immen die K ö r p e r a b m e s s u n g e n unserer
Tiere gut mi t denen ü b e r e i n , die K A H M A N N (1952) f ü r Bayern und
andere A l p e n l ä n d e r nennt, v ie l le icht mi t Ausnahme der Hinter fuss-
l änge , die dort etwas h ö h e r angegeben ist. Ebenso s t immen die
S c h ä d e l m a s s e gut mi t denen der beiden, i n der Tabel le a u f g e f ü h r t e n ,
Tiere aus dem Berner Ober l and und v o m Luganersee ü b e r e i n . N u r das
Jungtier aus Ostpolen (Museum A . Koen ig N r . 53.29) v e r k ö r p e r t einen
etwas anderen P h ä n o t y p mi t k le inerem, schmalerem Schäde l und einer
ins B r ä u n l i c h e z iehenden Fel l fa rbe mi t undeut l icher Begrenzungsl inie
an den Seiten. — Die Zahnpigment ierung ist bei unseren Tieren ausser-
ordent l ich verschieden, und m a n hat den Eindruck, dass bei dem alten
Cf die braunen Zahnspi tzen nicht nur abgeschl i ffen, sondern dass das
Pigment ausserdem abgerieben ist.
Im H i n b l i c k auf das v i e l zartere Gebiss ist anzunehmen, dass die
Beutetiere der Sumpfspi tzmaus auch erhebl ich s c h w ä c h e r sein m ü s s e n
als die der Wasserspitzmaus. Dementsprechend hat sie — nach den
196
Untersuchungen von P U C E K (1959) — auch keinen toxisch wi rkenden
Gif t spe iche l , ü b e r den die Gemeine Wasserspitzmaus und andere
grosse Verwandte zur L ä h m u n g der Opfe r v e r f ü g e n . —
Die drei S u m p f s p i t z m ä u s e traten an dem gleichen Bach auf, dem
auch eine starke Zusammenba l lung von W a s s e r s p i t z m ä u s e n eigen war
(Rotenboden, « G r u a b a » , 950 m, s. o.), u n d z w a r waren z w e i Ttere so
unter die grosse Ar t gemischt, dass w i r b e i m A u f n e h m e n der Fa l l en
an diesem Tage (25. August 1962) erst be im genauen Hinsehen erkann-
ten, was w i r gefangen hatten. A l l e drei Tiere f ingen s ich unmit te lbar
am Bach, z u m T e i l i m v o m Wasser ü b e r s p ü h l t e n Saum. Dieser Wasser-
lauf bietet g e g e n ü b e r den anderen G e b i r g s b ä c h e n mehr Abfa l l s t o f f e
und animal i sche Nahrung , da er v o m Dorf A b w ä s s e r a u f n i m m t . —
Dieses Nebeneinander der beiden A r t e n e r w ä h n t j a schon der Erst-
beschreiber M O T T A Z (1907) aus dem Waadtgau u n d s p ä t e r auch
K U N T Z E (1935) f ü r den Osten, u n d m a n k a n n bei der Deutung der
ö k o l o g i s c h e n A n s p r ü c h e der Sumpfspi tzmaus die Konkur renz der s tär -
keren A r t (Neomys f . fodiens) wahrsche in l i ch ausseracht lassen (s. u ) .
Sicher ist, dass diese Spitzmaus i m Westen Mitteleuropas nur die
Berglagen ü b e r 300 m (cf. K A H M A N N 1952, G . N I E T H A M M E R 1953)
bewohnt*) und erst i m Osten auch i n der Ebene h ä u f i g anzut ref fen ist
(cf. K U N T Z E 1935, B A U E R 1960). K ö n n t e m a n i n Liechtenstein das
Fehlen i n der Rhe inau z u m T e i l noch damit e r k l ä r e n , dass der K a n a l
und seine Zu f lü s se , deren U f e r von der grossen A r t dicht besiedelt
sind, eine zu starke S t r ö m u n g u n d z u grosse Wassert iefe f ü r die
s c h w ä c h e r e Ar t hat, so bl ieben doch zahlre iche F l a c h g r ä b e n und
S ü m p f e i n den wei ten F l ä c h e n des Riedes als durchaus geeignete Le -
b e n s r ä u m e ü b r i g , w o w i r die Sumpfspi tzmaus aber bisher nicht f an -
den (ebenso nicht i n den G e w ö l l e n aus Schaan !). Das hat n a t ü r l i c h
nichts mi t dem K l i m a bezw. der Feuchtigkeit zu tun, sondern i ch kann
m i r diese Gebundenhei t an die V e r h ä l t n i s s e i m Gebirge nur mi t einer
stammesgeschichtl ich alten Anpassung u n d Formung e r k l ä r e n . Im ein-
ze lnen werde i ch hierauf bei der Besprechung der « A r t e n p a a r e » noch
z u r ü c k k o m m e n . —
*) Nach J. NIETHAMMER (1961) fing K. BAUER 1960 an der Wied (Wester-
wald) eine Sumpfspitzmaus in nur 150 m Höhe — immerhin noch im Bereich
des Mittelgebirges.
197
G a r t e n s p i t z m a u s (Zwergwimperspi tzmaus, Zwerghausspitz-
maus) — Crocidura suaveolens mimula M I L L E R 1901
M a t e r i a l : 2 Bälge ( + Schäde l )
V e r g l e i c h s m a t e r i a l aus der M a r k Brandenburg (4), Sachsen
(6), Por lezza (16).
Beide Tiere s ind aus V a d u z ; das cf f i n g sich am 30. M a i 1953 auf
einer alten, verwucher ten Hausterasse am Steilhang des Gebirges, un-
mittelbar hinter den H ä u s e r n der Hauptstrasse (Rheinbergerhaus) und
das 9 a m 26. August 1956 an der M ü l l a b l a d e s t e l l e a m R h e i n d a m m
oberhalb der H o l z b r ü c k e nach Sevelen.
F a r b e und H a a r s t r u k t u r : Das alte cf .dessen Schäde l
z e r t r ü m m e r t ist, u n d das deshalb z u n ä c h s t i r r t ü m l i c h als junge Haus-
spitzmaus (Crocidura russula) angesehen wurde (von L E H M A N N
1954, 1955 b), t räg t noch den Winte rpe lz und st immt i n der Farbe
der Oberseite (Bister) und i n der a u f f ä l l i g s i lberigen Sprenkelung mi t
den hier vorl iegenden W i n t e r b ä l g e n aus Sachsen (Tharandt) u n d
F r a n k f u r t ' O d e r ü b e r e i n . D ie z i e m l i c h scharf abgesetzte, hel lgraue U n -
terseite ist an der Brust gelb ü b e r f l o g e n und st immt h i e r i n nicht mi t
den W i n t e r b ä l g e n aus Deutschland ü b e r e i n , sondern zeigt die gleiche
Tendenz w ie die Serie v o n 16 B ä l g e n v o m Luganer See (Museum Bern),
die i m ganzen eine mehr ins Braune ziehende T ö n u n g haben (vor
a l l em i n der Sommertracht) und unterseits i n manchen F ä l l e n stark
an der Brust u n d Keh le gelb ge tön t s ind. Vie l l e i ch t h ä n g t dieser b r ä u n -
l ich-gelbl iche Farbton z u m T e i l mi t dem A l t e r der Bä lge zusammen
(sie wurden auch von A . G H I D I N I u m 1910 gesammelt). Bei e inem
Balg i n der Sommermauser (15. August) sieht m a n aber sehr deut l ich,
wie sich das neue, re in hellgraue F e l l an der Brust von dem alten,
intensiv gelben H a a r der ü b r i g e n Bauchseite absetzt, so dass m a n an-
nehmen kann, dass sich bei diesen s ü d l i c h e n Tieren, zumindest zeit-
we i l ig — vor der jewei l igen Mauser — starke G e l b t ö n e i m F e l l e in-
f inden. — Das Sommerk le id des jungen w e i b l i c h e n Tieres ist a u f f a l -
lend kurz und glatt anliegend, zeigt die Sprenkelung nicht so deut l ich,
und das Braun der Oberseite hat eine mehr graublaue Schattierung,
wie sie B A U E R (1960) auch f ü r Jungtiere des Neusiedlerseegebietes
angibt (Hai r B r o w n bis Fuscous). H i e r i n gleicht dieser Sommerbalg
auch e inem 9- das i ch am 26. September 1958 i n der N ä h e von Neape l
198
(G l i Astroni) f i n g (s. Tabelle) . Das 9 a u s V a d u z steht mit ten i m Z w i -
schenhaarwechsel , die Haut ist ü b e r a l l pigmentiert . —
M a s s e u n d G e w i c h t :
Henkunft K + R Schw, Hf . Gew. Ob. Zahnreihs Unt. Zahnreihe
Vaduz (5 57 33 10 7,5 g 7,7 6,6
Vaduz 9 66 33 10 6 g 7,5 6,8
Typus MILLER 72 33 11 7,2 6,6
0 Bayern (KAHMANN) 63 35 11,2
Neapel 9 66 37 1 1 6,5 g 7,9 7,3
Brozzi (Florenz) 9 1911 (35) 7,9 7,3
Porlezza S 15- V. (40) 7,5 7
Porlezza <$ 15. I. (33) 7,6 6,8
Val Tazzino 9 IX. 1911 (36) 8,2 7,4
Val Tazzino S IX. 1911 (40) 8,1 7,9
Die Tabel le bringt die beiden Liechtenstein-Tiere zusammen mi t
dem Typus dieser Unterart (aus Z ü b e r w a n g e n , St. Gal len) und dem
Durchschni t t von 21 Tieren aus Bayern( nach K A H M A N N 1952). A u s -
serdem s ind z u m Verg le ich einige Bä lge aus Ital ien g e g e n ü b e r g e s t e l l t .
Leider haben die Bälge der s c h ö n e n Serie aus Por lezza , von denen
vier tendenzlos herausgegriffen wurden , keine Massangaben, so dass
man nur die S c h w a n z l ä n g e n (trocken) — mit grossem Vorbeha l t —
angeben kann . — D a die S c h ä d e l beider Liechtenstein-Tiere zerschla-
gen sind, wurden nur die Zahnre ihen gemessen.
N a c h dieser k le inen G e g e n ü b e r s t e l l u n g läss t s ich nur sagen, dass
unsere Tiere mi t dem Typus gut ü b e r e i n s t i m m e n , u n d dass auch die
Bayrische Serie i n den K ö r p e r m a s s e n k a u m davon abweicht . Dagegen
scheinen die G a r t e n s p i t z m ä u s e aus Ital ien etwas grösse r zu sein, und
dieser E indruck v e r s t ä r k t sich, w e n n m a n die (trockenen) S c h w ä n z e
al ler Bälge aus Por lezza durchmisst . Dies ergibt einen Durchschni t t
von 37 m m , so dass m a n (trotz der grossen Varia t ionsspanne dieses
Masses: Bayern z . B . — nach K A H M A N N — S c h w a n z l ä n g e 30 — 43
mm) alle G a r t e n s p i t z m ä u s e s ü d l i c h des Alpenhaup tkammes zu einer
der i n Nord i t a l i en beschriebenen Unterar ten w i r d stellen m ü s s e n
(italica oder debeauxi, c f . T O S C H I & L A N Z A 1959). Es l iegen also auch
hier ä h n l i c h e V e r h ä l t n i s s e vor wie bei der Waldsp i tzmaus — i n den
S ü d a l p e n lebt eine andere Unterart als n ö r d l i c h der Hauptkette, und
die mehr r ö t l i c h - b r a u n e Fe l l fa rbe und die grossen Masse kennzeichnen
sie als u r s p r ü n g l i c h e r e , mediterrane Form.
199
N a c h den F u n d p l ä t z e n dieser beiden Tiere i n V a d u z scheint die
Gartenspitzmaus, ebenso w i e i n Bayern (cf. K A H M A N N 1952), auch
i n Liechtenstein i m engsten Kontakt mi t den menschl ichen Siedlungen
z u leben. Dies ist bei diesem k le inen , i n Europa h a u p t s ä c h l i c h ost-
medi terran verbreiteten und ausgesprochen thermophi len Säuge t i e r
nicht z u verwundern . D a die Gartenspitzmaus also mehr e in T ie r der
Trockengebiete ist, entsprechen gewiss auch manche Strecken des
Liechtensteiner Rheintales ih ren A n s p r ü c h e n . Ü b e r die f lor is t ischen
V e r h ä l t n i s s e dieser L e b e n s r ä u m e sagt G A N S S (1961):
«Interessantes aber bieten noch die trockenen Heidewiesen und der Rhein-
damm von Bangs bis Mäls, der ähnliche Verhältnisse wie die Heidewiesen
aufweist . . . Auf ihm sind aus Graubünden trockenheitsliebende Pflanzen
nach Norden gewandert».
Er f ü h r t u . a. das Rauhgras (Achnatherum calamagrostis) an, das
m i r auch als F remdl ing unter den deckungbietenden P f l a n z e n be im
K l e i n s ä u g e r f a n g aufgefa l len war . N i m m t der Botaniker aber den Zuzug
dieser P f l a n z e n direkt v o m S ü d e n her an, so m ü s s e n w i r den E i n -
wanderungsweg der Gartenspitzmaus eher von N o r d e n her, durch das
oben schon mehr fach e r w ä h n t e Einfa l l s to r annehmen. D a f ü r spricht
e inma l die Ü b e r e i n s t i m m u n g mi t den G a r t e n s p i t z m ä u s e n Bayerns und
der Unterschied zwischen den Tieren der i ta l ienischen A l p e n und z u m
anderen die Tatsache, dass dieses kle ine Säuge t i e r bei der nacheiszeit-
l ichen Neubesiedlung seinen W e g z u m T e i l v o m S ü d o s t e n Europas,
entlang dem Nordrande der A l p e n n a h m . Es scheint so, dass die
Refugien i n S ü d - F r a n k r e i c h nur kleinere B e s t ä n d e beherbergten, und
dass i m ausgesprochen atlantischen K l i m a b e r e i c h keine Ausbre i tung
erfolgte, so dass die Haupte inwanderungswel le n ö r d l i c h der A l p e n
verl ief , u n d vie l le icht nur vereinzelte Gruppen v o n Westen i n die
A l p e n einsickerten ( A n k l ä n g e : G e l b f ä r b u n g , s. o. u n d B A U M A N N 1949).
Es entspricht dies auch der Auf fassung , die J A N E T S C H E K (1961) be-
züg l i ch der E inwande rung w ä r m e l i e b e n d e r Tiere nach Vorar lbe rg
folgendermassen darlegt:
«Die Einwanderung der anspruchsvolleren Arten der Tallagen, besonders
der ausgesprochenen Thermophilfauna, die heute auf einige inselartige Vor-
kommen an den wärmsten Stellen des Landes beschränkt ist (Fuss der Rhein-
talhänge und Walgau z.B.), hat wohl hauptsächlich in der nacheiszeitlichen
Wärmezeit (Boreal ?) und vor allem von NW, über das Bodenseegebiet statt-
gefunden, vielleicht auch (was erst zu prüfen wäre), über die Züricher- und
Walensee-Senke von Süden her». —
200
Die Gartenspitzmaus hat diesen W e g der nacheiszei t l ichen Besied-
lung wahrsche in l i ch gleichzei t ig mi t der Feldspi tzmaus unternommen,
die ebenfalls e in ös t l i ches Faunenelement ist und v o n Osten her i n
Mit te leuropa so weit vordrang, bis sie auf die Hausspi tzmaus, die
ä h n l i c h e Lebens s t ä t t en i m atlantischen K l i m a b e r e i c h innehat, traf.
Konnte sich nun aber zwischen Fe ld - und Hausspi tzmaus e in gewisses
nebeneinander einspielen durch eine B e s c h r ä n k u n g und Spezial is ie-
rung auf bestimmte Biotope (Hausspitzmaus — E n t w i c k l u n g zur K o m -
mensalen), so bl ieb die Gartenspi tzmaus e in echter Konkur ren t der
Hausspi tzmaus, und i n der Kontaktzone i n West-Deutschland ergibt
sich daher z. B . e in sehr interessantes V e r d r ä n g u n g s - V i k a r i i e r e n (Haus-
spitzmaus i n G e b ä u d e n ä h e — Gartenspi tzmaus fe rn v o n Siedlungen)
wie es K A H M A N N (1952) f ü r N W - B a y e r n beschreibt.
Feldspitzmaus und Gartenspi tzmaus scheinen aber nicht zu kon-
kurr ieren, o b w o h l ihre L e b e n s r ä u m e weitgehend ü b e r e i n s t i m m e n (z. B .
A b f a l l h a l d e n i n Liechtenstein), denn i ch konnte die eine der beiden
G a r t e n s p i t z m ä u s e und eine Feldspi tzmaus wenige Meter nebeneinander
fangen. — Ich k o m m e aber auf dieses P rob lem des N e b e n e i n a n d e r
und Vikar i i e rens bei den S p i t z m ä u s e n noch weiter unten z u r ü c k .
F e l d s p i l z m a u s — Crocidura leucodon leucodon H E R M A N N 1780
M a t e r i a l : 7 Bälge ( + Schäde l ) , 2 E i n z e l s c h ä d e l , 15 G e w ö l l s c h ä d e l
( + Fragmente).
F a r b e : Die Liechtensteiner F e l d s p i t z m ä u s e s ind oberseits z i em-
l i c h dunkel , ä h n l i c h den T ie ren aus Westdeutschland, etwa Clove
Brown , i m Win te r Bone B r o w n , w ä h r e n d Bälge aus Hessen und N o r d -
Bayern hel ler und grauer s ind (Marburg — O l i v e B r o w n , Kiss ingen —
Drab (bis H a i r B r o w n bei Jungtieren). Die Unterseite ist, in starkem
Kontrast dazu, weissgrau (Pale Smoke Gray) , und damit zeigen die
Liechtenstein-Tiere eine s c h ö n e Pa ra l l e l en twick lung z u den Waldspi tz -
m ä u s e n : wie diese s ind sie an der Peripherie des Verbreitungsgebietes
i m N W kontrastreicher gezeichnet, also spezialisierter als die Tiere des
Ostens (Ausbrei tungszentrum; cf. B A U E R 1960) und des S ü d e n s (wie
noch zu zeigen sein wi rd ) , und die Farbe der Schabracke ist dunkel ,
entsprechend den k ü h l - f e u c h t e n L e b e n s r ä u m e n (Gebirge West-Europas)
vergl ichen mi t den mediterran-kont inentalen V e r h ä l t n i s s e n i m S und
So, w o die R ü c k e n f a r b e blasser ist (s. Farbtafel) .
201
Sehr interessant ist eine m i r vorliegende Serie aus Por lezza (Mu-
seum Bern), die wieder A . G H I D I N I u m 1910 gesammelt und bestimmt
hat. Die Tiere s ind oberseits braun (Winter etwa Bister, Sommer O l i v e
B r o w n bis Snuff Brown) und unten erhebl ich dunkler grau als die
L iech tens te in -Bä lge . Sie w i r k e n dadurch e i n t ö n i g e r u n d s ind nur mi t
grosser M ü h e und auch nicht i n a l len Fä l l en von H a u s s p i t z m ä u s e n z u
unterscheiden. D a das Gebiss ü b e r h a u p t keine Zuordnung mög l i ch
macht (das klassische Kennzeichen, die relative L ä n g e des P 1 ( = C
nach anderen Autoren) ist nicht brauchbar) , da die Propor t ionen eine
Mit te ls te l lung e inehmen zwischen den extremen V e r h ä l t n i s s e n , die
russula und leucodon i m N o r d e n meist gut scheiden, b l ieben m i r als
Kennze ichen die etwas aufgehelltere u n d an den F l anken deutl icher
abgesetzte U n t e r s e i t e n f ä r b u n g und die Zwei fa rb igke i t des Schwanzes —
Merkmale , die aber eine gleitende Skala zeigen! Dementsprechend habe
ich diese 21 Bä lge i n 16 leucodon, 3 russula u n d z w e i g ä n z l i c h unbe-
st immbare A r t e n aufgeteilt. G H I D I N I hat dagegen folgende A u f t e i l u n g
vorgenommen: 9 F e l d s p i t z m ä u s e (die er als leucogastra bezeichnet,
denn die F e l d s p i t z m ä u s e Nord-Ital iens soll ten eigentl ich Crocidura leu-
codon leucogastra B O N A P A R T E heissen; cf. B O N A P A R T E 1832 — 1841)
10 H a u s s p i t z m ä u s e und 2 Tiere, die er als Kreuzungen bezeichnet. Es
w i r d schon hieraus ersicht l ich, w ie unsicher die Bes t immung dieser
i tal ischen und s ü d a l p i n e n W i m p e r s p i t z m ä u s e ist. Neben dieser Serie
sammelte G H I D I N I dort drei weitere Tiere, die m a n der F ä r b u n g nach
als H a u s s p i t z m ä u s e bezeichnen muss, und m a n gewinnt dadurch den
Eindruck, dass w i r dort eine Gruppe vor uns haben, bei der die Heraus-
di f ferenzierung der beiden Ar t en russula und leucodon (vielleicht m a n -
gels grosser K l i m a - u n d Temperaturschwankungen) nicht erfolgt war .
Bezeichnend ist, dass sich auf der anderen Seite die Liechtensteinische
Feldspitzmaus i n i h rem kontrastreichen, bunten K l e i d als weiter ent-
wickel te F o r m darstellt. Weiter entwickelt nicht nur infolge der K l i m a -
ä n d e r u n g g e g e n ü b e r dem S ü d e n , sondern ebenso infolge der langen
Wanderwege ( = Isolationserscheinungen) i m Zuge der nacheiszeit-
l ichen Ausbrei tung. Denn das Zusammenleben mi t der Gartenspitz-
maus i n Liechtenstein — b e i m Fehlen der Hausspi tzmaus — st immt
mi t den V e r h ä l t n i s s e n i n Bayern (mit Ausnahme der N W - E c k e ) ü b e r -
ein, und m a n kann daher annehmen, dass Liechtenstein von diesen
beiden Ar ten südös t l i che r He rkun f t v o m N o r d e n her besiedelt wurde.
202
Es so l l h ier aber auch nicht die andere Mögl i chke i t ausgeschlossen
werden, wonach diese Por lezza-Popula t ion durch s e k u n d ä r e V e r m i -
schung und Bastardierung entstanden sein k ö n n t e , denn i m w a r m e n
K l i m a s ind die Umweltunterschiede zwischen menschl ichen Siedlun-
gen und dem Fre i l and weitgehend ausgeglichen und damit eine ö k o -
logische Schranke (zwischen ansich sehr nahestehenden F o r m e n !)
aufgehoben, die i m N o r d e n besteht. D a aber die ö k o l o g i s c h e Schranke
zwischen Haus- und Feldspi tzmaus eine v e r h ä l t n i s m ä s s i g geringe Be-
deutung ( g e g e n ü b e r der ethologischen, s. o.) hat, halte i ch diese theo-
retische Mögl ichke i t (Bastardierung) f ü r weniger wahrsche in l i ch . Es
sol l aber auf das Prob lem der Artbas tardierung erst i n e inem s p ä t e r e n
Kapi te l eingegangen werden (s. S. 285 ff . ) . —
M a s s e u n d G e w i c h t :
D ie Tabel le zeigt die Abmessungen der adulten Tiere aus Liechten-
stein, vergl ichen mi t einigen anderen Tieren, die i c h i n Westdeutsch-
land sammelte.
Herkunft / Datum K + R Schw. Hf . Gew. CB Schädelbrei te
Liechtenstein:
Schloss 22. V. 77 37 13 (21) g 19,7 (20,4) 9,5
Schloss 22. V. 76 31 11,5 12 g 19,2 (19,7) 9
Matschiis 6. VIII. 76,5 32 12 11,5 g 18,9 (19,3) 9,2
Au 7. VIII. 81 36 13 13 g 19,5 - 9,5
Rheinau 3. XI. 77 35 11 11 g 18,4 (19,5) 9
Schaan 4. I. 70 34 12,5 9,5 g 19,3 (20,5) 9,2
Schaan (Mumie) 19,6 (20,4) 9,3
Schaan Gewöllschädel 18,8 (19,7) (9)
0 76,2 34,1 12,1 13 g 19,2 (20) 9,2
Gegenüberstellung der Schädelmasse
Herkunft CB Schädelbrei te
0 Liechtenstein 19,2 (20) 9,2
Ersdorf (Voreifel) 8. IX. 19,5 (20,5) 9,5
Ersdorf Gefangenschaftstier 20,2 (20,9) 9,5
Horstedt/Weser (Winter) 18,3 (19,2) 9,1
« « 18,7 (19,7) 9,3
« 18,8 (19,8) 9,5
203
Diese Zahlen zeigen keine nennenswerte A b w e i c h u n g v o n den
Werten, die M I L L E R (1912) f ü r den Westen des Verbreitungsgebietes
und B A U E R (1960) f ü r die Tiere des Neusiedlerseegebietes (ssp. naren-
tae) a n f ü h r e n . Die geringen S c h ä d e l m a s s e der drei Winter t iere von der
unteren Weser h ä n g e n wahrsche in l i ch mi t der bekannten Win te r -
depression zusammen.
In der Liechtensteiner Popula t ion s ind die k le inen einspitzigen
Z ä h n e des Oberkiefers bemerkenswert gross, so dass m a n vie le G e w ö l l -
s chäde l der Hausspi tzmaus zusprechen m ü s s t e . Dasselbe scheint auch
bei den F e l d s p i t z m ä u s e n i n Bayern der F a l l z u sein, denn K A H M A N N
(1952) schreibt, dass «Schädel und Gebissmerkmale so ä h n l i c h sind,
dass eine Unterscheidung danach nicht ge l ing t» . (1. c. p. 158). D a dieser
Gebissunterschied i n den Gebieten, i n denen beide A r t e n nebenein-
ander leben, i n der Regel deut l ich ist (Umgebung v o n B o n n ; s. auch
die A b b i l d u n g von B A U M A N N 1949), w ä r e es w ü n s c h e n s w e r t , diesem
Problem e inma l nachzugehen. — Einen F a l l von Ol igodont ie habe ich
bereits 1954 (p. 21, Fussnote) beschrieben. —
B i o l o g i s c h e D a t e n u n d H a a r w e c h s e 1 n o t i z e n :
Ü b e r die For tp f lanzung habe i ch bereits 1954 das Beobachtete mitge-
teilt und auch die Pigmentierungsbi lder zweier H ä u t e abgebildet.
Danach war am 22. M a i e in J s ä u g e n d und z u m zwei ten Ma le mi t
7 Embryonen t r äch t ig . Uber die Mauser läss t s ich folgendes sagen:
E i n Jungtier v o m 30. M a i ist noch i m ersten Jugendkle id (wenn m a n
annimmt, dass i m Nest schon ein Haarwechse l aus dem Ers t l ingskle id
erfolgt; vergl . Wasserspitzmaus), e in fast erwachsenes Ö" v o m 22. M a i
t rägt das erste Al te rsk le id , das dunk le r u n d dichter ist (ein Pigment-
fleck auf dem R ü c k e n bedeutet v ie l le icht den Abschluss dieser H ä r u n g ) .
Die u n r e g e l m ä s s i g e Pigment ierung auf dem R ü c k e n des oben e r w ä h n -
ten, alten $ (s. A b b . 6, p. 30 1. c. 1954) v o m 22. M a i w i r d eine V e r z ö -
gerung des F r ü h j a h r s h a a r w e c h s e l s i m Zusammenhang mi t den Ver -
mehrungszyklen sein. — E i n Al t t i e r (ö") ist a m 7. August i m Sommer-
k le id ohne Haarpigment und ein weiteres altes Ö" ist a m 6. August
v o m Kopf bis zu den H ü f t e n ebenso behaart, i m kauda len T e i l der
K ö r p e r o b e r s e i t e steht altes, d ü n n e s und m e r k w ü r d i g grau ge tön t e s
Haar , es zeigt also e in Stadium der Zwischenmauser . E i n 9 v o m 3. N o -
vember ist oberseits ganz pigmentiert u n d hat dort ü b e r a l l das eben
204
Karte II — Fundplätze der Spitzmäuse zwischen Rhein und Silumer Kulm
0 Waldspitzmaus. © Zwergspitzmaus, O Alper.spitzmaus, O Wasserspitzmaus,
X Sumpfspitzmaus, Q Gartenspitzmaus, w Feldspitzmaus
heranwachsende noch kurze Winterhaar . E i n 9 v o m 4. Januar , schliess-
l ich , t r äg t den dichten und sehr langen Winte rpe lz . —
Die Feldspitzmaus f and sich i n Liechtenstein nur i n den tieferen,
gelegentlich i n ausgesprochen warm-t rockenen Lagen, oder i n engem
Kontakt mit den Siedlungen (Mül lp lä t ze , G ä r t e n ) . Z w e i sie begleitende
Ar ten waren h i e r f ü r charakterist isch — die Feldmaus (Microtus
arvalis) und die Gartenspi tzmaus (Crocidura suaveolens). A n Fe ld-
bezw. G e b ü s c h r ä n d e r n k a m n a t ü r l i c h auch die Waldspi tzmaus (Sorex
araneus) und die W a l d m a u s (Apodemus sylvalicus) h i n z u . (Fangp lä t ze
s. Karte II). —
205
Zum Problem der Artenpaare
Unsere S p i t z m ä u s e bieten e in gutes Beispie l f ü r eine Erscheinung,
die w i r ganz a l lgemein bei sympatrischen K l e i n s ä u g e r a r t e n , d. h. bei
denen, die zusammen i m gleichen Gebiet leben, kennen: es gibt mor-
phologisch sehr ä h n l i c h e , aber durch die Grösse unterschiedene Ar t en
(Paare). W i r kennen i m gleichen Gebiet u n d Lebensraum das Grosse
und das K le ine Wiese l , die Grosse u n d die K l e i n e Waldmaus , die
Grosse und die K le ine Hufeisennase, und bei den S p i t z m ä u s e n s ind es
sogar drei Paare i n drei Gat tungen: Waldsp i tzmaus — Zwergspi tzmaus,
Wasserspitzmaus — Sumpfspi tzmaus und Feldspitzmaus — Garten-
spitzmaus. Es so l l h ier nicht untersucht werden, we lchen U m s t ä n d e n
und K r ä f t e n diese Formen ihre Enstehung verdanken; ve rmut l i ch
spielte die Körpe rg rös se bei der Herausb i ldung dieser K l e i n s ä u g e r
keine entscheidende auslesende Rol le , sondern die Ar t en entstanden,
nach unserer Vors te l lung, getrennt i n verschiedenen R ä u m e n mi t v i e l -
leicht etwas abweichenden U m w e l t v e r h ä l t n i s s e n , denen s ich die Tiere
anpassten. Die Körpe rg rös se mag dabei aber nur v o n geringer Bedeu-
tung gewesen sein. Erst mi t der Ausbre i tung i n andere Gebiete und mi t
dem Zusamment re f fen m i t anderen Ar t en gleicher oder ä h n l i c h e r
öko log i s che r A n s p r ü c h e wurde sie unter U m s t ä n d n bedeutsam, vor
a l l em n a t ü r l i c h dadurch, dass die g rösse re und s t ä r k e r e Ar t be im N a h -
rungserwerb und bei der Besetzung g ü n s t i g e r Verstecke der s c h w ä c h e -
ren g e g e n ü b e r i m V o r t e i l war . (Man kann hier e i n m a l davon absehen,
dass die kleinere A r t kleinste Verstecke besser ausnutzen kann) . Im
extremen F a l l , d. h . w e n n N a h r u n g u n d W o h n r a u m knapp ist, w i r d
es also zu einer Z u r ü c k d r ä n g u n g bis zur V e r d r ä n g u n g der s c h w ä c h e r e n
Ar t kommen . —
Untersuchen w i r e inma l d a r a u f h i n unsere Spitzmausarten i m mitt-
leren Westeuropa. Der oben angenommene extreme F a l l der K o n k u r -
renz u m R a u m u n d N a h r u n g liegt anscheinend nur bei dem — i n
Liechtenstein nicht vorhandenen — Artenpaar Hausspi tzmaus-Gar ten-
spitzmaus vor. Beide s ind w ä r m e l i e b e n d e Formen und infolgedessen
Kul tu r fo lger (menschliche Siedlungen). Dass sie i n ih ren Lebenss tä t -
ten b e i m Zusamment re f fen als scharfe Konkur ren ten auftreten k ö n n e n ,
liegt vor a l len Dingen daran, dass diese P l ä t ze relativ k l e i n sind und
nicht so zah l re ich sind, wie die grossen R ä u m e , die die freie Na tu r
206
Abb. 7 oben links — Sorex-Artenpaar aus Liechtenstein: links Waldspitzmaus -
rechts Zwergspitzmaus.
Abb. 8 oben rechts — Neomys-Artenpaar aus Liechtenstein: links Wasserspitz-
maus — rechts Sumpfspitzmaus.
Abb. 9 unten - Crocidura-Artenpaar aus Liechtenstein: oben Feldspitzmaus —
unten Gartenspitzmaus.
bieten kann. Es s ind also B a l l u n g s r ä u m e , die e in enges Z u -
s a m m e n r ü c k e n , einen K a m p f und ein V e r d r ä n g e n der s c h w ä c h e r e n
Art zur Folge haben. H i n z u mag noch die Tatsache kommen , dass diese
beiden Ar ten ihrer geographischen H e r k u n f t nach (Ost-West) ver-
schieden und einander dementsprechend « f r e m d » sind.
Ä h n l i c h , wenngle ich wesent l ich s c h w ä c h e r a u s g e p r ä g t , ist die S i -
tuation bei dem Artenpaar Waldspi tzmaus-Zwergspi tzmaus . V o n e inem
V i k a r i i e r e n infolge einer V e r d r ä n g u n g der k le inen A r t kann gar keine
Rede sein. Beide k o m m e n ü b e r a l l nebeneinander vor, und nur bei
genauerem Hinsehen kann m a n feststellen, dass die Zwergspi tzmaus
i n manchen Gebieten e in Peius der L e b e n s s t ä t t e n innehat, d. h . die —
grob gesehen — kl imat i sch und strukturel l etwas u n g ü n s t i g e r e n P l ä t ze
( S ü m p f e , trockene Heiden , d ü r f t i g e Hochgebirgsmatten) e inn immt , w ie
es oben schon a u s g e f ü h r t wurde. W a s die Bevorzugung der S ü m p f e
(und wenig beschatteter Heidebiotope) anlangt, so halte ich dies nicht
nur f ü r Ausnu tzung einer vorhandenen «öko log i schen N i s c h e » , son-
dern auch f ü r e in Ausnutzen solcher P lä tze , die dem k le inen Tier den
relativ grossen W ä r m e v e r l u s t durch schnelle E r w ä r m u n g der Umge-
bung bei Sonnenschein ersetzen, wie es bei den Rept i l ien auch der
F a l l ist. Ich fand jedenfal ls i m H o h e n V e n n z. B . Zwergspi tzmaus und
Bergeidechse (Lacerta vivipara) an den gleichen Stellen. — Abgesehen
davon s ind aber die ö k o l o g i s c h e n A n s p r ü c h e bei der Zwergspi tzmaus
die gleichen w ie bei der Waldspi tzmaus , beide haben sicher e inen
langen, gemeinsamen Lebensweg hinter sich, u n d nur die Tatsache,
dass die g rösse re A r t ü b e r a l l i n relativ grosser Dichte auftrit t , f ü h r t
gelegentlich und gebietsweise zu Konkur renz - und V e r d r ä n g u n g s -
erscheinungen.
Bei den beiden W a s s e r s p i t z m ä u s e n ist die Si tuat ion schon dadurch
g r u n d s ä t z l i c h anders, dass die A n g e h ö r i g e n dieser Gat tung p r inz ip i e l l
keine E i n z e l g ä n g e r s ind, sondern ausgesprochen gesellig leben, und
damit entfa l len wahrsche in l i ch von vo rn herein v e r h a ' t e n s m ä s s i g e
Grundlagen , die z u m nachhalt igen B e k ä m p f e n der anderen Ar t f ü h r e n
k ö n n t e n . T a t s ä c h l i c h konnte i ch ja auch i n Liechtenstein (s. o.) die
Beobachtung anderer Au to ren bes t ä t i gen , dass Wasser- und Sumpf-
208
Spitzmaus an geeigneten P l ä t z e n i n g r ö s s e r e r Z a h l nebeneinander vor-
k o m m e n k ö n n e n . D ie t o p o g r a p h i s c h - ö k o l o g i s c h e Trennung der beiden
Formen (in der Ebene gibt es i n Westeuropa anscheinend keine Sumpf-
s p i t z m ä u s e ) ist also meiner Ü b e r z e u g u n g nach keine Folge der K o n -
kurrenz der beiden Ar ten , sondern nur das Ergebnis der entwicklungs-
geschichtl ichen F ix ie rung und Anpassung der w e s t e u r o p ä i s c h e n Sumpf-
spitzmaus an das Gebirge. Im Osten l iegen die Dinge anders, u n d dies
h ä n g t ve rmut l i ch mi t genetisch verschiedenen Ausgangsgruppen zu -
sammen.
Das Nebeneinander von Feldspi tzmaus und Gartenspitzmaus,
schliesslich, zeigt besonders deut l ich das oben Gesagte: Diese beiden
Ar ten haben sehr ä h n l i c h e U m w e l t a n s p r ü c h e , sie Vikariieren aber
trotzdem nicht und v e r d r ä n g e n sich nicht e inmal , denn sie s ind
1. v e r h a l t e n s m ä s s i g gesellig (es w i r d zwar i n der Li teratur behauptet,
die Feldspitzmaus sei e in so l i t ä r lebendes Tier, i ch f and sie aber so-
w o h l i n Liechtenstein als auch i n der V o r e i f e l und an der unteren
Weser i n a l len Jahreszeiten paarweise oder i n k l e inen (Familien-)
V e r b ä n d e n . Cf . auch B A U E R , 1960), 2. s ind beide A r t e n ös t l i che r
Herkunf t und haben einen gemeinsamen Ausbrei tungsweg hinter sich,
und 3. s ind diese S p i t z m ä u s e nirgends so h ä u f i g , dass es dauernd zu
Zusammenba l lungen u n d Streitigkeiten i n ih ren L e b e n s r ä u m e n k o m -
men m ü s s t e . — (Hierzu A b b . 7, 8. 9).
Familie: Maulwürfe — Talpidae
M a u l w u r f — Talpa europaea L. 1758
M a t e r i a l : 35 Schäde l
In der nachfolgenden Tabel le s ind 18 Schäde l zusammengefasst, die
deutliche bis starke Zahnabnutzungen zeigen, also von erwachsenen,
ä l t e r e n Tieren, u n d den S c h ä d e l a b m e s s u n g e n gegenübe rges t e l l t , die
M I L L E R (1912) f ü r St. G a l l e n u n d Deutschland, S T E I N (1960) f ü r die
Schweiz, B A U E R (1960) f ü r das Gebiet des Neusiedler Sees und
J . N I E T H A M M E R (1960b) f ü r die Niederen Tauern a n f ü h r e n .
209
Rostr.
Herkunft n M i n . CB Max. M i n . Skbr. Max. °.o M i n . Länge Max.
Sükka 1
Silum 18 32,6 33,9 35,8 15,7 16,2 16,8 47,6 13,9 14,7 15,5
Schaan
St. Gallen 4 33 33,1 33,2 15,4 15,6 16 47,1
(nach MILLER)
Schweiz 67 30,9 32,8 35,2
(Alpen, Jura)
nach STEIN
Nd. Tauern 10 30 31,5 32,6 15,2 15,6 16,3 49,8
(nach J. NIETHAMMER)
Deutschland 11 33,8 35,3 37,8 16 16,6 17,6 47
(nach MILLER)
Neusied] /See 8 34 35,3 36 16 16,7 17,6 47,3
c5 (5 (nach BAUER)
Herkunft n M i n . Rostrumbraite Max.
Liechtenstein 18 7,8 8,3 8,7
Schweiz (nach STEIN) 67 7,86 bis 8,47
Die L i e c h t e n s t e i n - M a u l w ü r f e s ind demnach bemerkenswert k l e in ,
v e r k ö r p e r n also eine Bergform (c.r. S T E I N 1960), zeigen aber anderer-
seits eine b e t r ä c h t l i c h e G r ö s s e n s p a n n e und weisen damit anschaul ich
auf die enge Verzahnung verschiedener L e b e n s r ä u m e i n Liechtenstein
h i n : anmooriges S c h w e m m l a n d bezw. t i e f g r ü n d i g e s K u l t u r l a n d vor
a l l em der Ebene und steiniger, f l a c h g r ü n d i g e r Verwit terungsboden
andererseits i m Gebirge. D ie A b h ä n g i g k e i t von den Boden- u n d E r n ä h -
r u n g s v e r h ä l t n i s s e n zeigen auch schon die beiden, etwa gleichal ten
Tiere v o m August aus Sükka und S i l u m , also von Hoch lagen u m
1400 m, die i n der Tabel le enthalten s ind. Das Stück v o m Saminata l
(unterhalb des Kurhauses Sükka) ist etwas s c h ä d e l l ä n g e r (CB 34 mm)
und wog 80 g. Es f i ng sich i n e inem feuchten, relat iv t i e f g r ü n d i g e n ,
k le inen G r a u e r l e n w ä l d c h e n (montane Flusserlenaue), dessen Boden
dicht mi t Pestwurz (Petasites officinalis) bestanden war , u n d einerseits
an nasse, quell ige Hangwiesen stiess und auf der Sonnenseite von einer
ü p p i g e n Hochs taudenf lur (Knautia silvatica, Cirsium oleraceum,
Mentha sp.) eingefasst war . H i e r siedelte der M a u l w u r f i n hoher
Dichte . Das Tier aus S i l u m ist k le iner (CB 33,2) u n d w o g nur 70 g
und stammt von einer relat iv armen, f l a c h g r ü n d i g e n M ä h wiese, die
210
i ch auch i m Zusammenhang m i t den Bauten der Untergrundmaus
(Pitymys) abbildete (1957/62, A b b . 3). Schon dieses Zusammenleben
i n n ä c h s t e r Nachbarschaf t mi t Pitymys deutet auf die weniger g ü n s t i g e
Bodenstruktur (steiniger Verwit terungsboden) g e g e n ü b e r der Erlenaue
i m Saminata l .
In einer etwas h ö h e r gelegenen A l m w i e s e i n S ü k k a fanden w i r den
M a u l w u r f auch zusammen mi t der Schermaus (Arvicola), die i n S i l u m
fehlt, und zwar leben a l l em A n s c h e i n nach beide A r t e n dort ze i twe i l ig
i n den gleichen G ä n g e n , w ie folgende Beobachtung zeigt: Die A l m
war Mit te J u n i noch nicht v o m V i e h besetzt, und zahlre iche Erdhaufen
und einzelne Löche r Hessen das V o r k o m m e n beider A r t e n i n Frage
kommen . W i r stellten M a u l w u r f z a n g e n i n die G ä n g e und auch K l a p p -
fa l l en an einzelne E i n s c h l u p f l ö c h e r . In einer dieser Fa l l en sass eines
Morgens eine halberwachsene Schermaus. D ie hintere K ö r p e r h ä l f t e
steckte noch i m Loch . B e i m Herausz iehen zeigte es sich, dass der ganze
Körpe r unterhalb des Brustkorbes w ie m i t dem Messer abgeschnitten
war und fehlte. Eine derart radikale Opera t ion w a r sehr a u f f ä l l i g ,
denn m a n findet zwar angefressene Tiere i n den Fa l len , die von ih ren
Artgenossen oder von S p i t z m ä u s e n teilweise verzehrt wurden , aber
in diesen Fä l l en ist der Kadaver i m m e r zerfetzt oder a u s g e h ö h l t ; eine
derart glatte A m p u t a t i o n w a r m i r jedenfal ls noch nie begegnet. Des
Rätsels Lösung brachte eine k le ine Mi t t e i lung , die vor 20 Jahren i m
«Zoolog i schen G a r t e n » erschien. Dort berichtet V . H O R N U N G (1942)
von e inem ganz analogen F a l l , bei dem er b e i m Nachgraben den
At t en t ä t e r , i n Gestalt eines Maulwurfes .sogar noch erwischte. —
In der Rheinebene siedelt der M a u l w u r f ebenfalls i n losem Kontakt
mi t der Schermaus u n d erreicht dort seine h ö c h s t e Dichte . D ie von
den Gemeinden angestellten «Musfänge r» (Abb. 10), die i n der Haupt-
fangsaison i m F r ü h j a h r und Hochsommer Tagesstrecken bis z u 20
Tieren erzielen, br ingen jedoch i n der Regel nur die eine oder andere
A r t nach Hause, je nach den abgefangenen F l ä c h e n , wobe i reines
A c k e r l a n d von der Schermaus, Wiesen u n d G r ü n d l a n d v o m M a u l w u r f
bevorzugt w i r d . —
Sollte es sich bei g r ö s s e r e n Serien herausstellen, dass die M a u l -
w ü r f e des Liechtenstein-Schweizerisch-Vorarlberger Rheintales dort
trotz der g ü n s t i g e n V e r h ä l t n i s s e al le i m Durchschni t t so k l e i n s ind,
wie oben gezeigt wurde, s t ä n d e ihre genetische Sonderstellung gegen-
211
ü b e r den Tieren des n ö r d l i c h e n Flachlandes ausser Z w e i f e l , und es
w ä r e zu ü b e r l e g e n , ob und wie die a lp inen M a u l w ü r f e systematisch
zusammenzufassen w ä r e n . —
Abb. 10. Eine Ausbeute des Herrn Theodor Frick, Schaan (Wühlratten, zwei
Maulwürfe und eine Feldmaus).
Orgnungs Fiedertiere (Fledermäuse) — Chiroptera
Familie: Hufeisennase — Rhinolophidae
K l e i n e H u f e i s e n n a s e — Rhinolophus hipposideros hipposi-
deros B E C H S T E I N 1800 ^ minimus H E U G L I N 1861
M a t e r i a l : 4 Bälge und 3 Schäde l
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : Rhe in l and (16), Vora lpen und
Bodensee (2).
Die Systematik der K l . Hufeisennase i m Alpengebiet ist schon mehr-
fach diskutiert worden . Sowohl K n u t A N D E R S E N (zit. von M O T T A Z
1907) hat f ü r die Schweiz, w ie neuerdings auch B A U E R (1960) f ü r
Teile der Ostalpen festgestellt, dass i n diesen Gebieten i n t e r m e d i ä r e
212
Formen leben, die einen Ü b e r g a n g darstellen zwischen den K l . H u f -
eisennasen n ö r d l i c h der A l p e n (Rhinolophus hipposideros hipposideros)
und den k l e inen des Mittelmeergebietes (Rhinolophus hipposideros mi-
nimus). Der Auf f a s sung A N D E R S E N ' s hat M O T T A Z 1907 widersprochen
mi t dem H i n w e i s , dass die von i h m untersuchten 169 Tiere aus der
Schweiz z w a r tei lweise i n die Varia t ionsbrei te von minimus f a l l en ,
dass dies aber nur der Ausdruck eines Geschlechtsdimorphismus sei
da die Tiere mi t den klassischen hipposideros-Massen §9- die m i t
minimus-Massen 0*ö" waren . — B e z ü g l i c h der L iechtens te in-Aufsamm-
lung konnte i ch schon 1954 darauf h inweisen , dass diese Tiere hinsicht-
l i c h der K ö r p e r m a s s e noch unter denen liegen, die M I L L E R (1912) f ü r
die Schweiz a n f ü h r t und z u hipposideros hipposideros stellt. D i e f o l -
gende Tabel le stellt die S c h ä d e l m a s s e den m i r vor l iegenden S t ü c k e n
aus dem Rhe in l and und den V o r a l p e n und den M I L L E R ' s c h e n Serien
aus der Schweiz g e g e n ü b e r :
sex Datum M i n . CB Max Grösste
Schädel länge
Vaduz 53.118 ? 19.V. 53 14,4 15,9
Vaduz 53.119 <5 19.V. 53 14,8 16
Vaduz 53.121 6 19.V. 53 14,7 16,2
Bodman
(Bodensee) 35.379 sex ? 22. IX. 35 14,4 15,8
Kochel (Bayr.
Voralpen) 55.65 6 17. III. 54 14,9 16,4
Mittleres
Rheinland*) io (5(5.6 99 14,5 14,9 15,6 16 5
Nach MILLER (1912):
Schweiz (Genf)
lüppos. hippos. 4 6 3.599 14 14,7 15,2
Schweiz (Tessin)
hippos. minimus 2 c5(5.i9 14,4 14,5 14,6
*) Die 16 Schädel aus dem Rheinland wurden nicht einzeln au fgeführt, da
sie keinen Schluss im Hinblick auf den Geschlechtsdimorphismus erlauben
(einzelne Schädel der Kollektion vertauscht ?). —
Die Zusammenste l lung zeigt, dass die Liechtenstein-Populat ion also
auch i n den S c h ä d e l m a s s e n etwas unter der Genfe r Serie und den
Tieren des Rheinlandes liegt u n d u n g e f ä h r den K l . Hufe isennasen des
Tessin gleicht. M a n k ö n t e sie danach zu Rhinolophus hiposideros mi-
nimus s tellen; v e r m u t l i c h s ind aber die typischen minimus aus Abes-
sinien (Terra typica : Keren) noch kle iner (siehe M I L L E R 1912), u n d es
213
zeichnet sich von Süd nach N o r d nur e in G e f ä l l e ( im Sinne der B E R G -
M A N N ' s c h e n Regel) ab, so dass m a n keine Mischpopu la t ion vor sich
hat, wie es oben m i t dem Zeichen (statt Mul t ip l ika t ionsze ichen bei
Mischformen) angedeutet wurde .
W i e schon berichtet, konnte i ch 1953 eine k le ine K o l o n i e v o n ca.
20 K l . Hufeisennasen i m Dachboden des Rheinbergerhauses i n V a d u z
und auch Einzel t iere i m Ke l l e r des Nachbarhauses feststellen. Gelegent-
l i ch sah i ch damals auch einzelne Tiere i n den f r ü h e n Abends tunden
u m die Baumkronen an der Pfa r rk i rche f l iegen. Bei me inen s p ä t e r e n
Besuchen habe i ch die K l . Hufeisennase aber nie mehr angetroffen,
o b w o h l die ö r t l i c h e n V e r h ä l t n i s s e u n v e r ä n d e r t geblieben sind. Ich ver-
mute, dass Katzen oder andere k le ine Raubtiere (Iltis ?), v o n denen i c h
bei meinen Besuchen i n den letzten Jahren Spuren (Losung) auf dem
Boden fand, an dem E r l ö s c h e n oder an der Ver t re ibung dieser K o l o n i e
schuld s ind.
Die K l . Hufeisennase w i r d i n der neueren Literatur f ü r die w ä r m e -
ren Lagen u n d vor a l l e m f ü r die H ö h l e n g e b i e t e der Schweiz oft ange-
f ü h r t . So nennen sie G I G O N & A E L L E N (1960) als die h ä u f i g s t e A r t
i n den H ö h l e n des Jura , und i n dem neuesten Verze ichn is der H ö h l e n -
tiere der Schweiz ( A E L L E N & S T R I N A T I , 1962) w i r d die K l . Hufe i sen -
nase von a l len F l e d e r m ä u s e n a m meisten e r w ä h n t . Dabe i ist aus der
Nachbarschaf t Liechtensteins folgende H ö h l e e r w ä h n t : K r i s t a l l h ö h l e
(Gem. Oberriet, St. Ga l l en ) . — D a B A U E R (1960) die V e r m u t u n g aus-
spricht, dass sich die L a n g f l ü g e l f l e d e r m a u s (Minipoterus schreibersi)
und die K l . Hufeisennase nicht i n den gle ichen H ö h l e n ansiedeln, sei
hier nur kurz e r w ä h n t , dass A E L L E N & S T R I N A T I i n s ä m t l i c h e n f ü n f
H ö h l e n des Neuenburger Kantons, die Minipoterus bewohnt, auch
K l . Hufeisennasen antrafen (1. c. p. 62 — 63). —
Ü b e r eine T r ä c h t i g k e i t s b e o b a c h t u n g wurde 1954 berichtet. — Z u m
Abschluss sei noch die or iginel le Deutung e r w ä h n t , die v. T S C H U D I
(1854) dem Nasenaufsatz der K l . Hufeisennase gab. Er schreibt auf
Seite 133 seines Thierlebens der A l p e n w e l t » . . . eine r ö t h l i c h g r a u e
Vogelmaus, die besonders von Wasserinsekten lebt und h ä u f i g mi t dem
Kopfe untertaucht, w o z u ih r v ie l le icht der auf fa l lende Nasenbau dien-
l i ch ist». — Die lange umstrittene Bedeutung des kompl iz i e r t en Nasen-
aufsatzes der Rh ino loph iden fasste k ü r z l i c h G . N A T U S C H K E (1960)
wie folgt zusammen:
214
«Möhres konnte nun nachweisen, dass besonders der untere Teil des Na-
senaufsatzes, das Hufeisen, als Richtstrahler bei der Aussendung des Ultra-
schalls wirkt. Bei der Abgabe des Impulses verengern und erweitern sich die
Nasenlöcher, das Hufeisen wölbt sich dabei tiefer ein oder verflacht sich. Es
lag nahe, bei diesen Tatsachen in dem Nasenaufsatz eine Zieleinrichtung zu
sehen, mit deren Hilfe es den Tieren möglich ist, die von den Nasenlöchern
ausgehenden Schallwellen wie ein Megaphon zu bündeln. Die Berechnung der
Wellenlängen des Sendeschalls ergaben, dass sich die von den beiden Nasen-
löchern ausgesandten Wellen in der verlängerten Längsachse der Tiere über-
lagern. Dies bedeutet, dass vor dem Kopfe der Tiere eine einzige Welle ent-
steht, deren Amplitude gegenüber der einfachen Welle sehr stark vergrössert
ist. Die Interferenz bringt es auch mit sich, dass sich die Wellen nach den
Seiten hin gegenseitig auslöschen. Durch den besonderen Bau der Nase ent-
steht also vor den Tieren ein sehr intensiver Schallkegel, der durch die Mega-
phonwirkung des Hufeisens zur Erzielung grösserer Reichweite zusammen-
gefasst werden kann. Die Tiere können auf diese Weise einen Gegenstand
«aufs Korn» nehmen. — Die Wirksamkeit des Ultraschallstrahls wird noch da-
durch erhöht, dass es den Hufeisennasen möglich ist, den Schallkegel durch
die ausserordentliche Beweglichkeit ihres Kopfes schnell nach allen Seiten zu
bewegen. Auch in dieser Hinsicht unterscheiden sich die Hufeisennasen von
den Glattnasen». (1. c. p. 84 — 85).
Die nebenstehende A b b i l d u n g (10 b) zeigt den Nasenaufsatz einer
K l . Hufeisennase aus V a d u z . —
Familie: Glattnasen — Vespertilionidae
M a u s o h r (Grossmausohr, Riesenfledermaus, v. T S C H U D r s «Rat ten-
artige F l e d e r m a u s » ) — Myotis myotis myotis B O R K H A U S E N 1797
Die g röss te und h ä u f i g s t e Fledermaus Mitteleuropas und des A l p e n -
gebietes wurde i n Liechtenstein nicht gesammelt. Festgestellt wurde die
Ar t von m i r i n drei Sommerquar t ieren: Im J u l i 1961 stellten w i r H a n g -
und Kotstel len i m sog. He iden tu rm des Residenzschlosses fest und
anschliessend sahen w i r auch e in ruhendes Tier an der W a n d einer
völ l ig dunklen , t iefen Nische zwischen Holzverscha lungen u n d Decke
a m Treppenaufgang. — Im gleichen Sommer f and ich typische H a n g -
p lä t ze mi t Kotansammlungen i m G e w ö l b e des fast taghellen of fenen
Ganges a m inneren H o f des Schlosses Gutenberg. Es ist anzunehmen,
dass diese Stelle nu r als Rastplatz w ä h r e n d der n ä c h t l i c h e n F l ü g e be-
nutzt w i r d , w ä h r e n d die Tagesquartiere i m Dachs tuh l der k le inen
Wehrbauten und der Kape l le i m ä u s s e r e n Maue r r ing l iegen ( K U H N ,
215
1957 m ü n d l . Mit t . ) . — Die dritte Feststellung w a r die Beobachtung
zweier Tiere i m Dachf i r s t des R e g i e r u n g s g e b ä u d e s i n V a d u z i m Som-
mer 1962. Es gab i n diesem Tagesquartier mehrere H a n g p l ä t z e , auf die
m i c h H e r r R e g i e r u n g s g ä r t n e r A . N I G G au fmerksam machte, aber i n
der Beobachtungszeit war dieser grosse Bodenraum nur v o n wenigen
Tieren ( C f ö ' ?) bewohnt . Ohne jeden Z w e i f e l gibt es noch eine Reihe
weiterer W o h n p l ä t z e bezw. Sommerquart iere des Mausohrs i n L i e c h -
tenstein i n alten G e b ä u d e n (z. B. sicher auch i m T u r m der Pfar rk i rche) ,
ob die Tiere aber i m Lande zusagende Winterquar t iere , also ausrei-
chend tiefe H ö h l e n haben, ist zwei fe lhaf t . In der Zent ra l - u n d West-
Abb. 10 b. Kleine Hufeisennase aus Liechtenstein
(Nasenaufsatz von vorn)
Abb. 11. Mausohr in Ruhestellung Abb. 12 Hängende Mopsfledermaus
(Foto E. Krause) (Foto E. Krause)
216
Schweiz werden mehrere H ö h l e n der folgenden Kantone a n g e f ü h r t
( A E L L E N & S T R I N A T I 1962), i n denen die A r t festgestellt wurde : Bern,
Basel, Neuenburg, Solothurn, U r i , Waadt , W a l l i s u n d Z ü r i c h . F ü r das
Schweizerische Rhein ta l gibt es einen Nachwe i s (Balg) i n den Samm-
lungen des Naturhist . Museums Neuenburg von 1950. —
Die Saisonwanderungen mancher Mausohrpopula t ionen s ind seit
v. T S C H U D I ' s Zeiten i n der Schweiz gut bekannt und neuerdings auch
Gegenstand einiger Untersuchungen i n Deutschland gewesen (ROER
1960). — A b b . 11 zeigt eine Mausohr f ledermaus i n Ruhestel lung. —
E u r o p ä i s c h e B a r t f l e d e r m a u s — Myotis mystacinus my-
stacinus L E I S L E R 1819
M a t e r i a l : 1 Ba lg und S c h ä d e l
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : Rhe in l and (12), ü b r i g e s Deutschland
(2), Spanien (14).
Dieser kleinste Vertreter der Gat tung i n Europa wurde, w ie 1957/62
schon mitgeteilt, i n e inem m ä n n l i c h e n Exempla r hinter Fensterladen
eines Wohnhauses (v. H A L E M , Schaan-Gamander) gefangen. D i e Kör-
permasse wurden 1957/62 schon angegeben; diese und die S c h ä d e l -
abmessungen entsprechen den Massen, die i n der Literatur f ü r Deutsch-
land u n d die Schweiz genannt werden ( M I L L E R 1912, B A U M A N N 1949,
K . Z I M M E R M A N N 1961). G e g e n ü b e r g e s t e l l t seien jedoch i m einzel -
nen die B a r t f l e d e r m ä u s e aus Spanien des Museums A . Koen ig -Bonn
(14 $9)' da es sich u m eine relat iv seltene K o l l e k t i o n handelt, u n d w e i l
diese A u f s a m m l u n g erst nach der Bearbei tung des Spanien-Materiales,
durch B A U E R (1956), erworben wurde.
Myotis m. mystacinus sex CB Zyg.
Liechtenstein 6 13,2 8,2
Spanien : 60.137 9 13 8.2
61.58 9 13
60.138 9 13,5 8,3
60.144 9 13,4
60.143 9 13,2 8,3
61.354 9 13,4 (8,4)
61.355 ? 13,4 8,3
60.142 ? 13,6 8,5
60.140 9 13,6 (8,2)
217
60.145
60.356
60.141
61.57
60.139
9
9
9
5
9
13
13,5
13,7
13,5
13,5
8,1
(7,9)
8,6
8,4
0 Spanien 13,3 8,3
Die Bartf ledermaus gilt a l lgemein f ü r die Schweiz und Deutschland
als nicht sehr h ä u f i g , sie scheint aber gerade entlang den Rheingebir-
gen nicht so selten z u sein. In Liechtenstein s ind an dem Fangort des
o. a. cT auch jetzt noch (1962) r e g e l m ä s s i g einige Tiere b e i m abend-
l ichen F lug z u beobachten, die sicher derselben A r t z u g e h ö r e n . In den
Neuenburger Museumssammlungen ist ebenfalls e in B a l g aus dem
Schweizer ischen Rhein ta l vorhanden (1950), M I L L E R (1912) und B A U -
M A N N (1949) nennen auch als Vorkommensgebiete i n der Schweiz
St. G a l l e n u n d Appenze l l , und schliessl ich g e h ö r t die Bar t f ledermaus
in der Umgebung von Bonn durchaus nicht z u den seltenen Erschei-
nungen. Ich selbst kenne seit Jahren eine K o l o n i e i n bezw. an e inem
Forsthaus (hinter F e n s t e r l ä d e n ) i n der V o r e i f e l (Tombergerhof) , u n d
die Sammlungen des Museums A . Koen ig haben Serien aus dem
Bonner Raum, v o m Siebengebirge, aus der E i f e l und v o m H u n s r ü c k . —
M o p s f l e d e r m a u s (nach S C H R E B E R 1774: Kurzmau l ) —
Barbastelia barbastellus S C H R E B E R 1774
M a t e r i a l : 1 Ba lg u n d S c h ä d e l
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : Bodensee (2), Rhe in l and (13), Mi t t e l -
deutschland (2), ( M ä h r e n (2), Spanien (8).
E i n cf dieser i n der Verbre i tung auf Mit te leuropa b e s c h r ä n k e t n
monotypischen A r t f i n g i ch am 13. August 1961 hinter e inem Fenster-
laden des Hauses «Erika» i n Triesenberg (ca 900 m . ü . M. ) . Seine Masse
betragen: K + R 52 — Schw. 50 — U n t e r a r m 37 — H o d e n 7,5 —
C B 13,4 — Zyg . 7,5 m m , das Gewich t 6,5 g. D a m i t s t immen diese A b -
messungen gut mi t den Angaben i n der Literatur ü b e r e i n .
D a als Terra typica — nach M I L L E R (1912) — der Mopsf ledermaus
Burgund gilt, wa r dies auch nicht anders z u erwarten. — Der Schwer-
punkt der Verbre i tung dieser Ar t scheint mehr i m west l ichen und süd-
l ichen T e i l der Schweiz bezw. der Westa lpen z u liegen, da G I G O N &
A E L L E N (1960) die Mopsf ledermaus f ü r das westschweizerische Doubs-
218
Becken (Jura) als nicht selten bezeichnen und viele H ö h l e n i n den
Kantonen Bern . Neuenburg, Waadt und W a l l i s als Quart iere a u f f ü h r e n ,
w ä h r e n d die ostschweizer Kantone weder bei diesen Au to ren noch bei
M I L L E R (1912) e r w ä h n t werden.
Barbastella gilt als meist e inze ln lebende, sporadisch verbreitete,
winterharte Fledermaus, und dieser E indruck entstand auch bei m i r
i n Liechtenstein. V e r m u t l i c h ist sie dort e in nicht h ä u f i g e r Vertreter
der Bergwaldstufen, w ie es auch B A U M A N N (1949) angibt, der L i ech -
tensteins Nachbarkantone St. G a l l e n u n d G r a u b ü n d e n als V o r k o m -
mensgebiet nennt.
A b b i l d u n g 12 zeigt eine ruhende Mopsf ledermaus . —
L a n g o h r f l e d e r m a u s (Grossohr) — Plecotus auritus auritus
L. 1758
M a t e r i a l : Ö" (Balg u n d S c h ä d e l ) , Schaan, 23. August 1961,
1 M u m i e (juv.), Mäls , 2. August 1961
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : Rhe in l and (7), Mit te ldeutschland (3),
ausserdem 17 Bälge ( + Schäde l ) der A r t Plecotus austriacus
F a r b e d e s B a l g e s : Oberseite, je nach L i c h t e i n f a l l , h e l l staub-
grau bis o l i v b r ä u n l i c h (Drab bis B u f f y B r o w n ) ; die schwarzen Haar -
basen sch immern etwas durch. Unterseits weiss mi t an der Brust stark
durchscheinenden schwarzen Haarbasen. Schultern intensiver braun,
etwa Saccardo's Umber . Das Jungtier ist dunkler auf der Ober- u n d
grauer auf der Unterseite.
Masse: K-f R Schw, UA Ohr Testes Gew. CB Zyg.
S 61.451 43 46 38,5 36 10 8,5 g 15,5 8,6
Zur Systematik der Langohrf ledermaus ist zu sagen, dass w i r i n
Europa z w e i morphologisch ausserordentl ich ä h n l i c h e A r t e n unter-
scheiden m ü s s e n (Plecotus auritus und Plecotus austriacus), w i e es
B A U E R (1960) i m e inzelnen a u s f ü h r t . D a n a c h bewohnt auritus den
Norden « u n d reicht i n Europa s ü d w ä r t s bis Zentralspanien, i n den
n ö r d l i c h e n A p e n n i n und zur bulgar ischen S c h w a r z m e e r k ü s t e . . . D ie
sehr verschiedenen ö k o l o g i s c h e n A n s p r ü c h e der beiden A r t e n f ü h r e n
zu weitgehender V i k a r i a n z » ( B A U E R , 1. c. p. 218 — 219). Austriacus
« b e w o h n t die offenen, w a r m e n Niederungen, P. a. auritus aber die
219
bewaldeten, k ü h l e n Vora lpen - und Geb i rg s l agen» (1. c. p. 218). A n -
schliessend gibt B A U E R , der die Wiederentdeckung der s ü d l i c h e n Lang-
ohrspecies f ü r das bemerkenswerteste Ergebnis seiner umfangre ichen
Arbe i t (1960) hä l t , einen Schlüsse l , w o r i n die Unterscheidungsmerk-
male beider Fo rmen g e g e n ü b e r g e s t e l l t s ind.
D a Liechtenstein auch i n der Ü b e r s c h n e i d u n g s z o n e beider A r t e n
liegt, habe i ch versucht, nach diesem Schlüsse l das cf aus Schaan zu
best immen. Es ist m i r aber nicht gelungen, und i ch habe daher den
Balg zur Bes t immung an H e r r n Dr . B A U E R geschickt, ohne z u n ä c h s t
den Fundort anzugeben. H e r r Kol lege B A U E R hatte die Freundl ichkei t ,
den Balg und Schäde l genau zu untersuchen, und teilte m i r dann
folgendes Ergebnis mi t :
«Nach der Farbe allein hätte ich es für einen südlichen austriacus gehalten
und kann es auch nun bei Vergleich mit Bälgen nicht von manchen a. hispani-
cus unterscheiden. Die Zehenbehaarung ist dürftig und recht kurz und könnte
eine solche Bestimmung stützen. Alles andere aber ist ganz normaler P. au-
ritus, so die Form und Grösse von Ohrbasis-Lappen, Tragus, Daumen mit
Kralle und Hinterfuss. Auch am Schädel finde ich keinen Hinweis auf austria-
cus — die oberen Canini sind etwas länger als bei den meisten auritus aus
Mitteleuropa, aber liegen durchaus noch in der Variationsbreite dieser Art,
die Ausbildung von P l, P2 und Ms ist normal. M 3 ist im äusseren Teil zwar
ungewöhnlich schlank, doch nicht so verlängert wie bei austriacus. Die Bullae
sind zwar nicht nennenswert grösser als bei deutschen auritus, wirken aber
eine Spur stärker aufgeblasen — von den grossen, stark aufgeblähten Bullae
von austriacus sind sie aber sehr viel weiter entfernt. — Zusammenfassend:
Ein Bastardierungsprodukt könnte so aussehen. Da die austriacus-Anklänge
aber nirgends über den Bereich der atm'tas-Variationsbreite hinausgehen,
möchte ich der austriacus-Färbung, die, wenn man für die Zehenbehaarung
(ein im allgem. sehr gutes Merkmal) berücksichtigt, dass sich hier auch gele-
gentlich Abnutzung oder Mauser auswirken können, das einzige austriacus-
Merkmal ist, das ich gegenwärtig nicht in der auritus-V anaiion unterbringen
kann, keine allzugrosse Bedeutung beimessen. Sollte es sich nicht um eine
ausserhalb des Areals von P. a. auritus lebende Population handeln, die durch-
wegs so gefärbt ist, würde ich den Balg vorderhand als «Fremdkleid» von
P. auritus auritus ansprechen. Die erwähnten Besonderheiten an M 3 und Bullae
könnten zwar u. U. ebenfalls auf eine solche Sonderstellung innerhalb von
P. auritus hinweisen, wenn sie sich bei grösserem Material wiederholen — sie
sind aber keineswegs grösser als manche andere Abweichung an den bisher
untersuchten Stücken und zudem auch keineswegs einmalig. — Eine gelegent-
liche Bastardierung hielte ich bei den beiden Langohren nicht für undenkbar.
Da ich aber in nun schon einigen hundert Tieren keine eindeutig interme-
diäre Stücke antraf, möchte ich von dieser «praktischen» Deutung vorderhand
220
nicht Gebrauch machen (obwohl es natürlich auch denkbar wäre, dass ein
Bastard sich sehr einem der beiden Elternteile nähert). Ungewöhnlich ist Ihr
Stück jedenfalls auf alle Fälle insofern, als es in dem einen Merkmal Fär-
bung eindeutig aus dem mir bisher bekannten Variationsbild von auritus
herausfällt und sich recht gut der anderen Art einfügt!». (Briefl. Mitteilung
vom 23. 1. 62).
M a n sieht also schon bei diesem einen Stück die ausserordentliche
Schwierigkei t , die beiden Ar t en zu unterscheiden (wenigstens i n m a n -
chen Fä l l en ) , und der Ba lg ist ausserdem wieder e in s c h ö n e s Beispiel
f ü r eine — wahrsche in l i ch umweltbedingte — Konvergenz, also f ü r
eine ä u s s e r e Ä h n l i c h k e i t , die sich i n diesem Fal le al lerdings nur i m
H a a r k l e i d äus se r t (vergl. Igel p. 168 ff . ) . Das warme Rhe in ta l Liechten-
steins entspricht ja auch mehr den ö k o l o g i s c h e n V e r h ä l t n i s s e n i m Ver -
brei tungsraum der s ü d l i c h e n A r t als den k l imat i schen Bedingungen, de-
nen die N o r d f o r m , Plecotus auritus, angepasst ist. G rob gesehen haben
w i r auch bei den Langohren die beiden bekannten F ä r b u n g s t e n d e n z e n ,
die schon B A U E R 1956 e r w ä h n t und von m i r s p ä t e r an weiteren Beispie-
len e r l ä u t e r t wurden (1962 b u n d s. o.), und w o n a c h einerseits das G r a u
auf Kosten des braunen Tones v o n S W nach N O z u n i m m t u n d anderer-
seits i m S ü d e n eine A u f h e l l u n g des dunk len Tones erfolgt. Es w ü r d e
also nicht weiter ü b e r r a s c h e n , w e n n alle Langohren an dem w a r m e n
Hang von Mä l s bis Schaan i n Liechtenstein einerseits die relativ blasse
T ö n u n g der medi terranen Formen angenommen h ä t t e n , andererseits
aber — viel le icht entsprechend ihrer ö s t l i c h e n H e r k u n f t — die graue
Grundfa rbe zeigen. W i l l m a n diesen E i n z e l f a l l nicht als Ausnahme an-
sehen, dann ist es auch bemerkenswert, dass sich i m gleichen Verb re i -
tungsgebiet verschiedene k l imat ische Komponenten auf die e inzelnen
K l e i n s ä u g e r f o r m e n auswi rken : Im Liechtensteiner Rhe in ta l ist z u m Be i -
spiel die Feldspitzmaus bemerkenswert dunke l (verglichen mi t den Tie-
ren des mehr kont inentalen K l i m a s i m pannonischen Gebiet z. B. , w i e
oben a u s g e f ü h r t wurde) wahrsche in l i ch infolge der E i n w i r k u n g der ho-
hen Niederschläge i m Gebirge, die auf e inen erdgebundenen Kle in säu -
ger, der ke inen Winterschlaf h ä l t (Kä l t e r eak t ion ! ) , s t ä r k e r e i n w i r k e n
m ü s s e n als auf eine Fledermaus, a'so e i n T i e r des<!Luftraumes,dessenEni-
w i c k l u n g i m wesentl ichen von der starken Sonneneinstrahlung, also von
der hohen Temperatur der w a r m e n Jahreszeit bestimmt w i r d ! —
Ich f and die L a n g o h r f l e d e r m ä u s e zuerst auf dem dunk len Dach -
boden der Ki rche M a r i a H i l f i n Mäls , w o i ch a m f r ü h e n Morgen z w e i
221
erwachsene Tiere sofort be im Eindr ingen i n den Bodenraum z u m A u f -
f l iegen brachte. Dort f and i ch auch das mumi f i z i e r t e Jungtier. Der
zweite Vorkommensp la tz war die Dux-Kape l l e i n Schaan. M i r war
schon v o n « k l e i n e n F l e d e r m ä u s e n » dort e r z ä h l t worden , u n d b e i m
Untersuchen des relativ he l len und grossen Bodenraumes f and i ch a m
Vormi t tag dort auch e in Langohr o", das hinter e inem Dachsparren
des etwas dunkleren Teiles des Bodens (über dem V o r r a u m der K a -
pelle) sass, und das i ch nach e inigem H i n - und H e r e infangen konnte.
Grosse Wochenstuben oder andere A n s a m m l u n g e n habe ich also n i r -
gends gefunden, es ist aber wahrsche in l i ch , dass die Langohr f l ede i -
maus i m Sommer i n mehreren alten G e b ä u d e n i n den B o d e n r ä u m e n
H a n g p l ä t z e hat.
Es ist durchaus mög l i ch , dass die — nicht sehr zah l re ichen — Kot-
ablagerungen von k le inen F l e d e r m ä u s e n , die i ch z u m Beispie l i n der
VVaffensammlung i m T u r m des Residenzschlosses i n V a d u z fand, auch
von dieser A r t h e r r ü h r e n . A u f jeden F a l l hat m i r der Kas te l lan des
Schlosses wiederhol t e r zäh l t , dass sich vereinzelt k le ine F l e d e r m ä u s e
i n manchen R ä u m e n und G e w ö l b e n bemerkbar machen. N a t ü r l i c h
kann es sich hier, wie auch i m Ke l l e r des Rheinbergerhauses, w o
k ü r z l i c h wieder eine einzelne kleinere Fledermaus beobachtet wurde,
auch u m die K l . Hufeisennase handeln , oder es war i n manchen Fä l l en
die Z w e r g f l e d e r m a u s (Pipistrellus pipistrellus), die m a n auch
i n Liechtenstein mi t einiger Wahrsche in l i chke i t erwarten k a n n ; w i r d
sie doch von B A U M A N N (1949) f ü r die Schweiz als « ü b e r a l l feststell-
bar» bezeichnet.
Es ist also nur eine Frage der Zeit, ob die F l e d e r m ä u s e , v o n denen
w i r nur Spuren fanden, i n Liechtenstein eines Tages auch noch be-
st immt werden k ö n n e n . —
Ordnung: Nagetiere — Rodentia
Familie: Hörnchen — Sciuridae
W e s t l i c h e s E i c h h ö r n c h e n — Sciurus vulgaris gotthardi
F A T I O 1869 X fuscoater A L T U M 1876
Das E i c h h o r n wurde von m i r i n Liechtenstein nicht gesammelt,
w o h l aber wiederhol t beobachtet. Notier t wurde z u m Beispie l e in
222
«schwarzes» Stück a m 19. J u n i 1962 a m K l e i n e n T u n n e l (1430 m) auf
der Rheinseite (R. S C H U L Z , m ü n d l . ) , e in t iefdunkles T ie r a m W a l d -
rande i n Schaan (Gal ina , 570 m) u n d e in ebensolches an der Quader-
rü f e i n Schaan (480 m) i m August 1961. Zahlre iche, ebenso dunkle
Tiere stehen als S t o p f p r ä p a r a t e i n den Schulen (eine Fa rbaufnahme
aus der neuen Schule i n Schaan liegt als Mate r i a l h ier vor) und i n
G a s t h ä u s e r n ( z . B . Gasthaus «Au» i n Vaduz) . Die Zoologische Samm-
lung (Museum) i n V a d u z beherbergt e in ebensolches Exempla r v o m
19. A p r i l 1952 v o m S i lumer K u l m (ganz dunke l graubraun, Kopf ,
E x t r e m i t ä t e n und Schwanz ebenso meliert) , daneben aber e in Win te r -
balg, der deut l ich rotgrau i n der Grund fa rbe ist (und w ie oben ange-
geben gesprenkelt) mi t dunkel ro tem Schwanz. — N a c h den Berichten
der J ä g e r s ind diese beiden Farbtypen (dunkel graubraun und rot)
stets i n den F i c h t e n b e s t ä n d e n der oberen Bergwaldstufe a m Si lumer
K u l m vertreten. N a c h eigenen Beobachtungen scheint aber die dunkle
F ä r b u n g ü b e r a l l wesent l ich h ä u f i g e r zu sein.
Diese dunk len H ö r n c h e n entsprechen etwa dem Typ, den A L T U M
(1876) seiner «var. brunnea» zugrunde legte. Er bezeichnet diese Farbe
«erdig g r a u b r a u n » und f ü g t h i n z u « c h a r a k t e r i s i e r t durch ein stumpfes,
u n s c h ö n e s , tiefes, g l e i c h m ä s s i g e s G r a u b r a u n , das ü b r i g e n s mit
hel lerem Saume die untere weisse Körpe r - u n d B a u c h f ä r b u n g mehr
oder weniger z u begrenzen p f l eg t» . H ö r n c h e n dieser Farbschatt ierung
f ü h r t A L T U M a u s d r ü c k l i c h f ü r Elsass-Lothringen an, und L Ü H R I N G
(1928) fand sie am h ä u f i g s t e n i m Schwarzwa ld , so dass w i r hier eine
Ü b e r e i n s t i m m u n g der wa ldbewohnenden S ä u g e t i e r e Liechtensteins —
z. B. Sorex araneus tetragonurus, Barbastella barbastellus — mit eini-
gen der oberrheinischen Mittelgebirge feststellen k ö n n e n .
V o n manchen Bearbeitern werden die verschiedenen F ä r b u n g e n
des E i c h h ö r n c h e n s als Phasen bezeichnet, i ch konnte aber schon an
anderer Stelle (1962b) zeigen, dass die Farbtypen des H ö r n c h e n s so viele
Zwischenstufen zeigen, dass m a n von Phasen ( im Sinne mutat iv ent-
standener, starker Abweichungen) nicht sprechen kann , sondern dass
das bunte B i l d , das die Kle ide r des E i c h h ö r n c h e n s heute bieten, eher
als das Ergebnis der Ve rmi schung verschiedener geographischer (bezw.
öko log i sche r ) Ausgangsformen zu verstehen ist. T a t s ä c h l i c h haben
schon die alten Beobachter festgestellt, dass es s ich z u m Beispie l bei
den « s c h w a r z e n » H ö r n c h e n i n der Regel keinesfal ls u m einen ein-
223
fachen Melan i smus ( im Sinne einer Muta t ion = Phase) handeln kann ,
denn die Felle zeigen immer gewisse Abs tu fungen z u Rot (s. A L T U M
1876). Dieselbe Feststellung traf M I L L E R (1912) mehr als 30 Jahre
spä te r , und er f and noch heraus, dass — abgesehen von der starken
ind iv idue l l en V a r i a t i o n — bestimmte F ä r b u n g s t y p e n ( innerhalb der
beiden «Phasen») besonders h ä u f i g auftraten. Das s ind aber alles ty-
pische Kennze ichen einer s e k u n d ä r e n Vermischung , i m Gegensatz
z u m gleitenden G e f ä l l e (Clin) der Ü b e r g a n g s r a s s e n und erst recht z u m
ü b e r g a n g s l o s e n Nebeneinander der sog. Phasen. — D a m a n i n solchen
Fä l l en nomenkla tor isch nur die Extreme benennen sol l , habe i ch vor-
geschlagen, die H ö r n c h e n i m mit t leren Westeuropa, etwa west l ich der
Elbe bis i n die A l p e n h i n e i n als Sciurus vulg. gotthardi X fuscoater z u
bezeichnen. Z w a r k o m m e n die beiden Extreme, das kastanienbraune
H ö r n c h e n (das A L T U M i m H a r z fand) u n d das tief schwarze, etwas
kleinere, das F A T I O v o m Got thard kannte, ausgesprochen selten vor,
aber die i n t e r m e d i ä r e Farbe, die s ich etwa i n brunnea manifest iert ,
zeigt nach beiden Seiten z u viele Ü b e r g ä n g e , als dass m a n sie zur
Grundlage einer taxonomischen Einhei t machen k ö n n t e .
Es ist durchaus m ö g l i c h , dass es Gebiete gibt, die (zei twei l ig ?)
ausschliesslich von H ö r n c h e n des « P h ä n o t y p s brunnea» bewohnt wer-
den, und es w ä r e dann v e r s t ä n d l i c h , dort wieder diese alte A L T U M ' s c h e
Rasse (brunnea mi t der Terra typica Elsass-Lothringen) aufzus te l len;
aber e in solches Vorgehen scheint m i r nur dann gerechtfertigt z u sein,
w e n n m a n unter brunnea v o n v o r n here in M i s c h f o r m e n mi t grosser
Variat ionsbrei te verstehen w i l l .
W i e vorsicht ig m a n bei der systematischen E ins tu fung sein muss,
zeigte m i r k ü r z l i c h wieder e in F a l l i n der Museumsprax i s : Es wurde
n ä m l i c h i m Januar 1963 aus dem Kreise J ü l i c h , also aus der Tiefebene,
e in frisch-totes Eichhorn-O* eingeschickt (Nr. M u s e u m A . Koen ig -
B o n n 63. 1), das (ausser der weissen Unterseite) ganz schwarz ist (mit
nur ganz feiner, k a u m sichtbarer, roter Sprenkelung) u n d g e g e n ü b e r
anderen H ö r n c h e n , wie sie M I L L E R (1912) z u m Beispie l f ü r Deutsch-
land a n f ü h r t , deut l ich geringere Masse zeigt (K + R 220, Schw. 165,
H f . 57, C B 45,7 Zyg . 31,8 m m , G e w . 335 g) — also e in typischer Sciurus
vulgaris gotthardi, w i e w i r es i n unseren Sammlungen i n B o n n sonst
nur aus den Westa lpen haben !
Im losen Zusammenhang mi t der F ä r b u n g des Haark le ides steht
224
auch das P rob l em der ö k o l o g i s c h e n A n s p r ü c h e des Eichhorns , w e n n
man davon ausgeht, dass die dunk len bis schwarzen Tiere Bergformen
und die roten H ö r n c h e n Vertreter des Tief landes s ind. Abgesehen da-
von, dass das rote K l e i d phylogenetisch wahrsche in l i ch eine kryptische
Anpassung an die K ie fe r darstellt, und die « s c h w a r z e n » Tiere ihre V e r -
dunke lung u r s p r ü n g l i c h der feucht-kalten U m w e l t der Berglagen ver-
danken (von L E H M A N N 1962 b), so ergibt sich n a t ü r l i c h aus der A n -
passung an diese verschiedenen L e b e n s r ä u m e auch e in unterschied-
l icher A n s p r u c h an den Biotop. M a n w i r d also nicht a l lgemein sagen
d ü r f e n , das E i c h h o r n bevorzugt mittelfeuchte, schattige Wa ld typen u n d
ist i n trockenen, parkar t ig aufgelockerten W ä l d e r n seltener (cf. B A U E R
1960), denn diese W a l d f o r m e n beherbergen sehr w o h l entsprechende
Ö k o t y p e n des Eichhorns , also an die a u s g e p r ä g t e n V e r h ä l t n i s s e ange-
passte T ie r fo rmen . In meiner ostdeutschen H e i m a t gab es i n der Pro-
v inz Posen jedenfal ls unter den kont inenta len Kl imabed ingungen
(Trockengebiet) i n bodentrockenen Kie fe r - u n d E i c h e n - B i r k e n w ä l d e r n
und sommers ebenso warm-t rockenen Parkanlagen nicht weniger E i c h -
h ö r n c h e n als i n den niederschlagsreichen k ü h l - f e u c h t e n Fichtenbe-
s t ä n d e n der A l p e n oder des Mittelgebirges. — In dem grossen M i s c h -
gebiet west l ich der Elbe, w ie es oben schon umrissen wurde, w i r d m a n
n a t ü r l i c h keine Bevorzugung besonderer Wa ld typen erwarten k ö n n e n .
Sicher besteht ü b e r a l l das Streben nach dichten (und daher schatti-
gen !), Deckung bietenden B e s t ä n d e n mi t geschlossenem K r o n e n r a u m
und m ö g l i c h s t engem A s t g e f ü g e f ü r die An lage der Nester, aber der
ausschlaggebende Faktor f ü r das V o r k o m m e n ist ohne Z w e i f e l das
Nahrungsangebot, w ie es auch v o n B A U E R (1960) hervorgehoben w i r d .
Da diese Nahrungsque l len i m Laufe des Jahres nicht an den gleichen
Stellen z u f i nden s ind (Knospen, Triebe u n d verschiedene B a u m -
f r ü c h t e ) , ist das saisonbedingte, sehr wechselnde Auf t re ten (in manchen
Gegenden) das bezeichnende M e r k m a l des loka len Siedlungsverhaltens
des E i c h h ö r n c h e n s .
Es ist bekannt, dass das H ö r n c h e n Wanderungen unternimmt. In der
Zeit der Zapfen- Nuss- und Obstreife gibt es regelrechte Zusammen-
bal lungen i n manchen Gebieten. So zogen sich auf me inem Besitz i n der
P rov inz Posen i n manchen Wochen , i n denen die grossen Walnuss -
b ä u m e i m Park ihre F r ü c h t e freigaben, die E i c h h ö r n c h e n aus dem
umliegenden W a l d dort i n grosser Z a h l zusammen u n d hatten auch
225
nach dem Abschuss vie ler Tiere immer noch neuen Zuzug . Es ist er-
staunlich, wie dabei auch entlegene, einzelne Baumgruppen, Hase l -
g e b ü s c h e und S t r a s s e n b ä u m e a u f g e s p ü r t werden. A u c h i n Liechtenstein
stellten w i r i n der H ü g e l - u n d unteren Bergwaldstufe i m Hochsommer
die gleichen Erscheinungen fest. So w a r das damals trockene Bachbett,
das zwischen den sogenannten «El lwiesen» auf die Ebene bei Mäls
herabkommt und von H a s e l b ü s c h e n eingefasst ist, ü b e r s ä t mi t Nuss-
schalen, die E i c h h ö r n c h e n dort z u r ü c k g e l a s s e n hatten, u n d ebenso stie-
gen H ö r n c h e n i n den schmalen Buschstreifen an der Q u a d e r r ü f e bis
fast an die Hauptstrasse i n Schaan i n der Zeit der Haselnussreife
hinab. D ie verstreuten W i l d a p f e l b ä u m e an den F u ß s t e i g e n oberhalb
des Vaduzer Schlosses u n d a m W a l d r a n d der G a l i n a i n Schaan wur -
den ebenso stark besucht, w ie es die v ie len angenagten F r ü c h t e am
Erdboden bewiesen. Dass es s ich h ierbei nicht u m den S i e b e n s c h l ä f e r ,
sondern u m das E i c h h ö r n c h e n handelte, verdanke i ch der Bes t immung
dieser F r a ß s t ü c k e durch Frau Dr . M O H R - H a m b u r g , der an dieser Stelle
nochmals gedankt sei.
Das s t ä n d i g e oder zei tweil ige, l o k a l b e s c h r ä n k t e , s t ä r k e r e Auf t re t en
des E i c h h ö r n c h e n s hat also mi t den k l imat i schen u n d s t rukturel len
V e r h ä l t n i s s e n des betr. Gebietes nichts z u tun, u n d spielt s ich unab-
h ä n g i g innerhalb des grossen Rahmens der ö k o l o g i s c h e n A n s p r ü c h e ab.
M i t Recht bezeichnet H E D I G E R (1946) das E ichhorn als « typ i schen
K u l t u r f o l g e r » . —
Für den Genet iker w ä r e es wicht ig , z u erfahren, w ie s ich i n den
Mischgebieten die dunkle und die rote Farbe des E i c h h ö r n c h e n s i m
Erbgang v e r h ä l t . D a die Zucht i n der Gefangenschaf t bisher nur selten
geg lück t ist (cf. C h . L E G G E N H A G E R 1959), f indet s ich auch i n der
neueren Literatur nichts d a r ü b e r . E inen interessanten H i n w e i s gibt
jedoch der alte Bericht des Frhr . v. K Ö N I G - W A R T H A U S E N (1885), der
ü b e r eine Zusammenba l lung v o n H ö r n c h e n auf e inem B i r n b a u m f o l -
gendes schreibt: « . . . von ü b e r a l l her zogen s ich die E i c h h ö r n c h e n
herbei, und das kleingebissene Fle isch der F r ü c h t e bedeckte buch-
s täb l i ch zo l lhoch den Boden; da liess i ch — es ist jetzt etwa 20 Jahre
her — mit Schonung der schwarzen al le rothen Exemplare wegschies-
sen und i n k a u m einer Woche w u r d e n gegen z w e i Du tzend nur an
diesem B a u m erlegt; die Folge war, dass m a n mehrere Jahre h indu rch
fast nur noch schwarze i n der Nachbarschaf t a n t r a f » . (1. c. p. 57).
226
Dieses k ö n n t e darauf hindeuten, dass — entsprechend der gleichen
Erscheinung be im Reh, aber i m Gegensatz z u m Hamster — das Rot
eine (vielleicht u n v o l l s t ä n d i g e ) D o m i n a n z g e g e n ü b e r Schwarz zeigt.
Dies w ü r d e mi t den eigenen Beobachtungen i m Osten ü b e r e i n s t i m m e n ,
denn zu meiner Zeit gab es auf unserem Besitz nur rote E i c h h ö r n c h e n ,
me in Vater hatte aber f r ü h e r m a n c h m a l auch dunkle Tiere beobachtet,
die demnach also ab und z u vorkamen. — Diese D o m i n a n z v e r h ä l t n i s s e
w ü r d e n g r u n d s ä t z l i c h nicht i m Wider sp ruch stehen z u den Berichten
von v. B O E T T I C H E R (1940), wonach manche Inseln D ä n e m a r k s nur
schwarze und andere nur rote H ö r n c h e n beherbergen. — Das gleiche
berichtet schon 1875 Frhr . v. K Ö N I G , der auf R ü g e n nur schwarze
E i c h h ö r n c h e n antraf. —
A l p e n m u r m e l t i e r (Walser Dia lek t i n Triesenberg: Mu rb e l ,
P l u r a l : M ü r b e l ) — Marmota marmola marmota L . 1758
M a t e r i a l : 1 Balg i n der Zoolog. Staatssammlung, mehrere Stopf-
p r ä p a r a t e i n den Schulen i n Vaduz .
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : 7 Bä lge ( + Schäde l ) u n d 2 aufgestellte
Tiere aus den schweizer ischen und deutschen A l p e n , 1 F e l l ( +
Schäde l ) aus den ös te r r . A l p e n (Nd. Tauern).
Fü r taxonomische Untersuchungen lag also k e i n ausreichendes
Mate r i a l vor. — N a c h d e m Fr. K . W E R N E R schon 1953/54 angedeutet
hatte, dass sich be im A l p e n m u r m e l t i e r «gewisse M o d i f i k a t i o n e n » er-
geben haben k ö n n e n , «die auf stark g e ä n d e r t e U m w e l t e i n f l ü s s e z u r ü c k -
z u f ü h r e n s ind, w ä h r e n d sie b e i m Tat ramurmel t ie r ausblieben, w e i l
sich i n i h rem Lebensraum die U m w e l t v e r h ä l t n i s s e nicht so wesent l ich
g e ä n d e r t h a b e n » , ü b e r r a s c h t e es nicht, als J . K R A T O C H V I L 1961 das
Karpa thenmurmel t ie r zur neuen Unterart (latirostris) erhob. U m s o i n -
teressanter w ä r e f ü r den Systematiker eine Ü b e r p r ü f u n g der M u r m e l -
tiere des gesamten Alpenraumes i m H i n b l i c k auf die von W E R N E R
vermuteten loka len Abweichungen . MÜLLER-USING (in litt. 15. V .
1952) scheint gewisse Beobachtungen i n dieser Rich tung auch schon
gemacht zu haben. — G a n z a l lgemein w ä r e h ierbe i — neben der
Grösse u n d dem Gewich t — auf die V e r d u n k e l u n g des Haark le ides
zu achten. Z u n ä c h s t zeigt s ich bei dieser Gat tung wieder das bekannte
G e f ä l l e von H e l l nach D u n k e l i n ost-westlicher Richtung (der sehr
nahe stehende Bobak der o s t e u r o p ä i s c h e n Steppengebiete ist — abge-
227
sehen von seiner schwarzen Phase (cf. H A I N A R D 1962, p. 186) -
heller und e i n t ö n i g e r g e f ä r b t , w ä h r e n d das A l p e n m u r m e l t i e r kontrast-
reicher u n d oberseits dunkler ist und auch wesent l ich intensiver ge-
f ä r b t e S c h n e i d e z ä h n e hat). Ausserdem besteht e in gewisser Geschlechts-
d imorphismus be im Murme l t i e r : D i e erwachsenen 99 s ind i n der Re-
gel hel ler als die alten cfcf (cf. auch D E F N E R 1949), eine ebenfalls
weit verbreitete Erscheinung (z. B . auch bei den H u f t i e r e n : Reh,
Ant i lopen) , die mi t e inem «Luxur i e r en» der m ä n n l i c h e n Tiere gegen-
ü b e r den physiologisch s t ä r k e r beanspruchten §9 e r k l ä r t werden kann .
Wich t ig w ä r e n u n eine Untersuchung an g r ö s s e r e n Serien, ob solche
f a rb l i ch verschiedenen « S t a n d o r t m o d i f i k a t i o n e n » b e i m A l p e n m u r m e l -
tier i m Zusammenhang mi t dem loka len K l i m a ( N i e d e r s c h l ä g e , Son-
nenscheindauer) festzustellen s ind.
A m Oberkiefer des Murmel t ie res fä l l t eine weit herausragende
Protuberanz auf (Abb. 13a), eine k e g e l f ö r m i g e K n o c h e n a u s s t ü l p u n g un -
mittelbar unter dem Foramen infraorbi ta le , die a l len H ö r n c h e n eigen
ist, aber bei dieser Gat tung die s t ä rk s t e A u s p r ä g u n g e r f ä h r t i m Zusam-
menhang mi t dem K a u m u s k e l (Masseter, o b e r f l ä c h l i c h e Port ion), bezw.
seiner Sehne, w o r ü b e r S T A R C K & W E H R L I (1935) a u s f ü h r l i c h ber ich-
Abb. 13 a — Murmeltierschädel.
Abb. 13 b (rechts) — Elchschädel von vorn. (Man beachte die Protuberanzen !)
tet haben. M a n k ö n n t e sich fragen, ob dieser extrem lange Knochen-
zapfen nur als Folge a l lometr ischen Wachstums a m Schäde l dieser
gross w ü c h s i g e n Nagergruppe z u deuten ist; denn die Haup tnahrung
des Murmel t ieres , die relativ we ichen A l p e n k r ä u t e r , e r fordern keine
Ausb i ldung besonders starker Kaumuske ln . Vergle icht m a n aber mi t
S c h ä d e l n nahe verwandter Nager, also anderen H ö r n c h e n , dann zeigt
es sich, dass z u m Beispiel die R i e s e n h ö r n c h e n der Gat tung Ratufa
I
228
Verbreitung des Murmeltieres im Gebiete des Fürstentums Liecntenstein
(trotz ihrer Grösse) den Zapfen nicht besonders entwickel t haben.
Da sie auch am Unterk iefer und an anderen S c h ä d e l t e i l e n nicht die
stark hervortretenden Kanten und K ä m m e des M u r m e l t i e r s c h ä d e l s
229
haben, ist die funkt ione l le Bedeutung auch dieser Knochenzapfen
bezw. Muskelansatzstel len be im Murme l t i e r of fens ich t l ich . — In die-
sem Zusammenhang sei auf e in sehr s c h ö n e s A n a l o g o n hingewiesen:
Der m ä n n l i c h e E l c h (Alces alces) hat a m Hinterhaupt , hinter den
«Rosens töcken» an der Scheitelnaht z w e i ganz ä h n l i c h gestaltete,
spitze Knochenkegel . He r r Dr . med. K U H N , dem ich diese m e r k w ü r -
digen Knochenspi tzen e inma l zeigte, hiel t sie sofort f ü r Muskelansatz-
stellen i m Zusammenhang mi t dem schweren Haupt und der seit-
l i chen Ver lagerung der Stangen des Elches (Abb. 13 b). T a t s ä c h l i c h ist
dieser H ö c k e r bei anderen Cerv iden auch nur ganz schwach ange-
deutet. — B e i m Murmel t i e r w i r d damit also deut l ich, dass es als
Steppentier p r i m ä r an harte P f l anzennahrung angepasst war und erst
s e k u n d ä r i n die Grasheiden der A l p e n mi t den v e r h ä l t n i s m ä s s i g w e i -
chen K r ä u t e r n der feuchten Hoch lagen eindrang. H ie rmi t , d. h . mi t der
d is junkten Verbre i tung des Alpenmurmel t ie res einerseits und des Step-
penmurmelt ieres (Bobak) i n der ö s t l i chen Ebene, f indet m a n auch das
bestä t ig t , was J A N E T S C H E K (1961) bei der Besprechung der nacheis-
zei t l ichen N e u - bezw. Wiederbes iedlung i m H i n b l i c k auf einige G l i e -
d e r f ü s s l e r sagte: «Die Fauna der hocha lp inen Grasheiden ver lor durch
das Vordr ingen des Waldes ih ren u r s p r ü n g l i c h e n Zusammenhang mi t
jener der Niederungssteppen des Ostens, was z u verschiedenen A r e a l -
auf te i lungen f ü h r t e » . —
Die Murmel t ie re des Untersuchungsgebietes konnte i c h an ver-
schiedenen K o l o n i e n beobachten. D ie n ä h e r e n Angaben ü b e r den Be-
stand entnehme ich e inem Bericht des Forstamtes V a d u z v o m 7. N o -
vember 1952 (den m i r He r r Prof. Dr . MÜLLER-USING aus H a n n .
M ü n d e n dankenswerterweise f ü r diese Arbe i t zur V e r f ü g u n g stellte),
sowie den « R e c h e n s c h a f t s - B e r i c h t e n der Fürs t l . Regierung an den
hohen Land tag» 1922 — 1960. — Der Gesamtbestand wurde 1952 v o m
Forstamt auf ca 700 Tiere geschä tz t , bei der amt l ichen W i l d z ä h l u n g
wurde s p ä t e r wesent l ich weniger angegeben, n ä m l i c h : 1953 — 450,
1954 — 430 und 1955 — 470 Tiere. Das V o r k o m m e n b e s c h r ä n k t sich
in der Hauptsache auf die « i n n e r e n Gebirgskessel (Lawena, Samina ,
M a l b u n , Valorsch)» zwischen 1300 und 2100 m H ö h e (s. Verbrei tungs-
karte des Forstamtes von 1952). Die Vermehrungsquote w i r d auf 33 %
geschä tz t . Die Schusszeit dauert v o m 1. September bis Mit te Oktober .
Erlegt wurden nach den o. a. Lis ten:
230
1922
1923
1924
1925
1926
1927
1928
1929
1930
1931
1932
1933
1934
9
5 (Malbun)
6
15 (Malbun)
10
8
17
16
1935
1936
1937
1938
1939:
1940
1941
1942
1943:
1944
1945
1946
1947
5 (Sass)
5 (Sass)
22
13 (Sass)
1948
1949
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
20
12
23
18
3
14 (Bargella und Malbun)
8 (Malbun)
25 (Malbun)
7
Die G ü n d e der erhebl ichen Streckenschwankungen i n f r ü h e r e n
Jahren s ind m i r nicht bekannt, u n d i c h glaube auch nicht, dass m a n
daraus so ohne weiteres biologische Folgerungen ( im Zusammenhang
mit der Wet te re inwi rkung oder Bestandesschwankungen aus anderen
G r ü n d e n ) ableiten darf. W a h r s c h e i n l i c h hat die straffere jagdl iche
Organisa t ion i n den letzten 10 Jahren das ausgeglichenere Strecken-
bi ld durch genauere Erfassung bewirkt .
W e n n m a n annehmen w i l l , dass sich der Bestand i n Liechtenstein
in den letzten 10 Jahren nicht wesent l ich v e r ä n d e r t hat, dann bedeuten
die oben a n g e f ü h r t e n Abschusszahlen mi t durchschni t t l ich 14,4 Tieren
pro Jahr einen Aderlass von nur 3,2 % des Bestandes (450 Tiere ange-
nommen) . N a c h Feststellungen von MÜLLER-USING (1952) i n den
Bayr ischen A l p e n , k a n n e in j ä h r l i c h e r Zuwachs von 20 — 30 % des
Bestandes normalerweise angenommen werden; dies w ä r e n i n un-
serem Fal le 9 0 — 135 Jungtiere, die j ä h r l i c h heranwachsen. D ie Ver -
lustquote durch andere Feinde und K r ä f t e scheint also mi t 75 — 120
Tieren ausserordentlich hoch zu sein. W E R N E R (1953/54) f ü h r t al ler-
dings f ü r das Karpa thenmurmel t ie r sogar 3 0 % des Bestandes als j ä h r -
l ichen Verlust a l l e in durch das R a u b w i l d an. Fü r Liechtenstein kommt
als Hauptregulator des Bestandes w o h l i n erster L in i e der Steinadler i n
Betracht (s. Bericht des P r i n z e n Hans v. u . z. L I E C H T E N S T E I N weiter
unten). In zweiter L i n i e k ä m e w o h l der Fuchs i n Frage, dessen relat iv
hohe Strecken i n den H o c h t ä l e r n sonst k a u m z u e r k l ä r e n w ä r e n .
M . B A M E R T , dem w i r eine Reihe sehr s c h ö n e r Beobachtungen aus den
Liechtensteiner Bergen verdanken, beschreibt 1957 auch sehr anschau-
l i c h eine — m i s s g l ü c k t e — Pirsch eines Fuchses auf e in M u r m e l bei
231
O b e r s ä s s (1880 m). — Dass das H e r m e l i n die Jungtiere jagt, ist wieder-
holt beobachtet oder vermutet worden (MÜLLER-USING 1952 i n litt.,
F R E U D E L S P E R G E R 1938); es ist anzunehmen, dass dies ( in m ä u s e -
armen Jahren) auch ab u n d z u i n Liechtenstein vorkommt , da die
Wiesel bis i n die Hochlagen verbreitet s ind (s. u.).
Eigene Beobachtungen wurden nur an den M u m e l t i e r k o l o n i e n ober-
halb S i l u m und a m Sareis gemacht, sie gehen aber nirgends ü b e r das
hinaus, was i n der umfangre ichen, neueren Literatur bereits nieder-
gelegt wurde ( S C H O C H E R 1946, MÜLLER-USING 1952, 1953, 1955,
1956, 1957, L i l l i K O E N I G 1957, P S E N N E R 1956, 1957, B O P P 1955/58,
1962 u. a.). H i n z u w e i s e n w ä r e vie l le icht nur darauf, dass v e r h ä l t n i s -
m ä s s i g oft Einzelbaue innerha lb der Bergwaldstufe gefunden wurden
(Si lum, « D ü r r a b o d e n » oberhalb Steg) und zwar direkt am Stamm alter
Fichten. D a sie z u m T e i l i m M a i bewohnt (Si lum), z u m T e i l aber i m
J u n i of fenbar verlassen waren ( D ü r r a b o d e n ) , handelt es sich u m W i n -
ter- und Sommerbaue. Es ist die Frage, ob es s ich hier u m E i n z e l g ä n g e r
handelte, wie sie M Ü N C H 1958 unter ä h n l i c h e n V e r h ä l t n i s s e n i m
Kanton Glarus beobachtete, oder u m eine al lgemeine Tendenz, i n die
aufgelockerten F i c h t e n b e s t ä n d e e inzudr ingen (s. h ie rzu den folgenden
Bericht des H e r r n Vors i tzenden des Jagdschutzverbandes). — Offenes
Wasser habe i ch durchaus nicht r e g e l m ä s s i g i n n ä c h s t e r N ä h e gefun-
den und i ch bezweif le daher, dass R. A M O N (1931) recht hat, w e n n er
sagt dass das « V o r h a n d e n s e i n v o n Wasser (zum Trinken) B e d i n g u n g »
sei, und dementsprechend die Vermutung v. W E T T S T E I N S (zit. von
A M O N ) , dass «das Aussterben i n den Ostalpen eine Folge der s t ä r k e r
gewordenen Verkars tung und der damit verbundenen Wasse r los igke i t»
sei. zut r i f f t . Schon v. T S C H U D I (1854) schreibt nach seinen Beobach-
tungen an gefangenen Tieren « . . . t r inken selten, aber v i e l auf e in-
ma l , besonders M i l c h , wobe i sie stark schmatzen und w ie die H ü h n e r
bei jedem Schluck den Kopf a u f r i c h t e n » (1. c. p. 534). M a n kann sich
nicht vorstellen, dass e in Steppentier dieses T r i n k r i t u a l oder Verha l t en
rege lmäss ig an f re ien Wasserstellen zeigt. A u c h H A I N A R D (1962) z i -
tiert S C H O C H E R i m H i n b l i c k auf das T r i n k e n des Murmel t ie res :
«II ne les a jamais vues boire, m o i non p lus» . (1. c. p. 179). —
Das Fett des Murmel t ie res ist nach w ie vor begehrt (forstamtl. Mit t . ) .
N a c h altem Volksg lauben so l l das Fett «die Gebur t erleichtern, die K o l i k
hei len, dem Keuchhusten abhelfen, B r u s t v e r h ä r t u n g e n zer te i l en» usw..
232
und der f r i sch abgezogene Balg sol l Rheumat ismusschmerzen he i len
(cf. v. T S C H U D I 1854 p. 535). Der al lgemeine R ü c k g a n g der B e s t ä n d e i n
der Schweiz bis z u m Einsetzen der jagdl ichen Schonmassnahmen ist nur
auf die intensive Ver fo lgung wegen des h e i l k r ä f t i g e n Fettes z u r ü c k z u -
f ü h r e n , wobei m a n die Tiere meistens i m Bau ausgrub und ihrer durch
«das grausame A n b o h r e n mit S c h r a u b e n z i e h e r n » (v. T S C H U D I , 1. c. p.
305) habhaft wurde . In den alten W a f f e n s a m m l u n g e n des Vaduze r
Residenzschlosses s ind noch solche alten Marter instrumente zu sehen,
die nicht nur z u m M u r m e l f a n g , sondern auch be im Dachsgraben Ver -
wendung fanden und « S c h w e i n e s c h w ä n z e » genannt wurden (s. u.). —
A n biologischen Daten wurde i n Liechtenstein nur notiert, dass die
Murmel t ie re am Sareis zwischen dem 10. und 15. Oktober die Win te r -
baue schliessen; nur vereinzelte Tiere sieht m a n noch s p ä t e r (Meinrad
SELE m ü n d l . ) . Ende A p r i l stossen sie durch den hohen Schnee wieder
an die O b e r f l ä c h e , w o i ch sie a m 27. M a i (1953) noch ü b e r die weisse
F l ä c h e schwanzschlagend zu den Baueinfahr ten i m Schnee f l ü c h t e n
sah, genau w ie es MÜLLER-USING 1956 beschrieben und abgebildet
hat. — A b b . 13 c — Murme l t i e r von Pradame (Malbun) .
Abb. 13 c — Murmel von Pradame (Foto Seger)
233
Ich lasse den freundl ichst f ü r diese Arbe i t zusammengestell ten
Bericht des H e r r n Vors i tzenden des Liechtensteinischen Jagdschulz-
verbandes, S. D . Pr inz Hans v. u . z. L I E C H T E N S T E I N , fo lgen.
«In Vadutz gibt es auch Murmelthier/Mormetle» steht in der Chronik vom
Jahre 1616 aus Hohenems. So ist es auch noch heute, wo sie aber auch Mur-
meli oder Munggen genannt werden. — Vielleicht hat sich der Bestand der
Tiere in den letzten Jahren vermindert, da wir z. B. im Jahre 1962 zwei
Adlerhorste in unseren Gebirgen hatten. Es könnte aber sein, dass gerade
wegen der Adlergefahr sich unsere Murmeltiere in Gegenden ausgebreitet
haben, wo sie früher nicht waren und zwar in der «Bannwaldzone», wo sie
Schutz vor ihrem Hauptfeinde haben. — In Fach's Landeskunde des Fürsten-
tums (1937) steht zwar noch «das Murmeltier lebt nur in baumfreien Gebieten»,
dass sich aber die Murmeltiere in tiefere Lagen retten, konnte ähnlich schon
beim Garns in anderen wenig felsigen Bergen beobachtet werden. — Das alte
Murmelgebiet umfasste die ganzen Täler mit Seitenkaren im Hochgebirge.
Ausserdem wurden in neuerer Zeit gut florierende Kolonien durch interessier-
tes Jagdpersonal begründet, z. B. in Kleinsteg durch den verstorbenen Jäger
Gottlieb Eberle, dann in Bargella durch Jäger Hubert Negele, auf der Rheintal-
seite wiederum bei Silum durch dessen Vater und schon früher im Garselli
durch den Grossvater Negele. Alle diese Kolonien haben teilweise schon wieder
Ableger, so z. B. ober dem Kurhaus Sükka beim Älpele und auf der Rheintal-
seite beim sogenannten Sternenberg (1400 m), unweit des neuen Tunnels. Eine
der höchstgelegenen Altkolonien dürfte die am Bettlerjoch (2108 m) sein, die
niederste die in Kleinsteg bei 1303 m. Eine in den 40er Jahren versuchte Ko-
loniegründung durch den verstorbenen Jäger Beck von Planken auf Gafadura
(1407 m) ist leider eingegangen. Einige Jahre hielt sich dort noch ein einzelner
«Bär» unter dem Weidestall auf 1950 m. — Der Murmelbestand der beiden
letzten Jahre war folgender:
Jahr Zäh lung Zuwachs Abschuss (Antrag) Abschuss
1961 376 82 32 15
1962 317 64 32 15
Die Tiere werden von Hirtenbuben im Sommer und auch, wenn sie auf den
Mähwiesen in Steg und Malbun Baue anlegen, von anderen Unbefugten ausser-
halb des Abschussplanes verfolgt. Die Jägerschaft erfüllt jedoch nie den er-
laubten Abschuss. Ich selbst habe im Laufe von 17 Jahren nur einen einzigen
Bären mit Schrot auf nahe Distanz erlegt (21. September 1947 Silum). Es gibt
im Lande einige Leute, die öfter Mumeltiere in Gefangenschaft halten. So hatte
icli auch zwei Jahre ein Stück. Bemerkenswert ist ihre Empfindlichkeit gegen-
über dem Nasswerden. Ich verlor mein zahmes Murmeltier durch Lungen-
entzündung trotz Behandlung mit Penicillinspritze. (Stopfpräparat im Museum).
Am 7. September 1951 sah ich aus einem Auto, von Triesenberg nach Rotenboden
fahrend, wie ein Steinadler, ein sich krümmendes und windendes junges Murmel-
tier in den Fängen, sich in das Rheir.tal hinunterstürzte. Vom Murmeltier hörte
man kein Klagen, doch war das Sausen des Sturzfluges gut zu vernehmen». --
234
Familie: Schläfer — Gliridae
S i e b e n s c h l ä f e r — Glis glis glis L . 1766
Für taxonomische Untersuchungen lag aus Liechtenstein k e i n ge-
eignetes Mate r i a l vor, nur e in Farbfoto eines p r ä p a r i e r t e n S tückes der
neuen Schule i n Schaan ist i n m e i n e m Besitz (ein weiteres Stopf-
p r ä p a r a t steht i n der Hauptschule Vaduz ) .
Der S i e b e n s c h l ä f e r wurde aber wiederhol t i m G e l ä n d e (und i n
Gefangenschaft) beobachtet. A l l e Frei landbeobachtungen beziehen
sich auf das H ü g e l l a n d (colline Stufe) u n d die untere Bergwaldstufe
(Buchen-, Tannen- [Fichten-] M i s c h w ä l d e r ) nach H . G A M S (zit. v o n J A -
N E T S C H E C K 1961) und liegen zwischen Tschagai l (nörd l . Schaan) und
dem G ä s t e h a u s des Residenzschlosses i n V a d u z (in etwa 600 m H ö h e ) .
W i e schon 1957/62 mitgeteilt beobachtete i c h den ersten Sieben-
s c h l ä f e r am Tage des 27. August 1956 i m Dachf i r s t einer Scheune
(Gamander) , w o of fenbar e in alter Wechse l v o n e inem alten Obstbaum
i n das G e b ä u d e f ü h r t e . — Die n ä c h s t e Beobachtung machte P r inz
Hans v. u . z. L I E C H T E N S T E I N am 10. J u l i 1959 v o m Fenster des oben
e r w ä h n t e n G ä s t e h a u s e s aus, w o die Bewohner (Graf A N D R A S S Y ) — wie
ich bereits 1954 berichten konnte — schon f r ü h e r S i e b e n s c h l ä f e r gele-
gentl ich a m Fenster der Speisekammer gesehen hatten. P r inz Hans
konnte das of fens ich t l i ch junge Tier etwa eine Stunde lang beobachten
und dabei feststellen, dass es von N a d e l n der Eibe (Taxus baccata)
naschte. Be i der Gelegenheit wurde die nebenstehende A u f n a h m e
( A b b . f 4 ) gemacht. — Es ist bemerkenswert , dass zu diesem f r ü h e n
Abb. 14 - Junger Siebenschläfer
(Fürstl. Gästehaus, Vaduz)
235
T e r m i n schon s e l b s t ä n d i g e Jungtiere i m Untersuchungsgebiet vor-
kommen, nennt doch v. V I E T I N G H O F F - R I E S C H (1960) als f r ü h e s t e n
T e r m i n f ü r festgestellte b l inde Nestl inge i n T i r o l den 3. J u l i (Beobach-
tung PSENNER-Innsbruck) und f ü r das westdeutsche Mit telgebirge
(Deister) den 3. August als f r ü h e s t e s Wur f sda tum. — 1962 konnte
ich sogar schon Ende J u n i z w e i dreivier tel erwachsene Jungtiere bei
H e r r n B. S E G E R i n Schaan i n Gefangeschaft sehen, die i h m A n f a n g
J u n i aus e inem H o l z g e b ä u d e am Waldrande (Tschagail) gebracht
worden waren , und die dieser passionierte J ä g e r und Tierphotograph
nach einigen A u f n a h m e n s p ä t e r wieder freil iess.
Eine weitere Beobachtung stammt aus der Zeit des zwei ten Wel t -
krieges. E i n poli t ischer F l ü c h t l i n g aus Deutschland hauste damals
ze i twei l ig a l l e in am Waldrande (Galina) i n e inem alten Unterstand,
der f r ü h e r zu e inem Kleinkal iberschiessplatz g e h ö r t e . Dieser Eremit
berichtete spä t e r mehrmals g l a u b w ü r d ' g , dass « H a s e l m ä u s e » i n
seine Behausung k ä m e n , ü b e r a l l h e r u m s t ö b e r t e n und an seine Spei-
s e v o r r ä t e gingen. A l s m i r diese Geschichte s p ä t e r von verschiedenen
Seiten e r z ä h l t wurde, g ing i ch der Sache nach, da i ch damals sehr
b e m ü h t war, e inen Nachwe i s der Haselmaus i n Liechtenstein zu
erbringen. Es hiess, eine dieser « H a s e l m ä u s e » sei noch i n der Schule
i n Schaan aufgestellt, und es stellte s ich heraus, dass es e in Sieben-
s c h l ä f e r ist, den ich dort — wie oben schon e r w ä h n t — photo-
graphieren konnte.
In den o. a. Rechenschaftsberichten der Fürs t l . Regierung w i r d 1930
p. 83 unter « s c h ä d l i c h e m Wild» u . a. « H a s e l m a u s » und « G a r t e n s c h l ä -
fer» a n g e f ü h r t . Es ist auch hier klar , dass mi t der « H a s e l m a u s » der
S i e b e n s c h l ä f e r gemeint ist. —
N a c h den vorl iegenden Beobachtungen k a n n m a n annehmen, dass
der S i e b e n s c h l ä f e r i n Liechtenstein ausser i n S p e c h t h ö h l e n und Fels-
spalten (eine Mi t te i lung ü b e r e inen weit z u r ü c k l i e g e n d e n Fu n d an-
läss l ich des Strassenbaues v o m Schloss nach Triesenberg, die i ch H e r r n
Oberlehrer D . B E C K verdanke, deutet darauf hin) auch i n al ten H o l z -
g e b ä u d e n , Bretterstapeln und dergl. seine Nester anlegt und Jungen
wir f t . —
236
H a s e l m a u s — Muscardinus avellanarius L . 1758
Trotz eifrigster Suche an a l len geeigneten und sogar sehr charakte-
ristischen P l ä t z e n an W a l d r ä n d e r n , Lichtungen (Rubo-Coryletum) u n d
i n Schonungen der H ü g e l - und unteren Bergwaldstufe konnte i c h i n
der ganzen Beobachtungszeit keine Spur (d. h . Nester) der Hase lmaus
i n Liechtenstein entdecken. Dies w a r umso a u f f ä l l i g e r als B A U M A N N
(1949) sie f ü r die Schweiz als a l lgemein verbreitet u n d M I L L E R (1912)
sogar mehr fach f ü r St. G a l l e n a n f ü h r t . In den von m i r untersuchten
R ä u m e n oberhalb von V a d u z und Schaan k a n n ich f ü r die betreffenden
Jahre mi t Sicherheit behaupten, dass die Haselmaus dort nicht vor-
kam, denn es bl ieben nicht nur die typischen Büsche , Ranken und
B ä u m c h e n (Brombeere, Stechpalme [llex], Clematis, Jungwuchs v o n
Fichte, Buche, Weissdorn etc.) an W a l d s ä u m e n usw. «als Ga le r ie der
W i e s e n g r ü n d e i n der niederschlagsreichen Buchenstufe des Gebi rges«
(nach O B E R D O R F E R 1957) ü b e r a l l ohne Nestanlagen, sondern ein
gutes K r i t e r i u m gaben auch die verlassenen, ä l t e r e n Vogelnester an
diesen Standorten — keines w a r von der Haselmaus ü b e r w ö l b t u n d
f ü r ihre Zwecke umgebaut worden , wie es sonst i n a l len Revieren die
Regel ist, wo H a s e l m ä u s e vo rkommen . —
Trotzdem besteht gar ke in Z w e i f e l , dass die Haselmaus auch zur
S ä u g e t i e r f a u n a Liechtensteins gerechnet werden muss, denn es gibt
aus f r ü h e r e n Jahren eine Reihe von Beobachtungen, die es be s t ä t i gen .
Z u n ä c h s t e r z ä h l t e m i r H e r r H O M B E R G , dass er e i n m a l i m L a u b w a l d
oberhalb des Vaduzer Schlosses auf einer k l e inen Blosse eine rö t l i ch
gelbe Maus i n geringer H ö h e i m G e b ü s c h gesehen habe. D a die Zwerg-
maus i n dieser Umgebung k a u m zu erwarten ist, und diese etwas
bodenfeuchten k le inen W a l d b l ö s s e n durchaus e inen typischen Hase l -
mausbiotop darstellen, ist anzunehmen, dass es s ich h ierbei u m den
k le inen S c h l ä f e r handelte. — Z w e i weitere Beobachtungen konnte
Her r B. S E G E R aus Schaan (s. o.) beisteuern: Er entsinnt sich n ä m l i c h
genau, e i n m a l vor v ie len Jahren als Junge mi t seinem Vater zusam-
men a m Waldrande i n der N ä h e der Q u a d e r r ü f e i m G e b ü s c h oder
Jungwuchs mehrere gelbliche, kle ine M ä u s e zusammen an den Z w e i -
gen herumturnen gesehen z u haben (siehe h i e rzu Farbtafe l !). V i e l e
Jahre s p ä t e r habe er i m Win te r (oder jedenfal ls nach e inem Schnee-
fal l ) innerha lb derselben R ü f e eine M ä u s e s p u r gesehen, die z u einer
Steinspalte f ü h r t e . In der sofort aufgestellten Fa l le f i n g s ich dann auch
237
t a t s äch l i ch eine k le ine Maus mi t behaartem Schwanz u n d relativ
grossen Augen . D a Her r S E G E R eine ausgezeichnete biologische Beo-
bachtungsgabe hat, k a n n es als sicher gelten, dass es s ich i n beiden
Fä l l en u m H a s e l m ä u s e handelte. Dass einzelne Tiere noch i m Spät -
herbst, also unter U m s t ä n d e n nach dem ersten Schneefa l l auch ihre
S c h l a f p l ä t z e wechseln, ist nicht ausgeschlossen, wurde m i r doch aus
der V o r e i f e l von einer i m Walde i m Win te r gefundenen toten Hase l -
maus berichtet (Rev. f ö r s t e r H . B E R G H E I M m ü n d l . ) .
D ie letzte Nachr ich t (die ich H e r r n Real lehrer H . M E I E R verdanke)
stammt aus j ü n g e r e r Zeit. Danach wurde u n g e f ä h r 1959 die Arbei ts-
lehrer in Chr is te l H A S L E R aus Nende ln be im Eindr ingen i n das Unter-
ho lz i m W a l d bei P l anken (790 m) auf eine kleine, hel le Maus auf-
merksam, die ih r von e inem Z w e i g auf die Schulter sprang. Es w ä r e
dies das charakteristische Sich-fal len-lassen, das bekannt l ich Hase l -
m ä u s e bei p lö tz l i che r , heftiger S t ö r u n g i m Gezwe ig anwenden, u m
dann bl i tzar t ig auf dem Erdboden z u verschwinden. —
Vie l l e i ch t h ä n g t das s p ä r l i c h e Auf t re ten der Haselmaus an den ge-
eigneten P l ä t z e n i n Liechtenstein (auch am Eschnerberg i m Unte r l and
habe i ch z. B . sehr stark « h a s e l m a u s v e r d ä c h t i g e » Stellen gefunden —
Atropetum belladonnae ausser dem « B r o m b e e r - H a s e l b u s c h » ) z u m T e i l
mi t dem V o r k o m m e n des G a r t e n s c h l ä f e r s zusammen, w o r ü b e r i m f o l -
genden Abschni t t z u berichten sein w i r d . —
G a r t e n s c h l ä f e r — Eliomys quercinus quercinus L . 1766
M a t e r i a l : Ba lg und S c h ä d e l (9 v o m 11. August 1956), 2 Schwanz-
h ä u t e (1952) S i lum, 1 Foto (Schaan-Gamander) . Ausserdem je
1 S t o p f p r ä p a r a t i n der Hauptschule i n V a d u z und i n der Ebenholz-
schule V a d u z
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : Rhe in l and (36), Schweiz (2), SW-Frank-
reich (3), Mit te ldeutschland (5)
In der F ä r b u n g bestehen keine Unterschiede zwischen den Liechten-
steiner S tücken und den o. a. Serien. D ie Masse des alten, s ä u g e n d e n 9
aus S i l u m bringt die Tabelle, zusammen mi t denen einiger, vergle ich-
barer (alter) G a r t e n s c h l ä f e r der anderen Fundorte u n d den M I L L E R '
sehen Angaben.
238
Nr. sex K + R Schw. Hf. Gew. CB Zyg.
Rheinland:
20 (26. VI.) ? 32 19,9
39.76 (5. III.) 6 140 (100) 29
48.10 (9. X.) Ö 145 113 25 101 g 32,8 20
52 228 (7 V 1 O 145 125 30 8S p 20 9
54.103 (Gefang.) 139 129 27 64 g 32,9 19,6
57.198 (6. V.) ? 141 123
•
29 50 g 33,2 20,1
Silum:
56.1039 (11. VIII.) ? 130 (72) 25 73 g 32,3 20,6
Gironde (Frankr.):
48.4 (8. VIII.) 6 131 103 26 33,2 21,3
Frankreich (nach MILLER)
(8 Bälge, 11 Schädel 115-131 97.6-111 (25-27) 30,4-33,6 19-21
Schweiz (nach MILLER):
(10 Schädel) 30-32,8 18,2-20,8
Es scheint danach so z u sein, dass die G a r t e n s c h l ä f e r i m Rhe in l and
(die vorl iegenden Bälge s tammen fast alle aus dem Bonner Raum)
zwar die gleichen S c h ä d e l a b m e s s u n g e n haben, w ie sie aus den A l p e n
und den anderen Gebieten Frankreichs, dass sie aber k ö r p e r g r ö s s e r
werden k ö n n e n . Es ist anzunehmen, dass dies n a h r u n g s ö k o l o g i s c h
bedingt ist, w e n n m a n das mi lde K l i m a u n d die kurze Winterze i t i n
dem vielseit igen Garten- und Obstbaugebiet des Bonner Rheintales mi t
den harten Bedingungen i n 1500 m H ö h e i n S i l u m i n Liechtenstein
vergleicht.
Z u dem Schäde l des S i lumer G a r t e n s c h ä d e l s ist zu sagen, das er i n
beiden U n t e r k i e f e r ä s t e n die «Fenster» a m unteren T e i l des Gelenkfor t -
satzs ausgebildet hat. Dieses L o c h fehlt bekannt l ich be im S i e b e n s c h l ä -
fer, ist b e i m B a u m s c h l ä f e r und bei der Hase lmaus jedoch vorhanden
und «soll» auch be im G a r t e n s c h l ä f e r i m m e r v o r k o m m e n . H e r r Dr .
B A U E R machte m i c h jedoch vor Jahren e i n m a l darauf aufmerksam,
dass die Bonner G a r t e n s c h l ä f e r p o p u l a t i o n eine wechselnde A u s p r ä g u n g
zeigt — das Fenster ist i n manchen F ä l l e n nu r einseitig oder ü b e r h a u p t
nicht ausgebildet. — Das alte 9 I m § Her r H j . K U H N i n den letzten
A u s l ä u f e r n des W a l d g ü r t e l s unterhalb des Barge l la Seebi, i n etwa
1600 m H ö h e . A u c h hier zeigte es sich, w i e stark der G a r t e n s c h l ä f e r
Bodentier ist, e inma l an der Beschaffenhei t des Platzes selbst u n d z u m
anderen, w e i l s ich nach dem Fang herausstellte, dass der S c h l ä f e r erst
239
die anderen K l a p p f a l l e n i n der Umgebung kontrol l ier t hatte. V o n einer
Untergrundmaus, von der w i r i n der Fal le nur noch den Kopf vo r f an -
den, entdeckten w i r den K ö r p e r i m Magen des S c h l ä f e r s . E r muss die
Maus von der Fal le abgerissen haben, kurz bevor er selbst i n einer
anderen z u Tode k a m .
In dem Sommerhaus des J ä g e r s N E G E L E i n S i l u m u n d i n den u m -
liegenden G e b ä u d e n ü b e r w i n t e r n die G a r t e n s c h l ä f e r des Gebietes. V o n
z w e i Be legs tücken bei N E G E L E konnte i c h schon 1954 berichten
( S c h w a n z h ä u t e ) , und ausserdem e r z ä h l t e m i r die W i r t i n des S i lumer
Kurhauses, dass sie vor l ä n g e r e r Zeit auch e i n m a l eine winterschla-
fende « b r a u n e Maus» i n i h rem Stall entdeckt habe. — A n manchen
O Schneemaus ö K l e i n w ü h l m a u s
Q Erdmaus X Gar tenschläfer
# Feldmaus + Siebenschläfer
Karte III — Fundplätze von 4 Wühlmaus- und zwei Schläfer-Arten
240
Stellen scheint s ich das Verbreitungsgebiet des G a r t e n s c h l ä f e r s i n
Liechtenstein aber auch bis h inunter i n die col l ine Stufe z u erstrecken.
E i n m i r vorliegendes L i c h t b i l d zeigt e inen G a r t e n s c h l ä f e r , der nach ei-
nem Gewit terregen i m H o f e des H e r r n v. H A L E M (Schaan-Gamander)
gefunden wurde. D a w i r bei unseren v ie len (Fallen-) Fangakt ionen
i n der Laubwalds tufe oberhalb V a d u z (und auch bei denen i n Schaan)
aber niemals einen G a r t e n s c h l ä f e r f ingen, muss dieses Vord r ingen i n
die G ä r t e n und Siedlungen a m Rande der Rheinebene nur l o k a l vor-
kommen , i n Gamander wahrsche in l i ch durch den anschliessenden,
grossen N a d e l h o l z k o m p l e x bedingt, der sich von dort aus b e r g w ä r t s
erstreckt. Ich halte jedenfal ls nach den Beobachtungen i n Liechtenstein
den S i e b e n s c h l ä f e r f ü r e inen Vertreter des Kul tur landes und der u n -
teren Bergwald- (Laubwald-) Stufe und den G a r t e n s c h l ä f e r mehr f ü r
einen Bewohner der oberen Bergwald- (Koniferen-) Stufe. (Siehe
Karte III).
Interessant ist i n diesem Zusammenhang die Frage nach der V i k a -
r ianz der drei S c h l ä f e r a r t e n . N a c h me inen Feststellungen i n der V o r -
e i fe l i m Landkreise B o n n besteht eine bemerkenswerte Al terna t ive bei
den S c h l a f m ä u s e n : In unserem alten Versuchsrevier i n Ersdorf (Vor-
eifel) gab es nur die Hase lmaus ; diese aber auch i n relat iv hoher
Siedlungsdichte. Anze igerpf lanze ist dort die Brombeere, i m Rubion
subatlanticum als « W a l d m a n t e l g e s e l l s c h a f t » bodensaurer E i c h e n - H a i n -
b u c h e n w ä l d e r bezw. E i c h e n - B i r k e n w ä l d e r oder als « B r o b e e r s c h l e h e n -
busch» (Prunus spinosa — Carpinus betulus Ass.) an W e g r ä n d e r n usw.
( O B E R D O R F E R 1957). V o m S i e b e n s c h l ä f e r habe i c h auf dieser (linken)
Rheinseite i n dem ganzen Rheinbacher W a l d b e z i r k (trotz der v ie len ,
alten R o t b u c h e n b e s t ä n d e ) nie etwas gehör t , und der G a r t e n s c h l ä f e r
kommt i n Ersdorf und Umgegend sicher auch nicht vor (trotz der
grossen anstossenden Obstbaugebiete). Diesen gibt es erst unten, h i n -
ter dem Vorgebirge i m Rheinta l , u n d dort, i m Bonn-Godesberger Stadt-
gebiet, ist er auch ausgesprochen h ä u f i g .
N i m m t m a n an, dass der S i e b e n s c h l ä f e r als u r s p r ü n g l i c h e r Bewoh-
ner des (Buchen-) Hochwaldes mi t den beiden anderen, mehr g e b ü s c h -
und bodengebundenen Ar t en von v o r n herein weniger i n B e r ü h r u n g
kommt, dann ergibt sich z u n ä c h s t die Frage, wiewei t u n d weshalb
sich G a r t e n s c h l ä f e r u n d Hase lmaus gegenseitig ausschliessen. — U m
das a u f f ä l l i g e Fehlen der Haselmaus i n Liechtenstein z u e r g r ü n d e n .
241
habe i c h versucht, die V e r h ä l t n i s s e i n den N a c h b a r l ä n d e r n zu erfahren.
Das Ergebnis war folgendes:
H e s s e n : Her r D r . G . H E L D M A N N (Museum Darmstadt) hatte
die Freundl ichkei t , m i r e in u n v e r ö f f e n t l i c h t e s Manuskr ip t « Z u m V o r -
k o m m e n der Sch l ä f e r (S iebensch lä fe r , G a r t e n s c h l ä f e r u n d Haselmaus)
i n Hessen und N a s s a u » mi t einer genauen Verbrei tungskarte z u ü b e r -
lassen. Hieraus ist zu entnehmen, dass der S i e b e n s c h l ä f e r a m h ä u f i g -
sten («bes iedel t die mi t L a u b w a l d bedeckten H ö h e n z ü g e insbesondere
des Odenwaldes (vorwiegend des vorderen), des Taunus u n d des V o -
gelsberges») festgestellt wurde (15 Ortsangaben), der G a r t e n s c h l ä f e r
wesentl ich seltener («im K i e f e r n w a l d und den Weinbaugebieten Rhe in -
hessens») mi t aber i m m e r h i n 11 Ortsangaben und die Hase lmaus
(«l ichte B u s c h w ä l d e r , of t l ä n g s der Tä le r» ) nur sporadisch (13 Or ts -
angaben) vorkommt . Es gibt nur ganz wenige Punkte, an denen z w e i
Ar t en vermerkt sind, wobe i es sich meist u m E inze l funde von Garten-
s c h l ä f e r n oder Haselmaus i n S i e b e n s c h l ä f e r g e b i e t e n handelt . N u r e in-
m a l sind alle drei S c h l ä f e r vermerkt — bei Wiesbaden (dies bes tä t ig te
m i r bezüg l . Sieben- u n d G a r t e n s c h l ä f e r auch Dr . F. N E U B A U R , M u -
seum Wiesbaden), und nur aus e inem weiteren Ort (Erbach i . Odw.)
wurde ein winterschlafender G a r t e n s c h l ä f e r («im Ke l l e r des H a u s e s » )
und eine f r ü h e r e Feststellung der Haselmaus («in H e c k e n » ) ge-
meldet. —
B a d e n - W ü r t t e m b e r g : A u f G r u n d der N i s t h ö h l e n k o n t r o l -
len teilte m i r He r r Dr . L Ö H R L (Vogelschutzwarte Ludwigsburg) dan-
kenswerterweise mit, dass i n seinem Gebiet der G a r t e n s c h l ä f e r «eini-
germassen r e g e l m ä s s i g nur i m S c h w a r z w a l d » vorkommt , und dass dort
« H a s e l m ä u s e i n N i s t k ä s t e n fast u n b e k a n n t » sind. N u r drei E i n z e l m e l -
dungen liegen vor, nach denen G a r t e n s c h l ä f e r und Haselmaus i m
gleichen Gebiet festgestellt wurden (bei Baden-Baden i n 250 m H ö h e
je e in Exemplar , 100 m voneinander entfernt, aber i n verschiedenen
Jahren, u n d je eine u n b e s t ä t i g t e Me ldung eines G a r t e n s c h l ä f e r s aus
der Gegend von Mainhard t ( S c h w ä b . Wald) und aus dem Biet igheimer
Forst (Kr. Ludwigsburg) , w o es r e g e l m ä s s i g H a s e l m ä u s e gibt. Im ü b r i -
gen k o m m e n S i e b e n s c h l ä f e r u n d Haselmaus oft i n denselben W ä l d e r n
vor; i n v ie len Gebieten B a d e n - W ü r t t e m b e r g s ist der S i e b e n s c h l ä f e r
h ä u f i g ( « a m seltensten i m reinen N a d e l w a l d » , und i m « A u w a l d am
242
Ober rhe in i n der Gegend Fre iburg-Lahr feh len al le Sch lä fe r» ) und die
Haselmaus nicht selten. —
B a y e r n : Prof. K A H M A N N ( M ü n c h e n ) teilt m i r mit , dass «in
Bayern an best immten Stellen G a r t e n s c h l ä f e r und H a s e l m ä u s e durch-
aus i m gleichen Lebensraum vo rkommen . D o c h s ind die Lebenss t ä t t en ,
welche sie dar in bewohnen wegen der starken ö k o l o g i s c h e n D i f f e r e n -
z ierung beider durchaus v e r s c h i e d e n » . —
T i r o l : H e r r H . P S E N N E R (Innsbruck) teilte m i r f reundl icher -
weise bezüg l . des Nebeneinanders von G a r t e n s c h l ä f e r und Haselmaus
unter dem 16. V . 1962 folgendes mi t :
«Am Ahrenberg bei Innsbruck ist der Sieben- und Gartenschläfer oft häufig
in den Nistkästen. Deutlich bevorzugt der Siebenschläfer den sonnigen Hang
mit Laubwald, der Gartenschläfer hingegen den Nadelwald. Am Fusse des
Bergrückens ist die Haselmaus nicht gerade selten im Brombeergebüsch . . »
(nur ein Fund im Nistkasten im Gartenschläfergebiet). «Häufig ist die Hasel-
maus im dichten Gestrüpp des Innufers zwischen Zirl und Innsbruck. Daneben
ziehen sich . . schmale Wiesen hin und über der gleichlaufenden Autostrasse
erhebt sich ein Föhrenwald . . Dort habe ich nun neben der Haselmaus auch
Nester vom Gartenschläfer gefunden . . ».
P. h ä l t aber die Haselmaus hier f ü r domin ie rend und vermutet, dass
der G a r t e n s c h l ä f e r nur durch N a h r u n g s f ü l l e (Heuschrecken) veran-
lasst w i r d , die Wiesen und die Randgebiete ze i twe i l ig aufzusuchen. —
S c h w e i z : Fü r die Schweiz gibt es nur wenige Hinwe i se auf das
eventl. Nebeneinander der Ar t en am gleichen Platz . M I L L E R f ü h r t 1912
den G a r t e n s c h l ä f e r f ü r St. G a l l e n i n e inem Exemplar , f ü r Untervatz
( G r a u b ü n d e n ) i n 9 und f ü r V u l p e r a Tarasp (Nationalpark) i n zwei
Exempla ren an, w ä h r e n d er die Hase lmaus nur f ü r z w e i P lä tze von
St. G a l l e n und f ü r V u l p e r a Tarasp nennt. Der Kan ton St. G a l l e n ist
indessen so gross und vielsei t ig, dass diese Angaben nicht zur Beant-
wortung unserer Fragen beitragen. — In neuester Zeit ist jedoch der
Nat iona lpark i m Engadin auch auf K l e i n s ä u g e r h i n untersucht worden
( D O T T R E N S 1962), und es wurde unter den rund 500 von 1933 bis
1960 gefangenen K l e i n s ä u g e r n auch 50 G a r t e n s c h l ä f e r (und z w e i B a u m -
sch lä fe r ) gefangen. Der G a r t e n s c h l ä f e r stammt v o n der l i n k e n Innseite
(Guarda) aus 1450 und 1675 m H ö h e . V o n der Umgegend des Schlosses
Tarasp (1400 — 1500 m) und von der Laisch A l p e (1800 m) l iegen nur
m ü n d l i c h e Berichte vor. F ü r Tarasp (und das Untere Engadin) wurde
dem Bearbeiter jedoch auch die Haselmaus als beobachtet gemeldet. —
243
Überb l i ck t m a n diese Nachr ich ten , dann w i r d es deut l ich, dass bei
a l len drei S c h l ä f e r a r t e n , die w i r hier betrachten, weder von e inem
Nebeneinanderleben i m engeren Sinne noch von e inem echten V i k a r i -
ieren die Rede sein kann . Es bestehen bei a l len drei A r t e n deut l ich
abweichende B i o t o p a n s p r ü c h e , und nur i n manchen Gebieten und an
manchen P l ä t z e n gibt es Ü b e r s c h n e i d u n g e n : i m Zusammenhang mi t
dem Nahrungsangebot vie l le icht gelegentlich be im Sieben- und Garten-
s c h l ä f e r (Obstbaugebiete), und m a n c h m a l auch i n der Waldrandzone
zwischen N a d e l w a l d und G e b ü s c h i m W o h n - ( H ö h l e n und Spalten)
und Nahrungs raum (Erdboden) bei G a r t e n s c h l ä f e r u n d Haselmaus.
M a n kann allerdings annehmen, dass bei e inem solchen Zusammen-
treffen einer der grossen Ar t en mi t der Haselmaus e in V e r d r ä n -
g e n der s c h w ä c h e r e n A r t die Folge sein w i r d , jedenfal ls an bes t imm-
ten — n a h r u n g s ö k o l o g i s c h g ü n s t i g e n — P lä t zen , W o h n h ö h l e n usw. —
Jedenfal ls berichtet L Ö H R L (1962 i n litt.) z u m Beisp ie l : «Wi r haben
den Eindruck, dass i n Gebieten, w o der S i e b e n s c h l ä f e r fehlt , und
zwar re in ö r t l i ch — teilweise auch durch unsere B e k ä m p f u n g s m a s s -
nahmen, — die H a s e l m ä u s e i n den N i s t h ö h l e n z u n e h m e n » . — Das
gleiche w i r d — umgekehrt — sicher i n noch s t ä r k e r e m Masse be im
Zusammentref fen von G a r t e n s c h l ä f e r und Haselmaus zutreffen, wenn
die s t ä r k e r e A r t p lö tz l i ch i n g rös se re r Z a h l erscheint. Dies mag auch
gebietsweise i n Liechtenstein der F a l l sein. —
Dass die Mögl ichke i t eines Nebeneinanderlebens i m weiteren Sinne,
d. h. i n e inem g rös se r en Bezi rk von z w e i oder sogar drei S c h l ä f e r a r t e n
durchaus gegeben sein kann , zeigt nicht nur das oben e r w ä h n t e
Beispiel von Wiesbaden, sondern auch das Auf t re ten des B a u m -
s c h l ä f e r s (Dryomys nitedula), der sich z u m Beispie l bei V u l p e r a
Tarasp noch z u m G a r t e n s c h l ä f e r und zu der Haselmaus gesellt. Tat-
säch l i ch gibt es sogar e in Gebiet i n Deutschland, i n dem al le v ier
S c h l ä f e r a r t e n , w e n n nicht dicht nebeneinander, so doch i m weiteren
Umkre i s vo rkommen . Es ist das Luisenburg- , Schauerberg- und Kös-
seinegebiet i m Fichtelgebirge ( H ä u f i g k e i t der 4 S c h l ä f e r etwa wie
88 : 5 : 2 : 17 f ü r G a r t e n s c h l ä f e r , S i e b e n s c h l ä f e r , B a u m s c h l ä f e r und
Haselmaus, nach W . A L B R E C H T 1955/57. — Die interessante Frage,
ob der B a u m s c h l ä f e r vie l le icht auch i n Liechtenstein z u erwarten sei
(da er ja doch i n G r a u b ü n d e n , i m Nat iona lpark , vorkommt) , muss
aber verneint werden. Der B a u m s c h l ä f e r ist e in ganz o s t e u r o p ä i s c h e s
244
Faunenelement, dessen a m weitesten nach Westen ragende Verb re i -
tungsspitzen die beiden, eben e r w ä h n t e n Gebiete s ind : das Obere
Engadin u n d das Fichtelgebirge. Beide Gebiete s ind als Enden zweier
Vormarschwege gekennzeichnet: M i t dem Engad in ist die Grenze des
Stromgebietes der D o n a u i n dieser Richtung erreicht, die den e in-
wandernden K l e i n s ä u g e r n als Strasse diente, u n d mi t dem B ö h m e r
(und Bayrischen) W a l d und Fichtelgebirge endete auch — aus unbe-
kannten G r ü n d e n — der W e g (über die Karpa then und Waldgebirge
n ö r d l i c h der b ö h m i s c h e n Senke), den auch andere, o s t e u r o p ä i s c h e
W a l d - bezw. Waldsteppenbewohner unter den S ä u g e t i e r e n nach der
letzten Vereisung beschritten: das Sibir ische Reh (v. L E H M A N N 1960a),
die Bi rkenmaus ( K A H M A N N & W A C H T E N D O R F 1951) und die s ü d -
l iche Flachlandrasse der R ö t e l m a u s (Clethrionomys glareolus istericus
M I L L E R 1909), wobei die zuletzt Genannte von S ü d e n her, i m Donau-
gebiet, vordrang. — (Abbi ldung des G a r t e n s c h l ä f e r s : siehe be im
Dachs, S. 314).
Familie: Wühlmäuse — Arvicolidae, Gray 1821
Die W ü h l m ä u s e wurden bisher meist als U n t e r f a m i l i e (Microtinae)
bei den M ä u s e n (Muridaej untergebracht; sie sol len hier aber, nach
J A N O S S Y 1961, als eigene F a m i l i e betrachtet werden. —
R ö t e 1 m a u s ( W a l d w ü h l m a u s ) — Clethrionomys glareolus helve-
ticus M I L L E R 1900
M a t e r i a l : 140 Exemplare (eigene Sammlung) als Bä lge (und
Schäde l ) und A l k o h o l s t ü c k e . Ausserdem einige Bälge der Zoolog.
Staatssammlung Vaduz .
F ä r b u n g : W i e i ch schon i n me inen f r ü h e r e n Mi t te i lungen (1954,
1955b) angab, ist die R ö t e l m a u s Liechtensteins i m ganzen dunke l und
durch die V e r s c h m ä l e r u n g der roten Schabracke grauer als die N o m i -
na t form des Nordens. Sie ist ausserdem auf der Unterseite nu r selten
rot ge tönt , w i e die Tiere i m N W des Festlandes, d. h . i m ausgesproche-
nen atlantischen K l i m a b e r e i c h (v. L E H M A N N 1955 b, 1960 a, 1961a),
sondern i n der Farbe deut l ich eine A n g e h ö r i g e der « n a g e n ' - G r u p p e •,
d. h. der d ü s t e r e n , grossen Bergform, die K . Z I M M E R M A N N (1951) als
Eiszei trel ikt betrachtet. A m besten ist die F ä r b u n g der Schweizer ischen
245
R ö t e l m a u s bei v. B U R G (1923) angegeben: «Oberse i t e dunkelrot . das
Rot an der breitesten Stelle etwa 2,5 c m breit, also keineswegs den
R ü c k e n ganz bedeckend. F l anken selten graurot, g e w ö h n l i c h grau-
schwarz, deut l ich verschieden v o m R ü c k e n ; Bauch weiss bis rostrot
ü b e r f l o g e n ; letztere F ä r b u n g selten u n d k a u m wahrnehmbar . . . » —
In den o. a. V e r ö f f e n t l i c h u n g e n habe i ch auch den Zusammenhang
zwischen Haar fa rbe und U m w e l t i m H i n b l i c k auf die R ö t e l m a u s er-
w ä h n t . Ich konnte die vorher von K . Z I M M E R M A N N (1951) g e ä u s s e r t e
Auf fassung bes t ä t igen und sagen, dass der Haar fa rbe unserer K l e i n -
s ä u g e r «kein Selektionswert beizumessen ist». Es w a r bei der Röte l -
maus n ä m l i c h of fens icht l ich , dass die dunkle Farbe der Hochgebirgs-
fo rmen (nageri), also der kal ten Kl imabere iche weder e inen kryp t i -
schen Anpassungswert bei relativ langer Schneedauer, noch einen
Vor te i l i m W ä r m e h a u s h a l t , vergl ichen mi t den « w i n t e r w e i s s e n » Säu-
gern (isolierende L u f t k a m m e r i m Haarmark) , geben kann . Ich habe
aber andererseits jetzt weiter oben bei den Insektenfressern auch mehr-
fach darauf h inweisen k ö n n e n , dass die K l e i n s ä u g e r der kal ten Kl ima te
die Ne igung zeigen, dunklere Farben z u entwickeln , dass auch das
Win te rk l e id bei S p i t z m ä u s e n — w e n n es ausgebildet wurde — stets
dunkler ist als das Sommerk le id (zumindest die Oberseite), dass also
hier eine Vermehrung des dunklen Pigmentes als K ä l t e s c h u t z oder
K ä l t e r e a k t i o n der Haut anzusehen ist*). Diese K ä l t e r e a k t i o n ist seit
langem bekannt (dunkle K ü h l h a u s m ä u s e ; rasierte hel le Hauts te l len
bei K a n i n c h e n werden durch K ä l t e e i n w i r k u n g dunke l u. a. m.), u n d i n
der neuen Formul i e rung der G L O G E R ' s c h e n Regel heisst es, dass
« . . . durch niedere Temperatur z u n ä c h s t eine V e r m i n d e r u n g der
Phaeomelanine (rotbraun), bei e rhebl ich h ö h e r e n K ä l t e e x t r e m e n da-
gegen erst die Eumelan ine (schwarzbraun) eine E i n s c h r ä n k u n g e r le ide t»
( T O L D T , 1935 p. 132). T O L D T schreibt dazu weiter: « D a d u r c h w i r d
z B. die a u f f ä l l i g e Erscheinung e rk l ä r l i ch , dass. w ä h r e n d i m kal ten
*) Nach Abschluss des Manuskriptes veröffentlichten F. ANDERS und Mit-
arbeiter (Zool. Anzeiger, 26. Supplementband, 1963, pp. 97 — 118) die Er-
gebnisse ihrer Versuchsreihen mit Zahnkarpfen und Drosophila, aus denen
eindeutig hervorgeht, dass bei diesen Tieren der Anstieg des Aminosäure-
spiegels, der einerseits u. a. durch niedere Temperatur und ultraviolettes
Licht hervorgerufen wird, das Körperwachstum und die Pigment- und Pig-
mentzellenbildung beschleunigt. Die Verfasser glauben mit diesem Phäno-
men eine allgemeine Gesetzlichkeit gefunden zu haben. —
246
K l i m a das Weiss vorherrscht bezw. manche Tiere i m Win te r weiss
werden, andere dagegen dunkler oder mehr grau s ind als i m S o m m e r » .
(1. c ) . Es liegt also eine gewisse A b s t u f u n g v o m Sommerk le id ü b e r
eine Verdunke lung bis z u grau und schl iessl ich weiss vor. Daher ken-
nen w i r neben der dunk len westalpinen R ö t e l m a u s (nagen-Gruppe)
auch die aufgehellte P o l a r r ö t e l m a u s . Das bedeutet aber, dass der
Kä l t e schu tz als physiologische Anpassung gleichermassen von den
g e n e t i s c h e n M ö g l i c h k e i t e n und den U m w e l t b e d i n -
g u n g e n a b h ä n g t . Wiewe i t i m Laufe der Phylogenese dann eine
Auslese erfolgt, h ä n g t e inzig und a l l e in von dem Selektionsdruck ab,
also davon, ob die dunkleren (resp. winterweissen) den anderen gegen-
ü b e r t a t s ä c h l i c h i m Vor te i l s ind. Ich habe dieses P rob l em i m Zusam-
menhang mit der Anre iche rung mi t Phaeomelan in ( = R o t f ä r b u n g )
e rö r t e r t u n d k a m i n diesem Fal le zu der gleichen Auf fassung , w ie sie
v. W A H L E R T formul ie r t hat, und wonach diese physiologische A n -
passung « m o d i f i k a t o r i s c h e , n i c h t d i r e k t s e l e k t i o n s g e -
s t e u e r t e Prozesse» s ind (v. L E H M A N N 1963 a). Bei der K ä l t e r e a k -
t ion s ind die a u s l ö s e n d e n K r ä f t e al lerdings s t ä r k e r als bei den rotge-
t ö n t e n Tieren der feucht -warmen Gebiete, so dass m a n i n unserem
Fal le hier eine Selektion, also auch auslesende K r ä f t e annehmen kann .
Dabe i s ind die genetischen M ö g l i c h k e i t e n u n d Wege, die die e inzelnen
Tiergruppen be im Kä l t e schu tz beschreiten konnten, verschieden, manch-
m a l auch bei ganz nahestehenden Formen (wie z. B . bei den Röte l -
m ä u s e n ) . —
Die S e i t e n d r ü s e n f e l d e r , auf die i ch 1962 a u s f ü h r l i c h eingegangen
b in (1962 b), heben sich bei den cfo" der Liechtenstein-Populat ion
deutl ich v o m ü b r i g e n Fe l l ab. —
M a s s e : M I L L E R (1912) stellt bei seiner Diagnose dieser Unterart
heraus, dass sie i n t e r m e d i ä r zwischen Clethrionomys glareolus gla-
reolus und glareolus nageri steht, und i c h habe bereits K ö r p e r - und
S c h ä d e l a b m e s s u n g e n einer A u f s a m m l u n g aus verschiedenen H ö h e n -
lagen Liechtensteins 1954 und 1955 v e r ö f f e n t l i c h t . Danach ist die L iech -
tenstein-Population k ö r p e r - und schäde lg ros s , so dass sie i n die V a r i a -
tionsbreite von g. nageri h ineinreicht . Sie ist jedoch absolut u n d relativ
k u r z s c h w ä n z i g und unterscheidet sich dadurch deut l ich von der 55p.
nageri, die mi t i h r em langen Schwanz e in klassisches Kennze ichen
der Hochgebi rgsformen zeigt.
247
K . Z I M M E R M A N N hat 1951 auf den Widerspruch hingewiesen,
wonach polare Säuge r nur kurze K ö r p e r a n h ä n g e wegen der Käl te aus-
bi lden ( A L L E N ' s c h e Regel), andererseits aber die hochalpine Röte l -
maus einen extrem langen Schwanz hat. — Be i nageri, dem «Riesen
unter den R ö t e l m ä u s e n » (nach v. B U R G ) ist der relat iv lange Schwanz
mi t dem positiv a l lometr ischen Wachs tum, dem bestimmte Körpe r t e i l e
bei G r ö s s e n z u n a h m e unterliegen, leicht z u e r k l ä r e n (s. auch A l p e n -
spitzmaus, Sorex minutus becki u. a., cf. R E N S C H 1947), bei den sub-
arktisch und arkt isch verbreiteten S ä u g e r n s ind aber die e x t r e m e n
Umwel tbed ingungen die entscheidenden, formenden K r ä f t e bei der
Anpassung gewesen, wie es z. B. auch die k u r z s c h w ä n z i g e P o l a r r ö t e l -
maus demonstriert.
Ich habe m i c h i n einer s p ä t e r e n Mi t te i lung , i m Anschluss an die
Exkurs ion von 1956 (die leider erst 1962 erschien) noch insbesondere
mit der S c h w a n z l ä n g e der S i lumer R ö t e l m a u s - P o p u l a t i o n b e s c h ä f t i g t
und festgestellt, dass diese Tiere (und die der Umgegend) mi t 4 5 %
der K + R-Länge k u r z s c h w ä n z i g e r s ind als die N o m i n a t f o r m des N o r -
dens (bei der i c h z . B . i n der V o r e i f e l bei 170 jungerwachsenen 0*0?
4 7 % , bei 154 99 47,8%, bei 146 alten cfC? 4 5 % u n d bei 104 alten
99 48,5 % ermittelte, cf. v. L E H M A N N 1956 a) und u n g e f ä h r den
V e r h ä l t n i s s e n entsprachen, die M I L L E R (1912) f ü r g. helveticus a n f ü h r t .
Dass aber gerade die S c h w a n z l ä n g e nicht nu r innerha lb einer Popu-
la t ion stark var i ieren kann , sondern bei einer Mischrasse, wie sie hel-
veticus darstellt, besonders grossen Schwankungen unterliegt, zeigt die
nachfolgende G e g e n ü b e r s t e l l u n g mi t 15 alten R ö t e l m ä u s e n , die w i r i m
J u n i 1962 i m Saminatal , also an der ö s t l i chen Bergseite, etwa i n der
gleichen H ö h e wie i n S i l u m , f ingen.
Herkunft n Min. CB Max. Min. K+R Max. Min. Schw. Max. "Ii p <S 9 $
Saminatal 15 23 24,3 26,1 102 107 117 43 52,4 60 49 48,7 49,5
Silum 13 23,1 24 25,2 100 107 115 38 46,8 52 43,7 38,5 44,2
Bern.: Es waren nur 8 bezw. 10 messbare Schädel vorhanden. Man beachte
die Maximallänge von 26,1 mm im Saminatal !
M a n ersieht daraus, dass bei der gleichen K ö r p e r l ä n g e die N a c h -
barpopulat ion ganz abweichende Schwanzmasse haben kann . Dies
kann ein weiterer H i n w e i s auf die mehr homogene u n d der Hochge-
birgsrasse nageri angeglichene Beschaffenhei t der Sippe dieses H o c h -
248
Abb. 16
Rötelmaus mit Atheromen
(Grützbeutel)
tales sein, g e g e n ü b e r den Tieren der Rheinseite, die durch g rösse re
V a r i a b i l i t ä t (auch der Farbe, cf. v. L E H M A N N 1957/62), ausgezeich-
net s ind und damit einen s t ä r k e r e n Einf luss durch Einwandere r
aus der Ebene erkennen lassen. — Bemerkenswerterweise ist bei den
S c h w a n z l ä n g e n e in Geschlechtsdimorphismus zwar i n beiden Popu-
249
lat ionen feststellbar, i n der l a n g s c h w ä n z i g e n Sippe des Saminatales
ist er jedoch wesentl ich geringer. —
W i r f ingen die R ö t e l m a u s i n a l len Busch- und B a u m b e s t ä n d e n , von
den A u w ä l d e r n und dem Eschner Berg bis zur oberen Baumgrenze i m
Gebirge. In den k le inen W a l d s t ü c k e n und Baumkul i s sen der w a r m -
trockenen Rhe inau tritt sie al lerdings deut l ich z u r ü c k , so dass w i r sie
in den letzten Jahren i m Rhein ta l nur noch i n dem feuchten A u w a l d -
streifen f ingen. —
For tpf lanzungsbiologisch ist eine Beobachtung interessant, die ich
gelegentlich auch bei S p i t z m ä u s e n machen konnte: A m 23. J u n i 1962
f ingen w i r i m Saminata l eine gravide R ö t e l m a u s , deren vier K e i m -
blasen etwa apfelkerngross waren . Z w e i dieser Ke imblasen waren so
fest mi te inander verbunden, dass sie w ie eine Einhei t wi rk ten , von
der s ich e in T e i l a b z u s c h n ü r e n beginnt. Da es bei mul t ipa ren S ä u g e r n
auch (ausser bei manchen G ü r t e l t i e r e n , wo es die Regel ist) eineiige
Zwi l l i gnge gibt (D. S T A R C K m ü n d l . Mit t . ) , hiel t i ch dieses Gebi lde
f ü r das Ergebnis einer solchen Kernte i lung. Die mikroskopische A u f -
nahme ( A b b . 1 5 ) , f ü r die i ch dem Zoolog. Institut der U n i v e r s i t ä t
Köln nochmals he rz l i ch danke, zeigt jedoch i n der g rö s se r en Blase
einen völ l ig no rma l isolierten K e i m l i n g , umgeben von seinen E i h ä u t e n .
Die A u f n a h m e lässt auch die d i f ferenzierenden Furchungen und Te i -
lungen des Keiml inges gut erkennen, u n d die w ie eine M ü t z e daran
geheftete kleinere Blase ist nur als das Ergebnis eines z u dicht daneben
implant ier ten anderen Keimes anzusehen, dessen vö l l ige Absorb t ion
sicher zu erwarten ist. —
Z u m Abschluss sei noch ein m e r k w ü r d i g e r Fang e r w ä h n t : A m 18.
J u l i 1961 f ingen w i r unterhalb Masescha eine m ä n n l i c h e R ö t e l m a u s ,
die m e r k w ü r d i g e , z u m T e i l symmetr isch angeordnete Beulen oder Ge -
s c h w ü l s t e an der Bauchseite zeigte ( s. A b b . 1 6 ) . W i e die histo-
logische und histochemische Untersuchung i m Staatl. V e t e r i n ä r u n t e i -
suchungsamt Bonn ergab (ich danke H e r r n Dr . S C H U L T E nochmals
herz l ich f ü r alle M ü h e !), handelt es sich nicht u m v e r ä n d e r t e L y m p h -
gefässe (wie i ch vermutete) sondern u m Atherome, also sog. «Grü tz -
beu te l» , da die innere Ausk le idung der «zys t ena r t i gen Auf t re ibungen
aus e inem mehrschicht igen Plattenepithel bes t eh t» . (Befundmit te i lung
T O N r . 143 v o m 29. I. und 8. III. 1963). Das T ie r hatte mi t 20 g das
normale Gewicht . —
250
A l p e n - S c h e r m a u s (In den Westalpen: Schär , Scharrmaus,
Stossmaus, Erdwol f , Raubmaus) — Arvicola terrestris exitus
M I L L E R 1910
M a t e r i a l : 9 Bälge ( - Schäde l ) , 6 Schäde l , 2 G e w ö l l - M a n d i b e l
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : 38 Bälge ( + Schäde l ) aus Interlaken
(Schweiz)
F ä r b u n g : M I L L E R , der diese Unterart i n St. G a l l e n aufstellte,
beschreibt die Farbe dieser Schermaus hel ler und gelblicher, als es die
meisten m i r bekannten Tiere aus Liechtenstein sind. N u r e in Stück der
in Bonn vorhandenen Balgserie ist so gelbl ichgrau auf der Oberseite
und sandfarben an den Flanken, w ie M I L L E R seine typischen A l p e n -
S c h e r m ä u s e schildert, und wie i ch auch 1953 die ersten Tiere i n V a d u z
vor fand . Dieses Stück, das bereits 1954 u n d 1955 von m i r v e r ö f f e n t -
licht wurde, hat auch den he l l behaarten Schwanz und die blassen
Füsse . wie sie 1912 v o m Erstbeschreiber angegeben werden. E i n junges
Cf, das 1956 gesammelt wurde ist mehr staubgrau ( J u g e n d f ä r b u n g ) ,
hat aber einen dunk len Schwanz. A l l e ü b r i g e n , z. Zt. vorl iegenden
Liechtenstein-Tiere die mi t einer Ausnahme aus der Rhe inau bei
Schaan stammen, s ind dunkler , mi t e inem ausgesprochen braunen Ton
auf dem R ü c k e n und an den Seiten (Sayal B r o w n bis Snuff B r o w n mi t
schwarzer Verdunke lung vor a l l e m an der Schwanzwurze l ) und haben
einen dunklen , nur i n manchen F ä l l e n auf der Unterseite he l len
Schwanz. D ie Bauchseite ist weiss l ich , i n manchen Fä l l en rö t l i ch gelb
ü b e r h a u c h t bei stark durchscheinenden schiefergrauen Haarbasen. Die
Begrenzungsl inie ist i n manchen Fä l l en sehr scharf, i n anderen stark
verschwommen. Bemerkenswert ist die F ä r b u n g der F ü s s e : es gibt
dunkle , blasse und auch deut l ich gescheckte Fuss- bezw. H a n d r ü c k e n .
Das junge Tier aus Sükka (s. S. 211), das oberseits besonders dunkel-
braun ist, f i e l m i r b e i m Fang sofort dadurch auf, dass es tief dunkle ,
fast schwarze H a n d r ü c k e n und weisse H a n d f l ä c h e n hat.
D ie 38 Bälge aus Interlaken s ind z u m T e i l ebenfalls ausgesprochen
braun, z u m T e i l aber auch i n der Grundfa rbe «l ight ye l l owi sh b r o w n » ,
wie M I L L E R seine Unterart charakterisiert .
D a m i t ergibt s ich eine gewisse «Zweiphas igke i t» bei diesen W ü h l -
ratten, w ie sie ä h n l i c h schon bei der Langohrf ledermaus besprochen
wurde. Handel t es sich jedoch bei den F l e d e r m ä u s e n u m die F a r b t ö n e
251
grau und braun, so kann m a n sie hier bei Arvicola eher als graugelb
und braun bezeichnen. Es liegt nahe, nach den G r ü n d e n z u suchen,
die die Tatsache e r k l ä r e n , dass M I L L E R of fenbar nur hel le Tiere
kannte, w ä h r e n d i n Liechtenstein auch braune i n grosser Z a h l vor-
kommen . Die Serien, die M I L L E R (1912) aus der Schweiz vorlagen,
kamen h a u p t s ä c h l i c h aus: Genf , dem Waadt land , Freiburg, dem
Thurgau, der Umgegend von W i l u n d St. G a l l e n ( = 44 Exemplare) ,
das s ind aber alles Gebiete mi t relat iv geringen N i e d e r s c h l ä g e n (700 —
1200 m m . Siehe Regenkarte H . B R O C K M A N N - J E R O S C H 1923), w ä h -
rend nur 12 Tiere aus Gebieten kamen, deren Regenmengen etwa
denen von Liechtenstein entsprechen (Meir ingen, V i t z n a u u n d Mels
(St. Gal len) , etwa 1200 — 1600 mm) . M a n kann daher annehmen, dass
also auch i n diesem Fal le die dunklere, braune H a a r t ö n u n g durch die
gesteigerte Feuchtigkeit (und geringere Temperatur ?) des Lebensrau-
mes ausge lös t w i r d , w i e es schon bei einigen anderen S ä u g e r n deut-
l i c h wurde (s. o.). Es handelt s ich hier also u m keine echten « P h a s e n » ,
die meist u m w e l t u n a b h ä n g i g s ind und keine U b e r g ä n g e zeigen (v. L E H -
M A N N 1962 b), sondern wieder u m jene eigenartigen physiologischen
Prozesse, die vie l le icht nicht direkt selektionsgesteuert s ind, und denen
verschiedene Säuge t i e r e dieses Gebietes unterl iegen (vergl. S. 247).
M a s s e : Die Tabel le zeigt die Abmessungen der for tpf lanzungs-
f ä h i g e n Tiere (einschliesslich der schon 1954 und 1955 v e r ö f f e n t l i c h t e n ) .
Datum sex K + R Schw. Hf- Ohr Gew. CB Zyg. Bemerkung
23. V. 53 <3 159 68 25 12 101 g 32,9 22,4
23. V. 53 9 144 72 25 11 32,7 20,7
26. VIII. 56 6 148 57 23 12 81 g 30,7 20,3
27. VIII. 56 9 140 66 22 12 74 g 30.5 20 säugend !
27. VIII 56 9 140 62 22 12,5 85,5 g 31,1 20,8
23. VIII. 61 9 159 76 24,5 13 92 g 33,5 22,8 säugend !
22. VIII. 62 9 152 67 24 13 88 g 32,5 21 säugend !
0 149 67 23,6 12,2 86,9 g 32 21
(= 45%)
Typenserie (n = 8)
nach MILLER (1912) 146,6 62,7 23,7 32,4-35") 20,4-21,6
*) Vermutlich andere Messmethode (einschl. Schneidezahn ?)
M a n ersieht daraus eine gute Ü b e r e i n s t i m m u n g der Liechtenstein-
Tiere mi t den typischen A l p e n - S c h e r m ä u s e n i n den «konse rva t i ven»
Körpe r - und Schäde l t e i l en , w ä h r e n d die mehr von der U m w e l t m o d i -
252
f iz ie rbaren G r ö s s e n nicht u n b e t r ä c h t l i c h h ö h e r l iegen (Körper - und
S c h w a n z l ä n g e ) , wie ich schon 1954 u n d 1955 feststellen konnte. D a m i t
n ä h e r t s ich diese Schermaus des Rheintales etwas der Unterart t. scher-
man, die als Bergform i n Mi t t e l - u n d S ü d d e u t s c h l a n d bis z u m Boden-
see lebt, u n d die MÜLLER-BÖHME (1936) gerade auf G r u n d seiner
Befunde v o m Bodensee und der Schweiz a l l e in gelten lässt , u n d zu der
er exitus als Synonym stellt. T a t s ä c h l i c h stellt scherman w o h l eine
M i s c h - oder Ubergangsrasse dar zwischen der, of t re in aquatisch le-
benden Niederungsrasse /. terrestris ( «Wasse r r a t t e» ) u n d der re in un -
terirdisch i m trockenen K u l t u r l a n d lebenden Bergrasse exitus. D e n n
ich konnte z u m Beispie l i n der V o r e i f e l a m Rande der K ö l n e r Bucht,
also i m Siedlungsgebiet der Unterart scherman, beide, d. h . f ü r beide
Ex t remformen bezeichnenden, Lebensformen feststellen: Es gab Tiere,
die fe rn v o m Wasser i m trockenen K u l t u r l a n d lebten u n d i n den Obst-
baugebieten durch Wurze l f rass bedeutenden Schaden machten, und
andere Sippen, die i n S ü m p f e n u n d an Bachufe rn lebten u n d dort
oberirdische Tei le der S u m p f p f l a n z e n (Binsen) abnagten. Diese Tiere
f l ü c h t e t e n an k le inen T ü m p e l n (Bombentrichtern) bei S t ö r u n g e n auch
gelegentlich s c h w i m m e n d und s ind wahrsche in l i ch auch nur entlang
den W a l d b ä c h e n mitten i n den H o c h w a l d gelangt, w o sie dann auf
k le inen Wa ldwie sen die Pappelpf lanzungen stark s c h ä d i g t e n . Demge-
g e n ü b e r ist exitus als ausgesprochene T rocken fo rm i n Liechtenstein
nirgends a m Wasser oder i m Sumpfgebiet (z. B . i m Phragmitetum
zwischen Balzers und Triesen, a m G a m p r i n e r Seeli , i m Ä s c h e r oder an
den K a n a l u f e r n i n der Rhe inau und i m Ried) anzutreffen. Diese rela-
tiv k le inen Tiere mi t dem zur starken Prognathie entwickel ten W ü h l e r -
s c h ä d e l s ind — w e n n m a n h ier den A u s f ü h r u n g e n J A N E T S C H E K ' s
(1961) ü b e r die nacheiszeit l iche Wiederbes iedlung der Westalpen, vor
a l l em durch die Wirbe l losen , folgt — als F o r m der w a l d f r e i e n Tundren
und Steppen ve rmut l i ch i m Spä tg l az i a l bis z u m Vorborea l e ingewan-
dert. Sie wurden aber durch den n a c h r ü c k e n d e n W a l d i n die hochal -
pinen Grasheiden a b g e d r ä n g t (und erwarben i n diesen steinigen, f l ach-
g r ü n d i g e n L e b e n s s t ä t t e n ihre heutige Gestalt) und s ind erst spä te r ,
s e k u n d ä r , wieder i n das wa ld f re i e K u l t u r l a n d vorgedrungen. —
Zur Systematik der Alpen-Schermaus so l l z u m Abschluss nur noch
die kurze Stel lungnahme von H e r r n Dr . H . R E I C H S T E I N - K i e l ange-
f ü h r t werden (brief l . 20. 7. 1962), der eine zusammenfassende mono-
253
graphische Darstel lung des gesamten Formenkreises Arvicola vorbe-
reitet.
«Zur Auffassung von MÜLLER-BÖHME hinsichtlich der Einziehung von
A. t. exitus als eigene Unterart lässt sich folgendes sagen. Seiner Ansicht
ist ja zunächst einmal von PSCHORN-WALCHER widersprochen worden,
ein zweites Mal dann auch von STEIN, und zwar auf dem Säugetier-
symposion in Brünn 1960 (erscheint gedruckt wahrscheinlich noch in
diesem Jahr). STEIN hat dort in einem Referat über die Vertikalrassen euro-
päischer Säugetiere betont, dass A. t. exitus als gültige Unterart nomenklato-
rische Kennzeichnung verdient, da sie sich in ihrer Grössenvariabilität klar
von A. t. terrestris trennen liesse, nicht dagegen A. t. scherman. Diese Unter-
art stelle eine ausgesprochene Mischpopulation zwischen den genannten Sub-
spezies dar und sei daher von zweifelhaftem nomenklatorischem Wert. Inwie-
weit hier STEIN über das Ziel hinausgeschossen ist, werde ich zu klären
versuchen. Auf alle Fälle ist A. t. exitus als gültige Unterart aufrecht zu halten,
da sie sich in einer Reihe von Schädel- und Körpermerkmalen eindeutig von
A. t. terrestris unterscheiden lässt, obschon (entgegen den Angaben STEINS)
sich beide Unterarten in der Schädel- und Körpergrössenvariabilität überschnei-
den. Als durchgehendes Merkmal zur Kennzeichnung dieser Subspezies haben
nach meinen bisherigen Beobachtungen die starke Prognathie der Schneide-
zähne und der absolut und relativ kurze Schwanz zu gelten. Auch Proportions-
unterschiede am Schädel sind vorhanden, die für eine taxionomische Bewer-
tung Verwendung finden können». —
W e s t a l p i n e K l e i n w ü h l m a u s : (Untergrundmaus, Kurzoh r -
maus, K l e i n ä u g i g e W ü h l m a u s ) — Microtus (Pitymys) subterra-
neus incertoides W E T T S T E I N 1927
M a t e r i a l : 23 Bälge ( + Schäde l ) , 2 S c h ä d e l
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : Bayr. A l p e n (17), ssp. subterraneus:
Rhe in l and (21), Mit te ldeutschland (12), Montenegro (3)
W e r Gelegenheit hatte eine Pitymys nahestehende Microtine bezw.
Arvicolide Nordamer ikas zu untersuchen (z. B. Pedomys ochrogaster,
M u s e u m A . Koenig-Bonn, N r . 55.67), w i r d H A L L & K E L S O N (1959)
zust immen, dass es wegen der Ü b e r e i n s t i m m u n g e n i m S c h ä d e l b a u
z w e c k m ä s s i g ist, diese Gattungen (Herpetomys, Orthriomys, Aulaco-
mys, Chilotus, Stenocranius, Pitymys, Pedomys) nu r als Sub-Genera
(Untergattungen) zu Microtus z u stellen. Z w a r unterscheidet sich Pity-
mys i n N o r d a m e r i k a i m m e r durch seine weichere, wol l ige Haarstruk-
tur (cf. H A L L & K E L S O N p. 749), dieses Kennze ichen ist aber anderer-
seits wieder bei anderen Pz'rymys-Arten i n Europa wen ig a u s g e p r ä g t
254
(z. B . bei savii, insbesondere i n Laborzuchten — siehe Zuchttiere Dr .
H . W O L F - B o n n ) , so dass der Status einer eigenen Gat tung innerha lb
des Formenkreises nicht mehr berechtigt erscheint. —
Die Bälge aus Liechtenstein s ind k ü r z l i c h von H e r r n cand. rer. nat.
J . N I E T H A M M E R i m Zusammenhang mi t seiner K l e i n a l m - A r b e i t
(1960b) untersucht worden, u n d er konnte dabei feststellen, dass sie
i n der Farbe dunkler und auch i m H a a r l ä n g e r s ind als die Tiere
des Rheinlandes (Nomina t fo rm) . A u f meinen W u n s c h vermass H e r r
N I E T H A M M E R auch f reundl icherweise die N a s a l i a der Schäde l und
konnte andererseits keine Ü b e r e i n s t i m m u n g mi t den breiten Nasen-
beinen der Vertreter der Unterart kupelwieseri f inden , die i n den Ost-
a lpen lebt und ebenfalls dunke l u n d langhaar ig ist. D a m i t stellt
s ich die Liechtenstein-Populat ion einerseits als Hochgebi rgs form vor
(dunkel, langhaarig, wahrsche in l i ch auch etwas l ä n g e r i m Schäde l und
Hinter fuss — vergl . die Masse v. L E H M A N N 1955, 1954 u n d 1957/62
(K + R 0 94,5, M a x . 100 m m , H f . 0 14,2, M a x . 15 m m , Schw. 0 28,7,
M a x . 35 m m , C B 0 22, M a x . 23 mm) — als die Tiere i m N W des
Verbreitungsgebietes), sie s t immt aber andererseits auch nicht mi t den
ostalpinen K l e i n w ü h l m ä u s e n ü b e r e i n , w ie sie z u m Beispie l k ü r z l i c h
von den Niederen Tauern beschrieben w u r d e n (J. N I E T H A M M E R
1960 b). M a n k a n n jedoch bei den morphologisch ansich wen ig
di f ferenzier ten Gruppen dieses Rassenkreises (der andererseits aber
benachbarte Popula t ionen hervorbr ingen kann , die i n manchen Merk -
malen deutl ich verschieden s ind und die diese M e r k m a l e (Schäde l -
und K ö r p e r m a s s e usw.) auch noch i n der Saison und i n e inzelnen
Jahren v e r ä n d e r n k ö n n e n !), wen ig taxonomisch fassbare Kennze ichen
f inden, die m a n z u m K r i t e r i u m einer Unterart machen k ö n n t e . M i t
Recht schreibt daher W . W A S I L E W S K I (1960) bei der Zusammen-
fassung seiner monographischen Bearbei tung der U n t e r g r u n d m ä u s e
des Poln ischen Nat ionalparkes i n B i a l o w i e z a (weit ü b e r 800 E x e m -
plare !) «die grosse V a r i a b i l i t ä t der Masswerte und der F ä r b u n g , die
saisonale V a r i a b i l i t ä t und die V a r i a b i l i t ä t i n den e inzelnen Jahren
stellen die heute bestehenden Kr i t e r i en ü b e r A r t u n d Unterart i n F rage» .
Ich habe daher auch bisher nicht nur die U n t e r g r u n d m ä u s e aus
Liechtenstein, sondern sogar die aus Montenegro (v. L E H M A N N 1959)
zur N o m i n a t f o r m (Terra typica Belg ien !) gerechnet, nicht etwa, w e i l
ich ü b e r z e u g t davon war, dass s ich diese wen ig bewegl ichen Tiere i n
255
dem grossen Verbre i tungsraum gar nicht v e r ä n d e r t haben, sondern
we i l bei einer re in deskript iven Methode keine Unterschiede festzu-
stellen waren. N a c h den oben e r w ä h n t e n morphologischen A b w e i -
chungen der Liechtenstein-Tiere (von denen ausserhalb der A l p e n i n
N W - E u r o p a u n d den ostalpinen Vertretern andererseits) w i r d es jetzt
jedoch r icht ig sein, die westalpine F o r m als besondere Unterart auf-
zufassen; umso mehr als die U m w e l t a n s p r ü c h e ( im wei teren Sinne)
der beiden w e s t e u r o p ä i s c h e n G r u p p e n of fenbar verschieden s ind.
E i n a u f f ä l l i g e r Unterschied zwischen den U n t e r g r u n d m ä u s e n i n
Liechtenstein und den Tieren i m n ö r d l i c h e n Rhe in l and (z. B . i n der
Voreife l ) besteht n ä m l i c h i n Bezug auf den Lebensraum. W i e i ch schon
1955 mit te i len konnte, geht die K l e i n w ü h l m a u s i m Rhe in l and auch in
die Ebene hinab und t r i f f t dort n a t ü r l i c h ü b e r a l l mi t der Feldmaus
zusammen. Z w a r bildet sie dort i m Lebensraum der Feldmaus abge-
sonderte Inseln (mit Reliktcharakter) , aber die Tatsache, dass sie i n
grossen Gebieten ein z i e m l i c h enges Mosa ik b i lden (cf. A L T N E R 1962,
J . N I E T H A M M E R 1960 a, Z A B E L 1962), steht doch i n au f fa l l en -
dem Gegensatz zu den V e r h ä l t n i s s e n i n Liechtenstein u n d ü b e r -
haupt i n den Westalpen. Schon S C H I N Z hat 1845 (Synopsis M a m m a -
l ium) die deutliche regionale Verbreitungsgrenze zwischen Pitymys
(die er bezeichnenderweise « S c h w ä r z l i c h e F e l d m a u s » nennt) und der
(alpinen) Feldmaus am Got thard geschildert, und k ü r z l i c h konnte
D O T T R E N S (1961) k l ä r e n , dass die a lpine Feldmaus (Microtus arvalis
rufescentefuscus S C H I N Z ) die t ieferen Lagen ( S C H I N Z : «Geht aber
nicht bis zu den obern S e n n h ü t t e n » ) , und die Untergrundmaus (dort:
5p. incertus) die Gip fe l r eg ion bewohnt. (Damit wurde ü b r i g e n s die
i r r t ü m l i c h e Auf fassung von M O T T A Z , 1907, i n diesem Fa l le r icht ig-
gestellt). Handel t es sich hier zwar u m eine andere Ptryray5-Art, so
hat v. W E T T S T E I N 1926 bei der A b h a n d l u n g seiner Pitymys incer-
toides (= M. (P.) subterraneus incertoides) i n T i r o l den gle ichen Sach-
verhalt beschrieben: D ie Feldmaus geht nur soweit h inauf , wie ü p p i g e
M ä h wiesen h inauf re ichen ; die Untergrundmaus « d a g e g e n beginnt erst
dort, wo erstere nach oben a u f h ö r t , ist also hocha lp in . . . » (1. c. p. 110).
Für den Schweizer Na t iona lpa rk k a n n D O T T R E N S 1962 ebenfalls
eine deutliche Gebie tsvikar ianz zwischen Untergrundmaus und Fe ld-
maus aus dem Sammelergebnis zeigen: Unter rund 500 K l e i n s ä u g e -
tieren waren 144 F e l d m ä u s e und keine Pitymys ! (Über ganz andere
256
V e r h ä l t n i s s e berichten jedoch H A N A K & M A Z A K 1962 aus den Kar -
pathen: dort wurden a m S ü d h a n g des V e l k y Rozsutec i n 1320 m H ö h e
F e l d m ä u s e und U n t e r g r u n d m ä u s e i n denselben K o l o n i e n gefangen !).
In Liechtenstein w i r d die Si tuat ion durch die Verbrei tungskarte
verdeutlicht ( K a r t e I I I ) . D ie Untergrundmaus kennen w i r dort
erst von S i l u m a u f w ä r t s , also ab etwa 1450 m . Z w a r haben w i r 1961
und 1962 an drei Stellen i n t ieferen Lagen (in Rotenboden, zwischen
Rotenboden und Frommenhaus u n d i n den E l lwiesen oberhalb Mä l s )
i m W i e s e n g e l ä n d e Baue gefunden, deren k le ine E i n s c h l u p f l ö c h e r den
Verdacht auf Pitymys weckten, i n ke inem Fal le ist uns aber e in N a c h -
weis gelungen. — W e n n m a n die Fundorte, die B A U M A N N (1949) f ü r
die Schweiz nennt, ansieht, dann k a n n m a n ebenfalls nur feststellen,
dass alle (mit der e inzigen A u s n a h m e : «Lausanne» ) P l ä t z e i n den ge-
nannten Kantonen nur i n grosser H ö h e liegen.
Die westalpine K l e i n w ü h l m a u s ist also eine ausgesprochene H o c h -
gebirgsform, und das gut z u kontrol l ierende B e r g s t u r z g e l ä n d e u m
Triesenberg (s. A b b . 2), das e in Hinabs te igen der U n t e r g r u n d m ä u s e
i n tiefere Lagen i n jeder Beziehung erleichtert (die konkurr ierende
Feldmaus steigt dort nicht ü b e r 700 m h inau f !), hat keine ver t ikale
Verschiebung der Verbreitungsgrenze bewirkt . —
A l s ä l t e s te r N a m e bot sich f ü r diese Unterart z u n ä c h s t fusca ( F A T I O
1900) an, nachdem M O T T A Z 1907 — 1913 lang u n d breit (aber w e n i g
ü b e r z e u g e n d ) auseinandergesetzt hatte, dass diese s c h w ä r z l i c h - g r a u e
W ü h l m a u s , die F A T I O aus Untervaz (nicht wei t v o n Chur) v o n nur
600 m H ö h e bekommen hatte, keine Erdmaus, wie der Erstbeschreiber
angegeben hatte (Arvicola agrestis fusca !), gewesen sein k ö n n e , son-
dern eine Pitymys. M O T T A Z ' B e w e i s f ü h r u n g ist indessen so f r a g w ü r -
dig, dass f ü r uns heute ke in G r u n d mehr vorhanden ist, dieses Tier
aus geringer H ö h e bei C h u r als etwas anderes anzusehen als das, was
F A T I O u r s p r ü n g l i c h annahm — n ä m l i c h eine Erdmaus ! Leider ist
der Typus, der — nach M O T T A Z — i n St. G a l l e n aufbewahr t wurde,
nicht mehr vorhanden (Herrn Museumslei ter Dr . SAX-S t . G a l l e n danke
ich f ü r die Feststellung u n d Mi t te i lung) ; es ist aber — nach a l l em —
auch sehr f rag l ich , ob M O T T A Z i h n ü b e r h a u p t je gesehen hat. I m
ü b r i g e n geht M O T T A Z bei seiner Argument ie rung davon aus, dass
fusca keine Erdmaus sein k ö n n e , w e i l F A T I O sie nicht mi t nigra ver-
gl ichen habe, und w e i l — vor a l len Dingen — Pitymys i n t ieferen
257
Lagen v o r k ä m e als Microtus, w i e er schon i m Fal le rufescentefuscus
nachgewiesen habe. W i r wissen heute, nach den Feststellungen von
Dr. D O T T R E N S (1962), dass M O T T A Z hier e inem v e r h ä n g n i s v o l l e n
Irr tum erlag, und damit f ä l l t auch seine daran g e k n ü p f t e Folgerung
betr. fusca! W e n n m a n die, sehr g e k ü n s t e l t e n , B e w e i s f ü h r u n g e n
M O T T A Z ' liest, hat m a n ü b e r h a u p t den fa ta len Eindruck , dass i h m
z u m Beispiel die charakterist ischen Gebissmerkmale bei Pitymys nicht
g e l ä u f i g waren. — Ich halte es daher f ü r das beste, die hochmontane
Unterart von Pitymys subterraneus i n den Westalpen mit der aus gros-
sen H ö h e n i n Nord t i ro l (Gschnitztal . 2000 m) beschriebenen ssp. incer-
toides zusammenzufassen, vor a l l em auch deshalb, w e i l He r r Prof.
v. W E T T S T E I N , der die Freundl ichkei t hatte, schon meine erste A u f -
sammlung aus Liechtenstein zu untersuchen, deutliche A n k l ä n g e an
incertoides feststellen konnte (cf. v. L E H M A N N 1954). — A b b . 17
zeigt eine K l e i n w ü h l m a u s aus Oberbayern .
Abb. 17 — Kleinwühlmaus (Foto Liselotte Dor fmül l e r -Laubmann)
Innerhalb ihres hochalp inen Lebensraumes ist die K l e i n w ü h l m a u s
aber durchaus eurytop, wie schon 1957/62 a u s f ü h r l i c h gezeigt werden
konnte.
258
Ü b e r die For tpf lanzungstermine Hess sich wen ig ermit teln. Im M a i
und J u n i fanden w i r ke in t r ä ch t i ge s oder s ä u g e n d e s da diese —
wenigen Tiere — aber auch bemerkenswert k l e i n waren, handelte es
sich vie l le icht u m nicht v o l l erwachsene und nicht reife 99> w i r d doch
f ü r Ostpolen z u m Beispiel eine durchgehende Vermehrung w ä h r e n d
des ganzen Winters angegeben ( W A S I L E W S K I 1960). D ie i m Sommer
gefangenen 99 hatten z w e i bis dre i Embryonen bezw. N a r b e n i m
Uterus.
Die Frage, ob Pitymys subterraneus aktive S e i t e n d r ü s e n entwickel t
(wie sie z. B . f ü r Pitymys majori aus dem Kaukasus beschrieben wur -
den, cf. v. L E H M A N N 1958 p. 15), kann nach dem vorl iegenden Mate-
r i a l nicht e n d g ü l t i g entschieden werden. Gewisse H inwe i se bestehen
i n Gestalt gelegentlich festzustellender, paarig angeordneter Pigment-
f lecken (oder Ringe) auf der Innenseite der Haut am hinteren R ü c k e n ,
wie i ch sie schon z u m Beispiel bei drei erwachsenen Tieren aus der
V o r e i f e l abbildete (v. L E H M A N N 1955 a, p. 13, A b b . 2, F ig . 6, 7, 9). —
S c h n e e m a u s — Microtus nivalis nivalis M A R T I N S 1842
M a t e r i a l : 9 Bälge ( + Schäde l )
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : Deutsche und Schweizer A l p e n (23)
F ä r b u ng : Das G r a u der Oberseite der Schneemaus genau z u be-
schreiben, scheitert an dem Mischef fekt der blassgelben, grauen, b r ä u n -
l ichen und s c h w ä r z l i c h e n Farben, die die Spitzen der Haare einneh-
men. Scheinen die dunk len Haarbasen mehr h indurch , oder ü b e r w i e g e n
die schwarzen Haarspi tzen, dann entsteht e in dunkler Farbton; ü b e r -
wiegen blassgelbe Abschnit te, dann w i r k e n die Bälge staub- oder stein-
grau und b i lden damit eine gute Anpassungsfarbe an die Felsen, i n
denen die Tiere leben. Eine ind iv idue l l e V a r i a t i o n ist ausserdem vor-
handen, so dass D O T T R E N S (1962) mi t Recht die Haar fa rbe dieser
W ü h l m a u s als ungeeignet f ü r systematische Ein te i lungen bezeichnet. —
A u f den au f fa l l end weiss behaarten Schwanz der Schneemaus wurde
i m Zusammenhang mi t der W i n t e r f ä r b u n g schon kurz eingegangen
( A b b . 1 8 ) , und i ch konnte 1959 auch auf eine analoge Erscheinung
bei der K l e i n w ü h l m a u s (Pitymys) i n wei t voneinander entfernten Sied-
l u n g s r ä u m e n (Rheinland und Griechenland) h inweisen (1. c. p. 7). Die
Tendenz die F ä r b u n g der Schwanzhaare schon weiter zu en twicke ln
259
Abb. 18 - Schneemaus (Foto Liselotte Laubmann-Dor fmül l e r )
als die Körpe robe r se i t e , ist zwar durchaus nicht r e g e l m ä s s i g zu beo-
bachten, K ä l t e r e a k t i o n e n ( S c h w ä r z u n g oder Aufhe l l ung ) und Schek-
kungen sind hier jedoch m a n c h m a l s t ä r k e r a u s g e p r ä g t als am Rumpf
(z. B. schwarze Schwanzspi tzen bei v ie len S ä u g e t i e r e n u n d schwarzes
Langhaar bei den E i n h u f e r n einerseits und weisse (oder gescheckte)
S c h w ä n z e bei Beutlern, manchen Hasen, H ö r n c h e n und M ä u s e n an-
dererseits). Es mag sich dabei meist u m physiologische A u s w i r k u n g e n
i m Zusammenhang mi t der exponierten Lage des Schwanzes handeln ,
i n manchen Fä l l en — wie bei der Schneemaus und Pitymys z. B. —
aber auch u m eine Erscheinung, die ich k ü r z l i c h an der Tigerung des
Pferdes zeigen konnte, und wonach bestimmte Bezi rke der Körper-
o b e r f l ä c h e e in w e i t e r e n t w i c k e l t e s S t a d i u m der F e l l -
ze ichnung auf dem Wege der Evo lu t ion erkennen lassen (v. L E H -
M A N N , 1963c). —
M a s s e : D a bisher nur die Abmessungen der 1953 i n Liechtenstein
gefangenen Schneemaus v e r ö f f e n t l i c h t wurden (1954, 1955 b), sol len
in der nachfolgenden Tabel le die Masse weiterer, v o l l erwachsener 9$
anderen A u f s a m m l u n g e n gegenübe rges t e l l t werden.
260
Datum sex K + R Schw. Hf, Gew. CB Zyfi. Bern.
Liechtenstein:
16. V. 53 9 125 70 21 - 29 17,5 gravid (1. 2, r. 1)
14. VIII. 56 9 126 69 20 55 g 28,9 16,5 säugd. u. gr. (r. 2*))
14. VIII. 56 9 120 70 20 50 g dto. (r. 3)
12. VIII. 56 9 125 67 21 42 e 29 16,4 Ut. Narben
0 124 69 20,5 29
Nd. Tauern, n = 6
(nach
J. Niethammer) 0 113,6 65 20 29,1
Lungau, 2100 m
(nach v . Wettstein) |
1960/61 1
129
132
54
54
20
20,5
Schweiz. Nationalpark
2000 - 2200 m, n = 15
(nach Dottrens 1962)
123,7 64,1 19,3 Max. 29,6 ( n=57 !)
*) Die beiden Keimlinge waren fast geburtsreif (25 mm), die drei des folgen-
den Tieres 15 mm lang.
W e n n m a n von gewissen Di f f e r enzen i n den K + R- u n d Schwanz-
massen absieht, die wahrsche in l i ch nur auf verschiedene Messmetho-
den z u r ü c k g e h e n , kann m a n nach dieser Zusammenste l lung von ke i -
nem Unterschied i n der Grösse der ost- und westalpinen S c h n e e m ä u s e
sprechen, wobei m a n die Tiere des Schweiz . Nat ionalparkes wahr -
scheinl ich zur ostalpinen Gruppe rechnen muss (s. B a u m s c h l ä f e r !). —
W i e bereits 1954/55 b und 1957/62 mitgeteilt, f ingen w i r die Schnee-
m ä u s e i n Liechtenstein nur zwischen S i l u m u n d Bargel la Seebi, also
zwischen 1500 und 1700 m an der sonnenseitigen Abdachung des Ge-
birges. Im Saminata l t rafen w i r keine Schneemaus an, wahrsche in l i ch ,
w e i l w i r nur den relativ kal t-feuchten Osthang (Sükka) absammelten,
und w e i l am vorderen Va lo r sch vie l le icht die S e e h ö h e der abgesuchten
P lä tze nicht ausreichte (ca 1370 m). M a n kann jedenfal ls annehmen,
dass am Sonnenhang des «Bergle» oder a m S c h ö n b e r g Schneemaus-
siedlungen vorhanden sind. D ie Verbrei tungskarte (Karte III) bringt
noch einen Fangplatz unterhalb der Goldlochspi tze , w o Her r H O M -
B E R G i n 1880 m H ö h e z w e i Exemplare f ing . E i n weiteres Stück wurde
i m gleichen Jahre (1953) von i h m oberhalb der L a w e n a - H ü t t e gefan-
gen. Ausserdem berichtete m i r He r r Oberlehrer D . B E C K von «Rat ten »,
die am Augstenberg (um 2000 m H ö h e ) von Sommerf r i sch le rn beo-
261
bachtet wurden. Ohne jeden Z w e i f e l handelte es s ich auch hier u m
S c h n e e m ä u s e . —
Z u den schon bekannten L e b e n s ä u s s e r u n g e n der Schneemaus liess
sich nach den Beobachtungen i n Liechtenstein nichts Neues h i n z u -
f ü g e n . D ie enge Gebundenhei t an Felsspalten, w ie sie K A H M A N N
k ü r z l i c h wieder a u s f ü h r l i c h darstellen konnte ( K A H M A N N & H A L B -
G E W A C H S 1962), und das relativ hohe W ä r m e b e d ü r f n i s dieses hoch-
montanen K l e i n s ä u g e r s habe ich schon 1957 62 an der S i lumer Popu-
lat ion gezeigt, und das « H e u w e r b e n » , das ja auch v o m Murme l t i e r
besonders bekannt ist, konnte k ü r z l i c h wieder P r inz Hans v. u . z.
L I E C H T E N S T E I N zusammen mi t me inem He l fe r Ro land S C H U L Z aus
n ä c h s t e r N ä h e beobachten (cf. H A I N A R D 1962, p. 267 — 268). —
F e l d m a u s — Microtus arvalis arvalis P A L L A S 1778
M a t e r i a l : 20 Bälge ( + Schäde l ) , 15 Schäde l , 30 G e w ö l l s c h ä d e l
( + Fragmente)
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : Schweiz (22), Deutschland: arvalis —
87, duplicatus — 16.
Bei der Beurtei lung der Liechtensteiner F e l d m ä u s e , die dort nur
i n der Rhe inau und i m unteren Abschni t t der co l l i nen Stufe leben,
bestand von vo rn herein eine grosse Schwier igkei t : D ie Tiere ver-
einigten einige ä u s s e r e Kennze ichen der hochmontanen Alpenrasse
(M. arvalis rujescentefuscus) mit den ö k o l o g i s c h e n A n s p r ü c h e n einer
Sumpf- und T i e f l a n d f o r m . H i n z u kommt die Tatsache, dass die Fe ld -
maus ü b e r a l l i n i h r e m Siedlungsgebiet zu r A u s b i l d u n g v o n L o k a l -
fo rmen neigt und ausserdem (im Zusammenhang mi t dem enormen
Wechsel der Bestandsdichte, dem Fortpflanzungsal ter , der Zusammen-
setzung der Altersgruppen, dem Nahrungsangebot usw.) i m gleichen
Gebiet i n den e inzelnen Jahren etwas voneinander abweichende P h ä -
notypen hervorbr ingen kann (cf. S T E I N 1956, K R A T O C H V I L 1959).
Es muss also i m folgenden versucht werden, gewisse Ü b e r e i n s t i m -
mungen der a lp inen Hochgebi rgsform mit den F e l d m ä u s e n i m war-
men, ü p p i g e n Liechtensteiner Rhein ta l z u deuten.
F ä r b u n g : D ie Popula t ion des Untersuchungsgebietes ist durch
zwe i Farbkomponenten gekennzeichnet: e inma l durch die, meist kur-
zen, gelbl ichen apika len Abschnit te der Haare der Oberseite (etwa
262
C i n n a m o n - B u f f i m Sommer und an den Seiten etwas k rä f t i ge r , Sayal
Brown) und z u m anderen durch eine al lgemeine, starke Verdunke lung
des Felles, hervorgerufen durch eine H ä u f u n g schwarzer Grannen-
spitzen (und z u m geringeren T e i l auch durch die dunk len Haarbasen,
die ab und zu durchscheinen), so dass der Gesamteindruck der Ober-
seite e in dunkles Graub raun ist (meist O l i v e - B r o w n , an den Seiten
und b iswei len bei Jungt ieren auch auf dem R ü c k e n etwas aufgehellter,
B u f f y Brown) . D a m i t s ind die erwachsenen F e l d m ä u s e ebenso dunke l
wie E r d m ä u s e und i m Untersuchungsgebiet von diesen prakt isch i n der
Farbe ununterscheidbar ! — Die Bauchseite w i rk t i m Sommer mit te l
blaugrau, ohne jede gelbl iche Be imischung (etwa zwischen Neu t ra l
Gray und Light Neut ra l Gray) , i m Win te r heller, wobe i die Haarspi tzen
silberig-weiss s ind (Pale O l ive -Gray ) , alles verdunkel t durch die b lau-
schwarzen Haarbasen. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die
F e l d m ä u s e i m Rhe in l and und ü b e r h a u p t i m Westen des Verbrei tungs-
gebietes die deutliche Tendenz zeigen, i n i h r e m o c k e r g e t ö n t e n K l e i d
auch die Unterseite mehr oder weniger mi t Ge lb zu vermischen, so
dass sich hier also eine Paral le le zu den R ö t e l m ä u s e n der Westalpen
und des mehr ozeanischen Klimagebietes zeigt: heheticus ist i n der
Regel an der Unterseite grauweiss, glareolus des N W oft rö t l i ch ge tön t
(cf. v. L E H M A N N 1961 a).
Im ü b r i g e n läss t s ich ü b e r die O b e r s e i t e n f ä r b u n g der F e l d m ä u s e
nach dem vorgenommenen Verg le i ch mi t den o. a. Bä lgen folgendes
sagen: W i e K . Z I M M E R M A N N schon 1935 zeigen konnte, besteht von
Ost nach West eine Zunahme der Phaeomelanine, so dass i n west-
l ichen Popula t ionen die rot-braunen F e l d m ä u s e stets ü b e r w i e g e n , dass
aber verschiedene F ä r b u n g s t y p e n i n wechselnder Zusammensetzung
die e inzelnen Gebiete besiedeln und damit die geographische Va r i a t i on
ausmachen. Unsere Sammlungen i m M u s e u m A . K O E N I G - B o n n zeigen
aus Sachsen und Hessen graue und ockerfarbige F ä r b u n g s t y p e n , w ä h -
rend z u m Beispiel aus dem Bonner R a u m nur o c k e r g e t ö n t e F e l d m ä u s e
vorliegen. — Aus der Schweiz haben w i r eine g rösse re A u f s a m m l u n g
aus Interlaken, die durch ein k r ä f t i ge s , leuchtendes B r a u n gekennzeich-
net ist (etwa zwischen Snuff B r o w n und T a w n y O l i v e , an den Seiten
bis Ochraceous-Tawny) . Die Unterseite ist heller, und die R ü c k e n v e r -
dunkelung tiefer als bei den Vaduze r Tieren, aber nur auf die R ü c k e n -
mitte b e s c h r ä n k t . Dadurch w i rk t alles kontrastreicher u n d nicht so
263
t r ü b e wie bei der Liechtenste in-Kol lekt ion. Es ist auch nicht ausge-
schlossen, dass die alten Bälge aus Interlaken die Farbe schon etwas
v e r ä n d e r t haben, auf jeden F a l l m ü s s t e m a n diese F ä r b u n g heute
«rufescentefuscus» nennen, w e n n m a n sie la teinisch bezeichnen woll te ,
wie es S C H I N Z vor mehr als hundert Jahren tun musste. Eine gewisse
Ä h n l i c h k e i t mi t den F e l d m ä u s e n aus der Vaduzer Rhe inau ist jedoch
unverkennbar, vor a l l em durch die zahlre ichen, schwarzen Grannen
in der R ü c k e n m i t t e .
Aus dem Berner M u s e u m schickte m i r dankenswerterweise He r r
Dr . H . SÄGESSER neben ä l t e r e m Museumsmater ia l auch eine Ko l l ek -
tion von F e l d m ä u s e n , die i m S p ä t h e r b s t 1961 i n der Umgegend von
Bern gesammelt wurde. Diese Bälge s ind i m ganzen deut l ich heller,
an den Seiten weniger rö t l ich , sondern mehr he l l lehmgelb (etwa
C i n n a m o n - B u f f ) , auf der Unterseite weiss l ich (etwa Pale G u l l Gray)
und dort h i n und wieder auch gelb ü b e r h a u c h t . D a m i t s ind die Tiere
von manchen R h e i n l ä n d e r n nicht zu unterscheiden, und nur die ex-
tremsten, hel len Var ian ten aus Liechtenstein schliessen i n der Ober-
s e i t e n f ä r b u n g hier an. — Z w e i weitere alte Bä lge aus der Umgegend
von Bern und dem unteren W a l l i s s ind wieder etwas b r ä u n l i c h e r ,
mehr zu den Bä lgen aus Interlaken h in , so dass sich — grob gesehen —
folgende Skala ergibt: ge lb l ich grau (Bern, fr isch) — schwach b r ä u n -
l i ch ( G ü m l i n g e n , Unter -Wal l i s ) — braun (Interlaken) — s c h w ä r z l i c h
grau mit braunem Stich (Rheinau, Vaduz ) . — Die ganz hel lgraue V a -
riante, die w i r aus Hessen haben und die leuchtend ockerfarbige aus
dem Rhe in land tritt bei dem Schweizer- und Liechtenstein-Mater ial
nicht auf.
W i c h t i g ist nun festzuhalten, dass S C H I N Z (1845) bei der Beschrei-
bung seiner hochmontanen F e l d m ä u s e aus dem Urserer -Tal a m St..
Gotthard den rö t l i ch braunen Farbton hervorhebt (rufescentefuscus).
D O T T R E N S , der 1962 die F e l d m ä u s e des Schweizer Nat ionalparkes,
d. h. i n Hochlagen von 1200 bis 2400 m, genau untersuchte, konnte
ferner klarstel len, dass alle westalpinen Hochgebi rgsformen unter
diesem N a m e n zusammenzufassen sind, d. h . also auch alles das, was
bisher i r r t ü m l i c h incertus de S E L Y S - L O N G C H A M P S genannt wurde.
Ich habe zur gleichen Zeit und völlig unabhängig davon in einem Schrift-
wechsel mit Herrn Kollegen SÄGESSER in Bern ebenfalls schon meine sehr
264
grossen Zweifel darüber geäussert, dass der Name rufescentefuscus nicht einer
Feldmaus, sondern einer Pitymys gegeben worden sein sollte, wie es seit
MOTTAZ (1907) angenommen (oder besser: nachgesprochen) wird. Umso er-
freulicher war die Klarstellung von Herrn Kollegen DOTTRENS, die wenige
Wochen später erschien. —
Es ist i n diesem Zusammenhang n u n aber interessant, wie M I L L E R
(1912) die F ä r b u n g dieser hocha lp inen Unterart «incertus» (d. h . rufes-
centefuscus) beschreibt. Er schreibt n ä m l i c h a u s d r ü c k l i c h (1. c. p. 691),
dass die Bälge auf der Oberseite weniger b raun s ind als arvalis arvalis
und auch unterseits reiner grau, u n d statt dessen oberseits t r ü b e r u n d
mischfarbiger («dul l and b l e n d e d » ) mi t e inem leichten grauen Ton ,
ä h n l i c h M . arvalis duplicatus ! Danach ist also festzustellen, dass auch
bei der westalpinen Hochgebirgsrasse die gleiche Situat ion vorhanden
ist, wie i n den Popula t ionen der t ieferen Lagen — es gibt rö t l i ch
braune und graue F ä r b u n g s t y p e n !
Ich habe da rau fh in die Liechtenstein-Serie mi t duplicatus -Bälgen
aus Ostdeuschland und Russland verg l ichen: sie s t immen nicht völ l ig
ü b e r e i n . Abgesehen davon, dass diese Tiere i n der Regel langhaariger
sind, w i r k e n die duplicatus-Stücke heller, dem G r a u fehlt die b r ä u n -
l iche Komponente, d. h . die ap ika len Haarabschnit te s ind biass gelb
und weiss l ich .
Z u m Abschluss Hess m i r dankenswerterweise noch Her r Dr . D O T T -
R E N S - G e n f v ier F e l d m a u s b ä l g e aus dem Schweizer ischen Na t iona l -
park (Müns te r t a l , 1300 m) schicken (und i ch danke auch H e r r n D r .
A E L L E N - G e n f an dieser Stelle). D ie Tiere s ind i m J u l i gefangen und
i n i h r em dunk len Grund ton den L i e c h t e n s t e i n - B ä l g e n ä h n l i c h . Sie
unterscheiden sich aber durchaus durch das l ä n g e r e H a a r und durch
das mehr hervortretende Braun , vor a l l e m bei manchen Tieren an den
Kopfsei ten (wodurch sie eine Arvicola ä h n l i c h e Ze ichnung bekommen) .
Füsse und Schwanzunterseite s ind deut l ich he l l i m Gegensatz zu den
L iech tens t e in -Bä lgen . — Im ü b r i g e n s ind diese Bä lge etwa so, w ie
M I L L E R (1912) die hochalpine Feldmaus beschrieben hat (s. o.). —
M a s s e : U m vergleichbare Werte z u bekommen, s ind i n der f o l -
genden Tabel le die K ö r p e r a b m e s s u n g e n der Tiere, die ü b e r 100 m m
K + R-Länge hatten, zusammengestell t u n d der gleichen Gruppe aus
dem Schweiz . Na t iona lpark (nach D O T T R E N S 1962) gegenübe rges t e l l t .
265
Liechtenst. sex K + R Schw. Hf . Gew. CB Zyg, Bemerkungen
152 s 104 31 15 24 g 23 13 Hoden 11 mm
126 6 100 29 15 22 g 22,7 13,2 Hoden 10 mm
142 9 106 32 15 44,5 g 23,9 14,2 gravid
125 121 _ 17 45,5 g 25,2 15,1
143 6 108 38 16 41 g 25,7 15 Hoden 11 mm
144 9 105 32 14 33,5 g 23,3 14
145 9 102 34 16 35 g 23,3 13,7 gravid
1 ÄC o ZV,D JV,5 g gravid
1 o 10,0 g 94 Q r i O Q C I l 1 T , J I I I I I I
1
1 O j 9 106,5 26 15
o r V i fl g l « V L<A
95 102 30 16 25 g 22 13,5 Hoden 8 mm
105 9 107 32 15,5 29 g 23,8 13,9 gravid
0 107,3 31.3 ( = 29 Vo) 15,5 23,8 14
Schweiz 108,2 35,1 ( = 31,9 °/o) 15,6 n. DOTTRENS
National- (Max. 122) 1962
park (= 67)
In der n ä c h s t e n Zusammenfassung s ind alle Tiere, die ü b e r 90 m m
messen, denen gegenübe rges t e l l t , die D O T T R E N S i n der gleichen
G r ö s s e n g r u p p e aus Genf a n f ü h r t .
M i n . K + R Max. Schw, Hf.
Liechtenstein (n = 20) 90 102 122 28,6 28 15,4
Genf (n = 17) 90 97,8 106 27,7 27,5 14,7
D a z u ist folgendes zu sagen: In der ersten Zusammenste l lung s ind
die v o l l erwachsenen, g rös s t en Tiere erfasst. die s ä m t l i c h i n der Fort-
pf lanzung stehen und wahrsche in l i ch alle ü b e r 8 Monate alt s ind (cf.
K R A T O C H V I L 1959). Es ergibt sich dabei, dass die Liechtenstein-Popu-
lat ion etwas k ö r p e r k l e i n e r und vor a l len Dingen relat iv k u r z s c h ä n z i g e r
ist als die Hochgebirgstiere aus dem Schweiz . Na t iona lpark . — Die
zweite Zusammenste l lung bringt dagegen weniger gut vergleichbare
Gruppen, denn die Liechtenstein-Tiere s ind i n der G r ö s s e n s p a n n e
zwischen 90 und 100 m m zwar schon z u m T e i l f o r t p f l a n z u n g s f ä h i g ,
zum Te i l aber auch noch nicht ausgereift ( H o d e n g r ö s s e n unter 8.5 mm)
und alle durchweg noch jugendl ich . Aus der o. a. M a x i m a l g r ö s s e und
der Kuvendars te l lung von D O T T R E N S (1. c. F ig . 2, p. 343) ist auch z u
ersehen, dass die Genfer F e l d m ä u s e — wenigstens i n dem betr. Fang-
gebiet und i n dem betr. Jahr — nicht a n n ä h e r n d die K ö r p e r g r ö s s e
der Liechtensteiner erreichen. —
266
Z u den S c h ä d e l a b m e s s u n g e n lässt s ich folgendes sagen. W i e die
obere Tabel le zeigt, haben die Liechtensteiner F e l d m ä u s e , die ü b e r
100 m m (K + R) messen, e inen CB-Durchschni t t von 23,8 m m . Leider
f ü h r t D O T T R E N S den S c h ä d e l l ä n g e n d u r c h s c h n i t t seiner Nat iona lpark-
tiere i n dieser G r ö s s e n g r u p p e nicht an, sondern verteilt die Tiere v o n
100 m m (K + R) und mehr auf z w e i verschiedene Gruppen (s. seine
Tabelle 6, 1. c. p. 346). I m m e r h i n ersieht m a n daraus, dass 18 Schäde l
davon (seine gröss te Gruppe, «adu l t e s avances» ) einen CB-Durchschni t t
von 25,1 m m haben. Im ganzen lagen i h m (s. meine Tabelle) 67 Tiere
oder Bälge ü b e r 100 m m (K + R) vor; rechnet m a n den ü b l i c h e n A n t e i l
an zerbrochenen, nicht messbaren S c h ä d e l n ab, dann bedeutet das,
dass etwa e in Dr i t te l der Nat ionalparkt iere (übe r 100 m m K + R) eine
CB-Länge u m 25,1 m m hat. D i e Liechtenstein-Serie von 10 S c h ä d e l n
ist zu k le in , u m hier vergleichen z u k ö n n e n ; i m m e r h i n haben aber
auch drei Schäde l ( = e in Drittel) die CB-Masse 24,9, 25,2 und 25.7
(s. Tabelle) . A u f der anderen Seite f ü h r t D O T T R E N S 25 Feldmaus-
s c h ä d e l aus Genf an («en assez bon e ta t») , die e inen CB-Durchschni t t
von 23,2 m m , also etwas weniger als die Liechtenstein-Serie zeigen.
Sieht m a n s ich daneben die CB-Masse an, die M I L L E R f ü r «incertus»,
also rufescentefuscus, a n f ü h r t , dann f indet m a n bei den 15 S c h ä d e l n
eine Spanne von 24 bis 26,4 m m und einen CB-Durchschni t t von 25,2
m m . Seine 15 Schäde l aus Deutschland (Microtus arvalis arvalis) mes-
sen hingegen i m Durchschni t t 23,6 (23 — 24,2). N e h m e n w i r an, dass
die rufescentefuscus-Jiere v o m Na t iona lpa rk i n der o. a. G r ö s s e n -
gruppe einen CB-Durchschni t t u m 24,5 m m haben (was w i r nur nach
den Tabel len von D O T T R E N S s c h ä t z e n k ö n n e n ) , dann stehen die
Liechtenstein-Tiere i n der S c h ä d e l l ä n g e also etwa i n der Mit te zwischen
den beiden Unterarten. — Vergleicht m a n damit g rösse re Serien, w ie
sie z u m Beispie l K R A T O C H V I L 1959 bringt, dann w i r d das B i l d we-
sentl ich klarer : seine vergleichbaren Tiere (mehr als 8 Monate alt)
haben i n der Tschechoslowakei folgende CB-Masse : v o n a. arvalis (in
S ü d b ö h m e n ) haben 3 5 % die L ä n g e von 23,8 — 24,2, 3 1 % haben 24,3 —
24,7 und 1 4 % zwischen 24,8 und 25,2 m m ; d a r ü b e r und darunter s ind
noch je 10%. D . h., dass die Masse ( = z w e i Drittel) sich zwischen 23,8
und 24,7 bewegt, der Durchschni t t bei etwa 24,5 liegt. — Ich habe aus-
serdem 10 Bälge unserer Museumssammlung , die K + R-Masse von 100
m m und d a r ü b e r ausweisen und intakte Schäde l hatten, tendenzlos
zusammengesucht und folgenden Durchschni t t erhal ten: K + R 111,2,
267
Schw. 36,1 ( = 32,5%), C B 24,1. Es handelt s ich u m je eine k le ine
Serie aus Hessen und N W - B a y e r n und ein Stück aus Bonn . Das s ind
aber schon Masse, die (abgesehen von der relat iven S c h w a n z l ä n g e )
u n g e f ä h r denen entsprechen, die B A U E R 1960 f ü r die 21 F e l d m ä u s e
(der gleichen K ö r p e r g r ö s s e n g r u p p e ) aus dem Neusiedlersee-Gebiet an-
f ü h r t , und die zu der — g rös se r en — Unterart a. levis g e h ö r e n (K + R
106.3, Schw. 38,8, C B 24,2) !
Zusammenfassend lässt s ich also sagen, dass die S c h ä d e l l ä n g e n der
v o l l erwachsenen Liechtenstein-Tiere durchaus noch innerha lb der
Variat ionsbrei te der N o m i n a t f o r m liegen. D ie ä u s s e r e F o r m der Schä-
del entspricht bei den ä l t e s t en Tieren z w a r i n wesent l ichen Z ü g e n
denen der N o m i n a t f o r m , wie sie M I L L E R (1912) u n d K R A T O C H V I L
(1959) abbilden, d. h . i n den weit ausladenden J o c h b ö g e n , der breiten
S c h ä d e l k a p s e l und der eckigen I n t e r o r b i t a l - E i n s c h n ü r u n g . D ie g röss t en
Schäde l zeigen jedoch die deutliche Tendenz, i n die Hinterhauptspart ie
breiter auszulaufen als gleichgrosse S c h ä d e l aus Westdeutschland. D ie
S c h ä d e l k a p s e l w i rk t daher i m Bereich der Interparietale breiter, und
der Schäde l dadurch gedrungener («ges tauch t») , i m Gegensatz z u den
meist schmaler und gerundeter zu laufenden S c h ä d e l n der typischen
a r ü a / K - P o p u l a t i o n e n . D a m i t u n d mi t der kant igen Fo rm, die durch
die Knochenleis ten des Hinterhauptes noch besonders betont w i r d , ist
der Schäde l auch etwas e r d m a u s ä h n l i c h .
D e m g e g e n ü b e r sind die vier hier vor l iegenden Schäde l von rufes-
centefuscus v o m Schweiz . Na t iona lpa rk (Museum Genf N r . 11, 25, 31,
35) deutl ich durch die grabende Tä t igke i t i m harten Boden geformt:
das Rost rum ist gestreckter, und die oberen S c h n e i d e z ä h n e s ind l änge r ,
gebogener und i n manchen F ä l l e n auch deut l ich prognathischer als
die der gleichgrossen Schäde l aus Liechtenstein. D u r c h die langen
S c h n e i d e z ä h n e u n d den dadurch bedingten g rö s se r en Abs tand z w i -
schen den — geschlossenen — K i e f e r n s ind auch die Backenzahnre ihen
h ö h e r ! Ausserdem sind die Supraorbital leis ten s t ä r k e r a u s g e p r ä g t —
alles typische Kennze ichen einer Mon tan fo rm. Im ü b r i g e n ist die H i r n -
kapsel — i n Aufs i ch t — ovaler und i n der Interorbitalregion nicht so
breit wie bei den k lobigen « S u m p f t i e r e n » i n Liechtenstein. Das Schmelz-
schlingenmuster an M : i zeigte bei 32 S c h ä d e l n 25 m a l innen vier Zacken
(Phase 4 und 5 bei D O T T R E N S 1962, F ig . 3) u n d nur s iebenmal drei
Spitzen mi t mehr oder weniger a u s g e p r ä g t e r Aboral le is te (also Ü b e r -
268
gang zu s implex = Phase 3 bei D O T T R E N S ) , w ä h r e n d die sog. dup l i -
cata-Form mit f ü n f inneren V o r s p r ü n g e n , die i m rufescentefuscus-
Mater ia l von D O T T R E N S 7 % ausmacht, i n Liechtenstein nicht auf-
trat. — Eine Prognathie der S c h n e i d e z ä h n e , wie sie M I L L E R (1912)
bei incertus abbildet und wie i ch sie z. B . auch an e inem S c h ä d e l
von der Torrent A l p (Wall is) aus 2400 m H ö h e feststellen konnte
(Museum Bern N r . 38), kommt bei der Liechtensteiner Popula t ion nicht
vor. (Nach meinen Erfahrungen , bei Pitymys i n Ka labr i en , ist die
Prognathie w o h l stets sehr verschieden a u s g e p r ä g t , selbst i n der glei-
chen Sippe (cf. v. L E H M A N N 1961 b, p. 224). —
Fasst m a n diese Kennze ichen zusammen, dann ergibt sich, dass die
F e l d m ä u s e von der Liechtensteiner Rhe inau grosse K ö r p e r m a s s e n er-
reichen und damit fast die Grösse der westa lp inen Hochgebirgsrasse
rufescentefuscus (die nur etwas l a n g s c h w ä n z i g e r ist), dass sie aber i n
der S c h ä d e l l ä n g e i m Rahmen der N o m i n a t f o r m bleiben, die die Ebene
und die Mittelgebirge des west l ichen Mit te leuropa bewohnt (Terra
typica Mitt leres Wesergebiet). In der Farbe ist die Liechtenstein-Feld-
maus au f fa l l end dunkel , und die v e r b l ü f f e n d e Ü b e r e i n s t i m m u n g mi t
der Erdmaus ist auch f r ü h e r e n Beobachtern schon bei anderen Popu-
lat ionen i n t ieferen Lagen der Schweiz aufgefa l len . So beschreibt
F A T I O schon 1869 eine Feldmaus aus dem Kan ton Fre iburg deren
Farbe er «gris b r u n » bezeichnet, u n d v o n der er sagt: «Cet te race
locale, le pendant, en plaine, de la forme qu i habite les Alpes , presente,
au premier abord, une assez grande ressemblance avec l ' A r . agres t i s» .
ü n d 36 Jahre s p ä t e r f ü h r t er nochmals die F a r b t ö n e der Schweizer
F e l d m ä u s e auf und nennt dabei auch wieder «la forme s o m b r e » , d i e er
sehr t reffend mi t Arenicola, also mi t der Nord i schen W ü h l m a u s ver-
gleicht ( F A T I O 1905).
Die grossen K ö r p e r m a s s e und das V o r k o m m e n i n den A l p e n Hessen
z u n ä c h s t vermuten, dass es sich*auch bei den F e l d m ä u s e n i n Liechten-
stein u m die (hoch-) alpine Rasse rufescentefuscus handelt. Bevor die
craniologischen Vergle iche angestellt wurden, w a r aber die ö r t l i che
Verbre i tung schon sehr a u f f ä l l i g und nicht mi t der einer Hochgebirgs-
f o r m zu vereinigen: W i e die F u n d p l ä t z e auf der Karte III zeigen, ist
die Feldmaus i n Liechtenstein n ä m l i c h e in ausgesprochener Vertreter
des Stromtales; nur an einer Stelle stieg sie bis 720 m hoch und zwar
auch hier nur i m Zuge einer sumpf igen Rohr- und Riedgrassenke
269
(«Erlen») , die sich i m trockenen W i e s e n g e l ä n d e bergauf zieht (Mat-
schils). Gerade i n dem — schon mehr fach e r w ä h n t e n — Bergsturz-
g e l ä n d e u m Triesenberg h ä t t e auch f ü r die Feldmaus gut die Mögl ich-
keit bestanden, sich weiter b e r g w ä r t s auszubreiten, w e n n es mi t ih ren
öko log i schen A n s p r ü c h e n vereinbar gewesen w ä r e . In anderen Gebie-
ten ist ein solches Vord r ingen ins Hochgebirge mit H i l f e zusagender
Anmarschwege ( S t r a s s e n r ä n d e r ! )auch e inwandf re i festgestellt worden,
wie K R A T O C H V I L & P E L I K A N 1955 aus der Hohen Tatra berichten.
W e n n unsere Liechtenstein-Feldmaus von dieser Gelegenheit ke inen
Gebrauch macht oder machte, dann kann das nur daran gelegen haben,
dass ihre Anpassung an die U m w e l t i m Rhein ta l schon so stark war,
dass nach dem Roden des Waldes i n h ö h e r e n Lagen die f re iwerdenden
F l ä c h e n i n ihrer Struktur f ü r sie nicht mehr i n Frage kamen.
M a n kann annehmen, dass das Rhein ta l oberhalb des Boden-
sees nach dem jewei l igen Z u r ü c k w e i c h e n des Rheingletschers zum
gröss ten T e i l aus Sumpf und nur an den R ä n d e r n aus Buschsteppe
bestand (Al lerödzei t , cf. W O L D S T E D T 1958). Im P r ä b o r e a l ( V o r w ä r m e -
zeit) ist wahrsche in l ich u. a. auch die Feldmaus v o n Norden oder
Westen aus ih rem Re fug ium i n S ü d - F r a n k r e i c h (s. Karte 3 bei K R A -
T O C H V I L & Mitarbei ter 1959, p. 21) eingewandert . D a sie aber niemals
und nirgends geschlossenen H o c h w a l d besiedelt, wurde sie spä te r , i m
Ver lauf der W ä r m e z e i t , mit der enormen Ausdehnung des Waldes i n die
feuchten bis sumpfigen, baumfre ien F l ä c h e n der Rhe inau a b g e d r ä n g t .
Hie r entwickelte sie dann i n den folgenden 4 — 5000 Jahren die typi -
schen Kennze ichen eines Sumpf- und Niederungsbewohners: dunkle
Haarfarbe, d. h. starke, schwarze Grannen , klobige Formen und erheb-
liche Grösse (Luxurieren) i m Zusammenhang mi t dem t i e f g r ü n d i g e n
Boden (keine Prognathie) und dem re ichl ichen Nahrungsangebot unter
g ü n s t i g e n k l imat i schen Bedingungen, vor a l l em seit der a l l m ä h l i c h e n
U m w a n d l u n g der S ü m p f e i n eine Kultursteppe. Diese Kultursteppe
bildet bekannt l ich den — s e k u n d ä r e n — opt imalen Lebensraum der
Feldmaus heute, aber es ist interessant, dass die Tiere der Liechten-
steiner Rheinau immer noch eine deutliche B indung an feuchte bis
sumpfige Lebenss t ä t t en zeigen: W i r f ingen sie sowohl i n verunkraute-
ten S t o p p e l s c h l ä g e n und f r ischen Rotkleebreiten i n tief l iegenden Fe l -
dern am R h e i n d a m m als auch i n ausgesprochen feuchten Rohrhorsten,
an G r a b e n r ä n d e r n und in k le inen Feldremisen oder i n den Gross-
270
s e g g e n s ü m p f e n (Magnocaricion) der co l l inen Stufe. Der i n der Karte
angegebene Punkt von 720 m i n den «Erlen» oberhalb Matschi is w a r
nicht nur das Ende eines solchen Sumpfes, sondern hier w a r e n auch
nur noch die letzten A u s l ä u f e r der Feldmausbesiedlung z u f inden . D a -
neben erschien hier schon die Erdmaus (Microtus agrestis), die von
hier ab a u f w ä r t s die einzige W ü h l m a u s bl ieb und h inauf bis z u m
Si lumer K u l m vorkommt, wobei s ich ab etwa 1450 m an manchen
P l ä t z e n die K l e i n w ü h l m a u s ( = Untergrundmaus) dazugesellt. Das
Triesenberger Bergsturzgebiet läss t auch hier eine tiergeographische
und öko log i sche E n t w i c k l u n g erkennen, die z. B . bei der Schermaus —
wie schon e r w ä h n t — einen anderen W e g genommen hatte (s. S. 253).
Die Schermaus ist demnach — wenigstens i n diesem Tei le der A l p e n —
der f r ü h e r e E inwanderer gewesen, der schon w ä h r e n d der E r w ä r m u n -
gen der Al le rödze i t eine Anpassung an die h ö h e r gelegenen G r a s f l ä -
chen gewonnen hatte, so dass die s p ä t e r e postglaziale Bewa ldung diese
— ebenso wa ld fe ind l i chen — Tiere nicht i n die sumpf igen T ä l e r son-
dern i n die hocha lp inen Grasheiden a b d r ä n g t e , woher sie erst nach der
Rodung der W ä l d e r wieder herabstiegen. Diese bedeutsamen Area lauf-
teilungen der W ü h l m ä u s e des of fenen G e l ä n d e s durch die Waldaus-
breitung i n der W ä r m e z e i t geben ü b r i g e n s den faunist ischen Bezie-
hungen zwischen dem Hochgebirge u n d den Mooren , die J A N E T S C H E K
(1961) e r w ä h n t , eine interessante Erwei terung.
N u r manche E inwanderungswel len der Feldmaus haben Anschluss
an die h ö h e r e n G r a s f l ä c h e n bekommen b e i m Vord r ingen des Waldes
(meist i m Zuge der H o c h g e b i r g s t ä l e r ) und entwickel ten sich z u einer
a u s g e p r ä g t e n Hochgebi rgsform, deren Nagegebiss i n den f l a c h g r ü n d i -
gen B ö d e n die gleiche E n t w i c k l u n g w ie bei der Alpenschermaus n a h m
(Prognathie). M i t Sicherheit k a n n m a n aber annehmen, dass es sich
hierbei stets u m f r ü h e r e E i n w a n d e r u n g s s c h ü b e als i m Fal le der rezen-
ten Liechtenstein-Populat ion handelte, nicht zuletzt deshalb, w e i l die
Hochgebirgsrasse g r o s s w ü c h s i g e r ist (und zwar bezeichnenderweise
nicht an den h ö c h s t e n V o r k o m m e n s p l ä t z e n , sondern an der unteren
Verbreitungsgrenze, zwischen 1200 und 1500 m H ö h e ) , w ie D O T T R E N S
1962 zeigen konnte.
Es w i r d damit also klar , dass die F e l d m ä u s e i n Liechtenstein keine
A n g e h ö r i g e n der Bergrasse {rufescentefuscus) s ind, sondern nur eine
L o k a l f o r m von arvalis arvalis darstellen, die — ä h n l i c h wie die Tiere
271
i n Interlaken z. B . — i n den sumpf igen Niederungen (Fluss tä ler , Seen-
gebiete) der Westalpen ihre Fo rmung erfuhr . Da es of fenbar verschie-
dene Ü b e r g a n g s f o r m e n zu typischen a. aroa/fs-Populat ionen i n den
Westalpen gibt, konnte i c h m i c h nicht entschliessen, die F e l d m ä u s e des
Liechtensteiner Rheintales — so a u f f ä l l i g sie auch waren — als beson-
dere Unterart zu betrachten. —
Die For tpf lanzung der Feldmaus erstreckt sich i n Liechtenstein
offenbar auch i m Fre i l and weit i n die kalte Jahreszeit h i n e i n ; es gab
noch i m November t r ä ch t i ge 99 u r >d i m M a i bereits gravide Jung-
tiere (von nur 82 m m K + R und 24 g !). D ie h ö c h s t e festgestellte E m -
bryonenzahl betrug 7. —
E r d m a u s — Microtus agrestis niger F A T I O 1869
M a t e r i a l : 18 Bälge ( + Schäde l ) , 4 A lkoho l -Exempla re , 8 Schäde l ,
3 G e w ö l l s c h ä d e l (Fragmente)
F ä r b u n g : W i e i ch schon 1957/62 a u s f ü h r t e , s ind die E r d m ä u s e
i n Liechtenstein i m a l lgemeinen dunkler als die i n Westdeutschland;
der Gesamteindruck der Oberseite ist etwa zwischen O l i v e - B r o w n und
Clove B r o w n , entspricht also bei den hel leren Var i an ten ganz der
Farbe der Liechtensteiner F e l d m ä u s e (s. o.); nur manche Tiere w i r k e n
mehr b raun w ie die Erdmaus i m Norden . D ie e inzelnen b r ä u n l i c h e n
Haarabschnit te s ind so blassbraun, wie sie oben bei der Feldmaus oder
auch v o n v. W E T T S T E I N (1959) f ü r die ostalpinen E r d m ä u s e beschrie-
ben sind. D ie Unterseite erscheint s i lbr ig weiss (Haarspitzen weiss),
wobei die grauen Haarbasen mehr oder weniger stark durchscheinen.
W i e es auch v. W E T T S T E I N (s. o.) e r w ä h n t , ist e in k le iner Prozentsatz
der Tiere unterseits ge lb l ich ü b e r f l o g e n ; i n m e i n e m Mate r i a l ist nur
e in Ba lg etwas i n der Med ian l in i e , e in zweiter an der ganzen Unter-
seite schwach, und ein weiterer intensiv gelb (C innamon-Buf f ) ge tönt ,
so dass keine weissen Haarspi tzen vorhanden s ind. — Der Schwanz ist
mehr oder weniger a u s g e p r ä g t zwe i fa rb ig . —
M a s s e : D ie folgende Tabel le bringt die 10 g röss t en Tiere mi t
einer K + R-Länge ü b e r 110 m m , deren S c h ä d e l intakt geblieben w a r e n
(die N r . 103 a g e h ö r t auch hierher, die K ö r p e r l ä n g e war aber nicht
mehr genau festzustellen, w e i l das Stück i n der Fal le angefressen war) .
272
Nr. sex K + R Schw. Hf , Gew. CB Zgy. Bemerkungen
98 5 110 32 18,5 35 g 25,5 13,9 säugend
100 S 121 36 19 37 g 26,4 14,6 ad., Hoden 12
99 6 117 39 19,5 35 g 25,8 14,6 subad. Hoden 11.5
114 6 126 41 19 47 g 27 15,1 ad. Hoden 12
120 9 112 36 18 27 g 24,6 13,8 med. säugd.
(Narben)
15 6 116 34 18 42 g 26,2 15,4 ad. Hoden 12
103 a 2 — 43 17,5 25,7 14,3 säugend
9 6 113 35 18 43 g 25,7 15 agr. exsttl! Hod. 12
10 6 114 33 17,5 36 g 25,6 14,3 ad. Hoden 11
32 9 125 40 19 38 g 26,4 15,6 altsgd. M 1 kl. Ecke
117 36,9 18,4 25,89 14,66
Schweiz (n = 4) 130,7 37 18,8 25, 8-28
(nach MILLER)
Ostalpen (17 + 10) I 115,8 37,1 18,1
(n. v.
WETTSTEIN) \ 118,6
36 18,3 26-28
Verg l ichen mi t den k le inen Serien, die v. W E T T S T E I N (1959) f ü r
die Ost- und (nach M I L L E R 1912) Westa lpen a n f ü h r t , ergibt s ich eine
le idl iche Ü b e r e i n s t i m m u n g , wenngle ich die Liechtenstein-Serie i m
Durchschni t t der CB-Länge an der unteren Grenze liegt. Berechnet m a n
die S c h ä d e l i n d i z e s (Breite : Länge) nach v. W E T T S T E I N , dann haben
diese 10 Schäde l die Werte 56,6 (v. W E T T S T E I N : West- und Ostalpen
57) bezw. 76 (v. W E T T S T E I N : Ostalpen 79, Westdeutschland 78), d. h.
die L i ech t ens t e in -Schäde l s ind i n der re la t iven Jochbogenweite etwa
ü b e r e i n s t i m m e n d und i n der S c h ä d e l k a p s e l schmaler. Im ganzen ist
zu diesen G r ö s s e n v e r g l e i c h e n aber zu sagen, dass es gerade bei der
Erdmaus sehr darauf ankommt, m ö g l i c h s t grosse Serien z u bekommen,
denn die CfÖ" werden an manchen P l ä t z e n u n d unter besonderen U m -
s t ä n d e n ausserordentlich gross u n d ragen dann weit ü b e r den D u r c h -
schnitt v o l l erwachsener Tiere hinaus. Hat m a n z u f ä l l i g i n k le inen
A u f s a m m l u n g e n so einen Riesen dabei, dann verschieben s ich die
Werte n a t ü r l i c h sprunghaft . E i n solcher F a l l ist z. B . die N r . 114 der
Tabelle, aber es gibt noch erhebl ich g rösse re Ö*Ö"- So haben w i r i n der
V o r e i f e l u n d am Vorgebirge (Bonner Raum) unter rund 200 E r d m ä u s e n
ab u n d zu Tiere gefangen, die bis z u 49 g wogen u n d Masse bis z u 27,2
m m f ü r C B , 130 m m f ü r K + R u n d S c h w a n z l ä n g e n bis z u 45 m m
hatten. J . N I E T H A M M E R (1960 a) nennt unter 49 R h e i n l ä n d i s c h e n Erd -
m a u s s c h ä d e l n aus G e w ö l l e n auch vier, die mehr als 27 m m (CB) mes-
273
sen (Max. 28,5 !), das s ind i m m e r h i n 8%. — M a n w i r d also heute nicht
so ohne weiteres sagen k ö n n e n , dass die A l p e n f o r m e n der Erdmaus
(ssp. niger) deut l ich grösse r ist als die Flachlanderdmaus {ssp. bailloni).
(Hie rzu schrieb m i r z. B . D r . A L T N E R a m 26.4. 1961, dass er aus Isma-
ning bei M ü n c h e n eine Reihe von E r d m ä u s e n habe, die «an Grösse
alles andere weit zu ü b e r t r e f f e n s c h e i n e n » ) .
H i e r sei noch kurz auf e in Al te r sk r i t e r ium a m E r d m a u s s c h ä d e l ,
das v. W E T T S T E I N anwendet, eingegangen. Danach sol len — entspre-
chend den Feststellungen von H I N T O N an Arvicola — nur die Tiere als
v o l l erwachsen anzusehen sein, bei denen die I n t e r o r b i t a l k ä m m e dicht
beieinander stehen oder schon verschmolzen s ind (Altersklasse V und
VI ) . Dies t r i f f t bei den m ä n n l i c h e n E r d m ä u s e n auch zwei fe l los zu , bei
den alten 9$ k a n n m a n sich aber — nach m e i n e m Mate r i a l — nicht
danach r ichten; weib l iche S c h ä d e l bewahren sich b i swei len jugend-
liche Züge bis ins Al ter , und s ind auch i n unserem Fal le z. B . ohne
K n o c h e n k ä m m e , und die interorbitale E i n s c h n ü r u n g ist auch nicht so
scharf, d. h. die Konturen s ind runder und glatter.
H i n s i c h t l i c h der sechsten Schlinge i m ersten oberen M o l a r e n (M 1 ) ,
die als Kennze ichen der Hebr iden-Erdmaus (M. agrestis exsul M I L L E R )
gilt, ist zu sagen, dass i n der L iech tens te in-Aufsammlung von 25 Schä-
deln nur einer eine a u s g e p r ä g t e sechste Schlinge auf beiden Seiten
zeigt. Das d ü r f t e etwa den V e r h ä l t n i s s e n , w i e sie v. W E T T S T E I N f ü r
die Ostalpen angibt, entsprechen. A b e r auch bei R h e i n l ä n d i s c h e n E r d -
m ä u s e n ist ab und z u diese Schmelzschl inge ausgebildet (vielleicht
seltener). Im ü b r i g e n habe i ch diese Erwei terung des Schmelzmusters
bisher nur bei g r o s s w ü c h s i g e n cfcf angetroffen, und i m H i n b l i c k auf
die H ä u f i g k e i t dieser Erscheinung bei isolierten oder a m Verbrei tungs-
rande lebenden Popula t ionen (Hebriden, Camargue) ist h ierbei eher
an eine Verkompl i z i e rung , also Wei t e renwick lung als an das Auf t re ten
eines a l t e r t ü m l i c h e n Merkmales zu denken. —
Die Erdmaus ist i n Liechtenstein ü b e r a l l , von der Rhe inau bis h i n -
auf z u m Si lumer K u l m und i m Saminata l an zusagenden P l ä t z e n an-
zutreffen, mi t der wesent l ichen E i n s c h r ä n k u n g allerdings, dass sie
nirgends mit der Feldmaus zusammen vo rkommt (s. Kar te III). Das
bedeutet, dass sie i n der Rhe inau nur sporadisch anzut ref fen ist — ich
kenne nur einen Siedlungsplatz i m nassen Grauweiden-Mo/zmora (Pfei-
274
fengraswiesen) i m Schaaner Ried — und erst i n der co l i inen Stufe
eine weite ö k o l o g i s c h e V a l e n z entfaltet: von den durchaus nicht feuch-
ten, steilen, ü p p i g e n G r a s h ä n g e n des Vaduze r Oberdorfes, den Wiesen
und W i e s e n r ä n d e r n u m das Residenzschloss und den kurzgrasigen
M ä h w i e s e n u m Triesenberg bis zu den schattigen und bodenfeuchten
Hochs taudenf luren i n der oberen Bergwaldstufe (Rotenboden, Mase-
scha, S i lum) und der montanen Grauer lenaue am Saminabach. — Es
ist nach diesen Feststellungen i n Liechtenstein klar , dass w i r es dort bei
der Erdmaus mi t e inem durchaus eurytopen Kul tu r fo lge r z u tun haben,
dessen Vord r ingen i n weitere Bezi rke der Kul tu r landschaf t (Auf fo r -
stungen) und dessen gesteigerte V e r m e h r u n g zu erwarten ist, wie sie
v. W E T T S T E I N (1960 61) auch f ü r die Ostalpen beschreibt. — Ü b e r
die S c h ä d e n und B e k ä m p f u n g s m e t h o d e n siehe F. F R A N K 1952. —
Im J u n i gab es i m Saminata l schon fast erwachsene Jungtiere (92
und 98 m m K + R-Länge) , von denen ein 9 schon mit apfelkerngrossen
Keimblasen t r äch t ig war . —
Familie t Langschwanzmäuse (Echte Mäuse) — Muridae
Z w e r g m a u s ( « H a b e r m a u s » ) — Micromys minutus soricinus
H E R M A N N 1780
Ü b e r die einzige bisher i n Liechtenstein gefangene Zwergmaus habe
ich 1957/62 schon a u s f ü h r l i c h berichtet. Dieses, nach der M o l a r e n -
abnutzung, sehr alte 9 a u s der Vaduzer Rhe inau weicht bei genauerem
Hinsehen i n der Haars t ruktur und F ä r b u n g von vergleichbaren Som-
mertieren aus dem Bonner R a u m nicht erhebl ich, aber doch erkennbar
ab. Z u n ä c h s t hat das Vaduzer Stück (gefangen a m 28. August 1956)
ein deut l ich d ü n n e r e s Haa rk l e id , so dass auf der Oberseite die dunk-
len Haarbasen au f fa l l end durchscheinen, und auf der weissen Bauch-
seite an v ie len Stellen die Haut sichtbar w i r d . Es mag dies mi t dem
hohen Al te r des Tieres z u s a m m e n h ä n g e n , denn j ü n g e r e , erwachsene
99 a u s der gleichen Jahreszeit (aus dem Rheinland) haben einen ge-
schlossenen, dichten Pelz. Erst eine g rösse re Serie k ö n n t e d a r ü b e r A u s -
kunf t geben, ob diese Erscheinung bei dem Vaduzer Stück vie l le icht
i m Zusammenhang mi t den subtropischen U m w e l t v e r h ä l t n i s s e n z w i -
schen den R h e i n d ä m m e n auch als « T r o p e n w a l d t r a c h t » zu deuten ist.
275
wie ich sie bei einigen W a l d m ä u s e n aus der Gegend beschrieben habe
(v. L E H M A N N 1963 a).
Abgesehen von dieser Fel ls t ruktur ist der Ba lg etwas dunk le r als
der der R h e i n l ä n d e r , u n g e f ä h r wie vorl iegende S tücke aus Mi t t e l -
deutschland ( F ü r s t e n w a l d e / S p r e e ) . D ie Unterseite ist hingegen schnee-
weiss und an den Seiten ganz scharf abgesetzt, w ä h r e n d die Rhe in -
l ä n d e r und die Tiere aus Mit te ldeutschland dort e in leicht ge lb l ich
ge tön te s Weiss und einen breiten, re in orangefarbigen Ü b e r g a n g s s a u m
zeigen. Es mag sein, dass diese Unterschiede nur z u f ä l l i g s ind, ö r t l i che
Var ian ten i m Rahmen der sehr stark aufgesplitterten Populat ionen,
w o r ü b e r B A U E R (1960) berichtete; es ist aber ebensogut m ö g l i c h , dass
sie umweltbedingt sind, w e n n m a n bedenkt, dass die Z w e r g m ä u s e i n
Liechtenstein i n ausgesprochen nassen, anmoor igen Strichen des Strom-
tales leben (Phalaridetum, Phragmitetum, Molinion), w ä h r e n d die —
hel len — vergl ichenen Bälge aus dem Bonner R a u m aus absolut trok-
kenen Getreidefeldern bezw. trockenen Kahlschlagbiotopen kommen .
— A u f jeden F a l l muss festgestellt werden, dass die sog. Zwei fa rb igke i t
(Schultern und V o r d e r r ü c k e n ol ivgrau, hinterer R ü c k e n ocker) i m W e -
sten Mitteleuropas eine ausgesprochene J u g e n d f ä r b u n g darstellt; erst
v o l l ausgewachsene Tiere ( im zwei ten Lebenssommer ?) nehmen hier
die reine, he l l rotbraune O b e r s e i t e n f ä r b u n g an. —
Die K ö r p e r a b m e s s u n g e n des, bemerkenswert grossen Zwergmaus-O.
aus V a d u z wurden schon mitgeteilt (1957/62). Dementsprechend ist
auch der S c h ä d e l mit C B = 18, Zyg . = 9,6 m m sehr gross u n d ü b e r -
t r i f f t i n der Länge alles, was M I L L E R (1912) aus Westeuropa v e r ö f f e n t -
licht hat. Es w ä r e interessant, festzustellen, ob sich dies auch bei
g r ö s s e r e n A u f s a m m l u n g e n aus Liechtenstein bes tä t ig t , ob sich also
hier, i m ausgesprochen w a r m e n Rheinta l , g rösse re Fo rmen erhielten
(oder herausbildeten) als i m k ü h l e r e n Norden . —
Die Zwergmaus ist i n den wei ten F l ä c h e n des Riedes i m Liechten-
steiner Rhe ina l sicher nicht a l l z u selten, wobe i m a n b e r ü c k s i c h t i g e n
muss, dass bei dieser A r t ü b e r a l l r e g e l m ä s s i g sehr starke Bestands-
schwankungen vo rkommen . H i e r ü b e r berichtet auch schon v. K Ö N I G -
W A R T H A U S E N (1875), der viele V o r k o m m e n s p l ä t z e der Zwergmaus
(in Getreidefeldern, Rieden, S ü m p f e n und an Teichen) i n Oberschwa-
ben u n d aus dem A l l g ä u nennt. Ich selbst habe A n f a n g November 1962
i m sog. Bannriet , unmit te lbar am K a n a l das abgebildete Zwergmaus-
276
Abb. 19 — Zwergmausnest im Liechtensteiner Ried
Abb. 20 u. 21 - Zwergmäuse (in Gefangenschaft)
277
nest ( A b b . 1 9 ) i m mannshohen Rohr gefunden und b in sicher, dass
i n der Umgebung noch mehr Nester vorhanden waren . — Dass die
Zwergmaus i n Liechtenstein t a t s ä c h l i c h i n manchen Jahren stellen-
weise sehr stark auftritt, e r fuhr i ch auch gelegentlich von H e r r n Regie-
rungschef Alexander F R I C K , der m i r e r z ä h l t e , dass er vor v ie len Jahren
i n e inem Getreideschlag an e inem bewachsenen Graben i m Ried eine
ganze Menge kleiner M ä u s e i n den H a l m e n beobachtet habe. —
D a die Zwergmaus f ü r das Alpengebiet doch noch eine Seltenheit
bedeutet, ( B A U M A N N kannte sie ü b e r h a u p t nicht, v. B U R G kannte sie
wahrschein l ich , hat ih r aber einen anderen N a m e n gegeben: Mus syl-
vaticus bergaliensis — «diese Z w e r g f o r m der W a l d m a u s kommt i m
Bergell , jedoch recht selten vor. Wiegt 8 — 12 g». [1921 p. 5]), m ö g e n
die Abb i ldungen meiner Gefangenschaftst iere ( A b b . 2 0 und 2 1)
die akrobatische Klettertechnik (mit H ä n d e n , F ü s s e n und Schwanz)
dieser Spezialisten des Ha lmenwaldes veranschaul ichen. —
W a l d m a u s ( K l . W a l d m a u s ) — Apodemus sylvaticus inter-
medius B E L L A M Y 1839
M a t e r i a l : 207 Exemplare gesammelt und vermessen (davon vor-
handen i m M u s e u m A . Koen ig -Bonn : 43 Bälge, 23 A l k o h o l - S t ü c k e ,
43 E i n z e l s c h ä d e l ) , S c h ä d e l r e s t e von mindestens 5 Tie ren i n Schleier-
e u l e n g e w ö l l e n , die aber vie l le icht z u m T e i l zur folgenden Ar t ge-
h ö r e n . Ausserdem einige Bälge i n den Zoo l . Staatssammlungen i n
Vaduz . —
Die nachfolgende Tabel le bringt die ü b l i c h e n Abmessungen von
40 erwachsenen Tieren aus Liechtenstein i m Verg le ich z u solchen aus
der Vore i f e l , dem H o h e n V e n n u n d z u meiner A u f s a m m l u n g aus
Ka lab r i en (La Sila) , die der (grösseren) Unterart dichrurus z u g e h ö r t .
Die Liechtenstein-Tiere g e h ö r e n nach der Zahnabnutzung i n die
Gruppe 4 und 5 (nach F E L T E N , 1952), nur drei s ind noch etwas j ü n -
ger (Nr. N r . 56/143, 57/20, 61/73, alle Gruppe 3 = Abnutzungsspuren
an M'1 und M 3 ) . . Diese drei W a l d m ä u s e l iegen aber andererseits i n
a l len Massen ü b e r dem Durchschnit t , i n manchen Abmessungen so-
gar erhebl ich d a r ü b e r , z. B . i n den H i n t e r f u s s l ä n g e n : 23 — 23.5 —
24 m m ! —
278
n CB Zyg. Schbr. K + R
M i n . 0 Max. Min. 0 Max. Min. 0 Max. Min. 0 Max. Min. 0 Max.
I 40 21,6 23 24,7 (22,3*)(23,9) (25,4) 12,2 12,8 14 11,2 11,6 12 81 95 107
Schw. Hf,
Min. 0 Max. Min. 0 Max.
75 89,7 104 20,5 22 24
n CB K + R Schw. Hf.
0 0 0 0
II 35 (23,7) 93,8 87,3 21,7
III 45 (23,39) 91,7 82,6 21,5
IV 17 (24,2) 98,7 93,2 22,4
1 = Liechtenstein, II = Voreifel (Ersdorf), III = Hohes Venn, IV = Kalabrien.
') Die eingeklammerten Werte sind die Entfernung vom hinteren Rand der Con-
dylen bis zum Vorderrand des Prämaxillare, die andere CB-Reihe ist bis zum
vorderen Rand der oberen Schneidezähne gemessen.
Die Zusammenste l lung zeigt, dass die W a l d m ä u s e i n Liechtenstein
i n der Grösse zwischen den Tieren aus der V o r e i f e l und den Mi t t e l -
m e e r w a l d m ä u s e n der Unterart dichrurus l iegen. A u f f ä l l i g ist die
G r ö s s e n s c h w a n k u n g bei der S c h ä d e l l ä n g e und H i n t e r f u ß s o h l e . W i e
ich schon i n f r ü h e r e n Arbe i ten a u s f ü h r t e , besteht sowoh l i n der V o r -
e i fe l (Ersdorf, K r . Bonn) als auch i n Liechtenstein bei manchen E x e m -
plaren der dringende Verdacht, dass es s ich dabei u m Bastarde z w i -
schen W a l d m a u s und Gelbhalsmaus (Apodemus tauricus) handelt ;
darauf deuten nicht nur die grossen Abmessungen, sondern auch die
F ä r b u n g zeigt eine deutliche Transgression. So wurde z. B. eine W a l d -
maus am 3. Januar 1957 i n der Rhe inau gefangen, die z w a r k le ine
Abmessungen ($ , K + R 81, Schw. 83, Hf . 21,5, O h r 16, G e w . 17 g,
C B 22,7 [23,5], K U H N leg.), aber eine Brustzeichnung hat, die der
Sammler wie folgt skizziert hat: ^> w <^ Dies ist aber eine typi -
sche und h ä u f i g e Brustzeichnung der Gelbhalsmaus !
T a t s ä c h l i c h besteht nun auch i n Liechtenstein eine weitgehende
Verzahnung der L e b e n s r ä u m e dieser beiden Ar ten , die i n diesem Aus-
masse und i n dieser F o r m sicher erst mi t dem Z u r ü c k d r ä n g e n der ge-
schlossenen W a l d b e s t ä n d e durch Kul tu rmassnahmen i n geschichtl i -
cher Zeit entstand. D ie folgende G e g e n ü b e r s t e l l u n g veranschaulicht
das Auf t re ten der beiden Ar t en an den einzelnen P l ä t z e n an ergiebi-
gen Fangtagen (bezw. i n Fangperioden) i m Sommer.
279
Fangplatz Datum Waldmaus Gelbhals- Rötelmaus übrige Klein-
maus Säuger
Wäldchen
Sevelen-Brücke 25. VIII.1960 14 (100°/o)
Rüfe Gamander 24. VIII. 1961 7 ( 29»/o) 7 (29 %>) 10 (42 %)
Schloss (Waldrand
a. d. Wiesen nördl.)
21. - 23. VIII. 1956 1 ( 4,5°/o) 10 (45,5%) 6 (27,3°/o) 5 (22,7»/o)
Schloss (unterhalb
Gästehaus) 28. VIII. 1961 9 ( 45°/o) 2(10 %) 8(40 •/•) 1(5 °/o)
Rotenboden
(Waldheim) 19. - 26. VII. 1961 9 (34,6°/o) 5(19,2%) 8(30,7°/») 4(15,5°/«)
Silum 10. - 17. VIII. 1956 3 ( 3,8°/o) 1 ( l,3°/o) 29 (36,5°/o) 46 (58,4%)
Sükka 18. - 26. VI. 1962 1 ( 2,4%) 9 ( 22%) 16 ( 39%) 15 (36,6%)
Es lässt s ich daraus z u n ä c h s t ersehen, dass i n den k le inen W ä l d -
chen i m K u l t u r l a n d der Rheinebene das Hauptvorkommensgebie t der
Waldmaus liegt (nur i n den A u w ä l d e r n gibt es e inen k le inen Ge lb -
halsmausbestand), und dass i n den Hochlagen u m 1500 m auf der
Rheinseite (Silum) beide A r t e n bis auf etwa 5°/o der Fangstrecke zu-
r ü c k g e h e n . Dazwischen , d. h. i n der co l l inen u n d unteren Bergwald-
stufe machen beide A r t e n zusammen stets mehr als die H ä l f t e der
Gesamtstrecke aus, wobei das Z a h l e n v e r h ä l t n i s zueinander ausser-
ordent l ich wechseln kann. (Dies ist durchaus nicht i m m e r vorausseh-
bar oder öko log i sch e r k l ä r b a r , u n d m a n hat m a n c h m a l den E i n -
druck, dass Massenvermehrungen der W a l d m a u s i n e inzelnen Jahren
diese Verschiebungen bewirken) . In dem kal ten Osthang des Samina-
tales gab es (in H ö h e n zwischen 1300 und 1400 m) bezeichnender-
weise einen guten Bestand von G e l b h a l s m ä u s e n und ü b e r h a u p t keine
W a l d m ä u s e ; nur unten am Bach, unterhalb des « Z ü g w a l d e s » , bei
1200 m, f ing sich eine junge Waldmaus , die of fenbar auf der Wander -
schaft war. —
Die Liechtensteiner W a l d m ä u s e , bei denen es sich hier also nu r
u m die Popula t ion der Rheinseite des Gebirges handelt , s ind nur
wenig kleiner (Hinterfuss, S c h ä d e l l ä n g e ) als die grossen Tiere i n an-
deren Te i l en der Westalpen (cf. B A R R E T - H A M I L T O N 1900, M I L L E R
1912 — Genf, Bern, U r i , Tessin —, v. B U R G 1921 — M ü n s t e r t a l ,
G r a u b ü n d e n — ). Sie zeigen ausserdem die Neigung, die P h ä o m e l a -
nine zu vermehren, so dass die Bauchseite des Felles oft orangefarbig
ü b e r f l o g e n ist, und ausserdem t r i f f t m a n ab u n d z u Tiere mi t extrem
280
d ü n n e m H a a r k l e i d ( « T r o p e n w a l d t r a c h t » , cf. v. L E H M A N N 1961 a,
1963 a). D ie folgende Zusammenste l lung bringt die A u f t e i l u n g der e in-
zelnen Zeichnungstypen der Unterseite i n verschiedenen Fanggebieten
( = 42 Bälge) .
Fangplatz stark rötlich grosser kleiner Kehlfleck
überflogen Kehlfleck oder fehlend
Gruaba, Waldheim,
Masescha. Profatscheng 7 5 5
Gästehaus u Umgebung 3 (davon 2 dünn 2 4
behaart !)
Schloss, Rheinau, Auwald 2 7 (einschliessl. rote 7
Medianlinie !)
12 14 16
M a n kann nach dieser groben B ü n d e l u n g sagen, dass fast e in Dr i t -
tel der Bälge unterseits eine deutliche R o t f ä r b u n g («übe r f logen») zeigt,
und dass von diesen u n g e f ä h r jeder sechste die o. a. d ü n n e Fel ls t ruktur
aufweist . — Eine weisse Schwanzspitze tritt ab und zu auf. —
Die taxonomische Stel lung der westa lpinen W a l d m ä u s e w i r d nur
v e r s t ä n d l i c h , wenn m a n z w e i bestimmte Komponenten i m Auge b e h ä l t :
D ie Nachbarschaf t der grossen Mi t te lmeerwaldmaus (55p. dichrurus),
die bis i n die i ta l ienischen A l p e n verbreitet ist (cf. M I L L E R 1912), u n d
die H ö h e n l a g e , die ( im Zusammenhang mi t dem k ä l t e r e n K l i m a ) be-
kann t l i ch bei v ie len k le inen und mittelgrossen S ä u g e r n des f re ien
Raumes (unter nicht zu u n g ü n s t i g e n L e b e n s u m s t ä n d e n !) eine G r ö s s e n -
steigerung hervorruf t ( B E R G M A N N ' s c h e Regel). D e r G r ö s s e n w u c h s ist
aber n a t ü r l i c h nicht a l l e in aus den heute bestehenden U m w e l t v e r h ä l t -
nissen abzulei ten (die w a r m e n S t r o m t ä l e r k ö n n e n z. B . heute k l e i n -
w ü c h s i g e oder grosse Formen beherbergen: kle ine Rassen — R h e i n -
Main-Gebie t (cf. F E L T E N 1952), Po-Ebene, ssp. clanceyi (cf. H A R R I -
S O N 1947); grosse Rasse — Liechtensteiner Rhein ta l !), sondern aus
den Gegebenheiten der historischen Besiedlung eines Raumes von ge-
netisch und morphologisch verschiedenen Gruppen zu verstehen. So
w i r d m a n die s ü d - s c h w e i z e r i s c h e n u n d westa lpinen grossen Hochge-
bi rgsformen als eine Unterart ansehen k ö n n e n , die der Mit te lmeer-
waldmaus (dichrurus) sehr nahe steht und bei einer Revis ion des gan-
zen Rassenkreises wahrsche in l i ch den N a m e n alpinus v. B U R G 1921
erhalten muss (obwohl die Diagnose, die v. B U R G gibt, nicht i n a l len
Punkten k la r ist). Terra typica: M ü n s t e r t a l , G r a u b ü n d e n . — Die L iech-
281
tensteiner W a l d m ä u s e g e h ö r t e n z w a r u r s p r ü n g l i c h , d. h . ihrer Her-
kunf t nach, auch zu der grossen Bergform der A l p e n , deren Refugien
w ä h r e n d der Vereisungen wahrsche i l i ch nicht a l l z u wei t von den A l -
pen geblieben waren (Tessin, R h ö n e t a l ? ) , sie s ind aber nicht mehr als
die reine Alpenrasse, sondern als eine M i s c h f o r m anzusehen, die auch
mi t der Tendenz zur R o t f ä r b u n g schon die Beziehungen zur at lanti-
schen Faunengruppe zeigt. B A R R E T T - H A M 1 L T O N (1900) hat schon
vor mehr als e inem halben Jahrhunder t die w e s t e u r o p ä i s c h e n Popu-
lat ionen der W a l d m a u s z u intermedius gestellt, z u einer i n t e r m e d i ä r e n
Fo rm also («It is at a l l events appropriate to an a n i m a l w h i c h is d i -
stinctly intermediate i n its characters between several sur rounding
subspec ies») , die u r s p r ü n g l i c h aus Grossbr i tannien (Devonshire, Eng-
land) beschrieben wurde. Er e r w ä h n t auch das charakteristische Rot
auf der Unterseite ( « . . . a th in rufous l ine or as a rather broad and
d i f fused ye l lowish staining of the be l ly») , u n d die von i h m angege-
benen Masse entsprechen auch durchaus denen der Liechtensteiner
Popula t ion (K + R 92 — 92,6, Schw. 84,5 — 88,2, H f . 22,5 — 22,7,
gröss te S c h ä d e l l ä n g e 25 — 26 [ = C B ca 22,8 bezw. 23,9]). D a m i t ist
die Waldmaus Liechtensteins, w ie viele andere K l e i n s ä u g e r dieses
Raumes, e in verbindendes G l i e d zwischen den Formen der Hocha lpen
und der Ebene. —
In letzer Zeit hat das Auf t re ten g r o s s w ü c h s i g e r Popula t ionen der
Waldmaus (die ausserdem noch durch eine grosse V a r i a t i o n gekenn-
zeichnet sind) noch die andere Deutung gefunden, dass m a n weit-
gehendste Verbastardierungen zwischen Apodemus sylvaticus und
Apodemus tauricus, also zwischen W a l d - und Gelbhalsmaus , auch i m
Westen des Verbreitungsgebietes ann immt (ENGLÄNDER & A M T -
M A N N 1963). Im einzelnen so l l dieses P rob lem jedoch erst bei der
Besprechung der Gelbhalsmaus e rö r t e r t werden. —
G e l b h a l s m a u s (Grosse Waldmaus) — Apodemus tauricus fta-
vicollis M E L C H I O R 1834
M a t e r i a l : 51 Exemplare gesammelt und vermessen (davon 27
gebalgt).
F ä r b u n g : Oberseits haben die G e l b h a l s m ä u s e des Untersu-
chungsgebietes die charakteristische Verdunke lung der R ü c k e n m i t t e
und den mehr oder weniger stark a u s g e p r ä g t e n Ocker ton an den Seiten,
282
der sich oft auch auf der Brustzeichnung sehr deut l ich bemerkbar
macht. Eine Minderhe i t der alten Tiere hat diese Stellen jedoch wesent-
l i c h matter, staubgrau, ge tön t . D ie F o r m des Brustfleckes zeigt eine
gleitende Reihe v o m typischen «wintoni»-Kreuz mi t brei tem Quer-
balken (etwa die H ä l f t e der Bälge . Siehe auch A b b . 22) bis z u e inem
Abb. 22
Gelbhalsmaus mit „Wintoni"-
Brustzeichnung
(Foto Liselotte Dorfmüller-Laubmann)
kle inen Mit te l f leck i n F o r m eines schmalen Ovals i n der Längs r i ch -
tung des K ö r p e r s (cf. B A R R E T - H A M I L T O N l . c. p. 387, A b b . 1). E i n
Ba lg hat die ganze Unterseite au f f a l l end gelb ü b e r f l o g e n , w ie es auch
schon bei der W a l d m a u s beschrieben wurde. Dieses Exempla r und ein
weiteres zeigt ausserdem die extrem d ü n n e Behaarung ( « T r o p e n w a l d -
t r ach t» ) , und es ist sicher ke in Z u f a l l , dass das Stück i m Auwa lds t r e i f en
am Rhe in gefangen wurde (Nr. 60/3). — Pf lanzensozio logisch ist dieser
sehr interessante W a l d , auf den i c h schon wiederhol t eingehen
konnte (v. L E H M A N N 1954, 1963 a), nach O B E R D O R F E R (1957) der
planare Er l en -Eschen-Auwald der Populetalia (der Euros ib i r i schen
A u e n w ä l d e r ) . V o n einer dieser Auenwa ld -Assoz ia t i onen sagt O B E R -
D O R F E R kennze ichnend: « . . . i n den tief gelegenen A u e n der grossen
s ü d d e u t s c h e n S t r ö m e . . . . D ie pflanzengeographische Struktur w i r d
bei der Gunst der k l imat i schen Lage durch s u b m e d i t e r r a n e
283
Züge bestimmt, die unmit te lbar z u m Populion albae des Mi t t e l -
meergebietes ü b e r l e i t e n » . (Sperrung v o m Verf . ) . A u f das feucht-
warme M i k r o k l i m a und den a u s s e r g e w ö h n l i c h e n Schneckenreichtum
dieser durch die D ä m m e g e s c h ü t z e n Walds t re i fen habe i ch schon a. O .
hingewiesen (cf. die Flurbeze ichnung « S c h n e c k e n ä u l e » zwischen Rug-
gell und Bangs !) und dabei die E i n w i r k u n g dieses M i l i e u s auf die
K l e i n s ä u g e r beschrieben. — Andererseits erscheinen die Ende J u n i i m
Saminata l gefangenen G e l b h a l s m ä u s e deut l ich langhaariger als die
Sommertiere der Rheinseite. —
M a s s e : D ie folgende Tabel le bringt die Abmessungen von 30 v o l l
erwachsenen Tieren (Gruppe 3 — 5) g e g e n ü b e r me inen i n der V o r e i f e l
gefangenen G e l b h a l s m ä u s e n . M a n sieht eine gute Ü b e r e i n s t i m m u n g ,
auch mit den k ü r z l i c h von U R S I N (1956) vermessenen Tieren v o n der
Terra typica (Sielland, D ä n e m a r k ) , abgesehen von der relat iven Lang-
s c h w ä n z i g k e i t , die sich e r w a r t u n g s g e m ä s s v o m F lach land zu den H o c h -
alpen steigert.
n CB Zyg. Schbr. K+R
Min. 0 Max. Min. 0 Max. Min. 0 Max. Min. 0 Max. Min. 0 Max.
I 30 24 25,3 27 (25) (26,37) (28) 12,6 13,7 15 11,5 11,9 12,4 92 104,7 121
Schw.
Min. 0 Max.
Hf.
Min. 0 Max.
100 113 131 22,5 24,25 24,5
n
0
CB
0
K+R
0
Schw.
0
Hf.
0
II 21 (26,5) 107.1 109 24,3
III 30 25.73 108 108,6 24,49
I = Liechtenstein, II = Voreifel, III = Sielland (nach URSIN). Die einge-
klammerten Werte s. Tabelle Waldmaus !
W i e schon bei der W a l d m a u s e r w ä h n t , f and sich die Gelbhalsmaus
auf der Rheinseite des Gebirges ü b e r a l l mit der kle ineren A r t zusam-
men, hatte aber ihre gröss te Dichte i n der co l l inen und unteren Berg-
waldStufe. also i m Bereiche der L a u b w ä l d e r . In der w a r m e n Rhe in-
ebene f ingen w i r nur einige wenige Tiere i m Auwalds t r e i f en , und
ebenso war die obere Bergwaldstufe, also die reinen F i c h t e n b e s t ä n d e
bei etwa 1500 m (Silum) nur sehr d ü n n besiedelt. Das k ü h l e Hoch ta l
des Saminabaches hatte z w a r einen n o r m a l starken Bestand, aber die
Funde konzentrierten sich hier auf die charakterist ischen P lä t ze i n
284
Q u e l l - und Bachschluchten resp. an H ä n g e n , w ä h r e n d i m Inneren der
F i c h t e n b e s t ä n d e keine F ä n g e notiert wurden . Im ganzen ist die Be-
standsdichte aber stets wesent l ich geringer als die der Waldmaus , auch
i n f ü r die Ge lbmaus opt imalen L e b e n s r ä u m e n (schattige L a u b w ä l d e r ) ,
w o h i n ih r die k le ine A r t nicht i m m e r folgt. Dies zeigt s ich bei a l len
Fangstrecken i n Westeuropa, die e in g rösse res Gebiet umschliessen
(Liechtenstein 1 :4 , Hohes V e n n 1:6,5, V o r e i f e l 1 : 5 ; vergl . auch
F E L T E N , v. B U R G , D A L I M I E R ) . Es ist wich t ig , dies i m Auge zu behal-
ten bei der Beur te i lung des Bastardierungsproblemes.
W i e schon oben e r w ä h n t , haben k ü r z l i c h E N G L Ä N D E R + A M T -
M A N N eine v o r l ä u f i g e , kurze Mi t t e i lung z u diesem Fragenkomplex
gegeben (1963), wobe i durch eine « q u a n t i t a t i v e M e t h o d e » , also durch
ein G e g e n ü b e r s t e l l e n von best immten Körpe r - und S c h ä d e l m a s s e n , e in-
zelne Apodemus-Populationen analysiert werden. (Ich danke an dieser
Stelle nochmals besonders den Her ren Autoren , die m i r einen D u r c h -
schlag dieser Arbe i t schon w ä h r e n d des Druckes zuschickten). In der
V e r ö f f e n t l i c h u n g , die durch a n g e k ü n d i g t e , s p ä t e r e Mi t te i lungen erwei-
tert werden so l l ,w i rd eine Popula t ion v o n W a l d m ä u s e n untersucht,
die i n der N ä h e von Bonn auf e inem vor dre i Jahren durch Rodung
und Drainage kul t iv ie r ten A c k e r l a n d lebt, auf dem Z u c k e r r ü b e n und
Getreide angebaut werden. N a c h den Messergebnissen zeigt sich «deut -
l i c h die A u f l ö s u n g der spezif ischen Korre la t ionen und die K o m b i n a t i o n
sonst spezif ischer morphologischer Masse beider Ar t en bei einer Reihe
von I n d i v i d u e n » . Hieraus und aus der enormen Bestandsdichte w i r d
auf Bastardierung auf breiter Basis geschlossen. —
N a c h br ie f l i cher Mi t t e i lung des einen Verfassers ( A M T M A N N
briefl .) ist die G r o s s w ü c h s i g k e i t der Liechtensteiner Wa ldmauspopu-
la t ion ebenfalls i n der Hauptsache dadurch entstanden, «dass geneti-
sches Mate r i a l der g r ö s s e r e n A r t eingeflossen ist». E r k l ä r t w i r d das
Zustandekommen von den Auto ren m i t dem Fa l l en der ö k o l o g i s c h e n
Barr ieren, d. h. des Waldes , wodurch z. B . auch i n S ü d e u r o p a die zu-
nehmende H ä u f i g k e i t der B a s t a r d i e r u n g s m ö g l i c h k e i t e n (und damit ver-
bundene morphologischen A n ä h e r u n g der beiden Arten) besteht bezw.
bestand. —
Im Fal le Liechtenstein ist, wie oben schon mehr fach a u s g e f ü h r t ,
die En twa ldung der Rheinebene und der co l l inen Stufe (zum T e i l auch
der Bergwaldstufe) w ie ü b e r a l l i n den A l p e n t ä l e r n wei t vorangetrieben
285
worden. Dami t s ind einerseits durch die A u f l o c k e r u n g der Landschaft
(Park- und G e b ü s c h l a n d s c h a f t ) die Lebensbedingungen f ü r die W a l d -
maus ü b e r a l l besser geworden, und andererseits ist — mit der erheb-
l ichen Ausdehnung der Wald randzonen — eine starke V e r g r ö s s e r u n g
der Kontaktzone mi t der wa ldbewohnenden Gelbhalsmaus entstanden.
H i n z u kommt die K l i m a w i r k u n g i n warmen , sonnenseitigen H a n g -
lagen, die nicht ohne Einf luss auf die E n t w i c k l u n g dieser Gelbhals-
maus-Populat ionen bleiben d ü r f t e , w e n n m a n davon ausgeht, dass die-
se A r t erst i m D i l u v i u m , also vor nicht sehr langer Zeit, als Anpas -
sungsform an das k ü h l - f e u c h t e K l i m a der W ä l d e r entstand (cf. v.
L E H M A N N 1962 c). M a n k a n n es s ich also gut vorstellen, dass sowohl
öko log i sche als auch morphologische V e r ä n d e r u n g e n i n West- und
S ü d e u r o p a die Voraussetzungen f ü r gelegentliche Bastardierungen ge-
ben, und t a t s äch l i ch konnten ja auch i n m e i n e m Mate r i a l manche Tiere
nur als Bastarde angesehen werden (s. o.). — Betrachtet m a n aber das
von E N G L Ä N D E R & A M T M A N N e r w ä h n t e Fanggebiet bei Bonn , dann
k o m m e n m i r Bedenken i m H i n b l i c k auf eine sehr weitgehende A r t k r e u -
zung, die schon nach drei Jahren i n dem Bestand deut l ich werden sol l .
Z u n ä c h s t folgendes: Bei jeder Rodung w i r d s ich die Gelbha lsmaus
i n den verbl iebenen T e i l des Waldes (wenn e in solcher, wie i m Fal le
Bonn und Liechtenstein, vorhanden ist) z u r ü c k z i e h e n . Ihre ansich ge-
ringe Dichte w i r d i n dem ü b r i g e n W a l d k o m p l e x sicher eine Ans ied -
l u n g s m ö g l i c h k e i t dieser wenigen Tiere e r m ö g l i c h e n . A u f jeden F a l l
w i r d sie nicht i n das freie Acke r l and , das nach der Rodung entsteht,
z u r ü c k w a n d e r n , w e i l das ihren ö k o l o g i s c h e n A n s p r ü c h e n völ l ig wider-
spricht. Was die N e u l a n d - A c k e r f l ä c h e besiedelt, ist ausschliessl ich die
Waldmaus , die ja bekannt l ich saisonweise ganz aufs Feld ü b e r s i e d e l t
(cf. v. L E H M A N N 1956 b, 1957). — Es ist nun eine andere Frage,
wie m a n diese festgestellten (unkorrelierten) Abwe ichungen der
Neusiedler und ihre grosse Variat ionsbrei te deuten sol l . Z u n ä c h s t
denkt m a n n a t ü r l i c h auch an die bekannte Erscheinung, wonach Po-
pulat ionen nach rascher Ausbre i tung i n e in N e u l a n d infolge u n v o l l -
kommenen Selektionsdruckes s t ä r k e r var i ie ren als die «s tabi len» Po-
pulat ionen. Sicher erfahren w i r aus den s p ä t e r e n V e r ö f f e n t l i c h u n g e n
der Autoren auch noch mehr ü b e r den z a h l e n m ä s s i g e n A n t e i l der Tiere,
die ausserhalb und die innerhalb der no rmalen Variat ionsbrei te der
Wa ldmaus verbl ieben. Sicher kann m a n auch annehmen, dass dort —
286
wie i n Liechtenstein — eine gewisse A n z a h l von Tieren als Bastarde
anzusehen s ind ; dass es e in sehr grosser oder ü b e r h a u p t auf fa l lender
Prozentsatz der Popula t ion ist, m ö c h t e i ch aus den o. a. G r ü n d e n be-
zwe i f e ln . Ist es aber dennoch der F a l l , dann kann diese grosse A n z a h l
von i n t e r m e d i ä r e n Typen, die als Bastarde anzusprechen sind, jeden-
fa l ls nicht a l l e in auf die V e r ä n d e r u n g des Biotopes vor dre i Jahren
z u r ü c k g e f ü h r t werden, sondern der Beg inn der Bastardierung muss
schon wesent l ich weiter z u r ü c k l i e g e n . Ich kann m i r jedenfal ls nur e in
sehr langsames Fortschreiten der «Bas ta rdzone» von den R ä n d e r n , d. h .
von der Kontaktzone aus vorstellen, langsam — wie gesagt — vor
a l l em auch deshalb, w e i l i n den fe ldnahen Biotopen die W a l d m a u s i n
Westeuropa stets sehr v ie l z a h l e n s t ä r k e r ist. Ausserdem sei an dieser
Stelle daran erinnert, dass Bastardzonen, die durch « s e k u n d ä r e Inter-
g r a d a t i o n » zustande kommen , stets m e r k w ü r d i g s tabi l s ind und vor
a l l em nicht breiter werden. Be i dem uns i n Mit te leuropa besonders
g e l ä u f i g e n Beispie l aus der Orn is , Raben- und N e b e l k r ä h e (Zone nur
75 — 100 k m breit), m ü s s t e sie z. B . « längst ü b e r ganz Europa zerf los-
sen sein» (G. K R A M E R 1948). —
Dies s ind aber nur Fragen der graduel len und ze i t l ichen A u s w i r -
kung solcher Bastardierungen, deren Mög l i chke i t m a n also g r u n d s ä t z -
l i ch a p r io r i unterstellen muss. A u s den V e r ö f f e n t l i c h u n g e n russischer
Au to ren ( L A R I N A 1958, B A S C H E N I N A , zit . von H A I N A R D 1962) wis -
sen w i r d , dass solche Bastardierungen i m Kaukasus i n grossen Gebie-
ten nachgewiesen wurden , und es ist daher nicht ausgeschlossen, dass
auch i m Westen und S ü d e n des Verbreitungsgebietes der beiden Ar t en
ä h n l i c h e Fä l l e vorl iegen. Unvere inbar erscheint damit al lerdings einst-
we i l en die Tasache, dass bisher i n ke inem Fal le eine Kreuzung der
w e s t e u r o p ä i s c h e n Vertreter i n der Gefangenschaf t gelang, obwoh l es
mehr fach versucht wurde. M a n kann also gespannt sein, w ie sich die-
ser Widerspruch eines Tages e r k l ä r e n lässt . —
W a n d e r r a t t e — Rattus norvegicus norvegicus B E R K E N H O U T
1769
M a t e r i a l : 9 (Balg + Schäde l ) , G a m p r i n 18. VII I . 1962, Ö* (Balg
+ S c h ä d e l ) , Triesenberg 16. III. 1963
Das alte 9 mi t stark angeschl i f fenen M o l a r e n war a l t s ä u g e n d und
wieder gravid (l inks 4, rechts 3 apfelkerngrosse Keimblasen) . A n -
287
scheinend nur 10 aktive Zi tzen (3 brüs t - , 2 b a u c h s t ä n d i g ) . — Das Stück
ist mit ten i m Haarwechse l (Hautinnenseite u n r e g e l m ä s s i g pigmentiert),
das H a a r k l e i d ausserordentlich d ü n n . Infolgedessen ist auch die cha-
rakteristische weisse Oberseite der Füsse nur s i lber ig grau. — Das alte
ö", mi t ebenso abgeschl i ffenen Mola ren , steht i m W i n t e r k l e i d und hat
einen dichten, k r ä f t i g g e f ä r b t e n , g l ä n z e n d e n Pelz mi t kontrastreichen,
weissen E x t r e m i t ä t e n u n d solcher Unterseite. —
Masse :
K+R Schw. Hf. Ohr CB Zyg. Gewicht
9 210 183 87 37 20 44,9 22,7
6 255 220 86 42 20 50,4 25,7 370 g
Die K ö r p e r m a s s e l iegen bei den Tieren an der unteren und oberen
Grenze, die M I L L E R (1912) a u f f ü h r t , und dies gilt auch f ü r die S c h ä d e l -
abmessungen, w ä h r e n d die von B A U E R (1960) f ü r das Neusiedlersee-
Gebiet a n g e f ü h r t e n Wanderrat ten zwar die gleiche Spanne bei den
S c h ä d e l m a s s e n , aber geringere K ö r p e r l ä n g e n zeigen. —
Das weib l iche Tier f i n g sich auf e inem Wechse l i m Schi l f unmi t te l -
bar a m A b f l u s s k a n a l des sog. G a m p r i n e r Seeli, eines alten, toten Rhe in-
armes. W i e s p ä t e r noch zu zeigen sein w i r d , w i r d dieser Wechse l auch
von anderen hydrophi len bezw. aquatisch lebenden S ä u g e r n benutzt.
Das Ö" stammt aus e inem Kel l e r aus der «Litze» i n Triesenberg. — Die
Wanderratte kommt i n Liechtenstein vor a l len D i n g e n i m Bere ich der
A b f a l l h a l d e n i n R h e i n n ä h e vor und erreicht dort eine hohe Siedlungs-
dichte. O b diese Sippen i m Win te r r e g e l m ä s s i g i n G e b ä u d e ü b e r s i e d e l n ,
ist nicht anzunehmen, w e i l die H a l d e n l aufend beschickt werden und
auch sehr gute Verstecke bieten, bessere und weniger g e f ä h r d e t e jeden-
fal ls als die massiven G e b ä u d e u n d modernen G e h ö f t e i n der Umge-
gend. — Ich habe bei gelegentlichen U m f r a g e n nur von z w e i weiteren
P l ä t z e n etwas erfahren, an denen Ratten f r ü h e r beobachtet wurden :
e i n m a l wurden be im U m b a u einer Kana l i sa t ion i n V a d u z Ratten fest-
gestellt und gefangen, und der andere Platz war die alte Triesenberger
W a s s e r m ü h l e . In beiden Fä l l en handelte es sich also u m Wanderrat ten.
Ob die autochthone Hausratte (Rattus rattus) i n Liechtenstein vorkommt ,
Hess sich bisher nicht feststellen. Das Vorhandense in dieser mehr xero-
phi len Ratte k ä m e nur noch i n alten G e b ä u d e n i n Frage, a m ehesten
i n Bergsiedlungen; aber nach a l lem, was i ch er fahren konnte (und das
ist nicht v ie l , denn die Wenigsten geben es gern zu , i n i h r e m Hause
288
Ratten, also «Ungez ie fe r» zu haben !), scheint es auch i n den Bergdör -
fern k a u m Ratten zu geben. V o r a l len D ingen aus folgenden G r ü n d e n :
l . s ind die G e b ä u d e auch i n den hoch l iegenden W e i l e r n schon weit-
gehend modernis ier t : 2. werden heute wen ig F u t t e r v o r r ä t e , vor a l l em
Getreide, gestapelt u n d 3. werden ü b e r a l l au f f a l l end v i e l Katzen ge-
halten (die al lerdings nur den Jungt ieren g e f ä h r l i c h werden k ö n n e n ) .
Trotzdem k ö n n t e n i n dem einen oder anderen alten Fachwerk- oder
H o l z g e b ä u d e i m Gebirge Ratten ze i twe i l ig Fuss fassen, und hier w ä r e
also auch noch am ehesten die trockenheitsliebende, dunkle Hausratte
zu erwarten.
Bei den abweichenden ö k o l o g i s c h e n A n s p r ü c h e n der beiden A r t e n
liegt also eine echte V e r d r ä n g u n g s v i k a r i a n z , wie sie f r ü h e r a l lgemein
dargestellt wurde, nicht vor, u n d das Z u r ü c k g e h e n der Hausratte i n
manchen Gebieten h ä n g t zwei fe l los nu r mi t den oben angegebenen
V e r ä n d e r u n g e n der U m w e l t zusammen. — N a c h den Untersuchungen
von v. B U R G (1925) sol len zu Beginn des Jahrhunderts i n der Schweiz
noch beide Ar t en i n etwa gleicher H ä u f i g k e i t vorgekommen sein (cf.
H A I N A R D 1962 p. 246 — 247). — Neuerdings hat n u n R. V O G E L (1953)
i n einer Untersuchung der Verbre i tung der beiden Rattenarten i n Süd-
deutschland (3310 Gemeinden ü b e r p r ü f t !) noch eine weitere K o m p o -
nente i m ö k o l o g i s c h e n Bereich herausgestellt: die Temperatur. Das
heisst, die Hausratte ist, entsprechend ihrer s ü d l i c h e n Herkunf t , ther-
m o p h i l , und d e m g e m ä s s ist das v o m Verfasser festgestellte hausratten-
freie Gebiet i n B a d e n - W ü r t t e m b e r g « z u m g röss t en T e i l ausgesproche-
nes Kä l tegeb ie t» . A u s seiner Verbrei tungskarte ist zu ersehen, dass
«das hausrattenfreie Gebiet die ganze A l p mit V o r l a d bis z u m Randen,
das o b e r s c h w ä b i s c h e M o r ä n e n g e b i e t , das B o d e n s e e g e b i e t und
einen T e i l des s ü d l i c h e n Schwarzwaldes mi t der Baar sowie i m Norden
. . . . umfasst (Sperrungen von mir ) , e in geschlossener, grosser
K o m p l e x also, und ü b r i g e n s der T e i l S ü d w e s t - D e u t s c h l a n d s , der L iech-
tenstein am n ä c h s t e n liegt. Die Bedeutung dieser geographischen Lage
ist jedoch sicher untergeordnet, w e n n m a n an das warme K l i m a des
Liechtensteiner Rheintales denkt, und R. V O G E L hat auch auf das
« H a u s k l i m a » als den entscheidenden ö k o l o g i s c h e n Faktor bei der A n -
siedlung und Ü b e r w i n t e r u n g der Hausratte hingewiesen. — In Liech-
tenstein ist also i n den relat iv w a r m e n H o l z h ä u s e r n der rheinseit igen
Bergsiedlungen auch f ü r das V o r k o m m e n dieses u r s p ü n g l i c h mediter-
ranen Säuge r s die k l imat ische Voraussetzung gegeben. —
289
H a u s m a u s — Mus musculus domesticus R U T T Y 1772
M a t e r i a l : 4 Bälge ( + Schäde l ) . 1 Schäde l r e s t aus G e w ö l l e n .
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : Schweiz (6), Westdeutschland (70).
F ä r b u n g : D ie Liechtensteiner H a u s m ä u s e s ind a u f f a l l e n d dun-
kel , b r ä u n l i c h grau, und s t immen in manchen Fä l l en mi t der Feldmaus
und Erdmaus dort ü b e r e i n (s. o.). D ie s t ä r k e r braun durchsetzten V a -
rianten s ind auch an Brust und Unterseite stark gelb ge tön t . Das ande-
re Extrem hat e in helleres, reineres G r a u an den Seiten und Schultern.
Bei a l len ist die R ü c k e n m i t t e stark verdunkelt . Im ganzen ist die kleine
Serie m e r k l i c h dunkler als der Durchschni t t der Bä lge aus West-
deutschland, zeigt also die gleiche Tendenz und sogar das gleiche
Loka lko lor i t wie eine Reihe von K l e i n s ä u g e r n dieses Gebietes, die w i r
schon kennenlernten (Verdunkelung bezw. B r a u n t ö n u n g : Zwergspitz-
maus, Waldspi tzmaus , Feldspitzmaus, R ö t e l m a u s . Schermaus, K l e i n -
w ü h l m a u s , Feldmaus, Erdmaus, Zwergmaus) . — Die vorl iegende Serie
aus Interlaken st immt mi t der aus Liechtenstein i n der Farbe völ l ig
ü b e r e i n . — Die Zehen der H i n t e r f ü s s e s ind bei a l len vier T ie ren mehr
oder weniger ausgedehnt weiss gescheckt, w ie es auch die H a u s m ä u s e
anderer Gebiete zeigen. — Die i m Haarwechse l stehenden Tiere haben
eine ganz u n r e g e l m ä s s i g e Pigment ierung der Haut , w ie bei ä l t e r e n
K l e i n s ä u g e r n und solchen, die — als Kommensa l en — ke inem zei t l ich
begrenzten H ä r u n g s z y k l u s unterliegen (v. L E H M A N N 1958). —
Die Abmessungen bringt die folgende Tabelle .
K+R Schw. Hf, Ohr Gew. CB Zyg.
90-102 82-90 18-18,5 13-15 24-27 g 21,7-22 11,4-11,9
Die Masse s t immen völ l ig mi t den S c h ä d e l a b m e s s u n g e n ü b e r e i n ,
die M I L L E R (1912) f ü r vier Tiere aus St. G a l l e n angibt, und die Körpe i -
masse entsprechen denen seiner H a u s m ä u s e aus Westdeutsch 'and
(Harz) . —
Drei Tiere der Serie f i n g i ch i m August unter G e b ü s c h wei tab von
Siedlungen, aber i n der N ä h e einer grossen A b f a l l h a l d e a m Rhe in
( süd l ich Sevelener Brücke) . Das vierte Stück stammt aus e inem W o h n -
haus i n M a u r e n (H. M E I E R leg.). — O b alle Tiere der Fre i landpopu-
lat ion i m Win te r stets i n G e b ä u d e ü b e r s i e d e l n , scheint i m H i n b l i c k
auf die güns t i ge E r n ä h r u n g s l a g e der g e s c h ü t z t e n , ausserordentlich viele
290
Verstecke bietenden S c h u t t p l ä t z e sehr zwei fe lha f t . D ie Tiere s ind dort
auch, wie schon e r w ä h n t , so « w i l d f a r b i g » , d . h . i n diesem Fal le so
braun ge tönt , wie Feldmaus und Erdmaus des uml iegenden Freilandes.
Das gleiche beobachtete auch R. H A I N A R D 1962: «Les souris qu 'on
rencontre parfois assez l i o n des habitations seraient plus rousses» .
(1. c. p. 249). — D a m i t ist der Lebensraum « A b f a l l h a l d e » e in interes-
santer Biotop « s e k u n d ä r e r » F re i l andfo rmen ! —
Ordnung: Raubtiere — Carnivora
Familie: Hunde — Canidae
W o l f — Canis lupus L . 1758
D a ke in Mate r i a l aus Liechtenstein vorliegt, so l l nu r die Mi t t e i lung
des H e r r n Vors i tzenden des Jagdschutzverbandes gebracht werden.
«Der Wolf war in unserem Gebiet scheinbar immer verhältnismässig selten
und ist auch schon frühzeitig verschwunden. In den mir zugänglichen Wald-
amtsjournalen vom Jahre 1830 ab wird er nirgends als erlegt erwähnt und ich
fand auch keine Aufzeichnung von Schusslöhnen, Prämien oder Schadensfällen
an Haustieren.
Allerdings wird er in der schon oben erwähnten Embser Chronik noch für
die Gegend von Bludenz als Standwild im 17. Jahrhundert erwähnt und ist
dort auch zusammen mit dem Luchs abgebildet. Einige Namen von örtlich-
keiten im Lande dürften auf sein früheres Vorkommen deuten, so z. B. Wolfs-
bühel bei Eschen, obwohl nicht jede Ortsbezeichnung mit dem Worte Wolf
mit dem Raubtier direkt zusammenhängt, vielmehr mit dem in Liechtenstein
sehr häufigen Familiennamen Wolf. —
Ein Hinweis auf die Bedeutung des grossen Raubwildes bei der Bevölke-
rung ist jedoch der nachfolgende «Betruf» der Sennen, der abends heute noch
in Malbun, Pradame u. a. O. gebetet wird:
Behüt Gott und unser lieb Herr Jesus Christ
Unser Hab und Gut und alles, was hie umme ist . . .
Bann den Bären die Tazzen,
Dem Wolf den Fang.
Verschliess dem Luchs den Zahn,
Dem Stein den Gang . . . . » (A. Schädler. 1917)
291
M i t t e l e u r o p ä i s c h e r R o t f u c h s — Vulpes vulpes crucigera
B E C H S T E I N 1789
M a t e r i a l : 1 Schäde l , gefunden Rhe inau Vaduz , 3. Januar 1957
(Hj . K U H N leg.) und zahlre iche S t o p f p r ä p a r a t e i n den Schulen
des Landes.
M a s s e : C B 137, Zyg . 78,3 m m (geschlossener Sche i te lkamm bis
Scheitel-Stirnnaht).
Dami t entspricht das Stück vö l l ig den von M I L L E R (1912) und
B A U E R (1960) angegebenen G r ö s s e n w e r t e n des m i t t e l e u r o p ä i s c h e n
Rotfuchses.
Eigene Beobachtungen b e s c h r ä n k e n sich auf e in gelegentliches
«Sprengen» eines Fuchses i m Februar 1962 unter den D i e l e n eines leer
stehenden Stalles i m Schaaner Ried durch den hirschroten Kurzhaa r -
dackel «Je remias» des P r i n z e n Hans v. u. z. L I E C H T E N S T E I N a n l ä s s -
l i c h einer Wiese l fangakt ion .
Die Waldamts journa le der Fürs t l . D o m ä n e n v e r w a l t u n g , auf die
spä t e r noch n ä h e r einzugehen ist, und die etwa die H ä l f t e des Unter-
suchungsgebietes auswerten, br ingen nur f ü r einige Jahre, ab 1832
Strecken von j ä h r l i c h vier bis acht F ü c h s e n mi t der grossen A u s n a h m e
von 1867, als 15 Stück erlegt wurden . D ie Rechenschaftsberichte der
Regierung f ü h r e n ab 1922 die nachfolgenden A b s c h ü s s e ( im ganzen
Gebiet) an :
1922 46 (86) 1935 60 (61) 1948 23 (148)
1923 69 (59) 1936 89 (52) 1949 42 (118)
1924 66 (118) 1937 63 (50) 1950 46 (152)
1925 43 (85) 1938 50 (72) 1951 57 (121)
1926 67 (114) 1939 67 (53) 1952 69 (110)
1927 53 (52) 1940 47 (78) 1953 23 (83)
1928 47 (59) 1941 52 (134) 1954 78 (110)
1929 33 (63) 1942 40 (158) 1955 63 (44)
1930 31 (57) 1943 34 (211) 1956 75 (43)
1931 39 (68) 1944 34 (193) 1957 82 (42)
1932 49 (57) 1945 49 (146) 1958 77 (30)
1933 55 (75) 1946 18 (205) 1959 100 (39)
1934 73 (102) 1947 29 (234) 1960 69 (25)
292
Die i n K l a m m e r n dahinter gestellten Abschusszahlen des Feldhasen
lassen eine gewisse Beziehung erkennen: D ie hohen F u c h s a b s c h ü s s e
( = hoher Bestand). Ende der 30er Jahre hal ten die Hasenstrecken
n iedr ig ; ebenso ist es wieder ab 1954, w ä h r e n d umgekehrt die «gu ten
H a s e n j a h r e » dazwischen geringe F u c h s b e s t ä n d e erkennen lassen. Ne -
ben v ie len anderen Faktoren ist also der Fuchs i n Liechtenstein e in
wesentl icher Regulator der H a s e n b e s t ä n d e . — Nachfo lgend der Bericht
des H e r r n Jagdschutzverbandsvorsi tzenden.
«Füchse — Füchse — Füchse — überall und zu jeder Zeit gibt es sie im Lande
Liechtenstein. Die Ursache der Häufigkeit dürfte die überaus günstige ökolo-
gische Beschaffenheit sein, da hier Gebirge, Hügelland, Ebene, Flüsse und
Bäche, Wald, Weiden und Felder bunt gewürfelt aufeinanderstossen und durch
die noch dazu überall verteilten Dörfer und Einzelgehöfte Nahrung und Heck-
möglichkeiten in reicher Auswahl zur Verfügung stellen.
In den Jahren nach dem Kriege bis 1950 war die Räude stark vertreten,
vielleicht ausgelöst durch giftige Mausbekämfungsmittel. Doch konnte sie die
Fuchspopulation nie ernstlich gefährden. Die räudigen Füchse sind meist ziem-
lich zahm, da sie durch Nässe und Kälte leiden und ungeniert auch neben
Strassen und Siedlungen beim hellichten Tage auf Futtersuche sind.
Der Fuchs ist vom Rheintal weg bis in die Höhen des Gebirges an der
Schneegrenze verbreitet. Er dringt auch in die Dörfer, meist am zeitigen Mor-
gen, ein. So habe ich einmal beim Engländerbau mitten in der Vaduzer City
einen Fuchs gesehen. Seine Baue hat er gerne in der Buchenwaldzone unter
Steinen und Wurzeln, auf exponierten Riegeln, dann unter Almställen und
ebenso in der Ebene unter Torfhütten und in den Rheindämmen und Wuhren.
Ein bevorzugter Platz ist auch der lang hingezogene schmale Auwald zwischen
Rhein und Wuhr, wo lockerer Kies und Sand zum Graben der Baue lockt.
Notbaue werden auch gerne unter alten Strohtristen und in den Ufern schma-
ler Entwässerungskanäle angelegt.
Bejagt wird der Fuchs, meist zufällig, bei der Pürsch auf anderes Wild
oder bei den Treibjagden auf Hochwild und Hasen im Herbst und Winter.
Bei solchen Treiben wurden schon bis 10 Füchse am Tag erlegt, Hasen waren
entsprechend weniger. Seltener wird er mit Hilfe der Quäcke und des An-
sitzens am Luderplatze bejagt; öfters schiesst man dagegen einen Fuchs wenn
er besonders im Winter um die Häuser streicht, und die Jagdherren mit ihren
Benzineseln bei Nacht durch die Reviere pürschen. In der Nacht ist seit 1962
nurmehr die Bejagung des Raubwildes mit Ausnahme des gänzlich geschonten
Fischotters erlaubt.
Eine früher oft verwendete Jagdart auch zur Nachtzeit bei Vollmond war
ein Vorstehtreiben, wobei die Schützen am Waldrande auf Fuchs oder Has zu
Schusse kamen, wenn diese von wenigen Treibern rege gemacht, vom Feld zur
Deckung flüchteten. Alle heiligen Zeiten hat auch einmal jemand einen guten
293
Bauhund und hat dann Erfolg, besonders in der Rheinebene, wie ich mich
selbst öfters überzeugen konnte.
Im grossen und ganzen wird eben der Fuchs bei uns nicht systematisch
bejagt und es liegt daher, trotz des Nutzens den er anderweitig macht, meist
mit dem Niederwild im Argen.
Eine gewisse Anzahl von Füchsen ist heutzutage ein Opfer des zunehmen-
den Verkehrs. So fand ich z. B. am 30. 6. 1947 im Meierhof hinter Vaduz einen
frisch überfahrenen jährigen Rüden, dessen Schädel sich im Museum befindet.
Oft ziehen Leute hier auch Füchse auf und man konnte z. B. vor einigen
Jahren 3 kleine Jungen — die Gebrüder KONRAD — mit ihren Füchslein spa-
zieren gehen sehen.
In der Farbe sind die Tiere manchmal gelblich, seltener sattrot, doch ka-
men auch ganz dunkle und schöne Kreuzfüchse schon vor. Letztere stammen
wohl von einigen Silberfuchszuchten her. Eine dieser Zuchten des Herrn Wil-
helm FEHR auf Masescha bestand von 1929 bis 1946. Einmal entwich ihm ein
älterer Rüde in der Ranzzeit und hielt sich viel um das fürstliche Absteig-
quartier herum auf, wo er auch regelmässig gefüttert wurde. Er hatte den
Namen «Olaf» von der fürstlichen Familie bekommen und wurde schlussend-
lich eines Tages in die Küche gelockt, gefangen und wieder seinem Besitzer
in Masescha rückgestellt. Doch entkam er im nächsten Jahre wieder. Durch
Offenlassen einer Türe durch einen unaufmerksamen Wärter entkamen einmal
sogar 10 Tiere, von denen eines in Landquart (Graubünden) von einem Poli-
zisten wieder gefangen und, an seiner Tätowierung erkannt auch wieder zu-
rückgebracht wurde.
Ich selbst hatte noch folgende schöne Erlebnisse mit Füchsen:
Eines Morgens im April 1949 wurde mir gemeldet, dass sich in einem Silo
im Vaduzer Heiligkreuz-Quartier, unweit des Bürgerheimes ein Fuchs gefangen
habe. Ich fuhr mit dem Jäger und einem Sack hin. Richtig war in der kreis-
runden Tiefe des Silos ein Fuchs, der zuerst an der Mauer herumlief, aber, als
wir Anstalten machten mit einer Leiter hinabzusteigen, sich genau im Mittel-
punkte des Kreises deckungslos niederhockte. Es gelang ohne grosse Schwierig-
keiten ihn zu fangen, in den Sack zu stecken, und später Hess ich ihn am
Gamander ob Schaan wieder in die Freiheit.
Ein anderes Mal war ein Fuchs in einem Eisenbahnschopf in Nendeln
irgendwie eingesperrt worden, wurde aber leider, gerade als ich zu seiner
Rettung hinkam, erschlagen. Nur allzuoft erschlagen die Leute jedes vorkom-
mende Tier.
Schusstiste der von mir erlegten Füchse in Liechtenstein
20. 6.1945
24. 12. 1945
12. 1. 1946
8. 12. 1946
Münz, Lawena (bei der Rehpürsche).
räudig, neben der Hauptstrasse am Forst Schaan.
Gamander ob Schaan (Treiben).
Meierhof, Triesen (Treiben).
294
28. 1. 1947 Dachsberg bei Planken (Treiben).
6. 2. 1947 2 Stück Hasenklage, Forst bei Schaan.
20. 12. 1947 beim fürstlichen Absteigquartier (Abfallhaufen).
25. 1. 1948 ober dem Erble (Hasenklage).
29. 1. 1948 Guggerboden Triesen (Vorstehtreiben, Nacht).
21 5. 1948 Forstrüfe bei Schaan (Jungfuchs).
13. 1. 1949 Landstrasse beim Forst, Schaan (Anstand, nachts)
14. 1. 1950 Schwefel / Meiernol (Treiben, Rotwild).
28. 11. 1951 Nendler Steinbruch (Treiben).
14. 12. 1951 Waldikopf, Silum (Treiben).
29. 12. 1952 Schwefel (Treiben).
5. 2. 1953 T*1 1 /TT 1 1 _ \ Planken (Hasenklage).
27. 12. 1953 Prof atscheng (Treiben).
21. 7. 1954 Rotenboden, Gruaba (Jungfuchs, Bau nicht weit).
18. 12. 1955 Kratzera, Eschnerberg (Treiben).
10. 11. 1956 Schellenberg.
16. 2 1957 Erblewiese (Hasenklage).
3. 8. 1957 Meierhofstrasse (Jüngeres Stück).
29. 12. 1962 Wiesseier (Treiben)».
Familie: Bären — Ursidae
E u r a s i s c h e r B r a u n b ä r — Ursus arctos arctos L . 1758
Ü b e r den B r a u n b ä r e n i n Liechtenstein berichtet Pr inz Hans v. u . z.
L I E C H T E N S T E I N folgendes:
«Obwohl der Bär auf dem Gebiete des heutigen Fürstentumes schon im
17ten Jahrhundert sehr selten gewesen sein dürfte, so hat es doch im Lande
genug Örtlichkeiten die seinen Namen noch heute tragen, so z. B. die Bären-
löcher im Vaduzer Malbun, den Bärenstein in Guschgfiel, Bärentobel und
Bärenwand im Gapfahl u. a. m.
Nun hat das neue Liechtensteiner Jagdgesetz vom 30. Januar 1962 den
Bären (in Art. 3) unter die jagdbaren Tiere gestellt und ausserdem mit ganz-
jähriger Schonzeit bedacht. Dies hat zu vielen erstaunten Diskussionen, ja
selbst zu Glossen beim Fastnachtsumzug geführt. Aber es ist eine durchaus
nicht so abwegige Massnahme, denn die letzten noch lebenden Alpenbären in
Oberitalien sind doch nur ganze 78 km Luftlinie von uns entfernt. Ausserdem
begab sich am 2. Juni 1888 folgendes: Dr. Karl BLODIG, Augenarzt in Bregenz
von 1885 bis zu seinem Tode 1956, war ein grosser Alpinist und Naturfreund
und auch viel schriftstellerisch tätig. Er veröffentlichte in der «Zeitschrift des
deutschen und österreichischen Alpenvereines», Band 31 vom Jahre 1900 und
32 von 1901, folgende hochinteressante Begebenheit (gekürzte Wiedergabe):
295
«Um 14.30 Uhr kamen wir (er und ein Freund) zur Garsella-Alpe und
stiegen zum gewählten Sattel an. Hatte ich mich beim ersten Besuche der
Berggruppen vom Sattel nach rechts gewandt, so machten wir heute links
um gegen Süden zur Ersteigung des 2108 m hohen Garsellakopfes. Da
fielen unsere Blicke auf Spuren ganz eigentümlicher Art, welche im feinen
Sande, der sich auf dem Sattel befindet, zahlreich sichtbar waren. Es waren
25 — 28 cm lange und 8—10 cm breite Fußstapfen neben denen andere,
etwa 7 cm lang und 5 cm breit, einherliefen. Vorne waren entsprechend
tiefe Eindrücke von Krallen ausgeprägt. Wir riefen sofort wie aus einem
Munde: Das sind Bären und zwar eine Alte und das Junge. Die Spuren
liefen vom Rheintal nach dem Saminatal. Die Bärin wurde tatsächlich
4 Tage später im Fläscher Tälchen, am Falknis (Graubündner Seite) zur
Strecke gebracht. — Traurig aber wahr !».
Familie: Marder — Mustelidae
B a u m m a r d e r (Edelmarder) — Martes martes L . 1758
Der Edelmarder kommt i n der rheinseit igen Abdachung des Gebi r -
ges wahrsche in l ich i m gesamten W a l d g ü r t e l , wenngle ich spä r l i ch , vor.
Der Schwerpunkt liegt ve rmut l i ch i n der unteren Bergwaldstufe u n d
reicht bis zur co l l inen Stufe hinab, w ie z u m Beispie l aus dem Bericht
des J ä g e r s Hubert N E G E L E hervorgeht, der i m Bezi rk Frommenhaus ,
Steg und Bargel la nie e inen Baummarder sah (Prinz Hans v. u . z.
L I E C H T E N S T E I N , br ief l . ) . D ie nachfolgend a n g e f ü h r t e n Erlegungsbe-
richte kennzeichnen (zufä l l ig ) die Grenzbezi rke der ver t ika len Ver -
breitung.
1) «Mein Edelmarder wurde am 12. August 1951 erlegt und zwar dort, wo der
Wiesensteig von Profatscheng kommend in den Fichtenwald einmündet. Der
Wald besteht aus Buchen und (Rot-) Tannen sowie steilen Lehnen mit ein-
gesprengten Felspartien (ca 1000 m Meereshöhe). Ich wurde durch das
Warnen und Rufen von 4 — 6 Wacholderdrosseln auf ihn aufmerksam. Er
sprang von Ast zu Ast, von den Vögeln verfolgt, auf grösseren Randfichten
in ca. 10 m Höhe. Ich konnte ihn mit Schrot vom Baume herabschiessen».
2) «Am 10. Juli 1962 wurde ein sehr starker, alter Rüde im Vaduzer Villen-
viertel (460 m) von Herrn Anton GASSNER in der Nähe seines Hauses ge-
schossen. Das Stück war total räudig, und vielleicht hängt der ungewöhn-
liche Aufenthalt in Häusernähe damit zusammen». (Prinz Hans v. u. z.
LIECHTENSTEIN, briefl. Mltt.). -
296
Die Rechenschaftsberichte der Regierung f ü h r e n die Marderab-
schüs se le ider nicht getrennt nach der A r t z u g e h ö r i g k e i t an, m a n w i r d
aber annehmen k ö n n e n , dass der bei we i t em gröss te T e i l der Strecke
den Steinmarder betriff t , u n d es sol len die Angaben daher bei der
folgenden A r t a n g e f ü h r t werden. —
S t e i n m a r d e r (Hausmarder) — Martes foina E R X L E B E N 1777
F A T I O beschrieb f ü r die Schweiz 1869 die var. fagorum. Ohne
g rösse res S c h ä d e l - und Balgmater ia l kann diese Frage nicht ü b e r p r ü f t
werden.
M a t e r i a l : N u r S t o p f p r ä p a r a t e der Hauptschule V a d u z , der Eben-
holz-Schule u . a. O.
Dass der Steinmarder i m Untersuchungsgebiet ausserordentlich
dicht siedelt, ging schon aus einer Beobachtung hervor, die i c h i m
August 1961 i n dem, die meiste Zeit unbewohnten, Schloss Gutenberg
machen konnte. In den W e h r g ä n g e n , den Treppenwinke ln u n d vor
a l l e m i n den unteren G e w ö l b e n gab es derart viele, teilweise zu hohen
Py ramiden g e t ü r m t e Losungshaufen, dass i c h so etwas gar nicht f ü r
m ö g l i c h gehalten hä t t e , o b w o h l i ch den Hausmarder gut von unserem
verlorenen Besitz i n der P rov inz Posen kenne, w o es ebenfalls viele
S c h l u p f w i n k e l i n alten G e b ä u d e n gab. D ie Losung w a r zur Beobach-
tungszeit g röss ten te i l s f r i s ch und stark von Ki r schkernen durchsetzt.
D ie mehr fach e r w ä h n t e n Rechenschaftsberichte f ü h r e n f ü r die
Jahre 1922 — 1960 den Abschuss (oder Fang) v o n insgesamt 49 Marde rn
an, vobei vor a l l em das f ü r s t l i c h e Jagdrevier G a f l e i - G a f a d u r a , das
Unte r l and und ü b e r h a u p t das Rhein ta l , aber gelegentlich auch die
Hochlagen, wie Sass, Lawena u n d Bargel la , genannt werden.
Im folgenden sol len hier wieder die Beobachtungen des Vors i tzen-
den des Jagdschutzverbandes, P r inz Hans v. u . z. L I E C H T E N S T E I N ,
folgen.
1) «Am 16. VI. 1947 erlegte ich um 5 Uhr früh einen männlichen Steinmarder
unterhalb Planken am Waldrand (700 m).
2) Am 20. VI. 1947, um ca. 9 Uhr vormittags, sehe ich vom Auto aus einen
starken Marder auf 60 m mit einer Amsel im Fang vor mir entlanglaufen.
Es war auf der alten Strasse von Rotenboden unweit ihrer Einmündung in
die Schloßstrasse (700 m Meereshöhe).
297
Abb. 23. Hausmarder aus Vaduz (Foto B. Seger)
3) Am 25. III. 1948 bekomme ich von Frau FARAGO vom Dachboden ihres
Hauses im Vaduzer Villenquartier zwei, ca IV» Wochen alte, blinde Jung-
tiere. Diese gingen dann leider ein.
4) Am 12. VIII. 1957, um 22 Uhr, springt im Scheinwerferlicht auf einige
Meter vor dem Bus ein Marder über die Strasse beim Wasserschloss unter-
halb Frommenhaus (Meereshöhe ca 800 m).
5) Am 4. I. 1959 findet Graf Geza ANDRASSY bei der Strassenkreuzung Gnalp/
Masescha einen starken, durch ein Auto getöteten Rüden (1100 m).
6) Am 24. I. 1961, abends ca 22 Uhr, springt ein Marder unterhalb des Schlos-
ses von dem die Strasse säumenden, steilen Felsen quer über diese, gegen
das Dorf hinunter (500 m Höhe).
7) Steinmarder-?, gefangen von Herrn Rudolf BINDSCHEDLER, 12. Juni 1961
Schellenberg, Asper (600 m), in einer Falle, die bei einem gerissenen Reh-
kitz (!) aufgestellt war (präpariert im Museum).
Ausserdem sah ich noch öfter Marder in diesen Gebieten, meist im Schloss-
walde, im Scheinwerferlicht über oder auf die Strasse springend, nur habe ich
nicht alle Daten aufgeschrieben. Die Häufung der Beobachtungen in den Jah-
ren 1957 und 1958 ist auf meine damaligen, vielen Autobusfahrten zu jeder
Tages- und Nachtzeit zurückzuführen. — Auch mitten in Schaan sah ich bei
298
einer «Neuen» schon Marderspuren. Überhaupt lebt dieser auch viel auf den
Dachböden der unbewohnten oder wenig bewohnten Häuser und ist ausge-
sprochen häufig. Es gibt auch mehrere Tierfreunde im Lande, die oft Marder,
teils handzahm, halten. So z. B. der Wirt des Gasthauses «Zur Post» in Triesen,
Herr Hugo RISCH, und auf Masescha Herr Rudolf SCHÄDLER. Einer Einladung
des Herrn Gottlieb GASSNER, Gipser in Triesenberg, folgend waren im Januar
1962 vier Herren zum Beobachten von 4 Mardern versammelt. Richtig erschie-
nen auch die Tiere und konnten sogar Photographien werden».
Die nebenstehende A b b i l d u n g (23), die i ch wieder H e r r n B. SEGER
verdanke, zeigt einen Hausmarder i m J u n i i n Vaduz . —
I l t i s — Mustela (Putorius) putorius L . 1758.
D a B A R R E T T - H A M I L T O N 1904 f ü r A p p e n z e l l die Unterart maniutn
beschrieben hat, so l l — ebenso wie bei den Marde rn — die subspezi-
fische Stellung der Liechtensteinischen Popula t ion e ins twei len o f f en
bleiben.
M a t e r i a l : N u r S t o p f p r ä p a r a t e i n der Hauptschule V a d u z , der
Ebenholz-Schule u . a. O .
N a c h den Rechenschaftsberichten der Regierung, d. h . nach der
Streckenangabe, m ü s s t e der Iltis i n Liechtenstein etwa ebenso stark
vertreten sein, wie der Hausmarder , denn i n dem gleichen Ze i t r aum
von 39 Jahren s ind ebensoviel Iltisse erbeutet worden wie Hausmarder ,
n ä m l i c h 49 Stück. D a der Iltis aber h a u p t s ä c h l i c h i m T a l oder zu -
mindest i n den t ieferen Lagen vorkommt , d ü r f t e seine Siedlungsdichte
dort die des Marders noch ü b e r t r e f f e n . Im ü b r i g e n scheint sein Bestand
erhebl ichen Schwankungen z u unterliegen, w e n n m a n dies aus den
Streckenberichten schliessen darf. D e n n es gibt abwechselnd Jahres-
folgen mi t grossen Iltis-Strecken und solche, i n denen gar ke in Iltis
erbeutet wurde. —
P r i n z Hans v. u . z. L I E C H T E N S T E I N berichtet ü b e r den Iltis i n
Liechtenstein folgendes:
1) Am 19. XI. 1946 lief vor mir auf dem Weg der Ställawiese (450 m ü. M.)
aus einem Reisighaufen kommend, ein starker Iltis vor mir her. Es regnete
heftig und so wurde er meiner nicht gewahr.
2) Am 4. VIII. 1957 überquert vor meinem Auto ein noch recht kleiner Jung-
iltis die Hauptstrasse von Ruggell zur Rheinbrücke von rechts nach links
zwischen Kanal und Rhein (430 m).
299
3) Am 1. IX 1957 überquert vom Gampriner Seelein kommend ein Iltis, mit
Maus oder Ratte im Fang, die Hauptstrasse in der Richtung zu einem alten,
unbenützten kleinen Steinbruch (Staudenberg, 430 m ü. M.). Diese Begeben-
heit ist schon erwähnt im Jahrbuch «Bergland» 1960, des Liechtensteini-
schen Alpenvereins.
Der Iltis ist im Rheintal-Eschnerberg häufig, steigt jedoch vielleicht nicht
nach Triesenberg auf (?)».
Z u dieser letzten Vermutung ist zu sagen, dass die Streckenberichte
der Regierung auch I l t ismeldungen von G a f l e i - G a f a d u r a und Lawena ,
also von Hochgebirgslagen bringen. Es ist dies sicher jahreszei t l ich
verschieden, da i n der Literatur (v. T S C H U D I 1854, B A U M A N N 1949)
a l lgemein angegeben w i r d , dass der Iltis i m Sommer i n den A l p e n bis
zur Schneegrenze hinaufsteigt. —
Abb. 24. Iltis aus Vaduz (Foto B. Seger)
Der auf A b b i l d u n g 2 4 gezeigte Iltis wurde von H e r r n B. SE-
GER-Schaan i m November i n V a d u z aufgenommen. —
300
E u r o p ä i s c h e s H e r m e l i n — Mustela (Mustela) erminca
aestiva K E R R 1792
M a t e r i a l : 2 Bälge ( + S c h ä d e l ) : cf juv. Triesenberg 5. V . 1962,
9 ad. Rhe inau Januar 1963, 1 Ba lg und einige S t o p f p r ä p a r a t e i n
Vaduz .
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : Schweiz, Vogesen, Bodensee (24),
Rhe in l and (59)*), Bayern (4).
F ä r b u n g : Das P rob lem der periodischen U m f ä r b u n g des Her -
melins ist seit alters her Gegenstand zahlre icher Untersuchungen ge-
wesen. Neuerdings hat C h . C h . R U S T (1962) interessante Versuche mi t
Tieren der nordamer ikanischen Unterart des Herme l ins (Mustela er-
minea bangst) gemacht, wobei z w e i G r u p p e n ab A n f a n g Januar bei
verschiedener Temperatur, aber unter gleichen L i c h t v e r h ä l t n i s s e n
(18-Stundentag) gehalten wurden . Das Ergebnis w a r — kurz zusam-
mengefasst, — dass beide Gruppen nach rund 60 Tagen den F r ü h j a h r s -
haarwechsel abgeschlossen hatten, dass aber die Gruppe i m w a r m e n
R a u m schon nach einer Woche mi t der Mauser begann, w ä h r e n d die
Tiere i m Ka l t en erst nach 3Va W o c h e n anf ingen, Haarwechselerschei-
nungen zu zeigen. A b e r auch die Gruppe unter niedriger Temperatur
begann erhebl ich f r ü h e r , als es i n der f re ien Na tu r der F a l l gewesen
w ä r e . Z w a r zeigen sich die gleichen Haarwechselmuster bezw. -Stadien
bei beiden Gruppen , aber die Tiere i m w a r m e n R a u m zeigen keine
scharfen Scheckungskonturen, sondern mehr die Tendenz, das ä u s s e r e
B i l d der « S c h i m m e l u n g » oder «S t i che lhaa r igke i t» an der Peripherie
der u m g e f ä r b t e n Bezi rke z u b i lden . Es bedeutet dies e inmal , dass der
p r i m ä r e Anstoss f ü r die F r ü h j a h r s m a u s e r das Licht und erst i n zweiter
L in ie die Temperatur ist, und dass, weiter, die Tiere i m w a r m e n M i l i e u
eine langsame, d. h. schleppende Mauser und — dementsprechend —
weniger hart konturierte Scheckung v o r f ü h r e n .
Diese etwas weniger a u s g e p r ä g t e und langsame U m f ä r b u n g zeigt
nun das Grosswiesel i n Westeuropa auch i n der f re ien Natur . Bekannt
ist, dass die Hermel ine i n England und Ir land i n der Regel i m W i n t e r
nicht weiss werden (es gibt aber A u s n a h m e n : cf. K R U M B I E G E L 1935
*) Ich danke hier nochmals Herrn Dr. H. FRANK von der Forschungsstelle
für Jagd in Beuel-Holtorf für das freundlichst zur Verfügung gesteile Wie-
selmaterial seines Institutes.
301
und T H E F I E L D v o m 17. V . 1962, p. 970), w ä h r e n d sie i n Schott land
u m f ä r b e n , und andererseits hat G R E D L E R schon 1873 daraufh ingewie-
sen, dass das H e r m e l i n i n Süd t i ro l i n der Regel b raun bleibt (und er
hä l t es daher f ü r bemerkenswert, dass die Tiere des Sarntales e in
weisses Win t e rk l e id haben). — K R U M B I E G E L (1935), dem w i r die
erste zusammenfassende Betrachtung dieses Problems i n diesem Jahr-
hundert verdanken, f ü h r t ausserdem Fäl le an, w o n a c h i n Westdeutsch
land eine auf fa l lende V e r z ö g e r u n g des Haarwechsels beobachtet wur-
de: e in cf a m 9. J u l i «noch nicht völ l ig v e r m a u s e r t » u n d andererseits
hatten z w e i Exemplare «noch a m 22. Dezember nicht unerhebliche
Spuren v o m S o m m e r h a a r » . — V A N B R E E (1961) zeigt an 134 nieder-
l ä n d i s c h e n Herme l inen , dass i m Dezember noch braune und i m Januar
und Februar neben weissen auch bunte Tiere vo rkommen . — G a n z
a l lgemein sagt S. F R E C H K O P (1958) f ü r den Westen des Festlandes
«Cer ta ins specimens, en Belgique de meme que dans la majeure partie
de l a France, restent bruns en h iver» (1. c. p. 237). —
In Liechtenstein beobachtete P r i n z Hans v. u . z. L I E C H T E N S T E I N
1962 Hermel ine i n der Rheinau, wobei festzustellen war , dass i m M ä r z
noch alle Tiere völ l ig weiss waren, aber ab 3. A p r i l nur noch braune
Exemplare beobachtet wurden (br ief l . Mi t t . v o m 29. A p r i l 1962).
In der folgenden Zusammenste l lung s ind die a lpennahen und a l -
p inen Popula t ionen und andererseits die aus dem Rhe in l and und West-
fa len gegenübe rges t e l l t .
Herkunft November Dezember Januar Februar März April Mai
15. 15.
A l p e n , Vogesen,
Bodensee u n d
Liechtenstein
© © 0
O 0 • 0
0 0 0 « 0
• 0 • * 9
Sa. 61 Exemplare
') 24. XII. Interlaken (vielleicht früher gesammelt?)
•*) aus der Eifel! Q = weiss, Q = Uebergang, # = braun
Rhe in l and und © O") •
Westfa len
302
Z u n ä c h s t f ä l l t auf, dass bei der a lp inen Gruppe die U m f ä r b u n g
i m F r ü h j a h r i m Durchschni t t s p ä t e r einsetzt, dann aber bemerkens-
werterweise schneller a b l ä u f t : i n der Spanne zwischen dem 15. M ä r z
und 15. A p r i l ist die Mauser erledigt, w ä h r e n d sie sich bei den Rhe in -
l ä n d e r n i n Deutschland von A n f a n g M ä r z bis z u m M a i , also ü b e r drei
Monate h inz iehen kann . W a h r s c h e i n l i c h v e r l ä u f t auch die Herbst-
mauser i m Rhe in land , d. h . i n den w ä r m e r e n Gegenden, langsamer
und zieht sich l ä n g e r h i n . Leider haben w i r i n unseren Sammlungen
keine D e z e m b e r b ä l g e ausser dem Stück aus der E i f e l . H A I N A R D (1948)
f ü h r t eine Reihe von Beobachtungen aus der Schweiz an, aus denen
hervorgeht, dass auch die Herme l ine der t ieferen Lagen (Genfer See)
noch a m 20. M ä r z i m W i n t e r k l e i d s ind, erst nach diesem Zei tpunkt
Andeutungen der U m f ä r b u n g zeigen, u n d Tiere der Hoch lagen noch
a m 29. A p r i l und andererseits schon a m 29. Oktober ganz weiss s ind.
Ich glaube daher auch nicht, dass i n Liechtenstein und i n der Zentra l -
schweiz die U m f ä r b u n g ins weisse W i n t e r k l e i d unterbleibt bezw. ins
Braun abgewandelt ist. Der einzige H i n w e i s w ä r e der — bis auf die
O h r r ä n d e r , Füsse und Schwanzmit te — völ l ig braune Balg, den w i r
i m Museum Koen ig von der Na tu ra l i ensammlung FLÜKIGER-In t e r -
laken haben, und der das D a t u m « I n t e r l a k e n , 24. X I I . 1935» t räg t . —
D a z u muss gesagt werden, dass es nicht i n a l len F ä l l e n m ö g l i c h ist,
mi t Sicherheit das braune Win te r - und das Sommer fe l l des Herme l ins
z u unterscheiden, w e i l die Un te rwo l l e ausserordentl ich verschieden
entwickelt , also auch i m Sommer — w o h l i m Zusammenhang mi t dem
feuchten Biotop — i n manchen F ä l l e n sehr a u s g e p r ä g t sein kann . Ich
m ö c h t e daher annehmen, dass das H e r m e l i n v o m «24. XII.» noch das
Sommerk le id t räg t und vie l le icht schon zu e inem f r ü h e r e n Zei tpunkt
gesammelt wurde.
Andererseits ist anzunehmen, dass z . B . i m Rhe in l and die U m f ä r b u n g
i n manchen Jahren erst i m Dezember a b l ä u f t , w i e es die o. a. Fä l l e ,
die K R U M B I E G E L (1935) a n f ü h r t , wahrsche in l i ch machen. N u r e in
Balg unserer Rheinland-Serie t räg t e in braunes Win te rk l e id . Es ist das
Ö" N r . 62.46, das a m 4. Januar 1962 bei Euski rchen , Bez. Kö ln gefangen
wurde. E i n weiteres Sück aus B o n n v o m 22. III. 1962 (Nr. 62.45) ist
zwar zu einem Zei tpunkt braun, i n dem e in T e i l der rheinischen Her-
mel ine schon normalerweise i m Sommerk le id ist, der stumpfe, matt-
braune Farbton und die ausserordentlich dichte und lange Unte rwol l e
303
lassen aber Z w e i f e l a u f k o m m e n , ob das Stück i m Sommer- oder i m
Win te rk l e id steht. A u f jeden F a l l s ind es nach der m i r vorl iegenden
Serie doch immer nur e i n z e l n e T i e r e , die i m Rhe in l and nicht
i n Weiss sondern i n Braun u m f ä r b e n , u n d die Angabe von B A U E R
(1960), der bei 60 W i n t e r f e l l e n i n einer Fe l lhand lung i n W i e n 1 5 %
nicht weisse S tücke fand , w ü r d e sich wahrsche in l i ch unter Berück-
sichtigung dieser Schwier igkei ten bei Dezember- und M ä r z f e l l e n auch
etwas ä n d e r n .
M a s s e : Das erwachsene 9 v o m Januar zeigt folgende Abmes-
sungen (Schäde l z e r s t ö r t ) :
K+R Schw. Hf. Ohr Gew. Mandibel Ukieferzahnreihe
245 97 41,5 19 170 g 24,9 15 mm
und liegt damit an der oberen Grenze der Masse, die M I L L E R (1912)
f ü r weib l iche S tücke aus St. G a l l e n a n f ü h r t .
Das junge O* wog 101 g und hatte die K + R-Länge v o n 182, die
S c h w . - L ä n g e von 55 m m . Es zeigt am Oberkopf , Halssei ten und Schul-
tern schwaches Haarwuchspigment . In Anbetracht des f r ü h e n Fang-
datums am 5. M a i muss m a n auf einen W u r f t e r m i n u m die M ä r z - A p r i l -
Wende und dementsprechend auf eine Ranzzei t Ende Januar bis A n -
fang Februar schliessen — e in au f fa l l end f r ü h e r T e r m i n , nach den
Angaben i n der Literatur. —
Die oben schon e r w ä h n t e n Rechenschaftsberichte der Regierung
br ingen bemerkenswert hohe Wieselstrecken f ü r die e inzelnen Jagdre-
viere des Landes (wobei al lerdings e in k le iner T e i l dem Mauswiese l
zuzurechnen ist). V o r a l l m das f ü r s t l i c h e Jagdrevier G a f l e i - G a f a d u r a ,
aber auch das Un te r l and und das Ried u n d die Rhe inau br ingen statt-
l iche Strecken. Im Durchschni t t der Jahre 1922 — 1960 w u r d e n a l l -
j ä h r l i c h 6,6 Wiese l als geschossen (oder gefangen) gemeldet (Max i -
m u m : 1926 — 19 Stück) .
Fü r die Hochlagen der Schweiz (Monte Rosa) wurde 1912 bekannt-
l i c h von C A V A Z Z A das Z w e r g h e r m e l i n (Mustela erminea mi-
nima) beschrieben, das s p ä t e r i n mehreren Be l egs tücken von anderen
F u n d p l ä t z e n der Schweiz T h . S T U D E R (1914) bei seiner A b h a n d l u n g
vorlag, und das neuerdings f ü r die Umgebung von Les Hauderes
( G U G G I S B E R G 1955) u n d sogar f ü r die Osta lpen (oberes M u r t a l , L u n -
gau) genannt w i r d (v. W E T T S T E I N 1960/61 — keine Be legs tücke ) .
304
Abb. 25. Hermelin verschiedener Grösse aus Chur (Foto Prinz Liechtenstein)
Daher w ä r e es nicht ganz ausgeschlossen, das Zwerghe rme l in eines
Tages auch i n den Hoch lagen Liechtensteins z u f inden . Sehr wahr-
schein l ich ist dies al lerdings nicht, da i n den Westa lpen bisher haupt-
säch l i ch H o c h t ä l e r der Zentralketten mi t extremen U m w e i t v e r h ä l t -
nissen als Fundorte genannt wurden . Ausserdem bleibt noch die Frage
bestehen, ob das Zwerghe rme l in taxonomisch als Unterart oder v i e l -
leicht nur als eine gelegentlich anzutreffende « K ü m m e r f o r m » des
grossen Wiesels anzusehen ist. Z u dieser Auf f a s sung k a m jedenfal ls
S T U D E R 1914 ( « k l i m a t i s c h e V e r h ä l t n i s s e , die nur eine kurze Sommer-
zeit bedingen und . . . das Nahrungsmate r ia l b e s c h r ä n k e n » , sol len
« m i t w i r k e n , Zwerg fo rmen z u e r z e u g e n » ) . Ich werde auf diese Frage
be im Mauswiese l noch z u r ü c k k o m m e n . A u f jeden F a l l ist es nicht zu
ü b e r s e h e n , dass i m g r a u b ü n d n e r R a u m nach w ie vor H e r m e l i n e ver-
schiedener Grösse vo rkommen , wie es die nebenstehende A b b i l -
d u n g ( 2 5 ) zeigt, die P r i n z Hans v. u . z. L I E C H T E N S T E I N i m Fe-
bruar 1959 bei H e r r n P r ä p a r a t o r SPÖRRY i n M a l i x bei C h u r gelegent-
l i c h machen konnte. A u c h i m M u s e u m Koen ig -Bonn gibt es e in ex-
trem kleines, weisses H e r m e l i n ( f \ K + R ca 194, Schw. ca 65, C B ca
37,3 mm) v o m 5. November 1937 aus Sofien-Platz , G r a u b ü n d e n . —
305
M a u s w i e s e l und Z w e r g w i e s e l — Mustela (Mustela) nivalis
vulgaris E R X L E B E N 1777 und Mustela (Mustela) nivalis minuta
P O M E L 1853
M a t e r i a l : Bälge ( + Schäde l ) , 1 S c h ä d e l (Museum A . Koen ig -
Bonn), 1 Balg ( + Schäde l ) , 2 S t o p f p r ä p a r a t e ( in Vaduz ) .
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : Schweiz (3), Rhe in l and (17), Skandi -
navien und Norddeutschland (12).
In meinen f r ü h e r e n V e r ö f f e n t l i c h u n g e n sah i c h m i c h gezwungen,
die vorl iegenden K l e i n w i e s e l aus Liechtenstein z u m Zwergwiese l zu
stellen, hatten doch zuvor K . Z I M M E R M A N N (1940) und K A H M A N N
(1951, 1952) a u s f ü h r l i c h dargetan, dass i n Deutschland u n d i n den A l -
pen e in grosses u n d e in kleines Mauswiese l nebeneinander v o r k o m -
men, u n d dass es sich bei der k l e i n w ü c h s i g e n F o r m u m das Zwerg-
wiesel handle (dem von K . Z I M M E R M A N N Spezies-Rang zugesprochen
w i r d , w ä h r e n d K A H M A N N 1952 diese Frage noch o f f en läss t ) . Das
wesentliche K r i t e r i u m ist also die geringe G r ö s s e des Zwergwiesels .
N a c h H A L T E N O R T H (1950 und br ie f l . ) : CB-Länge bei C?C? 30 — 35,
bei 9$ 2 1 — 3 2 m m ; d e m g e g e n ü b e r be im Mauswiese l entsprechend
33 — 43 und 32 — 36 m m . B A U M A N N (1949), der das Zwergwiese l
ü b e r h a u p t nicht kennt, f ü h r t f ü r das Mauswiese l 36 — 42 bezw. 34 —
36 m m CB-Länge an. — Die drei hier vor l iegenden Schäde l aus L i e c h -
tenstein s tammen alle von j ü n g e r e n , d. h . von Tieren, die ih r Wachs-
tum noch nicht völ l ig abgeschlossen haben. Sicher gil t dies f ü r e in
junges Stück i m Zahnwechse l v o m August 1960 u n d auch f ü r das be-
reits 1954 von m i r publ iz ier te C? aus Triesen (Nr. 53.122). Der Schäde l
dieses Stückes hat eine « G e s a m t l ä n g e » (alte Messmethode) von 32 m m
( = C B 33 mm) und stellt mi t den noch bis z u m Hin te rhaupt gegabel-
ten Temporal le is ten das Entwick lungss tad ium dar, das R E I C H S T E I N
(1957) i n seiner a u s f ü h r l i c h e n Untersuchung auf p. 163, A b b . 5 unter c
abbildet. N a c h R E I N W A L D T (1959) s ind « T e m p o r a l l i n i e n u n d Tempo-
ra l le i s ten» (die also noch nicht z u e inem Schei te lkamm vereinigt sind)
«ke ine geschlechtsbedingten, sondern M e r k m a l e jugendl icher Schäde l»
(1. c. p. 52). Der Schäde l des ditten Tieres, eines $ , das P r i n z Hans v.
u . z. L I E C H T E N S T E I N a m 21. Oktober 1954 i n der Vaduze r Rhe inau
sammelte, ist etwas schwerer z u beurtei len. Es hat eine CB-Länge von
30.6 m m und zeigt — bestenfalls — nur angedeutete, para l le l laufende
306
Tempora l l i n i en . D ie K ö r p e r a b m e s s u n g e n s ind : K + R 152, Schw. 26,
Hf . 19, O h r 11 m m bei 37 g Gewich t . E i n fast gleich schweres (36 g)
9 aus Westdeutschland ist nach der S c h ä d e l f i g u r a t i o n noch wesent l ich
j ü n g e r und hat die Masse C B 29, K + R 145, Schw. 19, H f . 19, O h r 10,
so dass m a n vermuten kann , dass das S tück aus Liechtenstein z w a r
noch jugendl ich ist, aber nicht ganz die G r ö s s e erwachsener 9$ aus
dem gleichen Gebiet Westdeutschlands erreicht h ä t t e . — N u n hat
R E I C H S T E I N (1957) seine grossen S c h ä d e l s e r i e n von Wiese ln geogra-
phisch geordnet und festgestellt, dass die Tiere v o n Norddeutschland bis
zur Schweiz gleitend geringere CB-Wer te zeigen (CB-0 : Norddeutsch-
land Cfcf 37,1, 99 31,7, Schweiz cfcf 34,6, 99 30,2 m m ) . N ö r d l i c h
und s ü d l i c h davon gibt es andere Unterar ten: i n Skand inav ien die
N o m i n a t f o r m (nivalis nivalis), die kle iner , u n d v o m S ü d a b f a l l der
A l p e n an boccamela, die wesent l ich g rösse r ist. 34,6 f ü r cTcf bezw.
30,2 m m f ü r 99 ^ e S l a D e r n o c n i n der Variat ionsbrei te von minuta,
wie sie oben angegeben wurde (wenngleich i m oberen Grenzgebiet) ,
und w e n n w i r annehmen wo l l en , dass die jungen Be legs tücke aus
Liechtenstein auch i m wesent l ichen i n diese G r ö s s e n o r d n u n g g e h ö r e n
(99 a u s a e r Schweiz — nach R E I C H S T E I N — m a x i m a l e CB-Länge
31 mm) , dann muss m a n sich mi t der Frage auseinandersetzen, was
diese k le inen Wiese l aus den Westalpen s ind : extrem kle ine Maus-
wiesel oder Zwergwiese l . — D a z u ist eine Vorbemerkung notwendig.
Zwergwiese l gibt es anscheinend ü b e r a l l i m Verbreitungsgebiet v o n
nivalis, d. h . m a n findet i n jeder g r ö s s e r e n K o l l e k t i o n einzelne, extrem
kleine Tiere mi t deut l ichem M i t t e l k a m m und der typischen S c h ä d e l -
f igura t ion alter Tiere. So l iegen m i r z w e i S tücke h ier vor, aus Schwa-
ben und aus der E i f e l , bei denen gar ke in Z w e i f e l bestehen kann , dass
es alte Tier s ind (Nr. 35.215, Ö\ W a r c h i n g bei M o n h e i m , 17. I. 1931
und N r . 60.309, 9 ?, M ü l h e i m bei B lankenhe im, 11. IV . 1960). Sie
messen: C B — ö" 30,2 und 9 (?) ca 31. Ich habe den Ba lg und den
Schäde l von N r . 60.309 a n l ä s s l i c h der Haup tve r sammlung der Gesel l -
schaft f ü r S ä u g e t i e r k u n d e i n Giessen 1960 H e r r n Prof. Z I M M E R M A N N
und H e r r n Dr . F. F R A N K - O l d e n b u r g vorgelegt u n d u m ihre D i a -
gnose gebeten. M a n sagte sofort, ohne zu ü b e r l e g e n : « M i n u s v a r i a n t e
des M a u s w i e s e l s » . A l s o ke in Zwergwiese l ! — Es scheint s ich demnach
die alte Auf fa s sung von M I L L E R (1912) wieder durchzusetzen, wonach
die k le inen Exemplare nur Modi f ika t ionsprodukte des Mauswiesels
seien und dementsprechend keinen taxonomischen Rang zu beanspru-
307
chen haben. — Her r Kol lege V A N B R E E aus Ams te rdam vertrat zusä t z -
l i c h noch die Meinung , dass der parasitische Saugwurm Troglotrema
acutum, der sich oft i n den S c h ä d e l h ö h l e n und -Knochen gerade der
k le inen Exemplare des Mauswiesels bemerkbar macht, diese K l e i n -
w ü c h s i g k e i t mitverschuldet ( m ü n d l . Mit t . ) . —
Solche « M i n u s v a r i a n t e n » s ind auch schon bei anderen k le inen
S ä u g e t i e r e n Europas festgestellt worden . So konnte i c h z. B . schon
1955 auf die Feststellung S I 1 V O N E N S hinweisen, w o n a c h i n seinem
f innischen Mate r i a l von W a l d s p i t z m ä u s e n (Sorex araneus) «vom gle i -
chen Fundort und z u m gleichen Zeitpunkt extrem grosse und kleine
Tiere» v o r k o m m e n (1. c. p. 24). W e n n m a n weiter bedenkt, dass der
ausserordentlich grosse Sexuald imorphismus b e i m Wiese l u n d ins-
besondere be im Mauswiese l le tz t l ich auch nur der Ausdruck einer
Reaktion auf physiologische Belastungen darstellt, denen die 9? mehr
unterworfen s ind als die Ö"Ö\ dann s ind G r ö s s e n u n t e r s c h i e d e (aus
anderen A n l ä s s e n ) innerha lb der gleichen Unterart nicht so unver-
s t ä n d l i c h . — N e h m e n w i r also an, dass die genetische Voraussetzung,
durch U m w e l t - oder andere modi f ika tor i sche E i n w i r k u n g K l e i n f o r -
men hervorzubringen, vorhanden ist, dann w ä r e jetzt nur die Frage
zu k l ä r e n , weshalb diese K l e i n f o r m e n i n manchen Gebieten zu einer
solchen Mehrhei t gekommen sind, wie beispielsweise i n den West-
alpen.
R E I C H S T E I N (1957) stellt nur z w e i M ö g l i c h k e i t e n zur Diskuss ion :
« e n t w e d e r e in Selektionswert der k l e inen K ö r p e r f o r m i m n ö r d l i c h e n
und a lp inen bezw. Geb i rg sk l ima oder e in genetischer Zusammenhang
mit einer f r ü h e r vertretenen g laz ia len Unterart , die durch Ve rmi schung
mit s p ä t e r e n , g r ö s s e r e n Mauswiese ln z u m E r l ö s c h e n gebracht w u r d e » .
Ich m ö c h t e noch eine dritte Mögl i chke i t i n E r w ä g u n g ziehen, die das
Prob lem mi t z w e i bekannten Erscheinungen i n V e r b i n d u n g bringt:
mit dem Area l r and und der Ent fe rnung v o m ö k o l o g i s c h e n O p t i m u m .
Z u n ä c h s t muss m a n sich d a r ü b e r k l a r sein, dass das mediterrane
g r o s s w ü c h s i g e Mauswiese l , Mustela nivalis boccamela, e i n e ä l t e r e
D i l u v i a l f o r m ist, u n d dass das Mauswiese l n ö r d l i c h der A l p e n
— vermut l i ch als Steppentier ! — postglazial als Begleiter der E i n w a n -
derungswellen seiner Beutetiere, der M ä u s e , sei es v o m Osten, sei es
aus dem R e f u g i u m i n S ü d f r a n k r e i c h i n die heute besiedelten Gebiete
eindrang. D a das Mauswiese l e in xerophiles, kleines, v i e l unter i rdisch
308
lebendes Säuge t i e r ist, k ann m a n annehmen, dass der Faktor W ä r m e
eine grosse Rol le bei seinen ö k o l o g i s c h e n A n s p r ü c h e n spielt. Das öko-
logische O p t i m u m liegt jedenfal ls i n nicht zu kal ten und feuchten Ge-
bieten. — Im M u s e u m Koenig i n B o n n h ä n g t e in grosses Foto, das
ein schneeweisses Mauswiese l , f l a c h ausgebreitet auf e inem grossen
Feldstein, zeigt. Die Or ig ina lun te rschr i f t des Herstellers lautet: «Maus-
wiesel w ä r m t s ich auf e inem, v o n der Sonne eingeheizten Stein. —
G u j a , Ostpreussen, Win te r 1936. W . von S A N D E N » . — Das gelegent-
l iche « A u f h e i z e n » des Kle inwiese l s scheint also i n kal ten Gebieten,
ä h n l i c h wie bei den Rept i l ien, eine wicht ige Rol le zu spielen.
W e n n m a n also weiss, dass einerseits i n S ib i r i en und Skandinav ien
und andererseits i n den A l p e n und Karpa then g e h ä u f t k le ine Maus-
wiesel vo rkommen , dann ist es naheliegend, diese Erscheinung als
K ä l t e e r g e b n i s aufzufassen. Der anscheinende Wide r sp ruch zur
B E R G M A N N ' s c h e n Regel braucht uns hier nicht z u s tö ren , da die sub-
terrane Lebensweise dieses Tierchens e inen besseren K ä l t e s c h u t z
schafft als die V e r g r ö s s e r u n g des K ö r p e r v o l u m e n s (wie bei den Tieren
des f re ien Luf t raumes) . — H i n z u k o m m t die m e r k w ü r d i g e Beobach-
tung, dass viele Tiere an den R ä n d e r n ihres Verbreitungsgebietes
K l e i n f o r m e n hervorbringen, sei es infolge weniger g ü n s t i g e r U m w e l t -
v e r h ä l t n i s s e , sei es infolge Genverlustes ( E l i m i n a t i o n , nach
R E I N I G 1939) oder ü b e r h a u p t ge s tö r t en genetischen Gleichgewichtes
i n den, i n einzelne, kle ine Gruppen und Tiere a u f g e l ö s t e n , Popula t ionen
(wobei es u . U . auch Riesenformen oder andere Aber ra t ionen geben
kann). — Das H e r m e l i n bietet i n seinem Verbreitunggebiet (Mit te l-
und Nordeuropa) auch Beispiele h i e r f ü r : die skandinavischen Tiere
s ind k le iner als die i n Deutschland, und i n den A l p e n gibt es einer-
seits das Zwerghermel in (s. o.) und andererseits auch extrem gross-
w ü c h s i g e Popula t ionen (z. B. i m Etschtal, die v. B U R G 1921 Gross-
hermel ine oder Riesenhermel ine — ermineus giganteus — nennt). Im
al lgemeinen zeigt sich aber auch be im H e r m e l i n die gleiche Tendenz,
an den ( süd l i chen , öko log i sch weniger geeigneten) A r e a l r ä n d e r n k l e i -
ner z u werden. So schreiben M A R T I N u n d R O L L I N A T (zit. von H A I -
N A R D 1948): « l ' h e r m i n e d iminue de tai l le d u nord au sud de l a
France . . . Plus rare dans le m i d i , eile serait inconnue en P rovence»
(1. c. p. 228). — Dass auch dies innerha lb des, nacheiszei t l ich besie-
delten (nota bene !), Verbrei tungsraumes des Mauswiesels , also n ö r d -
309
l ieh des Alpenhauptkammes zut r i f f t , wurde oben schon gezeigt, und
es stellt sich z u m Schluss nur noch die Frage, w ie m a n die k le inen
Mauswiese l der Westalpen taxonomisch auffassen und nomenkla tor isch
behandeln sol l .
R E I C H S T E I N (1957) fasst die Zwergwiese l einerseits als «Minus-
variante des Mauswiese l s» und andererseits als besondere Unterart auf
(M. nivalis minuta, M. nivalis monticola usw.). D a m i t ist dasselbe
schwierige Prob lem erreicht, das w i r schon oben bei der w e s t e u r o p ä -
ischen Waldspi tzmaus vor uns hatten: es gibt innerha lb der g r o s s w ü c h -
sigen Fo rm kleinere oder g rösse re Popula t ionen (oder Einzel t iere ?),
die morphologisch deut l ich abweichen und bemerkenswert selten Über -
g ä n g e zu den anderen zeigen. Be i der k l e inen Waldspi tzmaus , die
keiner le i geographische oder ö k o l o g i s c h e Bindungen erkennen liess,
habe ich das Vorhandense in einer taxonomischen Sonderstel lung noch
nicht erkennen k ö n n e n , bei den Zwergwiese ln der Westalpen scheint
es m i r jedoch gerechtfertigt zu sein, von einer subspezif ischen Sonde-
rung zu sprechen. Es w i r d also auf die Popula t ion des betr. Gebietes
ankommen, ob m a n i n den n ö r d l i c h e n Westalpen von Mustela nivalis
vulgaris (wahrscheinl ich grosse Tei le der Nordschweiz und des M i t -
tellandes, cf. Massangaben bei B A U M A N N 1949), von Mustela nivalis
minuta (Hochalpen, G r a u b ü n d e n , cf. S T U D E R 1914; Liechtenste in?)
oder von M i s c h f o r m e n sprechen kann. —
Hins i ch t l i ch der F ä r b u n g kann a l lgemein gesagt werden, dass nor-
dische und viele hochalpine Mauswiese l i m Win te r r e g e l m ä s s i g i n
Weiss u m f ä r b e n . Dies betr iff t auch das Zwergwiese l i n den Westalpen,
und ich konnte 1954 schon von e inem rein weissen Exempla r ber ich-
ten, das i n der Hauptschule i n V a d u z aufgesellt ist. Leider ist dieses
Stück ohne Fundortsangabe, so dass m a n nicht weiss, ob es t a t s äch l i ch
aus Liechtenstein kommt. A m wahrscheinl ichs ten ist es, dass dieses
Tier , w ie vie le andere S t o p f p r ä p a r a t e i n den Schulen i n Vaduz , v o m
P r ä p a r a t o r i u m D E R U N G S - A S P A G A U S i n Ragaz stammt, also vie l le icht
b ü n d n e r Provenienz ist. — Andererseits berichtete m i r k ü r z l i c h H e r r
Me in rad SELE, dass er a m 2. November 1962 a m Stachler, also u m
1750 m H ö h e , e in braunes Mauswiese l gesehen habe. Dies w ü r d e mehr
darauf hindeuten, dass die K l e i n w i e s e l i n Liechtenstein auch i n den
Hochlagen nicht i n das weisse Win t e rk l e id u m f ä r b e n . In diesem w i e
auch i n den 1954 berichteten F ä l l e n (wonach gelegentlich weisse
310
Tiere i n der Rhe inau mi t Schermausfa l len gefangen wurden) ist aber
n a t ü r l i c h stets die Mögl i chke i t der Verwechs lung mi t dem H e r m e l i n
gegeben. —
Die Farbstufe ist bei den Bä lgen aus Liechtenstein mi t te lbraun
(etwas dunkler als Ve rona Brown) , und liegt i n der dunkelsten Gruppe
der hier vergl ichenen Bälge (wahrschein l ich infolge der Jugend
der Tiere). Andererseits sind die oben e r w ä h n t e n , sehr charakterist i-
schen, alten Zwergwiese l aus der E i f e l bezw. aus Schwaben wesent l ich
heller, etwa Sayal B r o w n (Winterkle id) , nur der bereits ins Sommer-
haar vermauserte Rücken t e i l des Eifel-Balges ist etwas dunkler (etwa
Snuff Brown) . H e r r Dr . F. F R A N K übe r l i e s s m i r l i e b e n s w ü r d i g e r w e i s e
einen T e i l seines Manuskriptes «Zur Biologie des M a u s w i e s e l s » , i n dem
er auch interessante Zuchtergebnisse h ins ich t l i ch der F ä r b u n g mitteil t .
Danach zeigte sich an Wiese ln aus Oldenburg eine Grupp ie rung u m
um ein helleres ( « z i m t b r a u n » ) und ein dunkleres ( « s c h o k o l a d e n b r a u n » )
Braun , und der Verfasser stellte auch bezeichnenderweise an den heller
pigmentierten Tieren die Tendenz fest, bestimmte F ä r b u n g s m e r k m a l e
des « s o g e n a n n t e n Zwergwiese l s» (weisse Fusszeichnung u n d fehlender
Wangenf leck) hervorzubr ingen. — Die Liechtensteiner Kle inwiese l
haben ü b r i g e n s , ebenso wie die beiden o. a. Zwergwiesel , a u s g e p r ä g t e
Wangenf lecken. —
E u r o p ä i s c h e r D a c h s — Meies meles meles L . 1758
K e i n taxonomisch verwertbares Mate r ia l . Aufgestel l te Tiere und
S c h ä d e l f r a g m e n t e i n den Schulen i n V a d u z . —
Eigene Beobachtungen b e s c h r ä n k e n sich auf die Feststellung zah l -
reicher Grabspuren («ges tochen») i m W i e s e n g e l ä n d e der «Erlen» (ober-
halb Matschiis) i m Sommer 1961. —
Die jagdliche Betrachtung bringt der nachfolgende Bericht des
H e r r n Jagdschutzverbandsvorsi tzenden, P r inz Hans v. u. z. L I E C H -
T E N S T E I N .
«Dieser so populäre aber doch fast unsichtbare nächtliche Grossmarder ist
in Liechtenstein von der Talsohle weg bis in die Hochalmen verbreitet. Oft
findet man nämlich in Höhen bis 1900 m, ja manchmal noch weiter hinauf die
von ihm auf der Kerfensuche gekehrten und gekippten Steine.
311
Seine Naturgeschichte ist ja allgemein gut bekannt und es erübrigt sich
ein näheres Eingehen darauf — nur die weitverbreitete Ansicht, dass der Dachs
ein Winterschläfer wie das Murmeltier sei, muss revidiert werden.
Es gibt Jahre — resp. Jahresfolgen — , in denen es viele Dachse gibt, oder
mit denen man oft zusammenstösst und dann sind wieder Perioden, wo unser
Freund fast unsichtbar ist. Auch Berufsjäger, die Tag und Nacht und bei der
verschiedensten Witterung im Laufe des Jahres unterwegs sind, können dies
bestätigen. Ich hatte hier im Lande besonders viele Zusammentreffen mit
Dachsen in den Jahren 1945 bis 1948. Später dann weniger und jetzt schon
einige Jahre gar keines. So war z. B. am 23. Mai 1945, zeitig früh, ein Dachs
beim fürstlichen Meierhof ob dem Schlosse auf der Tennzufahrt. Dann wieder
einer in der Nacht bei der Letzi am 30. 5. 1945 auf dem Fürstensträssle. Am
5. 6. 1945 machte sich ein Dachs abends am Fahrweg zwischen Steg und Sükka
in ca. 1400 m Höhe zu schaffen. Am 9. 10. 1945 um 5 Uhr früh sah ich einen
Dachs beim Nendler Steinbruch (500 m). Mit einem Worte in diesen Jahren
sah auch ich öfters Dachse und erlegte 2 Stück. So am 16. 6. 1947 in Planken
817 m, den zweiten am 15. 9. 1948 im Iragell, 660 m.
Einmal, es war am 9. 10. 1946, stiess ich bei der Pürsche auf den Brunft-
hirsch in der T i d , 870 m, mit Leuten und ihrer Hundemeute zusammen, die
da «daxna» gingen. Eine Jagdart auf den Dachs, die besonders früher weit
verbreitet war, aber wegen der Störung der Reviere nächtlicherweise von den
Jagdherren nicht mehr geduldet wurde. Der Hergang dieser Jagdart war fol-
gender: Bei Einbruch der Nacht in der Zeit von Ende August bis Ende Oktober,
also vom milchig werden des Maises über das Reifen der Trauben und des
Obstes bis zu dessen Abfallen trafen sich 2 — 3 Männer mit einer Koppel
Hunde. Diese Hunde waren grosse, starke bis gegen 60 kg schwere Bastarde
von Boxern, Doggen und Sennenhunden. Mindestens 35 kg mussten sie schon
haben, denn der in die Enge getriebene Dachs ist ein furchbarer Gegner. Nun
warteten die Jäger bis sie glaubten, dass die Dachse schon möglichst weit von
ihren Bauen gegen das Feld zu oder gegen die Obstgärten hin gewechselt wa-
ren, und Hessen dann die Hunde los und zwar natürlich an bekannt guten
Pässen. Die besten Plätze für die von Vaduz und Schaan operierenden Jäger
waren die Wiesen des Gamanders, das Schaaner Neugut, dann bei Vaduz
Maree, Iradetsch, weiterhin die Spaniarüfe am Ende des Friedhofes und der
Meterhof Maschlina. Auch wurde vom Wildschloss aus Profatscheng erreicht
und hier und im Berger Guggerboden gerne «gedaxnet». Hier oben wurden
auch die stärksten Dachse bis zu 18 kg erbeutet. Es war besser im Finstem zu
jagen als bei Mondschein, da die Dachse dann früher zu Felde zogen. Hatten
die Hunde einen Dachs gestellt, so liefen, stolperten und rutschten die Jäger
in aller Hast hin und fassten nun mit der Dachszange im Knäuel der balgenden
Tiere zu, wehrten die ganz verrückten Hunde ab und erschlugen dann den
gequälten Dachs.
Dies war kein waidmännisches Tun, aber doch eine alt eingebürgerte
Jagdart. Der Kampf der um sich beissenden Hunde mit dem Dachs, das Zu-
greifen der Zange. Fauchen und Bellen. Knurren und Hächeln, flackerndes
312
Kerzenlicht und das Auslöschen des armen Grimbart waren fürchterlich, wie
mein Gewährsmann selbst erzählte (Anton GASSNER, Vaduz).
Von einer Gruppe von 2 — 3 Mann, konnten in einer Nacht bis zu drei
Dachsen und in der Saison bis 35 Stück erbeutet werden. Das war schon eine
ziemliche Dezimierung des Tierbestandes, und man wundert sich, dass jetzt,
nach dem Aufhören dieser Bejagung es nicht von Dachsen im Lande wimmelt.
Auch hier wird wohl der Verkehr seine Opfer fordern.
Es gelang mir von den Herren Anton und Erich GASSNER je eine oft ge-
brauchte Dachszange zum Beschreiben und Abbilden geliehen zu bekommen.
Abb. 2o. Verschiedene Dachszangen (Zeichnung Prinz H. Liechtenstein)
DIE DACHSZANGE
ist eine Riesengreifzange aus Schmiedeisen, das, soweit es im hölzernen
Stiele steckt, rund, ausserhalb des Stieles jedoch flach gehämmert ist. Ge-
schlossen stösst sie mit 2 scharfen, bis 3 cm langen Endzähnen aufeinander;
diese können sich aber auch überkreuzen. Die Form ist länglich oval, am Zu-
beissende leicht eckig. Im ersten Drittel der inneren Bogenkrümmung ist noch
je ein scharfer bis 2 cm langer Zahn, der sich mit seinem vis-ä-vis trifft. Der
Zangenteil ist bei der einen, von mir untersuchten Zange 25 cm lang und
11 cm breit. Bei der kleineren und viel älteren Zange nur 20 cm lang und
8 cm breit. Der Holzgriff ist auch von verschiedener Länge, 47 cm resp. 27 cm
und bei der grossen neueren Zange, aus gedrechseltem Eschenholz, bei der
alten aus rohem Haselnuss gemacht. Ausserdem ist an der Aussenseite der
31.3
Krümmung bei der grösseren Zange eine Oese zum Anbringen einer Umhänge-
schnur. Es gab auch gekrümmte, mit einer Schneide versehene Zangen, wie
aus beiliegender Abbildung zu ersehen ist. Soweit die Beschreibung dieser
Marterwerkzeuge, die, wie gesagt, noch bis vor kurzem in Gebrauch waren.
Ausserdem wurden die armen Dachse eventuell noch mit an langen Stöcken
angebrachten doppelten Korkziehern, den sogenannten Schweineschwänzen,
aus den Bauen geholt. Diese Waffen werden noch jetzt in Graubünden zum
Herausziehen von Murmeltieren aus den Bauen verwendet (Siehe dort, S. 233).
Die Dachse wurden gerne und von vielen Leuten gegessen, besonders in
Zeiten der Not, so im ersten Weltkrieg. Das Fleisch wurde nur gut gekocht und
dann gebraten, aber nicht nach Trychinen untersucht. Die Schwarte wurde
gerne als Schmuck an Kumetgeschirren der Pferde verwendet. (Die Verwen-
dung des Dachsfelles als Geschirrschmuck bezeichnete in der Zeit des Post-
kutschenverkehres die Zugehörigkeit des Gespannes zur Post der Fürsten
THURN UND TAXIS. Dieser Brauch wurde auch im Lande von der Bevöl-
kerung teilweise übernommen). (BAUMANN)».
Die Dachs-Strecken der Rechenschaftsberichte der Regierung s ind
folgende:
1922: 3 1932: 3 1942: 2 1952 13 !!
1923: 1933: 4 1943: 5 1953 6
1924: 16 !! 1934: 1944: 2 1954 21 !!
1925: 4 1935: 4 (Malbun !) 1945: 4 1955 19 !!
1926: 11 1936: 7 1946: 4 1956 11
1927: 9 1937: 12 (davon 6 1947: 11 1957 11
1928: 8 1938: 3 Gaflei- 1948: 4 1958 14 !!
1929: 6 1939: 10 Gafadura!) 1949: 7 1959 13 !!
1930: 10 1940: 7 1950: 4 1960 16 !!
1931: 6 1941: 16 !! 1951: 14 (allein 10 Gafle
Die A b b i l d u n g 27 bringt einen Dachs aus Nende ln und darunter
(Abb. 28) e inen G a r t e n s c h l ä f e r , u m die ü b e r e i n s t i m m e n d e Kopfze i ch -
nung zu zeigen. ( A u f l ö s u n g der Kon tu ren durch B ä n d e r u n g ) .
F i s c h o t t e r ( N ö r d l i c h e r Otter) — Lutra lutra lutra L . 1758
1959 v e r ö f f e n t l i c h t e W . K R E B S E R aus T h u n die umfassende Be-
standsaufnahme dieses stark g e f ä h r d e t e n Säuge r s i n der Schweiz
( K R E B S E R 1959), wobei er zu dem tragischen Ergebnis kommt , dass
nach den staatlich g e f ö r d e r t e n Ausrot tungsakt ionen bis i n die zwan-
ziger Jahre «die v o r s ä t z l i c h e Jagd mi t A u s n a h m e der J ä g e r einiger
Kantone nach 1940 prakt isch a u f h ö r t , w e i l der Fischotter weitgehend
ausgerottet w a r » . Er schä t z t die Z a h l der i n der Berichtszeit i n der
315
Schweiz lebenden Fischotter auf 40 bis h ö c h s t e n s 60 Tiere, und es i n -
teressiert hier, w a n n u n d w o i n den an Liechtenstein angrenzenden
Gebieten noch Fischotter beobachtet oder erbeutet w u r d e n . N a c h der
Karte von K R E B S E R s ind es a m Rhe in f ü n f Punkte m i t fo lgenden
Feststellungen:
Bei Ragaz — 1920 e in Abschuss, bei Sargans — e i n m a l z w e i E x e m -
plare festgestellt und 1951 eine letzte Beobachtung. (Es ist nicht ohne
Interesse, dass sich an diesem Vereinigungspunkt des Rheintales und
der Walensee-Senke, den alten, t iergeographisch bedeutsamen V e r -
bindungswegen also, auch die Otterfunde h ä u f e n , denn es gibt z w i -
schen Sargans u n d dem Walensee eine Reihe von Meldungen !); drit-
tens zwischen Sevelen und Balzers, w o 1946 am Rhe in Spuren fest-
gestellt wurden, viertens — unwei t Büche l , also etwa g e g e n ü b e r dem
n ö r d l i c h s t e n Grenzpunkt des F ü r s t e n t u m s a m Rhe in , wurde 1914 ein
Tier beobachtet, und schliessl ich ist noch eine ungewisse Beobachtung
bei Diepoldsau registriert. —
Die Rechenschaftsberichte der f ü r s t l . Regierung br ingen einen
Fischotter-Abschuss i m Jahre 1926; danach bleibt seine Spalte i n der
Rubr ik «Schäd l i ches Wi ld» leer. — Jedoch aus j ü n g s t e r Zeit berichtet
P r i n z Hans v. u . z. L I E C H T E N S T E I N folgendes (brief l . M i « . ) :
«Am 30. Dezember 1962 erfuhr ich in Mauren von einem Jäger, dass er
einen Tag zuvor im kleinen, noch eisfreien Teil des Gampriner Seeleins ein
grosses Tier schon im recht Finsteren schwimmen und tauchen sah, und auch
plätschern hörte. Er fragte, was es sein könne. Gleich hatte ich Verdacht auf
Otter, konnte aber am 31. Dezember nachmittags dort trotz Unterstützung
durch Martin v. HALEM im hohen Schnee und auch am Eise keine Spuren,
ausser Fuchs, sehen. Später erzählte mir Dr. Walter OEHRY, dass er am Kanal,
nicht weit vom Seelein, Fischgerippe gefunden habe. - Am 12. Januar 1963
fuhr ich bei ziemlicher Kälte am Nachmittag um 14 Uhr rasch hin und revi-
dierte jetzt den Ausfluss des Seeleins unterhalb der Brücke des Dammstichleins,
und hier fand ich nun wirklich einen ziemlich frischen Austritt eines Fisch-
otters. Da das Ufer ziemlich steil ist, war er dann wahrscheinlich wieder im
Wasser weiter abwärts gezogen. Es war also nicht weit von der Stelle, wo Sie
die Ratte fingen. Durch den strengen Winter wird der Otter die Bodensee-
gegenden verlassen haben und bis zu uns gekommen sein». —
316
Abb. 29. Jagdbares Wild nach der Embser Chronik
(gezeichnet von Prinz H. v. u. z. Liechtenstein).
317
Familie: Katzen — Felidae
L u c h s — Lynx lynx L. 1758
D a s ich seit dem Kriege wieder e in Vorstoss des Luchses v o m Osten
bis Mit te ldeutschland u n d Ö s t e r r e i c h (MÜLLER-USING 1958, zit. von
J A N E T S C H E K 1961) festzustellen ist, u n d gewisse H i n w e i s e auf das
V o r k o m m e n i m Unterengadin 1959 vorhanden waren ( J A N E T S C H E K
1961), sei eine kurze, historische Schau b e z ü g l i c h des Untersuchungs-
gebietes gegeben (Prinz Hans v. u. z. L I E C H T E N S T E I N br ie f l . ) :
«Diese Grosskatze fehlt i m Lande schon seit mehr als 100 Jahren,
d ü r f t e aber f r ü h e r r e g e l m ä s s i g vorgekommen sein, da eine F lu r unweit
von G a f l e i noch heute «bei der Luchs fa l l e» heisst. Diese Stelle w i r d
schon als Grenzmark ie rung i n e inem Kaufb r i e f e v o m Jahre 1615 als
«bei der L u x f a l l e n » e r w ä h n t (D. B E C K 1956). — E inen Luchsboden
gibt es auch i m Triesner Gebiet ; ausserdem werden Luchse als Stand-
w i l d i n der Embser C h r o n i k 1616 f ü r die Gegend von Bludenz u n d
Hohenems genannt, und es w i r d sogar e in Holzschni t t gezeigt (s.
A b b . 2 9 ) . D a n n findet sich noch eine E r w ä h n u n g i n einer anderen
Chron ik , dass Luchse i n der Grafschaf t V a d u z h ä u f i g seien, was ja i n
dem z e r k l ü f t e t e n Kalkgebirge, das dicht bewaldet ist u n d i n f r ü h e r e r
Zeit von Ziegen und Schafen stark beweidet wurde, nicht weiter ver-
wunder l i ch ist». —
Ordnung: Hasentiere (Doppelzähner) - Lagomorpha
Familie: Hasen — Leporidae
Die Hasentiere seien hier, entgegen der h e r k ö m m l i c h e n Ü b u n g , un-
mittelbar neben die Huf t i e re gestellt, u n d i ch folge damit nur T H E -
N I U S & H O F E R (1960), die sie auch zwischen dieser O r d n u n g und den
Raubtieren unterbringen. D a schon vor 50 Jahren die Lagomorphen i n
eine eigene O r d n u n g kamen ( G I D L E Y , nach T H E N I U S & H O F E R 1960).
hat sich seither i m m e r mehr Mate r i a l (fossiles, physiologisches, sero-
logisches, embryologisches, ethologisches) angesammelt, das die Hasen
nicht nur weit von den Nagern a b r ü c k t e (zumindest seit dem Paleo-
z ä n ) , sondern ihre Abs t ammung ü b e r p r imi t ive Condyla r th ren (also
eine erloschene Ordnung der Urhufer ) wahrsche in l i ch macht ( W O O D ,
nach T H E N I U S & H O F E R 1960). —
318
F e l d h a s e — Lepus europaeus meridiei H I L Z H E I M E R 1906
M a t e r i a l : 1 Schäde l (C? subad., Wisseler , Schaan, 676 m , 29. X I I .
1962, P r i n z Hans v. u . z. L I E C H T E N S T E I N leg.)
Das noch junge Stück wog 3,8 kg.
Masse:
Schaan (FL) ö 7 CB 89,8 Occ.-Nas. 101 Zyg. 46,7 Max. Breite Nasal. 25 mm!
Siena 153400 $ 90 46,8 25 mm
(nach MILLER)
Der Schäde l ü b e r r a s c h t e nach der P r ä p a r a t i o n durch seine a u f f a l -
lend breiten Nasenbeine, so dass m a n z u n ä c h s t an den o s t e u r o p ä i s c h e n
Hasen der ssp. transsylvanicus erinnert wurde, haben doch A T A -
N A S S O W , M A R T I N O u n d P A S P A L E W 1954 das breite Nasale als
Hauptkennze ichen f ü r transsylvanicus herausgestellt (cf. v. L E H M A N N
1959). B e i m Verg le i ch mi t den S c h ä d e l m a s s e n , die M I L L E R (1912) f ü r
alle Unterarten von Lepus europaeus a u f f ü h r t , zeigte es sich dann aber,
dass diese extrem breiten Nasenbeine von 25 m m dort nur bei e inem
Schäde l erreicht werden. Es ist das 9 N r . 153400 der ssp. meridiei aus
Siena (Italien), das i m ü b r i g e n auch fast dieselben ü b r i g e n Masse
zeigt (s. o.). — Diese Unterart , die erstmalig i m Departement A v e y r o n
(Franreich) beschrieben wurde, sol l von S ü d f r a n k r e i c h bis Nord i t a l i en
(Cor fu ?) verbreitet sein. Be legs tücke nennt M I L L E R (1912) aber vor
a l l em aus dem f r a n z ö s i s c h e n Departement Basses-Alpes u n d aus N o r d -
i ta l ien (Turin , Por lezza, Siena). D a i n der Balgfarbe nach M I L L E R
(1912) e in gewisser A n k l a n g an transsylvanicus bestehen so l l ( « r u m p
dist inct ly b lu i sh grey») , w ä r e es wich t ig , an g r ö s s e r e n Serien nachzu-
p r ü f e n , ob i m Bereiche der A l p e n eine F o r m des Feldhasen lebt, die
morphologisch unmit te lbar an transsylvanicus anschliesst und damit
eine Paral le le z u anderen wa ldbewohnenden S ä u g e r n Osteuropas g ä b e
(Capreolus c. transsylvanicus, Dryomys nitedula intermedius bezw.
diamesus).
Ausserdem besteht be im Feldhasen gewiss auch gerade i n den A l p e n
die Neigung, L o k a l f o r m e n auszubi lden, die z u m T e i l v ie l le icht nur
der Ausdruck der ver t ika l v e r ä n d e r t e n Umwel tbed ingungen sind. So
schreibt z u m Beispie l v. T S C H U D I (1854): «Unse re Berghasen aber, die
bis i n die V o r - und mit t leren A l p e n aufsteigen, s ind grösser , s c h w ä r z e r ,
am Halse weisser und schwerer (oft an 12 Pfund) als die Feldhasen,
319
bi lden jedoch keine eigene A r t . . . » 1. c. p. 195 — 196). Dieses ent-
s p r ä c h e genau den Abwe ichungen zwischen W a l d - und Gelbhalsmaus
und den ö k o l o g i s c h e n A n s p r ü c h e n dieser Ar t en ! —
Die alten « W a l d a m t s j o u r n a l e der Fürs t l . D o m ä n e n v e r w a l t u n g » , aus
denen m i r A u s z ü g e vor l iegen (und die ich S. D . P r i n z Hans v. u . z.
L I E C H T E N S T E I N verdanke) br ingen auch die Hasenstrecken der e in-
zelnen Jahre (leider nicht mehr alle B ä n d e vorhanden), wobe i z u be-
r ü c k s i c h t i g e n ist, dass das eingelieferte W i l d v o n der ha lben F l ä c h e
des Untersuchungsgebietes stammte (die andere H ä l f t e w a r damals
schon an P r i v a t j ä g e r verpachtet).
1832 — 36 1841 — 16 1861 — 23 1881 — 8
1833 — 32 1847 — 15 1866 — 26 1901 — 0
1834 — 35 1858 — 16 1867 — 28 1911 — 0
1840 — 19 1860 — 43 1877 — 14 1920 — 0
Die neueren Streckenberichte der fü r s t l . Regierung bis 1960 wurden
schon oben zusammen mi t den Fuchsstrecken gebracht (s. p. 292). H ie r -
bei s ind die Reviere Sass, M a l b u n und Bargel la , also die Hochlagen ,
fast gar nicht — seltene A u s n a h m e n nur Bargel la u n d M a l b u n — und
Lawena nur g e r i n g f ü g i g beteiligt. — M a n ersieht aus der Zusammen-
stellung erhebliche Bestandsschwankungen ü b e r l ä n g e r e Z e i t r ä u m e ,
deren Ursachen i n der Jagdpresse i m m e r noch v i e l f ach diskutiert wer-
den. Abgesehen von dem oben schon aufgezeigten Zusammenhang mi t
dem Fuchsbestand d ü r f t e n Seuchen, Parasi tenbefal l , u n g ü n s t i g e s Wet-
ter (auch als F ö r d e r e r der eben genannten Erscheinungen) und der ver-
s t ä rk t e Strassenverkehr, sowie die Intensivierung der Landwir t schaf t
auf jeden F a l l i n den letzten Jahren den Zusammenbruch der B e s t ä n d e
bewirkt haben. Im einzelnen berichtet nachfolgend Pr inz Hans v. u . z.
L I E C H T E N S T E I N ü b e r seine jagdl ichen Er fahrungen i m Untersu-
chungsgebiet.
«Der Feldhase ist ein Bewohner des ganzen Landes vom Rheintal bis in die
Höhen von 1500 m am Kulm. Ausserdem besiedelt er auch die inneren Alpen-
täler, soweit sie nicht zu unwirtlich sind und ihm noch gut Äsung bieten.
So hielten sich z. B. im Winter 1962/63 zwei Feldhasen, die wohl gefüttert
wurden, in Kleinsteg auf (1303 m).
Der höchstgelegene Sammelort eines Hasen war unterhalb des Pilatus
(Plattenberg) bei 1650 m, wo ich am 22. Dezember 1945 einen erlegen konnte.
Den Hasen, dessen Schädel in Bonn ist, erlegte ich am 29. Dezember 1962
am sogenannten Wisseler in 676 m Höhe. In demselben Trieb wurden damals
320
noch zwei andere Hasen gesehen. 1947, in dem besten Hasenjahr in Liechten-
stein, erlegten wir im Wisseler — Zipfel Wald - 12 Hasen. Die Rekordstrecke
war 46 Hasen und ein Hirschtier am 27. Dezember 1947 im Forst, bei 460 bis
560 m ü. M. Im Jahre 1948 wurden ebenda nurmehr 7 Hasen erlegt, was
damals auf den vorjährigen Aderlass zurückgeführt wurde. 1949 wurden dann
am selben Ort, es war immer der beste Haseneinstand, 15 Stück erlegt und
seither immer weniger und weniger, wie man das ja auch aus der Landes-
statistik ersehen kann, öfters wurde schon die Einführung eines Abschuss-
planes für Hasen erwogen . . . . denn z. B. im Jahre 1963 jagten wir wieder
im Forste, und wurde da nicht ein Hase von den Treibern mehr hochgemacht.
Allerdings führt unterhalb die Hauptautostrasse vorbei, wurde der Feldbau auf
den angrenzenden landwirtschaftlichen Grundstücken ab dem Jahre 1948 ganz
aufgelassen, so dass jetzt nurmehr eine Wiese, auf der dazu noch Schafe wei-
den, angrenzt. Als Krönung des Ganzen befindet sich auch noch eine grosse
Fabrik am Rande des Forstes. Dieser «Forst» genannte Wald erstreckt sich
nördlich von Schaan gegen Nendeln zu.
Im ganzen flachen Ried sind aber kaum mehr Hasen zu finden, obwohl
dort noch Feldbau und Gemüsebau im Grossen betrieben wird. Allerdings
sind auch dort mehr Weideflächen auf denen die Kühe herumtrampeln. Ende
der 20er Jahre waren noch Jahresstrecken von 35 bis 45 Hasen. Später dann
gingen die dortigen Jagdpächter dazu über pro Mann nicht mehr wie 4 Hasen
auf der Suche zu erlegen. Jetzt ist der Hasenstand katastrophal. Die Haupt-
ursache dürften aber die späten, feuchten Frühjahre und sehr nassen vergan-
genen Sommer sein.
Die Höchstgewichte von unseren Feldhasen sind bis zu 5'>-2 kg, Ende Januar
erlegt (Hans RITTER, Ehrenpräsident des liechtenst. Jagdschutzvereines). Farb-
varietäten wurden nie beobachtet». —
A l p e n s c h n e e h a s e — Lepus timidus varronis M I L L E R 1901
M a t e r i a l : N u r S t o p f p r ä p a r a t e i n den Schulen des Landes.
Eigene Beobachtungen feh len fast ganz (nur e in Stück sah i ch i m
M a i 1953 i m Schneeheidebestand — Erica carnea — an der Bargel la-
Alpe) .
D ie alten, o. a. Waldamts journa le nennen f ü r 1858 z w e i u n d f ü r
1861 vier Schneehasen unter dem eingelieferten W i l d . D ie s p ä t e r e n
Streckenberichte der Regierung melden zwischen 1922 und 1960 nur
i n f ü n f Jahren je e inen Abschuss, n ä m l i c h : 1929, 1932 (Sass), 1935
(Malbun) , 1937 u n d 1952. A u f diesen zuletzt genannen F a l l bezieht sich
w o h l auch die Mi t t e i lung von P r i n z Hans v. u. z. L I E C H T E N S T E I N ,
dessen Bericht i ch wieder w ö r t l i c h zitiere.
321
«Dieses Hochgebirgstier lebt hier ein zurückgezogenes und vom Menschen
eigentlich ganz unbehelligtes Leben. Jahre vergehen, bis einmal einer erlegt
wird. Adler und Fuchs sind wohl seine Hauptfeinde.
Seitdem die Brackenjagd im Lande (nach Einführung der Brunftjagd auf
Hirsch und Garns) ganz aufgehört hat, kommt eben kaum je mehr ein Schnee-
hase zum Abschuss. Den letzten dürfte Julius GASSNER, Berufsjäger von
Malbun, Ende der 40er Jahre erlegt haben (Valünatal).
Diesen Winter 1962/63 beobachtete Jäger Hubert NEGELE oberhalb von
Gaflei, am Anfang des Fussweges nach Silum (1520 m) einige Male einen
Schneehasen. Ebenso wurden öfter diese Hasen am Übergang ob Sükka ge-
sehen. Ich selbst habe einmal gelegentlich der Spielhahnjagd am 5. Juni 1945
am Heubühl (1933 m) einen Schneehasen beobachtet.
Der Schneehase bewohnt also unsere ganzen Gebirgskämme sowie die
eigentlichen Hochtäler». —
M i t t e l e u r o p ä i s c h e s W i l d s c h w e i n — Sus scrofa scrofa
M a t e r i a l : cf (Schäde l ) , Lawena (abges tü rz t ) , 14. X I . 1946;
Cf (Schäde l ) , A l p i l a (gefunden), 14. X I I . 1951; 9 (Haut), leg. Fer-
d inand B E C K , P lanken , 1948. S ä m t l i c h i n den Zoo l . Staatssamm-
lungen Vaduz .
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : Rhe ina lnd (2), Mecklenburg (43); andere
Unterar ten: Spanien (2), Transkaukas ien u n d Israel (4).
D ie S c h ä d e l m a s s e der oben a n g e f ü h r t e n m ä n n l i c h e n Tiere (beide
2 - j äh r ige Keiler) betragen (nach Angaben von P r i n z Hans v. u . z .
L I E C H T E N S T E I N ) :
Ordnung: Paarhuftiere — Artiodactyla
Familie: Schweine — Suidae
L. 1758.
CB .geringste Parietalbreite" (cf. BAUER 1960)
(5 Lawena
S Alpila 312
300
24
22
$ Niederösterreich
S (5-jährig) Eifel
(5 (3-jährig) Rheinland 330
323
365
38
36
34
322
Eine z u m Verg le ich gemessene Bache (2 — 3 j ä h r i g ) aus Sparbach
bei W i e n v o m 5. X I I . 1958 hatte die darunter stehenden Masse, zu
denen die zwe i von m i r vermessenen Ke i l e r aus dem Rhe in l and ( M u -
seum A . Koenig , Bonn) gestellt wurden .
Es ist daraus zu entnehmen, dass die Scheitelbreite des O s t e u r o p ä -
ischen Wi ldschweines (ssp. attila) m e r k l i c h g rösse r ist, w i e B A U E R
(nach M A R K O V ) schon 1960 i m einzelnen a u s f ü h r t e , dass aber auch
i m Westen Europas einzelne Tiere oder vie l le icht ganze Popula t ionen
vorkommen, deren Scheitelmasse weit i n die Varia t ionsbrei te von
attila h inre ichen. Dies zeigen die beiden o. a. Ke i l e r aus dem Rhe in -
land, die zur Zeit hier leider das gesamte S c h ä d e l m a t e r i a l aus diesem
Gebiet darstellen. —
Nachfo lgend bringe ich wieder den Bericht des P r ä s i d e n t e n des
Jagdschutzverbandes.
«Das Schwarzwild, hat sich durch die Kriegsereignisse, d. h. durch den
Mangel an Jägern und Jagdpersonal wieder ausbreiten können. So ist es selbst
in Gegenden Standwild oder häufiges Wechselwild geworden, wo es nur mehr
ganz selten oder sogar seit Jahrhunderten nicht mehr vorgekommen ist.
Auf dem Gebiete des heutigen Fürstentums war Schwarzwild in prähisto-
rischer und historischer Zeit bis zum Anfang der Neuzeit allenthalben verbreitet
(s. Abb. 30). Seit ungefähr 200 Jahren fehlt jede Nachricht seines Vorkommens.
Aber dann im Jahre 1946 trat seit längerer Zeit wieder zum ersten Male auf
den Alpen des Valünatales ein «riesiger Dachs», von Sennen und Hirtenbuben
gesehen, auf. Dieser riesige Dachs entpuppte sich einige Zeit später und zwar
am 14. November 1946 als zweijähriger Keiler. Damals nämlich sah der Jäger
Alois SCHÄDLER aus Triesen bei einem Reviergang in seinem Belauf Lawena
einen Adler und mehrere Kolkraben unterhalb des Rappensteines in einer
Höhe von 1800 m kreisen. Als er dann dorthin drang, fand er einen schon
leicht verwesten und von den Vögeln bearbeiteten Keiler. Dessen skelettiertes
Haupt mit Unterkiefer hing dann einige Jahre in der Jagdhütte Lawena, bis
es vom verstorbenen Jagdherren Oberst Jules HUBER, Walenstadt, dem zoolo-
gischen Museum Vaduz überantwortet wurde. Dies war fast das südlichste Vor-
dringen des Schwarzwildes den Rhein hinauf in das Herz der Alpen. Nur noch
wenige Male stiessen einige Stücke bis ob Chur, Graubünden, weiter vor. So
wurde ein Keiler am 22. 10. 1947 in Haldenstein, Graubünden, erlegt und um
die Jahreswende 1951/1952 hielten sich 2 Stück am Heinzenberge auf.
Als dann 1950 und die Jahre nachher die intensive Bejagung der Wild-
schweine in Österreich und Deutschland wieder einsetzte, verschwand es lei-
der nach nochmaligen Aufflackern des Standes in den Jahren 1951 — 1953 auch
aus Liechtenstein. Das letzte Stück, ein Keiler, wurde am 8. 1. 1955 von Herrn
Hans RITTER, damaligen Präsidenten des Liechtenstein'schen Jagdschutzver-
323
eines erlegt. Er wog 58 kg aufgebrochen und hatte 13 cm lange Gewehre. Das
im Lande damals vorkommende Schwarzwild war im Körper nicht sehr gross.
Es waren wohl meist jüngere Stücke, viele Keiler, in der Farbe meist schwarz
bis auf einige graue Stücke. Die Hauptaufenhaltsorte waren der Maurerberg,
daneben die Lehne unterhalb Planken, teils eine Fichtendickung, teils Buchen-
hochwald und Schilfpartien im Ried. Doch fand es sich auch in der Au längs
dem Rheine, so z. B. im Jahre 1950, als einige Stücke dem Kalwanger Forst-
meister Hans HÜBLER bei einer Hasenjagd in Anblick kamen. Dass Bachen
aber bei uns auch frischten konnte einige Male beobachtet werden, so z. B.
wurden am 19. 6. 1948 im grossen Frickenacker 3, noch gestreifte Frischlinge
im Alter von ca. 6 Wochen auf verschiedene Weise erlegt. Am 4. 3. 1948 wur-
den ebenfalls noch gestreifte Frischlinge unweit Nendeln erleg!.
Auf das Auftreten der Sauen hin wurden Landwirte, Jäger, Jagdberechtigte
und auch die Regierung roglich, und grosse Aufregung war bei uns im Lande,
sowie auch in der benachbarten Schweiz und in Vorarlberg. Die Regierung
des Fürstentums stellte mit Verordnung vom 5. 5. 1948 in einem einzigen Ar-
tikel das Schwarzwild (Wildschweine) unter die jagdbaren Tiere.
In den Zeitungen häuften sich viele besorgte Aufrufe wie z. B. einer der
benachbarten Schweizer Jagdgesellschaften im St. Gallischen Rheintal wo
3 Punkte besonders vermerkt sind:
1. ) Die Verständigung der Jagdleiter per Telefon. Die jeweiligen Nummern
sind sogar angegeben.
2. ) Gesichtete Tiere sollen ja nicht gestört werden.
3. ) Männliche Tiere, sogenannte Keiler, sind wehrhaft und dem Menschen
unter Umständen gefährlich.
Ein Meldedienst und die Mithilfe der Bevölkerung sind aufgezogen, wie bei
Schwerverbrechern.
Noch komischer sieht ein Aufruf des Schaffhauser Jagdschutzvereines aus,
da unter anderm geschrieben wird, dass die Sauen auch wehrhaften Männern
lebensgefährlich werden können.
In diesen Tönen geht es weiter, und auch die Liechtenstein'schen Zeitungen
stehen nicht zurück. Im Jahre 1948 wurden dann z. B. bei uns im Lande 7
Stück erlegt. (Regierungsstatistik).
Die erfolgreichsten Schützen und Erleger waren der fürstliche Jäger Ferdi
BECK in Planken, der 7 Wildschweine erlegte, dann Herr Hans RITTER, Wein-
händler in Schaan, die Herren Oswald und Walter BÜHLER, Dr. Richard
MEIER und der Erleger des 1. Stückes im Lande, Herr Anton MÄHR, Metzger-
meister in Vaduz und Triesen.
Ich will nun noch einige Angaben über Gewichte und Längen der Waffen
geben und ausserdem noch einige Beobachtungen:
Gewichte: 1.) 26. 2. 1948, Heuberg, 1000 m Höhe bei Triesen, Überläufer-
keiler, 48 kg, erlegt durch Herrn Anton MÄHR, präpariertes
Haupt im Besitz des Erlegers.
324
2. ) 19. 5. 1948, Nendlerweg unter Planken, 2-jähriger Keiler, 75 kg,
erlegt durch fürstlichen Jäger Ferdi BECK.
3. ) 9. 10. 1951, Oberbündt, 600 m Höhe, Nendeln, 3 - 4-jähriger
Keiler, 120 kg, erlegt durch Herrn Oswald BÜHLER, Mauren.
4. ) 21. 10. 1951, Maurerberg bei Nendeln, 3-4-jähriger Keiler,
100 kg, erlegt durch Herrn Dr. Richard MEIER, präpariertes
Haupt des grauen Stückes im Besitze des Erlegers.
5. ) 9. 6. 1952, unterhalb Planken, 2 - 3 jähriger Keiler, 45 kg
Schlachtgewicht, zerlegt im fürstlichen Schlosse, erlegt durch
Jäger Ferdi BECK.
6. ) 31. 1. 1953, Schaaner Ried, unterhalb des Forstes, 400 m Höhe,
Keiler, 60 kg, erlegt durch Herrn Hans RITTER, Schaan.
Schwarte im Besitze des Erlegers.
7. ) 4. 1. 1955, Jagdrevier Gafadura, 2-jähriger Keiler, grauschwarz,
58 kg aufgebrochen, erlegt durch Herrn Hans RITTER. Decke
und Waffen beim Erleger.
Es folgen die Masse der Waffen eines am 22. 11. 1951 vom fürstlichen Jäger
Adalbert KONRAD verludert gefundenen Keilers.
Gewehre, Länge in cm Haderer
rechts links rechts links
Länge 20 20 Länge 12,8 12,4
Breite 2,3 2,2 Umfang 7.4 7,5
Dies dürfte ein ca. 4-jähriger Keiler gewesen sein. Die Waffen im Besitze
des Finders.
Einige weitere Beobachtungen lasse ich folgen:
Meine 3 Kinder und ich konnten bei der seit Menschengedenken ersten
Saujagd in Liechtenstein, nämlich am 22. 10. 1947 mitmachen, bei der eine
Bache mit 5 Frischlingen von diversen Hunden in der Forstrüfe aufgestöbert
wurde, aber mit heiler Haut davon kam. Der zweite Fall: am 29. 12. 1949 im
Zipfelwald und zwar bei einer Treibjagd auf Hochwild und Hasen. Ein Keiler
kam aus der Dickung heraus ins Stangenholz, das sich gegen die Quaderrüfe
hin zieht. Er kam auf dem dem Rückwechsel, an Herrn GERSTER vorbei, und
lief dann links am Stand des Herrn HOMBERG und meines Sohnes Eugen vor-
bei, der nur ein Flobertgewehr hatte. Ich konnte nicht schiessen, da ich die
anderen Schützen sonst gefährdet hätte. Es war ein ganz schwarzes Stück. Hier
zu Lande hatten halt die meisten Jäger eine gewisse Scheu den Finger auf das
Schwarzwild krumm zu machen. Ein ähnlicher Fall: am 28. 11. 1951, als bei
einer Riegeljagd am Nendler Steinbruche 3 Sauen auf einen am Zickzackwege
nach Planken postierten Schützen zuwechselten, schoss er trotz wiederholten
325
Zurufes nicht auf die Schweine und antwortete auf Befragen nachher, er
glaubte, es wären Garns gewesen, und das Erlegen von Gemsen wäre nicht
erlaubt.
Ein anderes Mal wurde von mir am 14. 12. 1951. auf Alpila in ca. 1300 m
Höhe in einem Fichtendickicht gelegentlich der Pürsch auf den Brunftgams
ein Oberschädel eines ca. 2-jährigen Keilers gefunden. Die Masse sind weiter
oben angegeben. Der Schädel ist im Museum zu Vaduz. Als letzter Fall sei
erwähnt, dass ich einmal im Forst, keine 300 Schritte von der Schaan-Nendler
Hauptstrasse (!), zu einem schon stark verwesten Stück Schwarzwild, einer
Bache, geführt wurde. Ich versuchte sie zu fotografieren, doch in dem dichten
Bestand misslang die Aufnahme».
Familie: Hirsche — Cervidae
E u r o p ä i s c h e s R e h — Capreolus capreolus capreolus L . 1758
M a t e r i a l : Zahlre iche T r o p h ä e n i n den Zoologischen Staatssamm-
lungen V a d u z u n d v ie len P r i v a t h ä u s e r n i n Liechtenstein; G e w e i h -
und Skeletteile (p räh i s to r i sch ) aus den Grabungen a m Eschner
Berg ( H A R T M A N N - F R I C K , 1960) i m Landesmuseum V a d u z ; e in
Radius s in. (rezent) aus Sücka , J u n i 1962.
V e r g l e i c h s m a t e r i a l : Zahlreiches rezentes, subfossiles und
fossiles Mate r i a l aus Mit te leuropa (v. L E H M A N N , 1957a, 1960b);
p r ä h i s t o r i s c h e und rezente Geweihe des Naturhis tor ischen M u -
seums Bern.
In meiner letzten, v o r l ä u f i g e n Mi t te i lung (1957/62) habe i c h auch
eine a u f f ä l l i g e Rehpopula t ion aus dem Schaaner Ried (nach den Tro-
p h ä e n der K o l l e k t i o n H E R M A N N ) behandelt, u m bei diesen Rehen
viel le icht noch A n k l ä n g e an das grosse eiszeit l iche Reh Mi t t e l - und
Westeuropas zu f inden . D ie Kennze ichen dieser Sippe waren : sehr
w i d e r s t a n d s f ä h i g e Zahnsubstanz (so dass die M o l a r e n relat iv wen ig ab-
geschl i f fen wurden) , starke u n d sei t l ich geneigte Rosens töcke u n d d i -
chotom gegabelte Stangen mi t extrem langer Vordersprosse und mit
s'.ch — infolge der Rosenstocksteilung — nicht b e r ü h r e n d e n Kranz ro -
sen. — Ü b e r die Dichotomie bezw. die tiefe Gabe lung zwischen V o r -
derspross u n d Stange habe i c h schon berichtet u n d gezeigt, dass diese
E i g e n t ü m l i c h k e i t eine weit verbreitete W u c h s f o r m ist, die sich schon
i n d i l uv i a l en Funden West- und Osteuropas findet (cf. v. L E H M A N N ,
326
1957 a, p. 58, A b b . 4 — Mosbach u n d p. 60, A b b . 6 — Peggau, Steier-
mark) . Diese tiefe Aufspa l tung t r i f f t m a n heute bei a l len rezenten For-
men, auch bei den leichten S c h l ä g e n und Unterar ten (z. B. i n Spanien),
so dass sie nur i n Ve rb indung mit besonderer S t ä rke des Geweihes und
Skelettes an manche eiszei t l ichen Grossrehe erinnert.
In diesem Zusammenhang war es interessant, e in subfossiles Schä-
del- und Geweihf ragment v o m Eschner Berg (Vaduz N r . 44/970/111
bezw. 6/433) und einen l i n k e n Unterkieferast von dort (Nr. L . 45/80)
zu untersuchen, da H A R T M A N N - F R I C K (1960) bei seiner Bearbeitung
des Mater ials v o m L u t z e n g ü e t l e auf diese S tücke nicht genauer e in-
geht. — Beide Stangen des Geweihes s ind etwa 32 m m ü b e r dem Unter-
rand der Rosen abgebrochen. Sie stehen — i m Gegensatz z u denen der
oben e r w ä h n t e n rezenten Sippe v o m Schaaner Ried — eng zusammen
(die Rosens töcke haben innen einen Zwi schen raum v o n nur 12 —
13 m m !); was die S c h ä d e l e l e m e n t e jedoch auszeichnet, und was auf
eine Ve rb indung mi t den Rehen der H E R M A N N ' s c h e n A u f s a m m l u n g
hindeutet, ist ihre S tä rke . D ie Rosens töcke messen i m Durchschni t t
quer 22 m m (links) und anterio-posteriore 22,4 m m , d. h . sie s ind mi t
ca 70 m m U m f a n g fast so stark wie bei s ib i r ischen oder mittelpleisto-
z ä n e n R e h b ö c k e n ! Dementsprechend ist die Stirnbreite ( E i n s c h n ü r u n g
ü b e r den Orbitae) mi t 65 m m bei diesem p r ä h i s t o r i s c h e n Stück vom
L u t z e n g ü e t l e ebenfalls so wie bei d i l u v i a l e n Grossrehen und rezenten
S ib i r ie rn (cf. v. L E H M A N N , 1957a, p. 55, Tabel le 2 und p. 56, A b b . 2).
— Der Mandibelas t stammt — wie H A R T M A N N - F R I C K schon mitge-
teilt hat — von e inem jungen Tier . Die Alveo lenre ihe der P r ä m o l a r e n
dt — d4 misst jedoch nur 30,8 m m und übe r s t e ig t damit nicht die
Werte rezenter Rehe des Rheinlandes (29,5 — 31 m m ) . M i entspricht
ebenfalls mit 11,4 m m Länge den von den gleichen S c h ä d e l n aus dem
Rheinlande genommenen Massen. — Ausserdem untersuchte i c h das
gut erhaltene G e w e i h (Nr. 45/926 bezw. L . 3/461) eines ausgereiften
Sechserbockes aus der Michelsbergerschicht der gleichen Grabung, das
H A R T M A N N - F R I C K schon 1960 beschrieben hat. A u c h hier handelt es
sich jedoch u m ein nach Massen, Stel lung und A u s f o r m u n g ganz fort-
schrittliches G e w e i h , das von «guten» D u r c h s c h n i t t s g e h ö r n e n rezenter
R e h b ö c k e nicht zu unterscheiden ist.
Danach scheint i m Liechtensteiner Rhein ta l schon i m ausgehenden
N e o l i t h i k u m die gleiche Situat ion bestanden zu haben, wie sie heute
327
noch festzustellen ist: es gibt leichte, d. h . weiter entwickelte, und
starke, mehr an die eiszeit l ichen Rehe gemahnende Sippen unter dem
R e h w i l d . — Z u dem gleichen Schluss kommt man , w e n n m a n die
Massangaben H A R T M A N N - F R I C K S ' s h ins ich t l i ch der E x t r e m i t ä t s k n o -
chen be rücks ich t ig t . — D a m i t stellt s ich dann aber die Frage, wie das
d i luv ia le Reh des Westens i m e inzelnen aussah.
Z u n ä c h s t wissen w i r . dass das eiszeit l iche Reh Westeuropas, wie
übe ra l l , g rösse r war als das rezente (v. L E H M A N N , 1960 b), i c h konnte
aber schon 1957 i n einigen A b i l d u n g e n zeigen, dass die S ippenbi ldung
schon damals, d. h. v o m A l t p l e i s t o z ä n an, sehr a u s g e p r ä g t war und
verschiedene Geweihb i ldungen hervorrief . — Ebenso unterschiedliche
Wuchs fo rmen der Geweihe f inden s ich auch s p ä t e r unter den sub-
fossilen Geweihstangen der P fah lbau funde i m Berner M u s e u m (ich
danke hier nochmals herz l ich H e r r n Dr . SÄGESSER f ü r das Heraus-
suchen des Materiales und die L ich tb i lder ) : Es gibt bei diesen gross-
w ü c h s i g e n Rehen (Alveolenreihe der B a c k e n z ä h n e 67,3 m m ) tief ge-
gabelte Stangen mit starken Kranzrosen (fortschrittlich) u n d anderer-
seits auch mehr «pr imi t ive» Formen mi t hochsitzender kurzer Vorder-
sprosse und s c h r ä g liegender, schwacher Dachrose. Das heisst also,
mit dem Beginn der postglazialen W ä r m e z e i t waren schon alle Ge-
weihtypen be im w e s t e u r o p ä i s c h e n Reh vertreten, u n d nur durch die
G r ö s s e u n d S t ä r k e d e r K n o c h e n u n d G e w e i h e w a -
ren manche Sippen noch lange Zeit i m A l p e n r a u m v o m rezenten K l e i n -
reh unterschieden (cf. v. L E H M A N N , 1960 b).
Es ist notwendig, an dieser Stelle e in W o r t z u m sogenannten
«Urbock» zu sagen, der die W ä n d e vie ler Schlösser , Museen und Gast-
h ä u s e r s c h m ü c k t , i m m e noch e i f r i g von F r e m d e n f ü h r e r n als Produkt
deutscher W ä l d e r den staunenden Besuchern vorgesetzt w i r d und auch
i n der neueren wissenschaf t l ichen Literatur noch ab und zu eine f r ö h -
l iche U r s t ä n d erlebt. — Das Verdienst, ers tmalig Kla rhe i t ü b e r die
Herkunf t dieser — durchwegs kapi ta len ! — sibir ischen Rehkronen
geschaffen zu haben, g e b ü h r t dem E n g l ä n d e r W . A . B A I L L I E - G R O H -
M A N (fide H . T E G N E R ) , wie i ch schon i n me inem Referat i n der
Zei tschrif t f ü r Jagdwissenschaft 1957, p. 130—131 a u s f ü h r t e , und es
e r ü b r i g t e sich hierauf nochmals einzugehen, w e n n nicht v. B U R G i n
seinem Rückb l i ck (1925) dem Urbock i n der Schweiz einen besonderen
Abschni t t gewidmet und der Freiburgische Forstzoologe L A U T E R B O R N
328
drei Jahre s p ä t e r dieses Reh am Ober rhe in als gesicherte Tatsache
angenommen h ä t t e .
D ie H e r k u n f t der s ibi r ischen Rehkronen i n den alten Sch lösse rn
(z. B . Erbach, Zwingenberg, Salem) liess s ich bisher i n ke inem Fa l le
k l ä r e n (wenn m a n v o n einer sehr unwahrsche in l i chen Angabe «bei
Rastatt i m W a l d e g e f u n d e n » , cf. L A U T E R B O R N , 1928, absieht), u n d
m i c h ü b e r r a s c h t e daher die Angabe v. B U R G ' s , Oberst C H A L L A N D E
habe seine s c h ö n e Sammlung «aus den S e n n h ü t e n der A l p e n zusam-
m e n g e t r a g e n » . — Ich habe 1961 i m Naturhis tor ischen M u s e u m i n Bern
die C H A L L E N D E - K o l l e k t i o n besichtigt. H i e r z u g e h ö r e n 32 s c h ä d e l -
echte « U r b o c k » - G e h ö r n e , die i n jeder Beziehung t y p i s c h e S i b i -
r i e r s ind. Das s c h w ä c h s t e und die beiden s ä r k s t e n Geweihe l iegen
m i r (dank der H i l f e des H e r r n Kol legen SÄGESSER) hier i n mehreren
Fotos vor. D ie Stangen messen ( in der Sehne): 25 (Nr. 42), 29 (Nr. 35)
und 30 c m (Nr. 38). Soweit Angaben i m Kata log vorhanden sind, heisst
es nur «Sib i r i scher Al ta i» . N u r bei N r . 20 ist folgendes notiert: « B e f a n d
sich i m A n f a n g dieses Jahrhunderts ob einer S ta l l tü re i n Ö h n i n g e n bei
Stein, von wo i h n der verstorbene Oberr ichter G N E S S E nach Stein
a. Rhe in brachte — ich kaufte denselben A o . 1883 f ü r fs 600.—».
A u f den Weg, den diese s ibir ischen G e h ö r n e an die a l p e n l ä n d i s c h e n
B a u e r n h ä u s e r nahmen, b i n i c h i n dem o. a. Referat schon eingegangen
(Souvenirs, die Vieht re iber aus Russland mitbrachten, w e n n sie M i l c h -
viehtransporte per Treck dor th in geschafft hatten), und es bleibt dann
auch nichts mehr, was e in V o r k o m m e n des «Urbockes» , also des re-
zenten Sibi r ischen Rehes i n den A l p e n u n d i n Westeuropa glaubhaf t
machen k ö n n t e . Stangen oder Geweihte i le des Sibi r ischen Rehes, w ie
w i r es aus den letzten Jahrhunder ten kennen, s ind auch i n den d i l u -
v ia len und postglazialen F u n d s t ä t t e n Europas nie zutage getreten. Dies
ist auch schon deshalb nicht zu erwarten, w e i l die exzessive G e w e i h -
b i ldung hochkapi ta ler Sibir ier , w i e sie als T r o p h ä e n aufbewahr t und
in den H a n d e l gebracht wurden , ohne Z w e i f e l eine relativ junge Er -
werbung der pygargus-Gruppe ist. W i e die Geweihe der mit te l - und
a l t p l e i s t o z ä n e n , ausgereiften Sibi r ie r aussahen, wissen w i r nicht genau,
und ist daher zur Zeit weder zu beweisen noch z u widerlegen, ob i n
f r ü h e r e n P e r i o d e n des D i l u v i u m s e in Z u s a m m e n h a n g
des gesamten Formenkreises von Ost bis West ze i twe i l ig bestand —
jedenfal ls nicht nach der Gewe ih f igu ra t i on dieser a l t e r t ü m l i c h e n Rehe !
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Ich habe schon f r ü h e r (1957 a, p. 59, A b b . 5) die Basalabschnitte zweier
Rehgeweihstangen nebeneinander abgebildet, die beide e in a l t e r t ü m -
liches M e r k m a l des gesamten Formenkreises zeigen — die I n n e n -
s p r o s s e , die heute b e i m Westreh k a u m auftritt , w o h l aber bei
luxur ierenden starken Sib i r ie rn , und dort sogar zur V e r v i e l f ä l t i g u n g
neigt: e in klobiges Stangenfragment aus dem A l t p l e i s t o z ä n West-
deutschlands (Frankenbacher Sand. M u s e u m Stuttgart) und e in rezen-
tes G e w e i h aus dem Tien-shan ! D ie Ü b e r e i n s t i m m u n g ist so i n die
Augen springend, dass m a n niemals z ö g e r n w ü r d e , die alte Stange f ü r
das Gleiche , also f ü r die S t a m m f o r m der j ü n g e r e n z u halten. Dies
sind aber bestenfalls H inwe i se auf eine gemeinsame Ausgangsbasis
einer s p ä t e r stark divergierenden E n t w i c k l u n g i n Ost und West ! —
Trotzdem gib es heute i m m e r noch gelegentlich Meldungen, die von
Rehen i m A l p e n r a u m zu berichten wissen, die dem Sibi r ier au f f a l l end
ä h n l i c h sein sollen. Eine solche Nachr ich t erhiel ten w i r auch k ü r z l i c h
aus der Umgegend von Meran . Ich b i n der Sache nachgegangen, und
Her r Oberforstmeister O. S C H M I D T K U N Z aus Bonn , der sich dankens-
werterweise der M ü h e unterzog, die R e h g e h ö r n e an Ort und Stelle zu
vermessen und zu photographieren, konnte e inwandf r e i belegen, dass
es sich dort zwar u m eine starke L o k a l f o r m , jedoch ohne al le Sibir ier-
a n k l ä n g e , handelt ( S t a n g e n l ä n g e n 24 — 2 6 cm, U m f a n g der Rose 122 —
127 m m , Gewich t bei cfÖ" 18 — 22 kg). D a m i t entspricht diese Popu-
lat ion ganz den von m i r 1957/62 a n g e f ü h r t e n Rehen, die P r inz Hans
v. u . z. L I E C H T E N S T E I N bei Rovereto (Südt i ro l ) kennenlernte und die,
w ie der Feldhase und B a u m s c h l ä f e r , wahrsche in l i ch ein junges, osteuro-
pä i s ches Faunenelement darstellen (ssp. transsylvanicus aus den V e -
netianischen A l p e n , cf. M I L L E R , 1912, p. 975).
Zusammenfassend lässt s ich also sagen, dass der Rehwi ldsch lag
aus dem Schaaner Ried mi t den grossen S c h ä d e l - und Geweihmassen
s ich mi t hoher Wahrsche in l i chke i t direkt von den g r o s s w ü c h s i g e n
D i l u v i a l r e h e n des west l ich Alpenraumes herleitet, dass diese Tiere
aber, ebensowenig wie die transsylvanicus-Vertreter i n den Süd- u n d
Ostalpen, etwas mi t dem sogenannten Urbock, also mi t dem rezenten
Sibir ischen Reh zu tun haben. —
Die Farbe der Sommerdecke des Liechtensteinischen Rehes ist oft,
bis weit z u m Bauch hinabreichend, tief rot (s. Farbtafel) , entsprechend
dem feuchtwarmen Grossk l ima dieses Raumes und der N ä h e des at-
330
lantischen Bereiches. N u r e inen Bock sah i c h i m Sommer 1961, der
gelblicher, wie die N o m i n a t f o r m , g e t ö n t war . Winterrehe, die i ch i m
Ried zwischen Schaan und Bendern sah, erschienen m i r au f f a l l end
dunke l . —
Das R e h w i l d ist nach den Streckenberichten der Regierung i n L iech -
tenstein ü b e r a l l , d. h . zumindest i m Sommer auch i n alle H o c h t ä l e r
verbreitet. Das Jagdrevier M a l b u n z. B . weist i m Jahre 1930 einen A b -
schuss von 4 B ö c k e n aus. — Leider ist ü b e r die S t ä rke dieser H o c h -
gebirgsrehe aus den Listen nichts zu entnehmen. Ich f and 1962 ober-
halb v o n Sücka am K u l m einen Unte ra rmknochen (Radius) an e inem
Fuchsbau, der mi t 168 m m Länge ü b e r dem Durchschni t t w e s t e u r o p ä -
ischer rezenter Rehe liegt.
Die z a h l e n m ä s s i g e E n t w i c k l u n g des Bestandes i n den letzen 100
Jahren verdeutl icht der folgende Streckenbericht der Waldamts jour -
nale (die H ä l f t e des Staatsgebietes !) u n d ab 1922 wieder der Rechen-
schaftsbericht der Regierung: Zwi schen 1832 und 1861 w u r d e n nur
e inmal , und zwar 1858, z w e i R e h b ö c k e von der Fürs t l . D o m ä n e n v e r -
wal tung vere innahmt; ab 1866 s ind die A u f l i e f e r u n g e n r ege lmäss ig ,
d. h . i n den sieben Jahren, ü b e r die noch Unter lagen vorhanden s ind
(bis 1920), gibt es i n den f ü r s t l i c h e n Revieren Strecken von 6 — 1 4
Böcken u n d 1 — 5 Ricken j ä h r l i c h . A b 1922 s ind die Abschusszahlen
in den Berichten an den Landtag wie folgt angegeben (gesamtes Staats-
gebiet) :
9 9 c fc f 9 ? c fc f 9 9 juv.
1922 7 3 1935: 32 19 1948: 26 3
1923 10 5 1936: 45 21 1949: 36 1
1924 6 4 1937: 45 1 1950: 39 5 1
1925 23 4 1938: 26 3 1951: 42 10
1926 30 4 1939: 36 15 1952: 33 18 11
1927 30 6 1940: 26 15 1953: 45 3 1
1928 31 4 1941: 39 18 1954: 40 11 1
1929 24 12 1942: 33 14 1955: 62 28 2
1930 28 1943: 38 13 1956: 55 35 1
1931 15 1944: 33 9 1957: 62 70 2
1932 34 2 1945: 45 2 1958: 65 62 16
1933 34 2 1946: 19 1 1959: 60 63 11
1934 40 15 1947: 36 1 1960: 71 60 28
331
Eine a l l m ä h l i c h e Steigerung der Jahresstrecken ist deut l ich, bis ab
1952 etwa (nach der E i n f ü h r n u g der A b s c h u s s p l ä n e u n d -Auf l agen i n
den e inzelnen Revieren) e in steiler Anst ieg, trotz erhebl ich s t ä r k e r e r
E ing r i f f e i n den Wildbes tand, festzustellen ist. Der geringe Rickenab-
schuss i n den vorangegangenen Jahrzehnten entspricht ganz den f r ü h e -
ren jagdl ichen Anschauungen auch i n Deutschland und Ö s t e r r e i c h . Das
Liechtensteiner Gebiet mi t seinen idealen, vielsei t igen ö k o l o g i s c h e n
V e r h ä l t n i s s e n und dem morphologisch starken u n d gesunden A u s -
gangsbestand beweist ü b r i g e n s die alte E r f ah rung (die i ch z. B . auch
auf m e i n e m Besitz i n Ostdeutschland machte), dass e in relat iv starker
Abschuss der Böcke keineswegs zu einer S c h w ä c h u n g und «En ta r tung»
der Popula t ion f ü h r e n muss, w i e es die Jagdtheoretiker oft behaupten.
Al le rd ings darf m a n dieses a l l z u krasse M i s s v e r h ä l t n i s , w i e es die
Abschussliste i n Liechtenstein i n v ie len Jahren aufweist , nicht a l l e in
bei der Beur te i lung der Bestandgliederung b e r ü c k s i c h t i g e n , denn ein
sehr wicht iger und ausschlaggebender Regulator waren i n f r ü h e r e n
Jahren die w i lde rnden (Wolfs-) Hunde , die i m m e r wieder i n den Re-
chenschaftsberichten der Regierung e r w ä h n t werden. So heisst es z u m
Beispiel , dass 1937 und 1938 zwöl f Rehe gerissen gefunden wurden ,
und i m Jahre darauf: das «Rehwi ld wurde von den W o l f s h u n d e n
d e z i m i e r t » , 10 Stück wurden a l l e in i m Schlosswald gefunden. Es ist
sicher, dass die we ib l i chen Stücke h ierbei e inen h ö h e r e n A n t e i l hatten
(hochbeschlagene R icken !) als die Böcke.
Heute ist — wie ü b e r a l l i n verkehrsreichen Gebieten — das A u t o
der Haup t f e ind des Rehwildes geworden. D ie W i l d z ä h l u n g von 1952
ergab z u m Beispie l zwar einen Bestand von 813 Rehen (33 Ö"0" :
67 9?)- e s wurden aber a l l e in 93 Stück F a l l w i l d g e z ä h l t ! —
Einzelhei ten aus der jagdl ichen Betrachtung des Rehes i n Liechten-
stein bringt i m folgenden wieder P r inz Hans v. u . z. L I E C H T E N S T E I N .
«In alter Zeit war das Rehwild auf dem Gebiet des heutigen Fürstentums
verhältnismässig selten und spielte keine grosse Rolle. Dies kann man leicht
aus den alten Statistiken ersehen. Auch sind urgeschichtliche und frühge-
schichtliche Funde recht selten. In der Emser Chronik aus dem 17. Jahrhundert
wird das Reh auch nicht speziell für die Grafschaft Vaduz erwähnt. Es war
halt im Rheintal damals alles dicht bewaldet und stark versumpft, allerlei
Grossraubwild herum und so für das Reh noch nicht der erwünschte Biotop vor-
handen.
332
Heutzutage aber ist unser Wild eigentlich im ganzen Lande verbreitet und
für alle Bewohner ein gewohnter Anblick. Natürlich zieht es im Winter von
den Hochlagen tiefer, von mittleren Lagen oft bis in die Rheinebene, die ja
mit ihren Saaten und Rapsfeldern lockende Äsung bietet. Auch die Dichte des
Bestandes nimmt von oben nach unten zu. Die Stärke im Wildbret und im
Kopfschmuck ist aber in allen Lagen ziemlich gleich, und wir kennen kapitale
Böcke aus Hochlagen, so z. B. der vom Erbprinzen HANS ADAM 1962 erlegte
Bock von der Gaflei aus einer Höhe von 1650 m und dann wieder ganz
starke Trophäen aus dem Ried bei 430 — 460 m. Sowohl im Süden bei Balzers
als auch im Norden bei Mauren und Schaanwald kommen starke Trophäen
vor. Die wenigsten guten habe ich bisher aus dem Winkel Ruggell/Landes-
grenze gesehen. — Die Wildbretgewichte schwanken zwischen 16 und 23 kg
aufgebrochen. Es ist aber z. B. eine Geiss bekannt, die im Vaduzer Gebiet im
Dezember erlegt wurde und 24 kg wog. Nur in den 50er Jahren dieses Jahr-
hunderts sanken die Wildbretgewichte teilweise im Schaaner Ried bis auf
12 — 15 kg. Als Grund ist vielleicht ein zu hoher Wildbestand anzunehmen. —
Abweichende Farben sind nicht bekannt geworden. — Eine gehörnte Geiss, ein
sehr altes Stück, wurde im Winter 1963 unweit eines Hauses in Triesenberg
auf 1400 m gefunden. Sie hat auf der rechten Stirnseite einen Rosenstock und
darauf eine 5 cm hohe und ebenso breite rundliche Geweihformation, die mit
Bast überzogen war. Leider konnte das Stück nicht genau untersucht werden,
da es schon als Fuchskirre in einer Grube gelandet war.
Über die teilweise sehr breit angesetzten Stirnzapfen, die sich schon bei
jungen Stücken bemerkbar machen, berichtete schon v. LEHMANN.
Bei der Trophäenschau 1963 konnte ich noch folgendes konstatieren: Von
35 ausgestellten Böcken hatten 16 Stück die breitsitzenden Stirnzapfen. — Es
folgen Masse (von Mitte zu Mitte der Rosenstöcke gemessen):
Vaduz 18. VI. 1962 4,5 cm
Gaflei 11. VIII. 1962 4 cm
Eschner Ried 18. VIII. 1962 4 cm
Maurer Ried 16. VI. 1962 4 cm
Triesen 5. VII. 1962 3 cm (junger Bock)
In der Schädellänge liegen die liechtensteinischen Böcke (nach eigenen
Messungen) erheblich über solchen aus Dänemark, entsprechen etwa steier-
märkischen und liegen nur wenig unter denen aus Nd.-Österreich, Süd-Mähren
und Galizien. — Der kapitalste Bock aus Liechtenstein wurde von Herrn Hans
RITTER, Schaan, am 5. Juli 1945 im Vaduzer Ried erlegt. Das Geweih wiegt,
kurz gekappt, 430 gr. Andere beachtliche Böcke wurden und werden laufend
erlegt, besonders — dies sei hervorgehoben — nach Einführung des Abschuss-
planes».
333
W e s t l i c h e r R o t h i r s c h — Cervus elaphus hippelaphus
E R X L E B E N 1777
M a t e r i a l : Zahlreiche T r o p h ä e n (abgeschlagene Geweihe) i n den
Zoologischen Staatssammlungen i n V a d u z und v ie len P r i v a t h ä u -
sern. Keine taxonomisch verwertbare Untersuchungen. — Siehe
den Beitrag des P r ä s i d e n t e n des Jagdschutzverbandes.. —
Eigene Beobachtungen b e s c h r ä n k e n sich auf gelegentliches Zusam-
mentref fen mi t R o t w i l d i m G e l ä n d e , sowie auf Ansi tzbeobachtungen
i n der Feistzeit (Silumer K u l m . Saminata l , Bergle, Leubenen). —
In der « H e r k u n f t der Vögel und Säuge t i e r e der Alpen» sagt v. B U R G
(1921 b) z u m Gebirgshirsch, dass er sicher e in «Mischl ing» und v i e l -
leicht e in Kreuzungsprodukt des (Kaukasus-) Mara l s ist. D iesem und
dem Gebirgshi rsch w i r d nur e in schwaches u n d endenarmes G e w e i h
zugesprochen («sehr oft die vierte Sprosse unge te i l t » , also Achter) .
In den «Säuge t i e ren des Engadins usw.» , die i m gleichen Jahre erschie-
nen (1921 a), nennt v. B U R G diesen Rothirsch dann Cervus elaphus
alpestris, bezeichnet i h n als nahen Verwand ten des Kaukasusmara ls
und sagt, dass er noch u m die Mit te des 19. Jahrhunderts unverkreuzt
vorhanden gewesen sein sol l (H inwe i s : R ü c k s c h l ä g e i n G e w e i h und
F ä r b u n g ) .
H i e r z u ist z u sagen, dass die von diesem A u t o r herausgestellten
Kennze ichen des Geweihes ( G e r i n g w ü c h s i g k e i t , Feh len der Krone)
richtiger mi t der a l lgemeinen G r ö s s e n a b n a h m e seit dem Mit telal ter i m
Zusammenhang mi t der Verschlechterung der U m w e l t und der A u s -
Iesebedingungen zu e r k l ä r e n s ind. H i n z u kommt i n den A l p e n die Be-
g ü n s t i g u n g der Standor tsmodif ikat ionen b e i m R o t w i l d mi t den ent-
sprechenden ö k o t y p e n (der relativ schwache und kle ine «Ste inh i r sch»
aus den zentralen Urgesteingebieten, der etwas s t ä r k e r e «Bergshirsch»
— s. R. A M O N , V e r h . Zoo l . Ges., 1963, p. 708, — die i m u n g ü n s t i g e n
Biotop lebenden «Seehirsche» am Neusiedlersee, von denen K . B A U E R
1960 berichtet, usw.). — Was Liechtenstein anlangt, so hat hier stets,
soweit die p r ä h i s t o r i s c h e n Funde z u r ü c k r e i c h e n , e in — zumindest sei-
ner Veran lagung nach — sehr starker Rothirsch mi t k n u f f i g e n Stangen
und sogar hypertrophischen K r o n e n gelebt. Das B r u c h s t ü c k einer Krone
v o m Eschner L u t z e n g ü e t l e (Neo l i t h ikum bis L a Tene), das i m Vaduze r
Landesmuseum unter N r . L 3/457 registriert ist (cf. H . H A R T M A N N -
334
F R I C K , 1960), hat z w e i Enden v o n 5 und 9 c m L ä n g e und eine derart
breite und abgeflachte Gemeinsame Basis, dass i ch das Stück z u n ä c h s t
f ü r das Fragment einer E lchschaufe l hielt . A u c h B O E S S N E C K , J E -
Q U I E U R und S T A M P F L I (1963) f ü h r e n unter den Rothirschresten der
neol i thischen Station Seeberg, B u r g ä s c h i s e e - S ü d (Bern) eine imposante,
h a n d f ö r m i g e Krone von mindestens f ü n f Enden (1. c. Ta fe l V , F ig . 25)
bei dieser starken und zu hypertrophischer Endenbi ldung neigenden
Popula t ion an (cf. 1. c. T a f e l IV , F ig . 22 — Exzess ivb i ldung an der
Augsprosse). — Diese Enden- u n d Kronenf reudigke i t ist aber e in durch-
aus fortschrit t l iches und zudem w e s t e u r o p ä i s c h e s M e r k m a l !
Diese Hirsche bildeten jahrhunder te lang das grosse Reservoir, aus
dem die westalpinen N a c h b a r n Liechtensteins s c h ö p f e n konnten, vor
a l l em auch dann noch, als schl iessl ich i m 19. Jahrhunder t der Rot-
hirsch nur noch W e c h s e l w i l d i n den ös t l i chen Kantonen der Schweiz
war, als er aber i n Liechtenstein nach w i r vor unter dem Schutz des
landesherr l ichen Regales stand. Wiewe i t s ich i n T i r o l und Vora r lbe rg
auch Popula t ionen des geringen «Ste inhi rsches» herausbildeten, die
dann (ebenso w ie vereinzelte, sehr starke Hi rsche mi t «aufge lös te r»
Kronenb i ldung — cf. B A U M A N N 1949, p. 462) i n G r a u b ü n d e n zur
Strecke kamen, k a n n hier nicht genauer untersucht werden. Jedenfal ls
scheint es m i r zur Zeit sehr f r ag l i ch , ob von ä l t e r e n Besiedlungswel len
(aus dem Osten) i m A l p e n r a u m noch Spuren festzustellen s ind, woge-
gen dies bei manchen Untersuchern f ü r die i ta l i sch-nordafr ikanischen
Rothirsch- bezw. Inselformen (barbarus, corsicanus) f ü r m ö g l i c h ge-
halten w i r d (Dr. G . B O D E N S T E I N - I n g e l h e i m , m ü n d l . ) . —
Es folgt der Bericht des P r inzen Hans v. u . z. L I E C H T E N S T E I N ü b e r
das R o t w i l d i m F ü r s t e n t u m .
«Schon in den ältesten vorgeschichtlichen und geschichtlichen Zeiten war
das Rotwild in unserem Gebiete weit verbreitet und ein beliebtes Jagdtisr
Reiche Funde mit teils von Menschenhand bearbeiteten Geweih- und Knochen-
iesten zeugen vom häufigen Vorkommen im Rheintal.
Wie auch sonst wo war dieses Wild früher stärker im Knochengerüst und
auch sicher schwerer im Wildbret, als die recenten Hirsche. Damals konnte es
ja auch die günstigen Biotope wählen, und die natürliche Auslese durchs
Grossraubwild war gewährleistet. Künstliche Aufpäppelei fehlte. Die Winter
waren aber wohl schon damals nicht allzu strenge, und der Föhn wird auch
in jenen fernen Zeiten eine länger andauernde Schnee- und Kälteperiode unter-
335
brechen haben. In der schon öfters zitierten Emser Chronik aus dem 17. Jahr-
hundert lesen wir, dass in der Grafschaft Vaduz eine schöne Wildtfuhr von
Hirschen sei, die damals schon den Landesherren gebannt war.
Später im 19. Jahrhundert, war wohl der Tiefstand da, z. B. in den Jahren
1832 bis 1841 nur die Erlegung von einzelnen Stücken in den Aufstellungen der
Fürstlichen Waldamts-Journale erwähnt wird. Doch ganz ausgerottet, wie in
der benachbarten Schweiz, wo Dr. E. A. GÖLDI, in seiner Tierwelt, 1914
schreibt, war es bei uns nie. Ja schon in den 60er Jahren des vorigen Jahr-
hunderts nimmt der Stand und damit auch der Abschuss stark zu. Nach dem
ersten Weltkriege war ein Tiefstand wiederum im Jahre 1922, dann jedoch
geht es aufwärts und erreicht in den 50er Jahren dieses Jahrhunderts sein
Maximum. Doch mit der Güte war es nicht weit her, sodass man im Jahre
1953 bei Novellierung des Jagdgesetzes vom Jahre 1922 einen Abschussplan
und auch Pflichttrophäenschauen einführte.
Durch die im allgemeinen sehr milden Winter, durch die bis hoch hinauf
über die Baumgrenzen, teils gedüngten und an und für sich sehr guten kalk-
reichen Wiesen und Almen, durch die nur kleinen Waldpartien, durch die
Möglichkeit, in kurzer Zeit von der Höhe ins Rheintal zu wechseln und noch
andere Faktoren wird die Vermehrung des Rotwildes sehr begünstigt. Deshalb
muss der Stand im Auge behalten und rechtzeitig auf für das Wild und
Landschaft richtige Mass gebracht werden.
Das Verbreitungsgebiet reicht im Sommer auf der Rheintalseite (Grenze
der untere Rand der Berge gegen die Ebene, 430 m) bis 2400 m, oder auch
noch höher hinauf, da z. B. die Feisthirschrudel gerne auf den Resten des
ewigen Schnees ausruhen. Auch die schmalen Auen längs des Rheines sind ein
Ort, wo öfters einige Muttertiere ihre Kälber setzen, und im Spätherbst und
Winter selbst grössere Rudel stehen. Ausserdem zieht das Wild im Winter von
den Hochtälern hinab längs des Saminabaches und hinter dem Sareiserjoch
hinab in den Nenzinger Himmel, ins Vorarlberg.
Auf der Rheintalseite zieht es dann bis tief gegen die Dörfer hinab, ja es
steht selbst in der Rheinebene, wo das Wild in noch stehendem Schilfe und
Riedgras Deckung und auf den nahen Feldern Äsung findet. Das am wenigsten
beliebte Gebiet im Lande ist der Eschner Berg, das Ruggeller Riet und die Au
gegen den Bangser Zipfel. Hier ist eigentlich nie Rotwild zu spüren, geschweige
zu sehen.
Der Gesamt-Rotwildbestand ist lt. Zählung 1959 ca. 320 Stück, davon
waren damals zum Abschuss 200 Stück freigegeben. Erlegt wurden 136 Stück
und 14 Stück waren Fallwild. Das verhältnissmässig hohe Abschußsoll, das
nicht erfüllt wurde, ist auf forstamtliche Neuordnung in den Wäldern zurück-
zuführen. Der Zielstand ist 250 Stück, was für die Fläche von ca. 8 000 ha, die
für Rotwild geeignet ist, sicher tragbar ist.
Das Geschlechtsverhältnis ist jetzt vom jägerischen Standpunkte aus seit
der Einführung des Abschussplanes recht befriedigend. Vorher lag es im Argen.
336
Abb. 30. Fig. 1 —|— 2 Eber u. Hirsch (Bronzefiguren, latenezeitlich), gefun-
den: Gutenberg Balzers. Fig. 3 -f- 4 Alte Hirschgeweihe aus Vaduz (3 Pri-
vatsammlung, 4 Schloss).
337
Wir haben auch eine ganz alte bronzene Kleinplastik eines Hirsches, die
bei Ausgrabungen unterhalb Schloss Gutenberg 1933 gefunden wurde. Dieselbe
zeigt einen stilisierten Gabelhirsch mit eingeknickten Läufen der ca. 6 cm hoch
und lang ist. Sie stammt aus der La-Tenezeit, der jüngeren Eisenzeit in den
letzten 4 vorchristlichen Jahrhunderten (David BECK und Abb. 30, Fig. 2).
Die im Fürstlichen Schlosse hängenden Hirschköpfe sind leider nicht von
hier, oder es lässt sich jedenfalls nicht nachweisen. Ein bei der Treppe im
inneren Schlosshofe aufgemalter liegender Hirsch mit Felsgruppen im Hinter-
grunde, ist aber ein schönes Zeichen alter Freude an diesem herrlichen Wild.
Die Malereien dürften aus dem 16. Jahrhundert stammen. Das in Verlust ge-
ratene urspüngliche Geweih wurde bei der Restaurierung 1905 — 1912 durch
ein neues ersetzt (Abb. 30, Fig. 4).
Ein aus dem Besitze der alten Jägerfamilie GASSNER stammendes Geweih,
ein schädelechter Kronenzwölfer, auf imitiertem Holzkopf, befindet sich in
meinem Besitze, er stammt wohl aus der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert.
(Abb. 30, Fig. 3).
Nun einiges über Masse und Gewichte des hiesigen Rotwildes:
Ein am 18. November 1961 bei Frommenhaus erlegter Hirsch, Alter ca. 15
bis 17 Jahre, hat vom Windfang bis zum Wedelende eine Länge von 232 cm,
vom Widerrist bis zur Schalenspitze des rechten Vorderlaufes 122 cm. Die
Schalen: vorne 12 cm lang und 5Vs cm breit, rückwärts 10 cm lang und auch
5Va cm breit. Er wog aufgebrochen ohne Haupt 102 kg.
Die Gewichte älteren Datums sind leider unverwertbar, da früher das
kleine und grosse Jägerrecht schon nicht mehr bei den in den Forstamt-Jour-
nalen verzeichneten Ziffern vermerkt ist.
Aus neuester Zeit sind folgende Daten bekannt. Hirsche, meist in der Feiste,
Spätherbst und Winter, seltener in der Brunft erlegt, wiegen im Durchschnitt
100 kg aufgebrochen, doch kommen Spitzenzahlen, so z. B. einer mit 162 kg aus
dem Revier Sass, 1800 m, oder einer von der Peripherie des Dorfes Schaan im
Jahre 1933 erlegter mit 158 kg vor. Auch ich konnte am 23. Oktober 1950,
also gegen Ende der Bruft einen geraden 12er, der 122 kg abgebrochen wog,
erlegen. Weibliches Wild im Durchschnitt 65 kg, doch sind auch hier Spitzen-
gewichte mit 80 — 86 kg, ja selbst eines mit 92 kg aufgebrochen bekannt
geworden.
Abmessungen skelettierter Rotwildschädel (das Messband läuft von dem
Ende des Zwischenkieferknochens, entlang der vorderen Stirnnaht, zwischen
den Rosenstöcken zum rückwärtigen Genickansatz:
1. ) Hirschtier 6 jährig. Fallwild. 28. 12. 51. Forst bei Schaan = 39 cm.
2. ) Spiesser IVa jährig, erlegt am 27. 12. 49 Nendeln = 38 cm.
3. ) Ungerader 8er Hirsch, 3 jährig, erlegt 27. 12. 52 Tid ob. Vaduz = 37,5 cm.
4. ) Ungerader 12er Hirsch, 6 bis 7 jährig, erlegt am 13. 11. 59, Frommen-
haus = 43 cm.
338
5. ) Ungerader 12er Hirsch, 8 jährig, erlegt 23. 10. 50 Gamander ob Schaan
= 45 cm.
6. ) Ungerader 12er Hirsch, 15 bis 17 jährig, erlegt am 18. 11. 61 Frommen-
haus = 44,2 cm.
Die Decke ist zum Sommer recht rot, im Winter braun-grau, und ganz
alte Stücke haben eine fahlgelbe Farbe. Farbabweichung ist mir nur eine be-
kannt, und zwar konnte ein Alttier mit weisser Kopfplatte vom Jäger Hans
EBERLE im Sasser-Gebiet 1960/61, beobachtet werden.
Geweih:
Der Hirsch Liechtensteins ist im allgemeinen sehr kurzstämmig, 70 bis
85 cm lang, in extremen Fällen etwas über 90 cm. Er ist aber endenfreudig,
allerdings nur bis zum 14-Ender, meist gut geperlt und hat fast immer Eis-
sprossen. Die Augsprossen stehen gerne parallel mit den dann leicht gegen
dieselben abgewinkelten Eissprossen, wonach Prof. MATSCHIE, die in den
angrenzenden Gebieten Schwaben und Bayern vorkommenden Hirsche in eine
besonder Unterart stellte. (Bern, des Verf.: Derartige Geweiheigentümlichkei-
ten gelten heute nicht mehr als taxonomische Kriterien. Der parallele Stand
der Augsprosse kommt ausserdem überall häufig vor. s. E. v. LEHMANN,
Zeitschr. f. Säugetierkunde, 24, 1959, p. 58). Schon in jüngeren Jahren schiebt
er auch gerne eine Krone, doch fehlt es eben leider an der Stangenlänge. Die
Jägerschaft sollte deshalb alle irgendwie langstangigen Hirsche schonen.
Knopf-Spiesser sind sehr selten. Das Wachstum ist normal, der Bast der Stan-
gen hell und auch dunkel.
An der Pflicht-Trophäenschau 1963, also mit den Beutestücken von 1962
konnte ich folgendes konstatieren: 27 Hirsche aller Alterklassen von den aus-
gestellten 46 Geweihen hatten Eissprossen, 16 Stück hatten Kronen, darunter
Becherkronen. Auch Kronenbildungen schon im 3. und 4. Kopf waren zu
sehen; diese wurden natürlich als Fehlabschüsse gewertet. 30 Geweihe hatten
ganz parallele Augsprossen. Brandige Enden sind verhältnismässig selten, kom-
men jedoch bei ganz jungen als auch bei überalternden Hirschen vor.
Als 1953 bei uns im Lande über Initiative des Forstamtes und einiger
Jäger der Abschussplan eingeführt wurde, zeigte sich schon nach einigen
Jahren ein Erfolg dieser Regelung. Gut veranlagte Hirsche wurden tunlichst
geschont, das viele Kahlwild reduziert, und es wurden auch zum 1. Male
Fütterungen angelegt. Einige Pächter reichten sogar Kraftfutter und schlössen
sich zu einer Hegegemeinschaft zusammen. Da blieb der Erfolg nicht aus,
und schon 1961 konnten Spitzentrophäen erbeutet werden, wenn es auch na-
türlich früher schon ab und zu gute Geweihe gab. So erlegte z.B. am 18. 11.
1961 Prinz Eugen v. LIECHTENSTEIN am Kummerer ob Frommenhaus (1200 m)
einen uralten ungeraden 12er mit 162.84 Punkten (Madrider Formel), (s. Bunt-
tafel).
Ein anderer kapitaler Hirsch wurde am 31. 1. 62 von Jäger Hubert NEGELE
auf der Foppa, Jagdgebiet Bargella, erlegt. Er war 12 bis 14 Jahre alt, krank,
Geweihgewicht 4,28 kg, 155 Punkte.
339
Ein dritter, guter Hirsch dieser Periode wurde am Älpele, Valüna Tal, aller-
dings bei Nacht, erlegt. Geweihgewicht 4.36 kg.
Erleger anderer guter Hirsche waren noch z. B. in den dreissiger Jahren
Hr. v. RIEDEMANN und Baron WALDHAUSEN auf Sass, sowie vorher Ober-
inspektor KARRER im Fürstlichen Jagdrevier. Später erlegte noch Hr. Julius
OSPELT, Metzgermeister in Schaan, sowie Dr. Richard MEIER am Maurer
Berg je einen sehr guten Hirsch. Letzterer ein gerader 14-Ender. In jüngster
Zeit konnte Hr. Oskar WEBER, Zürich, und die Herren Martin und Eugen
HILTI auch noch gute Trophäen erbeuten.
Die Brunftzeit unseres Wildes erstreckt sich je nach Witterung von Ende
September bis Ende Oktober, ja selbst noch mit gut röhrenden Hirschen bis
Anfang November hin. So erlebte ich, wie schon früher erwähnt, am 23. Okto-
ber 1950 einen starken Hirsch, der mit seinem Rudel gut meldend zu Holze
zog. Im allgemeinen ist die Brunft in den belebten Gebieten des Rheintalab-
falles stiller und auf viele Stellen verteilt, während hinter dem Kulmen im
Valüna-, Bargella-, Malbun- und Valorschtale, sowie auf Sass ein reger Brunft-
betrieb mit Platz- und Beihirschen stattfindet. Hier melden sich Hirsche auch
bei Tag. Leider ist die Bejagung in den letzten Jahren wegen der Überschwem-
mung durch Zuhörer und Fotografen fast unmöglich gemacht, und 1962 ging
ein Herr 18 mal umsonst auf einen Brunfthirsch. Deshalb werden dann noch
gute Hirsche Ende November und bis zum Jahresende erlegt.
Dass dieses Wild mit Land und Leuten von altersher eng verbunden ist,
zeigen die verschiedenen Flurnamen, als z. B. die Hirzebäder, Hirschwald und
andere mehr.
Hirsch und Kahlwild wird hier gemeiniglich Hirsche genannt. Der Ge-
weihte auch Horni oder Hurni, in der Mehrzahl auch Hörner. Die im benach-
barten Bündnerland benützte Bezeichnung Stier für den Geweihten ist hier
nicht bekannt».
Die Streckenberichte der Regierung an den Landtag ergeben v o n
1922 bis 1960 folgendes B i l d :
66 9 9 66 9 9 juv. 66 9 9 juv.
1922: 3 l 1935: 26 27 1948: 15 n 1
1923: 5 l 1936: 24 20 1949: 27 14 1
1924: 3 l 1937: 29 21 1950: 21 28 1
1925: 9 l 1938: 16 15 1951: 24 24 2
1926: 13 l 1939: 26 28 1952: 32 56 16
1927: 15 2 1940: 23 22 1953: 25 13
1928: 26 2 1941: 21 32 1954: 26 34 8
1929: 24 4 1942: 19 14 1955: 29 46 10
1930: 19 9 1943: 21 16 1956: 29 35 3
1931: 23 9 1944: 16 24 1957: 35 40 7
1932: 16 4 1945: 16 20 3 1958: 30 27 5
1933: 31 15 1946: 10 14 1959: 40 69 27
1934: 23 12 1947: 15 18 1960: 51 83 27
340
Familie: Rinder — Bovidae
A l p e n g e m s e — Rupicapra rupicapra rupicapra L . 1758
M a t e r i a l : Zahl re iche abgeschlagene G e h ö r n e i n den Zoologischen
Staatssammlungen i n V a d u z und P r i v a t h ä u s e r n . (Abmessungen
siehe Beitrag des P r ä s i d e n t e n des Landesjagdschutzverbandes).
Beobachtet wurde das G a m s w i l d gelegentl ich des K le in säuge r -
fanges an verschiedenen P l ä t z e n (Vorderprofatscheng, zwischen Roten-
boden und Masescha, S i l u m , Sareis).
Z u r geographischen V a r i a t i o n und Taxonomie der Gemse sei e in
H i n w e i s auf ä l t e r e u n d neue Literatur gegeben: W ä h r e n d v. B U R G
(1919) einerseits keine taxonomischen Unterschiede zwischen den A l -
pengemsen und denen des Kaukasus und Kle inas iens sieht (und der
daher die Aufsp l i t t e rung M A T S C H I E ' s ve rwi r f t ) , h ä l t er andererseits
die Gemse der A l p e n f ü r eine M i s c h f o r m , da sich dort eine g rösse re
Var i a t ion als bei den Gemsen der west l ichen M i t t e l m e e r l ä n d e r (Pyre-
näen , Abruzzen) zeigt. Er e r k l ä r t dieses V a r i i e r e n mi t R ü c k s c h l ä g e n
auf die Fo rmen der e inzelnen Besiedlungswel len zwischen den V e r e i -
sungen und nennt hier als Beispie l die S ä n t i s g e m s e n , die durch den
« l angen Kehls t r i ch der P y r e n ä e n g e m s e n » gekennzeichnet sein sol len.
A u f dieses Kennze ichen w ä r e also bei den Liechtensteingemsen
zu achten.
M . A . J . C O U T U R I E R hat i m R ä u m e der Westalpen 1938 eine neue
Unterart abgegrenzt (die Chartreuse-Gemse, Rupicapra rupicapra car-
tusiana), die er f ü r eine junge Isolat ionsform hä l t . Im ganzen nennt er
10 gü l t ige Unterarten.
R. H A I N A R D (1962) e r w ä h n t — z u m T e i l nach eigener Anschauung
— eine Reihe von Loka labweichungen , z. B . auf dem Ba lkan , und hä l t
auch den G r ö s s e n u n t e r s c h i e d zwischen Popula t ionen der Hochlagen
und den — g rös se r en — Waldgemsen f ü r eine Folge gewisser U m w e l t -
e i n f l ü s s e bei der Anpassung an bestimmte L e b e n s r ä u m e . — A u s a l len
Beobachtungen scheint jedenfal ls hervorzugehen, dass auch der Gemse,
deren n ä c h s t e r Verwandter , die nordamerikanische Schneeziege
(Oreamnos), s ich ve rmut l i ch schon i m ausgehenden P l i o z ä n abspaltete
( T H E N I U S & H O F E R 1960), durchaus noch eine gewisse plastische
E n t w i c k l u n g s f ä h i g k e i t innewohnt . —
341
Die Streckenberichte der Fürs t ] . D o m ä n e n v e r w a l t u n g br ingen f ü r
die Jahre 1832 — 1921 recht unterschiedliche Zah len ( M a x i m u m j ä h r -
l i ch 10 cfcf u n d 2 $9)- D i e Gemsen stellen jedoch bis 1866 das bei
wei tem h ä u f i g s t e H o c h w i l d i n den An l i e f e rungen aus den f ü r s t l i c h e n
Revieren. Erst ab 1867 bis z u m Beginn dieses Jahrhunderts hielt ihnen
das R e h w i l d u n g e f ä h r die Waage ( M a x i m u m 16 Cfcf, 7 $ ° ) ' wurde
aber i n den folgenden Jahren wieder erhebl ich v o m G a m s w i l d ü b e r -
t roffen (zum Beispiel 1911: Garns 21 cfcf, 4 $9, Reh 7 cfcf, 5 ^ ) .
Die Abschusszahlen i n den Berichten der Regierung von 1922 bis
1960 stellen sich folgendermassen dar:
66 9 9 66 9 9 juv. 66 99 juv.
1922 5 1935 74 24 1 1948 33 15
1923 17 5 1936 67 20 1949 23 11
1924 22 10 1937 63 14 1950 25 9
1925 20 6 1938 58 12 1951 27 11
1926 31 3 1939 51 18 1952 21 12
1927 39 3 1940 57 22 1953 47 3
1928 39 3 1941 71 29 1954 14 3 1
1929 47 5 1942 69 39 1955 21 5
1930 38 4 1943 52 30 1956 24 11
1931 55 7 1944 40 26 1957 38 16
1932 51 10 1945 44 16 1958 31 13 1
1933 42 2 1946 27 15 1959 34 14 1
1934 82 18 1947 34 12 1960 38 15 3
Es folgt der Bericht des Her rn Vors i tzenden des Jagdschutzverban-
des P r inz Hans v. u . z. L I E C H T E N S T E I N .
«Das Gamswild, bei uns in der Einzahl Gems oder Garns, im Plural auch
Gems genannt, ist vom Norden am Maurerberg bis in den Süden zur Kette der
Mittagspitze, Falknis und Naafkopf, dann entlang der Vorarlbergischen Grenze
im ganzen Gebirgsteil des Landes vorhanden. Es ist ein kräftiges Wild, das nur
im nördlichsten Teile der Dreischwesternkette auch schwache, ja manchmal
kranke Stücke aufweist. Der Grund hierfür dürfte teils die Enge des Raumes,
oder auch das verhältnismässig milde Klima der Rheintalseite sein. Hier ka-
men in den letzten Jahren auch Krankheiten unter dem Gamswild vor, so die
Papillomatose, Gamsblindheit, und einige Jahre früher auch vereinzelte, leicht
räudige Stücke. Doch im grossen und ganzen ist das Wild gesund und der
Stand von ca. 600 Stück (1959) in bester Form.
Die Gemsen stehen vereinzelt im Wald, bis tief ins Weichbild der an der
Strasse Schaanwald bis Balzers gelegenen Dörfer. So erregte vor einigen Jahren
ein Bock, der an der Felswand ob dem Vaduzer Friedhof seinen Einstand hatte.
342
ziemliches Aufsehen. Auch eine Gais mit Kitz wurde am Letziweg (500 m)
unweit des Vaduzer Schlosses vom Landesfürsten selbst beobachtet. Der Nend-
ler Steinbruch (430 m) war auch Aufenthalt eines kleinen Rudels während
einiger Jahre.
Im flachen Land, gegen den Rhein zu, oder am Eschnerberge, der immer-
hin bis 700 m ansteigt, wurde aber noch nie ein Stück beobachtet, was auf-
fallend ist, da z. B. am Koblacher Felskegel, in der Rheinebene in Vorarlberg,
immer ein isolierter Stand von 6 — 12 Stück war. Ausserdem zog z. B. im süd-
östlichen Ungarn, Komitat Somogy, in den dreissiger Jahren ein Gamsbock ein
Jahr lang seinen Wechsel, in einer Gegend also am Ostufer des Plattensees und
wenigstens 250 km vom nächsten Gamsvorkommen entfernt.
Die Wildpretgewichte (aufgebrochen) schwanken von 19 kg bis 35, ja 42 kg
' in der südlichen Grenzkette. Ein alter Bericht erwähnt einen durch den Schmied
SPRENGER aus Triesen im unfernen Wang erlegten Bock, der 104 Pfund ge-
wogen haben soll. Das Gesamtdurchschnittsgewicht der geschossenen Stücke,
(Böcke und Gaissen) ist 23 — 24 kg.
Das Gamswild war in unseren Gebieten immer vorhanden, und Knochen-
reste finden sich in allen hier bekannten prähistorischen Schichten. Es wurde
auch trotz des vielen Wilderns, selbst in den für das Rotwild so ungünstigen
Jahren des 19. und 20. Jahrhunderts nie allzu stark dezimiert. Der G a r n s -
w a 1 d im Malbungebiet zeugt auch von altem, häufigem Vorkommen, jetzt
Stachler genannt.
Dr. Marcel COUTURIER schreibt in seiner Monogaphie «Le Chamoix 1938",
dass im Jahre 1935 400 Stück Garns im Fürstentum gestanden hätten. In diesem
Werke ist auch auf Seite 228 eine zweifarbige Karte Liechtensteins zu finden,
die das Vorkommen aufzeigt.
Die Farbe der Decke ist normal, und teilweise oder ganz weisse Stücke
sind hier nicht bekannt geworden; auch Kohlgams sind sehr selten, und nur
in den 30er Jahren konnte Jäger Gottlieb EBERLE, Rotenboden, einmal ein
solches Stück — einen Bock, der aber nicht erlegt wurde — im Jagdrevier
Malbun beobachten.
Die Barte, die hier nur von einigen Jägern geschätzt und getragen werden,
sind manchmal recht gut, 18 — 20 cm lang, oft schön bereift, aber nie sehr
üppig. Da bei uns durchaus felsiges Kalkgestein vorhanden ist, sind die Schalen
der Tiere in bester Kondition. Forstmeister Julius HARTMANN erzählte mir
jedoch, dass ein von ihm erlegter Kapitalbock, der steinalt war und sich kaum
noch von einem kleinen Einstand wegbewegte, ganz lange aufgekrümmte
Schalen gehabt habe.
Skelettierte Schädel aus unseren Gebieten haben folgende Masse (Mess-
methode s. Rothirsch):
10
9 jähriger Bock, erlegt 23. 11.53 Lawena
« • « 15. 11.45 Gafadura
8 jährige Gais, « 2. 1. 47 Lawena
26,2 cm
27 cm
25,5 cm
343
zum Vergleich:
9 jähriger Bock Vorarlberg 27 cm
9 Salzburg 27 cm
8 Tirol, (Urgestein) 26,6 cm
11 Tirol, (Kalkgestein) 26,2 cm
7 Steiermark (Kalk) 25,5 cm
8 Steiermark (Urgestein) 25,2 cm
11 Siebenbürgen (Fogararch) 28,8 cm
6 jährige Gais Nordböhmen (Sandstein) 24,8 cm
Knicken:
Die Krücken unseres Gebietes sind recht gut, oft besonders stark gehackelt •
(Malbun), auch ausgelegt, aber nur verhältnismässig selten stark verpecht.
2 solche Stücke aus den letzten Jahren stammen von einem Bock vom Stein-
bruch hinter dem Waldhotel Vaduz, erlegt von Dir. Willi FEHR, und einem
anderen, erlegt auf Gnalp zwischen dem alten und neuen Tunnel von Anton
HILTI. Die Masse folgen weiter unten. Beides sind eigentliche Waldböcke.
Abnorme Krücken sind ziemlich selten.
Im folgenden zähle ich Masse und Punkte nach der deutsch-österreichischen
Einheitsformel auf:
Eleger: O. BÜHLER D. STRUB A. HILTI M. HILTI (9)
Erlegungsort: Gafadura Sass Gnalp Lawena
Schlauchlänge: 27 25,4 25 27 cm
Kruckenhöhe: 18,5 16,2 17,3 19
Schlauchumfang: sa 9 10 8
Auslage: 17,5 16,4 7,7 22
Punkte: 109,3 106,9 102,5 113,5
Datum: 29. 8. 1914 1960 1960 1.9.59
Der stärkste Bock des Landes ist aber der von Herrn Oswald BÜHLER auf
Sass im Jahre 1932 erlegte, der eine Schlauchlänge von 29 cm hat und auf
112 Punkte kommt.
Ein von mir am 6. 10. 1935 im Valünatal erlegter 10-jähriger Bock bringt
es auf 109 Punkte, wobei der Schlauchumfang von 19 cm viel ausmacht. Er
wog aufgebrochen 28 kg.
Jetzt noch eine kleine Beobachtung über das Heimtragen der Gams durch
den Jäger. Im nördlichen Teil des Landes wird der Gams im Rucksack oder
am Rücken mit Hilfe eines Astes oder Stockes mit verschränkten Läufen in
der gewöhnlichen Manier getragen, während die Jäger im Süden das erlegte
Stück im Nacken tragen, und zwar so, dass die Läufe des Tieres sich vor der
344
Stirne des Trägers befinden. Ich bezeichne dies als die romanische Tragweise,
da ich in Italien, auf Sardinien und in der Schweiz allgemein diese Tragweise
beobachtet habe.
Die Bejagung beginnt im August auf die Feistböcke oder Geltgaisen und
zieht sich bis Ende Dezember hin; manche Gebiete können allerdings dann
nicht mehr begangen werden».
A l p e n s t e i n b o c k — Capra ibex ibex L . 1758
M a t e r i a l : Siehe den folgenden Bericht des P r ä s i d e n t e n des Jagd-
schutzverbandes Liechtenstein.
«Nach den Ausgrabungsbefunden vom spätrömischen Kastell in Schaan
muss unser Gebiet resp. der gebirgige Teil davon, damals, im 6. Jahrhundert
n. Chr., noch ganz gut mit Steinwild besetzt gewesen sein (WÜRGLER 1958)
Auch in früherer Zeit bestätigen das Vorkommen des Steinbocks Funde am
Lutzengüetle (HARTMANN-FRICK 1960). Die damaligen Stücke hatten eine
«enorme Grösse» im Vergleich zu rezenten. Im Fürstlichen Schlosse zu Vaduz
hängen 5 Steinbockgehörne, 2 mit ganzem Oberschädel, also sicher aus dem
19ten bis 20sten Jahrhundert und 3 ältere Stücke, wovon eines einen typischen
Alpensteinbock zeigt, aber von grösster Dimension, nämlich 110 cm Schlauch-
länge. Der Rekord dürfte derzeit 1 m sein !
Woher die Stücke stammen ist unbekannt. Sie wurden ab den 90er Jahren
im Schloss als Schmuck aufgehängt.
In der Embser Chronik vom Jahre 1616 des Georg SCHLEH aus Rottweil
wird auch nirgend mehr des Steinwildes Erwähnung getan. Erst im Jahr 1961
und zwar am 31. Oktober, einem schönen, windstillen und sonnigen Tage, tauch-
te nach Jahrhunderten wieder der erste Seinbock und zwar ein ca. 6 jähriger
Bock bei uns auf. Er hielt sich oberhalb des schmalen Fahrweges von Malbun
nach dem Sasser Seelein auf und zog dort ganz vertraut umher. Neben vielen
anderen Personen konnte er von Jäger Meinrad SELE auch auf kürzeste Ent-
fernung beobachtet werden. Gegen Nachmittag verschwand er dann im be-
wachsenen Gelände gegen Steg zu. Einige Tage später war er in Gaschloh zu
sehen (4. November) und dann selbst am Fürstenweg bei Dux oberhalb von
Schaan und noch später einige Male in Planken. Es zog ihn meist in die Nähe
der Menschen und ihrer Siedlungen. Dann tauchte er in Feldkirch auf, wo er
sich monatelang in Stadtnähe aufhielt, um sich schliesslich auf dem Staufen
bei Dornbirn einzustellen. Dort steht er noch heute (1963). Es ist dies der Bock
«Felix», der sich von dem Vorarlberger Aussetzungsort im Gargellental, Mon-
tafon, so weit abgesetzt hat. Er hat zuerst in nordwestlicher Richtung ca. 40 km
bis zu uns und dann nord-nord-östlich nochmals 30 km bis zum Staufen
zurück gelegt (Luftlinie)». —
345
Z U S A M M E N F A S S U N G U N D S C H L U S S B E T R A C H T U N G
Schon vor mehr als 50 Jahren sagte Prof. Z S C H O K K E aus Base l :
«Die Tierwel t der Schweiz t r äg t heute den Stempel der a l lgemein ver-
breiteten Fauna Mitteleuropas » ( Z S C H O K K E , 1907, p. 134), ehe er i m
e inzelnen auf die zahl re ichen Eiszei trel ikte u n d die Reste der xerother-
men Tierwel t eingeht, und dies gilt n a t ü r l i c h erst recht f ü r die Säuge -
t ierfauna Liechtensteins an der Aus fa l lp fo r t e u n d an der Grenze der
Westalpen. — Diese w e i t r ä u m i g e Verbre i tung ist aber nicht nur a l l -
gemein kennzeichnend f ü r die h ö h e r e n Wirbe l t i e re g e g e n ü b e r den
weniger bewegl ichen Tiergruppen, sondern insbesondere f ü r die Säuge -
tiere der m i t t e l e u r o p ä i s c h e n W a l d f a u n a , aus denen s ich der S ä u g e r -
bestand Liechtensteins g röss ten te i l s zusammensetzt.
A b e r w e n n m a n die reinen Alpent iere ausklammert und nur die
h ä u f i g s t e n K l e i n s ä u g e r f o r m e n betrachtet, dann zeigt s ich bei e inem
Verg le ich mi t Vertretern der gleichen Ar t , e twa a m N o r d r a n d der M i t -
telgebirgsschwelle Westdeutschlands, i n bemerkenswerter Unterschied.
A u s eigener Anschauung ist m i r die S ä u g e r f a u n a des Bonner Raumes,
der V o r e i f e l und des H o h e n Venns a m besten bekannt, und es lohnt
daher, hier eine G e g e n ü b e r s t e l l u n g zu machen. D ie folgende Tabel le
zeigt, ob die betr. Formen gle ich oder verschieden sind, sei es taxono-
misch als andere Unterart, sei es nur morphologisch i m Sinne einer
Ü b e r g a n g s - oder L o k a l f o r m .
L i e c h t e n s t e i n V o r e i f e l
S p i t z m ä u s e :
Sorex araneus
Sorex minutus
Neomys fodiens
Cocidura leucodon
ssp. tetragonurus
ssp. becki
ssp. fodiens
ssp. leucodon
ssp. fodiens
ssp. leucodon
ssp. araneus
ssp. minutus X becki
M a u l w u r f :
Talpa europaea ssp. ? (Bergform) ssp. cinerea
H ö r n c h e n :
Sciurus vulgaris
überwiegend
Phänotyp brunnea
überwiegend
Phänotyp fuscoater
S c h l ä f e r :
Eliomys quercinus ssp. quercinus ssp. quercinus
346
W ü h l m ä u s e :
Clethrionomys glareolus ssp. helveticus
Arvicola terrestris ssp. exitus
Microtus (Pitymys) subterraneus ssp. incertoides
Microtus arvalis ssp. arvalis
(abweich. Phänotyp)
Microtus agrestis ssp. niger
ssp. glareolus
ssp. scherman
ssp. subterraneus
ssp. arvalis
ssp bailloni
L a n g s c h w a n z m ä u s e
Micromys minutus ssp. soricinus
(abweich. Phänotyp)
ssp. iniermedius
ssp. flavicollis
(abweich. Phänotyp)
ssp soricinus
Apodemus sylvaticus
Apodemus tauricus
ssp
ssp
sylvaticus
flavicollis
W i e s e l :
Mustela erminea ssp. aestiva
(abweich. Mauser)
ssp. vulgaris
( X minuta ?)
ssp aestiva
Mustela nivalis ssp. vulgaris
V o n den 17 a u f g e f ü h r t e n K l e i n s ä u g e r a r t e n s ind nur drei i n beiden
Gebieten gleich, 14 s ind entweder unterar t l ich getrennt oder z u m i n -
dest morphologisch abweichend.
Nicht berücksichtigt sind die Kleinsäugerarten, die entweder in dem einen
oder anderen Gebiet zur Zeit ganz fehlen (Siebenschläfer bezw. Haselmaus)
oder durch zu geringes Material keine Vergleichsmöglichkeit boten (Igel), wie
auch die beiden, in diesem Zusammenhang auch weniger wichtigen, Südländer
X'eomys anomalus und Crocidura suaveotens.
Diese D i f f e r enz ist umso auffa l lender , als beide R ä u m e unmit te l -
bar an den westdeutschen Mi t t e lgeb i rgsgü r t e l stossen ( im Süden) bezw.
noch da r in l iegen ( im Norden) , vor a l l e m aber auch deshalb, w e i l
beide Gebiete erst nach der letzten Vere isung neu besiedelt wurden . —
W e n n w i r auch hier die re in a lp inen S ä u g e r beiseite lassen (Alpen-
spitzmaus, Murmel t i e r , Schneemaus, Schneehase, Gemse), dann muss
man zugestehen, dass diese beiden Gebiete am Rhe in le tz t l ich den
gleichen Besiedlungswel len aus dem S ü d w e s t e n und aus dem Osten
ausgesetzt waren, dass also doch w o h l z u n ä c h s t die gleichen Formen
dort i n den e inzelnen Per ioden der Spät - und Nacheiszei t Fuss fassten.
Es sol l jetzt h ier nicht die Rede davon sein, dass s ich z u m Beispie l
reine Steppentiere i n der K ö l n e r Bucht hal ten konnten, w ie der H a m -
347
ster, und i n Liechtenstein nicht, u n d dass auf der anderen Seite a lpine
E in f lüsse , z u m Beispie l bei der R ö t e l m a u s Liechtensteins deut l ich sind,
sondern es so l l z u n ä c h s t nur gezeigt werden, wie die gleichen, nach
den letzten Vereisungen aus den gleichen Richtungen (und wahrschein-
l i c h auch Refugien) zugewanderten A r t e n das heutige, so wen ig ü b e r -
einst immende B i l d ergeben konnten.
D ie E inwanderungswel len w ä h r e n d des D i l u v i u m s i n Mit te leuropa
und insbesondere der niederen T i e r s t ä m m e s ind seit langem f ü r viele
Tei le Europas untersucht worden (cf. Z S C H O K K E 1907, J A N E T S C H E K
1961) und neuerdings auch die K l e i n s ä u g e t i e r e f ü r den Osten Mi t t e l -
europas ( J A N O S S Y 1961). H i e r so l l jetzt nur das angedeutet werden,
was nach der letzten Vere isung und mi t den ersten Vorboten der
W ä r m e z e i t seine deut l ichen Spuren hinterliess.
Entscheidend s ind hier die A l l e r ö d s c h w a n k u n g e n , die etwa z w i -
schen 10 000 und 9 000 v. Chr . die kalte arktische Tundra abwandel -
ten und eine warme Steppenperiode einleiteten (cf. W O L D S T E D T 1958).
Dies ist die En twick lung , die, nach dem R ü c k s c h l a g der J ü n g e r e n
Dryas-Zeit , die Schneegrenze i m Boreal schl iessl ich u m 300 — 400 ra
weiter als heute h i n a u f d r ü c k t e , und i n einer dieser ü b e r l e i t e n d e n
Per ioden an der Wende des P l e i s t o z ä n s (Egesen-Stadium) werden die
hochalp inen S ä u g e r ü b e r die « x e r o t h e r m e Brücke , die W a l l i s mi t Süd-
f r ankre i ch v e r b a n d » ( Z S C H O K K E 1. c. p. 147) aus ih ren Refug ien i m
Westen i n die A l p e n z u r ü c k g e k e h r t sein. Es ist sicher, dass diese
W ä r m e v o r s t ö s s e s ich vor a l l em an den S ü d h ä n g e n der A l p e n sehr v i e l
intensiver und entscheidender auswi rken konnten als z u m Beispie l i m
deutschen Mittelgebirge i m Norden , und dass damit B e s i e d l u n g s m ö g -
l ichkei ten durch die K l e i n s ä u g e r auch dort gebietsweise sehr v i e l f r ü -
her entstanden. So e r w ä h n t Z O L L E R (1962) schon f ü r das Böl l ing- In-
terstadial (zwischen der Äl t e s t en und Ä l t e r e n Dryas-Zeit) i m S ü i -
tessin und Rhein ta l (!) eine deutliche E r w ä r m u n g und U m w a n d l u n g
der Vegetat ion i n Wermuthsteppen bezw. Gras f lu ren , dass ferner i m
Al l e röd u m 9 000 v. Chr . auf beiden Seiten der A l p e n die K ie fe r bereits
die Bi rke abge lös t hatte und die Waldgrenze schon bei 1200 m lag.
So kann m a n annehmen, dass die erste s p ä t g l a z i a l e Besiedlung der
West- und Zentralalpen, wenn nicht direkt aus dem S ü d e n (was wegen
der Schranke der g r a u b ü n d n e r Gebirge f ü r Liechtenstein zu dieser Zeit
ohne Bedeutung ist), aus dem S ü d w e s t e n k a m , u n d mi t Recht sagt auch
348
Z S C H O K K E i m H i n b l i c k auf die niederen T i e r s t ä m m e : «Für einen
grossen T e i l der xerothermen Zuwanderer mag die weite Pforte a m
Leman, zwischen Jura und A l p e n , das Eingangstor gebildet haben. D e r
dort einflutende Tiers t rom lässt s ich v o m Genfersee bis z u m Rhe in ta l
ve r fo lgen» (1. c. p. 147). A u s diesem R e f u g i u m und auf diesem Wege
s ind auch die ersten Liechtensteiner E inwandere r der S ä u g e r f a u n a ge-
kommen , nicht nur die hocha lp inen Formen, sondern — worauf i c h
i m einzelnen schon h inweisen konnte — von den rezenten Kle in säu -
gern die folgenden Gattungen und A r t e n : Sorex, Neomys (?), von den
Nagern aber die grosse R ö t e l m a u s (nageri), Arvicola, Pitymys u n d
Microtus agrestis, u n d die Raubtiere, die z u i h r e m Gefolge g e h ö r e n
(Wiesel , Fuchs). Das s ind die Fo rmen die i n unserem Untersuchungs-
gebiet schon einwanderten, als f ü r die meisten a m Nordrande der
Mittelgebirge (Eifel) noch k a u m oder gar keine S i e d l u n g s m ö g l i c h k e i t e n
bestanden, u n d diese ersten R ü c k w a n d e r e r wurden dann z u m T e i l
s p ä t e r mi t dem feuchteren K l i m a i m A t l a n t i k u m und mi t der Aus -
breitung des Waldes ver t ika l i n die Grashe iden des Hochgebirges ge-
trieben, soweit sie Tiere der f r e ien F l ä c h e n waren oder der Busch-
steppe, die jedenfal ls den geschlossenen, schattigen W a l d meiden. Es
s ind aber auch die Ar ten , die z. T. heute noch i n Liechtenstein z u m
Beispiel ihre gröss te Dichte i n der oberen Bergwaldstufe und d a r ü b e r
haben, und i n diesen H ö h e n l a g e n u n d langen Z e i t r ä u m e n n a t ü r l i c h
anderen U m w e l t e i n f l ü s s e n ausgesetzt waren als ihre Verwand ten a m
Nord rand der E i f e l oder i m Bonner Rhein ta l . D a m i t w i r d es v e r s t ä n d -
l i ch , dass diese Sonderung auch morphologische Ä n d e r u n g e n hervor-
rief. —
Etwas spä t e r als die genannten Ar ten , i m P r ä b o r e a l , ist die Fe ld-
maus i n das Liechtensteiner Rhe in ta l eingedrungen, w ie weiter oben
schon a u s f ü h r l i c h dargestellt wurde, wobei sie i m Zuge der Anpassung
an die sumpf igen Niederungen i m Ver l au fe der W ä r m e z e i t die deut-
l ichen starken A b w e i c h u n g e n von den F e l d m ä u s e n i m Rhe in l and
(und ü b e r h a u p t i n Westdeutschland) einerseits u n d von den H o c h -
gebirgstieren der Schweiz, z u m Beispie l des Engadins, andererseits
entwickelte. —
M i t der enormen Ausdehnung des Waldes w a r i m Ver l au f der
W ä r m e z e i t n a t ü r l i c h der typischen, m i t t e l e u r o p ä i s c h e n W a l d f a u n a der
W e g auch i n alle A l p e n t ä l e r geebnet, und es drangen hier nun v o m
349
Westen und v o m Norden die charakteristischen, weit verbreiteten Ver -
treter e in : die Huf t i e re des Waldes , die grossen Raubtiere, aber auch
Marde r und E ichhorn , die S c h l ä f e r u n d die k le ine R ö t e l m a u s der Ebene,
bis schliessl ich das Heer der L a n g s c h w a n z m ä u s e i n dieser Periode eine
gewaltige Vermehrung e r fuhr (cf. J A N O S S Y 1961).
M i t dem Beginn des Boreales waren auch die k l imat i schen Bed in -
gungen auf der bayr ischen Hochebene soweit abgewandelt, dass die
w ä r m e - und trockenheitsl iebenden, ö s t l i chen E inwandere r den W e g
entlang dem N o r d a b f a l l der A l p e n bis z u m Bodensee und das Rhein ta l
h inauf fanden, w ie es bei der Fe ld- und Gartenspi tzmaus schon gezeigt
wurde, u n d es ist bedeutsam, dass das Liechtensteiner Rhe in ta l i n die-
ser Phase der Tiere inwanderungen — was die K l e i n s ä u g e r betr i ff t •—
anscheinend nur v o m Nordosten, also v o m A l l g ä u her und nicht v o m
Oberrheingebiet beschickt wurde. Das zeigt z u m Beispie l die merk-
w ü r d i g e Ver te i lung der Croc iduren : N o c h a m Bodensee ( h ä u f i g ; H .
R I C H T E R b r i e f l . Mitt .) und dann i n der Schweiz ist die Hausspi tzmaus
(Crocidura russula) vertreten, i m Liechtensteiner Rhein ta l k o m m t nur
die Fe ld- und Gartenspitzmaus, wie auch i n Bayern, vor ! —
In dieser Zeit der a l l m ä h l i c h e n Z u g ä n g l i c h k e i t der G r a u b ü n d e n e r
A l p e n und des R ä t i k o n s bildet sich auch hier, i m S ü d e n des Unter-
suchungsgebietes, eine interessante tiergeographische Grenze, die
Z S C H O K K E schon 1907 k la r dargestellt hat, u n d die auch f ü r die Säu-
getiere gilt. Er spricht v o n «e iner faunist ischen Grenz l in i e , die i n den
A l p e n G r a u b ü n d e n s die landbewohnenden Zuwanderer v o n Osten von
der west l ichen Tierwel t t r e n n t » , und sagt weiter : «Als W a l l zwischen
w e s t n ö r d l i c h e n und o s t s ü d l i c h e n Vertretern . . . . erheben s ich die Berg-
ketten, welche das Inntal i m Nordwesten begrenzen. Jenseits dieser
Lin ie , zwischen A l b u l a und Tödi , a m Ober rhe in und i n seinen Seiten-
tä l e rn , liegt eine Ü b e r g a n g s z o n e (Sperrung von mi r ) . In
ih r mischen sich die Dip lopoden aus dem Westen und Norden mi t
den ä u s s e r s t e n Vorposten aus Nord i t a l i en und Südos tö s t e r r e i ch» . (1. c.
p. 149). — Dies t r i f f t auch f ü r die Säuge t i e r e zu, vor a l l em f ü r die
K le in säuge r , und es wurde oben schon gezeigt, w i e der S ü d a b f a l l der
Hauptkette i m Tessin eine stark abweichende K l e i n s ä u g e r w e l t beher-
bergt, wie der B a u m s c h l ä f e r , als typisch o s t e u r o p ä i s c h e s Faunenele-
ment nur bis z u m oberen Engad in h inaufre icht , und w ie andererseits
Zwerghermel in u n d Zwergwiese l u n d zahlreiche hochmontane Formen
350
der ersten, west l ichen E inwanderungswel l en u n d die g r o s s w ü c h s i g e
(der Mi t t e lmeer fo rm dichrurus nahestehende) W a l d m a u s i n den grau-
b ü n d n e r T ä l e r n heute zusammenlau fen u n d hier u n d da auch i n die
A u s l ä u f e r des Rä t ikons , also nach Liechtenstein e inwi rken . —
Die Untersuchung hat also auf G r u n d der genauen P r ü f u n g der
S ä u g e r f a u n a u n d insbesondere des K l e i n s ä u g e r m o s a i k e s , vor a l l e m an
dem B e r g s t u r z g e l ä n d e u m Triesenberg, Aussagen erlaubt, nicht a l l e in
ü b e r die s t rukturel len und ö k o l o g i s c h e n Bedingungen u n d ihre A u s -
w i rkungen auf die Säuge t i e re , sondern we i t e rh in auch Sch lüsse auf
die historische Besiedlung dieses Gebietes. — Vie l l e i ch t ist h ie rmi t i n
e inem k le inen Ausschni t t das m ö g l i c h gewesen, was Z S C H O K K E vor
mehr als e inem halben Jahrhunder t zukunf tweisend an den Schluss
seines Vortrages setzte: «Es w i r d noch mannigfacher faunist ischer und
systematischer A r b e i t b e d ü r f e n , u m die U f e r der verschiedenen Tier-
s t r ö m e abzugrenzen, die seit dem R ü c k g a n g der Gletscher durch die
Schweiz fluteten. D ie postglaziale Besiedlungsgeschichte unseres L a n -
des deckt sich mi t der Geschichte seiner geologischen und k l imat i schen
V e r h ä l t n i s s e . Diesen a l lgemeinen Satz i m e inze lnen z u p r ü f e n u n d zu
s tü tzen , bildet eine s c h ö n e Aufgabe f ü r die Z u k u n f t » . —
351
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2. Sorex araneus tetragonurus — Waldspitzmaus . . 175
Sorex araneus antinorii — Südöstl. Waldspitzmaus . . 185
3. Sorex minutus becki — Zwergspitzmaus . . . . 187
4. Sorex alpinus alpinus — Alpenspitzmaus . . . . 190
5. Ncomys fodiens fodiens — Wasserspitzmaus . . . 193
360
6. hleomys anomalus milleri — Sumpfspitzmaus . . . 195
7. Crocidura suaveolens mimula — Gartenspitzmaus . . . 198
8. Crocidura leucodon leucodon — Feldspitzmaus . . 201
9. Talpa europaea — Maulwurf . . . . . . 209
10. Rhinolophus hipposideros ssp. — Kleine Hufeisennase . 212
11. Myotis myotis myotis — Mausohr . . . . . 2 1 5
12. Myotis mystacinus mystacinus — Europ. Bartfledermaus . 217
13. Barbastella barbas'ellus — Mopsfledermaus . . . . 218
14. Plecotus auritus auritus — Langohrfledermaus . . 219
Plecotus austriacus — Graues Langohr . . . . 220
15. Sciurus vulgaris ssp. — Westliches Eichhörnchen . . 222
16. Marmota marmota marmota — Alpenmurmeltier . . 227
17. Glis glis glis — Siebenschläfer . . . . . 235
18. Muscardinus avellanarius — Haselmaua . . . . 237
19. Eliomys quercinus quercinus — Gartenschläfer . . 238
Dryomys nitedula — Baumschläfer . . . . . 244
20. Clethrionomys glareolus helveticus — Rötelmaus . . 245
21. Arvicola terrestris exitus — Alpen-Schermaus . . 251
22. Microtus (Pitymys) subterraneus incertoides — Westalpine Klein-
wühlmaus . . . . . . . . . 254
23. Microtus nivalis nivalis — Schneemaus . . . . 259
24. Microtus arvalis a/valis — Feldmaus . . . . . 262
25. Microtus agrestis :iiger — Alpen-Erdmaus . . . . 272
26. Micromys minutus soricinus — Zwergmaus . . . . 275
27. Apodemus sylvaticus inlermedius — Waldmaus . . 278
28. Apodemus tauricus flavicollis — Gelbhalsmaus . . . 282
29. Rattus norvegicus norvegicus — Wanderratte . . 287
Rattus rattus — Hausratte . . . . . . 288
30. Mus musculus domesticus — Hausmaus . . . . 290
Canis lupus - Wolf . . . . . . . 291
31. "Vulpes vulpes crucigera — Mitteleurop. Rotfuchs . . 292
Ursus arctos arctos — Eurasischer Braunbär . . 295
32. Martes martes — Baummarder . . . . . 296
33. Martes foina — Steinmarder . . . . . . 297
34. Mustela (Putorius) putorius — Iltis . . . . . 299
35. Mustela (Mustela) erminea aestiva — Europ. Hermelin . 301
Mustela erminea minima — Zwerghermelin . . . . 304
36. Mustela (Mustela) nivalis vulgaris — Mauswiesel . . 306
361
37. Mustela (Mustela) nivalis minuta — Zwergwiesel . . . 306
38. Meies meles meles — Europäischer Dachs . . . . 3 1 1
39. Lutra lutra lutra — Fischotter . . 3 1 5
Lynx lynx — Luchs . . . . . . . 318
40. Lepus europaeus meridiei — Feldhase . 3 1 9
41. Lepus timidus varronis — Alpenschneehase . . . 3 2 1
42. Sus scrofa scrofa — Mitteleurop. Wildschwein . . 322
43. Capreolus capreolus capreolus — Europäisches Reh 326
Alces alces — Elch . . . . . . . 166
44. Cervus elaphus hippelaphus — Westlicher Rothirsch . . 334
45. Rupicapra rupicapra rupicapra — Alpengemse . . . 341
46. Capra ibex ibex — Alpensteinbock . . . . . 345
Anschrift des Verfassers:
Dr. Ernst von Lehmann, Zoologisches Forschungsinstitut
und Museum Alexander Koenig, B o n n
Koblenzerstr. 150 - 164
362
Vereinschronik
A) Jahresbericht
Im Berichts jahr sind dem V e r e i n 33 Neumi tg l ieder beigetreten. Das
Mitgl iederverzeichnis i n diesem Jahrbuch , das mi t Ende 1962 abge-
schlossen wurde, bringt die N a m e n al ler Vereinsmitgl ieder , mi t der
J ah rzah l ihres Eintrittes i n den Vere in .
Unter den Verstorbenen beklagt der V e r e i n auch ein Mi tg l i ed aus
dem F ü r s t e n h a u s , n ä m l i c h Ihre Durchlaucht Prinzessin Elisabeth von
und zu Liechtenstein, i n Frauenthal b. Deutschlandsberg, i n der Steier-
mark. D ie hohe Verstorbene war die G e m a h l i n des i m Jahre 1955
verstorbenen Pr inzen K a r l , der i n unserm Lande als Regierungschef
von 1918 — 1920 noch in bester Er innerung ist. Die Verstorbene w a r
Mi tg l i ed seit 1921.
E inen ganz besonders schweren Ver lus t erlitt der Histor ische Vere in
durch den Tod seines l a n g j ä h r i g e n Vors i tzenden und E h r e n p r ä s i d e n t e n ,
Fürstl. Rat Joseph Ospelt, mi t dem zugleich auch das letzte der G r ü n -
dermitgl ieder aus dem Leben schied. Eine a u s f ü h r l i c h e W ü r d i g u n g
seiner starken P e r s ö n l i c h k e i t und seiner Verdienste u m den His to r i -
schen Vere in bringt dieses Jahrbuch an anderer Stelle.
W i r betrauern ferner den Verlust folgender Mitgl ieder , die i m
Jahre 1962 verstorben s ind :
Dr. Bertrand Adams, Köln , Mi tg l i ed seit F r ü h j a h r 1962.
Gustav M. Altmann, Vaduz , M i t g l i e d seit 1939.
Fürs t l . Kommerz ien ra t Oswald Bühler, Gemeindevorsteher, Mauren .
Mi tg l i ed seit 1933.
Christoph Frommelt, Zimmermeis ter , Schaan, Mi tg l i ed seit 1922.
W i r k l . Fürs t l . Justizrat Dr. Ludwig Marxer, Vaduz , Mi tg l i ed seit 1925.
363
julius Quaderer, A l t - G r u n d b u c h f ü h r e r , Vaduz , Mi tg l i ed seit 1923.
Fürs t l . Rat Bernhard Risch, Vaduz , Mi tg l i ed seit 1925.
Paul Tschugmell, Elektr iker , Vaduz , Mi tg l i ed seit 1929.
Ludwig Wächter, Bautechniker, Vaduz , Mi tg l i ed seit 1924.
Eugen Walch, K a u f m a n n . Beinvvil a. See ( A G ) , Mi tg l ied seit 1945.
R. Zatloukal, Kommerz ia l r a t u. fü r s t l . Liechtenst. Di rek tor i . R.,
Thernberg, N i e d e r ö s t e r r e i c h , Mi tg l i ed seit 1927.
Der Vereinsvorstand erledigte die laufenden G e s c h ä f t e in sieben
Sitzungen.
Die Arbei ten am Liechtensteinischen Urkundenbuch , das jeweils
als A n h a n g z u m Jahrbuch erscheint, gehen nun sehr gut voran. Herr
Prof. Dr . Benedikt B i lge r i aus Bregenz-Hard ist daran, die U r k u n d e n
in den Innsbrucker A r c h i v e n zu bearbeiten.
Unser Vorstandsmitgl ied, Dr . Georg M a l i n , bearbeitet die U r k u n d e n
aus der Zeit vor 1416, die sich i m Lande bef inden. Er hat diese Arbei t
sozusagen abgeschlossen. Sie werden einen eigenen Band unseres U r -
kundenbuches bi lden. Dr . M a l i n w i r d anschliessend auch noch die
unser L a n d betreffenden U r k u n d e n i n den verschiedenen Schweizer
A r c h i v e n bearbeiten.
Die Sprechplatten, mi t den A u f n a h m e n der Mundar ten al ler Ge-
meinden des Landes wurden i m Herbst 1962 fertiggestellt und sind
nun durch die Liechtensteinische Landesbibl iothek i n V a d u z zu be-
ziehen. Der Verkaufspreis wurde f ü r die ganze Serie (6 Doppelplatten)
mit Fr. 50.— und f ü r die einzelne Doppelplatte mi t Fr. 10.— festgesetzt.
Im Museum bef inden s ich Plas t iken u n d Bi lder , besonders L e i h -
gaben aus K i r chen , die dr ingend restauriert oder konserviert werden
sollten. A u f Anregung unseres Vereins hat nun die Regierung beschlos-
sen d a f ü r Kredite zu g e w ä h r e n . Solange das renovierte Kuns twerk i m
M u s e u m verbleibt, w ü r d e n j ä h r l i c h 5 % der Renovationskosten vom
Lande, bezw. vom Museum ü b e r n o m m e n . N a c h zehn Jahren h ä t t e der
Besitzer, fa l ls er den Gegenstand z u r ü c k h a b e n woll te , noch die H ä l f t e
zu bezahlen und nach z w a n z i g Jahren w ä r e n die Renovationskosten
zur G ä n z e aus dem Landesbeitrag getilgt.
Im Jahre 1962 wurde mi t den Konservierungsarbei ten an der i n
den Jahren 1930 und 1931 ausgegrabenen Burgru ine Neuschel lenberg
begonnen. Diese Arbe i t d ü r f t e noch l ä n g e r e Zeit i n Ansp ruch nehmen.
364
Sie ist aber unbedingt nöt ig , um dem weiteren V e r f a l l der M a u e r n
Einhal t zu gebieten. Die konservierten G r u n d m a u e r n werden ein sehr
gutes und anschauliches B i l d einer mi t te la l ter l ichen Burganlage ver-
mit te ln .
Unser Mi tg l i ed Ing. H e r m a n n W i l d aus V a d u z hat i m Herbst 1961
unter e inem ü b e r h ä n g e n d e n Fels am «Weissen Stein» oberhalb Ruggei l
und n ö r d l i c h der Burgruine Al tschel lenberg eine p r ä h i s t o r i s c h e Be-
g r ä b n i s s t ä t t e festgestellt. D ie Fundschicht scheint durch Dachsbauten
stark ges tör t zu sein. Die aufgefundenen Scherben s ind bronzezei t l ich.
Die Stelle sol l noch n ä h e r untersucht werden.
Ü b e r einen Fund aus V a d u z aus der s p ä t e n Bronzezeit berichtet
W . A . Gra f an anderer Stelle dieses Jahrbuches.
Die i m Sommer 1962 auf «Krüppe l» oberhalb Schaan a u s g e f ü h r t e n
Grabungen zeigten, dass die p r ä h i s t o r i s c h e n Siedlungsreste auf dem
Plateau total a b g e r ä u m t worden waren und nun ges tör t und zerstreut
am steilen Nordhang liegen. N e u war der Nachwe i s einer B e n ü t z u n g
des Platzes i n s p ä t r ö m i s c h e r Zeit. Reste von z w e i Bauten, e in Dutzend
s p ä t r ö m i s c h e r M ü n z e n , etwas K e r a m i k , dabei e in ganz erhaltenes,
g r ü n g l a s i e r t e s s p ä t r ö m i s c h e s Krüg le in , sowie h ü b s c h e Knochenschni t -
zereien stammen aus dieser Periode. E i n Grabung i m Jahre 1963 ist
vorgesehen und d ü r f t e die Situation auf diesem interessanten, ver-
h ä l n i s m ä s s i g hoch gelegenen Siedlungsplatz (820 m ü. M.) noch besser
k l ä r e n .
Ü b e r weitere i m Jahre 1962 gemachte Funde w i r d :'n der Rubr ik
«Fundbe r i ch t e» N ä h e r e s mitgeteilt.
Fü r die vo lkskundl iche Abte i lung des Museums hat unser Mi tg l i ed
Josef Büh le r , Monteur L K W , i n M a u r e n auch i n diesem Jahr wieder
laufend altes H a u s g e r ä t gesammelt.
Der Vere in , bezw. das Museum, erhielt wieder verschiedene wert-
volle Zuwendungen :
V o n H e r r n Direktor Dr . M a x A u w ä r t e r , Balzers, eine von Pf r . Re-
signat F. Tschugmel l erstellte Absch r i f t des alten Gemeindebuches von
Balzers -Mäls von 1656 bis 1777.
V o n Dr . Ivo Beck, Vaduz , eine Photokopie des Landsbrauchs vor
1794.
V o n B e n j a m i n Steck, Vaduz , 3 Kohlerad ie rungen nach alten Stichen
365
Von Hans Seger, Triesenberg, und Pf r . Resign. Tschugmel l , Triesen.
die S t a m m b ä u m e der F a m i l i e n Rheinberger und Heidegger.
V o n der Fürs t l . Regierung: P l a n der Stellungen der Ö s t e r r e i c h e r
und der Franzosen i n der Gegend von Fe ldk i rch , a n l ä s s l i c h der Kriegs-
ereignisse i m Jahre 1799.
V o n H . H . Pfarrer Schnü r ige r , Vaduz , als Leihgabe ein Vortrage-
kreuz v o m Ende des 15. Jahrhunderts aus der P fa r rk i rche Vaduz .
W i e der Rechnungsbericht ausweist, erhielt unser Ve re in auch i m
Jahre 1962 wieder namhafte U n t e r s t ü t z u n g e n , sowohl von Seite der
L a n d e s b e h ö r d e n als auch von privater Seite. W i r danken a l len Spen-
dern recht herz l ich .
In Vertretung des Vereins n a h m der Vorsi tzende teil an der Jahres-
versammlung der Schweiz. Gesel lschaft f ü r Urgeschichte i n Fre iburg
i . Ue. am 23. und 24. J u n i 1962, ferner an der Feier «50 Jahre V i n d o -
n i s s a -Museum» i n Brugg, am 1. J u l i 1962.
A m 28. Oktober 1962 wurde in Schaan, i m Hote l «Linde», die Jah-
resversammlung abgehalten. Der Vorsi tzende konnte dabei Seine
Durchlaucht den L a n d e s f ü r s t e n , sowie eine grosse Z a h l von Te i lneh-
mern, davon viele aus dem benachbarten Aus l and , b e g r ü s s e n . N a c h
Genehmigung des Jahresberichts und des Rechnungsberichts erhielt
der Referent des Tages, Her r Dr . p h i l . Chr i s t i an Padrutt aus Chur , das
Wor t zu seinem Vor t rag «Der Schwabenkrieg 1499. mi t besonderer
Be rücks i ch t i gung der Kriegsereignisse i n unserer G e g e n d » . Der Referent
hatte sich mi t dem Kriegswesen der alten Eidgenossenschaft und des
B ü n d n e r l a n d e s eingehend beschä f t i g t . So wurde der Vor t rag besonders
auch deswegen interessant, w e i l er nicht bloss den a l lgemeinen Kriegs-
verlauf schilderte, sondern auch den Menschen, den Krieger , insbe-
sondere den B ü n d n e r Krieger, aus neuer Sicht uns darstellte.
Z u m Schlüsse sprach der Vorsi tzende noch kurz ü b e r die i m letzten
Jahre d u r c h g e f ü h r t e n Ausgrabungen und zeigte einige Lich tb i lder v o m
Stand der Arbe i ten auf Burg Neuschel lenberg und von den Fundste l len
«Am Weissen Stein» (Ruggell) und «Auf K r ü p p e l » , Schaan.
Der Berichterstatter dankt i m N a m e n des Vorstandes al len, die
auch i m abgelaufenen Jahre den V e r e i n ideel l oder mater ie l l unter-
s tütz t haben und besonders auch den Mitarbei tern am Jahrbuch .
D . Beck
366
B) Rechnung
über die Einnahmen und Ausgaben vom 1. Juli 1961 bis 30. Juni 1962
E I N N A H M E N
Akt ivsa ldo v o m V o r j a h r . . . . .
M i t g l i e d e r b e i t r ä g e . . . . . .
Beitrag S. D . des L a n d e s f ü r s t e n . . . .
Beitrag S. D . f. d. Mi tg l ieder des fü r s t l . Hauses
Beitrag der fü r s t l . D o m ä n e . . . . .
Vergabungen: Her r Dr . F. B r ä u n l i c h , V a d u z
Zahnfab r ik R A M C O A G , Schaan
Liechtensteinische Landesbank
Press- und Stanzwerke, Eschen
Liechtensteinische Kra f twerke , Schaan
Gemeinde V a d u z . . . .
Beitrag des Landes
Verkauf von B ü c h e r n . . . . . . .
Z insen aus Bankguthaben . . . . . .
Fr.
Fr . 27 981.20
A U S G A B E N
Fü r die Bib l io thek und die Sammlungen
Fü r Photos, Port i , Drucksachen, Spesen etc.
Fü r Mitgl iedschaf ten . . . .
Fü r das Jahrbuch . . . . .
Für Bankspesen . . . . .
Fr. 862.65
2 104.75
167.10
12 349.20
3.75
Fr. 15 517.45
367
Summe der E innahmen Fr. 27 981.20
Summe der Ausgaben 15 517.45
Ergibt einen Akt ivsa ldo von Fr. 12 463.75
R p n p p K i i n o •
U C U C t t V U I l g .
R P rt IfCTi l th P l ip n n p r ^0 T i in i
L ) C l L 1 U LIICl U C l 1 ~1<J. J H i l l I / U i
Fr. II 515
Barschaft per 30. J u n i 1962 « 948.75
Fr. 12 463.75
M U S E U M S F O N D S
Stand Ende 1960 Fr. 1 435.50
Zins f ü r 1961 « 43.05
Stand Ende 1961 Fr. 1 478.55
Der Vereinskassier: Felix Marxer
Vorstehende Rechnung g e p r ü f t und r icht ig befunden.
Vaduz, den 18. Oktober 1962
Emil Ospelt
368
C) Mitglieder-Verzeichnis
a) Mitglieder aus dem fürstlichen Hause :
Seine Durchlaucht der Landesfürst Franz Josef II.
Seine Durchlaucht Prinz Constantin
von und zu Liechtenstein, Schaan
Seine Durchlaucht Prinz Emanuel von
und zu Liechtenstein, Vaduz
Seine Durchlaucht Prinz Hans von und
zu Liechtenstein, Vaduz
Seine Durchlaucht Prinz Hans Moritz,
von Liechtenstein, Dr. Dipl . Ing.
Dietersdorf 7 / Post Judenau, N/Öster.
b) Ehrenmitglieder :
M i t g l i e d s e i t
Frei Benedikt, Reallehrer, Mels SG 1939
Frommelt Anton, fürstlicher Rat,
Ehrendomherr, Vaduz 1917
Poeschel E.
Zürich
M i t g l i e d s e i !
Dr., Drusbergstr. 27,
1948
c) Andere Mitglieder :
M i t g l i e d s e i t
Achilles Luise, Frau, Triesenberg 1956
Adams Bertrand Dr., Wissen-
schaftl. Assistent, Hohenzol-
lernring 99, Köln 1962
Aebi Richard A., Fabrikant, Senn-
wald SG 1961
Alean Christian, Posthalter, Senn-
wald SG 1961
Allemann Franz, Dr., Geologe,
Kriegsstetten SO 1958
Allgäuer Robert, Landesarchivar
und Bibliothekar, Vaduz 1959
Amann Reinold, Zahntechniker
Vaduz 1956
Amt der Stadt Feldkirch (Stadt-
archiv) Feldkirch, Vorarlberg 1960
Auwärter Max, Dr. Physiker, D i -
rektor der Gerätebauanstalt,
Balzers 1955
Bamert Martin, HofkapL, Vaduz 1953
Banzer Engelbert, Triesen 10 1960
Banzer Paul, Vaduz 1952
Batliner Eduard, fürstl. Kommer-
zienrat, Landesbankdirektor,
Vaduz 1932
ßatliner Edwin, Reallehrer, Vaduz 1957
Batliner Gerard, Dr. jur., Fürstl.
Reg.-Chef, Eschen 1950
Batliner Emil Heinz, Dr., Vaduz 1951
Batliner Herbert, Dr. Rechtsan-
walt, Vaduz 1960
Batliner Xaver, Mauren 152 1948
Baumgartner Paula, Frau, Vaduz 1942
Bayrisches Hauptstaatsarch. Abt. 1
Arcisstr. 12, München 1954
M i t g l i e d s e i t
Beck Alexander, Triesenberg 213 1920
Beck Alois, Vorsteher, Triesen 1938
Beck Alois, Triesenberg 158 1961
Beck Daniel, Autotransporte,
Triesenberg 1961
Beck David, Oberlehrer, Vaduz
(Vereinsvorsitzender) 1919
Beck Engelbert, Schaan 229 1938
Beck Engelbert, Lehrer, Planken 1962
Beck Franz, Dipl . Ing., Schaan 68 1962
Beck Friedrich, Baugeschäft,
Triesen 1959
Beck Gertrud, Frl. , lic. jur., La-
vadina, Triesenberg 1949
Beck Ivo, Dr. jur., Rechtsanwalt,
Vaduz 1948
Beck Johann, Arbeiterpräsident,
Triesenberg 192 1956
Beck Johann, Arbeitsamtsverwal-
ter, Vaduz 1940
Beck Josef, Amtsdiener, Vaduz 1924
Beck Josef, Lebensmittelinspekt.,
Schaan 1958
Beck Ludwig, Gemeindevorsteher,
Schaan 1957
Beck Max, Garagist, Schaan 1960
Beck Peter, Techniker, Vaduz-
Ebenholz 1958
Beck Walter, El.-Ing., Schaan 1950
Beken J., 30 Lingwood, Gardens,
Isleworth, Middlessex, England 1942
Beusch Christian, Ingenieur,
Schaan, Zollstrasse 1959
369
M i t g l i e d s e i t
Biedermann Andreas, z. Löwen,
Schellenberg 1946
Biedermann Franz, Reallehrer,
Vaduz 1957
Biedermann Friedrich, Vaduz 1942
Bischöfliches Generalvikariat,
Feldkirch, Vorarlberg 1962
Boitze Julius, Verleger, Allens-
bach/Bodensee 1955
Blaser Rudolf, Dr., Maracaibo,
Venezuela 1955
Bosshardt Rudolf, Geometer, St.
Gallen 1938
Bräunlich Friedrich, Dr., Vaduz 1944
Brendle Josef, Schellenberg 1949
Broder Leo, Dr. phil., St. Gallen
Rorschacherstr. 48 1958
Bronzincevic Paul M. , Haus
Waldheim, Vaduz 1959
Brunhart Christian, Techniker
LKW, Schaan 1957
Brunhart Josef, Wachtm., Vaduz 1943
Brunhart Louis, Bauunternehmer,
Balzers 1949
Brücher Anton, Dr. phil., Semi-
narlehrer, Signalstrasse 28,
Rorschacht SG 1962
Büchel Alfons, Postm., Mauren 1948
Büchel Alois, Chauffeur, Vaduz 1943
Büchel Anton, Zürich 3/55, Gold-
brunnenstrasse 148 1959
Büchel David, Dr. med., Eschen 1951
Büchel Ernst, Dr. jur., Rechts-
anwalt, Vaduz 1958
Büchel Eugen, Kaufmann, Vaduz 1938
Büchel Franz, Beamter, Balzers 1956
Büchel Hugo, Oberlehrer, Vaduz 1931
Büchel Johann, Lehrer, Ruggell 1938
Büchel Josef, Ruggell 97 1960
Büchel Josef, Reg.-Chef-Stellver-
treter, Triesen 1932
Büchel Martin, Buchhalter,
Schaan 317 1961
Büchel Robert, Bürobed., Schaan 1959
Büchel Sigisbert, Polier, Brem-
garten A G , Zürcherstr. 388 1956
Büchel Werner, Lehrer, Triesen-
berg 1954
Büchel Wilhelm, Bauunterneh-
mer, Gamprin 1957
Bucher Engelbert, Pfarrer, Trie-
senberg 1942
Buchter Erwin, Bautechniker,
Vaduz, Bartlegrosch 1958
Bühler Ernst, Baumeister Mauren 1952
Bühler Eugen, Forstmeister, Vaduz 1944
M i t g l i e d s e i t
Bühler Hubert, Reallehrer, Eschen 1936
Bühler Josef, Mauren 204 1943
Cadonau-Beck Hermine, Frau,
Zschokkestr. 11. Zürich 37 1956
Candreia A„ Pfarrer, Balzers 1957
Carnot Paul, Pfarrer, Mauren 1962
Collegium Marianum, Vaduz 1938
Contreras Torres-Kindle Hermine
de, Schloss Gutenberg, Balzers 1959
Deicha Georges, Dr., St. Germain-
en-Laye 1951
Dieckhoff Albrecht Diedrich, Dr.,
Freiherr v., Agnesstr. 24, Ham-
burg 39 1952
Dieterle Wil l iam, Regisseur, Ma-
schlina, Triesen 1962
Dittrich Gerhard, Dr., Fürst Fried-
richstr. 9, Sigmaringen 1951
Eberle Andreas, Beamt. d. Statist.
Amtes, Triesenberg 320 1956
Eberle Johann, Jagdaufseher,
Triesenberg 209 1958
Eberle Lorenz, Oberlehrer, Vaduz 1938
Eberle Xaver, Transporte, Trie-
senberg 254 1961
Eggenberger Christian, a. Bezirks-
ammann, Grabs 1958
Elkuch Josef, Kaufmann, Mauren 1925
Falk David, Elektriker, Schaan 1958
Falk Franz, Schriftsetzer, Vaduz 1933
Falk Jakob, Oberlehrer, Schaan 1937
Falz-Fein Eduard, Bar. v., Vaduz 1952
Fausch Alfred. Grenzwacht-Ge-
freiter, Mauren 223 1962
Feger Guido, fürstl. Kommerzien-
rat, Vaduz 1920
Feger Julius, Meierhof, Triesen 1962
Feger Walter, Zollbeamt., Luzern 1923
Fehr Alfons, Waldaufseh., Eschen 1959
Fehr-Gassner Karolina, Triesen-
Maschlina Nr. 305, 1959
Fehr Wilhelm, fürstl. Kommer-
zienrat, Bankdirektor, Schaan 1925
Flad Hermann, Dipl . Physiker,
Maschlina 327, Triesen 1962
Franck Hermann, Chemiker,
Vaduz 1959
Frick Adrian, Architekturbüro,
Balzers-Mäls 418 1959
Frick Alexander. Dr. h. c , Alt-
Reg.-Chef, Schaan. (Vor-
standsmitglied) 1935
Frick Alexander jun., Student.
Schaan 1960
Frick Anton, Schaan 1928
370
M i t g l i e d s e i t
Frick Arnold, Bauunternehmer,
Schaan 1950
Frick Arthur, Balzers 253 1949
Frick Ferdinand, Schreinermeister,
Schaan 1950
Frick Georg, Bauunternehmer,
Schaan 1950
Frick Gert, Malergeschäft, Schaan 1956
Frick Karl , Mühleholz 232 1952
Frick Robert, Bauunternehmer,
Schaan 1948
Frick Walter, Beamter L K W ,
Schaan 1958
Frommelt Andreas, Garage, Müh-
leholz-Vaduz 1958
Frommelt Hubert, Ingenieur,
Vaduz 1958
Fürer Carl, Malermeister, Stein-
grüblistr. 42, St. Gallen 1957
Gantner Rudolf sen., Planken 43 1957
Gantner-Nutt, Katharina, Frau,
Planken 1959
Gassner Alfred, Gemälderestau-
rator, Bludenz 1937
Gassner Emmi, Frl. , Engelberg 1939
Gassner Erich, Vaduz 482 1957
Gassner Hubert, Geschäftsführer,
Vaduz 1959
Gassner Hugo, Lehrer, Schaan 1944
Gassner Johann, Grundbuchfüh-
rer und Gemeindevorsteher,
Triesenberg 1931
Gassner Klemens, Rechtsagent,
Triesen 1929
Gassner Richard, Brieftr., Vaduz 1928
Gassner Roman, Baugesch., Vaduz 1956
Gattenhof Carl, Dr., Triesen 1959
Geier Josef, Malermeister, Vaduz 1953
Gemeinde Balzers 1902
Gemeinde Eschen 1902
Gemeinde Gamprin 1902
Gemeinde Mauren 1902
Gemeinde Planken 1902
Gemeinde Ruggell 1902
Gemeinde Schaan ' 1905
Gemeinde Schellenberg 1902
Gemeinde Triesen , 1902
Gemeinde Triesenberg 1902
Gemeinde Vaduz 1902
Gerätebau-Anstalt, Balzers 1955
Gerster Adele, Frau, Vaduz 1942
Goop Adulf Peter, Rechtsberater,
Vaduz 1941
Goop Rudolf, Student, Schellen-
berg 62 1960
Goverts Henry, Dr., Vaduz 1949
M i t g l i e d
Goppel Ulrich, Buchdruckereibe-
sitzer, Vaduz
Grabher Elmar, Dr., Landesamts-
direktor, Bregenz
Graf Werner A. Dr., Gerichts-
schreiber, St. Gallen O, Spit-
telerstrasse 12
Gruyter de, E. H . M . , Vaduz
Gstöhl Franz, Kaufmann, Vaduz,
A m schrägen Weg
Gstöhl Georg, Lehrer, Balzers
Gstöhl Martin, Eintracht, Eschen
Gstöhl Werner Bankbeamter,
Eschen (Flux)
Haas Albert Konrad, Buchhand-
lung, Vaduz
Hagenstehn Ernst Gunnar, Lyse-
k i l , Schweden
Hager Arthur, Dr., Drususgasse 8,
Bregenz
Hagmann Ernst, Bankprok., Leon-
hard-Ragazweg 16, Zürich 3/55
Haid Josef, Vaduz 524
Halem von, Hanno, Gamander.
Schaan
Hartlaub Hermann, Dr. Ing.,
Föhrenweg 596, Vaduz
Hartmann Karl , Ing., Bauamtslei-
ter, Vaduz (Vorstandsmitglied)
Hasler Alois. Gamprin 27
Hasler Erwin, Waldhirt, Schel-
lenberg
Hasler Ewald, Postmeister,
Schaan
Hasler Felix, Lehrer, Schaan 432
Hasler Felix, Reallehrer, Vaduz
Hasler Franz, Architekt, Vaduz
Hasler Joh. Georg, Alt-Landtags-
abgeordneter, Gamprin
Hasler Josef, Polizist, Vaduz
Hasler Josef, Chauffeur, Vaduz,
Bartlegrosch 543
Hasler Karl , Schellenberg
Hasler Otto, Dr. med., Vaduz
Hassler Andreas, Plattenleger,
Schaan
Heeb Kil ian , LKW-Dir . , Vaduz
Heeb Rudolf, Landw., Schaan 119
Heeb Will ibald, Oberlehrer,
Eschen
Hemmerle Adolf, Prokurist,
Vaduz
Hemmerle
Schaan
Henny Josef, fürstl. geistl. Rat,
Pfarrer, Obersaxen GR
Anton, Prokurist,
s e i t
1924
1948
1954
1940
1958
1947
1953
1960
1958
1942
1962
1945
1961
1962
1962
1956
1954
1960
1959
1958
1961
1956
1937
1953
1957
1956
1955
1960
1928
1958
1956
1958
1960
1934
371
M i t g l i e d s e i t
Hietel Franz, Dr., Kommerzialrat,
Frankgasse 2, Wien IX 1918
Hübe Alfred, Dr., Gesandtschafts-
sekretär, Gerechtigkeitsg. 42,
Bern 1958
Hübe Helmut, Dr., Genf, Chemin
de la Chevillarde 18 1960
Hübe Herbert, Bankangestellter,
Triesenberg 1959
Hil t i Gottfried, Bildhauer, Schaan 1933
Hi l t i Gottlieb, Wagnerm., Schaan 1933
Hi l t i Hans, Metzgerei, Schaan 1957
Hil t i Josef, Vize-Direktor d. Lan-
desbank, Schaan 1933
Hil t i Josef, Baumeister, Schaan 1920
Hilt i Werner, Ing., Schaan 1933
Hilty Augustin, Schaan 206 1962
Hilty Lorenz, Buchdruckereibe-
sitzer, Schaan 1940
Hischier P. Alfred, Missionshaus
Gutenberg, Balzers 1957
Hoch Otto, Versicherungsvertr.,
Vaduz 1956
Hoder Eric, Raadhusvej 24, Chi.
Kopenhagen, Dänemark 1958
Hoop Andreas, Vorsteher, Ruggell 1960
Hoop Emilie, Frau Wwe. Dr.
Vaduz, Raditsch 1959
Hoop Erich, Eschen 275 1961
Hoop Ferdinand, O'lehrer, Eschen 1919
Hoop Franz, Reallehrer, Eschen 1960
Hoop Helmuth, Bankbeamter,
Eschen 211 1959
Hoop Josef, Lehrer, Schaan 1957
Huber Roland, Uhrm., Vaduz 24 1951
Inhelder Johann, Lehrer, Salez 1948
Institut St. Elisabeth, Schaan 1942
Jäger Hans, Architekt, Mauren 1955
Jäger Josef, Schulrat, Bregenz 1946
Jäger Louis, Graphik., Mauren 63 1961
Jäger M . , Buchh., Schaanwald 1928
läger Theo, Vertreler, Föhrenweg
Vaduz 1962
Jehle Alois, i . Fa. Hil t i u. Jehle,
Feldkirch Vlbg. 1954
Jehle Albert, Gewerbepräsident,
Schaan 1957
Jenal Ludwig, Pfarrer, Eschen 1932
Jensen Arthur M . , Raadhusvej 24,
Chi., Kopenhagen. Dänemark 1958
Jünglingsverein Schaan 1928
Jungmannschaft Triesenberg
(Kaplan Humm) Triesenberg 1957
Kaiser Edwin, Pfarrer, Triesen 1959
Kaiser Fortunat, Schlossverwalter,
Vaduz 1956
M i t g l i e d s e i l
Zeno, Bankbeamter,
Kaiser Friedrich. Pfarrer, Nieder-
urnen (Glarus)
Kaiser Paul, Lehrer, Schellenberg
Kapuzinerkloster Mels SG
Kaufmann Adolf, Vaduz
Kaufmann Ernst, Schaan
Kaufmann Friedrich, Kunstmaler,
Schaan
Kaufmann Hubert. Oberlehrer,
Ebenholz/Vaduz
Kaufmann Lorenz, Bankbeamter,
Balzers
Kaufmann Walter, Oberlehrer,
Schaan
Kaufmann
Balzers
Keeler F. Wil l iam, Radilsch-
weg 604, Vaduz
Keller Max Dr., Arzt, Schüpfen BE
Keller Paul, Lehrer, Romanshorn,
Pestalozzistr. 6
Kieber Ernst, Schellenberg 87
Kieber Paul, Konditor, Schaan 394
Kieber Rudolf, Gipser, Vaduz-
Ebenholz
Kieber Walter. Dr. iur.. Schaan
Kind Gebhard, Ruggell 98
Kind Hugo, Bauführ., Ruggell 82
Kind Josef, Oberlehrer, Balzers
Kindle Florian, Triesen
Kindle Herbert, Sekretär der
Liechtenst. Industriekammer,
Triesen 156
Kindle Max, Lehrer, Schellenberg
Kliemand Lina, Frau, Vaduz 531
Koblenzer-Möhrle Klara, Frau,
Vi l l a Ultra, Vaduz
König Bruno, Saarbrücken 2, En-
kircher Weg 13
König Günter, Dr. phil., Johann
Friedrich v. Pfeifferweg 10,
Mainz (Westdeutschland)
Koenneritz Heino, Graf von, Va-
duz, Schlosshalde 626
Korner Kurt. Sekundarlehrer,
Vaduz
Kranz Alfons, Oberlehrer, Schaan
Kranz Egon, Oberlehrer. Vaduz
Kranz Helmuth, stud. oec, Rosen-
feldstr., Schaan
Kranz Walter, Regierungsbeamt.,
Vaduz
Lambrecht Friedrich, Wuppertal-
Elberfeld, Friesenstr. 36 D,
Deutschland
Lantpert Hugo, Triesenberg 176
1940
1950
1959
1952
1931
1953
1937
1955
1941
1956
1962
1957
1957
1961
1962
1960
1959
1957
1956
1932
1959
1961
1962
1961
1956
1958
1962
1957
1958
1919
1937
1958
1950
1955
1960
372
Genf,
Zoo-
M i t g l i e d
Lampert Josef, Vikar, Rüti-Tann
(Zürich)
Lampert Paul, Schellenberg 14
Landes-Lehrerbibliothek, Vaduz
Landesschule Vaduz
Laternser Albert, Baupolier. Ra-
ditschweg, Vaduz
Laternser Franz, Vaduz
Lehmann Bernhard Ph.,
2, rue de Montchoisy
Lehmann, Ernst von, Dr.
logisches Forschungsinstitut u.
Museum Alexander Koenig
Bonn, Koblenzerstr. 150—164
Leva Charles, Industriel, Brüs-
sel 15, (Belgien) 383 Avenue
de Tervueren
Liechtensteinische Kraftwerke,
Schaan
Liechtensteinerverein St. Gallen,
d. Wi l ly Walch, Sonnegstr. 4,
St. Gallen 6
Liechtensteiner-Verein Zürich, d.
J. Nägele, Vereinspräsident,
Zürich 23, Postfach 2883
Lienert Leo, Kantonsoberförster,
Samen, OW
Lingg Meinrad, ing. agr., Schaan
Lingg Rudolf, Buchdruckereibe-
sitzer, Schaan
Lins Daniel, Pfarrer, Schellenberg
Locher Karl, Physiker, Heim-
strasse 7, Buchs SG
Lorenz Elsbeth, Frl.. Herren-
gasse 21, Vaduz
Luger Franz, Dr., Hofr., Dornbirn
Lutz Erwin, Etablissement Lutz.
Vaduz, Lettstrasse 60
Lymer M. W. Dene Cottage, Eux-
ton, Near Chorley. Lancashire,
England
Machold Emmerich, Geschäftslei-
ter, Schaan
Malin Georg, Dr., Mauren, (Vor-
standsmitglied)
Malin Josef, Stukkateur, Mauren
Marock Edwin, Lehrer, Vaduz-
Ebenholz
Marock Ludwig, Mauren
Marxer Adolf, Mauren
Marxer Alfons, Oberlehrer, Vaduz
Marxer Anton, Oberlehrer, Eschen
Marxer Bernhard, Polier, Mauren
Marxer Eg. Dr., Zahnarzt, Eschen
Marxer Felix, Reallehrer, Vaduz
(Vereinskassier)
s e i t M i t g l i e d s e i t
Marxer Hubert, Redakor, Vaduz 1962
1957 Marxer Karl, Hauswart, Bank in
1960 Liechtenstein, Vaduz 1957
1921 Marxer Leo, 713 Westwood Drive
1933 Gibsonia/Pa. USA 1959
Marxer Otto, Eschen 127 1959
1962 Marxer Peter, Dr., Rechtsanwalt,
1928 Vaduz 1961
Marxer Quido, Beamter, Vaduz 1942
1958 Marxer Rudolf, Zimmermeister,
Mauren 1943
Marxer Wilhelm, Näherei, Bal-
zers-Mäls 1959
1962 Marxer W i l l i , Lehrer, Balzers 1949
Maschinenbau Hi l t i O. H . G.,
Schaan 1956
i960 Matt Benno, Dr. med. dent.,
Schaan 1953
1957 Matt Erwin, Buchbinder, Schaan 1956
Matt Gustav Alphons, Matthof,
Zug-Oberwil 1956
1938 Matt Paul, Keramikmal., Mauren 1956
Matt Roland, Postbeamter, Mau-
ren 1960
1955 Matt Walter Dr., Vaduz 1955
Matzenauer Ernst, Pfarrh., Küss-
1951 nacht, Schwyz 1949
1940 McCarthy Carl Patrick, Dept. of
California, Berkeley 4, Calif.
1948 USA 1962
1957 Meier Anton, Eschen 190 1941
Meier Anton, Zahntechn., Schaan 1940
Meier Egon, Vorsteher, Mauren 1951
Meier Ewald, Postmeister, Balzers 1958
1962 Meier Gebhard, Postmeister,
1956 Schellenberg 1960
Meier Georg, Bankprokurist,
1960 Mauren 1957
Meier Georg, Lehrer, Eschen
(Schönbühl) 1960
1942 Meier Hanno, Reallehrer, Mauren 1961
Meier Richard, Dr., fürstl. Medi-
1952 zinalrat, Zahnarzt, Schaan 1936
Mengele Alfred, Prof., Wallen-
1953 steinstr. 27, Fürth, Deutschland 1958
1932 Meran Josef, Graf, Schaan 1956
Meyer Otto, Zahnarzt, Arbon 1945
1941 Merlin H . M. , Dr. jur., Vaduz 1930
1943 Möhl Christoph, Pfarrer, Vaduz 1961
1951 Mracna Franz, Vaduz, Post-
1939 fach 34667 1958
1937 Müller-Jürgens, Dr. med., Vaduz 1940
1956 Müller Max, Lehrer, Winterthur,
1944 Ruhtalstr. 20 1957
Mündle Adrian, Mauren 1941
1947 Mündle Oskar, Beamter, Mauren 1929
373
M i t g l i e d s e i t
Näf Amalie, Frau Dr., Zürich,
Zeltweg 65 1959
Nägele Jakob, Seefeldstr. 226,
Zürich 8 1959
Nägele Rudolf, Buchdruckereibe-
sitzer, Vaduz 1945
Nägele Sepp, «Wache», Vaduz-
Bartiegrosch 1956
Näscher Alfred, Angestellter L K W
Schaan 489 1959
Näscher. Familie, Buchdruckerei
Gutenberg, Schaan 1961
Näscher Georg, Oberlehrer, Gam-
prin 1941
Näscher Hubert, Gamprin 37 1960
Nef Hans, Dr. jur., Universitäts-
professor, Buckwiesstrasse 8,
Küsnacht ZH 1949
Negele Alois, Landeskasseverwal-
ter, Vaduz 1927
Negele Gabriel. Postmuseum,
Vaduz 1938
Nigg Berno, Garage, Balzers 1955
Nigg Ernst, Professor, Schulkom-
missär, Vaduz 1938
Nissl Hans Dr., Bartlegr., Vaduz 1953
Noser Eugen, Altenbach, Vaduz 1959
Nutt Edwin, Redaktor, Vaduz 1946
Nutt Johann, Transporte, Schaan 1958
Oehri Egon, Elektriker, Mauren 1960
Oehri Gebhard, Kino «REX»,
Eschen 1957
Oehri Georg, Altvorsteher, Schel-
lenberg 5 i960
Oehri Hugo, Vorsteher, Schellen-
berg 1960
Oehri Johann, Lehrer, Ruggell 1955
Oehri Josef, Reg.-Rat, Ruggell 1960
Oehri Serafin, Schaan, Rietle 1958
Oehri Walter, Dr. jur., Vaduz 1951
Oehri Wilhelm, Ruggell 78 1960
Oehri W i l l l i , Reallehrer, Vaduz 1954
Oehry Konrad, Mauren 1919
Ospelt Anton, Baumeister, Vaduz 1941
Ospelt Anton, Hoteldir., Vaduz 1945
Ospelt Anton, Schreinermeister,
Vaduz 1953
Ospelt Emil , Gemeindesekretär,
Vaduz 1935
Ospelt Emil, Konfektionshaus,
Schaan 1957
Ospelt Ernst, ing. agr., Vaduz 1947
Ospelt Gustav, Apparateb., Vaduz 1934
Ospelt Gustav, LKW-Beamter,
Triesenberg 1960
Ospelt Hilmar, Reallehrer, Vaduz 1951
M i t g l i e d s e i t
Ospelt Josef, jun. Vaduz 99
Ospelt Josef, Bau-Ing., Vaduz
Ospelt Max, Dr. Dozent, Vaduz
Ospelt Peter, Photograph, Schaan
Ospelt Walter, Konsul, Vaduz 100
Ospelt W i l l i , Dr. jur., Vaduz
Ott Alois, Oberlehrer, Eschen
Ott Walter, Schaan 442
Ottenstein Rud., Dr. Ing., Schaan
Pelican Josef, lic. can., General-
vikariat, Postfach, Zürich 36
Pfadfinderkorps, fürstl. liechtenst.
Rover-Rotte Schaan
Rover-Rotte Vaduz
Pfenninger Eugen W., Pfarrer,
Dielsdorf Z H
Pieren Otto, Kaufmann, Schaan
Press- und Stanzwerke A. G.,
Eschen
Preuss Inge-Marie, Frl. , Vaduz
Quaderer Bruno, Zollbeamter,
Schaan
Quaderer Josef, in Fehr'scher
Buchhandlung, St. Gallen
Quaderer Rup., Beamter, Schaan
Ratjen Adolf, Frau, Vaduz
Rätisches Museum, Chur GR
Real Felix, Vaduz
Regierung d. Fürstent. Liechtenst.
Rheinberger Hans, Arch., Vaduz
Rheinberger Peter, Vaduz
Rheinberger Reinold, Vaduz
Rheinberger Rudolf, Dr. med.,
Vaduz (Vorstandsmitglied)
Risch Anton, lic. rer. oec, Vaduz
Risch Ernst, Schuhhaus, Schaan
Risch Ewald, Friseur, Schaan
Risch Gerd, Student. Vaduz
Risch Hansjörg, Student, Vaduz
Risch Hermann, Dr., Landrichtei,
Schaan
Risch Walter, Schaan
Risch Martin, Dr. med., fürstl.
Sanitätsrat, Landesphysikus,
Vaduz, (Stellvertreter des Vor-
sitzenden)
Ritter Alois, Dr. jur., fürstl. Ju-
stizrat, Vaduz
Ritter Fritz, Dr., Vaduz
Ritter Gg. Markus, Waldaufseher,
Mauren
Ritter Hans, Schaan
Ritter Peter, Dr. iur., Rechtsan-
walt, Vaduz
Ritter Rupert, Dr. jur., f. Hofrat,
Rechtsanwalt, Vaduz
1952
1956
1946
1948
1940
1951
1944
1958
1942
1960
1939
1939
1956
1956
1959
1956
1957
1918
1918
1951
1960
1950
1901
1932
1932
1957
1945
1948
1941
1957
1958
1959
1937
1928
1931
1939
1940
1943
1942
1958
1920
374
M i t g l i e d s e i t
Ritter Sepp, Dr., Tierarzt, Schaan 1938
Roelants J. M . A., Haus Cosy,
Vaduz 363 1961
Rotary-Club Liechtenstein (Sekre-
tär: Werner Stettier, Vaduz) 1962
Roth Peter T., Innenarchitekt,
Triesenberg 226 1962
Schächte Josef,Transporte,Eschen 1944
Schädler Alfons, Reg. Rat-Stell-
verteter, Triesenberg 363 1961
Schädler Alwin , Dr., Altenstadt 1948
Schädler Andreas, Eichmeister,
Vaduz 1933
Schädler Anton, Kulm, Triesen-
berg 1948
Schädler David, Pomolog, Trie-
senberg 1952
Schädler Emil , Dr., f. Regierungs-
Sekretär, Vaduz 1953
Schädler Engelbert, Triesen-
berg 30 1960
Schädler Eugen, Tonwarenfabri-
kant, Nendeln 1929
Schädler Ferd., Lehrer, Schaan 1947
Schädler Gerold, Buchhalter.
Triesenberg 259 1961
Schädler Johann, A G R A , Vaduz 1957
Schädler Johann, Reallehrer,
Eschen 1947
Schädler Josef, Schneidermeister,
Triesenberg 240 1961
Schädler Kurt, Nendeln 1951
Schädler Mario, Dr. jur., Bern,
Stettierstrasse 14 1960
Schädler Otto, Dr. med., fürstl.
Sanitätsrat, Vaduz 1920
Schädler Robert, Transporte, Trie-
senberg Nr. 12 1959
Schädler Rudolf, Masescha, Trie-
senberg 1931
Schädler Walter, Elektrotechn.,
Triesen 1955
Schafhauser Eugen, Rechtsagent,
Eschen 1926
Schenker Max O. Dr.. Eschen 1958
Scherzinger David, (Winkel),
Triesen 1959
Schierscher Georg, Gemeinde-
weibel, Schaan 1958
Schierscher Josef, Altvorsteher,
Schaan 1938
Schierscher Lorenz, Gemeinde-
kassier, Schaan 1938
Schildknecht Emil, Versicherungs-
Inspektor, Eschen 1961
Schlatter Albert, Pfarrer, Bendern 1959
M i t g l i e d s e i t
Schlegel Irma, Frl., Vaduz 1958
Schmidlin Alex, i . Fa. John & Co.,
Schwanenstr. 10, St. Gallen 1954
Schnüriger Ludw., Pfarrer, Vaduz 1941
Schob Werner, Schreiner,
Garns SG 1960
Schroth Simon, Schaan 1942
Schurti Albert, Jagdaufseher,
Triesen 1959
Schürte Arnold, Triesen, Lang-
gasse 185 1958
Schürte Otto, Zimmermeister,
Triesen 1956
Schüepp-Oehri, Eugen, Mühle-
holz-Vaduz 1955
Schweizer-Verein im Fürstentum
Liechtenstein (Präsident: Wer-
ner Stettier, Vaduz) 1962
Seeger Helmuth, Kaufmann, Va-
duz, Oberdorf 1956
Seger Bernhard, Gärtner., Schaan 1956
Seger F. O., Alan Lane Rd. 1,
Fairview/Pa. 16415 USA 1959
Seger Horst, Vermessungszeich-
ner, Vaduz 1960
Seger Johann Baptist, Privatier,
Triesenberg 1924
Seger Otto, Reallehrer, Vaduz 1945
Sekundärschule Eschen 1933
Sele Gottfried, Vaduz 1940
Sele Josef, Arbeitersekretär,
Vaduz 1961
Sele Josef, Feldstrasse 373, Vaduz 1962
Sele Konrad, Triesenberg 244 1958
Seife Wil l iam S., 3 7 - 5 3 , Ninety-
Fourth Street, Jackson Heights
72 N . Y. USA 1955
Senn Leonhard, Direktor, Vaduz 1958
Soraperra Rudolf, Malermeister,
Vaduz 1959
Spitz Elsa, Frau, Vaduz 1941
Spörry, Frau, Mühleholz 1942
Sprenger August, Versicherungs-
Vertreter, Vaduz 1955
Sprenger Ferdinand, Triesen 114 1962
Sprenger-Frick, Gebhard, Tech-
niker, Urdorf ZH, Bodenfeld-
strasse 12 1956
Sprenger Viktor. Triesen 149 1957
Stahel Hedwig, Frl., Vaduz 1931
Stappert Wolfgang, Dr. med.,
Payerstrasse 18, Nürnberg
Deutschland 1962
Steck Benjamin, Vaduz 1952
Steger Josef, Alt-Regierungsrat,
Balzers 1935
375
M i t g l i e d s e i t
Stehly Daisy, Frau, V i l l a Askania,
Vaduz 1945
Steiger Karl , Schaan 315 1950
Steinert Paul, Dr., Hochschulpro-
fessor, Berlin-Schlachtensee,
Altvaterstr. 8 1918
Strub David, fürstl. Kommerzien-
rat, Gemeindevorsteher, Vaduz 1920
Strub Rudolf, Postmeister, Vaduz 1933
Stettier Werner, Prokurist, Vaduz.
Oberfeld 697 1960
Sulser Jakob, Blumenaustrasse,
Buchs SG 1959
Syffert Liesel, Frl., Vaduz, Lett 752 1961
Thöny Fritz, zur Linde, Schaan 1948
Thöny Hugo, Buchbinder, Vaduz 1948
Thöny Hugo, Papeterie, Vaduz 1958
Tiefenthaler Meinrad, Dr., Lan-
desoberarchivrat, Bregenz 1938
Tischhauser Florian, lic. jur.,
Grabs 1957
Töpfer Alfred, Alsterdamm 4 — 5,
Hamburg 1935
Tschugmell Fridolin, Pfarresignat,
Triesen 1935
Tschuor Johannes, lic. theol.,
fürstl. geistl. Rat, Pfarrer und
Landesvikar, Schaan 1942
Tschütscher Josef, Prok., Vaduz 1920
Uhl Herbert, Schaan 1941
Verling Eugen, Graphiker, Alt-
mannweg 7, St. Gallen 1937
Verling Franz. fürstl. Weinberg-
aufseher, Vaduz 1937
Verling Hans, Briefträger, Vaduz 1949
Verling Rudolf, Waldaufseher,
Vaduz 1958
Vogt Alois. Dr. jur., Reg.-Rat,
Rechtsanwalt. Vaduz 1933
Vogt Arnold, Buchhalter, Balzers-
Mäls 366 1958
Vogt Arthur, Lehrer, Vaduz 1952
Vogt David, Bauunternehmer,
Balzers 215 1957
Vogt Emanuel, LKW-Beamter,
Balzers 1949
Vogt Engelbert, Balzers 6 1926
Vogt Josef, fürstl. Baurat, Vaduz 1935
Vogt Paul, Schreinermeist., Vaduz 1959
Voigt B. B., Bankdirektor. Vaduz 1925
Volksschule Balzers 1933
Volksschule Ebenholz 1940
Volksschule Eschen 1933
Volksschule Gamprin 1933
Volksschule Mauren 1933
Volksschule Nendeln 1933
M i t g l i e d s e i t
Volksschule Planken 1933
Volksschule Ruggell 1933
Volksschule Schaan 1933
Voksschule Schaanwald 1950
Volksschule Schellenberg 1933
Volksschule Triesen 1933
Volksschule Triesenberg 1933
Volksschule Vaduz 1933
Vonbank Elmar, Dr., Direktor des
Vorarlberger Landesmuseums.
Bregenz 1947
Von Laufen Alois, Redaktor und
Verleger, Garns SG 1960
Vorgeschichtliches Institut d. Uni -
versität Tübingen, Tübingen 1956
Wächter Erwin, Vaduz 1960
Wächter Hermann, Friseur, Vaduz 1955
Wachler Jakob, Schreinermeister,
Schaan 1958
Wächter Josef, fürstl. geistl. Rat,
Pfarrer und Alt-Landesvikar,
Bendern 1917
Wächter Rosa Frl., Fürsorgerin,
Vaduz 1958
Wächter Stefan, Malermeister,
Schaan 1923
Wächter Walter, Photograph,
Vaduz 1957
Walch Hans, Schruns 1946
Walser F., Bäckermeister, Schaan 1941
Walser Herrn., Dr. med., Schaan 1956
Walser Kaspar, Waldaufseher,
Schaan 1958
Walser Max, Oberdorf, Vaduz 1957
Walt Joseph, Dr., Dept. of H i -
story, Simpson College, India-
nola (Jowa) U . S. A. 1958
Wanger Harald, Lehrer, Schaan 1953
Wanger Manfred, Schaan 232 1958
Weinzierl Walter, Marktstrasse 36,
Dornbirn 1958
Wenaweser Aug., Maurermeister,
Schaan 1933
Wenaweser Rud., Bau-Ingenieur,
Schaan 1956
Wilczek Ferdinand, Graf von,
Vaduz 1955
Wild Hermann, Ingenieur, Vaduz 1957
Wille Fridolin, Bauunternehmer,
Vaduz 1941
Wirtz Elvira, Frau, Vaduz,
Raditschweg 326 1960
Wohlwend Alfred, Bankbeamter,
Vaduz 556 1960
Wohlwend Elisabeth, Blumen-
geschäft, Vaduz 1960
376
Wohlwend Franz, zur «Krone»,
Schellenberg 1931
Wohlwend Jakob, Gemeinde-
kassier, Gamprin 1961
Wohlwend Josef, Treuhandbüro,
Vaduz 1959
Wolf Engelbert, Hofkaplan,
Schaan 1957
Wolf Hans Egon, Gemeindebe-
amter, Vaduz 1960
Wolf Josef, Dr. phil., Vaduz 1962
Wolf Max, Konditorei-Cafe,
Vaduz 1960
Wolfinger Egon, z. Post, Balzers 1946
Zatloukal R., Kommerzialrat und
fürstl. Hecht. Direktor i . R.,
Thernberg, Niederösterreich 1927
Zigerlig-Ploza, Benno, Ufficio
doganale, Viano GR 1962
Zinsmeister Rosa Frau, Vaduz 1958
/V. B.: Es wird gebeten, alljälligen Wohnungswechsel oder Titeländerung
dem Vereine anzuzeigen.
377
D) Verzeichnis der historischen Vereine, wissen-
schaftlichen Institute usw., mit denen der histo-
rische Verein Schriftentausch unterhält
Aarau : Historische Gesellschaft des Kantons Aargau durch
Aargauisches Staatsarchiv
Appenzell: Historischer Verein Appenzell
Augsburg : Historischer Verein f. Schwaben (Staats- u. Stadtbibliothek)
Bad Godesberg: Institut für Landeskunde, Bundesanstalt für Landeskunde
und Raumforschung
Bad Homburg
v. d. Höhe : Saalburgmuseum
Bamberg : Historischer Verein
Basel: Historische und antiquarische Gesellschaft (Universitäts-
bibliothek, Basel 3)
Schweiz. Gesellschaft für Volkskunde, Augustinergasse 19
Schweizerische Gesellschaft f. Urgeschichte, Rheinsprung 20
Bern : Allgemeine geschichtsforschende Gesellschaft der Schweiz
Bernisches historisches Museum in Bern
Historischer Verein des Kantons Bern
Bibliothek der Schweiz. Gesellschaft für Familienforschung
Hallwylstrasse 15
Schweizerische Landesbibliothek
Bonn : Verein v. Altertumsfreunden im Rheinlande, Kolmantstr. 16
Bregenz : Vorarlberger Landesarchiv
Vorarlberger Landesmuseum
Montfort, Zeitschrift f. Geschichte, Heimat- und Volkskunde
Vorarlbergs
Bodenseegeschich tsverein
Bremen : Staatsarchiv, — Staatsarchiv Bremen, Am Dobben 91
Brugg : Gesellschaft Pro Vindonissa, Vindonissamuseum, Brugg
Brüssel : Musees Royaux d'Art et d'Histoire, Section Service des
Fouilles, 10, Parc du Cinquantenaire
Budapest : Magyar Nemzeti Törteneti Muzeum
Ohm : Bischöfliche Kanzlei
Historische und antiquarische Gesellschaft
Dresden : Sächsische Landesbibliothek
Düsseldorf : Düsseldorfer Geschichtsverein E. V. , Prinz Georg-Strasse 78
«Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein»
378
Feldkirch : Bundesgymnasium
Frankfurt a. M. : Deutsches Archäologisches Institut (Römisch-Germanische
Kommission)
Frauenfeld : Historischer Verein des Kantons Thurgau
Freiburg i. Br.: Alemannisches Institut
Breisgauverein «Schau ins Land»
Institut für Früh- und Urgeschichte der Universität
Kirchengeschichtlicher Verein für das Erzbistum Freiburg,
Freiburg i . Br., Hermann-Herder-Strasse 4
Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg
Freiburg (CH): Deutscher Geschichtsforschender Verein
Genf : Archives Suisses d'Anthropologie generale
Societe d'histoire et d'archeologie de Geneve c'o Biblio-
theque Publique et Universitaire. Geneve
Gießen : Oberhessischer Geschichtsverein
Glarus : Historischer Verein des Kantons Glarus
Göteborg : Göteborgs Stadtsbibliothek, Box 5096
Göttingen : Akademie der Wissenschaften, Göttingen, Prinzenstrasse 1
Seminar der Ur- und Frühgeschichte der Universität
Göttingen, — Kurze Geismarstrasse 40
Grabs : Historisch-heimatkundliche Vereinigung Werdenberg
Graz : Historischer Verein fü r Steiermark
Universitätsbibliothek
Hannover : Niedersächsische Landesbibliothek, Hannover, Im Archive 1
Heidelberg: Universitätsbibliothek
Innsbruck : Museum Ferdinandeum
Universitätsbibliothek
Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität
Innsbruck. — Innsbruck, Innrain 52
Kempten : Allgäuer Geschichtsverein
Heimatverein Kempten e. V. im Heimatverein Allgäu e. V.,
Geschäftsstelle: Stadtarchiv Kempten / Allgäu
Klagenfurt : Geschichtsverein für Kärnten. — Klagenfurt, Landesmuseum
für Kärnten, Museumsgasse 2
Koblenz a. Rh.: Rhein-Museum
Köln : Universitäts- und Stadtbibliothek
Landshut : Historischer Verein für Niederbayern
Lausanne : Schweizer Archiv für Heraldik
379
Lauterbach, Hess.: Lauterbacher Museum E. V
Leipzig :
Linz a.D.:
Ljubljana :
Lund, Schweden .
Luxemburg :
Luzern :
Mainz :
München :
Neuenbürg :
Neu-Ulm a. Donau.
Niederbayern :
Nürnberg :
Regensburg :
Saarbrücken :
Salzburg :
Solothurn :
Speyer a. Rh.:
Schaffhausen :
Split (Jugoslaw.):
St. Gallen :
Deutsche Bücherei
Karl-Marx-Universität - Universitätsbibliothek (Tausch-
stelle) Beethovenstrasse 6
österreichisches Moorforschungs-Institut Bad Neydharting
Verwaltung: Linz a.D.. Pfarrplatz 3 — 4
Slovenska akademija znanosti in umestnosti Biblioteka
Postni predal 323
Universitätsbibliothek
Societatis Heraldicae Luxemburgensis
Historischer Verein der fünf Orte : Luzern, Ur i , Schwyz.
Unterwaiden und Zug
Akademie der Wissenschaften und der Literatur
Mainzer Altertumsverein
Römisch-Germanisches Zentralmuseum
Bayrische Akademie der Wissenschaften
Historical Abstracts, Emil Dittlerstr. 12
Universitätsinstitut für Vor- und Frühgeschichte
Verband für Flurnamenforschung in Bayern e. V., München
Arcisstrasse 12
Bayer. Landesamt für Denkmalpflege (Abt. für Vor- und
Frühgeschichte)
Societe neuchäteloise de geographie
Verband zur Vorbereitung der Kreisbeschreibungen
Historischer Verein für Niederbayern
Germanisches Nationalmuseum
Historischer Verein von Oberpfalz und Regensburg
Staatliches Konservatoren am i
Salzburger Museum C. A.
Historischer Verein des Kantons Solothurn
Zentralbibliothek
Historischer Verein der Pfalz (durch Pfälzische Landes-
bibliothek, Johannesstrasse 22a)
Historischer Verein des Kantons Schaffhausen
Narodna Republika Hrvatska Archeoloski Muzej
Historischer Verein des Kantons St. Gallen
Kantonsbibliothek
Stockholm Königlich schwedische Akademie der Altertumskunde
380
Stuttgart : Württembergische Kommission für Landesgeschichte
Württembergisches Landesmuseum (Altes Schloss)
Trier : Stadtbibliothek (Stadtarchiv)
Tübingen : Universitätsbibliothek
Ulm : Verein für Kunst und Altertum (Stadtbibliothek)
Uppsala : Königliche Universitäts-Bibliothek
Washington : The Library of Congress, Washington 25, D. C.
Wels (Ob. öster.): Musealverein
Wien : Fürstl. Liecht. Fideikommiß-Bibliothek
Heraldische Gesellschaft «Adler»
österr . Nationalbibliothek
Verein für Geschichte der Stadt Wien
Verein für Volkskunde
Wien VIII, Laudongasse 15 — 19
Winterthur : Stadtbibliothek (Neujahrsblätter)
Woljenbütlel: Braunschweigischer Geschichtsverein e. V. (Tauschstelle)
Wolfenbüttel, Wilhelm-Busch-Strasse 6, Deutschland
Würzburg : Universitätsbibliothek (für «Freunde mainfränkischer Kunst
und Geschichte»)
Zadar (Jugoslaw.): Musee archeologique
Zadar, Titowa obala 2
Zürich : Zentralbibliothek für Antiquarische Gesellschaft
Schweizerisches Landesmuseum
381
Anhang
Liechtensteinisches
Urkundenbuch
3. Band
4. Fortsetzung
von Benedikt Bilgeri
— 311 —
Vorwort zur vierten Lieferung
Mit vorliegender Lieferung wird die Herausgabe der e insch läg igen
Urkunden aus dem Landesregierungsarchiv Innsbruck fortgesetzt und
abgeschlossen. Hier gab es viele Abschriften, deren Originale in an-
deren Archiven festgestellt und daher vorläuf ig nicht aufgenommen
werden konnten. Für die freundliche Unterstützung bei dieser Arbeit
habe ich besonders den Beamten des Haus-, Hof- und Staatsarchivs in
Wien und auch des Bayrischen Hauptstaatsarchivs in M ü n c h e n zu
danken. Die Stücke im Museum Ferdinandeum Innsbruck wurden
herangezogen und chronologisch eingereiht. Auch dort fand ich
dankenswertes Entgegenkommen.
Der Bearbeiter
— 312 —
158. Auszug 1363
Aus dem Zinsverzeichnis des Einziehers Graf R u d o l f s von
M o n t f o r t - F e l d k i r c h , Hans « S e s e r ».
fol. 59 b Diez Sint die Zeins vnd das
gelt das mein herr Gräff R u e d o 1 f f
hat vnd das h a n n s der S e s e r
Sampnett Des ersten an Zinsen
an waiezen
Tisis, Tosters
fol. 60 a Item Von ainem ackher gelegen z e G a m p r i n
a n d e r B l a t t e n 1 gibt der S c h r a i g e r 2
iij viertel waiez
Item M i g a von G a m p r i n von ainem akher
ze d e m a l t e n v a r 3 ij virtel waiezen
Item der N e n d e l l e r 4 i 1 / ' viertel waiezen ge
legen ze p e n d e r a n d e r h a l d e n 5
Item der k e s s e 1 e r gibt von dem k r u m b e n
a c k h e r 6 z e p e n d e r iVa viertel
Item V l i n p r ä n d l i n 7 von S c h ö n b ü l l 8 gibt
von ainem akher z e p 1 a c z 9 iij viertel
Item V l i n M a i g e r 1 " von S c h ö n b ü l l 8 geit
von ainem guett vi virtel waiezen
Item H e r m a n J m B o m g a r t t e n 1 1 vi viertel
Item die G r u e b e r i n 1 2 von E s c h a n 1 3 gibt
von ainem Bomgartten ij viertel
Item die S c h e ' g g e n 1 4 gend von S c h e g g e n 1 4
guet x virtel waiezen
Item Der G a r d i s e r 1 5 gibt von ainem guett
vi viertel
Item P r e i d l e r s 1 " guet das h a n n s v o m
M a r x 1 7 pawet giltet iV2 viertel
Item Der hoff a m k a p f f 1 8 gilt järlich
xi scheffel waiezen
Item Das h ö f l i n am k a p h 1 8 gilt järlich
iiij scheffel
— 313 —
fol. 60 b Item Der h ä s 1 e r 1 9 von B ü 11 2 0 gibt von
ainem ackher ze d e r g e b r a i t t e n 2 1
iiV2 viertel
Item C l a u s der S e n n 2 2 von p u t s c h a w s e n
v e 1 d 2 3 iiij scheffel waiezen
Item Das Guetlin ze B ü 11 2 0 das h e n n i
von B ü 11 2 0 pawett gilt iij scheffel waiezen
Item Aus h e n n e i n s guett von B ü 11 2 0
i scheffel waiez
Item Der k r e e z e n 2 4 guet giltet vi viertel
Item Der k r e c z 2 4 gibt von der S i n g e r i n 2 5
guett iij viertel
Item B e r t s c h i n s hoff von S a 1 u m p s 2 6 giltet
iiij scheffel waiez
Item S t o r p i n 2 7 gibt von ainem guett ze
M ä n g i n s v e l d 2 8 v i i viertel waiez
Item der M ü l l n e r i n 2 9 guett galt weilent
ij viertel
Item T h o m a n R i e h 3 0 gibt von des S u t e r s
v e 1 d 3 1 i scheffel waiez .
Item R a p p v l i n 3 2 gibt iV2 viertl waiez
Item W a g g h e n n i 3 3 gibt von ainem acker
ij viertel
Item H a i n c z L a i n g r u e b e r 3 4 von ainem hoff
iV2 scheffel
Item der T r a w e 3 5 gibt von des M e c z n e r s
h a 1 d e n 3 6 i viertel waiezen
fol. 61 a Item Des h u c z l e r s 5 7 hoff ze M u r a n 3 8 gilt
iiij scheffel waiez
Item Aus der h e l l w e r 3 9 hoff v scheffel waiez
Item Des R i c h e n v e l d 4 0 ze m u r a r (!)38 gilt
iiij scheffel waiezen
Item M ä n g i n s ' 2 8 hoff ze M u r a n 3 8 gilt
iiij scheffel waiezen
Item der acker ze d e r S t a i n i b ü c h s 4 1 ij viertel
Item der hoff ze p o p p e r s 4 2 gilt x scheffel
Item der L a n g a c k e r 4 3 ze R i e t h 4 4 i scheffel
— 314. —
Item V l i n von p e p p e r s 4 2 gibt von ainem
ackher ze m e 1 s 4 5 i scheffel waiez
Ze E s c h a n 1 3
Item P r i 11 e i n s 4 8 hoff ze E s c h a n 1 3 pawet
V l i n S c h r e i b e r 4 7 vnd V l i n S c h u l d n e r 4 8
gilt vi scheffel
Item z i m b e r l e i n s 4 9 hoff ze E s c h a n 1 3 gilt
vi scheffel
Item der k a p f f e r 5 0 gibt von z i m b e r l e i n s 4 9
hoff vnd guett i virtel waiezen
Item der R o l l 5 1 gibt von ainem m ü t m e l 5 ] a akers
ze G ü d i n g e n 5 2 i virtel waiez
Item der k a p f f e r 5 0 am k a p f f 1 8 von ainer hofstatt
i virtel waiez
fol. 61 b Item der T o 1 d 5 3 von ainem akher u f f l u x 5 4
i viertel
Item Die E b e r h a i d 5 5 J m B o m g a r t t e n gilt
ilh viertel
Item Des M e c z n e r s 3 6 höff von E s c h a n 1 3
gilt vi scheffel
Item Die acker h i n d e r l u x 5 4 i j scheffel
Item Der Z e c h e n d e r i n 5 0 höff ze E s c h a n 1 3
gilt vi scheffel waiezen
Item Des T r i s n e r s 5 7 höff ze E s c h a n 1 3 gilt
iij scheffel
Item H ä n n i g r u e b e r 5 8 gibt von ainer hofstat
v viertel
Item Ain Maritschlin 5 9 gelegen ze g ü d i n g e n 5 2
i viertel
Item Des S e n g e n 6 1 h ö f l i n iiij scheffel
Item Der B ö c k i n 0 1 guett ze S c h ö n b ü l l
i scheffel
Item ze p i s t 0 2 p e t e r w i e z i g 6 3 von ainem guett
ij scheffel waiezen
Item J ä c k 1 i n vnd m ä c z d a v o r n a n 0 4 gend
von aim guet iij scheffel waiez vnd
gend von ainem guett ze V a d u c z 6 5 iij
- 315 —
viertel waiez vnd gebend von ainem
güt ze S c h a n 8 6 xviij viertel waiezen
Item S t e f f a n k ü r s n e r 0 7 gibt von seinem
haws was des h a i d e n R i c h e n 6 8 i scheffel
waiez
fol. 62 a Item B ü r c k i n von T r ü c z 6 9 gibt von dem
Bomgarten ze d e m T r ü c z 6 9 vi viertel
waiezen
Item Ain ackher gelegen ze V m b i n c z 7 0
giltett (!)
Was des Zeins ist
an korn gelt
Beschling, Nenzing, Tisis, Tosters
Item der hoff a m k a p f f 1 8 giltet vi scheffel korns
vnd i scheffel nuss
Item B e r t s c h i n s hoff. von S a 1 u m p s 2 0 giltet
iärl ich iiij scheffel
Item Des l a i n g r u e b e r s 3 4 hoff giltet iarlich
iiij scheffel habern
Item Des H ü s e l e r s 3 7 hoff ze M u r a r 3 8 giltett
iärl ich viii scheffel
Item M a i n g i n s 2 8 hoff ze m u r a n 3 8 gilt
iärl ich iiij scheffel
fol. 62 b Item Die h ü e b a ze S c h a n 6 0 geltend
iärlich iiij scheffel korns
Zeins an Gersten gelt
Tisis
Item Der hoff a m k a p f f 1 8 giltet i scheffel
Item Das h ö f l i n a m k a r n p h 1 8 giltet ij viertel
Item Des h ä u s l e r s 3 7 hoff ze M u r a n 3 8 i scheffel
Item M ä n g i n s 2 8 hoff ze M u r a n 3 3 i scheffel
Bona gelt
Tisis
Item Der hoff a m k a p h 1 8 i scheffel .
Item Das h ö f l i n a m k a p h 1 8 ij viertel
Item Des h u z 1 e r s 3 7 hoff ij viertel
- 316 -
Item M ä n g i n s ' 2 8 hoff ze M u r a n i scheffel
Hirs gelt i
Tisis
Item Der hoff a m k a p h 1 8 i scheffel
Item Des h u z 1 e r s 3 7 hoff ij viertel
Item M ä n g i n s ' 2 8 hoff ze M u r a n i scheffel
fol. 63 a Aiger gelt
Item B e r t s c h i n s hoff von S a 1 u m p s 2 6
i C ayer
Item Des h ü z 1 e r s 3 7 hoff i c ayer
Kaes gelt
Beschling und Nenzing
Item Das guett ze T r i s e n 7 1 das der
k e s s 1 e r 7 1 pawet giltet xi kaes.
Huenr gelt
Item Der S c h u t t e n a k r e r gibt von des p ü s e 1 s
h ö l c z l i n 7 3 v huenr
Item Der G a r d i s e r 1 5 von ainem guett ze
wegloj 7 4 ij huenr
Item B e r t s c h i n s hoff von S a 1 e m p s (!)2(i vi huem
Item C o n c z i G r a w ' 5 von des M e c z n e r s 3 6
h a l d e n iiij huenr
63 b Item Der hoff ze p o p p e r s 4 2 von w e g l ö s i 7 4
ij huenr
Item der S p i e s von ainer R ü 11 i auff
a r d e c z e n 7 6 vi huenr
Item Der J ä g e r 7 7 a m k a p f f 1 8 ij huenr
ze w e g l ö s i n
Phening gelt
Item S i g n e n Bomgart ze B ü 11 2 0 gilt
xviii d
Item Des G r ü 1 s 7 8 guett giltet viii ß
Item Das guet ze N i t p 1 a n 7 0 da der S c h o l l 8 0
auff siezet gilt xiii ß
Item Die hueben ze S c h a n 6 8 geltend
viii ß
— 317 —
Item Das Bomgertlin ze S c h a n 6 6 hinder
S a n t P e t e r s k i r c h e n 8 1 gilt iij ß
Item Von den Medern ze S c h a n viiii ß
Item Die wiz I s l ä t s c h 8 2 giltet vi ß d
fol. 64 a Facta Ratione mit dem S c h o u e r von
den zeinsen der er phligt vff Galli
Anno incarnationis M° ccc° Ix iiij 0 vnd ist noch
schuldig an waiezen auff den tag
etc.
Abschrift aus der Zeit nach 1479 im Landesregierungsarchiv Inns-
bruck, Urbar n. 234 11 fol. 59 b — 64 a. — Siehe die Beschreibung und Darle-
gung zur vorausgehenden n. 157. — Dieses Zinsverzeichnis für den zweiten
Einzieher des Grafen, Hans «Seser» — der Name ist sicher verderbt — (Schouer ?
siehe fol. 64 a) — ist keine Abschrift des oben in n. 157 behandelten Urbars
Graf Rudolfs von 1363; es deckt sich zwar mit ihm weitgehend im Inhalt,
ohne ganz übereinzustimmen. Verschiedene Angaben hat nur das Urbar, an-
dere nur das Zinsverzeichnis. Ausserdem ist die Gliederung in beiden ver-
schieden: im Urbar nach Zinsträgern, im Zinsverzeichnis auch nach der "Natur
der Zinse. — Das Verzeichnis hat wahrscheinlich mit dem vorausgehenden
fol. 55 a — 59 b) des Einziehers Zerhoch eine Einheit gebildet, daher die Ab-
rechnung mit diesem Zerhoch unmittelbar anschliessend an obigen Text auf
fol. 64 a.
Bedeutung: Der Arbeitsbereich dieses Einziehers umfasste neben
sehr wenigen Zinsen zu Beschling und Nenzing hauptsächlich das Gebiet des
heutigen Fürstentums Liechtenstein (Gamprin, Bendern, Eschen, Mauren,
Schaan, Vaduz, Triesen), ausserdem Tisis und Tosters. Es scheint hier ältere
Tradition vorzuliegen, da diese beiden Orte auch sonst mehr mit dem liechten-
steinischen Unterland zusammengehen. (Siehe Perret, Anmerkung zur Urkunde
n. 127 im Liechtensteinischen Urkundenbuch III).
Angesichts der oft verderbten Namen im Urbar 1363 und in diesem Zins-
verzeichnis ist der Vergleich zur gegenseitigen Korrektur besonders wertvoll,
wobei die Gliederung des Zinsverzeichnisses nach den verschiedenen Zins-
arten mehrfache "Wiederholungen der Namen liefert, die sehr erwünscht sind. —
Druck liegt bisher nicht vor, da Ritter (Liechtensteinische Urkunden im
Landesregierungsarchiv Innsbruck, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechten-
stein 1936) dieses Stück nicht berücksichtigt hat.
1 Gamprin hat einen Flurnamen «Auf der Platten» nach Ospelt, Samm-
lung liechtensteinischer Orts- und Flurnamen (Jahrbuch d. Histor.
Vereins f . d. F. Liechtenstein 1911, S. 83).
2 Im Urbar 1363 (siehe n. 157) fol. 39 b «Staiger».
— 318 -
3 Alte Rheinjähre, "Name später unbekannt. «Das Fahr zu Gamprin
abgetan 1394» (Kaiser Geschichte v. Liechtenstein, S. 207; Krüger 554
(Regest).
4 Personenname, von Nendeln gebildet.
5 Bendern. «An der Halden» im Benderer Gebiet genannt in der Ur-
kunde n. 99 des Liechtensteinischen Urkundenbuches 113.
6 «krumppen akher« im Urbar fol. 40 a; Name heute unbekannt.
7 Nach Urkunde von 1394, November 6 (erwähnt bei Diebolder, Graf
Heinrich v. Werdenberg-Sargans zu Vaduz, Jahrbuch 1935, S. 26)
Eis Braendlin zu Schaan.
8 Schönenbühl in Eschen (Ospelt, Sammlung liechtensteinischer Orts-
u. Flurnamen, Jahrbuch 1911, S. 99).
9 «vff Platz» im Eschner Jahrzeitbuch, hgg. v. Perret zum 19. August;
heute «auf Blatz» in Eschen.
10 Maier im Eschner Jahrzeitbuch sehr häufig.
11 Das Urbar 1363 schreibt fol. 40 a «Herman jm garten»; «ze dem
obren bongarten» bei Perret, Eschner Jahrzeitbuch zum 17. Mai.
12 Im Eschner Jahrzeitbuch erscheint «Gruober bomgart» unter dem
11. November.
13 Eschen.
14 Schegg oder Gschegg sehr häufig im Eschner Jahrzeitbuch.
15 Gardiser im Eschner Jahrzeitbuch unter dem 2. März.
16 Sonst unbekannter Herkunfsname (von Brederis bei Rankweil ?).
17 Marx, Siedlung in Eschen, siehe Ospelt am angegebenen Orte, S. 73.
18 Flurname Kapf in Eschen. Siehe Frick, Unsere deutschen Flur- und
Ortsnamen, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. Fürstentum Liechtenstein
1951, S. 213.
19 Hasler sehr häufig im Eschner Jahrzeitbuch, hgg. v. Perret.
20 Flurname «Bölsfeld» in Eschen, Siehe Anmerkung 31 der vorher-
gehenden n. 157.
21 Identisch mit «Breite», prata» nach Ospelt (am angegebenen Orte,
S. 25) in Eschen.
22 Senn zu Vaduz 1370 nach Urkunde n. 50 des Liechtensteinischen
Urkundenbuches 112.
23 Im Urbar 1363 fol. 40 b «pitsthausen veld»; mit anderem Anlaut:
«des vischusen gütter» in Balzers 1416 (Liber fragmentorum III, 234
im Landesregierungsarchiv Innsbruck).
24 Unbekannt.
25 «Singers Stauden» in Mauren nach Ospelt (am angegeb. Orte s. 101).
26 Salums oder Lums, nach Diebolder zwischen Mittelschellenberg und
Gamprin (Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1935, S. 27);
— 319 —
Ospelt (am angegeb. Orte) S. 70; «Salumser Hof» in Bendern nach dem
Lehenverzeichnis der Herrschaft von 1749 (Tschuggmell, Beamte
1681 - 1840, Jahrbuch 1947, S. 69).
27 Im Urbar 1363 fol. 41 a «Schorppin». Anna Scharpin im Eschner
Jahrzeitenbuch unter dem 28. November.
28 «Mengis zil» öfters im Eschner Jahrzeitenbuch.
29 Im Urbar fol. 41 a «Müllerin»; der Name mehrfach im Eschner
Jahrzeitenbuch.
30 Im Urbar fol. 41 a «Thoman Rauch»; Rieh wahrscheinlich, da Henni
Rieh in der Urkunde 1394 November 6 (bei Diebolder, Jahrbuch 1935,
S. 26) erscheint; ein Richenacker in Eschen nach dem dortigen Jahr-
zeitbuch unter dem 21. Mai.
31 Im Urbar fol. 41 a «Stiers veld». Beides ist möglich, doch Stier wahr-
scheinlicher: Familie Stier im benachbarten Tosters 1483 (nach dem
Urbar im Landesregierungsarchiv Innsbruck n. 235/1).
32 Unbekannt.
33 Im Urbar fol. 41 a «Wag henni».
34 Flurname «Laimgrub» im Eschner Jahrzeitbuch unter dem 26.
September.
35 Der Name erscheint in richtiger Form fol. 63 a: «Conczi Graw» und
im Urbar fol. 41 a: «Der Gra»; siehe Anm. 50 der vorhergehenden
n. 157.
36 Unbekannt.
37 Die verschiedenen Lesarten dieses Namens weisen auf «Hüsler».
Den herrschaftlichen Lehenhof «Häuslerhof» erwähnt ein Verzeichnis
von 1749 (Tschuggmell, Beamte 1681 — 1840, Jahrbuch d. Hist. Vereins
f . d. F. Liechtenstein 1947, S. 69).
38 Mauren.
39 Im Urbar fol. 41 a «heibar»; in Mauren altansässig, siehe Urkunde
1413 Juli 4 (Liechtensteinisches Urkundenbuch 1/3 n. 131).
40 Siehe Anm. 45 der vorhergehenden n. 157.
41 Im Urbar fol. 41 b : uze dem Staingepüchs».
42 Popers in Mauren nach Ospelt (Sammlung liechtenst. Orts- u. Flur-
namen, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1911, S. 84).
43 Nach Ospelt (am angegebenen Orte, S. 66) findet sich dieser Name
in Gamprin, Ruggell, Schellenberg und Mauren.
44 Riedfeld in Eschen nach Ospelt (am-angegebenen Orte, S. 89).
45 Das Urbar hat fol. 41 b : «in vals ze peppers»; Fals, Fallsacker in
Mauren nach Ospelt (ebendort, S. 36).
46 Unbekannt.
47 Ospelt fand Schreiber 1455 in Mauren (Sammlung liechtensteinischer
Familiennamen, Jahrbuch d. Hist. Vereins 1939, S. 108).
— 320 —
48 Das Urbar hat fol. 41 b : «vlin Schneider», was eher richtig ist, da
Schneider hier altansässig sind: Veter Schnider in der Urkunde von
1394 "November 6 (Vergl. Diebolder im Jahrbuch 1935, S. 26).
49 Kurzform von Zimmermann; dieser Name bei Ospelt (Jahrbuch 1939,
S. 117).
50 Kapfer öfters im Eschner Jahrzeitbuch, hgg. v. Perret.
51 Im Eschner Jahrzeitbuch, hgg. v. Perret erscheinen S. 371 «Röls»
"Wiesen zu Bangs.
51a Flächenmass, etwa 8,36 Ar.
52 «Güedega», Gütigen in Eschen, siehe Ospelt, Jahrbuch 1911, S. 51.
53 Dold in Eschen 1620 nach Ospelts Sammlung liechtensteinischer
Familiennamen, Jahrbuch 1939, S. 79.
54 Flux. in Eschen (Ospelt, Jahrbuch 1911, S. 38); im Eschner JahrzeiU
buch «vff Lux» zum 23. Mai.
55 Im Urbar fol. 42a richtig: «Die Oberhaid am Bomgartten»; nach Ospelt
findet sich in Eschen «In der Oberhalden» (Jahrbuch 1911, S. 80).
56 Ospelt (Jahrbuch 1939, S. 117) hat Zechender 1415 in Planken.
57 Über die Trisner vergl. Ulmer, Burgen u. Edelsitze Vlbgs. u, Liechten-
steins, S. 960 f f .
58 Im Urbar fol. 42 a «henni hueber»; Huber alteinsässig am Schellen-
berg laut Ospelt (Jahrbuch 1939, S. 90); allerdings im Eschner Jahr-
zeitbuch «Gruober bomgart» unter dem 11. November.
59 Als Flurname Pritschen in Gamprin, Mauren und Eschen vorkommend
(Ospelt, am angegeb. Orte, S. 85); im Eschner Jahrzeitbuch Britschen
(männlich) daneben auch Maritschen (ebenfalls männlich) mehrfach.
60 Im Eschner Jahrzeitbuch «Sengen Hofstatt zu Müsnen» unter dem
7. September.
61 Das Urbar hat-fol. 42a : «Der Beckhin gut»; wohl von der Feldkircher
Familie Bok (siehe Urkunde n. 107 im Liechtensteinischen Urkunden-
buch III).
62 «Bisch» in Schaan nach Ospelt (Jahrbuch 1911, S. 22).
63 Unbekannt.
64 Unbestimmt, (forn, fuorn = Ofen).
65 Vaduz.
66 Schaan.
67 Unbestimmt, vermutlich Feldkircher.
68 Haiden der Riehe, ein Feldkircher, gehörte zu den 1355 flüchtigen,
den Montfortern feindlichen Bürgern, deren Besitz konfisziert wurde.
69 Offenbar falsch gelesen für «Krücz»; Ospelt (Jahrbuch 1911, S. 64)
hat eine Reihe alter Nennungen aus allen Gemeinden Liechtensteins;
nach der Reihenfolge vielleicht in Triesen.
- - 321 —
70 Unbestimmt.
71 Triesen.
.72 Das Urbar hat fol. 45a: «der Casaler»; laut Urbar von 1507 gab es
zu Triesen damals «gasalärs güter» (Büchel, Zwei Urbarien der alten
Grafschaft Vaduz, Jahrbuch d. Hist. Vereins 1906, S. 35). Im Zinsver-
zeichnis des Zerhoch, fol. 58 b der vorliegenden Handschrift heisst
der Name allerdings wieder «kessler», wobei merkwürdig ist, dass
derselbe Posten bei beiden Einziehern figuriert.
73 Nach fol. 33 b des Urbars gehört dieser Posten nach Tosters.
74 Weglöse, Handänderungsgebühr.
75 fol. 60 b: «Der Trawe», hier mit Vornamen genannt.
76 Ardetzenberg bei Feldkirch.
77 Über die Jäger siehe Ospelt, Sammlung liechtensteinischer Familien-
namen, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1939, S. 90.
78 «Des Grüls bongarten» im Eschner Jahrzeitbuch unter dem 30.
Dezember.
79 Im Urbar fol. 42a «Nipplan».
80 «Schöl», wie im Eschner Jahrzeitbuch, hgg. v. Perret auf S. 372, an
Stelle des gewöhnlichen Schgöl.
81 St. Peter in Schaan.
82 Unbestimmt.
Aus dem Zinsverzeichnis Zerhochs, des Einziehers Graf
R u d o l f s 1 von M o n t f o r t - F e l d k i r c h .
fol. 51 b Diez sind die zeins die z e r h o c h sol
anttwürtten an waiezen
53 b Item J ä c k 1 i n s kind von v a d u z 2 gebend
159. Auszug 1363
von ainem guet ze T u n s 3 ij viertel
waiez
fol. 56 a Das phening gelt
Gut auf Fraxern4 «das Josen des Han 6 was
Hof auf Suldis5 «der Vleins des Han° was»
Item aus dem guet ze M e 1 s 7 vV2 ß
hat die N ä g 1 e i n erlöst
Wiese «im Sagk» und Besitz «ze Sigberg»
56 b
— 322 —
fol. 57 b Kaes gelt
58 a Item J ä k 1 e i n s kind von V a d u c z 2 gend von
ainem guett ze T ü n s : ! des k e s s l e r s guet
iij kaes
58 b Item Das guett ze T r i s e n das der
k e s s 1 e r pawet giltet xi k ä s 8
•Abschrift im Landesregierungsarchiv Innsbruck, Urbar n. 234/1. —
Beschreibung und Zergliederung der Handschrift siehe n. 157. — Das Zins-
verzeichnis des Zerhoch beginnt ab fol. 51 b unter der Überschrift:' «Diez
sind die zins vnd das gelt das mein herr graff Ruedolff hat vnd das der Zer-
hoch gesampnt hat vnd auff den herpst anno 63 vnd antwurtten sol aber die
zeins». Es reicht bis fol. 59 b Mitte, wo das Verzeichnis des Hans «Seser»
beginnt. Beide Verzeichnisse sind keine Abschriften des Urbars Graf Rudolfs
von 1363; der Inhalt deckt sich zwar im allgemeinen mit den betreffenden
Partien des Urbars, doch bestehen öfters Abweichungen, auch in der Form.
Ausserdem ist die Gliederung verschieden: im Urbar nach Zinsträgern, in den
Zinsverzeichnissen auch nach der Natur der Zinse. Das Verzeichnis Zerhochs
kann mit dem des Hans «Seser» eine Einheit gebildet haben. Am Ende von
dessen Verzeichnis folgt eine kurze Abrechnung mit dem «Schouer» und an
diese schliesst sich die Abrechnung mit Zerhoch (fol. 64 a): «Item Auff den
vorgenannten tag hat gerait Zerhoch von der Zeins wegen so er pfligt vnd
geantwurt hatt anno Lxii j 0 vnd von dem Jar vnd beschach die'. Raitung autf
Gal l i Anno lxi i i j 0 Vnd sol bey den selben zeinsen der zerhoch noch ant-
württen etc.» Zerhoch hat also an Gallitag 1364 über die Jahre 1363 und 1364
abgerechnet, sicher an Hand des obigen Verzeichnisses, das nach der Über-
schrift und auch in Hinblick auf die Anlage des Urbars 1363 ebenfalls diesem
Jahre zuzuschreiben ist. Dasselbe gilt natürlich auch für das Verzeichnis des
Hans «Seser».
1 Rudolf von Montfort, der letzte Graf von Feldkirch f 1390.
2 Vergl. das Urbar von 1363 fol. 37 a.
3 Düns, Walgau, Vorarlberg.
4 Fraxern, Vorderland, Vorarlberg.
5 Suldis, Gde. Zwischenwasser, Vorderland.
6 Feldkircher Bürger, 1355 vom Grafen enteignet.
7 Mäls bei Balzers. Die wiedergegebene Stelle kommt auch im Urbar
Graf Rudolfs 1363 auf fol. 33 a vor und ist dort gestrichen. Die Ent-
legenheit dieses Zinses und das gemeinsame Vorkommen mit konfis-
zierten Gütern der beiden Han sowie die Auslösung lassen auf Zins-
besitz einer Feldkircher Familie schliessen, der ebenfalls konfisziert
wurde.
8 Diese Stelle kommt auch im Zinsverzeichnis des Hans «Seser» vor
(fol. 63 a); siehe n. 158.
- 323 —
160. Feldkirch, 1366 Juni 19.
Ruf Ii Kr am e r, Bürger zu Feldkirch und seine Frau
bekennen Ulrich dem Litscher, Stadtammann zu Feld-
kir ch 23 Pfund und 6 Schilling Konstanzer Münze für Wein schul-
dig zu sein, wobei sie « Ulrichen den Amman von der
Lachen »l und Johann Kn ör e, beide Bürger zu Feld-
kirch als Bürgen einsetzen, die auch mitsiegeln.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck 11 n. 402. — Pergament
16 cm lang X 29,5. — Siegel an Pergamentstreifen: 1. (Krämer) rund, 3 cm,
graugelb, Spitzovalschild mit Pfahl und drei schmalen Querbalken. Umschrift:
+ S RVDOFI DCI KRAMER . . . IL.; 2. (Ammann v. d. Lachen) rund, 3,3 cm,
gelb, im Siegelfeld (ohne Schild) Helm, darüber langes, reiherhalsartiges Stier-
horn mit Federbüscheln besteckt (so auch Fischnaler, Wappenschlüssel 1,
S. 180), Umschrift abgewetzt: + S ' V L R . D . A C H E . MIST . INBLV . E N G ;
3. (Knöre) rund, 3 cm, dunkelgrau, in spitzovalem Schild Feuerbock ? Um-
schrift: + S I O H A N . IS . D C I . K N O E R - . Rückseite: «Schuldbrief Rufli kramer
Burger zv Velkirch pro litscher 1366» (17. Jahrh.; «11/402» (Bleistift).
1 Über die Bedeutung Ulrichs von der Lachen für die Herrschaft Vaduz,
wo er 1363 Richter war, siehe Liechtensteinisches Urkundenbuch
3. Band 2. Lieferung n. 88, Anm. 1. — Ulrich war nach der Umschrift
seines Siegels Ammann zu Blumenegg, woher seine Familie stammte.
161. , 1368
Herzog Alb r e c h t 1 von Österreich verpfändet für 300 Mark
Silber die Burg G :i t e n b e r g :i mit Zubehör und 30 Pfund Zürcher
Pfennig Einkünfte von den an den See bei W a l e n s t a d 5 'grenzen-
den Gebieten dem Hugo von Hohenlandenberg-, der die-
ses Pfand von Hermann von Landenberg von G r e i f e n -
s e e 6 ausgelöst hat.
— 324 —
«Pfandbrief von h e r t z o g a l b r e c h t e n 1 / Auf H a u g e n
von der H o h e n l a n n d e n b e r g 2 , vmb / die Vesst G u t e n - /
b e r g 3 vnnd xxx lb Zürcher d gelts, von der negsten tagwan4 vnd /
h ö f e n die an den See Stossen, bey W a l l e n s t a t 5 Der pfanntschil-/
ling ist iij C Mark Silbers, vnd ditz ain Papiere Vidimus
1368»
«Pfandbrief von hertzog a l b r e c h t e n 1 / Auf denselben vmb
die Vesst G u t e n b e r g 3 mit seiner zugehörung / vnd xxx lb d gelts
auf den negsten tagwan4, vnd h ö f e n am See, / bey W a 11 e n s t a t 5 ,
von H e r m a n von L a n n d e n b e r g von G r e i f f e n s e e 6 ge-/
lösst, Der pfanntschilling iij C marckh Silbers
1368»
Regest um 1530 nach dem Vidimus und dem Original (beide verloren)
im Landesregierungsarchiv Innsbruck, im Schatzarchivrepertorium Lib 2, S. 56.
— Die beiden Regesten sind durch das Regest der folgenden n. 162 getrennt.
Rand des ersten Regests: «3. — Hohenlandenperg-Gutenberg-wallenstat»; Blei-
stift: « + »; Rand des zweiten Regests: «53. Greiffensee», Bleistift: « + 10».
Druck: Ritter, Liechtensteinische Urkunden im Landesregierungs-
archiv Innsbruck, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1936, S. 70.
Erwähnt: Büchel, Geschichte der Feste und Herrschaft Gutenberg,
Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F.,Liechtenstein 1914, S. 34; Ulmer, Die Burgen
u. Edelsitze Vbgs. u. Liechtensteins, S. 931 (ohne Quellenangabe).
1 Herzog Albrecht III. f 1395.
2 Hugo von Hohenlandenberg, Inhaber des österr. Amtes Andelfingen,
aus der habsburgischen Ministerialenfamilie.
3 Gutenberg, Liechtenstein.
4 Tagwan eigentlich Frondienst, später hier wie in Glarus Gebiets1
bezeichnung, entsprechend der appenzellischen Rode.
5 Walensladt, Kt. St. Gallen. .
6 Hermann von Landenberg von Greifensee, aus der habsburgischen
Ministerialenfamilie, 1363 Bürger zu Zürich, verkaufte 1369 seine
Rechte an Greifensee. Nach Büchel, Geschichte der Herren von
Schellenberg II, Jahrbuch d. Hist. V. f . d. F. Liechtenstein 1908, S. 3
war seine -Gemahlin eine Elisabeth von Schellenberg.
162. 1368
Herzog A l b r e c h t 1 von Österreich bewilligt dem Hugo
von Hohenlandenberg2, 200 Gulden an der Festung Gut e n-
b e r g 3 zu verbauen.
«Auf denselben (H a u g e n von der H o h e n l a n d e n b e r g ) 1
ain bewilligung ij C guldin an der Vesst2 Zuuerpawen,/ ist ain Vidi-
mus utsupra
1368»
Regest im Landesregierungsarchiv Innsbruck im Schatzarchivreper-
torium Lib. 2, S. 5 von etwa 1530. — Steht zwischen den Regesien der vorigen
n. 161. - Rand: «53»; « + 9» (Bleistift).
1 Albrecht III. fl395.
2 Hugo von Hohenlandenberg, siehe die vorige n. 161.
3 Gutenberg, Liechtenstein.
163. Feldkirch, 1367 Dezember 24.
Ammann, Rat und Bürgerschaft von Feldkirch lassen sich
die von Graf R u d o l f 1 von M o n t f o r t verliehenen oder bestä-
tigten aufgeführten Freiheiten durch Graf Heinrich2 von W e r-
d e n b e r g von S a r g a n s zu Vaduz und durch Bürgermeister
und Rat der Städte Zürich und Lindau beurkunden und besie-
geln, darunter auch die Massnahmen zum Schutze dieser Freiheiten
gegen Bedrohung durch des Grafen R u d o l f s 1 Erben, indem dann
die Stadt nach einem vergeblichen Schiedsspruch durch Bürgermeister
und Kleinen Rat von Zürich an das Heilige Römische Reich
fallen soll. Graf « h a i n r i c h 2 von w e r d e n b e r g von s a n e -
g a n s » bestätigt ausserdem, dass «dz alles mit minem guten willen
günst vnd wissent beschehen vnd volfürt ist».
— 326 —
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck II n. 3471. — Perga-
ment 57 cm lang X 68. — Siegel: 1. (Feldkirch) hängt beschädigt, rund, etwa
6,5 cm, dunkelgelb, in rankengeziertem Siegelfeld Kirche mit zwei Schiffen,
das Mittelschiff mit vier, das Seitenschiff mit fünf gotischen Fenstern, heral-
disch links daneben Spitzovalschild mit Moni]ortet•/'ahne. Umschrift grossteils
weggebrochen: TIS . . . EL — 2. (Graf Heinrich) fehlt, Rest des Pergament-
streifens erhalten. — 3. (Zürich) Siegelrest hängend, grünlich mit gelber Rück-
seite: «Der Statt Reuers vber Jre freyhaiten 1376 Veldkirch» (17. Jh.).
Abschrift im Landesregierungsarchiv Innsbruck im Codex n. 625:
«Der Stadt Feldkirch Freyheits Gerechtsame Abschriften von 1328 — 1627»
fol. 17 b.
Regest im Landesregierungsarchiv Innsbruck im Schatzarchivreperto-
rium von etwa 1530 Lib. 4, S. 570.
Regest: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte in österr.
Archiven II, S. 75 n. 76 (lediglich nach dem Schatzarchivrepertorium).
Literatur: Kaiser-Büchel, Geschichte d. Fürstentums Liechtenstein
(1923) S. 211 f f . ; Diebolder, Graf Heinrich I. von Werdenberg-Sargans zu
Vaduz, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1935, S. 13 f f . (ohne
Benützung dieser Urkunde).
1 Graf Rudolf der Letzte von Montfort-Feldkirch f 1390.
2 Graf Heinrich von Werdenberg-Sargans zu Vaduz f 1397. Er war laut
Urkunde von 1375 April 23 (Thommen, Urkunden z. Schweizer Geschichte II,
S. 60, n. 57) Rudolfs Erbe und auf ihn bezogen sich in lerster Linie obige Be-
stimmungen. Mit Urkunde von 1377 Januar 24 (Thommen II, S. 76, n. 80)
wurden seine Erbrechte gerichtlich bestätigt und für den Fall seines kinder-
losen Todes denen von Brandis zugesichert. Der Verkauf der grossteils ver-
pfändeten'Herrschaft Feldkirch, zu dem Graf Rudolf genötigt war, machte
jedoch Heinrichs Aussichten zunichte. Aber noch am 16. Oktober 1378 wurde
der säumige Zahler Herzog Leopold III. urkundlich bedroht, dass bei weiterer
Fristüberschreitung alle Kaufabmachungen kraftlos und die angezahlten Sum-
men verloren sein sollten. (Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I.
n. 2345). Ab 24. Dezember 1378 (Urkunde ebendort 1, 2348) liefen dann die
Zahlungen weiter und Osterreich trat in seine Rechte.
164. • Hall, 1377 August 21.
W i l h a l m von L e n t z 1, Bürger zu Hall im I nn t al gibt
seinem Brudersohn « h a n s e n » 2 und seinem Oheim « P e t e r n
dem v n d e r w e g e r » 3 Vollmacht als Prokuratoren für die Erbschaft
— 327 —
nach seinem Vetter Rudolf von P ü r güni, weiland Chorherrn
' von C hu r . Zeugen: Heinrich Zu k k , Alb r e cht Faust-
n e r , Heinrich der N e u b i r t , Chunrat Freysinger und
andere ehrbare Leute.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck, P. n. 812. — Perga-
ment 12,8 cm lang X 24,5. — Siegel des Jörig Kyrmair, Richters zu Hall
(«wan ich niht insigel het») aufgedrückt, rund, 2,8 cm, grün, Mittelstück abge-
fallen; Umschrift: S . G R E G O R I . Ch. . ChMAIR-. Rückseite: «procuratorium
wilhalm von loencz 1377» (15. Jh.), «parthei gerichtschedl» (17. Jh.).
1 Lenz, Kreis Beifort, Graubünden.
2 Hans von Unterwegen, 1384 im Besitz von Einkünften zu Triesen,
Triesnerberg und auch zu Lenz (Liechtensteinisches Urkundenbuch,
Bd. 1, n. 134; gräflicher Ammann zu Vaduz nach Perret, Liechtenst.
Urkb., Bd. 2, n. 60 im Jahre 1383.
3 Peter von Underwegen, sesshaft zu Chur, Vertreter Bischof Hartmanns
und Graf Heinrichs zu Vaduz, seines Bruders im Schiedsgericht über
die Fehde mit den .Herren von Räzüns 1396. (Siehe Liechtensteinisches
Urkundenbuch, Bd. 1, n. 156). Peter von Underwegen war am 8. Juni
1371 zu Churburg im Vintschgau Zeuge in einer Angelegenheit zwi-
schen Hans von Liebenberg und Jakob von Vilanders (Landesregie-
rungsarchiv Innsbruck 11, n. 1023, derzeit verschollen).
165. 1378
Die Brüder Herzog A l b r e c h t 1 und Herzog L e o p o l d 1 von
Österreich belehnen den Grafen Heinrich1 von Werden-
b e r g von S a r g a n s zu Vaduz mit der Herrschaft Jagdberg7',
die vordem Eigentum gewesen war.
«Lehenbrief von ertzhertzog R u d o l f f e n von O s t e r r e i c h
vnnd seinen gebruedern A l b r e c h t e n 1 vnnd L e o p o l d e n 1 sa-
ment vnnd sonderlich3: Auf Graf H a i n r i c h e n 4 von W e r d e n - ,
b e r g vmb die Vesst J a g k b e r g , was vor aigen6, ist zerschniten7
1378».
— 228 —
Regest im Landesregierungsarchiv Innsbruck im Schatzarchivreper-
torium von etwa 1530, Lib. 1, S. 59. — Rand: «Werdenberg-Jagberg».
Druck: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus öster-
reichischen Archiven II, S. 106 n. 103 (nach dem Regest im Schatzarchiv-
repertorium).
Regest: Ritter, Liechtensteinische Urkunden im Landesregierungs-
archiv Innsbruck, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1936, S. 70.
Literatur : Über die Erbschaft Heinrichs von Werdenberg zu Vaduz
von seinem Onkel Graf Rudolf von Montforl-F eldkirch siehe Diebolder, Graf
Heinrich I, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1935, S. 19 (ohne
Berücksichtigung dieses Stückes).
1 Herzog Albrecht III. von Österreich f 1395.
2 Herzog Leopold III. von Östereich f 1386.
3 Bis zu diesem Wort geht die Kapitelüberschrift. Rudolf IV. war be-
reits 1365 gestorben.
4 Graf Heinrich von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1397.
5 Jagdberg, Burg im Walgau, Vorarlberg.
6 Nämlich im Besitz Graf Rudolfs von Montfort-F'eldkirch, dessen
Schwestersohn und Erbe Graf Heinrich war.
7 Das hier ersichtliche Zugeständnis an Graf Heinrich wurde von den
Habsburgern wieder rückgängig gemacht, die Urkunde daher ent-
wertet. Heinrich bekam Jagdberg nur als Leibgeding.
166. Feldkirch, 1381 Januar 21.
«Brüder H a r t m a n n 1 gräf von W e r d e n b e r g von S a n -
g a n s » Komtur zu Wädenswil'2 und des Johanniter-
h aus e s zu Feldkirch verleiht dem H ai ni Müller von
Meiningen'3 eine Mühle und Güter zu AI t e n s t a d t 4 .
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I, n. 99. — Derzeit
nicht auffindbar. Nach dortigem Regest Pergament, Siegel abgerissen. —
Regest: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus-öster-
reichischen Archiven II, S. 146, n. 138 (nach dem Original); Ritter, Liechten-
stein. Urkunden im Landesregierungsarchiv Innsbruck, Jahrbuch d. Hist.
Vereins f . d. F. Liechtenstein 1936, S. 87.
Erwähnt: Diebolder, Hartmann II. von Werdenberg-Sargans, Bischof
v. Chur 1389 -1416, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1937, S. 107.
— 329 —
1 Hartmann von Werdenberg-Sargans zu Vaduz f 1416.
2 Wädenswil, Kt. Zürich, Bez. Horgen. — Zu Burg Wädenswil in der
Hand Graf Hartmanns und der daraus folgenden Hinneigung zu den
Eidgenossen, vergl. Tschudi, zitiert bei Krüger, Grafen v. Werdenberg,
S. XLVII, Regest n. 429. •
3 Meiningen, Vorarlberg.
167. Feldkirch, 1382 Dezember 20.
Graf R u d o l f 1 von M o n t f o r t , Herr zu Feldkirch be-
kennt, dass er dem Hans Benz von Arb o n-', Bürger zu Feld-
k i r c h für ein Ross und verschiedene Dienste 82 Pfund Konstanzer
Münze schuldig geworden und verpfändet demselben dafür den Zehent
von T o s t e r s 3 , den der Zoller Jakob einhebt, unter Vorbehalt
des Wiedereinlösungsrechtes. Der Graf bittet seinen « l ieben swoster
sun Graf h a i n r i c h 4 von W e r d e n b e r g von s a n e g ä n s »
mitzusiegeln, was dieser auch tut und überdies bestätigt, dass «dz alles
mit minem willen vnd gunst beschehen vnd volfürt ist».
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck II n. 3474. — Perga-
ment 23 cm lang X 33,5. — Zwei Siegel hängen an Pergamentstreifen: 1. (Graf
Rudolf) rund, 3,3 cm, gelb, schief gestellter, nach heraldisch links geneigter,
spitzovaler Schild mit Montforterfahne, Helm, Helmdecken, darüber Mitra.
Umschrift: +. S . R V D O L F I . COMIT . DE . MOTEFORTI —. 2. (Graf Heinrich)
rund, 3,3 cni, gelb, schiefgestellter, nach heraldisch rechts geneigter Schild,
mit Montforterfahne, Helm, Hetmdecken, darüber grössere Mitra. Umschrift
beschädigt, Rand abgewetzt, ein Stück abgebrochen: S . . . R . . SANGAS — .
Rückseite: «Pfannschafft Motfort pro' h. Bennz Tosters 1382» (17. Jahrh.).
Regest im Landesregierungsarchiv Innsbruck im Schatzarchivreper-
torium Lib. 4, S. 595 (ohne Nennung Graf Heinrichs).
Druck: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus österr.
Archiven II, S. 160 n. 160 (nach d. Schatzarchivrepertorium).
Zur Sache: Dieser Zehent ging später an Graf Heinrich zu Vaduz
und dann an seinen Bruder Bischof Hartmann 'über. Siehe n. 189.
1 Graf Rudolf von Montfort zu Feldkirch f 1390.
2 Siehe n. 189.
3 Tosters, Vorarlberg.
• 4 Heinrich von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1397.
168. Feldkirch, 1392 März 23.
Landvogt Reinhart von Wehingen1 tut kund, dass er
au] Befehl Herzog Leopolds- von Österreich wegen der
Misshelligkeiten und Zerwürfnisse seiner Herrschaft mit dem Bi-
schof (Hart mann) von C h u r 3 und mit anderen Grafen in
Churrätien1 einen Heerzug* nach Feldkirch führte, dort
14 Tage lang lagerte und mit dem Bischof sowie den Grafen verhan-
delte ( « . . gen V e 11 k i r c h zoch mit ainem volkch, von der miss-
hell vnd stözz wegen, So min gnedige herschaft von O s t e r r i c h ,
mit dem B i s s c h o f von k u r 3 , vnd mit andern Grafen in
k u r w a l h e n 4 , gehabt hat, daselbs ich mit dem volkch, lag vier-
zehen tag, in tedingen mit dem vorgenanten B i s s c h o f 3 vnd den
Grafen . . » ). Er bestätigt, dass ihm Hans S t ö k k l i , Amtmann
zu Feldkirch für seinen Unterhalt 96 Pfund Haller und 2 Schil-
ling, 26 Viertel Schmalz, 7V2 Viertel Salz, 47 Inianken, 43 Scheffel
Weizen, 62 Scheffel Kern, 50 Saum Wein, 28 Malter Haber, 3 Pfund.
1 Schilling und eine Tonne Heringe geliefert hat und erklärt, dass
diese Lieferung dem genannten Amtmann an seiner Rechnung über
die Herrschaftsnutzungen zu Feldkirch abgezogen werden soll.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I n. 9597. — Papier
18 cm lang X 21 mit Faltung. Rückseite: Aufgedrücktes Siegel, rund, 2,4 cm,
grün, beschädigt, zwischen umrahmenden Verzierungen Helm, darüber Schirm-
brett mit Zickzackbalken. — Rückseite: rechts oben: «1392 März 23» (Bleistift,
modern).
1 Reinhart von Wehingen, Hofmeister des Herzogs, Landvogt im
Thurgau.
2 Leopold IV., Herzog von Österreich f 1411.
3 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
4 Unter ihnen war jedenfalls Graf Heinrich von Werdenberg zu Vaduz,
der um seine Abfindung wegen der Feldkircher Erbschaft mit Öster-
reich im Streit lag.
— 331 -
5 Über den Kampf Hartmanns um seine Bischofswürde gegen Öster-
reich siehe Diebolder, Hartmann 11. von Werdenberg-Sargans zu
Vaduz, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1937, S. 110,
wonach der Friede am 24. Juni 1392 geschlossen wurde. Im Vintsch-
gau gingen die Feindseligkeiten vom 25. Januar 1391 bis März 1392
(Ladurner, Die Vögte von Malsch, Zeitschr. d. Fejdinandeum 3. Folge
17, S. 10 (nach Goswin).
169. Baden im Aargau, 1392 Juni 4.
Rein hart von W e h in g e n1, österreichischer Landvogt,
weist Hans Stöklin, Ammann zu Feldkirch an, dem H e nt z
von Sygberg- hundert Pfund Haller zu bezahlen, weil «er sich
so getrewlich in den Sachen zwischent miner herschaft vnd graff
h e i n r i c h e n 3 von w e r d e n b e r g herre ze v a d u t z gearbeit
hat» und quittiert ihm diese Summe.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck II, n. 2489. — Papier
14,7 cm lang X 21,2, dreimal gefaltet. Rückseite: aufgedrücktes Siegel, rund,
2,5 cm, grün, bis auf ein Bogenomament am Rand abgefallen.
Regest im Landesregierungsarchiv Innsbruck im Schatzarchivreper-
torium Lib. 6, S. 403 (ohne Nennung Graf Heinrichs).
Regest: Ritter, Liechtensteinische Urkunden im Landesregierungs-
archiv Innsbruck, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1936, S. 87.
1 Siehe die vorige n. 168.
2 Heinz von Sigberg, Oheim Ulrichs von Richenstein nach Urkunde von
1401 Juli 24 (Liechtensteinisches Urkundenbuch, Bd. 1, n. 168) aus
der Ritterfamilie von Göfis, Walgau. Er stammt wahrscheinlich aus
der Seitenlinie auf Neu-Aspermont, Gde. Jenins, Graubünden.
3 Heinrich von Werdenberg zu Vaduz f 1397. Die Verhandlungen gin-
gen vor allem um Jagdberg (Siehe n. 171).
170. 1392 September 6.
« H a r t m a n » 1 , Bischof zu Chur erklärt, dass wegen der
Streitigkeit zwischen ihm und seinem Gotteshaus einerseits und
- 332 -
<'vnserm 0 ° h e m vogt V l r i c h e n von M a 8 1 s c h 2 » andererseits
vereinbart worden sei, dass «vnser lieber O e h e m » Heinrich von
Rottenbur g3, Hofmeister zu Tirol und Hauptmann an der
Et s ch den Obmann eines Schiedsgerichtes benennen soll; dieser hat
bereits Graf Hugo von Montfort* Herrn zu B r e genz nomi-
niert. Zum Rechtstag am Sonntag den 10. November in Pettneu*
(« P u d e n i w » j soll jede Partei zwei oder drei Vertreter ins Schieds-
gericht wählen. Falls Graf Hugo4 an diesem Tag nicht teilnehmen
könnte, soll Heinrich von Rottenburg3 einen andern Ob-
mann bestellen. Bis zum Schiedsspruch sollen Heinrich von
Rottenburg3, Sigmund von Starkenberg6 und Hans
von Schiandersberg1 die strittigen Leute und Klöster gegen
jede Gewalttat beschirmen, wobei dem von M ä t s c h nur ihre
Zinse bleiben sollen. Der Angriff und Kriegszug Bischof H a r t -
m ann s 1 gegen den von M ä t s c h2 soll nicht vergolten werden
und auf das Urteil ohne Einfluss sein. Käme der Rechtstag nicht zu-
stande, dann soll der Obmann innerhalb 14 Tagen einen neuen nach
einem geeigneten Ort innerhalb T i r o l s ansetzen.
Gleichzeitige Abschrift im Museum Ferdinandeum Innsbruck im
Codex W 9974 fol. la-b. Papierblatt 30 cm lang X 20, der 22 Blätter um-
fassenden, in modernem Einband gebundenen Handschrift.
1 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
2 Ulrich von Matsch (IV.) f 1398.
3 Heinrich von Rottenburg f 141.1; siehe n. 199 dieser Lieferung.
4 Graf Hugo der Minnesänger vermählt in zweiter Ehe mit Ida von
Toggenburg, der Tochter erster Ehe Katharinas von Werdenberg-
Heiligenberg, der Gemahlin Heinrichs von Werdenberg von Sargans
zu Vaduz, Bruders Bischof Hartmanns. Andererseits war Idas Bruder,
Friedrich VII. Gemahl der Elisabeth von Matsch, Tochter des hier
genannten Ulrich von Matsch.
— 333
7
5
6
Pettneu, Oberinntal.
Starkenberg, Burg bei Imst, Oberinntal.
Schiandersberg, Burg im Untervintschgau.
171. Baden im Aargau, 1392 November 4.
Reinhart von Wehingen1, Landvogt der Herrschaft von
Österreich weist den Hans Stöklin, Ammann zu Feld-
kirch an, aus den dortigen Herrschaftseinkünften dem Klaus
B o k k 2 siebzehn Pfund Konstanzer zu bezahlen, die er für Graf .
Hans3 von S a r g a n s ausgelegt, als er zu Verhandlungen zwischen
«Graff h e i n r i c h 4 von V a d u t z vnd mir von miner herschaft
wegen» ritt. Die Summe soll an Stöklis Amtsrechnung abgezogen
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck II n. 2388. — Papier
12,1 cm lang X 21,4, dreimal gefaltet. — Rückseite: aufgedrücktes Siegel, rund,
2,5 cm, grün, teilweise abgefallen, in der Mitte Zickzackbalken, darüber Helm.
Regest; Ritter, Liechtensteinische Urkunden im Landesregierungs-
archiv Innsbruck, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1936, S. 87.
Zur Sache: Offenbar sind die Verhandlungen der österreichischen
Herzoge mit Graf Heinrich zu Vaduz gemeint, die laut Urkunde von 1390,
Dezember 17 (Regest bei Krüger, Grafen v. Werdenberg n. 509) über die Ab-
findung wegen der Erbschaft nach Graf Rudolf von Montfort-Feldkirch einge-
setzt hatten. Graf Heinrich erhielt als Leibgeding die Burg Jagdberg, ausser-
dem eine Reihe von Gütern als Eigentum, darunter auch Leute und Güter am
Eschnerberg, Leute ob dem Schaanwald und jenseits der III unterhalb Tosters,
ferner im Walgau. Siehe auch Kaiser-Büchel, Geschichte d. Fürstentums
Liechtenstein, S. 225. — Weitere Verhandlungen waren in Feldkirch am 14.
August 1392, ebenfalls wegen Jagdberg (Krüger, Regesten n. 526; Druck bei
Thommen II, n. 293).
• 1 Siehe n. 168.
2 Feldkircher Bürgerfamilie, an die der Flurname Bock in Vaduz er-
innert.
3 Hans von Werdenberg-Sargans, verpfändet 1396 seine Grafschaft an
Österreich, f 1400..
4 Heinrich von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1397.
werden.
— 334 —
172. Pettneu1, 1392 November 12.
« H a r t m a n » 2 Bischof zu C hu r erklärt, er habe sich wegen'
der Streitigkeiten mit « v n s e r m Ost iem» Vogt Ulrich von Matsch3,
Graf zu Kirchberg urkundlich und mit aufgedrückten Siegeln be-
stätigt auf ein Schiedsgericht geeinigt: es sollen die gegenseitigen An-
sprüche bis Sonntag den 27. April aufrecht erhalten bleiben; Haupt-
mann Heinrich von Rottenburg4, Sigmund von St ar -
k e n b e r g 6 und Hans von Schiandersberg6 sollen die
strittigen Leute und Klöster bis dahin im Namen Österreichs
innehaben und schirmen. Daggegen soll die durch eine andere Ur-
kunde erfolgte Vereinbarung über einen Rechtstag zu Pettneu auf
den 10. November d. J. rechtlich keine Bedeutung haben.
Gleichzeitige Abschrift im Museum Ferdinandeum Innsbruck im
Codex W 9974 fol. 2 a. - Papierblatt 30 cm lang X 20,5, untere Hälfte leer.
Der Codex umfasst 22 Blätter in modernem Einband. Er enthält neben den
Abschriften von drei Urkunden Bischof Hartmanns zwei österreichische Be-
lehnungen für die von Mätsch (die jüngere von 1393), vor allem aber eine
umfangreiche Klageschrift der von Mätsch gegen Hartmann, die inhaltlich
ebenfalls nur aus dieser Zeit stammen kann. Auf fol. 22 a folgt noch ein
kurzes Verzeichnis der Herren, Räte und Knechte, die auf Einladung des
Hauptmanns (Heinrich von Rottenburg) auf den nächsten Sonntag nach St.
Marlinstag (ohne Jahr) nach' «La etsch» (Latsch) kamen. Der Codex ist also
wegen dieser Streitigkeit angelegt worden und stammt offensichtlich aus dem
Archiv der Vögte von Mätsch.
Erwähnt: Ladurner, Die Vögte von Matsch, Zeitschrift d. Ferdinan-
deum 3. Folge, Heft 17, S. 11 (zitiert S. 12 Goswin S. 144); Jäger, Geschichte
Tirols S. 444; Jäger, Regesten u. urkundliche Daten über das Verhältnis Tirols
zu den Bischöfen von Chur, Archiv f . Kunde ösi. Geschichtsquellen 15. Bd.,
S. 356 (aus den Annales Curienses, S. 102); Krüger, Die Grafen von Werden-
berg, Regest n. 530 (nach Ladurner); Mayer, Geschichte des Bistums Chur 1,
S. 400.
1 Pettneu, Oberinntal.
2 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
3 Ulrich IV. von Matsch, f!398.
— 335 —
4 Heinrich von Rottenburg, Hofmeister und Hauptmann an der Etsch
•f.1411.
5 Starkenberg, Burg bei Imst, Oberinntal.
6 Schiandersberg, Burg im Untervintschgau.
173. 1393 Januar 17.
Bischof « H a r t m a n n u s » 1 . von Chur vermittelt im Streit
zwischen Prior Ulrich und dem Konvent der Karthäuser in
S-c h n al s- einerseits und ihrem Vikar Augustinus in Na-
turns3 anderseits über dessen Pfründe nach einem früheren Spruch
des Abtes W i s o von Marienberg4, apostolischen Kommissars.
Auszug im Landesregierungsarchiv Innsbruck, im Urbar des Klosters
Schnals von 1496 — 1499, Codex n. 2153, fol. 135 a. — Papierblatt 32 cm lang
X 21,5 mit leerem Rand innen 2,5, aussen 4 cm in einem 377 Folioseiten um-
fassenden Band unter lederüberzogenem Holzdeckel, der auf der ersten Innen-
seite bezeichnet ist: «Registrum fundationum et privilegiorum domus montis
omnium angelorum ordinis Carthusiensis in Schnals»-. Am Rand mit «L 12»
bezeichnet; «1393, 17. I.» (Bleistift).
1 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
2 Schnals, Gerichtsbezirk Schlanders, Untervintschgau.
3 Naturns, Gerichtsbezirk Meran, Untervintschgau.
4 Marienberg, Kloster bei Burgeis, Obervintschgau.
174. ' 1393 März 9.
« h a r t m a n n u s » 1 . Bischof von Chur bestimmt im Streit
über die Einkünfte der Kirche "Naturns zwischen Prior und Kon-
vent zu Schnals2 einerseits und ihrem Vikar Augustinus der
Pfarre Naturns3 anderseits als Obmann eines Schiedsgerichtes
den Abt Albert von Marienberg4, der nun zusammen mit
je zwei Vertretern beider Parteien einen Ausgleich findet.
— 336 -
Auszug im Landesregierungsarchiv Innsbruck, im Urbar des Klosters
Schnals 1496-1499, Codex n. 2153 fol. 135. - Am Rand bezeichnet «L 13».
Siehe n. 173 dieser Lieferung.
1 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
2 Schnals, Gerichtsbezirk Schlünders, Untervintschgau.
3 Naturns, Gerichtsbezirk Meran, Untervintschgau.
4 Marienberg, Kloster bei Burgeis, Obervintschgau.
1.75. Feldkirch, 1393 April 11.
Herzog L e o p o l d 1 von Österreich, Graf' zu Tirol als
Selbstschuldner und auf seine Bitte als Mitschuldner «Byschoff H a r t -
m a n 2 , Byschoff ze C u r » , Graf Heinrich2, von M o n t f o r t ,
Herr zu T e 11 n an g , Graf H u g 4 von M o n t f o r t , Herr zu
Bregenz, «Graf h a i n r i c h 5 von W e r d e n b e r g von S a n -
g a n s herr ze V a d u t z z » , Graf A l b r e c h t 6 der Ältere von
Werdenberg, Herr zu Blud e n z und. Graf Friedrich" von
Toggen bürg bekennen, dass sie dem Herrn U l r i c h 3 , dem
Älteren von Ems, Vogt zu Feldkirch 2300 Gulden, Dukaten und
Unger, sowie 250 Pfund Konstanzer Pfennige schulden; sie setzen
dafür als Bürgen Johann Stökklin, Amtmann, Kl au s B o k k ,
Goswin Basinger, Walter H an, Heinrich Stökk'-
lin und Johann Litt's eher, Bürger zu Feldkirch, wobei
Herzog L e o p o l d 1 die Mitschuldner völlig entschädigen soll. Die
Bedingungen der Rückzahlung werden ausführlich dargelegt:
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck P. n. 2432. — Perga-
ment 34,5 cm lang X 62. — In der Mitte achtmal durchschnitten. — 13 Siegel,
die alle ausser dem ersten bezeichnet sind; nach dem Regest im Landesregie-
rungsarchiv von 1941 damals noch alle Siegel hängend. 1. (Herzog Leopold)
rund, 3,3 cm, rot in graugelber Wachspfanne, Dreipass mit drei einander an
den Spitzen berührenden Schilden (Österreich, Steiermark, Tirol). Unischrift:
+ LEOPOLDVS DEI GRACIA D V X AVSTRIE ET CETRA - . 2. (Hartmann)
- 337 —
«Byschoff» bezeichnet, rund, 3,5 cm, rot in graugelber Wachspfanne, Flügel-
baldachin, Gestalten undeutlich, ebenso der eine der beiden Schilde, auf
dem andern Montforterfahne. Rand zur Hälfte abgebrochen; Umschrift .
4- S ' H . . , . ELTI . CONFIRMATI EPIS . . . - . 3. (Tettnangj «Montfort»
bezeichnet, Siegel abgefallen, Pergamentstreifen erhalten. 4. (Bregenz) «Mont-
fort» bezeichnet, Siegel abgefallen, Pergamentstreifen erhalten. 5. (Heinrich
v. Werdenberg zu Vaduz) «Werdemberg» bezeichnet, Siegel abgefallen, Per-
gamentstreifen erhalten. 6. (Bludenz) «Graf Albrecht» bezeichnet, rund, 3,3 cm,
graugelb, verwittert, Sechspass mit schief gestelltem Schild, Heiligenberger
Stiege, Helm mit Brackenhaupt sind kaum zu erkennen. Umschrift sehr be-
schädigt: COIT . ALB RIS — . 7. (Toggenburg) «Toggenburg» bezeich-
net, fehlt, leerer Pergamentstreifen. 8. (Stöckli) «Amman» bezeichnet, rund,
2,5 cm, graugelb auf Ovalschild Steinbockshorn nach heraldisch rechts. Um-
schrift: I . . . NIS DCI STOKLI MI . . - . . — . 9. (Bokk) «Bokk» bezeichnet,
rund, 3 cm, graugelb, Spitzovalschild mit undeutlichem Bild (aufrechter Pflock
durch Spitze u. Grundlinie eines gleichschenkligen Dreiecks). Umschrift be-
schädigt: + S . I C O L A I DICTI . O K . 10. (Bäsinger) «Bäsinger» bezeichnet,
rund, 2,8 cm, graugelb, im Spitzovfllschild Steinbockshorn wie bei «Ammann»,
nur grösser. Umschrift: S ' GOSWINI . DICTI B . SSINGER—. 11. (Hart)
«Walther» bezeichnet, liegt bei in zwei Teilen, rund, 3 cm, grau, im Spitzoval-
schild Bild undeutlich (Hahn), Rand abgerieben. Umschrift: . . LT . ER . . . A N — .
12. (Stöckli) «Sto ekkli» bezeichnet, rund, 2,6 cm, grau, Spitzovalschild mit
Steinbockshorn. Umschrift: S ' . . . R I . DCI STO . . . - .13. (Litscher) «Litscher»
bezeichnet, rund, 2,8 cm, graugelb, Dreipass, Bild undeutlich. Umschrift:
+ S . IO . . NIS DICTI . L ER - . Rückseite: «schuld ostern 1393» (16. Jh.);
«Der brief ist gelost von dem von. Emptz» (16. Jh.); «April 11 P 2432» (modern).
Regest: Anzeiger f . Schweizer Geschichte 1864, S. 26 n. 82; Krüger,
Grafen von Werdenberg, Regest n. 536.
Erwähnt: Bütler, Friedrich VII, der letzte Graf von Toggenburg,
Mitteilungen zur vaterländischen Geschichte, St. Gallen XXII 3. Folge II (1887)
S. 41, irrig datiert auf 5. April; Diebolder, Graf Heinrich I. von Werdenberg-
Sargans zu Vaduz, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1935, S. 24
(nach Krüger).
Zur Sache: Laut Thommen, Urkunden z. Schweizer Geschichte II,
S. 279. n. 308 war Bischof Hartmann am selben 11. April 1393 in Feldkirch
zusammen mit Vogt Ulrich von Mätsch; beide verpflichteten sich, die Ent-
scheidung ihrer Streitigkeit dem Herzog Leopold zu überlassen. Diebolder
meint S. 24, aus der Urkunde lasse sich nicht erkennen, wozu die Genannten
diese Summe nötig hatten, aber es liege nahe mit Krüger anzunehmen, dass
das gemeinsam ausgeliehene Geld zu Kriegszwecken diente. Aus dem Text
aber ergibt sich, dass die genannten Grafen lediglich für Herzog Leopold die
Mitschuld übernahmen; Leopold bekennt, dass «disü obgeschribnü geltschuld
vnd aller schad ainig vnser ist» und dass die Grafen, «seine lieben Oheime
und guten Freunde» auf seine Bitten Mitschuldner geworden seien.
338
1 Herzog Leopold IV. von Österreich, f 1411.
2 Bischof Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
3 Graf Heinrich von Montfort-Tettnang f 1408.
4 Graf Hugo von Montfort-Bregenz, der Minnesänger fl423.
5 Graf Heinrich von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1397.
6 Graf Albrecht von Werdenberg-Heiligenberg zu Bludenz f um 1419.
7 Graf Friedrich von Toggenburg f 1436.
8 Ritter Ulrich von Ems (Hohenems, Vorarlberg).
176. Zürich, 1393 Dezember 16.
• Bürgermeister, Rat und Bürgerschaft der Stadt Zürich, die
mit «dem fromen vesten M ä r k e n von S c h e l l e n b e r g 1 Vnd
mit der von w o l f u r t 2 siner Elichen hus fröwen» , seinen Freunden
und Helfern in Fehde liegen, schliessen mit ihnen durch Vermittlung
des Bürgermeisters und-Rates von Konstanz einen Waffenstillstand
bis zum zwölften Tage nach Weihnachten des Jahres.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck II, n. 238. — Perga-
ment 13,8 cm lang X 22,5, Plica 1,8 cm. — Siegel hängt an Pergamentstreifen,
rund, 4,7 cm, dunkelgrau mit gelber Rückseite; im Siegelfeld unter Spitzbogen
drei Heiligengestalten. Umschrift: + :SECRETVM : C I V I V M : THVRICENSIVM:.
Rückseite: «Parteibriefe 1321-1330» (Rotstift, ca. 18. Jh.); «1393» (Tinte),
«II 238» (Bleistift, modern).
Regest: Büchel, Regesten z. Geschichte der Herren von Schellenberg,
Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1901, S. 237 (nach Thommen).
Druck: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus österr. Archi-
ven II, S. 292 n. 325, der die inhaltlich nahezu gleiche Urkunde von 1394
Januar 5 gegenüberstellt.
Literatur: Büchel, Geschichte der Herren von • Schellenberg, Jahr-
buch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907, S. 96 — 97.
1 Nach Büchel (Geschichte d. Herren v. Schellenberg, S. 96) Marquard
IV., Sohn Marquard III. (f um 1390) von Schellenberg. Siehe n. 202
dieser Lieferung.
2 Katharina von Wolfurt, siehe n. 179 dieser Lieferung.
— 339 -
177. Auszug 1393
In der Rechnung des-österreichischen Amtmanns Hans Stöck-
li zu Feldkirch erscheinen Einkünfte Graf Heinrichs von
Vaduz.
Item so hat er ausgegeben an korn Smaltz kese Saltz win auf /
mein herren vnd sin lantuogt w e h i n g e r 1 " C l x x x x v i i lb 9 ß d
costenzer / Item so habend die von E m p t z 2 gült die ir satz sind
vnd / Graf h a i n r i c h 3 von v a d u t z Cxxj lb d »
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I, n. 9598. — Papier-
folioblatt, 29,5 cm lang X 22,6, dritte Seite eines Bogens, unbeglaubigt, lieg!
bei Urkunde I, n. 9599, einem Konzept, laut welchem 'Herzog Leopold von
Österreich erklärt, dass in Gegenwart seines Hofmeisters Friedrich von Wal-
see und seines Kanzlers Fridrich von Gors sein Amtmann in Feldkirch ('«in
vnser herschaft daselbs zu Veitkirch»), Hans Stöcklin von allen Einnahmen-
Rechnung gelegt habe, wie es sein «Rechenbüch» ausweise und zwar über
die Jahre 1390 — 93 (5140 Pfund Pfennig Einnahmen). Der Bogen enthält als
Beilage die Abrechnung. Überschrift der ersten Seite: «Percepta Stökkel etc.
Nonagesimo primo». Die zweite Seite hat die Uberschrift: «Distributa Stokkel
Anno Ixxxxl 0 »; die dritte: «Distributa Anno etc. lxxxxii j 0 »; sie schliesst mit
der Bemerkung: «facta est ratio de die sancte lucie virginis Anno 90 usque
lucie 93 presente Magistro curie et cancellario». Vierte Seite: «1360 — 92
II / 398 a» (18. Jahrh.) «Feldkirch. Bezahlung der Durchzüge des Erzh. Leopold»
(18. Jahrh.), «Urk. 1391-1393 I 9598» (Bleistift modern).
1 Reinhart von Wehingen, Landvogt im Thurgau und Aargau.
2 Die Ritter von Ems (Hohenems) besasse'n als Pfand bedeutende Ein-
nahmen Österreichs.
3 Graf Heinrich von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1397. Er
hatte beträchtliche Einkünfte im Gericht Jagdberg, hauptsächlich als
Leibgeding erhalten, die dann 1403 im Urbar der Herrschaft Feldkirch
wieder aufgeführt werden konnten. Siehe n. 171 dieser Lieferung.
178. 1394 Januar 5.
Der Bürgermeister, die • Räte und Bürger der Stadt Zürich ge-
loben den Waffenstillstand zu halten, welchen ihre Eidgenossen, der
Bürgermeister und Rat von Kon st an z in der Fehde Zürichs mit
— 340 —
dem « fromen Vesten M a r k e n von S c h e l l e n b e r g 1 vnd mit
der Von W o l f u r t , siner Elichen h u s f r ö w e n » 2 und deren Helfern
und Dienern bis nächsten Maria Liechtmesstag einschliesslich zwi-
schen beiden Parteien vermittelt haben.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I n. 3515. — Perga-
ment 12,2 cm lang X 32,3, Plica 1,9 cm. — Siegel: hängt an Pergamentstreifen,
rund, 4,7 cm, dunkelgrau mit gelber Rückseite, unter Spitzbogen nebenein-
ander drei Heilige auf Postament mit sieben Sternen. Umschrift: + : SECRE-
T V M : CIVIVM : THVRICENSIVM : - . Rückseite: «Anstannd Zürch mit Sberg
1394» (16. Jahrh.); «3515» (Bleistift modern).
Druck: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus österr.
Archiven II, S. 292 n. 325, der die inhaltlich nahezu gleiche, auch vom selben
Schreiber stammende Urkunde von 1394 Dezember 16 gegenüberstellt. Siehe
n. 176 dieser Lieferung.
1 Marquard IV. von Schellenberg, Sohn Marquards III. (nach Büchel,
Geschichte der Herren v. Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins
f. d. F. Liechtenstein 1907, S. 96.
2 Uber ihre Verwandtschaft siehe n. 179 dieser Lieferung.
179. Schaffhausen, 1394 Februar 14.
Ru e d g e r Im Turn1, der Ältere, Wilhelms seligen Sohn
Im Turn1 und der Rat der Stadt S c h a f f h a u s e n bekunden,
dass vor R u e d g e r, der an Stelle des Ritters Heinrich von
R a.n d e g g 2 Vogtes zu S c h a f f h a u s e n zu Gericht sass, Jo-
hann von Honburg3 Konrads seligen Sohn der Frau
« k a t h e r i n a von W o l f f u r t t , M a r q u a r t z von S c h 'e 1 -
1 e n b e r g e l ichü husfrowe 4 » seine halbe Mühle zu Buch5 und
acht Pfund alter Heller Konstanzer Währung aus seinen Vogteirechten
zu Horn6 überliess, gegen deren Rechte am Hof zu B al di s -
heim1, den ihm Katharina selig von W o l f u r j , ihre Mutter
- 341 -
gegeben • hatte. Falls er keine ehelichen Erben hinterlassen würde,
dann sollte nämlich der Hof an sie, Frau « k a t h a r i n e n von
S c h e l l e n b e r g » 4 und an ihre Schwester Clara von Hon-
bürg3, Ritter Heinrichs sei. von Ran d e gg-, (Vaters des
Obgenannten) Witwe und an seine Mutter und ihre Erben kommen,
die früher zu seinen Gunsten auf diesen Hof verzichtet hatten; nun
aber sollen in diesem Fall die halbe Mühle und die acht Pfund an
Katharina von Schelle nb e r g4 übergehen.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck II, n. 1195. — Perga-
ment 16 cm lang X 36,7, Plica 2,2 cm. — Siegel: 1. (Im Turn) rund, 3,2 cm,
gelb, im ringübersäten Siegelfeld schiefgestellter Spitzovalschild, darüber Stech-
helm und Helmzier, undeutlich. Umschrift: + S' RVDGERI DCI. IM. T V R N . -
2. (Schaffhausen) rund, 7,5 cm, gelb, Stadttor mit Turm von zwei Stockwerken,
hinter ihm hervor halber "Widder, heraldisch rechts spitzer Kirchturm. Um-
schrift etwas beschädigt: . SIGILLVM : . : CIVITATIS : . : SCAFVSENSIS -
(Abbildung im Hist.-Biogr. Lexikon der Schweiz VI (1931) S. 120). 3. (Honburg)
rund, 3,2 cm, gelb, Vierpass, unten Spitzovalschild mit Hirschgeweih, darüber
Helm mit Helmdecken, als Helmzier Hut mit Flügel. Umschrift: S ' : IOHAIS .
D E : H O B V R G : - .Rückseite: «Schellenberg Honburg» (15. Jahrh.); «Honburg
schafft k. v. Schellenberg 1/2 M u l zu puch 1394» (16. Jahrh.) «II 1195»
(Bleistift modern).
Regest: Thommen, Urkunden z. Schweizer Geschichte aus österr.
Archiven II, S. 296 n. 333 (teilweise Auszug).
1 Altes Geschlecht in Schaffhausen (Brümsi); Rüedger f 1405.
2 Ehemals montfortisches Dienstmannengeschlecht von Randegg bei
Gailingen, Landkreis Konstanz.
3 Konstanzische Dienstmannenfamilie von Honburg bei Stahringen!
Baden.
4 Siehe n. 176, 178 dieser Lieferung.
5 Wahrscheinlich Buch, Bez. Reiath, Kt. Schaffhausen.
6 Horn unsicher, Bez. Arbon, Kt. Thurgau ?
7 Baidisheim, wohl Unter- oder Oberbalzheim, Landkreis Laupheim,
Württemberg.
- 342 —
180. 1394 November 16 — Dezember 24
Beschwerdeschrift des Vogtes Ulrich von Mätsch1 Grafen
zu Kirch berg gegen den Bischof (Hartmann) von Chur2
und seine Leute, darunter die A e b t i s s i n zu Münster3 der Abt
von St. Marienberg'1, der Probst von Fürstenburg5, die
Gemeinde R e m ü s e , die Schuoler von Vicosoprano7 und
ungenannte Engadiner wegen schwerer Übergriffe im Vintsch-
g au , Münstertal und En ga din , betreffend das Verbot von
rechtmässigen Abgaben, die Verbrennung eines Hofes, den Einzug
einer Vogtsteuer, die Vertagung der Leute aus dem Turm von
Glums 8 , den Abbruch von dessen Eisentür, die Misshandlung eines
Eigenmannes, der mehrfache Zwang zur Leibeigenschaft, die Miss-
handlung und Einkerkerung eines Vogtmannes, der Raub eines Pfer-
des, die gewaltsame Aneignung von Zinsen, Heu, Wald, Wiesen, Hö-
fen, Marktrechten und Zöllen, das' Verbot des Gehorsams und die
Verhinderung des Vogtgerichts, Verleitung zum Ungehorsam, Verhin-
derung des Anbaues, das Abtreiben von Bauleuten, die Beraubung und
Entkleidung von Boten u. a.
Eintrag im Museum Ferdinandeum Innsbruck im Codex W 9974
fol. 2 b — 7 b, unter der Überschrift: «Hienach sint angeschrieben die artikel
vnd gebresten mit den Jch Vogt vlrich von Ma ctsch Graf ze kirchperg vberuarn
worden». Papierblätter 30 cm lang X 20,5, beiderseitig beschrieben.
Zur D a t i e ru n g,: Auf fol. 6 b bezieht sich die Beschwerdeschrift auf
die Wegnahme einer Wiese «seider des anlazbriefs so der ze velkirch getai-
dingt ist worden», ebenso fol. 7 a auf die Wegnahme des Turms zu Glums
durch Antoni Florentöl «seider • die ta°iding ze velkirch geschehen sint».
Gemeint ist die Tagung vom 11. April 1393 (Urkunde in Wien, Abdruck bei
Thommen, Urkunden z. Schweizer Geschichte aus österr. Archiven II, S. 279
n. 308). Auf fol. 3a steht die Abschrift einer Urkunde der Aebtissin Lucia von
Münster «an der nächsten Mitwochen vor sant kathrinentag anno 92». Vor
Herzog Leopold, auf den sich beide Teile als Schiedsrichter einigten, wurde
— 343 —
die Sache am 16. November 1394 verhandelt (siehe Ladurner, Die Vögte von
Matsch, Zeitschrift d. Ferdinandeum 3. Folge, Heft 17, S. 21) und festgesetzt,
dass alle Übergriffe seit Ausstellung der Anlassbriefe, nämlich seit Freitag in
der Oslerwoche 1393 bei einer künftigen Tagung vorgebracht werden sollten.
Die nächste Tagung fand am 24. Dezember 1394 in Winterthur statt (Ladurner
a. a. O., S. 30). Die Beschwerdeschrift berührt sich daher nahe mit einer
anderen (Ladurner [nach Foffa] S. 23) unter dem Titel: «Das sind die eingriff
die der bischoff von Chur vnd sein amptleut getan habend seyd dez tags den
wir ze Velkirch laysteten»; die vorliegende ist aber bedeutend ausführlicher.
1 Matsch, Gerichtsbez. Glums, Obervintschgau; Ulrich IV. Vogt von
Matsch, erster Graf zu Kirchberg f 1398.
2 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz, Bischof 1389 -
1416.
3 Münster, Bez. Münstertal, Graubünden.
4 St. Marienberg bei Burgeis, Obervintschgau, Südtirol.
5 Fürstenburg bei Mals, Obervintschgau.
6 Remüs (Ramosch).Bez. Inn, Graubünden.
7 «die schüler von vispran des Byschofs dienstläwt» von Vicosoprano
im Bergeil. Siehe auch Perret im Liechtensteinischen Urkundenbuch
1. Band, n. 128, Anm. 5.
8 Glums, Obervintschgau.
181. Feldkirch, 1395 Mai 26.
Graf h e i n r i c h 1 von w e r d e n b e r g von S a n e g a n s her
ze v a d u t z » bekennt, dass er den Weingarten und Berg Blasen-
b e r g zu Feldkirch vor der hohen I i i b r u c k , «vnnser Recht
leibgeding» von der Herrschaft Österreich, welcher — besonders
die Oberhalde, die einst • den H an e n gehört hatte2 — reblos,
baulos und verdorben war, nun nach Rat der österreichischen Amt-
leute an die ehrbaren Knechte Hanns K a p f e r , den Schneider,
Bur ck Ebenhorschs, Oswald W e i n z ü r l l e n , U elin
B ä t z l e r , Hanns A u g e n s t i n f r i e d , Henni Y s e I i i ,
Heinz Bächler, Heinz M e l i 4 , Heinz und Kunz W a-i -
bei Gebrüder und Hans C ünt.zl e r samt dem Torggel und Ein-
fang zu Erblehen verliehen hat. Dafür sollen die Genannten zu Leb-
— 344 —
zeiten Graf H e i n r i c h s 1 ihm und dann der Herrschaft von
Österreich5 jährlich von diesem "Weingarten den dritten Teil
des Weinertrages liefern. Es siegelt Graf Heinrich1.
Abschrift aus dem späten 15. Jahrhundert (etwa 1474) im Landes-
regierungsarchiv Innsbruck im Liber fragmentorum Band III, fol. 147a—b. —
Papierblatt eines in Leder gebundenen Sammelbandes von 488 Blättern, der
auf fol. la oben «Registrum Feodorum» bezeichnet ist, 30,5 cm lang X 21,5,
linker leerer Rand 6 cm. — Überschrift: «Blasemberg». — Schrift aus dem
späten 15. Jahrhundert; vorher und nachher sind Abschriften bis spätestens
1474; auf fol. 295 b. steht die Überschrift: «Octuagesimo».
Zur Sache: Zu diesem Stück vergl. die Urkunde vom gleichen Da-
tum, Liechtensteinisches Urkundenbuch 3. Band, 2. Lieferung n. 102, deren
unvollständige Abschrift im Liber fragmentorum Band III, fol. 248 a unmittel-
bar anschliesst.
1 Graf Heinrich von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1397.
2 Konfiszierter Besitz, siehe Liechtensteinisches Urkundenbuch 3. Band,
n. 157, S. 300.
3 Ebenhoch nach n. 102.
4 "Nicht wie in n. 102 Hans Well.
5 Noch 1474 verleiht Erzherzog Sigmund den Weingarten am Blasenberg
an viele Lehensleute und erwähnt dabei, dass er « . . weilent graf
hainrichs von werdenberg hern zu vadutz von weilent vnsern vor-
dem loblicher gedachtnus leibgeding gewesen vnd nw ainstails erblich
vnd auch kawffweis an die obgemelten vnser vndertanen komen
ist . . >i (Liber fragmentorum Band III, fol. 227 b — Landesregierungs-
archiv Innsbruck). Im selben Bande zwischen fol. 248 und 249 ein
schmales Papierblatt eingeheftet, das die Zerteilung des Weingartens
unter die einzelnen Besitzer samt Anstössern wiedergibt (15. Jahrh.).
182. Schloss Tirol, 1396 Januar 13.
Herzog L e o p o l d 1 von Österreich befiehlt dem Vogt zu
Ehrenberg2 die in seiner Pflege gesessenen Leute des Klosters
zu Füssen3 anzuhalten, dem Abt zu Füssen3 in gleichem Masse
zu Zinsen, wie man dem Graf Heinrich11 von M o n t f o r t ,
«dem von S c h e l l e n b e r g » 5 dem von Freyberg6 und dem von
Heimenhofen' zinse.
— 345 —
V i d im u s Ulrichs, Abtes von Steingaden vom 28. Juni 1507 im Lan-
desregierungsarchiv Innsbruck II n. 4201. — Pergament 37 cm lang X 56,
Plica 9 cm. — Siegel des Abtes in defekter Schutzhülle stark beschädigt, hängt
an Pergamentstreifen; Mittelstück des roten Siegels mit Teil der Umschrift
erhalten. Rückseite: «Vidimus domini abbatis in staingaden quatuor litera-
rum Leopoldi et friderici ducum Austrie» (16. Jahrh.); «Aschaw»;; «1371 Schirm
1396 Zinsung 1396 Steuer zur losung 1431 hilff wider Kezer in Beheim 1507»
(16. Jahrh.); in der Ecke: «Tercia» (16. Jahrh.); «No. 9» (17. Jahrh.).
Regest: Ladurner, Veste und Herrschaft Ernberg, Zeitschrift d. Fer-
dinandeum 3. Folge 15. Heft (1870) S. 65.
1 Herzog Leopold IV. f 1411.
2 Ehrenberg bei Reutte, Tirol.
3 Füssen, Oberbayern.
4 Graf Heinrich von Montfort zu Tettnang f 1408.
5 Wahrscheinlich Tölzer von Schellenberg, siehe n. 183.
6 Friedrich von Freiberg auf Eisenberg bei Füssen.
7 Über den Besitz der Herren von Heimenhofen im oberen Allgäu und
Lechtal siehe Baumann, Geschichte des Allgäus II, S. 222 f f .
183. Meran, 1396 Mai 29.
« T ö 1 c z e r von S c h e l l e n b e r g » 1 gelobt die Feste und
Pflege Ehrenberg2 mit Leuten und Zubehör, die ihm Herzog
L e o p o l d 3 von Österreich samt der althergebrachten Burghut
verlieh, treulich zu versorgen und, wenn er dazu aufgefordert würde,
sie sofort wieder abzutreten. Das Gleiche sollen auch jene tun, die an
seiner Stelle die Feste besetzen, wenn er selbst nicht.dort sein könnte.
Es siegeln neben ihm seine lieben Freunde Siegmund von
Starchenberg4 und Albrecht von Wehingen5.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I n. 1115. — Perga-
ment 19 cm lang X 29, Plica 4,9 cm. — Siegel an Pergamentstreifen: 1. (Tölzer)
rund, 3 cm, gelb, spitzovaler Schild mit zwei Querbalken. Umschrift:
. I D S . (Eft 2BD9? S£&g2££9?5B(£3l© =. 2. (Starkenberg) rund, 3,2 cm,
schwarz in gelber Wachspfanne, auf Spitzovalschild. Umschrift beschädigt:
+ 6' SS©aJlSS3TS): 3SD5i S23t. . . . 3. (Wehingen) rund, 3,4 cm,
— 346 —
mit gelblichem Papier überzogen in gelber Wachspfanne, schiefgestellter Spitz-
ovalschild ohne erkennbares Bild, darüber Helm und halbmondartige Helm-
zier. — Rückseite: «Tolczer von Schellenberg vmb die vesten Eerenberg 1. 61»
(16. Jahrh.); «1115» (Bleistift modern).
Regest im Landesregierungsarchiv Innsbruck im Schatzarchivreper-
torium Lib. 2, S. 571. — Am Rand: «61», «Ernberg Schellenberg», Bleistift: « + ».
1 Über Tölzer von Schellenberg vergl. Büchel, Geschichte der Herren
von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1908,
S. 7 f f .
2 Burg und Klause Ehrenberg bei Reutte, Tirol.
3 Herzog Leopold IV. jUll.
4 Starkenberg, Burg bei Imst, Oberinntal.
5 Von Burg Wehingen, Landkreis Spaichingen Württemberg.
184. Schaffhausen, 1396 September 15.
Engelhart, Herr zu R e i n s b e r g , Landvogt der Herrschaft
von Österreich entscheidet als Schiedsrichter den Streit zwischen dem
«erbern vesten kneht m a r k e n von s c h e l l e n b e r g 1 frow
k a t h e r i n e n von w o l f f u r t 2 siner elichen huss frowen» sowie
dem Bürgermeister, dem Rat und den Bürgern zu Konstanz einer-
seits und Götz von Hünenberg3 dem Älteren sowie dem Bür-
germeister, Rat und den Bürgern der Stadt Zürich, andererseits,
betreffend die Gefangenschaft des von Hünenberg3, die Tot-
schläge, die Güter, die Frau Katharina von W o l f u r t 2 von
ihrem seligen Mann, Ritter Tü r in g 4 von Hallwil erbte, näm-
lich in den Ämtern Maschwanden5 und H o r g e « e und um
den Zürichsee, die Pfand von Österreich sind und nun an
Götz von Hünenberg3 fallen, ferner die entsprechende Aus-
lieferung der Briefe sowie eine von M ä r k noch zu erwirkende Be-
stätigung dieses Vertrages durch Herzog L e o p o l d 1 .
- 347 —
V i d i m u s des Gebhard Ehinger im Landesregierungsarchiv Innsbruck
von 1397 August 4, II n. 1223. — Pergament 39 cm lang X 53, Plica 3,5 cm.—
Siegel an Pergamentstreifen, rund, 4 cm, hellgelb, in verziertem Siegelfeld
auf Spitzovalschild Schrägrechtsbalken mit drei Rosen. Umschrift: + S' GEB-
H A R T I . D C I . EHINGER . MISTRI. CIVITATCOSTAN (viele Ligaturen). - Rück-
seite: «Vertrag Weinsperg Schellenberg etc. contra hünenberg etc. 1396» (16.
Jahrh.); «II 1223» (modern).
Druck: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus öster-
reichischen Archiven II, S. 325 — 328 n. 386; Büchel, Regesten zur Geschichte
der Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein
1901, S. 238 f f . (nach Thommen).
1 Marquard IV. von Schellenberg. Über ihn Büchel, Geschichte d. Her-
ren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein
1907, S. 96.
2 Aus der von Wolfurt (Vorarlberg) stammenden Ritterfamilie.
3 Burg Hünenberg Gde. Hünenberg, Kt. Zug.
4 Türing von Hallwyl f 1386 zu Sempach; Stammburg zu Hallwil,
Gde. Seengen, Bz. Lenzburg, Kt. Aargau. Türing war der Sohn Jo-
hanns von Hallwyl und der Katharina von Brandis, der Schwester
Türings und Wolfhart von Brandis (laut Urkunde von 1348 Juli 26 im
Landesregierungsarchiv in Innsbruck 1 n. 77); Wolfhart von Brandis
heiratete die Witwe Graf Hartmanns III. von Werdenberg von Sargans
zu Vaduz; seine Söhne Wolhart und Ulrich Türing wurden die Erben
ihre Stiefbrüder Heinrich und Bischof Hartmann. Katharinas Vogt
war laut obiger Urkunde Hermann von Landenberg von Greifensee
der Ältere, Pfandinhaber der Burg Gutenberg (nach n. 161 dieser
Lieferung); seine Gemahlin war nach Büchel (Geschichte der Herren
von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. V. f . d. F. Liechtenstein 1908,
S. 3) eine Elisabeth von Schellenberg. Einer der Zeugen bei obiger
Beurkundung von 1348 war «Hug von Giltenberg».
5 Maschwanden, Bez. Affoltern, Kt. Zürich. •
6 Horgen, Kt. Zürich.
7 Herzog Leopold f 1411.
185. Zürich, 1396 September 16.
Bürgermeister, Rat und Bürger der Stadt Zürich geben be-
kannt, dass sie «lang zit krieg vnd misshellung gehept haben mit dem
f romen vesten M a r k e n von S c h e l l e n b e r g 1 mit frö k a t h e -
— 348 —
r i n e n von " W o l f u r t 2 siner Elichen h u s f r ö w e n » ; nun aber hat
Engelhart von W i n s p e r g , Landvogt des Herzogs L e o p o l d 3
einen Vergleich herbeigeführt,' den sie einhalten wollen.
Original im Lan'desregierungsarchiv Innsbruck II, n. 1219. — Perga-
ment 15 cm lang X 35, Plica 3 cm. — Sehr schönes Siegel der Stadt Zürich:
rund, 4,6 cm, dunkelgrau, unter drei Spitzbogen die 'drei Heiligen stehend auf
einer Balkenbrücke. Umschrift: + SECRETVM : CIVIUM : THVRICENSIVM :
Rückseite: «Zürch lobt den Vertrag mit Schellenberg zu halten 1396» (16.
Jahrh.); «11.1219» (Bleistift modern).
Druck: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus öster-
reichischen Archiven II, S. 328 n. 387; Büchel, Regesten z. Geschichte d. Her-
ren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1901,
S. 242 (nach Thommen).
1 Marquard IV. von Schellenberg. Über ihn Büchel, Geschichte der
Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechten-
stein 1907, S. 96.
2 Aus der von Wolfurt (Vorarlberg) stammenden Ritterfamilie, Witwe
des Ritters Thüring von Hallwyl (f 1386 zu Sempach). Siehe n. 184
dieser Lieferung.
3 Herzog Leopold IV. von Österreich fl411.
186. 1397 August 4.
G e b h a r t Ehinge r , Stadtammann zu Konstanz vidi-
miert dem im "Namen der «edlen frowen frow k a t h e r i n e n von
s c h e l l e n b e r g geborn von w o l f f u r t 1 gesezzen ze g a y e n -
h o f e n » 2 vor ihm erscheinenden Heinrich W i e l a n d die
Urkunde von 1396 September 15.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck II, n. 1223. — Siehe
n. 184 dieser Lieferung.
1 Siehe n. 184.
2 Gaienhofen, Bez. Radolfszell, Baden.
- 349 -
187. . 1397 Oktober 6.
«Item ain papierin besigleter brief betzaichnet mit 69 ist von
Elty zer /prochen Sagt wie H a n n s von S c h e l l e n b e r g 1 begert
die vesten / H a l d e n b e r g 2 mit leut vnd gut von abbt C u n e n 3
zu her C u n r a d t s von / p r a s b e r g 4 Ritter hand zu enphahen
etc. darum am Sambstag nach Mich-/ aelis anno domini 1397 Jaren».
Hegest im Landesregierungsarchiv Innsbruck im Liber fragmentorum
Band V, fol. 498 a aus dem späten 15. Jahrhundert. — Papierblatt 30 cm lang
X 22, welches zu einem ehemals selbständigen Heft gehört, das ab fol. 478
beginnt und die Lehen des Abtes von St. Gallen vor allem zu Wangen, ab
fol. 494 b auch ein dazugehöriges Urkundenverzeichnis enthält.
Druck: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus österr. •
Archiven II, S. 338 n. 411.
Regest: Büchel, Regesten zur Geschichte der Herren von Schellenberg,
Jahrbuch, d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1901, S. 242 (nach Thommen).
Literatur: Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahr-
buch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907, S. 67.
1 Hans III. von Schellenberg, von Lautrach-Wagegg. (Siehe Stammtafel
bei Büchel, Geschichte d. Herren v. Schellenberg, Jahrbuch d. Hist.
Vereins f . d. F. Liechtenstein 1907, S. 63.
2 Haldenberg, Burg in der Gde. Deuchelried, Landkreis Wangen,
Württemberg.
3 Abt Kuno von St. Gallen, fl411.
4 Prassberg, Burg in der Gde. Leupolz, Landkreis Wangen, Württem-
berg.
188. Engen,1 1398 April 23.
' d e m e n t i a , Frau von H e w e n-, Gräfin von T o g g e n -
bürg und deren Söhne Peter und W o l f r a m , Herren von
H e w e n 2 verkaufen dem « fromen vesten . : B a e r t i l l i n dem
vogt von s c h w a r t z e n b a c h » für 120 Pfund Haller Pfennige
ihre namentlich aufgeführten Eigen- und Vogtleute in der B a a r.
— 350 —
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck P. n. 73. — Pergament
17,5 cm lang X 34,5, Plica 1,5 cm. — Drei Siegel an Pergamentstreifen:
1. (dementia) rund, 3,2 cm, gelb, zwei spitzovale Schilde, darüber zwei Fische,
heraldisch rechts Wappen undeutlich auf der oberen Hälfte des Schildes
(Blume?), links in der Form eines grossen C. Umschrift verwischt: . . T A — ,
2. (Peter) rund, 3,2 cm, gelb, ovaler Schild halbiert mit Stern, abgewetzte
Umschrift. 3. (Wolfram) rund, 3,2 cm, gelb, Wappen wie bei 2.; Umschrift:
S ' W O L F R A M I . . . H E W E N - .
Regest: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte II, S. 342,
n. 421.
B e d eutung : Bärteli, Vogt von Schwarzenbach war der Gemahl der
Nesa Volrerin, Tochter der Margaretha Vaistlin .und besass durch diese Ver-
bindung laut Liechtensteinischem Urkundenbuch 3. Band, n. 92 Besitz in
Eschen.
1 Engen, Südbaden.
2 Hewen, Burg im Landkreis Engen, Baden.
189. t 1398
Bischof Hartmann1 von Chur übergibt dem Hans
Benz- Schwarz h ans sein Eigentumsrecht am Grosszehent zu
T o s t e r s 3 , der diesem von Graf R u d o l f 4 von M o n t f o r t ver-
pfändet worden war; das Rücklösungsrecht war von Rudolf erb-
lich an Heinrich5 von Werdenberg zu Vaduz und von
diesem an H a r t m a n n 1 gefallen.
«Bischof H a r t m a n 1 von C h u r vbergibt H a n n s e n B e n -
z e n 2 genant / S w a r z h a n n s s den grossen zehenden zu t o -
s t e r s " , aigenthumbss-/weiss, der demselben s c h w a r z h a n n -
s e n verpfendt worden ist / von graf R u d o l f f e n 4 von M o n t -
f o r t , vnd dieselb losung an graf / h a i n r i c h e n 5 von w e r -
d e n b e r g zu S a n g a n s vnd v a d u z , vnd an/sein brueder den
obgenanten b i s c h o f erblich gefallen w a ß 1398»
— 351 -
Regest: im Landesregierungsarchiv Innsbruck im Schatzarchivreper-
torium, Lib. 4, S. 577 aus dem 16. Jahrhundert. — Am Rand: «Chur-Benz-
Schwarzhans-Tossters-Montfort- Werdenberg»; auf der anderen Seite «13»
(Bleistift). .
Druck: Thommen, Urkunden z. Schweizer Geschichte aus österr.
Archiven 11, S. 355, n. 440; 'Ritter, Liechtensteinische Urkunden im Landes-
regierungsarchiv Innsbruck, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. Fürstentum Liech-
tenstein 1936, S. 72.
1 Bischof Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
2 Siehe n. 167 dieser Lieferung.
3 Tosters, Vorarlberg.
4 Rudolf von Montfort-Feldkirch, Mutterbruder Hartmanns und Hein-
. richs von Werdenberg von Sargans zu Vaduz.
190. Ensisheim, 1400 September 30.
K o n r a d von Randegg1, von Herzog L e o p o l d 2 in Dienst
genommen, verspricht ihm, seinen Brüdern und Erben getreulich zu
dienen, mit einem guten wohlerzeugten Spiess ein ganzes Jahr lang
für hundert rheinische Gulden gegen jedermann, doch ausgenommen
«den hochwirdigen meinen gnedigen herren hern h a r t m a n n 1
Bischofen ze C h u r vnd sein gotshüs».
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I, n. 456. — Pergament
14 cm lang X 26,8, Plica 5 cm. — Siegel hängt an Pergamentstreifen, rund,
2,8 cm, gelb, Spitzovalschild mit Schildhaupt, darunter Schräglinksbalken.
Umschrift (teilweise zerstört): + S ' C V O N R A N D . G —. Rückseite:
«Conrad von Randekg 1400 1 : 86»(16. Jahrh.). Bleistift: «456» (modern).
Regest im Landesregierungsarchiv Innsbruck, im Schatzarchivreper-
torium, Lib. 2, S. 838.
Regest: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus österreichi-
schen Archiven II, S. 376, n. 490.
— 352 —
1 Nach dem Wappen (Siehe Merz-Hegi, Die W'appenrotte von Zürich,
S. 76) handelt es sich um die Familie Randegg-Neidlingen (Landkreis
Kirchheim, Württemberg).
2 Herzog Leopold IV. f U l l .
3 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
191. 1401 Dezember 18.
Dreizehn Genannte und alle Nachbarn insgesamt oberhalb, des
Soltzbaches bei der oberen Kirche1 im L e c h t a l bekennen,
dass Bischof Burk ar d von Augsburg- die obere von der un-
teren Kirche geschieden und zu einer eigenen Pfarre gemacht hat.
Sie versprechen, die hiezu vom Bischof gegebene Urkunde zu befolgen;
gegen Zuwiderhandelnde soll «vnser gnädiger her T ö l t z e r von
s c h e l l e n b e r g 3 pfleger auf e r e n b e r g oder w ä r füro da
pfleger wirt» vorgehen. Dieser siegelt neben H e r m an T h o m ar
und Hans Annshalm zu Füssen*.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck II, n. 4202. — Perga-
ment 14 cm lang X 28, Plica 2,5 — 3,1 cm. — Siegel: (Tölzer) grünliches Siegel-
bruchstück an Pergamentstreifen hängend, oberer Teil des Schildes mit zwei
Querbalken sichtbar. Umschrift: ER— 2. (Thomar) hängt an Pergamentstreifen,
rund, 2,3 cm, dunkelgrau, rückwärts gelb, Spitzovalschild mit Tier nach
heraldisch rechts steigend. Umschrift: + S . H E R M A N N I . D C I . TOMAIR -
3. (Annshalm) fehlt, Pergamentstreifen erhalten. Rückseite: «wie die ober
pfär jn dem lechtal von der vndren geschayden sye» (15. Jahrh,); «littere sepa-
racionis ecclesiarum vallis l ic i T401 scriptum» (15. Jahrh.), ausserdem späterer
Eintrag d. 16. Jh.
Erwähnt: Ladurner, Veste und Herrschaft Ernberg, Zeitschrift d.
Ferdinandeum 3. Folge 15. Heft (1870) S. 89; Stolz, Politisch-Historische Lan-
desbeschreibung von Tirol im Archiv f . öst. Gecshichte 107. Bd. (1926) S. 592.
1 Pfarre Holzgau oberhalb des Sulzbaches, abgetrennt von Elbigenalp.
2 Bischof Burkard f 1404.
3 Tölzer III. von Schellenberg zu Kißlegg, siehe Büchel, Geschichte d.
Herren von Schellenberg II, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liech-
tenstein 1908, S. 19.
4 Füssen, Oberbayern.
— 353 —
192. Innsbruck, 1402 Januar 5.
Herzog L e o p o l d 1 von Österreich bestätigt die Abtren-
nung der Bauernschaft der Oberen Kirche im Le cht al von
der alten Pfarrkirche durch Bischof Burkhart von Augsburg
mit Zustimmung des Abtes zu Füssen als Lehensherrn der Kirche;
er empfiehlt «vnserm lieben getrewn T ö 1 c z e r von S c h e l l e m -
b e r g vnserm vogt ze E r e m b e r g » oder seinem jeweiligen "Nach-
folger,- das Kloster Füssen6 in seinen Rechten gegenüber der
Bauernschaft zu schützen.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck II, n. 4203. — Perga-
ment 17,3 cm lang X 25.8 cm. — Siegel hängt an Pergamentstreifen, rund,
3,3 cm, rot in gelber Wachspfanne, in Dreipass drei einander zugekehrte ovale
Schilde mit dem österreichischen, steirischen und tirolischen Wappen. Be-
schädigte Umschrift: LEOPOLDVS . DEIGRACIA . D V X . AVSTRIE ET . TR
Rückseite: «Confirmatio ducis leupoldi separacionis ecclesiarum in l ic i valle
1 3 1402» (Um 1500); ausserdem verblasst: «separatio ecclesia . in valle lici»
(15. Jahrh.).
Regest: Ladurner, Veste u. Herrschaft Ernberg, Zeitschr. d. Ferdinan-
deum 3. Folge 15. Heft (1870), S. 89.
1 Herzog Leopold IV. fl411.
2 Holzgau, Bez. Reutte, Tirol.
3 Bischof Burkard (v. Ellerbach) 1373 - 1404.
4 Tölzer III. von Schellenberg- zu Kißlegg, siehe n. 183.
5 Ehrenberg, Burg bei Reutte, Tirol.
6 Füssen, Oberbayern.
193. Nürnberg, 1402 November 9.
König R u p r e c h t 1 verpfändet für getreue Dienste, die «vnser
vnd des Richs lieber getruwer M e r c k von S c h e l l e n b e r g 2
Ritter genant von k y s e l e c k e 3 vns vnsern furfarn» oft getan hat,
die Kellhöfe 4 vor der Reichsstadt Lindau um 200 rheinische Gulden.
— 354 —
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I, n. 6333. — Perga-
ment 24,3 cm lang X 38, Plica 6,8 cm. - Auf der Plica: «per dominum
Episcopum Spirensem Cancellarius Johannes winheim». Siegel hängt an Per-
gamentstreifen, rund, 10,3 cm, gelb, Thronender Herrscher mit Szepter und
Reichsapfel, heraldisch rechts Schild und Adler, rechts und links ein Hund.
Umschrift stark beschädigt: + RVPERTUS AVGUSTVS—. Rückseite: «von
R. Jacobus de Alczeya» (gleichzeitig); «C/1402 König Ruprechts Versatz Vnd
pfandungsbrieff vmb die Kelnhoff gegen Merckhen von Schellenberg d. anno
1402- No. 3 - Lad N 7» (17. Jahrh.); «Ladl 104 lib. 5 fol. 410» (18. Jahrh.). .
Regest: Büchel, Regesten zur Geschichte der Herren von Schellenberg,
Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1901, S. 256.
Erwähnt: Büchel, Geschichte d. Herren v. Schellenberg II, Jahrbuch
d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1908, S. 41.
1 König Ruprecht 1400 - 1410.
2 Über Marquard von Schellenberg, siehe Büchel a. a. O.
3 Kißlegg, Landkreis Wangen, Allgäu.
4 Oberraitnau, Schönau, Rickenbach und Aeschach.
194. Burg Fürstenburg,1 1403 Oktober 1.
Bischof « H a r t m a n n u s » 2 von Chur quittiert in Gegen-
wart Ulrichs Scolasticus der Chur e r Kirche, der Kanoniker
Antonius L e n t f r i d und Ru o d o l f B e l l a t z o n , des da-
maligen bischöflichen Richters Albert Mesner von S c h l u -
d e r n s 3 und des Johann Kar o lu s von T ä u f e r s * den Emp-
fang von 222 Gulden von Johannes P in u s von Parma und
den Brüdern Ambrosius und Bartholomäus de R i t z a -
n ib u s , alle drei Apotheker und Bürger von M e r an5 als Teil-
zahlung einer Schuld von 2000 Gulden.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck 1, n. 9039. — Trapez-
förmiges Pergament 20,2 cm lang X oben 13,1, unten 16,9 cm. — Notariats-
instrument des Jacobus de Sarnetz in Glums mit Notariatszeichen links unten:
kleines Kreuz über zweimal verschlungenem Band, darunter Altar mit «J» in
der Mitte, unten 6 schwarze Dreiecke nebeneinander. Initiale 15 Zeilen lang. —
Rückseite: '«Chur pro Rizan 1403» (16. Jahrh.); «I 9039» (modern).
— 355 —
1 Fürstenburg bei Mals, Obervintschgau.
2 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
3 Schluderns, Obervintschgau.
4 Täufers, Gerichtsbez. Glums, Obervintschgau.
5 Meran, Südtirol.
195. 1403
Aus dem österreichischen Urbar der Herrschaft Feldkirch.
fol. 10 a Vrbarbüch Anno M°. CCCC» tercio 1 '
15 b «Nota hienach die m a y g e n s t ü r 2 von / den gnössen
die gen J a g b e r g 3 gehörnt / die graff h a i n -
r i e h 4 salig ze libding /hat
ze Maygen
Primo geit S a n t e i n s e r 3 gnoß vi1/2
lb/ Item herr G u n t h e l m s daselbs iij lb viii v ß d
fol. 16 a Item B e r n h a r t z gnoß V1V2 lb ij ß
Item Sunderbar stur daselbs ij lb
xiiii ß d
Ze herbst dieselben / gnössen
Primo S a n t a i n s e r 5 gnoß xj lb
Item herr G u n t h e l m s gnoß x lb
Item B e r n h a r t z gnoß xiiij lb
Item Sunderbar stewr ij lb viiii ß
Su. 1. lb xiiii ß ,
Steuergenossen zu Ramschwag, ehemals versetzt der Witwe
Graf Rudolfs von Montfort
f o l . 16 b Galmist, Tisis, Fräsch, Alpzinse Vorderland
17 a Alpzinse Vorderland, Damüls, Steuern zu Dornbirn,
Bregenzerwald, Fussach, Höchst
17 b Fussach, Höchst
Nota hienach miner herrschafft zins gutter,
in w a 1 g o Primo die gen J a g b e r g 3
gehorendt als Si Grauff H a i n r i c h s 4
salig ze libding hat
—- 356 —
fol. 18 a — b Höfe zu Satteins, Hofstätten, Mühlen, Güter
Summa z e S a n t a i n s 5 V scheffel/1 fiertail waissen
lvij scheffel /
ij fiertel korns . C Iiij kaes / xxxviV2 ß dn.
18b — 19a Güter, Höfe zu Schlins, Zoll zu Jagdberg
19 a Summa ze S c h l i n s 6 viii 1/^ lb ij ß d
vi schaffl waissen
xxxiiij schaffl kornsi
lxxxxiij ka cs
fol. 19 b — Güter zu Jagdberg, die ein Burgherr gehabt hat
20 a Düns, Schnifis, Dünserberg, Düns
fol. 20 b Item C o n t z B r u g g git von ainem guöt dz
wilend J a e c k 1 i s kind von v a d u t z 7 was
ij viertail waissen vnd von des ke s s l e r s
guot iij ka cs
fol. 20 b Summa von t ü n s 8 vi scheffel
waissen xj scheffel
ij fiertail korns . C .
vnd xxiij kaes xv ß d
Abschrift des späten 15. Jahrhunderts im Landesregierungsarchiv
Innsbruck, Urbar n. 234/1. — Über diese Handschrift siehe n. 157 des Liechten-
steinischen Urkundenbuches 3. Band; 3. Lieferung (Urbar von 1363).
1- Dieses Datum, begründet die Vorbemerkung auf fol. 9 b: «Hye nach
sind gar mercklich vnd / mit sunderm fleiss vertzaichnet / vnd ver-
schriben alle die nütz zins/Stewrn stukhen vnd guetter die miner/
genadigeri herrschafft von Ostereich/ Jn der herrschafft ze veltkirch
noch /gewisseklich dienent nit versetzt sind /vnd ist diser verschriben
vnd versuchen /alsus geschencken auf die wichennech- /ten Anno
cccc 0 tercio, nach dem als /da vor den selben wichennächten v i l /
stuk nütz vnd guetter versetzt warent /von aim tail der geltschuld
wegen die / man der herrschafft von berdenberg / solt». Gemeint ist
hier Werdenberg-Heiligenberg; vergl. Krüger, Die Grafen von Werden-
berg, Regesten n. 637 — 639 von 1402.
2 Steuer zum Maitermin von den Steuergenossenschaften.
3 Burg Jagdberg, Walgau, Vorarlberg.
4 Graf Heinrich von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1397. Er
erhielt aus dem Erbe seines Oheims Graf Rudolf von Montfort-Feld-
- 357 -
kirch Jagdberg und die dazugehörigen Einkünfte als Leibgeding von
Österreich nach langen Verhandlungen. Vergl. Diebolder, Graf Hein-
rich I, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. Fürstentum Liechtenstein 1935,
S. 19. Siehe auch n. 171 dieser Lieferung.
5 Satteins, Walgau, Vorarlberg.
6 Schlins, Walgau, Vorarlberg .
7 Jäcklis Kind von Vaduz zu Düns erscheinen im Urbar des Grafen
Rudolf von Montfort-Feldkirch 1363 (siehe Liechtensteinisches Urkun-
denbuch 3. Band, 3. Lieferung n. 157, S. 291. Siehe auch n. 159 die-
ser Lieferung.
8 Düns, Walgau, Vorarlberg.
196. • Feldkirch, 1404 November 17.
Graf Hugo1 von Werdenberg-Sargans, Rudolf
und E gl i von Rorschach2 Gebrüder schwören dem Herzog
Friedrich3 von Österreich und dem Ritter B u r k a r t von
Rabenstein4, herzoglichem Kammermeister, der «Vhsern gnedi-
gen herren den B y s c h o f f ( H a r t m a n n ) 5 von C h u r » zu des
«gnedigen herren von Oesterreich handen gehaymet vnd in g e u a n g n ü ß
genommen hat In der selben g e u a n g n ü ß wir och durch sicherhait
willen geuangen vnd begriffen wurdent» eine Urfehde, besonders aber,
dass sie «dem obgenanten B i s c h o f f 5 von C h u r sinen helffern
noch dienern» weder Hilfe noch Rat gewähren sollen.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck 1, n. 6766. — Papier
21,8 cm lang X 30,8. — Zwei aufgedrückte, beschädigte Siegel: 1. (Hugo v.
Werdenberg) rund, 30,8 cm, dunkelgrün, in Vierpass schiefgestellter Spitzoval-
schild mit Montforterfahne mit Helm nud Helmzier (beschädigt). Umschrift:
S HVGOIS DENEBG D SANGANS . - . 2 . (Rudolf v. Rorschach, auch
für seinen Bruder) rund, 2,8 cm, dunkelgrün, schief gestellter Spitzovalschild
mit Rosenstock, darüber Helm, nach heraldisch links, als Helmzier wachsen-
der Panther nach rechts. Umschrift (zerdrückt): .. RV ROS . C H SEIO — .
Rückseite: «Vrfeh von Graf haugen von Werdenberg Rüdj vn Egleyn von der
geuanknüsse wegen Als sy mit "dem von Chur geuangen wurden 1404» (16.
Jahrh.); «Ladt 104 - Werdenberg Lib. III ,fol. 1276 1404» (18. Jahrh.).
— 358 -
Regest im Landesregierungsarchiv Innsbruck im Schatzarchivreper-
torium Lib. 3, S. 1276.
Druck: Thommen, Urkunden z. Schweizer Geschichte aus österr.
Archiven II, S. 404, n. 553.
Reg e s t: Ladurner, Die Vögte von Matsch, Zeitschrift d. Ferdinandeum
3. Folge, Heft 17, S. 53 (nach d. Schatzarchivrepertorium); Krüger, Die Grafen
von Werdenberg, Regest n. 654 (nach Ladurner).
Erwähnt: Mayer, Geschichte des Bistums Chur 1, S. 409; Diebolder,
Hartmann II. von Werdenberg-Sargans zu Vaduz, Jahrbuch d. Hist. Vereins
f . d. F. Liechtenstein 1937, S. 120 (Quellenangabe irrig).
1 Hugo VII. von Werdenberg-Sargans fl421.
2 Ihr Stammsitz Gde. Rorschacherberg, Bez. Rorschach, Kt. St. Gallen.
3 Herzog Friedrich von Tirol fl439.
4 Rabenstein, Burg in der Gde. Villanders, Gerichtsbez. Klausen, Süd-
tirol.
5 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
197. Schaffhausen, 1405 Februar 26.
« V 1 r i c h von B r a n n d y s » 1 verspricht dem Herzog Fried-
r i c h 2 von Österreich für sich, seine Helfer und Diener, der
«vanchnuss wegen, dar Jnne er den Erwirdigen in got Vater hern
h a r t m a n n 3 Bischouen ze C h u r meinen lieben herrn vnd Bruder
yetzunt haltet» keine Feindseligkeiten .gegen ihn, seine Räte und
Diener zu beginnen, ausser er sagte ihm 14 Tage vorher mit Boten
oder Briefen ab.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I, n. 6767. — Papier
22,2 cm lang X 30,2. — Siegel auf Rückseite aufgedrückt und mit quadratischem
Stück Papier bedeckt, rund, 2,7 cm, grün, Spitzovalschild mit Brand. Rückseite:
«Vertröstung von vlrichen von Prandys fü r sich vnd die seinen meim herren
vnd den seinen auf absagen 1405» (16. Jahrh.); «Brandis 1405 Lib. III. fol . 1267
- Ladl 104» (18. Jahrh.).
Regest im Landesregierungsarchiv Innsbruck im Schatzarchivreper-
torium Lib. 3, S. 1267.
359 —
Druck: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte in österr.
Archiven II, S. 416 n. 577.
Regest: Ritter, Liechtensteiner Urkunden im Landesregierungsarchiv Inns-
bruck, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1936, S. 72, S. 87.
Erwähnt: Mayer, Geschichte des Bistums Chur (1907), S. 410; Die-
bolder, Hartmann II von Werdenberg-Sargans zu Vaduz, Bischof v. Chur,
Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1937, S. 121.
1 Ulrich Thüring von Brandis, Stiefbruder Bischof Hartmanns fl409.
2 Herzog Friedrich f 1439.
3 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
198. 1405 Oktober 9.
Graf W i l h e l m 1 von M o n t f o r t , Herr zu B r e g e n z be-
kennt, dass ihm sein Oheim Graf Hugo'2 von M o n t f o r t , Herr
zu B r e g e n z seinen Teil der Feste, Burg und Stadt B r e g e n z
samt dem S u l z b e r g 3 der « S u b e r i s c h e n » 4 , dem Hof zu
Rieden5 und der Steuer zum S t a d e l 6 unter bestimmten Be-
dingungen zur Verwaltung übergeben hat. Er bittet Graf Heinrich"
von M o n t f o r t - T e t t n a n g , Graf Rudolf seinen Sohn und
«die vesten vnd erbern T ö l t z e r n von S c h e l l e n b e r g » 8 ,
Heinrich9 Vogt vom Lü p o 11 z , Heinrich H um p i s ,
Bürger zu Ravensburg und Aenderlin Werchmaister,
Bürger zu Wangen mitzusiegeln.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck 11, n. 3503. — Perga-
ment 19,7 cm lang X 33, Plica 4,6 cm. — Siegel: 1. (Graf Wilhelm) an Perga-
mentstreifen, rund, 2,9 cm, gelb, Spitzovalschild mit Montforterfahne. Um-
schrift: + S' COIT . W I L H E L M I . D MONTEFORTI . 2. (Graf Heinrich) an
Pergamentstreifen, der aus einer Urkunde geschnitten ist und den Teil einer
Zeile enthält: « . ndren mülin ob wangen gelegen nach des koufzbriefz sag den
ich darumb von j . . . »; nach Schrift und Abkürzungen vom Schreiber dieser
Urkunde; rund, 3,3 cm, gelb, im Spitzovalschild Montforterfahne. Umschrift:
— 360 —
SC . . . COMES HAINRICVS D MONFOR . . . - . 3. (Graf Rudolf) hintere Hälfte
an Pergamentstreifen, Siegelfläche liegt bei, rund 3 cm, gelb, in Spitzoval-
schild Montforterfahne, Umschrift zerdrückt, teilweise abgefallen. 4. (Tölzer)
an Pergamentstreifen, rund, 2,5 cm, gelb, schief gestellter Spitzovalschild am
•unteren Rande, zwei Querbalken,, darüber Helm, Helmdecken und als Helm-
zier zwei Horner. Umschrift teilweise zerdrückt: S TOL . ZER . . SC . . LLEBG—.
5. (Vogt) hängt an Pergamentstreifen, rund, 2,9 cm, gelb, in aufrechtem Vier-
pass schiefgestellter Spitzschild, Hirschstange zum Ring gebogen, darüber
Helm, als Helmzier Brackenrumpf mit Halsband. Umschrift: S . HAINRICI
DCI VOGT—. 6. (Humpis) an Pergamentstreifen, rund, 2,9 cm, gelb, am Rand
beschädigt, unten schief gestellter Spitzschild mit drei nach heraldisch rechts
laufenden Hunden, darüber Helm, als Helmzier Hund. Umschrift: S ' HAINR
. . . D C I . HVMPIS —. 7. (Werchmaister) hängt an Pergamentstreifen, rund,
3 cm, gelb, aufrechter Vierpass, schief gestellter Spitzschild, darin drei Stemm-
eisen übereinander (Baumann, Geschichte d. Allgäus II, S. 290 bringt eine
Siegelabbildung mit drei Querbalken), Helm, als Helmzier zwei Kugeln über-
einander. Umschrift beschädigt: S ANDRE . . . . MAIST . . - . Rückseite: «ain
bekanntnus von graf wilhalmen der gueter drynn begriffen in jarsfrist abzu-
tretten 1405» (16. Jahrh.); «80» (Bleistift).
1 Graf Wilhelm von Montfort-Bregenz f 1422.
2 Graf Hugo der Minnesänger von Montfort-Bregenz fl423.
3 Sulzberg, Vorderwald, Vorarlberg.
4 Heute Bolgenach, Vorderwald, Vorarlberg.
5 Rieden, Ortsteil von Bregenz.
6 Stadel, später Gericht Simmerberg im Allgäu.
7 Graf Heinrich von Montfort-Tettnang f 1408.
8 Über Tölzer von Schellenberg vergl. Büchel, Geschichte der Herren
von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein
1908, S. 7.
9 Heinrich Vogt zu Leupolz, nach Baumann, Geschichte d. Allgäus II,
S. 597, Märks III. von Schellenberg Schwiegersohn. Siehe auch Büchel,
a. a. O., Jahrbuch d. Hist. Vereins 1909', Stammtafel S. 92.
199. Auszug 1405
Das Rechnuhgsbuch des Heinrich von Rottenburg1 er-
wähnt die Volkserhebung in den Tälern des Bischofs Hart ma n n.
- 361 —
fol. 4 a «Item so hat der M i c h l k ä m r e r vnd h e n n s l
S w a b auf w i s p e r g 2 verzert als si xv tag da
lagen als si der / w o l c h e n s t a i n e r hinaus
schikcht als es vmb des B i s c h o f s 3 teler4 vn-
richtigleich ging. Von erst zum / M e r c u l i n 5
3 V2 lb vnd 1 lb beschlachlon vnd vmb fleisch vnd
kes xvij g (roschen) vnd viij mut futer / vnd Jn
baiden wider an die E t s c h zerung iiij lb.»
. fol. 5 b Dartzu ist verzertt zum C a s p a r n als der w o l -
c h e n s t a i n e r vnd der S c h a f f e r da lagen
/viii tag', von der leuf wegen so Jn den telern waren
vnd die Jeger alz /Si meiner frawn solten ainen hirz
vahen vberal xlviii lb x gl daz sullen alles meins
hern aigen leut ausrichten ,/
Eintrag im Landesregierungsarchiv Innsbruck im Raitbuch des Hein-
rich von Rottenburg 1405 — 1409, Codex n. 94, fol. 4 a und 5 b unter der
Überschrift auf fol. 2 a : «Nota das ambt Wisperg». — Codex in Leder gebun-
den, mit der Überschrift «Liber conputate» auf der Vorderseite des Deckels;
Rückseite: «Raitung 1405»; 251 Papier-Folioblätter, 31 cm lang X 22, nur teil-
weise beschrieben. — Das Datum der Eintragung ergibt sich aus der Über-
schrift auf fol. 4 a: «Anno M°cccc v t 0 " an Mitichen nach Jacobi hat der von
Wolchenstain vnd der Schäffer vberslagen auf Starchenberg was der Ca fa l . .
betzalt hat».
1 Heinrich von Rottenburg, Hauptmann an der Etsch, der mächtigste
aller Tiroler Landesherren fl411. Nach der Urkunde im Landesregie-
rungsarchiv Innsbruck n. 1724 von 1411 Januar 14 war er Schwieger-
sohn Graf Albrechts von Werdenberg zu Bludenz; sein Onkel war
Ulrich von Mätsch der Ältere.
2 Wiesberg, Burg am Ausgang des Stanzer- und Paznauntales, Gde.
Pians.
3 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
4 In erster Linie das Klostertal und der Walgau (Sonnenberg), doch
auch das Gebiet des Eschnerberges, das Mitglied des Bundes
ob dem See wurde.
5 Merkulin «von Ephing» (nach fol. 2 a des Codex 94) Burgherr zu
Wiesberg (nach fol. 2 b).
200. Schaffhausen, 1406 Juli 12.
Herzog F r i e d r i c h 1 von Österreich mahnt Dechant,
Kapitel und Chorherren des Doms zu Chur, Ammann, Rat und
Bürgerschaft der Stadt Chur sowie alle Chur e r Gotteshausleute
in Stadt und Land, unter Hinweis auf ihre Bürgschaft für (Hart-
mann)2 den Bischof von Chur und auf das erneuerte ' Bündnis
zwischen ihnen und Ö s t e r r e i c h 3 , weiterhin dabei zu bleiben,'
da «der yetzgenant von C h u r 2 seinen worten noch brieuen . . nicht
gnug getan hat Vnd täglich wider vnser Bruder 4 vnd vns tut vnd nach
vnsern landen vnd leuten wider sein brief vnd gesworen ayd wirket
vnd stellet». Hans von B o n s t e t t e n 5 Friedrichs Rat und
Diener, werde mit ihnen verhandeln und habe alle Vollmacht.
Nahezu gleichzeitige Abschrift im Landesregierungsarchiv Irins-
bruck, im Liber fragmentorum, Band I, fol. 289 a. — Papierblatt des 487 Blätter
zählenden, aus einzelnen Heften bestehenden, nachträglich in Leder gebun-
denen Bands, 28 cm lang X 22. — Oben alte Seitenbezeichnung «61»; diese
Numerierung beginnt auf fol. 260 a mit 1, womit ein annähernd chronologisch
ab 1404 geordnetes Kopialbuch einsetzt.
1 Herzog Friedrich f 1439.
2 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
3 Betr. Bürgschaft und Bündnis siehe die Urkunde von 1405 August 5
bei Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus österr. Archi-
ven II, S. 436, n. 594.
4 Herzog Leopold IV. von Österreich, mit dem Hartmann am 6. Juli
1406, also kaum eine Woche vorher zu Remüs einen Waffenstillstand
geschlossen hatte. (Thommen, Urkunden z. Schweizer Geschichte II,
S. 456, n. 617.
5 Hans von Bonstetten, Sohn des gleichnamigen Landvogtes im Thür-
gau, Aargau und Oberelsass, erhielt 1411 von Österreich Hohensax
und den Kirchensatz von Garns.
— 363 -
201. Schaffhausen, 1406 Juli 13.
Herzog F r i e d r i c h 1 von Österreich mahnt einen Unge-
nannten, der für den Bischof (Hartmann)- von Chur wegen
dessen Urfehde sich verbürgte3, als Geisel nach S c h a f f h a u s e n
zu kommen, da der Bischof «yetz kuntlich wider vnser Brüder vnd
vns getan hat, vnd noch taglich nach vnsern landen vnd lüten wider
sein brief vnd gesworen ayd wirket vnd stellet».
Nahezu gleichzeitige Abschrift eines Musters im 'Landesregierungs-
archiv Innsbruck, Liber Fragmentorum Band I, fol. 289 a. — Papierblatt des
in Leder gebundenen Bandes 28 cm lang X 22. — Uberschrift: «tali modo vo-
cati sunt omnes fideiussores ipsius»; an Stelle des Namens des Angeschrie-
benen steht: «etc. vt in litera alia continentur».
1 Herzog Friedrich von Österreich-Tirol f 1439.
2 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
3 Das bezieht sich auf die Bürgschaftsurkunde datiert Chur, 1405 Au-
gust 5 (Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus österr.
Archiven II, S. 438, n. 594111): dort stehen auch die Namen der hier
Angeschriebenen: die Grafen Hans, Hugo und Heinrich von Werden-
berg zu Sargans, die Freiherren Wolf und Ulrich, Gebrüder
von Brandis, Graf Wilhelm von Montfort zu Bregenz, Graf
Heinrich von Montfort zu Tettnang, Graf Rudolf und Graf Wilhelm
von Montfort sein Sohn, Freiherr Ulrich von Klingen, Frick Tum und
Burkhard Schenk von Kasteln zu Membrechtshofen.
202. 1406 September 24.
Hans Horgasser von Ahe1, Freilandrichter in Hegau
und M a d a c h anstatt des Grafen Eberhard von Neuen-
b ü r g 2 beurkundet zu R a d o l f s z e l l 3 , dass die «ersam from
Junkfrö V r s e 11 von S c h e l l e n b e r g des fromen vesten Junkher
M ä r k e n von S c h ä l l e n b e r g 4 elichi tohter», die auf Gerichts-
beschluss den «vesten vnd fromen Junkher T ö l t z e r n von S c h e 1 -
l e n b e r g 4 Jrs vatters brüder» als Vogt erhalten hat, vor ihm ihr
elterliches Erbe «den vesten Junckher T u r i n g e n von H a l w i l 5
vnd Junkheren C o n r a t e n von S c h ä l l e n b e r g 6 Jren lieben
Brüdern» in die Hand des letzteren übergeben hat, da ihre «Liebi
Müter Frö k a t h e r i n e n von S c h e l l e n b e r g 7 , des egenanten
Junckher M ä r k e n von S c h ä l l e n b e r g elichi frowe» ihr tausend.
Gulden geben wolle. Sollten die beiden Brüder ohne Erben sterben,
dann sollen U r s e II s Rechte am mütterlichen Erbe wieder • in
Kräften sein.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck P. n. 1720. — Perga-
ment 32,5 cm lang X 58. — Zwei Siegel an Pergamentstreifen: 1. (Landrichter)
rund, 3,7 cm, gelb zur Hälfte abgefallen, in spitzovalem Schild drei Geweihe
übereinander. Umschrift: + s tofj . . . . in fiegem . . n mabatf) — . 2. (Tölzer)
rund, 2,4 cm, gelb, ovaler Schild mit zwei Querbalken. Umschrift: s ' . oe l . er .
be Ic&ellenbg —. Rückseite: «verzieht vn Ursula von schellenberg»; «Anval
zwischen der pro hal lwil vnd Schellenberg hegew 1406» (16. Jahrh.).
1 Aach, Stadt im Landkreis Engen (Hegau) Baden.
2 • Aus der Familie V eringen-N ellenburg, 1422 ausgestorben.
3 Radolfszell am Bodensee.
4 Über Marquard IV. von Schellenberg siehe Büchel, Geschichte der
Herren von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechten-
stein 1907, S. 96 (ohne Benützung dieser Urkunde). Seine Angabe
auf S. 100, Marquard habe keine Nachkommen hinterlassen, ist danach
unrichtig. Ebenso widerspricht die Angabe der Urkunde, Märks Bruder
sei Tölzer gewesen, durchaus der Stammtafel bei Büchel (Jahrbuch
1907, S. 92).
5 Habsburgische Ministerialen von Hallwil, Gde. Seengen, Bez. Lenz-
burg, Kt. Aargau.
6 Siehe n. 217 dieser Lieferung.
7 Siehe n. 176, 178, 179, 184 dieser Lieferung.
- 365 -
203. 1408 Februar 11.
« h a r t m a n 1 von gots gnaden Bischof ze C h u r » schwört
dem Grafen Friedrich von Toggenburg-, ihm wegen der
verbrieften Geldschuld, die er von der Herrschaft von Österreich
zu fordern hat, die Feste Fürstenberg3 an der Etsch offen zu
halten und ihm gegenüber der Herrschaft Österreich solange mit
Leib und Gut und den Seinen behilflich zu sein, bis er bezahlt ist*.
Nahezu gleichzeitige Abschrift im Landesregierungsarchiv Innsbruck
im Liber fragmentorum, Band I, fol. 290 a. — Papierblatt des aus einzelnen
Teilen spät in Leder gebundenen Folianten, 28 cm lang X 22, linker leerer
Rand 3,5 cm. — Alte Seitenbezeichnung «63» eines fol. 260 beginnenden, an-
nähernd chronologisch geordneten, mit 1404 einsetzenden Kopialbuches.
Überschrift (gleichzeitig): «Des von Chur verschreibung gen dem von Tokhem-
burg vnder die alten püntnuss».
1 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
2 Friedrich von Toggenburg f 1436.
3 Fürstenberg bei Mals, Obervintschgau.
4 Über diese Geldschuld, die am 9. Dezember 1408 zwischen Herzog
Friedrich und dem Graf von Toggenburg vorläufig bereinigt wurde
(Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus österr. Archiven
II, S. 482, n. 667) und am 21. Januar 1409 zur Verpfändung des Zolles
zu Feldkirch führte, siehe Bütler, Friedrich VII., der letzte Graf von
Toggenburg, Mitteilungen zur Vaterländischen Geschichte, St. Gallen
1887, S. 66, 87 f f .
Das Rechnungsbuch' des Heinrich von Rottenburg1 er-
wähnt die Vertreibung des Bischofs Hartman3.
Item daz ist die geltschuld die mi c r mein /gnadiger herr gelten
204. Auszug 1408 Juli 18.
sol /
- 366 -
Item so beleibt mir mein herr x'xvii g(roschen)/von des graf
V 1 r e i c h s wegen/ von m a ' t z da der p i s c h o f 3 vertriben
wart /
Jtem so beleibt er mir von der ju(n)gen hern / von m a c z 4 daz
sy verzert hawen iij lb / iiij g(roschen) daz der p i s c h o f 3
vertriben wart /
Item so hat her C a s p e r s c h l a n d e r s p e r g e r verzert /
viij lb dar an han ich ij duchaten von . . . der p i s c h o f 3
vertriben wart /
Einträge im Landesregierungsarchiv Innsbruck auf einem einge-
legten Blatt im Raitbuch des Heinrich von Rottenburg 1405 — 1409, Codex
n. 94. — Papier, 30 cm laiig X 11, nicht paginiert, Rückseite leer. Der Codex
ist in Leder gebunden; Aufschrift auf dem Deckel: «Liber conputate» auf dem
ersten Blatt «Librum conputationis», auf dem hinteren Deckel: «Rahling 1405»
(15. Jahrh.). Die beiden ersten Einträge folgen unmittelbar aufeinander, der
dritte folgt nach zwei anderweitigen "Notizen. Den Abschluss des Blattes macht
eine Gesamtabrechnung mit dem Datum: «geschehen an Mitichen nach /
Margarethe M° cccc viii 0».
1 Heinrich von Rottenburg fl411; siehe n. 199 dieser Lieferung.
2 Ulrich VI. von Mätsch, Graf von Kirchberg f um 1443.
3 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
205. Kempten 1408, September 6.
Heinrich von Ellerbach1 der Lange, « B u r k a r t von
S c h e l l e n b e r g 2 gesezzen ze S u l c z b e r g » 3 und B är t Ii n
von Schwangau1 verbürgen sich für genannte Kaufleute von
Ulm, Kempten, Biberach und Ravensburg, welche bei
der Fehde des Markgrafen von Niederbaden, dem diese Städte
verbunden sind, mit Herzog Friedrich von Ö s t e r r e i c h 5 von
letzterem in Gefangenschaft gehalten und fetzt bis kommenden Maria
Liechtmesstag auf freien Fuss gestellt werden. •
- 3 6 7 -
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck n. 6633. — Pergament
24,3 cm lang X 31, Plica 4 cm. — Siegel: 1. (Ellerbach) an Pergamentstreifen,
rund, 2,8 cm, gelb, Siegelfläche grossteils abgefallen, Helmzier zwei Hörher.
Umschrift: H A I . . . A C H — . 2. (Schellenberg) Pergamentstreifen mit Schrift-
spuren, Siegel abgefallen. 3. (Schwangau) an Pergamentstreifen, rund, 2,6 cm,
graugrün, beschädigt, ovaler Schild mit grossem Apfel? Umschrift: + . S .
BERTILLI. V O . S — . Rückseite: «hainrich von Schellenberg vnd Burk-
had(!) von Ellerbach verschriben sich ettlich kaufleut Hzog Fridrich zu ant-
wurten 1408» (16. Jahrh.); «lädl 102 Lib. 3. f. 1172» (18. Jahrh.); «6633»
(Bleistift, modern).
Regest im Landesregierungsarchiv Innsbruck, im Schatzarchivreper-
torium Lib. 3, S. 1172. Rand: «102.», «adest» (Rotstift), «Ellerpach-Schellenberg-
Schwangaw-Vlm-Kempten-Rauenspurg» (16. Jahrh.); «6633».
1 Burg im bayrischen Amtsgericht Dillingen.
2 Über Burkhard von Schellenberg Baumann, Geschichte d. Allgäus II,
S. 595: nach Baumann Büchel, Regesten zur Geschichte der Herren
von Schellenberg, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1903,
S. 125 f f . ; fl408.
3 Sulzberg bei Kempten.
4 Schwangau bei Füssen, Oberbayern.
5 Herzog Friedrich von Österreich f 1439.
206. 1409 Mai 24.
O 5 a n n a von Starkenberg1, Witwe Sigmunds2, er-
klärt, dass sie' für ihren älteren Sohn Ulrich und seinen Bruder
Wilhelm von dem «Hochwürdigen meinem gnedigen hern Bischoff
h a r t m a n 3 ze C h u r » alle Lehen ihres verstorbenen Mannes und
seiner Vordem vom Gotteshaus Chur empfangen habe, nämlich
einen Weinhof Morlinge w 4 , genannt der Rabushof samt,
einem dazugehörigen Zehent und einem Weinzehent zu L a a z 5 von
dem man in jedem Schaltjahr dem Bischof und Gotteshaus Chur
30 Mutt Korn in die Feste Fürstenburg6 zu zinsen hat.
— 368 —
Abschrift des 17. Jahrhunderts im Ferdinandeum Innsbruck im
Codex W 9975, fol. 46 a. — Papierblatt 30 cm lang I 19,5 cm mit 4,5 cm leerem
Rand in dem 482 Blätter zählenden, in Leder gebundenen Kopialbuch, das auf
dem Rücken «Althe Urkunden das Bisthum Chur. betr. von 138. (1384) biss
163. (1636)» bezeichnet ist (17. Jahrh.); auf dem 1. Blatt: «E 1877 A N 221 -
W 9975— 4130» (Bleistift modern). Dann beginnen die Abschriften sofort mit
fol. 36, bis auf ganz vereinzelte Ausnahmen alle von einer Hand des 17. Jahr-
hunderts; nach dem ~>tück von 1636 auf fol. 468 folgen zuletzt solche von
1632 und 1629. Hier einschlägig, aber anderweitig im Original bekannt sind
darunter mehrere Stücke die Bischoj Hartmann betreffen (Belehnung der
Brüder v. Werdenberg mit Schams 1400, eine Frevelordnung für Remüs (Datum
fehlt), eine lateinische Urkunde über die zwangsweise Inkorporation der Pfarre
Mals zum Kapitel Chur durch den Abt Burkard von Pfäfers 1412 und ein
Revers Herzog Emsts über das Schenkenamt 1415).
1 Starkenberg, Burg bei Imst, Tirol.
2 Sigmund von Starkenberg. Mittelsmann zwischen Bischof Hartmann
und den Vögten von Mätsch 1392 (siehe n. 172 dieser Lieferung),
Freund Tölzers von Schellenberg 1396 (siehe n. 183).
3 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
4 Mörling — Merningen, Untervintschgau.
5 Laatsch, Gerichtsbez. Glums, Obervintschgau.
6 Fürstenburg bei Mals, Obervintschgau.
207. Chnrburg, 1410 April 6.
Vogt Ulrich von Mätsch1 der Ältere, Graf zu Kirch-
berg, schreibt an den Marschall Herzog F r i e d r i c h s 2 von
Österreich, E k h a r t von V i l an d e r s und an dessen Bru-
der Georg, es sei bekannt, dass wegen der Streitigkeiten, «die da
lang zit t z w ü s c h e n dem b i s c h o f e dem Capitell vnd gotzhus ze
C u r » einerseits und seinem Vetter und ihm andererseits bestanden,
Friede bis zum kommenden Georgentag bestehe, den Herzog Fried-
rich um ein Jahr verlängert habe. Da aber Diethegan von
M ar m e l s , Pfleger auf Fürstenburg eine Einwendung gemacht
habe, dass der Friede nicht länger bestehen könne und weil Ulrich
— 369 —
und' seine Vettern in allen bisherigen Vereinbarungen nie zu ihrem
väterlichen Erbe kommen konnten und der « B i s c h o f f 6 das Ca-
pitel vnd och das gotzhus ze C h ü r Mir min veatterlich erb : mit
gewalt an recht Jngenomen vnd entwert hat», so mahnt er sie gemäss
des Bundesbriefes5, sich am kommenden Georgentag bei ihm' einzu-
finden und ihm zu helfen, das geraubte väterliche Erbe wieder zu
gewinnen.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I, n. 9679. — Papier
20,9 cm lang X 21,3, — Unterschrift Vogt Ulrichs; auf der Rückseite aufge-
drücktes Siegel, rund, 2 cm, grün, Mittelstück fehlt. Umschrift: . S . VLRI . .
V M . . S - . Rückseite: «1410 IV. 6 I 9679» (Bleistift), Archivstempel. «1410».
Regest: Ladurner, Die Vögte von Matsch, Zeitschrift d. Ferdinandeum
3. Folge, Heft 17, S. 69.
1 Matsch, Obervintschgau.
2 Herzog Friedrich f 1439.
3 Vilanders bei Klausen im unteren Eisacktal, Südtirol.
4 Marmels im .Oberhalbstein, Graubünden.
5 Seit dem 23. August 1406 bestand ein Adelsbund in Tirol, dem sowohl
die Vögte von Mätsch wie die von Vilanders angehörten. Vergl.
Ladurner, Die Vögte von Matsch, S. 58.
6 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
208. Chur, 1410 Dezember 7.
Hans von V n d e r w e g e n 1, sesshaft in S c h a n f i g g ,
Hans sein Sohn, Andres G an o f und Hans, der Knecht des
genannten Hans von Vnderwegen1 einesteils und Andres,
W a 11 h e r S chmit s sei. Sohn, Bürger zu Chur andererseits
erklären, dass zwischen ihnen Feindschaft geherrscht habe und leider
W a l t h e j Smit und auch T u f f von Funtana umgebracht
worden seien, auch sei es zwischen Andres G an o f und H e n s -
- 370 -
/ i n von Underwegen1 dem Jüngeren sowie Andres S m i t
auf der F r e i u n g zu Chur zu einem Auflauf gekommen. Nun
haben sie die Sache gänzlich in die Hand des «Edeln wolgebornen
vnsers genedigen herren Byschoff H a r t m a n s 2 von C h u r » ge-
geben,' der ein Schiedsgericht bilden soll. Sie schwören dem Bischof
Genugtuung zu leisten, falls ein gerichtlich zu ahndendes Vergehen
vorliege. Als Bürgen geben die von Underwegen1 und G an o f
ihre Freunde Hans S e l o s s, genannt V itztum und Luzi Boy.
Original im Museum Ferdinandeum Innsbruck n. 334. — Pergament
18 cm X 40,5, Plica 3 cm. — Siegel an Pergamentstreifen: (Hans v. Under-
wegen) rund, 2,7 cm, gelb, abgewetzter Spitzovalschild in Sechspass. Umschrift:
IO . ANIS . D ' : D V N - - . 2. (Hensli v. Underwegen) rund, 2,7 cm, gelb, in
Sechspass Spitzovalschild mit rechtem Schrägbalken. Umschrift abgewetzt:
IOHANIS . D . V N . . R -3. (Ganof) rund, 3,2 cm, gelb, Spitzovalschild un-
deutlich (Blume ?), Umschrift: + S . A N D R . . . A N O F - . 4. (Heinz v. Under-
wegen) rund, 2,6 cm, gelb, schiefgestellter Spitzovalschild undeutlich, Um-
schrift unleserlich. 5. (Ott v. Castelberg) rund, 3,2 cm, gelb, Tierrumpf im
Spitzovalschild. Umschrift: S . OTT . . D . CASTELBG - . 6. (Peter Ganof) rund,
3,3 cm, gelb, auf Spitzovalschild Feuerbock ? mit Helm und Helmzier. Um-
schrift verwischt. 7. (Hans Rüegg) rund, 2,5 cm, gelb, schiefgestellter Schild,
Menschenrumpf, Umschrift verwischt. 8. (Simon Pattion, Kanzler) rund,
4,3 cm, gelb, in Spitzovalschild grosser Adler. Umschrift beschädigt: SIMON - .
Rückseite: «Cautio Joannis de Vnderwegen et andreae Ganoff» (16. Jahrh.);
«de 6. decembris 1410» (17. Jahrh.); «Lade-Varia-D»; «G»; «E 1877 A N 221»
(19. Jahrh.).
1 Zu dieser mit Liechtenstein verbundenen Familie siehe n. 164 dieser
Lieferung.
2 Hartmann'von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
209. ' Chur, 1411 Februar 23.
Graf « H a r t t m a n n 1 von W e r d e n b e r g , von S a n g a n s ,
von Gottes genaden B i s c h o f f zue C h u r » verleiht dem beschei-
denen Knecht G e r h a r t Walch und seinen Erben eine Mühle im
- 371 -
Kirchspiel zu K l ö s t e r l e 2 und eine "Walke am Wasser A l f e n z
und setzt fest, dass niemand anderer an denselben Bächen eine Mühle,
Säge, Stampf oder Walke bauen oder die Bäche ob der Mühle und
Walke anderswohin leiten solle. Als Zins soll Walch ihm oder
seinem Amtmann « i n W a l g e w » jährlich auf St. Martinstag
«vf vnser Vesste gehn S o n n e n b e r g 3 » zwei gute Wertkäse4
« W a l g e w e r » ' Gewicht liefern.
Ins er t in der Urkunde von 1610 ]uni 10 (für Alexander Schuoler und
seine Ehefrau Christina, besiegelt von Bartholome Renz, Landammann der
Herrschaft Sonnenberg) im Landesregierungsarchiv Innsbruck P. n. 4150.
1 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
2 Klösterle, Vorarlberg.
3 Burg Sonnenberg oberhalb Nüziders, im Walgau, Vorarlberg, von
Hartmann wiederaufgebaut und benannt.
4 Siehe darüber Liechtensteinisches Urkundenbuch 3. Band, 2. Liefe-
rung n. 18, Anmerkung 2 (Vaduz um 1340 betr.).
210. Chur, 1412 August 25.
« H a r t m a n 1 von gottes gnaden bischoff ze C h u r » verleiht
dem Blasius de l a Porta von C h u m2, Bürger zu Chur zu
einem Erblehen sein Haus zu Chur samt Zubehör, das vormals
Meister U t z e n gewesen, um einen Zins von drei churwelschen Mark
zu je acht Pfund Maylesch für die Jahrzeit, die sein Vorgänger Bischof
Johannes gestiftet hat.
Transsumpt des Abtes Johann von St. Luzi zu Chur von 1513
Januar 14 im Museum Ferdinandeum Innsbruck n. 335, aufgerichtet durch den
Notar Andreas Gabion. — Pergament 37 cm lang X 40, Plica 5,2 cm. Siegel
des Abtes von St. Luzi mit Notarszeichen. Rückseite: «ain transsumpt von
ainem abt von S. Lutzi yber ainen brieff halt Jn wie Bisch. Hartman Blasio de
la porta ain huss hofstat hoffraite vnnd garthen zu Chur in der stat gelegen,
- 372 —
das maister vczen gewesen ist, hinleiht zu lehen daruon zinßet Er Jahrlich
auf St. Martistag drey Churwalsch Marckh» (16. Jahrh.); «No. 12», «14»;
«1412 Haus in der Stadt Cur» (Bleistift 19. Jahrh.).
1 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416, Bischof zu
Chur ab 1389.
2 Como, Italien.
3 Johannes, Bischof 1376 - 1388.
211. 1412 September 1—27.
Herzog F r i e d r i c h 1 präsentiert dem Bischof H artmann-
( H a r t m a n n o Episcopo Curiensi») von Chur für die durch den
Tod Heinrich Burkhards von' Rabenstein erledigte
Pfarre T i r o l 3 Ulrich Putsch, Pfarrer von T i s e n s 4 .
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I, n. 5553. — Perga-
ment 14,1 cm lang X 31,1, Plica 5,5 cm. — Durch Mäusefrass grosses vier-
eckiges Loch im Text. Siegel (Herzog Friedrich) rund, 3,3 cm, rot in gelber
Wachspfanne, Dreipass mit drei Schildern.
Regest im Lahdesregierungsarchiv Innsbruck im Codex n. 3105
«Präsentationes liber 2 Churer Bistumb» fol. 37 a aus dem späten 15. Jahr-
hundert.
1 Herzog Friedrich von Österreich-Tirol f 1439.
2 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz, Bischof von Chur
fl416. Siehe n. 212.
3 Tirol, Bez. Meran, Südtirol.
4 Tisens, Gerichtsbez. Lana, Südtirol.
212. Chur, 1412 September 27.
« H a r t ( m a n a ) n u s 1 dei et apostolice sedis gracia Episcopus
Curiensis» investiert den von Herzog F r i e d r i c h 2 präsentierten
Ulrich Putsch, Pfarrer von T i s e n s 3 mit der Pfarre T i r o l 1 .
— 373 -
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck 1, n. 5554. — Perga-
ment 16,8 cm lang X 25, Plica 3 cm, durch grosses Mäusef rassloch sehr be-
schädigt. — Siegel Bischof Hartmanns: hängt an Pergamentstreifen, rund, 4 cm,
rot in gelber Wachspfanne, Flügelbaldachin mit Muttergottes und Montforter-
fahne. Umschrift: S' H A R T M A N N I + D E I . GRA . E P I . CVR - .
Regest des späten 15. Jahrhunderts im Landesregierungsarchiv Inns-
bruck, im Codex n. 3105, «Präsentationes liber 2, Churer Bistumb» fol. 37 a.
a Loch.
1 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz, Bischof von Chur
fl416.
2 Herzog Friedrich f 1439.
3 Tisens, Gerichtsbez. Lana, Südtirol.
4 Tirol, Bez. Meran, Südtirol.
213. Schulst 1413 Mai 22.
« H a r t m a n 2 von gottes gnaden Byschoff ze C h u r » bestätigt,
dass ihm «sein güt fründ», Ritter Heinrich von Sehl and e r s -
b e r g s vierhundert Dukaten in Gold geliehen hat und verspricht
• diese Summe innerhalb vierzehn Tagen nach der Mahnung zurück-
zuzahlen.
Original im Museum Ferdinandeum Innsbruck n. 336. — Pergament
15,3 cm lang X 25,9, Plica 2,3 cm. — Siegel: rund, 3,6 cm, rot in gelber Wachs-
pfanne, Flügelbaldachin mit Muttergottes und Kind, darunter zwei Spitzoval-
schilde mit undeutlichen Wappen. Umschrift: + S ' H A R T M A N N I + DEI
GRA + EPI + CVR 9 —. Rückseite: «des Bischoffs von Chur b'rief» (15. Jahrh.);
«N 17-Hainrichs von Schlandersperg schultbrief von Bischoff von Chur vmb
40 Tuggaten»; «Von Montag vor S. Vrbanitag A° 1413 abgeben N : 17» (16.
Jahrh.); «E 1877 A N 221» (modern).
1 Schuls, Bezirk Inn, Kr. Untertasna, Graubünden.
2 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz, Bischof 1389 —1416.
3 Burg Schiandersberg im Untervintschgau, Südtirol.
— 374 -
214. Kislegg, 1413 August 2.
« T o e l l t z e r von S c h e l l e n b e r g » ehemals Pfleger und
Vogt zu Ehrenberg2, sagt aus über die Freiheit des Schaller-
h o f e s zu H e i t e r w an g : i von der Fraßsteuer und den Bau-
frohnen zur Burg Ehrenberg2 und der Klause. Entsprechend
der Offling durch die Leute von Heiterwang3 «Hess och ich sy
by ier fryhait beliben vnd hiess kain richter da nütz nemen vnd nam
och -selb da nütz». Ulrich Tussenhusen, des « T o e l l t z e r s
von S c h e l l e n b e r g 1 richter» bestätigt die Aussage und T öl z e r
von S c h e l l e n b e r g 1 siegelt.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck, Fridericiana 13,1. -
Papier 19,3 cm X 20,3..—' Mehrfach auch im Text eingerissen, mit kleinem
Loch. Am oberen Rand: «Pest A 1413» (Bleistift); Seitenrand: «22/xxxviii»
(18. Jahrh.); «1413 Aug. 2 Frid. 13/1» (Bleistift, modern). Siegel aufgedrückt,
beschädigt, rund, 3 cm, dunkelgrau, stehender Vierpass, unten schiefgestellter
Spitzovalschild mit zwei Querbalken, darüber Helm, Helmdecken, von der
Helmzier ein Horn teilweise erhalten. Umschrift: . to . 1 . . . de . sc . ellenbg . —
Rückseite: «kunschafft pro schallers hof zu Aiterwang» (17. Jahrh.); «133»
(Bleistift); «1413 Khundschafft der Freyheit des Schallerhoff zu Aiterwang»
(18. Jahrh.); «Frid 13/1» (Bleistift, modern).
Regest (ohne "Nennung Schellenbergs) im Landesregierungsarchiv
Innsbruck im Schatzarchivrepertorium, Lib 4, S. 175.
1 Tölzer III. von Schellenberg von Kißlegg; siehe Büchel, Geschichte
der Herren von Schellenberg II, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F.
Liechtenstein 1908, S. 19. — Tölzer war Pfleger bis 1403 laut Bestal-
lungsrevers von 1403 April 15 des Thomas von Freyberg (Landes-
regierungsarchiv Innsbruck 1, n. 1103).
2 Burg Ehrenberg bei Reutte, Tirol.
3 Heiterwang, Bez. Reutte, Tirol.
- 375 -
215. Chur, 1413 August 22.
König Sigmund bestätigt in Hinblick auf die Dienste, die
«vnser vnd des Richs lieber getrüer M e r c k von S c h e l l e n b e r g 1
Ritter, genant von k i s e l e k e » 2 geleistet, alle Briefe3, die er von
früheren Kaisern und Königen über Pfandschaften, besonders der
Kelnhöfe1 vor der Reichsstadt Lindau erhalten hat.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I, 6355 (liegt bei den
Kaiserurkunden). — Pergament 22 cm lang X 40, Plica 9 cm. — An Pergament-
streifen gut erhaltenes Siegel des Kaisers, rund 11,7 cm, gelb, in der Mitte
Kaiser zwischen Säulenhallen thronend mit je zwei Schilden rechts und links.
Umschrift (in gotischen Buchstaben) grosse Titulatur. Rückseite: «1413» (15.
Jahrh.); «König Sigmunden confirmation vber die pfandschaften vnd Kelnhof
d. anno 1413» (16. Jahrh.); «Ladl 104 Lib 5 fol . 410»(18. Jahrh.); «Lad N . 7»
(18. Jahrh.); «104» (Bleistift).
Regest im Landesregierungsarchiv Innsbruck im Schatzarchivreper-
torium, Lib. 5, S. 410 (16. Jahrh.).
Erwähnt: Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahrbuch
d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1908, S'. 41.
1 Über Marquard von Schellenberg siehe Büchel, am angegebenen Orte.
2 Kißlegg, Landkreis Wangen im Allgäu.
3 Unter dem selben Datum bestätigt Sigmund den Rittern Merck, Tölzer
und Max von Schellenberg von Kißlegg ihre Reichspfandschaften, die
Mühlen bei Leutkirch und die Kelnhöfe bei Lindau (Regest bei Alt-
mann, Die Urkunden Kaiser Sigmunds (1896) S. 38, n. 640, der obige
Urkunde nicht verzeichnet).
4 Oberraitnau, Schönau, Rickenbach und Aeschach..
216. 1414 Januar 27.
C unr at Sprenger von M e m m in g e n , des Grafen Ru-
dolf von M o n t f o r t 1 Knecht schwört dem Herzog Friedrich-
von Österreich, der ihn gefangen gehalten, und jetzt auf Bitte
— 376 —
des Grafen R u d o l f 1 freigelassen, Urfehde und bittet den « f r o m m e n
vnd vesten Jungkher M e r c k e n von S c h e l l e n b e r g » 3 mit-
zusiegeln.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I, n. 6782. — Perga-
ment 19,5 cm X 28,3, Plica 4,2 cm. — Die beiden Siegel an Pergamentstreifen:
1. (Sprenger) rund, 3 cm, gelb, Spitzovalschild mit zwei gekreuzten Geissein.
Umschrift grossteils verwischt: CVNR . . . NGE . . — . 2. (Schellenberg) rund,
2,9 cm, gelb, Spitzovalschild mit zwei Querbalken, Umschrift: + S . M A R K -
W A R D I . DE . SCHELLENBERG - . Rückseite: «Urfehd Conr. Sprenger von
Memmingen 1414» (16. Jahrh.); «Ladl 104 Sprenger Lib III. fol. 1266 1414»
(18. Jahrh.).
Regest im Landesregierungsarchiv Innsbruck im Schatzarchivreper-
torium Lib. 3, S. 1266 aus dem 16. Jahrhundert.,
1 Graf Rudolf von Montfort-Tettnang zu Rothenfels f 1425.
2 Herzog Friedrich von Österreich-Tirol f 1439.
3 Von Kißlegg ? Büchel, Geschichte der Herren von Schellenberg, Jahr-
buch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1908, S. 20 f f . , nennt drei
Mark von Schellenberg als Zeitgenossen.
217. Raden im Aargau, 1414 Juni / .
Kunz von Randegg1 und Immer von Sengen2, Schult-
heiss zu Bremgarten3 entscheiden in einem Streit zwischen dem
«frommen vesten Ritter hern C u n r a t e n von S c h e l l e n b e r g » 4
einerseits und Albrecht von Blumberg5 und dessen Sohn
Jakob andererseits wegen Pf äff H e r m an s seligen Pfründe und
wegen des Dorfes Bachen.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck II, n. 1362. '— Perga-
ment 18 cm lang X 29,5, Plica 3,8 cm~. — Nach dem Text wurden zwei gleich-
lautende Urkunden ausgestellt und von je einer Partei gesiegelt. Siegel: 1.
(Randegg) rund, 3,2 cm, gelb, Spitzovalschild mit Schildhaupt und Schräg-
rechtsbalken. Umschrift: + S . C O N R A D I . D . R A N D E G G - . 2. (Sengen) rund,
2,9 cm, gelb, Spitzovalschild undeutlich, Umschrift verwischt: . . ERII . DE .
- 377 -
SENGEN — . 3. (Blumberg) rund, 3,6 cm, gelb, drei Fehstreifen, als Helmzier
fiwei Federbüsche. Umschrift: S ' A TVS . . B . V M B E R G - . Rückseite:
«Ranndegk Senngen Schellenberg contra Blumberg 1414» (16. Jahrh.); Archiv-
stempel.
Regest: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus österr.
Archiven Hl, S. 38, n. 46.
1 Nach dem Wappen aus der Familie Randegg-Neidlingen (Kr. Kirch-
heim, Württemberg). Siehe Merz-Hegi, die Wappenrolle von Zürich,
S. 76.
2 Habsburgische Dienslmannenfamilie von Seengen, Bez. Lenzburg,
Kt. Aargau, später in Bremgarten.
3 Bremgarten, Kt. Aargau.
4 Konrad von Schellenberg, Sohn Märks nach Urkunde von 1406 Sep-
tember 24 (siehe n. 202 dieser Lieferung).
5 Blumberg, Burg beim gleichnamigen Dorf, Bezirksamt Donaueschin-
gen, Baden.
6 Bachen, Landkreis Donaueschingen, Baden (vor 1783 schellenbergisch).
218. Bozen, 1415 Oktober 1.
D i e t h e ga n von Marmels1, Burggraf auf Fürsten-
burg2 verpflichtet sich gemäss den Bestimmungen des Bündnisses
zwischen Erzherzog Ernst3 von Österreich und Herzog
F r i e d r i c h 1 seinem Bruder mit seinem Herrn, «herr H a r t -
m a n n 5 Byschoff ze C h u r » , den beiden Herren von Öster-
reich, ihrem Hauptmann an der Etsch und ihrer'ganzen Graf-
schaft Tirol jederzeit die Feste Fürstenburg2 offen zu halten,
nach dem Wortlaut des Bündnisbriefes6, den Bischof Hartmann5
den beiden Herren gegeben hat.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I, n. 9165. — Perga-
ment 13 cm lang X 29,5, Plica 2,2 cm. — Siegel hängt an Pergamentstreifen,
rund, 2,7 cm, dunkelgrau in gelber Wachspfanne, spitzovaler Schild, gespalten,
darüber Helm, als Helmzier Tierrumpf. Umschrift: S . D I E T H E G E N . DE .
M M . L E S —. Rückseite: «Marmels offnung auf fürstenberg 1415» (17.
Jahrh.); «Chur 1.135» Archivstempel.
Abschrift des 17. Jahrhunderts im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in
Wien, Schweizerakten.
Druck: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus österr.
Archiven III, S. 57, n. 60 (wo auch die Regesten von drei weiteren Urkunden
dieses Datums, die bis auf die Namen gleichlautend sind). •
1 Marmels, Kreis Oberhalbstein, Graubünden.
2 Fürstenburg bei Mals, Obervintschgau, Südtirol.
3 Ernst von Österreich f 1424.
4 Friedrich von Österreich-Tirol f 1439.
5 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
6 Bischof Hartmann erneuerte noch in der Gefangenschaft sein Bündnis
mit Österreich am 10. September 1415 (Thommen III, n. 58).
219. Bozen, 1415 Oktober 1.
Jakob von Porta1, Burggraf auf G r e i f e n s t e i n 5 gelobt
Erzherzog Ernst- von Österreich und Herzog Friedrich'3
seinem Bruder gemäss ihrem Bündnis mit seinem Herrn «her hart-
m a n n 4 Byschoff ze C h u r » die Feste G r e i f e n s t e i n 5 die er
vom Bischof innehat, den beiden Herren von Österreich, ihrem
Hauptmann an der Etsch und auch ihrer ganzen Grafschaft Tirol
allezeit offen zu halten, nach Vfortlaut des Bündnisbriefes, den Bischof
Hartmann1 den beiden Herren gegeben hat.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck I, n. 452. — Pergament
12,6 cm lang X 27, Plica 2,7 cm. Siegel hängt an Pergamentstreifen, rund,
2,7 cm, gelb, Siegelfläche abgefallen. Rückseite: «Porta dienstr. Tirol 1. 86»
(16. Jahrh.); «Apercio Castri Gryffenstayn Austrie seu Tyrolen.» : (16. Jahrh.).
Druck: Thommen, Urkunden zur Schweizer Geschichte aus österr.
Archiven III, S. 57, n. 60 (wo auch auf drei weitere Urkunden hingewiesen
wird, die bis auf die Namen mit obiger gleichlautend sind). Siehe n. 218
dieser Lieferung.
Regest: Lichnowsky, Geschichte d. Hauses Habsburg 5, n. 1591;
Krüger, Die Grafen von Werdenberg, Regest n. 770 (nach Lichnowsky).
- 379 -
Siehe auch Liechtensteinisches Urkundenbuch, Band I, S. 301 (1411,
Dezember 11).
Ernst von Österreich f 1424.
Friedrich von Österreich f 1439.
Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416. Siehe n. 218.
Burg bei Filisur, Bez. Albula, Graubünden.
220. • Fürstenburg1, 1415 Oktober 14.
« H a r t m a n n 2 von gottes gnaden Byschoff ze C h u r » ver-
leiht dem Erasmus von Lie cht enb er g3 und dessen Vettern
Ruprecht und Cr i s t a von Liechtenberg3, den Zehent,
welchen einst Daniel von L i e c h t e n b e r g 3 innehatte, nämlich
den Zehent zu Li e cht enb er g3, von dem sie ihm jährlich nach
Fürstenburg1 42 Mutt, zwei Teile Roggen und den Drittel Gerste
zu liefern haben, färner den Zehent zu L i e c h t e n b e r g 3 auf dem
Berg, einen Teil des Zehents zu Latsch^ und einen Teil des
Lämmerzehents im Tal T a u f e r s 5 .
1
2
3
4
5
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck, P. n. 196. — Perga-
ment 18,5 cm lang X 30,8, Plica 4,5 cm. — Siegel hängt an Pergamentstreifen,
rund, 4 cm, rot in gelber Wachspfanne, Flügelbaldachin, in der Mitte Mutter-
gottes mit Kind, darunter zwei' Schilde mit Steinbock und Montforterfahne.
Umschrift: + S ' H A R T M A N N I + D E I + GRA +EPI + C V R + - . Rückseite: «Ain
Lehenbrief von Bischof hartman ze Chur aim liechtenperg ubergeben» (16.
Jahrh.).
1 Fürstenburg bei Mals, Obervintschgau, Südtirol.
2 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
3 Liechtenberg, Gerichtsbez. Glums, Obervintschgau.
4 Laatsch, Gerichtsbez. Glums, Obervintschgau.
5 Taufers, Gerichtsbez. Glums, Obervintschgau.
— 380 —
221. Hall, 1416 Januar 21.
Erzherzog Ernst1 von Österreich schreibt an den
«Erwirdigen vnser lieben frewnd, hern h a r t t m a n n 2 , Bischouen
ze C h u r » ; er ladet ihn oder seinen Anwalt zu einem Tage auf den
Sonntag Reminiscere (15. März) zu sich an einen noch unbestimmten
Aufenthaltsort in der Grafschaft Tirol oder im I n n t a l , um ihn
und den Vogt von Mätsch3 wegen des zwischen beiden strittigen
Zehents zu G l u m s 1 zu vernehmen und sein Urteil zu sprechen.
Original im Landesregierungsarchiv Innsbruck, Fridericiana 16,1.—
Papier 21,6 cm lang X 30,8. — Am Rand: «Fridericiana -Frid. 16/1 1416 Jan. 21»
(modern). Rückseite: Siegel, rund, 3,5 cm, fünf Wappenschilde, bedeckt von
achteckiger Papiermarke; «1416» (16. Jahrh.); «Ernst Ae.» (19. Jahrh.) und
obige moderne Bemerkung.
1 Ernst von Österreich f 1424.
2 Hartmann von Werdenberg von Sargans zu Vaduz f 1416.
3 Über die Vögte von Matsch siehe Ladurner, Zeitschrift Ferdinandeum,
3. Folge, 17. Heft.
4 Glums, Vintschgau, Südtirol. '
222. 1416 April 20.
Burkhard und Beringer von Hohenlandenberg1
die Pfandherren von Burg Gutenberg, verleihen dem Ulrich
Rü t z e r 2 und seiner Ehefrau Anna Ra s s uny n3 eine Anzahl
Güter zu Balzers* und M ä / s s um fünf Wertkäse und neun
Viertel Korn.
B u r k vnd B e r i n g e r von h o h e n l a n d e n b e r g 1 ge-
brüder haben / zu Erbrecht gelihen V l r i c h e n R ü t z e r 2 vnd
A n n e n R a s s u n y n 3 seiner / eelichen frawen sesshaft ze
B a 11 z e r s 4 vnd Jren Erben die her nachge / schribnen gutter vnd
— 381 —
stuckh Jtem des Ersten anderthalb Juchart Ackers / Jm R a 11 i 11 5
stozt an t h o m a n s 6 gut vnd gen dem wasser / auf den R a i n 7 ,
Jtem ain Juchart Ackers Jn dem vndern feld 8 z ü / M a i l s 9 stozt oben
an h e i n r i c h v o n y i 11 1 0 gutt anderen Seiten an t h o / m a s 6
gut jm t r i a n g e l 1 1 , vnd vnden an f a i s t l e i n s 1 2 gut Jtem ain/
mitmal 1 3 ackers zwischen c l a s e n V o g t s 1 4 gut gehört z ü / der
L u r e n 1 5 vnd f a i s t l i n s 1 2 gut, Jtem ain halb Juchart ligt / an
a r aet s c h 1 6 an des G a n t e r s 1 7 vnd an M a r t i n des Vogts 1 4/ gut
gehört zü der b ü r g 1 8 , Jtem drej vierdung 1 9 korn gelts / ab dreien
Mitmal 1 3 ackers die ligend zwischen R u d i / v i s c h e r s 2 0 gut vnd
der gassen, Jtem ain halb viertail waitzen / ab g r e s t e n 2 1 , Jtem Jn
g a g u t z 2 2 ain halb Juchart ligt zwischen / der g a n t n e r s 1 7 vnd
des v i s c h u s e n 2 3 gütter, Jtem ain wisen p r ä l a v i s c h 2 4 / halb
stozt ausserthalb an die waid Jndrent 2 3 an v a i s t l i n s 1 2 / gut vnd
an R u s c h e n 2 6 gütter /Jtem zwaj Manmad wisen / J n G ä r r a i 2 7
zwischen R u s c h e n 2 6 vnd C l a s e n f l u r i s 2 8 gütter, Jtem / ain
Mammad Jn g a 1 o g a u 1 a 2 9 , stözt vnden an des a m m a n s 3 0 /
süns saligen kind gut Vnd an N e s e n v o g t i n 1 4 güt, Neben / z ü
a n G r e t h e n M a r t i n 3 1 güt, Jtem ain halb Rietlin / Jn s o i t e n 3 2
als dann ain brief von Jm aussgangen darum stet / an Montag .vor.
sand Jorgentag nach Christi gepurt / xiiij C xvi Jar /darnach auss den
stucken vnd / güttern sullen sy vnd Jr erben jarklich vnd alle jar
Zinsen / vnd raichen auf sand Michels tag funff güt vngeuar / lieh
wertkaß 3 3 vnd danach zü hand auf weihenachten / auch alle Jar N e ü n
viertail guts vngeuarlichs korns 3 4 /
Auszug des späten 15. Jahrhunderts (etwa 1474) im Landesregierungs-
archiv Innsbruck im Liber fragmentorum, Band III, fol. 234 a. — Papierblatt
eines aus einzelnen Heften in -Leder zusammengebundenen, 488 Blätter um-
fassenden Folianten, der auf fol. la oben «Registrum Feodorum» bezeichnet
ist, unter der fol. 182 beginnenden Rubrik «Lehen Veitkirch vnd Bregentz»,
30,5 cm lang X 22, linker freier Rand 4,5 cm. — Überschrift oben «Güttem-
berg» gleichzeitig); am linken oberen Rand: «Erbrecht» (16. Jahrh.). Schrift
des späten 15. Jahrhunderts; die vorausgehenden Auszüge sind spätestens und
zwar oft 1474 datiert, ebenso die darauffolgenden; auf fol. 295 b steht
«Octuagesimo» als Überschrift.
382 —
1 Aus der habsburgischen Ministerialenfamilie; siehe n. 161.
2 Unbestimmt. Bei Ospelt, Sammlung liechtensteinischer Familiennamen
(Jahrbuch d. Hist. Vereins 1939) nicht verzeichnet.
3 Hans Rassün im Eschner Jahrzeitbuch, hgg. von Perret im Liechten-
steinischen Urkundenbuch unter dem 23. April; Rassun am Eschner-
berg 1455 nach Ospelt, Sammlung liechtensteinischer Familiennamen,
Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1939, S. 104.
4 Balzers, Liechtenstein.
5 Iratill, Flurname in Balzers nach Ospelt, Sammlung liechtensteinischer
Orts- und Flurnamen, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein
1911, S. 58. .
6 Thoma bodenständig in Balzers nach Ospelt, Jahrbuch 1939, S. 112.
7 Rain unbestimmt.
8 Unterfeld in Balzers (Ospelt, • Sammlung liechtenst. Orts- u. Flur-
namen, Jahrbuch 1911, S. 110.
9 Mäls, Gde. Balzers.
10 In Balzers bodenständig (Büchel, Jahrbuch 1938, S. 126; Ospelt, Jahr-
buch 1939, S. 81) (von Pill).
11 Dreiangel, Flur in Balzers, nach Ospelt, Jahrbuch 1911, S. 31.
12 Bedeutende Familie in Vaduz; siehe die Zusammenstellung von Ospelt
im Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein 1939, S. 80.
13 Flächenmass für Getreide, etwa 8,36 Ar. (100 Schritte lang, 10 breit).
14 Vogt bodenständige Familie in Balzers; siehe Ospelt, Jahrbuch 1939,
S. 114 (nur mit sehr späten Belegen).
15 Unbestimmt.
16 Annaresch, Flurname in Balzers nach Ospelt, Jahrbuch 1911, S. 15.
17 Ganter, nach dem weiteren Text verschrieben für Gantner; diese
Familie ist nach Ospelt (Jahrbuch 1939, S. 83) 1410 in Vaduz nach-
zuweisen.
18 Gutenberg.
19 Identisch mit Vierling, der vierte Teil eines Viertels (etwa 6 Liter).
20 Vischer nach Ospelt (Jahrbuch d. Hist. Vereins 1939, S. 114) 138S
in Gamprin.
21 Gresta, Flurname in Balzers, (Ospelt, Jahrbuch 1911, S. 29).
22 Gagutz, Flurname in Balzers, (Ospelt, Jahrbuch 1911, S. 40).
23 Uli Vitschhus zu Balzers 1474 (siehe Ritter, Liechtensteinische Urkun-
den im Landesregierungsarchiv Innsbruck, Jahrbuch d. Hist. Vereins
f . d. F. Liechtenstein 1936, S. 76). Vergl. auch «pitsthausen veld» 1363
im Urbar des Grafen Rudolf von Montfort-Feldkirch (Liechtensteini-
sches Urkundenbuch, 3. Band, n. 157, S. 292).
24 Pralawisch, Flurname in Balzers nach Ospelt, Jahrbuch 1911, S. 85.
— 383 —
25 innerhalb.
26 Rusch unbestimmt. -
27 Unbestimmt.
28 Florisgatter in Balzers nach Ospelt, Jahrbuch 1911, S. 38.
29 Wahrscheinlich Gagöllen, Flurname in Triesen (Ospelt, S. 40).
30 Nach Ospelt (Jahrbuch 1939, S. 72 schon 1361 in Triesen auftretend.
31 In Balzers- heimische Familie (Ospelt, Sammlung liechtensteinischer
Familiennamen, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein
1939, S. 97).
32 «ain Riedlein in Sorta» 1474 in Balzers nach dem Schatzarchiv-
repertorium, Lib. 4, S. 611 (Landesregierungsarchiv Innsbruck), ab-
gedruckt bei Ritter, Jahrbuch 1936, S. 76.
33 Über Wertkäs, siehe Liechtensteinisches Urkundenbuch, 3. Band, n. 18,
S. 44.
34 Das in Unterrätien seit alters übliche Mischkorn.
— 383 —
25 innerhalb.
26 Rusch unbestimmt. -
27 Unbestimmt.
28 Florisgatter in Balzers nach Ospelt, Jahrbuch 1911, S. 38.
29 Wahrscheinlich Gagöllen, Flurname in Triesen (Ospelt, S. 40).
30 Nach Ospelt (Jahrbuch 1939, S. 72 schon 1361 in Triesen auftretend.
31 In Balzers- heimische Familie (Ospelt, Sammlung liechtensteinischer
Familiennamen, Jahrbuch d. Hist. Vereins f . d. F. Liechtenstein
1939, S. 97).
32 «ain Riedlein in Sorta» 1474 in Balzers nach dem Schatzarchiv-
repertorium, Lib. 4, S. 611 (Landesregierungsarchiv Innsbruck), ab-
gedruckt bei Ritter, Jahrbuch 1936, S. 76.
33 Über Wertkäs, siehe Liechtensteinisches Urkundenbuch, 3. Band, n. 18,
S. 44.
34 Das in Unterrätien seit alters übliche Mischkorn.