Jahrbuch
des
Kistorischen W e r e i n s
für das
Jürstentum Liechtenstein.
Fünfter Band.
V a d u z .
Selbstverlag des Vereins.
1S0S,
InHcltts-Merzeichnis.
Seite
I, D r . F r a n z Josef K i n d :
Peter Kaiser 1793-1864 6
II. D r . A l b e r t S c h a e d l e r :
Die alten Rechtsgewohnheiten und Landsordnungen der
Grafschaft Vaduz und Herrschaft Schellenberg, sowie
des nachherigen Fürstentums Liechtenstein . . . 39
III. J o h a n n B a p t i s t B ü c h e l :
Regesten zur Geschichte der Herren von Schellenberg
(IV. Folge) 87
IV. K a r l v. I n d e r M a n r :
Feldmarschall Johann Fürst von Liechtenstein und seine
Regierungszeit im Fürstentum 149
V. Vereinschronik:
Bericht über die Jahresversammlung . . . 219
b) Mitgliederverzeichnis 224
e) Verzeichnis der Tauschvereine 227
H>eter K a i s e r
(1793—1864) .
V o n
Dr Franz J o s e f Kind.
( M i t einem Bildnisse Kaisers), *)
*) Das Bi ldn i s ist die photographischc Wiedergabe eines Portraits
von Kaiser, welches Sannibal Jenny von Vaduz anfangs der Fünfziger
Jahre gemalt hat, und das sich im Besitze des Landtagsnbgeordneten
Jakob Kaiser in Mauren, des Neffen von Peter Kaiser, befindet.
Wurde im vorvergangenen Jahre in diesen Blä t te rn das
Andenken eines Mannes aus unserem Volke verherrlicht, der
groß war als Meister der Tonkunst und zugleich als edler
Menschenfreund auch der Wohl tä ter seiner Heimat wurde:
so möge der folgende Lebensabriß in uns die Erinnerung an
einen M a n n der Wissenschaft wachrufen, der aber auch bezüg-
lich der Liebe zu seinem liechtensteinischen Heimatlande einen
würdigen Platz neben Josef Rheinberger findet,
I. 'Meter Kaiser's Jugend- und Studienjahre.
P e t e r K a i s e r , bekannt unter dem Namen Rektor
Kaiser, wurde den 1, Oktober 1793 zu M a u r e n im Fürs tentum
L i e c h t e n s t e i n als das achte von elf Kindern der braven
nnd angesehenen Bürgers leute M i c h a e l K a i s e r und A n n a
M a r i a geb, M a t t geboren.
Der hochbegabte und gemütsvolle Knabe wendete sich
ziemlich früh dem Studium der Wissenschaften zu, zuerst an,
Gymnasium des benachbarten F e l d k i r c h . Schon 1810 finden
wir ihn aber in W i e n . V o n dort aus schreibt er am 6. Dez.
1810 an seine Eltern, er sei das erstemal unter 55 Schülern
der E r s t e mit k e i n e m Fehler geworden, das zweite M a l
mit e i n e m Fehler der Vierzehnte, daraus können sie denken,
wieviel gnte Schüler es in seiner Schnle gebe; in Feldkirch sei
er mit e i n e m Fehler der Erste geworden, Schulgeld brauche
er keines zu bezahlen, weil er Aufseher über die Schüler sei;
sonst müsse man 16 Gulden jährliches Schulgeld bezahlen.
Doch hatte der wackere Student zuweilen mit Krankheit
zu kämpfen. S o befand er sich J ä n n e r 1811 in Gefahr, durch
den schwarzen Staar das rechte Auge zu verlieren, wurde aber
durch Professor v. Friederich geheilt, der ihm, ivie er mit
Freuden nach Hause berichtet, nichts abnahm als sür fünf
Medizinen die kleine Summe von 3 Gulden 17 Kreuzer (Brief
vom 12. J ä n n e r 1811, welchen er dem Gesetze des Doktors,
das Auge gar nicht anzustrengen, zuwider geschrieben habe).
I m gleichen Jahre 1811 verlor er seinen guten Vater,
Rührend sind seine Klagen über diesen Verlust besonders in
— 8 —
einem Briefe an die Mutter vom 7. A p r i l 1812. E r war nun
für die Fortsetzung seiner Studien auf diese seine treubesorgte
Mutter und seine Geschwister angewiesen. Die Zeiten waren
schlimm: schlechte Jahre, Kriegsnot, so daß es der Familie gar
nicht leicht wnrde, ihm die nötigen Gelder zu schicken. E r
wußte aber auch in seinen Briefen so eindringlich zu bitten
nnd war fü r jede Gabe, die ihm zukam, so herzlich dankbar,
daß immer wieder etwas sloß. M i t Energie wehrt er sich in
einem Brief an seinen Bruder Jakob gegen den von Letzterem
leise angedeuteten Verdacht, als ob er vielleicht zu wenig
sparsam sei. I n demselben Briefe ermahnt er diesen und die
übrigen Geschwister sehr eindringlich, doch ja mit der Mutter
gut zu sein, sie durch keine großen Arbeiten zn beschweren,
ihr gehorsam zn sein, ihr auch nach ihrem Gutdünken, um
ihre alten Glieder zu stärken, Wein zukommen zu lassen: ein
edles Kinderherz! Doch auch diese liebe Mutter erkrankte und
starb schon im Jahre 1813. Peter fühlte die ganze Größe dieses
Verlustes, der ihn seines Liebsten beraubte und zugleich mit
Knmmer fü r die Zukunft erfüllte. Besonders weh tat es ihm
auch, daß er die Mutter nicht mehr hatte sehen können. A n
seine Brüder schrieb er am 28. Okt. 1813: ') „Lange stand ich
da, ohne daß ich wußte, ob ich wache oder t r ä u m e ; der
Schmerz hatte mich stumm gemacht, bis ich endlich bei völliger
Besinnungskraft anfing, meine schreckliche Lage zn überdenken;
da flössen heiß die Thränen über die Wangen herab. Die gnte
Mutter uoch einmal zn sehen, wär mein heißester, innigster
Wunsch gewesen, und mein Herz hatte sich schon lange nach
diesem glücklichen Augenblick gesehnt. Aber anders stand es im
Bnche des Ewigen geschrieben. . . . Das arme Herz kann es
nicht glauben; und doch ist es allzuwahr! Also habe ich
Niemand mehr, soweit die Sonne reicht, dem ich mein Elend
klagen könnte, der Mitleiden mit mir hätte, der mich liebte.
Meine ganzen Hoffnungen, mein einziger Trost ruht im stillen
Grabe." A n den Ausdruck seines bittern Schmerzes schließt
er eine eindringliche Ermahnung zur gegenseitigen Eintracht
unter den Brüdern . „ W i r Brüder müssen uns von dem
i) Bezüglich der Orthographie haben wir in den Zitaten aus
Kaiser's Briefen oder Schristen seine Schreibweise kopiert.
— 9 —
schiveren F a l l erheben und zeigen, daß wir die harten Schläge
des Schicksals männlich ertragen können. W i r sind uns selbst
die Nächsten; die Bande der Natur und der zärtlichsten Liebe,
und endlich gegenseitiges Unglück knüpfen uns unauflöslich
aneinander. S o wollen wir bleiben bis an's Ende trotz aller
S t ü r m e des Schicksals. Ich vollende, was ich angefangen habe,
und werde Euere Freude, da ich die der Mutter nicht werden
konnte. Wenn wir so leben, und mit Liebe einander zur Hand
gehen, so haben wir die Aeltern geliebt, und im Grabe noch
werden sie sich ihrer Kinder freuen. Dies ist der Dank, den
wir ihnen zollen können. I h r führet die Wirthschaft gnt
und weise, seyd mein Trost und meine Stütze, nnd so bleibt
es im Alten. Was meine Aeltern waren, das seyd I h r
V o n nun an laßt mich Mitwisser uud Theilnehmer Euerer
Geschäfte seyn. Ich werde Euch beistehen mit einem guten Rathe.
W i r wollen in Allem eine Seele seyn, und uns gegenseitig
zum Guten aufmuntern. Wo vereinte Kräfte, wenn auch auf
verschiedenen Bahuen, zu einem Zwecke mit Klugheit und
Vorsicht arbeite!?, da geht alles geschwind und glücklich von
Statten." Bezüglich seiner eigenen Verhältnisse bemerkt er in
diesem Briefe, daß es ihm jetzt ziemlich gut gehe, er habe beim
Herrn v. T e l t s c h e r ein anständiges Quartier und gute Kost
und überdies noch 15 f l . R . W . monatlich fü r den Unterricht
von dessen Knaben. Trotzdem sehe er sich aber noch genötiget,
die Hilfe der Brüder in Anspruch zu nehmen, teils um V o r -
gestrecktes zurückzugeben, teils wegen neuer Anschaffungen. A m
Schlüsse des Briefes legt er den B r ü d e r n noch in besonderer
Weise — und es ist dies wieder ein so schöner Zug seines
liebevollen Bruderherzens — die Erziehung des jüngsten damals
zwölfjährigen Brnders Mathias ans Herz, wie er sich auch
in den späteren Briefen wiederholt mn denselben interessiert,
und schließt mit den Wor ten : „Und nun, Brüder , wollen wir
uns umarmen nnd uns gegenseitig trösten, und brüderlich lieben,
daß wir den großen Verlust weniger schmerzlich empfinden.
Der Segen Gottes wird uns baun tausendfach unser Unglück
i) Vaters des Alt-Vorstehers und Landtagsabgeordnetcn Jakob
Kaiser in Mauren und des Professors an der Universität Livorno und
Laval iers «lollkl Loroua cl'ltnlia Johann Kaiser.
— 10 —
vergelten, und mit inniger Seelemvonne merden die Aeltern
vom Himmel ans uns herabschauen."
Einen sehr schönen Brief hatte Peter schon während der
Krankheit der Mutter am 7. Oktober 1813 an feinen Bruder
Jakob geschrieben, der ihn um Rat angegangen hatte. W i r
haben da einen von Liebe zu seiner Familie und zu seinen
Mitmenschen durchdrungenen christlichen Philosophen vor uns,
der das Verhalten des Bruders als desjenigen, auf welchem nun
die F ü h r u n g der Haushaltung der Hauptsache nach lastete,
innerhalb der Familie, sodann gegenüber den Nachbarn und
anderen Mitmenschen, besonders auch den dürftigen, endlich
auch denjenigen gegenüber, die ihn hassen würden, nach den
Grundsätzen der reinen Menschenliebe und christlichen M o r a l
regelt. Dieser Brief ist einer der schönsten, die von Peter
Kaiser aus seiner Studienzeit aufbewahrt worden; Peter zählte
damals zwanzig Jahre.
Was überhaupt diese Briefe Kaisers aus seiner Studien-
zeit anbelangt, geben sie uns eiu schönes B i l d seiner edlen
Denkart, der erhabenen Auffassung seiner Aufgabe als Student,
sodann seiner feinen Bi ldung. S ie sind vielfach stilistisch form-
vollendet, stets mit schöner Hand geschrieben. Und wenn das
viele Bitten um Geld einem auffallen sollte, so darf man nicht
vergessen, daß er es notwendig brauchte, notwendiger als. die
Seinen zu Hause sich vielleicht vorstellen konnten. Wiederholt
beteuert er, wie er sich einschränke und bis zum Erkranken
durch Unterricht als Hofmeister (bei der Familie v. Teltscher)
sich abmühe, um den Seinigen die Last zu erleichtern. „Den
ganzen Tag muß ich lehren und lernen, und in der Nacht
größtentheils bis 12 und 1 Uhr fü r mich selbst arbeiten, und dann
um 5 Uhr aufstehen, die Schüler aufwecken, und bis 7 Uhr
sie unterrichten. Dies ist wahrhaftig! eine sehr große Arbeit,
die mich kränklich macht und die größten Kopf-Schmerzen ver-
ursacht. Weswegen ich auch v. 6. d. M . bis 14. d. M . das
Bett hüten mußte" (Brief an feine Mutter vom 16. Dez, 1812).
Und in dieser angestrengten Arbeit ließ er nicht nach, steigerte
vielmehr dieselbe noch in den folgenden Jahren, so daß- sich
zu den Kopfschmerzen noch solche auf der Brust einstellten.
„ E s mag das die Ursache seyn", schreibt er diesbetreffend am
— 11 —
8. Sept. 1815 an seinen Bruder Jakob, „daß ich seit meines
Hierseyns, und vorzüglich die letzten 2 Jahre 813, 814, und
auch dieses J ah r unausgesetzt allen Studien obgelegen habe.
D e n n m e i n G r u n d s a t z w a r , d a ß n u r de r sich u n d
a n d e r e g l ü c k l i c h m a c h e n k ö n n e , w e l c h e r v i e l e K e n n t -
n isse u m f a ß t . D a z u k o m m t noch d a s d e m ü t h i g e n d e
B e w u ß t s e y n , nach so v i e l e n A n s t r e n g u n g e n doch
n i c h t s z u w i s s e n . "
Auch akzentuierte er gern, wie hart die damaligen
Zeiten waren.
I n seinen Studien machte Peter Kaiser bei seinen vor- -
züglichen Talenten und seinem großen Fleiß, wie nicht anders
zu erwarten war, die besten Fortschritte; er bildete sich zum
Gelehrten aus. Besonders zogen ihn Geschichte und sprachliche
Studien an; nebst den klassischen Sprachen (lateinisch und
griechisch) beschäftigte er sich eifrig mit der Erlernung des
Italienischen und Englischen. Unter dem 11. August 1814
konnte er seinem Bruder Jakob schreiben: „Meine Studien
gehen gut von Statten; ich verlege mich nebst dem auf Erlernung
zweyer Sprachen, italienisch und englisch, und habe es darin
so weit gebracht, daß ich richtig schreiben und sprechen kann,
nnd alle Bücher verstehe, die in diesen Sprachen geschrieben
sind. Das Glück hat mir dazu verholfen. E i n Italiener, der
bey uns speist, lehrt mich unentgeltlich italienisch. Und durch
Z u f a l l wurde ich mit einem Engländer bekannt, der in unserm
Hause wohnt. W i r wurden dann vertrauter; weil er aber
wenig und schlecht deutsch sprach, kam ich aus den Gedanken,
englisch zu lernen, daß wir uns einander besser mittheile::
könnten. Und so lernte ich dann mit vieler Mühe auch englisch.')
Französisch lerne ich diesen Herbst. I n der Musik habe ich
mich auf das Flötenspiel verlegt."
Die Familie v. Teltscher blieb ihm immer treu, was fü r
ihn namentlich in materieller Beziehung von großer Wichtig-
keit w a r ; er durfte sogar mit den Söhnen in die Vakanz
reisen.
)̂ Wie weit er es in der Kenntnis dieser Sprachen gebracht, zeigte
er auch später durch seine Vertrautheit mit der englischen und namentlich
mit der italienischen Litteratur. Auch Spanisch studierte er.
Betreffend seinen Berns dachte er anfangs daran, Geist-
licher zn werden, was der sehnlichste Wunsch seines Vaters
nnd seiner Mutter gewesen war. Doch geht aus einem Briefe
an seinen Bruder Jakob hervor, daß dieser Stand nicht die
notwendig vorauszusetzende Anziehungskraft auf ihn ausübte.
Und schließlich wählte er den ihm mehr zusagenden Lehr- oder
Professorenberuf.
I n welchem Jahre er die eigentlichen Universitätsstudien
begonnen, müßte in den Matriken der Wiener Universität
nachgeschlagen werden. I m Jahre 1817 verließ er Wien, um
seine Studien auf der Universität F r e i b u r g i m B r e i s g a u
fortzusetzen. Daselbst verblieb er bis 1820, eifrig beschäftigt
besonders mit geschichtlichen und sprachlichen Studien.
Hier in Freiburg nun war es, wo Kaiser sich von einer
S t r ö m u n g mitreißen ließ, welche damals jugendlich begeisterte
deutsche Studenten mächtig erfaßte. 1813 und 1814 hatte
Deutschland das napoleonische Joch kraftvoll von sich abge-
schüttelt, und hatte sich wieder nach so tiefer Demütigung ein
idealer Schwung des Volkes bemächtigt. I n Poesie und Prosa
war der Gedanke an ein großes einiges Deutschland neu
erwacht. Daneben bestand aber in den einzelnen deutschen
Staaten, auch nachdem dieselben auf dem Wiener Kongreß 1815
neu umschrieben und zum deutschen Bunde vereinigt worden
waren, eine Bevormundung des Volkes, ein Bureaukratismus,
der mit solchem idealen Schwünge schlecht harmonierte. Auch
in unserem Fürs tentum hat sich diesbezüglich das Regiment
des Landvogtes Schuppler nur zu bemerklich gemacht. Und anch
nachdem die landständische Versassung in verschiedenen Bundes-
staaten eingeführt worden (in Liechtenstein 1818), war es in
diesem Punkte vielfach nicht viel befser geworden. S o entstand
denn vornehmlich unter der akademischen Jugend der deutschen
Universitäten eine Gegenströmung, die sich in der sogenannten
„ B u r s ch enschaf t" verkörperte.
Die B u r s c h e n s c h a f t , in Jena 1815 gegründet, gestaltete
sich 1817 bei dem Feste auf der Wartburg zu einer „deu t schen
B u r s c h e n s c h a f t " , 1818 zur „ a l l g e m e i n e n deutschen
B u r s c h e n s c h a f t " , indem sich auf den meisten deutschen
Universitäten (die österreichischen ausgenommen) burschenschast-
— 13 —
liche Verbindungen bildeten, die unter einander einen fort-
währenden Verkehr unterhielten.
D a ß diese Burschenschaft auf Kaiser's damals ohnehin
etwas romantisch angehauchtes Gemüt )̂ Eindruck machte, ist
leicht erklärlich. I h n , der durch seine historischen Studien sein
Herz fü r die ehemalige Größe Deutschlands e rwärmt hatte,
konnte der damalige Zustand des durch furchtsameu Büreau -
kratismus und kleinliches Niederhalten patriotisch-deutscher
Bewegungen flügellahm gehaltenen Landes nicht befriedigen.
N u n strebte aber gerade die Burschenschaft die Pflege des in
den Befreiungskriegen erwachten nationalen Bewußtseins an,
nnd wollte überdies den, rohen Renomistentum der alten Lands-
mannschaften an den Universitäten einen Damm entgegensetzen,
Sittlichkeit und wissenschaftliches Streben fördern. Freilich
bekam die Burschenschaft nach und nach immer mehr den
Charakter einer politischen Verbindung, deren Bestreben gegen
die bestehende Ordnung gerichtet war.
Die Negierungen waren nun, wie es sich nach dem
Gesagten nicht anders erwarten ließ, von Anfang an gegen
die Burschenschaft mißtrauisch, und als dann am 23. März 1819
K o t z e b u e , der berüchtigte Schauspielschreiber und häßliche
Denunziant der deutschen Studenten nm Petersburger Hof,
vom Studenten K a r l S a n d , einem politischen Fanatiker, zn
Mannheim ermordet wurde, schrieb man diese verwerfliche
Tat der Burscheuschaft auf's Kerbholz, obwohl diese an dem
Morde keine Mitschuld hatte; und es erfolgte auf Grund der
Karlsbader Beschlüsse vom 20. Sept. 1819 die gesetzliche Auf -
lösung der Burschenschaft in den deutschen Staaten. Dieselbe
bestand jedoch im Geheimen fort, um 1827 wieder auf die
politische, Bühne zu treten, nun freilich mit ausgesprochenen
revolutionären Ideen.
.,, Dieser allgemeinen deutschen Burschenschaft nun also, in
ihren ersten noch ziemlich harmlosen und idealen Anfängen,
hatte sich Kaiser in Freibnrg angeschlossen; und das war
bestimmend fü r seine ganze folgende Wirksamkeit. E r mußte
Einen Beweis für diese Gemütsverfassung bietet ein längerer
Passus in seinem vorhin erwähnten Brief vom 8. Sept. 1812: Da „möchte
er die Welt umfassen und sie im Herzen tragen" u. s. w.
— 14 —
den deutschen (auch österreichischen) Boden meiden, um nicht
mit der Polizei in Konflikt zu kommen, und wählte die freie (?)
Schweiz als seinen ersten, nnd wie wir sehen werden, bleibenden
Wirkungskreis.
Bevor wir hier das Jugend- und Studentenleben Peter
Kaisers abschließen, wollen w i r noch das Urtei l eines alten
Studiengenossen desselben über ihn an füh ren : )̂ „Schon damals,
wie auch in feinem ganzen späteren Leben, war Kaiser bei
allem Eifer ruhig von Gemüt, besonnen von Urteil , frei vor
allem exzeutrischen und einseitigen Wesen, offen und treuherzig,
ernst und besonders sittlich rein, geachtet und geliebt von allen,
die ihn näher kannten." M i t dem hochgeschätzten damaligen
Pfarrer von Mauren, Lutz, scheint er immer gut gestanden
zu sein; daher die wiederholt in seinen Briefen, anch noch von
Freibnrg aus, an denselben gerichteten Grüße .
II. 'Ueter Kaiser in seiner öffentlichen Wirksamkeit.
F ü r die nun folgende Schilderung der öffentlichen Tä t ig -
keit Peter Kaisers fehlte uns leider das so wichtige Mater ia l
seiner Briefe : in seinem elterlichen Hause seien von unkundiger
Hand ganze S töße von Schriften verbrannt worden, darunter
jedenfalls manche Briefe Kaisers; und doch wären dieselben
gerade fü r die nun zunächst folgenden unruhigen Zeiten von
großem Interesse gewesen. W i r sind daher speziell fü r die
nächsten sechzehn Jahre 1820—1836 hauptsächlich auf die
Mitteilungen von zwei dem Verewigten engbefreundeten
M ä n n e r n (Professor R . R au ch e n st e i n in Aarau und Professor
I . S g i e r in Chur) angewiesen. Diese Mitteilungen finden
wir im Programm der Bündnerischen Kantonsschule fü r das
Schuljahr 1863—64 in dem pietätsvollen Nachrufe: „ Z u r
Erinnerung an Herrn Prof . Peter Kaiser", nnd können wi r
unserseits nichts besseres tnn, als denselben möglichst getreu,
vielfach wörtlich zu folgen. ̂ )
A u s : „Zur Erinnerung an Herrn Pros. Peter Kaiser, im
Programm der Bündnerischen Kantonsschule 1863—64. Chur 1864.
'-) Für die Zeit von 1836 an stand uns nebst genannter „Erinne-
rung" wieder reichlicheres Material aus dem bischöflichen Archiv, der
— 15 —
Zuerst also nahm Peter Kaiser 1820 eine Lehrstelle an
in der Anstalt des bekannten F e l l e n b e r g in H o f w n l , nicht
iveit von Bern . Phil ipp Emmanuel v. Fellenberg (geb. 1771 zu.
Bern , gest. 1814 zu Hofwyl ) hatte auf den von seinem Vater
gekauften Gut Hofwul eine Musterwirtschaft errichtet und
daselbst die berühmte Anstalt gegründet, bestehend (seit 1804)
aus einer Armen- und (seit 1807) aus eiuer landwirtschaft-
lichen Schule, die zugleich Erziehungsanstalt fü r Söhne ans
angeschenen, wohlhabenden Famil ien war. Kaiser kam dahin,
als diese Anstalt in schönster Blüte stand, „blühend wegen der
großen Anzahl meist wohlbefähigter Zöglinge aus fast alleu
Ländern Europas, sogar aus Amerika, blühend auch durch das
Zusammenleben so vieler junger Männe r , die meistens ihrer
Kunst oder ihrer Wissenschaft eifrig ergeben ihr Wissen und
Können mit Freude der Jugend widmeten nnd unter sich in
lebendigstem Verkehr mitteilten, was den Einzelnen bewegte
oder was er in seinem Fache oder in seiner Erfahrung glaubte
gefunden zu haben." '
„ I m Kreise dieser jungen Männe r , unter denen er
manchen wackeren Freund hatte, fühlte sich auch Kaiser sehr
wohl. E r hatte zu. unterrichten im Deutschen und in der
Geschichte, , und besonders in letzterem Fache leistete er ganz
Vorzügliches. Seine Aufgabe nahm er auch fehr ernst und
gewissenhast, wie folgendes Beispiel zeigt. E r lehrte im Sommer
1821 römische Geschichte, wozu er sich auf jede Stunde in
folgender Weise vorbereitete, wie ich oft sah, wenn ich ihn
besuchte. D a hatte er deu Liv ius und deu Diouus von
Halikarnaß, Appian, Plutarch, oder was fü r jede Zeit an
Quellen herbeizuschaffen war, aufgeschlagen vor sich, und
obgleich er mit seinem trefflichen Gedächtnis das Mater ia l
im Ganzen sowohl als auch sehr viele Details inne hatte, so
verwendete er doch fü r jede Lehrstunde wohl zwei Stunden
zur P r ä p a r a t i o n aus den Quellen. Und dann mit dem frischen
Eindruck aus den Quellen eilte er in den Lehrsaal und stand
dort oben an einem langen Tische, an welchem nicht nur
Kantonsbibliothek, Schulprogrammen, Kaiser's Schriften 2c. zu Gebote.
Auch die Festschrift: Geschichte der Kantonsschulc, 1904, von Rektor
Bazzighcr bot uns erwünschte Daten, sowie endlich mündl. Mitteilungen-
— 16 -
Zöglinge seiner speziellen Klasse, sondern auch aus anderen
Klassen zahlreich saßen, und wozu sich auch, nach der dortigen
unbefangenen Freiheit der Lehrer, gegenseitig den Unterricht
zu besuchen, mehrere Lehrer, bisweilen auch Fellenberg einfand.
I n der Tat waren auch diese Vor t räge anziehend durch die
Form und fesselnd durch den Stoff. Nach einer jeweiligen
kurzen Rekapitulation des letztgehaltenen Vortrages begann
Kaiser in ununterbrochenem Redefluß eine Stunde lang und
wohl auch darüber frei zu erzählen und zu schildern, ohne
auch nur ein Blättchen mit Jahreszahlen nnd Daten je vor
sich zu haben. Und doch fand sich auch dieses, wenn man
hintendrein nachschlug, von ihm pünktlich angegeben. Aber
nicht nur diese Pünktlichkeit, sondern auch die lebendige W ä r m e ,
ja oft das Hinreißende des Vortrags brachte er mit aus dem
unmittelbar vorhergegangenen Studium der Quellen. Freilich
mit Ausnahme etwa in den kurzen Skizzierungen bei der
Rekapitulation mischte er grundsätzlich keine Reflexionen ein,
sondern erzählte und schilderte ganz konkret mit höchster
Anschaulichkeit Begebenheiten, Oertlichkeiten und Zustände. Und
wie fruchtbar diese konkrete Darstellungsweise mit ihrer Hervor-
bringung lebendiger Eindrücke war, denn gerade diese bezweckte
er mit seiner Methode, das zeigte sich in den von Zeit zu Zeit
mit den Zöglingen vorgenommenen Repetitionen und in ihren
schriftlichen Ausarbeitungen über aufgegebene Themen, sowie
aus ihren Antworten bei Gelegenheit der Lektüre des Cäsar,
Sallustius, Liv ius , wenn diese Schriftsteller bei andern Lehrern
gelesen wurden. M i t richtigem pädagogischem Takte vermied er
es auf dieser Stufe sich auf Kritik der römischen Geschichts-
darstellung einzulassen, obwohl Niebuhr's damals schon vor
zehn Jahren erschienenes Werk auch unserm Kaiser wohl
bekannt war. E r antwortete auf hierüber aufgeworfene Frage:
ihm sicher scheinende Resultate aus Niebuhr nehme er wohl in
feinen Vortrag auf, aber noch sei vieles erst noch sraglich,
wovon zu reden auf dieser Stufe der Zöglinge nicht passe, und
endlich die Ueberlieferung der Alten zu erzählen, sowie sie die
Alten geglaubt haben, sei auch Geschichte, da es ja ein geschichtlich
gewordener und in die Ueberzeugung der Römer übergangener
Glaube sei.,Zudem sei das Ueberlieferte das Fundament, das auch
— 17 —
der besitzen müsse, der sich später einst die Kritik zur Ausgabe
mache." „Gewiß hatte er darin Recht, und sein Grundsatz dürfte
auch weit hin in anderen Gebieten zu beobachten sein", fügt unser
G e w ä h r s m a n n hinzu, und, setzen wir bei, wie trostlos wird das
Geschichtsstudium für die geplagten Stndentlein, wenn der
„gelehrte" Professor über die schönsten Erzählungen aus der
Geschichte stets das Scheidewasser der Kritik ausgießen zu
müssen glaubt!
Während seines Aufenthaltes in H o f w y l erschien auf einmal
ein Studiosns aus Freiburg i , B . in aller Eile bei ihm — er
hatte den Weg von Freiburg bis H o f w y l zu Fuß in zwei Tagen
durchmessen! — um ihn zu warnen. M a n hatte, wie es scheint.
Wind bekommen von seinen Beziehungen zur Burschenschaft.
Sofor t durchmusterte Kaiser seine Papiere, um alles zu beseitigen,
was irgendwie Verdacht gegen Freunde hätte erregen können,
und als wirklich zwei Tage später auf auswärt ige Requisition,
die Berner Polizei in Hofwnl erschien, konnte sie wieder
bentelos zu ihren gestrengen Herren und Obern zurückkehren.
Nach mehrjähriger Lehrtätigkeit in Hofwnl ging Kaiser
hinüber nach I v e r d o n zu dem berühmten Pädagogen
P e s t a l o z z i , in dessen Anstalt er einige Zeit unterrichtete.
D a er jedoch trotz seiner Hochachtung fü r den Meister die
Verhältnisse des Institutes nicht günstig sand, verließ er das-
selbe wieder und siedelte nach A a r au über, wo er geraume
Zeit in einem Kreise von Freunden privatisierend seinen Studien
oblag, dabei auch Privatunterricht erteilte und in dem damaligen
Lehrverein Vorträge hielt. Hernach finden wir ihn fü r einige
Monate in G e n f , sodann auf S c h l o ß L e n z b ü r g im Kanton
Aargau im Institute des ihm von H o f w n l her bekannten L i p p e .
I m Februar 1827 wurde Kaiser nach glänzend bestandener
P r ü f u n g Professor an der K a n t o n s schule i n A a r au. Seine
Fächer waren Latein, Geschichte nnd als Einleitung in die
Philosophie Psychologie und Logik. Seine Meisterschaft zeigte
er auch hier besonders in der Geschichte, so daß seine Schüler
auch später ihm fü r seinen gründlichen und belebenden Geschichts-
unterricht dankbar waren. )̂ Auch gab er ohne jegliche Ver -
I n dem von ihm herausgegebenen Programm der Aargauischen
Kantonsschule für das Schuljahr 1830-31, in welchem Kaiser die
— 18 —
pflichtung Schülern, welche sich dazu meldeten, unentgeltlich
Unterricht im Italienischen. I n den Jahren 1830 und 1831
bekleidete er das Rektorat, das er mit Umsicht und richtigem
Takte zur allgemeinen Zufriedenheit führte. Ueberhaupt war er
bei Lehrern/und Schülern beliebt, ein treuer, trefflicher und
kenntnisreicher Lehrer, im Umgange bei .aller Ruhe stets heiter
uud wegen seines ebenso gutmütigen als eigentümlich launigen
Witzes, ein beliebter Gesellschafter, schlicht und offen.
M a n sollte nun meinen, wie sehr man beflissen gewesen
wäre , eine solche Kraf t der Aargauischen Knntonsschule bleibend
zu erhalten, aber es sollte anders kommen, nnd wiederum war
die leidige Politik schuld; nur blies diesmal der Wind von
anderer Seite her.
I m Aargau herrschte seit 1830 ein erbitterter Partei-
kampf, bei welchem schließlich die Radikalen sich obenauszu-
schwingen vermochten. Kaiser hatte sich nun freilich als Aus -
länder wohl gehütet, sich in den Kampf der Parteien einzu-
mischen, und wollte in keiner Weise eine politische Rolle
spielen. Jedoch merkte man radikalerseits richtig heraus, daß
er das Treiben dieser Partei mißbillige, und so kam es zn
heftigen Anfeindungen gegen ihn, fo daß er sogar in einem
öffentlichen Blatte ein „von Haus aus obskurantischer und
pfäffischer Geist" genannt wurde. Und richtig wurde dem um
das Schulwesen des Kantons so hochverdienten Manne zwei
Tage vor Eröf fnung des Schuljahres, 31. Okt. 1835, mit-
geteilt, daß er nicht wieder als Professor gewählt sei. I m
November darauf verließ er den Kanton Anrgau nach mehr
als achtjähriger segensreicher Wirksamkeit an der Kantonsschule.
E r schied mit großem Schmerz, aber ohne G r o l l , ja behielt
die treue Anhänglichkeit an die dortigen Freunde sein Leben
lang bei.
Behandlung der einzelnen Fächer darstellt, schildert er auf Seite 28—32
die interessante Art und Weise, wie er die Geschichte in der Schule
behandelte und vortrug, und zwar ohne Handbuch — die Schüler mußten
während des Vortrages Notizen machen — ja er erklärt ausdrücklich:
„Handbücher, Abrisse u. dgl. halte er sür schädlich, mögen sie von einer
anderen Seite noch so wertvoll sein; nicht das tote Buch, das lebendige
Wort des Lehrers soll bilden, nur Leben erweckt Leben" usw.
— 19 —
Auf solch schnöde Weise von seinem schönen Wirkungs-
kreise in Aarau weggestoßen, erhielt Kaiser im darauffolgenden
Jahre 1836 den Ruf an die 1833 i m K l o s t e r D i s e n t i s ,
Kanton Graubünden, errichtete k a t h o l i s c h e K a n t o n s -
schule ; und von da an bis zu seinem Tode während voller
28 Jahre ist seine Lehrtätigkeit diesem Kantone gewidmet, der
ihm zur zweiten Heimat wurde. ')
I n Disentis erwartete Kaiser eine schwierige und opfer-
volle Aufgabe. Es handelte fich darum, die erst seit drei Jahren
bestehende Schule leistungsfähig zu machen, besonders als
Gymnasium und als Lehrerbildungsanstalt. Die Fundierung
war nichts weniger als reichlich, so daß mit kaum zulänglichen
Mit te ln die Anstalt organisiert und erhalten und fü r möglichst
vollkommenen Unterricht gesorgt werden mußte. Dazu befand
man sich in einer gewissen Spannung mit der bischöflichen
Kurie, gegen deren Wil len die Anstalt in's Leben gerufen
worden: es bestand eben bereits eine katholische Schule neben
dem Priesterseminar in S t . Luz i unter der Oberleitung des
Bischofs. 1837 trat der erste Rektor in Disentis, P r o b s t ,
zurück, und Kaiser mußte das R e k t o r a t übernehmen, das er
bis zur Verlegung der Kantonsschule nach Chur behielt. F ü r
eine geringe Besoldung lud sich Kaiser nebst der Oberleitung
des, Ganzen als Moderator und Rektor noch dreißig und mehr
Unterrichtsstunden auf, half überdies überall in der Schnle
aus, wo Not am M a n n ivar. Es läßt sich dies nnr erklären
durch die edle Begeisterung, welche in dem selbstlosen Manne
der Gedanke nährte, eine wichtige Schule zu heben und tüchtige
Bi ldung unter den jungen Leuten zu verbreiten.
' Die hauptsächlichsten Schulsächer Rektor Kaisers iu
Disentis waren: Deutsch, Lateinisch, Griechisch, Philosophie,
Erziehungs- und Unterrichtslehre (Pädagogik). A l s Haupt-
aufgabe galt ihm die Heranbildung der künftigen Volksschnl-
lehrer. Dieses scheint ihm auch neben der Pflege der Geschichte
seine liebste Tätigkeit gewesen zu sein, entsprach dieselbe doch
ganz seinem Ideale, zur Veredlung und Beglückung der
J a er ist sogar ein Adoptivsohn dieses Landes geworden, indem
ihm 18S6 die Gemeinde V i g c n s das G e m e i n d e - und der Große Rat
d n s ' K a n t o n s b ü r g e r r e c h t verlieh.
— 20 —
Menschen beizutragen. Daher war ihm anch bis in die letzten
Tage seines Lebens Einrichtung und F ü h r u n g des Unterrichtes,
Grundsätze einer guten Erziehung, ein Lieblingsthema in der
Unterhaltung. I n beredter Weise suchte er seinen Zöglingen
eine hohe Ansicht von der Würde und Bedeutung des Lehrer-
berufes beizubringen. „ E r legte den künftigen Lehrern an's
Herz, das Gemüt des Kindes möglichst lange von dem Anblick
und der Berührung mit dem Bösen und Häßlichen fern zu
halten, und während dieser Zeit Herz nnd Geist f ü r das Gute
und Schöne empfänglich zu machen." Dazu bedürfe es aber
noch mehr als der Worte des Lehrers seines Beispieles. „Ein
Lehrer", sägte er oft, „der segensreich wirken w i l l , darf sich
während seines ganzen Lebenslaufes keine Makel zu schulden
kommen lassen; er muß sittlich rein und leidenschaftslos sich
verhalten und alles das selbst vermeiden, was er von seinen
Schülern vermieden wissen w i l l . " „Und", fügt unser Gewähr s -
mann hinzu, „mir dürfen es getrost sagen: ivie Kaiser lehrte,
so l e b t e er auch."
I m Jahre 1842 wurde nach mehrjährigem Kampfe
zwischen der bischöflichen Kurie und dem lüorpus <zg,tkolieum
(katholische Abteilung des Großen Rates), resp, dessen Kom-
mission, die katholische Kantonsschule von Disentis nach
S t . Luz i in Chur verlegt und mit der dortigen bischöflichen
Schule, die unter einem Dache mit dem Priesterfeminar weilte,
vereinigt. Der Kampf war hauptsächlich ein prinzipieller
gewesen betreffend die oberste Aussicht über die Schule, die
Anstellung des Rektors und der Professoren und die Auswahl
der Schulbücher. Endlich unter dem 4. J u l i 1842 hatte man
ein Einverständnis erzielt und beidseitig unterzeichnet. N u n
entstand aber nener Span , und zwar drehte sich dieser um die
Person Kaisers, der nach dem Wil len des katholischen Schul-
rates Rektor werden (resp, bleiben) sollte; der bischöfliche
Abgeordnete aber legte im Schnlratc gegen denselben nicht nur
in dessen Eigenschaft als Rektor, sondern auch in jener als
Professor Verwahrung ein.
Schon in Disentis war gegen Rektor Kaiser von einzelnen
Kollegen eine gewisse Opposition gemacht worden, und nun
widersetzte sich auch die Kurie seiner Anstellung in S t . Luz i .
— 21 —
Was liegt denn dieser Sache zu Grunde? V o r allein müssen,
wir hier feststellen, daß Kaiser gerade in Disentis sich durch
seine Religiosität empfahl, wie das zu seinen Gunsten aus-
gestellte Zeugnis des hochwürdigsten Abtes Adalgott vom
28. Okt. 1842 reichlich bestätigt. Es heißt darin ausdrücklich:
„Überdies bescheinen W i r , daß bemeldter Herr Rektor, solange
E r dieser Anstalt, sei es als Prosessor oder als Rektor vor-
stand, stets christlichkatholische Grundsätze geäußert und gelehrt,
und sich so sittsam aufgeführt , daß E r sowohl in religiöser als
moralischer Beziehung bei Uns alle Achtung, Ehre und großes
Lob erworben hat, so daß W i r I h n Jedermann auch geist-
lichen und weltlichen Behörden mit allem Rechte anempfehlen
können." I h m nun einfach Frömmigkeitsheuchelei vorwerfen,
wie es in einem anonymen Schreiben gegen ihn an die Kurie
geschieht, geht bei der Geradheit und Offenheit seines ganzen
Wesens denn doch nicht an. Auf der andern Seite dürfen wi r
aber nicht vergessen, daß die Luft , in welcher Kaiser seine
humanistische und die Universitätsbildung genossen hatte, in
Wien wie in Freiburg, eben stark josephinisch und aufklärerisch
durchsetzt war, und so konnte bei dem klaren Gegensatz der
streng katholischen Richtung in Chur gegen den Josephinismus
ein gewisser Verdacht gegen ihn auskommen, zumal seine
freundschaftlichen Beziehungen zu berühmten Protestanten, wie
Fellenberg, Pestalozzi, Nabholz ?c. jedenfalls bekannt waren,
er selbst lange in konfessionell gemischten Schulen gewirkt hatte-
Sodann konnte es ja vorgekommen sein, daß er im Pr iva t -
verkehr weniger korrekte Aeußerungen sallen ließ; er war eben
Laie, und in den Zwanziger-, Dreißiger- und Vierzigerjahren
haben nicht nur Laien, sondern leider auch Geistliche, die an
josephinisch oder wessenbergianisch angehauchten Anstalten heran-
gebildet waren, allerhand weniger korrekte Dinge gesprocheil
und geschrieben. Hieher gehört auch die Aeußerung, die .Kaiser
gerade im Jahre 1842, freilich z u f ä l l i g , auf der Post zu
Batzers >) einem Manne gegenüber getan zu haben scheint, der
wegen der Dispens von einem Ehehindernisse an die Kurie
gelangen wollte. Durch diesen V o r f a l l hatte er es bei dem
i) Kaiser war mit PostHalter Wolsinger sehr besreundet.
2
ernsten, heiligmäßigen Pfarrer Theuille verspielt, und Theuille
genoß mit Recht ein großes Ansehen in Chur. Endlich lag
der Kurie ein kleines Gedicht vor, das Kaiser 24 Jahre vorher
als Student in Freiburg gemacht hatte; dasselbe war jedoch von
ihm u i e fü r dieOeffentlichkcit bestimmt gewesen und ohne s e i n
W i s s e n u n d W i l l e n bekannt gemacht worden, )̂ scheint
überhaupt eine unglückliche Augenblickseingebung jener Burschen-
schaftszeit gewesen zu sein. Natürlich war die Protektion Kaisers
seitens des bekannten liberalen Katholiken A l . L a t o u r , mit
welchem die Kurie gerade in dieser langwierigen Schulange-
legenheit so manchen Kampf zu bestehen hatte, in den Augen
der Letzteren auch keine Empfehlung für ihn. Fassen wir alle
Umstände zusammen, so finden wir einerseits den Widerstand
der Kurie gegen Kaisers Anstellung in S t . Luz i gewiß begreiflich,
müssen aber anderseits anch sagen, daß man ihn nach unsern?
Erachten zu streng beurteilt hat. Tatsächlich bekam man nach-
her auch in Chur eine günstigere Meinung von ihm, und der-
jenige, welcher besonders scharf gegen ihn.aufgetreten war, der
damalige Kanzler und spätere Domprobst Riesch, wurde später
mit ihm gut Freund, und man sah sie oft miteinander spazieren
gehen. Es war auch sein religiöses und sittliches Leben in
Chur, wie vorher in Disentis, korrekt; so ging er alle zwei
Monate mit den Studenten zn den heiligen Sakramenten.
Bemerkt sei auch, daß er sich gerne belehren ließ, wenn er
etwa auf religiösen? Gebiete eine minderrichtige Ansicht ge-
äußert hatte.
Trotzdem nun also die bischöfliche Kurie Einsprache gegen
Rektor Kaiser erhoben hatte, hielt der katholische Schulrnt an
ihm fest. Eine persönliche Besprechung zwischen Landrichter
s. ZlkU'CÄ und Weihbischof Kaspar v. C a r l hatte die provisorische
Anstellung Kaisers auf ganz kurze Zeit zur Folge; und hernach
gelang es der Kurie nicht mehr, seine Entfernung durchzu-
setzen. Kaiser wurde nun freilich nicht zum Rektor, sondern
zum Vizerektor ernannt. A l s Rektor fungierte bis 1848 der
ausgezeichnete E d m u n d K l i n k h a r d t . Nach dessen srühem
Tode (7. März 1848) fiel diese Würde ohne Anstand wieder
Die kntholisch-bündnerische Schulangelcgcuhcit, dargestellt aus
den Akten des Großen Rats und des katholischen Schulrats." Chur 1842.
i2>̂ >
an Kaiser, bis 1850 die katholische Kantonsschule mit der
reformierten vereinigt murde. Die Wolken über Kaisers Haupt
hatten sich, wie es scheint, ziemlich bald verzogen; auch war
die neue katholische Kantonsschule in S t . Luz i am 6. De-
zember 1814 von Bischof Kaspar v. C a r l anerkannt worden,
nachdem ihm seitens des Lorpn3 LÄtllolieum die verlangten
Garantien der Hauptsache noch geboten zu sein schienen.
Wie in Disentis so lag Kaiser auch , in S t . Luz i die
spezielle Vorbereitung der Lehramtskandidaten als besondere
Ausgabe ob.
Inzwischen wurde fü r die katholische Kantonsschule ein
neues geräumiges Gebäude erstellt neben dem Seminar
S t . Luz i . Doch ehe dasselbe bezogen wurde, erfolgte 1850 der
fchon lange gefürchtete und im St i l len schon lange vorbereitete
Schlag, den abzuwenden die kirchliche Behörde bisher in so
manchen Punkten schließlich nachgegeben hatte, nämlich die
Sereinigung der katholischen und protestantischen Kcmtonsschnle
zu einer f ü r beide Konfessionen gemeinsamen. A m 26. J u n i
wurde im Großen Rate die Vereinigung mit 48 Stimmen
(40 Protestanten und 8 Katholiken) gegeil 23 Stimmen (22
Katholiken und 1 Protestant) beschlossen. Der Bischof Kaspar
v. C a r l erhob am 23, August in den ernstesten Worten seine
Stimme gegen diese also vereinigte, konfessionell gemischte
Schule; der Große Rat antwortete mit der Einführung des
regierungsrätlichen Plazet für die Erlasse kirchlicher Behörden.
Auch Rektor Peter Kaiser sah diese Vereinigung ungern,
wie das auch aus seiner Rede beim letzten Jahresschlüsse der
katholischen Kantonsschulc am 24. J u l i 1850 durchklingt. Nichts
desto weniger folgte er seinem Zuge zum Lehrfach und stellte
sein reiches Wissen weiter in den Dienst des Bündner Volkes.
Daß er nicht mehr Rektor murde, lag auf der Hcmd bei der
großen Mehrheit, welche an dieser vereinigten Kantonsschule
die Protestanten bildeten; die Katholiken, ausgenommen die
Lehramtskandidaten, fandeil sich nämlich von Ansang an —
und es ist bis hellte nicht viel anders geworden — nur in
verhäl tnismäßig kleiner Z a h l nn derselben ein; sie studieren
der Mehrheit nach in außerkcmtonalen katholischen Anstalten
( f rüher manche auch in Feldkirch) und, besonders wieder in
— 24 —
neuerer Zeit, in der Klosterschnle zu Disentis. Dagegen wurde
er gleich zum Vizerektor ernannt, welche Stelle er bis zu
seinem Tode behielt. Die Vorbildung der Volksschullehrer war
auch jetzt eine Haupttätigkeit fü r ihn, jedoch nur bis 1852,
wo das Lehrerseminar eine gewisse selbständige Stellung neben
der Kantonsschule erhielt mit einem eigenen Direktor, der
zugleich die eigentlichen Fachdisziplinen zn erteilen hatte. Neben
Geschichte dozierte nun Kaiser Deutsch und Lateinisch in obern
Klassen.
W i r schließen dieses Kapitel mit dem schönen Lobe, das
Kaiser über seine Wirksamkeit seit 1842 und seine ganze Per-
sönlichkeit in dem von uns in diesem Abschnitt so ansgiebig
benutzten Nachruf: „zur Erinnerung :c." gespendet w i r d : „ E r
war immer derselbe trene, gewissenhafte Lehrer, dem die sittliche
und geistige Förderung der Jugend höchster Lebenszweck w a r ;
seine jüngsten Freunde rühmen an ihm nicht minder als die
ältesten das schlichte anspruchlose Wesen, den gebildeten reichen
Geist, der zu heiterer launiger Unterhaltung wie zu ernstem.
Gespräche gleich geschickt war, seine Zuverlässigkeit und Wahr -
haftigkeit in Wort und Werk, sein mildes, besonnenes, gerechtes
Urteil, den reinen keuschen, auf das Höchste gerichteten, wahr-
haft edlen S i n n . ') S o kam es, daß auch hier alle, die ihm
näher traten, ihn hochschätzten und liebten, uud daß auch die-
jenigen, welche srüher seine erbitterten Gegner gewesen waren,
jetzt, da sie ihn kennen gelernt hatten, ihm ihre Achtung und
Liebe nicht versagen konnten."
III. 'Deter Kaiser «ts Schriftsteller.
Nebeir der Schule war Rektor Kaiser stets eifrig in
gelehrten Studien uud Forschungen beschäftigt, auf dem Gebiete
des E r z i e h u n g s w e f e n s , b e s o n d e r s a b e r ans d e m
G e b i e t e de r Geschich te .
Seine Gedanken über Bi ldung uud Erziehung legt er
sehr schön in einem kurzen Aufsätze des Schulprogrammes von
Disentis vom Jahre 1839 auseinander, wahrhaft goldene Worte.
F ü r das „ B ü n d n e r i s c h e M o n a t s b l a t t " , dessen erster J a h r -
gang 1850 erschien, war er von Anfang an regelmäßiger
Rektor Bazzigher nennt ihn S . 105: „eine priesterliche Natur"..
Mitarbeiter und zwar speziell fü r das Erziehungssach (das
Blat t hatte nämlich vier Hauptrubriken: Erziehungswesen —
Armenwesen — Volkswirtschaft — Bündnerchronik).
S e i n Lieblingsstudium war unstreitig die Geschichte,
speziell die Erforschung der r h ä t t scheu Geschichte nnd der
Geschichte s e i n e s H e i m a t l a n d es L i e c h t e n s t e i n . Seine
Bibliothek war reich ausgestattet mit geschichtlichen Werken;
neben dem Studium derselben war er aber ein sehr fleißiger
Akten- und Quellenforscher. Leider kam er nicht dazu, gar
manche der auf losen Blä t t e rn gesammelten Ergebnisse seiner
Forschungen zu verarbeiten. Immerhin aber besitzen wir von
ihm sehr wertvolle geschichtliche Arbeiten, die ihm unter den
Geschichtsforschern und Geschichtsschreibern einen ehrenvollen
Namen bleibend sichern.
Es existieren von ihm verschiedene 'kürzere oder längere
geschichtliche Aufsätze, die in S c h u l p r o g r a m m e n , in den
Publikationen der „ G r a u b ü n d n c r i s c h e n g e s c h i c h t s f o r -
schenden G e s e l l s c h a f t " oder im „ B ü n d n e r i s c h e n
M o n a t s b l a t t " veröffentlicht wurden. W a s die geschichts-
forschende Gesellschaft') anbelangt, war Rektor Kaiser seit 1849
Präsident derselben. Aus seine Initiative hin begannen die jeden
Winter üblichen Monatsversammlungen, so daß die Gesellschaft,
welche bisher ein ziemlich kümmerliches Leben geführt hatte,
mm in rege Tätigkeit eintrat. 1849 behandelte Kaifer in der-
selben das Leben, Wirken und gewaltsame Ende des Abtes
T h e o d o r S c h l e g e l von S t . Luz i , später publiziert im
„Bündnerischen Monatsblatt" A p r i l 185?. I m Winter 1850/51
trng er seine Abhandlung über den Z u s t a n d des D o r n -
te s ch g i n po l i t i s ch e r B ez i eh u n g i m 14. I a h r h u n d e r t
vor, 1851/52 eine solche über die S t r a f g e r i c h t e . Aus dem
Jahre 1862 haben wir von ihm eine sehr wertvolle Zugabe
zum Schulprogramm der Kantonsschule: B e i t r ä g e z u r
Gesch ich te G r c i u b ü n d e n s ; u. a. m.
Kaisers gesch ich t l i ches H a u p t w e r k ist die „ G e -
schichte des F ü r s t e n t u m s L i e c h t e n s t e i n . Nebs t S c h i l -
d e r u n g e n a u s C h u r - R ä t i e n s V o r z e i t " , C h u r , 1847,
Heute: „Historisch-antiquarische Gesellschaft".
zugleich das schönste Denkmal seiner Liebe zn seinem Heimat-
lande. Diese Geschichte ist ein wahres Quellenwerk, zu welchem
Kaiser das Mater ia l mit Bienenfleiß erst zusammensuchen
mußte. E r sand reichliche Beute im bischöflichen Archiv zu
Chur, in den Bibliotheken, Gemeinde- und Pfarrarchiven,
benutzte sodann auch einschlägige gedruckte Werke. Die Dar -
stellung sührt uns zurück in die Anfänge der Geschichte von
Chur-Rhätien, zu welchem ja auch unser Fürs tentum gehörte,
bis herauf zur St i f tung des deutschen Bundes und zur E r -
teilung der landständischen Versassung fü r das Fürs tentum
Liechtenstein im Jahre 1818. Der S t i l ist streng geschichtlich,
vielfach chronikenartig, weshalb das Werk auch im Volksmunde
einfach „Kaiser's Chronik" genannt wird. D a die Darstellungs-
weise ziemliche Vorkenntnisse auf historischem Gebiete voraus-
setzt, bietet das Werk (wie auch I . B . Büchel in dem V o r -
worte seiner Schri f t : „Geschichte des Gebietes des heutigen
Fürs ten tums Liechtenstein", Einsiedeln 1894, bemerkt), der
Fassungsgabe des gewöhnlichen Lesers zuweilen nicht geringe
Schwierigkeiten. Z u bedauern ist, daß Kaiser keine näheren
Quellenangaben macht, was eine Nachprüfung der von ihm
aufgestellten Behauptungen vielfach sehr erschwert; er führ t nur
im Allgemeinen im Vorworte die Quellen auf, aus denen er
seine Darstellung geschöpft habe. Unter den° gedruckten Werken,
die ihn? willkommene Dienste geleistet, erwähnt er auch Vauotti 's
Werk über die Grafen von Montsort nnd Schweickart's „ D a r -
stellung der souverainen Fürsten von Liechtenstein". Diese
beiden Werke enthalten indessen zahlreiche I r r t ü m e r , von
welchen mehrere auch in Kaiser's Geschichte übergegangen sind,
so daß diese insbesondere in Bezug auf die Zeitperiode der
' Montforter und der regierenden Fürsten aus dem Hause
Liechtenstein nicht immer ganz zuverlässig ist. Wieivohl also
Kaiser in verschiedenen Punkten überholt oder dnrch neuere
Forschungen widerlegt ist, was Niemanden Wunder nehmen
wird, da ja seit der Herausgabe seines Werkes fast sechs Jahr -
zehnte verflossen sind, und innerhalb dieses Zeitraumes die
historische Forschung ganz ungewöhnliche Fortschritte gemacht
hat, so bleibt ihm doch fü r alle Zeiten das große Verdienst,
. der Erste gewesen zu sein, welcher eine einläßliche Geschichte
unseres kleinen Vaterlandes geschrieben hat, nnd zwar eine
Geschichte, zu der ein sehr reiches Quellenmaterial namentlich
an alten Urkunden verarbeitet wurde, und die uns eine Fülle
geschichtlichen Stoffes bietet. Sehr zu begrüßen wäre es, wenn
einer der gegenwärtigen Kenner und Erforscher unserer heimat-
lichen Geschichte das vor bald 60 Jahren herausgegebene Werk
Kaisers mit den notwendigen Verbesserungen und Ergänzungen
neu herausgäbe und es zugleich bis auf unsere Zeit fortsetzte.
IV. 'Meter Kaiser's ZZestrebungen für das WoHt
seines Keirnatt'arrdes Liechtenstein.
Rektor Kaiser bewahrte zeitlebens eine große Anhänglich-
keit an sein kleines Heimatland Liechtenstein. Beweis dafür
seine vorhin besprochene Geschichte des Fürs ten tums, Beweis
seine häusigen Besuche im Ländchen namentlich zur Zeit der
Ferien während der letzten zwanzig Jahre seines Lebens
(seit 1842), Beweis endlich seine lebhafte Mitwirkung an der
politischen und sozialen Gestaltung desselben. W a s namentlich
das Letztere anbelangt, stand er in Verbindung mit ähnlich
gestimmten M ä n n e r n im Fürs tentum, wie z. B . mit Dr. G r a ß
und besonders mit O i ' . K a r l Schädler. Daher wandte man sich
gerne an ihn, wenn es sich um ein gemeinsames Anliegen des
Landes handelte. S o wurde er schon 1840 in eine Kommission
gewählt, welche dem Fürsten A l o i s J o s e s in Wien die Ver -
hältnisse des Landes darlegen und um Abstellung einzelner
Mißstände bitten sollte. Und erzielte diese Abordnung keinen
sosortigen Erfolg , so nahm sich doch von da an der edle
Fürst noch eifriger der Regierung des Fürs ten tums an,
erschien zwei Jahre später (1842) persönlich im Lande, um-
jubelt von seinem Völklein, namentlich bei dem bekannten
Volksfeste, das er aus der Schloßwiese in Vaduz veranstalten
ließ, und erfreute das Land 1847 mit einem erneuten Besuche.
Es kam das J ah r 1848. Auch im kleiuen Fürs tentum
fingen die Wellen an höher zu gehen; und wieder wandten
fich die Augen der Bevölkerung auf Rektor Kaiser. Derselbe
war eifriges Mitglied der Ausschußversammlungen und der
Kommission, welche dem Fürsten die Wünsche der Bevölkerung
vorzulegen gewählt worden war. Einesteils etwas republikanisch
— 28 —
'angehaucht, was sich auch in der das Jahr vorher veröffent-
lichten Geschichte des Fürs ten tums durchblicken läßt, war er
cmdernteils ein M a n n des Rechtes, dessen Grundsatz war, dem
Fürsten zu geben, was des Fürsten ist, und dem Volke, was
es billigerweise beanspruchen darf. Zudem verstand er sich
durch sein leutseliges, menschenfreundliches Wesen vorzüglich
auf Vermittlung, und so hat er gewiß viel dazu beigetragen,
daß diese Bewegung im Lande einen verhältnismäßig ruhigen
Verlauf nahm. Und gerade dadurch, daß die genannte Kom-
mission die Rechte des Fürsten hochhielt, nie den Weg der
Gerechtigkeit verließ und nur das erstrebte, was erreichbar
war und von den Zeitverhältnissen gefordert wurde, erreichte
sie schon mehr als mit allen Deklamationen in Frankfurt zu
Stande gebracht wurde. Schon am 1. M a i war der edelmütige
Fürs t den Wünschen seines Volkes entgegengekommen, indem
er verschiedene Frohndienste und Lasten (z. B . den Nova l -
oder Neubruchzehent) aufhob; auch überwies er die Regalien
dem Lande und verhieß ihm eine neue Verfassung; und tat-
sächlich wurde sofort, währeud der Tagung des Frankfurter
Parlamentes, in die vorbereitenden Beratungen fü r die nene
Verfassung eingetreten.') Dennoch erwartete Kaiser und andere
namentlich bezüglich der Rechte des Volks uoch ein Mehreres durch
das deutsche P a r l a m e n t , das sich in Frankfurt versammeln
sollte. Z u diesem Parlamente hatte auch Liechtenstein seinen Abge-
ordneten zu entsenden. Be i der Wahlversammlung in Vaduz
gegen Ende A p r i l 1848, die von den Landständen (den 12 G la s -
bläsern, wie das Volk sie scherzend nannte) einberufen worden
und von D r . Schädlcr als Präsident des engeren Ausschusses
geleitet wurde, fiel die W a h l auf Rektor Kaiser, was der
Präsident am gleichen Tage in freudiger St immung dem Ge-
wählten mitteilte mit der eindringlichen Bitte, doch ja die
W a h l anzunehmen. Kaiser antwortete sosort unter dem
27. A p r i l , daß er bereit sei, die W a h l anzunehmen, fal ls er,
wie er nicht zweifle, vom Erziehungsrat den Urlaub erhalte,
und daß er alle seine Kräste einsetzen wolle, nm das in ihn
Dieselbe wurde aber erst 14 Jahre später fertiggestellt und dem
Lande 1862 durch den glorreich regierenden gegenwärtigen Landes -
surften Johann 1l. verliehen.
— 29 —
gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen. Der Urlaub erfolgte, und
Kaiser machte sich, vom Landesverweser Menzinger unter dem
30, A p r i l aufgefordert, reisefertig, um am 18, M a i zur E r -
öffnung des Parlamentes in Frankfurt zu fein. Vorher wurde
jedoch noch eine Volksversammlung in Vaduz gehalten, bei
welcher Rektor Kaiser und D r . Schädler als Redner auftraten.
Dieselbe wurde unter den Augen des der Bewegung durchaus
nicht grünen Landesverwesers Menzinger gehalten. Kaiser ent-
wickelte die Fabel „vom Pferde und dem Menschen": das Pferd
bat den Menschen, ihm gegen seine Feinde zu Hilfe zu kommen;
r>er Mensch tat es, indem er sich auf den Rücken des Pferdes
setzte; als aber die Feinde des Pferdes besiegt waren, ließ der
Mensch das Pferd nicht mehr l o s ; es blieb sein Reittier. Diese
Fabel wurde sodann (selbstverständlich in sehr vorsichtiger
Weise) auf die dazumaligen politischen Verhältnisse angewandt,
wahrend Menzinger den Redner fortwährend scharf im Auge
behielt. D r . Schädler wollte, daß der Abgeordnete eine neue
Reichsverfafsung von Frankfurt zurückbringe, aber nicht eine
„blos papierene". >) Tatsächlich kam von Frankfurt nicht ein-
mal eine papierene Reichsverfassung, die sich hätte Bedeutung
verschaffen können.
Abgeordneter Kaiser ergriff in Frankfurt, soviel wi r
wissen, einmal das Wort . Anfänglich hatte er, aus seinen von
dort datierten Briefen an D r . Schädler und feinen Bruder
Mathias zu schließen, bezüglich der politischen Rechte, die das
deutsche Volk erlangen sollte, ziemlich gute Hoffnungen,
besonders nachdem die Versammlung den Reichsverweser (Erz-
herzog Johann) hatte wählen dü r fen ; weniger aber bezüglich
der materiellen Erleichterungen; die Lasten, meint er, würden
wohl in Zukunft noch größer werden. „Um so mehr", schreibt
>er an D r . Schädler am 6. J u l i von Frankfurt aus „müssen
wir auf die Erleichterungen halten, die der Fürst bewilligt
hat". „Wenn ich aber," fähr t er fort, „betrachte, welche Lasten
das Volk in andern deutschen Staaten zu tragen hat, wenn
ich betrachte, wie sehr zurück es ist, namentlich in hiesiger
Gegend 2), wenn ich die Roheit in Anschlag bringe, die sich hier
)̂ Mündliche Mitteilung durch hochw. Herrn Kanonikus I . B .
Büchel son. 2) Umgegend von Frankfurt.
— 30 —
im Landvolk kund gibt, so habe ich keine Ursache, unsere Z u -
stände so verzweifelt zu finden; ich muß vielmehr unser
Völklein, trotz allen seinen großen Fehlern loben und glaube,
daß es nur an einer tüchtigen Leitung fehlt nnd so lange
gefehlt hat." „Der Entwurf der Reichsverfassung", schreibt er
weiter, „gewährt große Freiheiten: gegenwärtig sind die Grund-
rechte des deutschen Volkes in Berathung; sie machen einen
integrierenden Bestandtheil der Einzelverfassungen aus: ich
werde sie Jhuen, sobald die einzelnen §§ berathen und ange-
nommen sind, zusenden, damit sie bei unserer Verfassung
berücksichtigt merden. Wollen wir ein selbständiges Ganzes
bleiben (und wir sollen es meiner Meinung nach), so inuß
alles sehr einfach sein, und wir müssen in keiner Beziehung
an einen andern Staat uns anschließen, auch uicht im Gerichts-
wesen. Dem Schulwesen muß große Sorgfal t zugewendet
werden, damit wi r brauchbare Leute erhalten."
W i r können uns nicht versagen, noch einen Passus aus
diesen? Frauksurter Briefe Kniscr's anzuführen, der ein Beweis
ist von der dein Liechtensteiner eigentümlichen Wertschätzung
seiner zwar kleinen, aber eben ihm eigenen Sachen und Ver -
hältnisse: „ M a n hat mir hier ost gesagt: wir haben nur 50
M a n u (Mi l i t ä r ) . J a , sagte ich, aber sie zählen fü r 500; denn jeder
nimmt es mit 10 Feinden auf, und es sind die besten Schützen
der deutschen Armee. Sorgen S ie ja, daß ich die Wahrheit
gesagt, und daß unser Kontingent frisch nnd muthig ist. W e i l
wir klein sind, müssen wir uus Respekt verschaffen. Sagen
Sie dies allen." )̂
I n einen? zweiten Frankfurter Briefe vom 20. Aug. 1848
spricht er wieder zum Verfassungsentwurf fü r das Fürsten-
tum.. E r gibt zuerst (nach Beratung mit Juristen, wie er sagt)
den von D r . Schädler in einem Briefe an ihn verlangten Auf -
schluß über die fürstlichen Güter in? Lande. E r unterscheidet
zwischen Regalieu ( Z o l l , Maut , Jagd, Fischerei, Mühle und
Mühlestüttcn, Steinbrüche, Wälder , Wasser) und Allod oder
Privntgut (Domänen) . M a n solle das, was der Fürst dem
>) 1819 mußte das liechtcnst. Kontingent wirklich ausmarschieren
und zwar gegen die Revolutionäre im Badischen: es beteiligte sich an
den Kämpfen um Oos.
— 31 —
Lande überlassen, und die Erleichterungen der Lasten, die er
gewährt, behalten, das Privatgut (Domänen) aber nicht
berühren. „Die Verfassung selbst", schreibt er weiter,, „entwerfen
S ie so einfach als möglich: die Hauptsache bei uns ist die
Gemeindeversassung, Ist einmal in den Gemeinden ein besserer
Geist erwacht, wächst ihr Interesse an der Theilnahme und
Berathung des Gemeindehaushalts, so ist dies die beste V o r -
bereitung fü r unsere kleine politische öffentliche Schaubühne."
I n einem Briefe aus Frankfurt an seinen Bruder M a -
thias, der hauptsächlich über den Novalzehent handelt, dessen
geschichtliche?: Ursprung nnd den S i n n der Aufhebung des-
selben durch den Fürsten (— hierüber herrschte, wie es scheint,
am Eschnerberg Verwirrung und Anstand auch mit der Geist-
lichkeit, die eben auch den Novalzehent bezog —) , mahnt er,
diese Sache mit Umsicht, in? gesetzlichen Wege zn betreiben,
nicht mit Streit und Tumul t ; man müsse auch die Gerechtig-
keit vor Augen haben; denn das Volk dürse ebensowenig un-
gerecht sein als der Fürst . Die Geistlichkeit sodann sollte auch
der neuen Zeit und dem Volke Rechnung tragen; ein hinreichen-
des Auskommen müsse sie freilich haben (— aber darin lag,
eben die große Schwierigkeit! —) . „ E s ist mir leid", fügt er
hinzu, „daß ich bei der Berathung unserer neuen Verfassung
nicht zugegen feil? kann." A m Schlüsse dieses Briefes lefen
wir die Wor te : „ E s gereicht den Liechtensteinern nur zur Ehre,
wenn sie im Wege der Ordnung und des Gesetzes vo rwär t s -
schreiten wollen; denn dadurch zeigen sie allein, daß sie der
Freiheit würdig sind. Aber sie müssen auch fest bleiben und
nur das Rechte wollen. Ich habe immer geglaubt, daß unser
kleines Völklein, wenn es anch arm ist, doch glücklich und srei
sein kann. Wenn nur ein guter und einträchtiger Geist alle
beseelt, wenn die der untern und der obern Herrschaft nicht
wider einander sind, dann geht es gewiß gut."
Die Verhandlungen in Frankfurt zogen sich indessen immer
mehr in die L ä n g e ; es wurde unendlich viel gerednert und
unendlich wenig erreicht. Ueberdies standen drei Gruppen mit
sehr verschiedenen Anschauungen und Forderungen sich gegen-
über. D a ß dabei Kaiser's Begeisterung immer tiefer sank, ist
bei seiuem nüchternen und besonnenen Wesen selbstverständlich;,
— 32 —
und so war er denn wahrscheinlich froh, daß er fü r den A n -
fang des neuen Schuljahres im Oktober 1848 wieder in Chnr
sein mußte. E i n Gesuch um erneuerten Urlaub wurde vom
Erziehungsrat abschlägig beschieden, was ihm kaum große
Schmerzen verursachte. Aus dem sofort mitzuteilenden Schreiben
.Kaiser's merkt man seine diesbezügliche St immung sehr gut
heraus. A n seiner Statt wanderte nun v i - . Schädler nach
Frankfurt.
Seinen patriotisch-wohlwollenden S i n n gegenüber seinem
lieben Heimatlande betätigte Kaiser auch dadurch, daß er mit
A a t und Tat zur Hebung unseres Schulwesens beitrug.
W i r lassen nun das längere Schreiben Kaisers an seine
Landslente folgen, durch welches er fein Mandat zum Frank-
furter Parlament niederlegte; es ist charakteristisch sür die
>edeln, patriotischen Auffassungen und Gefühle des Mannes,
fü r seine Liebe zu seinen Landsleuten, f ü r sein wohlverstandenes
Interesse inbezug auf Alles, was das W o h l des kleinen Völk-
leins, wie er es nennt, fördern kann, besonders auch das Schul-
wesen. W i r möchten das herrliche schreiben so einem politi-
schen Testamente vergleichen, das nicht nur fü r den damaligen
Moment, sondern auch fü r spätere Zeiten seine Bedeutung be-
hält. Es lautet:
„An meine Landsleute!"
„Euer Zutrauen hat mich zum Abgeordneten nach Frank-
furt gewählt ; ich folgte dem Rufe, weil ich glaubte, es werde
sich bei der Berathung der Verfassung f ü r Deutschland Ge-
legenheit darbieten, die Interessen unseres Landes wahrzu-
nehmen und gebührend zu vertreten. Diese Gelegenheit bot
sich während meiner Anwesenheit in Frankfurt nicht. I n d e ß ,
wenn sie sich auch geboten hätte, w i r müssen das Loos des
gemeinsamen Vaterlandes theilen, und uns ausschließlich wird
man keine besonderen Vorrechte und Vergünstigungen einräumen.
Ich glaubte vorzugsweise die materiellen Interessen, Entlast-
ungen des Grundeigenthums und andere Erleichterungen im
Auge behalten zu müssen, und diese würden durch die Beschlüsse
in Frankfurt erfolgen, namentlich was den freien Verkehr be-
trifft. Indem ich mich genöthiget sehe, die Stelle niederzulegen,
die mir Euer Zntrcmen übertragen, muß ich die Gründe an-
— 33
führen, die mich dazn bewogen. Sie liegen in der Stelle, die
ich hier bekleide und die mir keine längere Abwesenheit gestattet,
ohne meine übernommene Pflicht zu verletzen. Hätte ich glau-
ben können, daß meine Anwesenheit in Frankfurt meinem
Heimathlande wesentliche Vortheile verschaffen könnte, so würde
ich meine hiesige Stelle ohne weiters niedergelegt haben nnd>
wäre derjenigen Pflicht gefolgt, die ich fü r die höhere gehalten
hätte. Diese Ueberzeugung aber hatte ich nicht, und so hätte
ein Schritt, wie der, den ich erwähnte, weder fü r das Land,,
noch fü r mich ersprießliche Folgen gehabt."
„Betrachte ich unsere Lage, unsere Verhältnisse genau,
so finde ich, daß sie keineswegs so schlimm sind, als man selbe
glauben macht. Was uns vorzüglich fehlt, das ist Muth und
Vertrauen auf uns selbst, Vertrauen auf die göttliche Vorseh-
ung. Wenn das Land auch klein, arm und verschuldet ist, so
hat es doch auch wieder Hülfsquellen, und diese liegen in der
Fruchtbarkeit des Landes uud in unserer eigenen Kraf t ."
„ E s hat bei seiner Kleinheit viele Uebelstände nicht, die
große Länder drücken. Das Land erfreut sich einer glücklichen
Ruhe, seine Bürger haben Gesetz und Ordnung und Recht ge-
wissenhaft zu erhalten gesucht, was nach den Beispielen, die
die anderen deutschen Länder vom Gegentheil geben, nichts
Kleines ist. Es ist eine Ehre fü r alle, die in unserem Lande
wohnen, daß der S i n n fü r Freiheit nicht ausgeartet ist in
Zügellosigkeit und Gesetzlosigkeit."
„ E s steht jedem Bürge r wohl an, seine Obrigkeit zu
achten und ihren Anordnungen zu folgen; dadurch zeigt er,,
daß er ein freier M a n n ist. N u r wer gerecht gegen andere ist,
hat auch von ihnen Gerechtigkeit zu erwarten."
„Unsere Aufgabe muß sein, mitten in den S t ü r m e n , die
um uns toben, die Ruhe zu erhalten und nie von der Bahn
des Rechts abzuweichen. W o kein Gesetz und Recht geachtet
ist, da ist Willkür, Gewalt uud Tyrannei ."
„ W i r können unsern Zustand nicht wesentlich verbessern,,
wenn wir nns an einen größern Staat anschließen, sobald
uns das allgemeine deutsche Bürgerrecht und der freie Verkehr
gesichert ist. W i r müssen trachten, nnser Glück uns selber zu
verdanken; der geht immer am sichersten, der sich auf seine.
— 34 —
Kraft verläßt. Auch ein kleines Völklcin, wenn es treu zu-
sammenheilt, vermag viel und macht fich wohlgefällig vor Gott
und den Menschen."
„ M a n sagt: Die^kteinen deutschen Staaten sollen großcrn
einverleibt werden. Al le in das kann nicht geschehen, wenn die
kleinern Staaten nicht wollen. Eine freie, einfache bürgerliche
Ordnung wird uns der Fürs t gewähren, und wenn er die
Trene sieht, die man ihm beweist, wird er nicht ermangeln,
dieselbe zn achten und thatsächliche Beweise zu geben, wie er-
freulich ihm dies ist, und sein Herz wird gerührt sein."
„Dabei muß das Land streben, in seiner Verwaltung
uud Einrichtung unabhängig zu sein, soweit dies die allgemeine
deutsche Verfassung zuläßt. Die Verpflichtungen, die wir gegen
Deutschland haben, müssen wir gewissenhast erfüllen, wei l wi r
nur so unsere Selbständigkeit erhalten können. W ä r e es aber
der F a l l , daß diese Selbständigkeit größere Opfer von uns ver-
langte, als wir zu tragen im Stande sind, so wird der Fürs t
mit seinem Vermögen im Lande die nöthigen Zuschüsse dar-
reichen. W ä r e dies aber nicht, was keineswegs anzunehmen
ist, so ständen dem Lande immer noch alle gesetzlichen und
rechtlichen Mit te l offen, um aus seiner Übeln Lage zu
kommen."
„Wenn ich alles genau betrachte und überlege, so ist, ich
muß es wiederholen, das Beste sür uns, daß wir die gesetzliche
Ruhe um jeden Preis aufrecht erhalten und daß alle gutge-
sinnten, verständigen und vaterländisch denkenden M ä n n e r das
Regierungsamt in Vaduz in diesem Bestreben unterstützen."
„ I n Ruhe wollen wir die Dinge abwarten, die die V o r -
sehung über Deutschland verhängt nnd uns nie in die Ange-
legenheiten unserer Nachbarstaaten mischen. E s ist klug und
weise, die Nachbarschaft uns günstig und gewogen zn erhalten;
denn fo wird sie uns uützlich sein, wie sie im entgegengesetzten
Falle nns .g roßen Nachtheil zufügeu könnte. W i r dürfen nicht
so leicht auf deutsche Hülfe pochen; denn fie ist ferne und
könnte uns theuer zu stehen kommen."
„Wenn wir unsern Vortheil recht verstehen, können wir
ein Völklein vorstellen, das Niemandem gefährlich ist, aber
— 35 —
doch Allen Achtung abnöthigt. Das Leben ist kurz; aber ein
ehrenvoller Name bleibt und dient noch den spätesten Nach-
kommen zum Beispiel und zur Nacheiferung."
„Die Mutter großer und unsäglicher Uebel ist die U n -
wissenheit. Denn der Unwissende, eben weil er nichts weiß,
ist argwöhnisch, mißtrauisch und wird das Werkzeug hinter-
listiger und boshafter Menschen. E r widerstrebt allem Guten,
weil er es nicht kennt, weil er keinen Blick in die Folgen der
Handlungen, in die Zukunft hat. Die Unwissenheit läßt keine
wahre Freiheit auskommen, sie erzeugt Gleichgültigkeit und
Haß gegen diejenigen, die Wissenschaft und Kenntnisse haben.
E i n eben so großes Uebel als die Uiuvisfenheit ist der Eigen-
nutz, die Selbstsucht: Beide entspringen eigentlich aus der U n -
wissenheit. Der Eigennutz macht nns kalt und lieblos, verhärtet
das Herz und stumpft es ab gegen alle sanftern und edlern
Empfindungen. W o Eigennutz und Selbstsucht herrschen, kann
nichts Gutes gedeihen, vor allem keine Freiheit, keine wahre
herzliche Tugend. O Mensch, möchte man ausrufen, bist du
geschaffen, dich selbst und andere zu plagen, oder dich selbst
und andere zu beglücken? Und wie kannst du dies Letztere,
wenn du unwissend, eigennützig und selbstsüchtig bist?"
„Alle weisen M ä n n e r nnd alle Freunde des Volkes haben
einstimmig, neben der göttlichen Anstalt, der christlichen Kirche,
die Schulen als ein Heilmittel gegen die Unwissenheit und
die Selbstsucht betrachtet und in diesem Sinne das Schulwesen
befördert. Die Religion ist fü r alle nnd die Kenntnisse, welche
die Schule gewährt, sind sür alle die gleichen, sür den Fürsten,
wie fü r den Bettler. E i n verständiges Volk wird alles auf
ächte Religiosität und gut eingerichtete Schulen setzen. Sehet
die Kinder an, es ist ein Jammer, wenn sie an der Seele ver-
kümmern. Ich habe es nie verleugnet, daß ich zu einem kleinen,
armen und in vielen Dingen unwissenden Völklein gehöre, ja
ich habe der Vorsehung dasür gedankt."
„Ich habe nie einen höhern Wunsch gehabt, als Euch,
liebe Landsleutc, nützlich zu sein. Aus treuem Herzen kommen
die Rathschläge, die in diesen Zeilen enthalten sind. Es steht
bei Euch, wie I h r sie aufnehmen wollt ."
— 36 —
„Sol l ten sie einige Wirkung haben, so würde es mich
deßwegen freuen, weil die guten Folgen, die daraus entstehen
würden, deutlicher fü r ihre Wahrheit und Verbreitung sprechen
würden, als es die Worte eines Menschen vermögen. Denn
die guten Folgen unserer Handlungen kommen aus Gottes
Hand!
S t . Luzi , 25. November 1848.
Euer Freund nnd Mit landsmann
Peter Kaiser."
V. S c h l u ß .
Dem Bilde des gelehrten nnd wackern Mannes, welchem
wir auf seinen wechselvollen Lebenspfaden gefolgt sind, haben
wir noch einen lieblichen Zug beizufügen: seine o p f e r w i l l i g e
M i l d t ä t i g l e i t . I n dem Nachrufe: „ Z u r Erneuerung ?c."
lesen wir zu seiner Wirksamkeit in Disentis, wo er, wie schon
bemerkt, eine außer allem Verhältnisse zu seinen Leistungen
stehende kleine Besoldung genoß: „Wie oft sagte er zu seinen
Schülern und Freunden: „„wie verdienen wir den Namen
Christen, ivie verdienen wir es, daß Gottes Sonne uns bestrahlt,
wenn wir das erste Gebot Christi, das der Liebe, nicht befolgen?
wenn wir einander nicht helfen und beistehen nnd sogar unsern
Feinden Böses mit Gutem vergelten?"" Aber er blieb nicht
bei den schönen Worten stehen, sondern seine Wohltätigkeit
ging soweit als seine Mit te l reichten. Viele seiner ehemaligen
Schüler müssen bezeugen, von ihm ansehnliche Unterstützungen
zu ihren Studien erhalten zu haben. Es gab Söhne armer
Eltern, für welche er die Hälfte des jährlichen Konviktgeldes
bezahlte; andern schaffte er Bücher und die Schreibmaterialien
an. M a n weiß, daß ganze Familien in der Nachbarschaft des
Klosters von ihm unterstützt wurden. E i n altes Mütterchen
stellte sich jeden Sonntag nach dem vormittäglichen Gottes-
dienst ans dem Klostergange ein und wartete dort unter der
lärmenden Schaar der Schüler , bis „der gute Herr" kam. W a s
das Mütterchen erhielt, weiß niemand; jedermann aber wnßte,
daß es einer blutarmen Famil ie angehörte, die nicht betteln
ging. Viele andere kamen zu ihm ihre Not und Bedrängn is
zn klagen; er entließ keinen ohne Trost und Hülse, und man
weiß auch von keinem, den er wegen einer Schuldforderung
hätte belangen lassen. S o ist es nicht zu verwundern, daß
Kaiser, als er von Disentis nach Chur übersiedelte, abgesehen
von den Anschaffungen an Büchern, nichts weiter erspart hatte
als 400 Gulden; diese Summe selbst aber staud bereits als
Anlehen bei einer bedrängten Familie und konnte ihm auch
später nicht wieder erstattet werden."
I n Chur hatte sich ein Verein gebildet zur Unterstützung
katholischer Zwecke, besonders auch der Hofschute. Gern über-
nahm Kaiser das Präs idium dieses Vereines bis zu seinem
Tode und betätigte sich mit regem Eifer in demselben. I n
seinem Testamente vermachte er der Hofschule 200 Franken
(der Gemeinde Vigens, die ihm das Bürgerrecht geschenkt hatte,
300 Franken fü r den Schul- und Armenfond).
W i r kommen zum Schlüsse. Rektor Kaiser war allein
durch's Leben gegangen, insofern er sich nie verehlichte: aber
er war bis zum Abende seines Lebens stets umgeben gewesen
von einer großen Schaar wissensdurstiger junger Leute, denen
er Lehrer und Erzieher war, von lieben Freunden, mit denen
er stets einen regen und anregenden Verkehr pflegte. E r stand
in seinem siebenzigsten Lebensjahre, als ihn am 5. J u n i 1863
eine Krankheit befiel, von welcher er nicht mehr genesen sollte.
Freilich trat eine vorübergehende scheinbare Besserung ein, doch
nur von kurzer Dauer. Auch während seiner Krankheit
beschäftigte er in Gesprächen mit Freunden sich noch gerne
mit Schulangelegenheiten.
Dem Tode sah er ruhig und mit christlicher Fassnng ent-
gegen. Derselbe ereilte ihn am 23. Februar 1864 in seinem
71. Lebensjahre. Be i seiner Beerdigung auf dem katholischen
Friedhof bei der Kathedrale hob der amtierende Priester
(Kapuzinerpater) gerade mich seine tiefe Religiosität hervor.
Seine Grabschrift auf weißer Marmorplattc, die seit
einigen Jahren in die Frontseite der Friedhofkapelle eingelassen
ist, lautet:
3
— 38 —
Hier rndt
Aeii, 1795^) in Narrron, ?ürs t sn t>inm I^ielldtenstk-in,
Zsst, 1864 in OKnr, Reetor nnci I^slirsr
gn clsn XKntonsselinlkn ^n. Disentis rrncl (ÜIrnr, Ml»1ikcl
6os clsnts^llkn ? a r l « m s n l s ,
D s n nnvsvAkssliedsn. I^oKrer clkr ^nKöncl nncl vorAientc-n
lZrforsel^er rkatisodsr V o r t e i l biirlo KrÄrrdnnüon clur^Ii
VörlsiKnnK clss ZZiirAorreelits,
Das (Zs-i«zt̂ üvr 'WaKrl«zit n'ar in söinsm Nrrnclu
nnd Lösss varci niolits orluncloir ^n.1 soinsn
Lippsn, Slkl, 2. 6.
R, 1, ? ,
)̂ S o l l richtig heißen: 1793, Auch in andern auf Kaiser bezüg-
lichen Schriften findet sich dieser Irrtum,
Die cttten HlechtsgewoHnheiten und
Lan ösorönungen
der
Grafschaft Uaduz und der Herrschaft
Schellenderg, sowie des nachherigen Fürsten-
tums Liechtenstein.
Mitgeteilt und e r läu te r t
von
W Albert Schadler
Die nachstehende Veröffentlichung hat den Zweck, einen
Beitrag zur Kulturgeschichte unseres Landes zu liefern. Es
wird damit ermöglicht werden, den Sittenzustand und die
Rechtsgewohnheiten unserer Vorfahren aus alter Zeit in mehr
als einer Beziehung näher kennen zu lernen.
Die von mir gesammelten Quellen, welche in dieser Arbeit
teils wörtlich, teils auszugsweise mitgeteilt werden sollen, sind
folgende:
1. Eine in meinem Besitze befindliche Original-Pergament-
urkunde des Grasen Rudolf von S u l z vom Jahre 1531. Die
Urkunde ist noch sehr gut erhalten, ebenso das derselben an-
gehängte Siegel der Grafen von S u l z . S i e enthält Bestim-
mungen über Erbrecht, Ver fährung und Testamente.
2. Dre i geschriebene Landsbräuche.
Landsbrauch nannte man in früheren Zeiten die alt
hergebrachten und zu Recht bestehenden Gesetze und „Ordnungen"
eines Landes. Viele solche „Bräuche" wurden lange Zeit nur
durch mündliche Ueberlieferung als „alte Gewohnheit" auf-
recht erhalten, später aber gesammelt und geschrieben, bei
dieser Gelegenheit dann auch wohl verbessert. Die geschriebenen
Landsbräuche dienten den Landammänne rn als leitendes Hand-
buch zur Er fü l lung ihrer Obliegenheiten bei Erbsabhandlungen,
im Gerichtsverfahren, und in der Ueberwachung des Polizei-
wesens.
Die drei Landsbräuche, welche ich ausfindig machen
konnte, i) sind Abschriften, welche Landammänner fü r ihren
dienstlichen Gebrauch anfertigen ließen.
i) Nach Vollendung dieser Arbeit kamen mir noch 2 E x e m p l a r e
zu, welche zwar — da mehrere Blät ter fehlen — nur einen Tei l der
alten Landsbräuche enthalten. Beide sind wörtlich gleichlautende Ab-
schriften, die im Anfange des 17. Jahrhunderts niedergeschrieben wurden,
und nach dem abgegriffenen Zustande der Blät ter offenbar viel von den
Landammännern fü r ihre dienstlichen Obliegenheiten benutzt worden
waren. Z u m Einbinden der beiden Exemplare wurde Pergament benützt,
auf welchem prächtig geschriebene Noten samt lateinischem Text aus dem
Rituale sür die hl. Messe sichtbar sind. Die verwendeten Pergament-
blütter stammen wohl aus alten Missalen, welche vor Erfindung der
E i n Exemplar ist im Besitze des Landesarchivs in Vaduz
und ist, wie es auf dem ersten Blatte des 107 Seiten fassen-
den gebundenen Heftes heißt, eine Abschrift, welche der Land-
ammann Johann Georg Wols von Vaduz im Jahre 1667
durch den Schulmeister Johann Christof Fabern in Vaduz
machen ließ.
Das Heft enthält eine vom Grafen K a r l Ludwig von
S u l z (1572—1613) herausgegebene Erbordnung, ferner die
damals gebräuchliche Gantordnung, (d. h. Vorschrift fü r den
Schuldentrieb), eine Ordnung fü r das „Malefiz- und Zeit-
gericht" und endlich eine alte Polizeiverordnung. A m Schlüsse
des Heftes befindet sich ein ausführliches Register.
Das zweite Exemplar, ein prächtig eingebundenes, dick-
leibiges Buch von großem Formate, gehört dem Pfarrarchive
von Bendern. Lcmdcimmann Bas i l Hopp schreibt auf dem
ersten Blatte eigenhändig, „daß ihm gegenwärtiger Landsbrauch
samt dem Sulzischen Urbario Anno 1682 vom regierenden
Grafen Ferdinand (von Hohenems) durch Herrn Christof
Angern kommuniziert worden sei, und daß er alles habe ab-
schreiben und in diesen Bunth binden lassen."
E s enthält wörtlich gleichlautend die im Landesarchiv-
Exemplare genannten Ordnungen, außerdem oben noch die
Eidformel, welche die Geschworenen vor dem Landammann zu
schwören hatten. Endlich ist dem Bande das vollständige
Sulzische Urbar beigefügt, welches, wie in einer Beilage von
M a t h ä u s Bader, UotÄrw3 o^es. publio. namens des Stiftes
Kempten am 15. März 1701 bezeugt wird, dem Originalurbar
gleichlautend befunden wurde. >)
Das dritte Exemplar ist im Besitze des Josef Schurti
bei Haus N r . 111 in Triefen. Auf dem ersten Blatte ist
folgender Ti te l angebracht: „Landsbrauch, wie solcher in dem
Buchdruckerkunst in Gebrauch gewesen waren. Das eine Exemplar wurde
von Herrn Lehrer Müßner in Ruggell aufgefunden und durch Ver-
mittlung des Herrn Landcsvikars I . B . Buchet dem historischen Vereine
in's Eigentum übergeben. Das andere erhielt ich von Eschen und ist in
meinem Besitze.
Das Sulzische Urbar sei hier nur beiläufig erwähnt. Eine
nähere Besprechung desselben liegt nicht im Rahmen dieser Arbeit.
Reichsfürstentuin Liechtenstein in der oberen und unterenHerrschaft
gehalten und beobachtet wird. ^ . 1794. Oonseriptuw A ms
.Andres, k ü i n p s l 8. ^llsoloZlÄS Ltucliosv."
Es enthält die Erbordnung und Gantordnung wörtlich
gleichlautend, wie in den beiden anderen Exemplaren. Jedoch
sind die in den letzteren als Anhang zur Erbordnung mitge-
teilten Bestimmungen über die Form der Testamente und das
Verfahren bei Malefizgerichten in diesem Exemplare nicht vor-
handen. Dagegen finden wi r am Schlüsse des 151 Quart-
seiten enthaltenden Hestes Abschriften der Polizei- und Lands-
ordnung des Reichsfürstentums Liechtenstein vom 2. September
1732 und der am nämlichen Tage vom Fürsten Josef Johann
Adam von Liechtenstein erlassenen Waldordnung.
Andere Quellen, die ich beiläufig zu dieser Arbeit benutzte,
sind in Fußnoten jeweils besonders angeführt .
Nach diesen einleitenden Bemerkungen mögen nun die
urkundlichen Quellen sprechen. Soweit ich den Text derselben
vollständig zur Mitteilung bringe, habe ich mich sorgfältig an
den Wortlaut des Originals gehalten. D a jedoch die Inter-
punktion und Verwendung der Majuskel in diesen Urkunden
eine sehr willkürliche ist, so habe ich, um das Gebotene les-
barer und verständlicher zu machen, so viel als möglich die
Interpunktion und auch das Schreiben der Anfangsbuchstaben
der jetzigen Schreibweise angepaßt. Es kann wohl gegen diese
Methode umsoweniger eingewendet werden, als dadurch der
Wortlaut des Originals nicht geändert wird .
Die alte Erbordnung vom Grafen C a r l Ludwig von S u l z
und die alte Polizeiordnung habe ich, damit diese Arbeit nicht
zu umfangreich werde, nur auszugsweise zur Mitteilung
gebracht. U m jedoch die Zeit, von der ich berichte, auch in
ihrer Eigenart selbst reden zu lassen, habe ich zur Charakte-
risierung der damaligen Ausdrucksweise besonders prägnante
Stellen dem Wortlaute nach eingeslochten.
Ueber diese Waldordnung und eine ältere v. I . 16ö8 habe ich
in meiner Arbeit: „Die Tätigkeit des liechtenst. Landtages im 19. Jahr-
hundert." I. Band des Jahrb. des H. B . für d. F . L. S . 126 s. das
Wesentliche mitgeteilt.
— 44 —
I . Ueber Erbrecht und die Form der Testamente.
A n erster Stelle sei de r E r l a ß des G r a f e n R u d o l f
v o n S u l z v o m Z . 1531, welcher über E r b f o l g e , T e s t a -
m e n t e u n d V e r j ä h r u n g handelt, wörtlich mitgeteilt.')
„ W i r Rudolf Graf zu S u l z , Landtgraf in Kleckgeu.
des heiligen römischen Reiches Hofrichter zu Rotweil ,
römischer hungarischer und behumischer Königklicher Maje -
stet Statthalter der Oberösterreichischen Landen, Herr zu
Vaduz, Schellenberg und Blumenegk bekennen öffentlich
und thun tundt allermenigklich mit diesem Brief , daß vor
uns kamen und erschienen sind unser arme Leut und Unter-
thanen gemeingklich Geschworene und Gerichtsleut unser
Herschaft Vaduz. Und hielten uns fü r etlich Mängel und
Artikhel, daran inen v i l und groß gelegen wär , so si an
weiland die edlen und wolgebornen unsere Vetter Freihern
von Brand iß selig nacheinander, und jez an uns als
Erb und regierenden Herrn gemelter Herschaft Vaduz
gebracht und mermalen angezogen hetten, und doch der
Sach keinen Auftrag gegeben wäre.
Z u dem ersten, wann es sich durch Gott gefuegte,
das ain Mensch in Krankhait läge und sich besorgte zu
sterben, wie sich dann derselb Mensch Zu Gott schikhen und
was er verordnen und verschaffen^) möchte und sein
Testament setzen, damit es Krast hette.
Z u m a n d e r n , welcher Mensch durch Gott und zu
H a i l seiner Seele, seiner Freunden und andern, so guts
um denselben Menschen verdient und beschuldt hetten,
etwas verordnen und verschaffen wölt , wie . das ge-
schehen sölte.
Z u m d r i t t e n , wie v i l ain Mensch in seiner Krank-
heit in obgemelter Gestalt verschaffen möchte.
Z u dem v i e r t e n , wie Enichle^) an statt Vatter
und Muter zu Erben zugelassen sollen werden.
Vcrgl. auch P . Kaiser. Geschichte des Fürstentums Liechtenstein.
Chur 1847. S . 327 s. und S . 340 s.
2) „Verschaffen" — vermachen, testieren.
Enichlc Enkel.
— 45 —
Z u m V i n f t e n , ob enichle Kiuder one Leiberben
abstürben, und etwas in gemelter Gestalt in erbsweis an
sie gefallen wäre , wo dann dasselbig i r ererpt Gut haim
gefallen fölte.
Z u m sechs ten wie auch Vatter und Muter, ire
eliche und ledige Kinder erben sollen uud mugen.
Z u m sib enden , ob am Mensch etwas Unfertigs ')
uff im hette, wie er dann dasselbig widerkären und
geben sötte.
Z u dem le ts ten , wie inen in der gemelten Hcr-
schast not w ä r ain gewonlich Landsgewer.
Also uff selich i r Anpringen der angezaigten Artikhel
haben wir uns gar aigentlich betracht und deßhalben Rat
gehabt ains Vica r i i und gaistlichen Richters zu Chur und
andern verstendigen Leuten, und sezen und wellen, das
nun hinfüro dise Artikhel und Mainnngen, hernach folgende,
in gemelter unser Herschaft Vaduz gehalten und in
Gerichtsgebungen, wo es dise Artikhel cnnen oder mer, als
hernach stat, anrieren würde, daruff gericht, denen statt
und Glauben gegeben werde, und darwider mit kainn
Urtell gericht, sondern gestragkhs one Hinred, Jntrag,
Hindernus Bekümmerung aller Gericht und Sachen also
beleiben lassen, khainen den andern änderst über selichs
nit anlangen, fürnemen noch hindern, mit khainen Ge-
richten noch Sachen, weder gaistlichen noch weltlichen,
ganz in kainem Weg.
Und wellen zu dem ers ten, ob ain Mensch mit
Krankheit beladen wäre uud etwas verschaffen wölte,
das dann alwegen zwen Piderman zu Zeugen und der
Priester darbei selten sein, es w ä r dann Sach und zu
besorgen Arglist und ander Ver fü rung . Alsdann sind der-
selben Zeugen nit genug, sondern sellen mer Zeugen darzu
beruft werden, damit verstanden des Verschaffers besinten
Wil len . Und wo selichs in ander Weg änderst gehalten
würd , sollen dieselben Testament und letzte Wi l l en nichts
bedeuten und kraftlos haißen und sein.
„Unfertigs" — unrecht erworbenes Gut.
Z u dem a n d e r n , welcher Mensch, der wäre , der
durch Gott und zu H a i l seiner Freunden und anderen,
so selichs umb ains verdienet und beschuldt hetten, etwas
nach ihrem Tod zu geben, verschaffen wolle, so soll der-
selbe Mensch, darzu berufen vinf Zeugen. Darunter sellen
zu dem wenigsten sein zwen Richter gemelter Herschaft,
damit jemand gedenken möge, das der Krcmkh das Brauch
seiner Sinnen nit gehabt hab. Alsdann soll selich Testament
und Ordnung Kraf t und Macht haben, sonst nit.
Z u dem d r i t t e n , welicher Mensch, der wäre , der
in seiner Kraukhait etwas über drey Psund Pfennig ver-
schifft und verordnet, sole kein Kraf t noch Macht haben
und nit gelten, es seien dann gemelter Gestalt Zeugen
dabei gewesen. Es wäre dann sach in seiner Krankheit
etwas durch Gott und zu Trost seiner Seele verschaffen
wöl t e , alsdann sellen drei Richter gemelter Herschaft
darzu erbetten werden, darbei verstanden kam Argwenigkeit
darbei verlassen.
Z u dem v i e r t e n . Alsdann die hailigen Recht nit
klain achtend, das die Enichle zugelassen werden, anstatt
irer Batter uud Muter zu erben, und unziemlich wäre ,
das sie mit zweien Ruten, ainer in Entziehung leiblichs
Trosts durch Abgang Vatter und Muter, und in dem-
selben irem Unsall mit der andern Ruten mit Beraubung
ihres vätterlichen und müterlichen Erbs gestraft werden
sotten. Darumb so sellen nun hiufüro Enichle anstatt irer
Vatter und Muter erben und in die Luckhen anstatt
Vatter und Muter gefielt werden. Und wann nun Enichle
vorhanden wären und weder Vatter noch Muter an jet-
nieder Seiten mer ist, alsdann soll jedes Enichle fü r
sich selbs erben.
Z u d e m v i n f t e n ist uff diesen Artikhel sonder und
mer beredt, ob enichle Kinder an Leib uud Erben abstürben
und vormals an si etwas erbfalls gemelter Gestalt zu-
gefallen wäre so soll selich Gut, was das wäre , von
inen wider hinder sich an die nächste Freundschaft, dannen
gar es geflossen ist, falleil on alle Hindernus.
Z u dem sechs ten alsdann Vatter und Muter ire
eliche und ledige Kinder in obgemelter unser Herschaft zu
Erben bisher kains ivegs zugelassen, doch nicht desto-
iveniger natürlicher und ordentlicher Sazung dieselben ire
Kinder uffzuerziehen ui?d zu versorgen schuldig sind, auch
die Kinder ire Vatter und Muter fü r menigklich rechtlich
erben. Demnach so sezen, mainen und wellen wir , das
null hinfüro Vatter und Muter i r letstes Kind, so mit Tod
abgat on elich Leiberben, von inen geporen, erben sellen
mit dieser Beschaidenhait, das Vatter und Muter desselbigen
irs letstes Kinds verlassen ligend und farend Hab und
Gut, was das wäre, i r weil und lebenlang inehaben,
nüzen, nießen, geprauchen und den Pluemen ' ) jährlich
darvon nenien; und sellen auch die Güter , so in erbsweise
nn si also gefallen, weder versezen noch verkaufen, ver-
ordnen, verschaffen, noch sonst veroberhandeln in kam
Weis noch Weg, sondern in guten wesentlichen Eren
halten. W v aber Vatter und Muter au den Pluemen von
denselben Gütern zusampt iren aignen Gut nit Narung.
noch Auskommen hetten, sellen si i r aigen Gut zu i r Leips
Noturft Narung und Unterhaltung am ersten angreisen.
Und so dann ir aigen Gut nit genugsamlich darzu raichen
und gedienen möcht, alsdann sellen und mögen si mit
dem Gut, so gemelter Gestalt erbsweise si angefallen,
schaffen, handeln, thun und lassen, wie und als mit anderm
irem aigen Gut, doch alweg zimlich und nit wüstlich on
Not. Und so dann Vatter und Muter auch absterben on
elich Leiberben, von inen fürohin geporen, soll selich Gut
vorgemelter Gestalt inen zugefallen, so überblieben und
noch vorhanden, was das wäre , von inen wider hinder
sich an die nächste Freundschaft nach der Linie des P lu t s
zu paiden Vatter und Muter Stammen, dannenher das
Gut geflossen und kommen ist, fallen on alle Jnred.
Z u m sib e n d e n ob ain Mensch etwas Unfertigs
uff im hette, wie und was das wäre , so sein Seel zu
ewiger Seligkeit irren und hindern möchte, so soll derselb
Pluemen — jährlicher Abnützen.
— 48 —
Mensch selichs bei guter Vernunft an die End und Orth
verordnen und keren, dahin es gehört, und bei gesundem
Leib, oder in seiner Krankheit, obgemelter gestalt Zeugen
und Leut darbeihabcn,, damit niemand betrogen möge
werden.
Z u m a c h t e n d e n ist gar mit nämlichen Worten
beredt und angesehen ain gewonlich Landsgewer') diser
unser Herschast Vaduz, wie hernach volgen ist. Z u dem
ersten ob ainer etwas Güter , ligende und faxende, oder
Brief in Hends hette und in ruebiger Besizung vinfzehen
J a r wäre gewesen, und nach dem von niemand ange-
zogen wurde, so deßhalben vermaindts Gerechtigkeit For -
derung und Ansprach darzu zu haben, und doch derselbig
oder dieselbigen Ansprücher dieweil im Land gesessen, mit
ninandern zu Kirchen und zu S t r a ß e n gegangen, bei den-
selben an Enden und Orthen gewonet hetten, so selle si
inen uff i r Anforderungen und Zuspruch nichts schuldig
sein, in kainer Weis noch Weg. Ob aber auslendig Per-
sonen, so an fremden Orth gewonet und nit im Land
gesessen wären , zu ainem oder mer, in dieser Herschaft
über selich Gewer und Zeit etwas zu sprechen hette,
darumb soll dann geschehen, was recht ist. Und zu letzt, ob
ainer den andern in dieser gemelter Herschaft umb ain
Geldschuld anziehen würde und also ob zehen Jaren one
angefordert, angestanden wäre, soll derselbig derselbigen
Person uff iren Anzug nicht schuldig, sondern die Schuld
tot und ale sein.
W i r gemelter Rudolf Graf zu S u l z behalten uns
und unsern Erben und Nachkommen dise Handlung M a i -
nung und Artikhel über kurz oder lang Zeit zu mindern,
zu meren, zu verordnen oder gar abzethun, auch nlwegen
uns, unsern Erben und Nachkommen an unsern Herlig-
kaiten, Gewonheiten unvergriffenlich und unschädlich mit
Urkhundt und in Kraf t dieses Briefs , daran wi r unser aigen
Jnnsigel zu ainer Gezeugnis der Sach offenlich haben
lassen henkhen.
Gcwer Gewährleistung.
— 49 —
Der geben ist an sandt Barthlameus des heutigen
Zwelspotentag, als man zelt nach der Gepurt Cristi
unsers Herrn Tausend vinfhundert dreißig und ain."
I m Jahre 1577, also 46 Jahre später, fand durch die
Bormünder der Grafen C a r l Ludwig und Rudolf von S u l z
eine R e v i s i o n d i e s e r E r b o r d n u u g statt. Eine w e i t e r e
u u d u m f a n g r e i c h e R e v i s i o n erfolgte endlich unter G r a f
C a r l L u d w i g v o n S u l z ( 1 5 7 2 — 1 6 1 3 ) , welcher den
kaiserlichen Notar Jakob Beck und noch einen Rechtsgelehrten
damit betraute, ein gleichförmiges Erbrecht fü r die Grafschaft
Vaduz und die Herrschaften Schellenberg und Blumenegg ') zu
verfassen.
Pfarrer Josef Grabherr in Satteins, ein um die Geschichte
Vorarlbergs verdienter Forscher, hat diese Erbordnung im
37. Jahresbericht des Voralberger Museumsvereines vom
I . 1898 unter dem Ti te l „ B l u m e n egg er L a n d s b r a u c h "
wortgetreu veröffentlicht.
Der Wortlaut ist, wie ich beim Vergleiche konstatieren
konnte, genau derselbe, welcher sich in den obengenannten von
mir gesammelten drei „Landsbräuchen" vorfindet. Jedoch sehlt
in dieser Veröffentlichung die, wie wir nachher sehen werden,
immerhin bemerkenswerte Einleitung zur Erbordnung.
Grabherr sagt in dem Vorworte, welches er seiner Ver-
öffentlichung vorausschickt, daß unzählige Urkunden während
seiner Studien über Blumenegg auf diesen „Landsbrauch" und
dessen Einzclbestimmungen hinwiesen, daß es bisher dennoch
nicht gelingen wollte, denselben im Wortlaut nnd Zusammen-
)̂ Die Herrschaft Blumenegg gehörte im 13. Jahrhundert den
Grasen von Werdenberg, kam bei den Besitzteilungen derselben dann an
die Sarganscr- und im I . 1342 an die Vaduzer-Linie. (Vgl . Jahrbuch
unseres histor. Vereins v. 1304 S. 238.) Blumenegg blieb im Besitze der
Herrn von Vaduz bis zum Jahre 1613, da Graf Rudolf von Su lz diese
Herrschaft an das Kloster Weingarten verkaufte. (Vergl. Kaiser, Geschichte
des F . Liechtenstein S . 3S6.) I m 1.1804 kam Blumenegg an Oesterreich,
bei dem es mit einer kurzen Unterbrechung von 1805—1814 (da es in
Folge des Preßburger Friedens Bayern zugchörte) bis heute verblieb.
(Vergl. die Monographie über Blumenegg von Professor Z ö s m a i r im
Voralberger Volksfreund, abgedruckt im Liechtenstein. Volksblatt Nr. 28
und 29, Jahrgang 1904.)
— 50 —
hang aufzufinden. Allerdings habe man den Landsbrauch im
Register des Archivs Einsiedeln sud I- als Manuskript
in Kleinfolio eingetragen gefunden, aber als man nachsuchte,
war die Stelle leer, der Band unerklärlich verschwunden. End-
lich sei durch Z u f a l l dieses vermißte Manuskript mit dem
obigen Archivzeichen bei dem k. k. Bezirksgerichte in Bludenz
entdeckt und Einsiedeln wieder zurückgestellt worden. Es p rä -
sentiere sich als S t . Gerolder Exemplar aus dem Jahre 1609. ')
I n den beiden Exemplaren von Bendern und Triesen
findet sich eine E i n l e i t u n g , - ) welche ü b e r d ie G e n e s i s
d e r n e u e n „ E r b o r d n u n g " A u s s c h l u ß g ib t und wie
folgt lautet:
„Obgleich wohlen vor diesem bei Lebzeiten weylandt
des wohlgebohrnen Rudolphen Grafens zu Su l z , Land-
grafen im Klegeu, des heiligen römischen Reichs Erbhof-
richters zu Notweil, Herrn zu Vadutz, Schellenberg und
Blumenegg, römischen, hungarischen und böhaimischen
königl. Majestät Statthalters der oberösterreichischen
Landen, und unsers lieben Urahnen seliger Gedächtnis
auf der Unterthanen ermelter Grafschaft Vadutz unter-
thäniges Anhalten uud Bitten Anno 1531 ein Erbordnuug
ausgericht, auch solche hernach durch die wohlgebornen
Herrn Heinrichen Grafen zu Fürstenberg, und Herrn
Schweikhardten Grasen zu Helfseustein, unsere freundliche
liebe Vettern als unsere damals von höchst gedachter
kans. Mauesteth geordnete Vormünder im Jahre 1577
widerum revidiert und durchsehen worden, so sind doch
darin gar wenig Fä l l und etlich darunter so kurtz, dunkhel
und unverständlich gesetzt und ausgeführt , daß man daraus
)̂ Der Er laß der Erbordnung durch den Grafen Car l Ludwig
datiert wohl früher und zwar schon vor dem Jahre 1602. I m Jahre
1602 sand nämlich die Erbteilung statt, laut welcher Car l Ludwig Vaduz,
Schellenberg und Kleggau, sein Bruder Rudols hingegen Thengen und
Blumenegg erhielt Vergl. Kaiser, Gesch. des Fürstent. Liechtenstein S . 3S5.
Offenbar war diese im St. Gerolder Exemplare nicht enthalten,
sonst hätte sie I . Grabherr sicher mit veröffentlicht, weil sie über die
Vorgeschichte und das Zustandekommen der Erbordnung interessante
Aufschlüsse gibt.
— 51 —
über etwelche zugetragene Fä l l keinen gründlichen Bericht
fassen möge, dadurch dann allerhand Weiterungen, U n -
ruhen, Mißverständ und Widerwillen entstanden sind.
Neben dem so haben die übrigen beide unsere
Herrschaften Schellenberg und Blumenegg gar keinen
geschriebenen Landsbrauch sondern nur eine alte Ge-
wohnheit gehabt, darunter ihnen viel Beschwerlichkeiten
vorgefallen, die sie gern geendect gesehen und derohalben
uns unterthäniglich gebetten, wi r ihr natürlicher Halsherr
und hohe Obrigkeit wollen in allen diesen unsern ober-
lendischen Herrschaften ein recht mäßige, durchgehende
gleichförmige Erbordnung vergreiffen und aufrichten lassen.
W e i l dann wir als diser Zeit regierender Herr vor
Gott und der Welt schuldig sind, unserer getreuen lieben
Unterthanen Nutz und Wohlsart zu gedenken, so haben
wi r die Sach mit unsern Beamten in zeitige Berath-
schlagung gezogen und demnach, damit allerley Unruh,
Umtrieb, Zank, Hader, Ueberlauffens der Obrigkeit,
Unlüsten, Vernachtheilung, Vortheil und Verkürzung —
alles denen billigen gleichmäßigen Rechten zuwider —
für kommen und abgeschnitten werden, auch unsern Nach-
kommen, und denen jederzeit anwesenden Ober- und
Unterampt auch Gerichtsleuten in allweg zu besserer Ver -
ständnis und Richtigkeit, auch gleichfalls aller Orten zu
desto mehrer Fried, Ruh und Einigkeit diene, haben wir
den chrenvesten unsern Obervogt der Herrschaft Metingen,
Landschreiber und getreuen lieben Johann Jakob Becken
laus, approbierten und immatriculierten Notario neben
und mit einem ansehnlichen Rechtsgelehrten, den er zu ihm
ziehen solle, Beselch geben, ein ehrbares, billiges, gemein
gleichförmigs Erbrecht über obberührte unsere eigenthüm-
liche drey Graf f - und Herrschaften Vadutz, Schellenberg
und Blumenegg zu ergreifen uud anzustellen.
Welches dann beschehen und ihnen den Unterthanen
solches hernach in Buchstaben ordentlich und verständlich
)̂ Die im Jahre 1531 vom Grafen Rudolf von Sulz erlassene
Erbordnung und die im Jahre 1577 revidierte Erbordnung hatten nur
in der Grafschaft Vaduz Geltung.
— 52 —
vorgelesen morden, daß sn ihnen durchaus gemein und
sonderlich Wohlgefallen lassen und uns darauf unter-
thcinigtich gebetten, dieses Erbrecht unserer vorhabenden
Landsordnung beizufügen.
Welches dann wir als der Landtherr abgehörter
Ursachen und sonderlich um gemeiner unserer getreue«:
lieben von Gott anvertrauten und befohlener Unterthanen
Nutz und Wohlfart willen gern gethan uud stehet solch
Erbrecht und Satzung in unterschiedlichen Punkten, Fäl len,
Figuren und Exemplen wie hernach zn sehen."
Die in dieser Einleitung augeführte Erbordnuug des
Grafen Rudolf von S u l z vom Jahre 1531 habe ich bereits
oben mitgeteilt. Die Urkunde vom I . 1577, welche eine
Revision einzelner Bestimmungen vom I . 1531 enthält, konnte
ich bisher nicht auffinden. Die neue vom Grafen C a r l Ludwig
von S u l z erlassene Erbordnuug ist sehr umfangreich und füllt
in der gedruckten Wiedergabe im Jahresberichte des V o r a r l -
berger Museumsvereines 36 Oktavdruckseiten aus. Wie ich
bereits erwähnt habe, ist dieselbe, abgesehen von der oben mit-
geteilten Einleitung, welche im S t . Gerolder Exemplar fehlt,
wörtlich der Erbordnuug gleichlautend, die sich in den drei
von mir gesammelten Landsbräuchen vorfindet.
Ich beschränke mich im Folgenden darauf, deu wesent-
lichen Inhal t dieser Erbordnung, welche im 17. und 18. J ah r -
hundert in der Grafschaft Vaduz und der Herrschaft Schellen-
berg, dem nachherigen Fürs ten tums Liechtenstein, im Gebrauche
war, in Kürze zu skizzieren. Wer sich aber fü r den genauen
Wortlaut interessiert, um ein treues B i l d der Sprachweise
und Rechtschreibung damaliger Zeit zu erhalten, sei auf die
Publikation Grabherr 's , ' ) verwiesen.
Der erste T e i l der neuen Ordnung handelt von dem
E r b r e c h t e und der E r b f o l g e be i ' E r b s c h a f t e n ohne
T e s t a m e n t . Es wird hier als allgemeiner Grundsatz auf-
gestellt, daß das Vermögen eines Abgestorbenen auf die nächsten
ehelich geborenen Blutsverwandten fallen soll, welche in drei
1) Der Bluinencgger Landsbrauch. I m 37. Jahresberichte des
Vorarlbcrgcr Museumsvercines v. I . 1898. S . S8—135. Bregenz. I m
Selbstverläge. Druck v. I . N . Teutsch.
— 53 —
unterschiedliche Klassen eingeteilt werden. Die ersten sind die
in absteigender Linie, als Kinder, Enkel, Urenkel usw. Die
zweiten sind die in aufsteigender Linie, als Vater und Mutter,
Großel tern usw. Die dritten sind die in den Seitenlinien, als
Brüder und Schwestern und deren Nachkommen, die Geschwister
der Großel tern usw. Die in diesen verschiedenen Linien vor-
kommenden Fälle iverden nun näher ausgeführt uud jedesmal
durch beigefügte Beispiele und S t a m m b ä u m e erläutert und erklärt.
Dann folgen noch zwei besondere Abschnitte, welche von
der „Erbnemung der Eheleute und der Obrigkhait" handeln.
I n ersterer Beziehung sind nachstehende Bestimmungen
hervorzuheben. St i rbt der M a n n , so erhält die hinterlassene
Witwe das anfänglich ihrem M a n n zugebrachte Gut und den
d r i t t e n T e i l des während der Ehe erworbenen Gutes, das
übrige erben die Kinder oder, wenn die Ehe kinderlos blieb,
die nächsten Verwandten des Mannes. St i rbt aber die F r a u
zuerst, so erhält der Hinterbliebene Witwer das von ihm in die
Ehe gebrachte Gut uud z w e i T e i l e des während der Ehe
erworbenen Gutes, das restliche Drittel und das von der F r a u
in die Ehe gebrachte Gut fällt an die Kinder, oder wenn keine
da sind, an die nächsten Verwandten der Frau . Es ist hier
zu beachten, daß bei gegenseitiger Beerbung von Eheleuten eine
Bevorzugung des Mannes gegenüber der F r a u stattsiudet,
während bei der Erbfolge in der absteigenden, aufsteigenden
und seitlichen Linie die männliche und weibliche Seite gleich-
mäßig erben. V o n den Fällen, in welchen die Güter der
Obrigkeit anheimfallen, verdienen folgende besondere Erwähnung .
Uneheliche Kinder waren vom Erbe ausgeschlossen; ihre erwor-
benen Güter fielen, wenn sie ohne eheliche Leiberben mit Tod
abgingen, der Obrigkeit zu. Das gleiche hatte einzutreten, wenn
„es sich begebe, was doch Gott der Allmechtige gnediglich ver-
hüten welle, das einer aus unsern Unterthanen fürsetzlicher
Weis außerhalb einer Taubsucht') oder derglcich sich selber
eutleibeu thette." Ebenso fiel das ganze Hab und Gut der
„Malefizischen Versöhnen" -) uud derjenigen, welche des Landes
verwiesen waren, der Obrigkeit anheim.
Taubsucht — Tobsucht, Irrsinn.
2) Malefizische Personen — solche, welche durch ein Verbrechen das
Leben verwirkt hatten. 4
54 —
Bei Fäl len, f ü r welche die gegenwärtige Erbordnung
keine Regel enthielte, soll endlich das „gemaine geschriebene
kaus. Recht und des hayl, röm, Reiches Ordnung observiert und
gehalten werden."
Der z w e i t e T e i l der neuen Ordnung handelt von
„ T e s t a m e n t e n , letzten Wil len , Bermechtnüssen, Uebergabcn
und anderen Geschcfften von Todts wegen."
Nicht befugt, Testamente zu machen sind Unmündige,
welche das vierzehnte J ah r noch nicht erreicht haben; serner
die Geisteskranken; dann „die Stummeu, so nit schreiben, item
Blinde, so nit reden, und die Tauben, so deren kheins weder
schreiben noch reden können"; die Unehlichen, wenn sie nicht
eheliche Leibeserben haben; Landesvcrwiesene; Verschwender,
denen „wegen ihrer Uebelhausens nach unserer Landsordnung
die Verwaltung ires eignen Guts genommen oder verboten"
wurde. Al le diese können auch keine gültigen Testamentszeugen
sein, desgleichen „Weibsbilder", Testamentserben, Juden uud
„Widerteusfer".
Eltern oder Großel tern können ihre Kinder oder Kinds-
kinder enterben, „wann ein Kindt oder Enichle fein Vatter oder
Muoter, E n i oder A n a fürsetzlich geschlagen, oder freventliche
Hand an sie gelegt hette"; „ w a n n ein Kind oder Enichle seine
Eltern peinlich beklagt hette, es were dan eine soliche Uebelthat
oder Laster, so wider unns den Landsherrn sürgenommen
worden"; „wann ein Kind oder Enichle mit Zauberen oder
Hexenwerkh umginge"; „ w a n n die Eltern einer Schuld oder
anderer Ursachen halber in Hafftung und Gefenknus kommen,
und ein Kind oder Enichle, das darumben angesucht, seinem
Vermög nach die Eltern nit wider außbürgen ' ) wolle oder
sich nit sonsten bestes Vermögens beflisse, das sie der Gefenk-
nus entledigt werden möchten"; „wann Kind oder Enichle iren
Eltern wehreten Testament zu machen oder sie fürsezlich daran
hinderten"; „fo die Kinder oder Enichle den kranken und sinn-
losen Eltern nit gebürliche Hils thetten"; „so ein Kind oder
Enichle einer srembden und im röm. Reich verbotncn Religion
oder unchristlich Glaubens wäre und darin verhcirete".
Aber auch die Kinder können ihre Eltern enterben, wenn
diese sie zu Verbrechen ver führen ; wenn sie ihnen durch
ausbürgen — durch Bürgschaft auslösen.
— 55 —
Zauberei oder G i f t nach dem Leben trachten; wenn „die Eltern
ire gefangne Kinder in Gefenknuß und Banden verderben
l ießen"; „ w a n n die Eltern einer frembden und im heiligen
römischen Reich ohnzuleßlicher Religion wären" .
Diesen Bestimmungen folgt dann ein besonderer Abschnitt,
in welchem die rechtmäßige F o r m de r T e s t a m e n t e genau
beschrieben und an der Hand einer Reihe von Beispielen
erläutert wird.
Es möge hier zur Kennzeichnung des damaligen Gebrauches
die F o r m eines Testamentes zweier Eheleute, die einander zu
Erben einsetzen, folgen:
„ Ich Thoman N . von N . aus der gräflichen Herr-
fchaft N . und ich Anna N . sein eheliche Hausfrau bekhennen
öffentlich mit diesem Brief , demnach wir betrachtet haben,
das nichts gewissers dan der Todt, und hierwiderumb
nichts ungewissers dann die uuemfliehliche Stundt des-
selbigen, das wi r darumben samethafst mit guoter zeitiger
Vorbetrachtung, recht und redlich gesundes Leibs und
guoter Vernunfft dise unsere Ordnung und letzten Wil len
gethan und gemacht haben. Ordnen, sezen und machen den
auch in und mit Kraff t dises Briess, wie solches nach
Ordnung und Frayheit diser Herrschaft oder sonst in
Rechten allerbest Kraff t und Macht hat, haben soll, khan
und mag. Also zu welcher Zeit Gott der Allmechtig über
uns gebieten würde und wir mit Tod abgehen werden,
so bevelchen wir unsere Seelen in sein Gnad uud B a r m -
herzigkeit und wellen, das unsere todte Körper nach christ-
licher katholischer Ordnung zur Erden bestattet werden.
Und ist darauf unser baider letzter W i l l und Mcnnung,
wann unser eins, welches das ist, also mit Tod abge-
gangen, daß alsdann das letst lebend under uns baiden
in allen des Abgestorbenen Güter , sie seien liegend oder
vahrend, nichts darvon ausgenommen, ein rechter Erb
sey und bleiben soll, wie wi r auch hiemit und in Kraf t
dies Briefs eins das andere wiffentlich und bester Form
geerbt und zu Erben benent und gesezt haben wellen. Und
wi r Eheleute behalten uns hierin ganz vollkommen Macht
und Gewalt, solch unsre Ordnung, Sazung uud leisten
— 56 —
Wil len zu ringern, zu mehren und ändern, eins Tha i l s
oder zumahl abzuthuen, man und welche Zeit uus füg-
lich und eben ist. Ohne Jntrag allermenigklichs, alles
getreulich und dessen zu wahrhafftiger Gezeuknuß haben
wir mit Vleiß gebeten den N . als diser Zeit. Laudtvogt
der Herrschaft N . , das er sein aigen Jnsigel,. doch ime,
seinen Erben und Nachkommen one Schaden, öffentlich
getrukht hat auf dis unser beschlossen Testament. , S o
geben uud beschechen ist auf N . Mouatstag N . im N . Jare."
I n solchen Fäl len, wo das Testament bei der Obrigkeit
oder bei dem Gerichte errichtet wurde, waren weitere Zeugen
nicht erforderlich, da das S ige l des Landvogtes oder des Land-
ammcmns genügte.
Dieses hier an der Hand urkundlicher Quellen gebotene
B i l d über das in alten Zeiten bei uns gebräuchliche Erbrecht
läßt erkennen, daß ein geschriebener Brauch „in Bezug aus
Erbfolge" allem Anscheine nach erst im Jahre 1531 zustande
kam, und daß bis dahin alte mündlich überlieferte „Gewohn-
heiten" maßgebend waren. Das deutsche Recht hatte seine
kräftigsten Wurzeln in : alten Herkommen uud in der Gewohn-
heit. „Gute Gewohnheit" sagt der Schwabenspiegel, „ist so
gut als geschrieben Recht."
Die zuletzt geschilderte Erborduung, welche Gras K a r l
Ludwig von S u l z festsetzte, enthält eine Fülle von gesunden
und dem christlichen Geiste entsprechenden Bestimmungen. Die
natürlich-sittliche Auffassung des Standes der Blutsverwaudt-
schast und der Entwicklung des Erbrechtes aus der Familie
tritt darin deutlich hervor. Die g e n a n n t e E r b o r d n u n g
b l i e b b i s z u m 1. J ä n n e r 1809 i n K r a s t u n d W i r k -
s amke i t . I n der vom Fürsten Johann Josef von Liechtenstein
am 1. J ä n n e r 1809 erlassenen neuen Erbfolgs- und Verlassen-
schaftordnung wurde, wie es in der Einleitung dieses Gesetzes
heißt, das bisher bestandene Gewohnheitsrecht (Landsbrauch)
nach seinem vollen Inhalte aufgehoben, iveil es in mehreren
Punkten nicht mehr entspreche und weil es besonders auch
jene Vorschriften nicht enthalte, die eine ordentliche Abhand-
lungspflege erfordern.
— 57 —
I I . Ueber das alte Gerichtsverfahren.
Die Gerichtsordnung, wie dieselbe schon im 16. Jahr -
hundert in den beiden Landschaften Vaduz und Schellenberg
bestand und sich ohne wesentliche Abänderung bis zum A n -
fange des 19. Jahrhunderts erhielt, schildert Kaiser, ') wie folgt.
„Jede der beiden Landschaften bildete ein eigenes
Gericht. Die Gemeinden oder Dörfer , hatten wieder ihre
besondere Dorf - oder Gemeindeordnung und ihre beson-
deren Vorsteher. Die Spendvögte hatten das Armen-
wesen zu besorgen, die Waldvögte beaufsichtigten die Ge-
meindewaldungen, die Kirchenpfleger hatten das Kirchen-
vermögen zu verwalten. Der Vorsteher des ganzen Ge-
richts oder der Gesamtgemeinde war der Landammann.
Alle 2 Jahre fand eine neue W a h l statt. Z u derselben
versammelten sich alle, welche nicht ehr- und wehrlos
waren und das 16. J ah r erreicht hatteu, in militärischer
Ordnung, mit Ober- und Untergewehr, Trommler und
Pfeiffer voran. Die Herrschaft schlug der Gerichtsgemeinde
drei M ä n n e r vor, aus welchen sie denjenigen, der ihr
gefiel, srei durch offenes Handmehr wählte. Sogleich nach
der W a h l wurde der Landammann beeidigt uud ihm das
Recht, über das B l u t zu richten und andere Gerichte zu
halten erteilt; auch wurden die Landsatzungen vorgelesen
und von der anwesenden Gemeinde beschworen. Der
abtretende Landammann legte Bericht über seine Ver -
waltung und Rechnung ab. Das Gericht bestand aus
12 Richtern, sie waren lebenslänglich gewählt und zwar
so, daß wenn ein Richter starb oder sein Amt niederlegte,
der Herrschast vom Gericht selbst drei M ä n n e r vorge-
schlagen wurden, aus denen sie den Tauglichsten wählen
konnte. Den Gerichtsweibel bestellte und beeidigte die
Herrschaft, sowie den Landschreiber, welcher in Rechts-
Kaiser Geschichte des Furstent. Liechtenstein. S . 357. Eine inte-
ressante Studie über „die geschichtliche Entwicklung der Vorarlbergischen
Herrschaften und Gerichte" hat der bekannte Historiker Z ö s m a i r in dem
vom vorarlb. Lehrerverein herausgegebenen „jungen Bürger" (Monats-
hefte Nov. 1904 bis A p r i l 1905) veröffentlicht. Die Arbeit berührt auch
Liechtenstein.
— 58 —
und Gerichtssachen und in Abfassung der dahin schlagen-
- den Aufsätze erfahren sein mußte. E r führte das Protokoll
bei den Gerichtsverhandlungen, verfaßte die Urteile in
Schrift und fertigte die öffentlichen Akte aus, welche vom
Landammann besiegelt wurden. Der Landammann beeidigte
die Geschwornen."
I n dem Landsbrauche vom Benderner Pfarrarchive habe
ich die Eidesformel, welche der Landammann den alten uud
neuen Geschwornen vorzuhalten hatte, gefunden. Dieselbe lautet:
„ Z u m ersten sollen ihr mir anloben und schweren
unsrer gnädigen Herrschaft treu und holdt zu seiu, ihren
Schaden.wenden und den Nutzen befördern.
Z u m andern sollen ihr mir anloben und schweren.
Ober- und Unteramtleuthen gehorsamb zu sein und ihnen
ihre Befelch fleißig verrichte::, und das in allen billichen
Sachen.
Z u m dritten sollen ihr mir anloben und schweren,
wann unsre Herrschast laßt Zeitgericht halten, daß ihr
an: ersten Tag Zeitgericht eure bewußte Frevel dem Herrn
Landvogt recht anzeiget.
Z u m vierten sollen ihr mir anloben und schweren,
Holz und Feldt schützen und schirmen, auch Steg uud
Weg erbessern und i i : guten baulichen Eren erhalten.
Z u m sünften sollen ihr anloben und schweren, wann
zwey Parteien Markhen von Nöthen hetten, sollen ihr
hingehen, den Augenschein innemen, uud inen helfen
Marken machen auf ihr Begehren und das auf ihr Köstig
oder nach Befindung der Sache.
Z u m dem sechsten sollen ihr mir anloben und
schweren, Witwen und Waisen schützen und schirmen und
inen allzeit zu Recht helfen.
Z u dem sibenden sollen ihr mir anloben und
schweren, wann ihr argwönische oder gar malefizische
Versöhnen erfuhren in unsrer Grafschaft, so sollen ihr
unsrer Obrigkeit anzeigen; oder wann ihr merken theten,
daß sie abtretten wollten, sollen ihr sie gefenkhlich in ziehen
und in die uralt Fronveste Schloß Vaduz wohl verwahret
über anworten.
Z u dem achten sollen ihr mir antoben und schweren,
wann zwey oder mehr Versöhnen, es were frömbd oder
heimbisch, in Uneinigkeit geriethen, sollen ihr zwischen
ihnen Fried und Tröstung machen und ihnen zu Recht helfen.
Z u dem ueundten sollen ihr nur anloben und
schweren, daß ihr in allen eureu heimblichen Räthen und
Anschleg, oder was euch eure Ober- und Unterambtleuth
vertrauen werden, verschwiegen sein nnd verbleiben bis
euer letztes Endt oder bis zu der Zeit, daß es sich aus-
künden soll.
Wann ihr das thun wollen so loben mir an:
Was mir vorgehalten ist worden, das habe ich
recht und wohl verstanden, demselbigen w i l l ich getreu
vest nachkommen on alles Geferde, so war mir Gott
helff, die liebe Mueter Gottes und alle Heiligen."
Das Gerichtsverfahrenselbst war je nach dem Gegen-
stande der Klage verschiedenartig. Handelte es sich um Schuld-
forderungen, so waren die Bestimmungen des „Gantgerichtes"
maßgebend. Be i geringeren Uebertretungen der Polizeiordnung
saß das Gericht als Frevel- oder Bußgericht. Be i bürgerlichen
Streitigkeiten wurden die Klagen zu Protokoll genommen, die
Widerreden gehört, nötigenfalls ein Augenschein vorgenommen
und der Spruch gefällt. Die Appellation ging an das Hof-
gericht der Herrschaft, welches aus den Beamten der Herr-
schaft, den Landammännern und den geschwornen Gerichts-
leuten bestand. Das Kriminalgericht, damals „Malefiz- oder
Blutgericht" genannt, hatte ein besonders feierliches Verfahren.
Das Recht oder der „ P a n n " . über das B l u t zu richten,
zu damaliger Zeit kurzweg „ B l u t p a n n " )̂ genannt, wurde den
Herren von Vaduz und Schcllenberg jeweils vom Kaiser als
Lehen verliehen mit der Befugnis, dasselbe den Landam-
männern und Gerichtsleuten zu erteilen und dieselben dafür
in Eid zu nehmen.
') Vergl. Kaiser Gesch. des F . L. S . 358 ff.
-) „ P a n n " — Bann bedeutet im deutschen Recht den Befehl der
Obrigkeit, das Recht des Königs, welches dieser durch „Bannleihc"
auch andern übertragen kann. „Blu tbann" ist die Gerichtsbarkeit über
Leben und Tod.
— 60 —
Ich habe in-meinem Besitze eine Reihe von Original -
urkunden, welche diese kaiserliche Rechtsverletzung enthalten.
Die älteste derselben ist datiert vom 16. Oktober 1492; Kciiser
Friedrich III. verleiht darin den Gebrüdern Ludwig und S i g -
mnnd Freiherren von Brandts den Blutpann und andere
Rechte. I n gleicher Weise geschieht dies in der Urkunde vom
2. August 1507, welche von Kaiser Maximi l i an I. an Freihcrrn
Sigmund von Brandts gerichtet ist. Diese später „Brandisische
Freiheiten" genannten Rechte wurden nach den mir vorliegenden
Urkunden verliehen am 17. J u n i 1587 von Kaiser Rudolf an
den Grafen C a r l Ludwig zu Su l z , am 3. J u n i 1614 vom
Kaiser Matthias an den Grafen Caspar zu Hohenems, am
20. J u l i 1637 vom Kaiser Ferdinand III. an den Grasen
Caspar zu Hohenems, am 9. A p r i l 1647 vom Kaiser Fer-
dinand III. an die Grafen C a r l Friedrich und Franz Wilhelm
zu Hohenems, am 26. J u l i 1659 vom Kaiser Leopold an die
eben genannten Grafen, am 15. J u l i 1688 vom Kaiser Leopold
an den Grafen Jakob Hannibal zu Hohenems.
Diese Pergamenturkunden sind sast durchwegs noch sehr
gut erhalten und zum Teile geradezu Muster damaliger Schön-
schrift. Die Siegel fehlen uud sind wohl von Siegelsammlern
abgeschnitten worden. Die Unterschrift des Kaisers und des
Archicanccllarius ist in allen diesen Urkunden enthalten.
Die alten „Brandisischen Freiheiten", welche den Herren
zu Vaduz und Schellenberg jeweils neu verliehen uud „kon-
firmiert" wurden, umfaßten in der Hauptsache folgende Herr-
schaftsrechte. >)
Gerichtszwänge, Z o l l , Mauten, Mühlen , Steinbrüche,
Weiden, Hölzer, Wälder , Wasser, Wasserleiten und Bergwerke,
so in den Herrschaften erfunden würden. Zwinge uud andere
Gerechtigkeit und Herrlichkeiten, die die Herren von Brandis
von ihren Vorfahren rechtlich an sich gebracht haben.
Den Bann über das B l u t zu richten. Diesen B a n n können
sie auch deu Ihrigen, die sie dazu tauglich finden und Vernunft
und Geschicklichkeit haben, erteilen und sie in Eid nehmen;
gleichwie sie selbst dem Kaiser den Eid geleistet haben, daß sie
)̂ Nergl. Kaiser Geschichte des F . L. S . 302 s.
— 61 —
allen gleich unparteiische Richter sein werden, dem Reichen wie
dem Armen uud dabei nicht ansehen „Mie t , Gab, Gunst,
Furcht, Freundschaft noch Feindschaft, noch sonst keine andere
Sachen, denn allein gerechtes Gericht und Recht, im maaßen
sie das gegen Gott, den Allmächtigen, am jüngsten Gericht
verantworten werden."
Die von ihnen gesetzten Richter können Uebeltäter, die
in ihrem Gebiete ergriffen werden, peinlich fragen und nach
des Reiches Gesetzen richten.
Sie , sowie ihre Beamten, Diener, Gemeinden und Unter-
tanen sollen vor kein fremdes Gericht geladen oder gefordert
werden dürfen. Wer an Hab und Gut der Untertanen Forde-
rung hat, soll sie belangen, wo sie gesessen sind und sonst
nirgends.
Das Gericht wurde regelmäßig jährlich zweimal gehalten,
im M a i und im Herbst, daher die Namen Maien- und Herbst-
zeitgericht. I n der Herrschaft Schellenberg tagte dasselbe zu
Rofenberg oberhalb Eschen an einem offenen Platze zunächst
der dort jetzt noch stehenden alten Kapelle; in der Grafschaft
Vaduz wurde es in Vaduz an einem offenen Platze bei der
großen Linde, welche an der Stelle der jetzt unterhalb des
Kirchengartens liegenden Dienstwohnung des Landestechnikers
stand, gehalten. Der Landammann, der Landweibel und die
Richter trugen während der Amtshandlung lange Mänte l . E s
war auch Nichtbeteiligten gestattet an den Schranken — außer-
halb des „Ringes" — den Gerichtsverhandlungen zuzuhören.
Auf Verlangen und auf Kosten der Parteien konnten auch
außerordentliche Gerichte gehalten werden.
E i n anschauliches B i l d über die F o r m des peinlichen
Gerichtsverfahrens, wie sie sich durch Jahrhunderte in unserem
Lande erhielt, bietet uus ein Abschnitt des im Besitze des
Psarrarchivs von Bendern befindlichen Landsbrauches. )̂ Ich
bringe denselben dem alten Wortlaute nach zum Abdrucke.
Auch im Exemplare vom Landesarchiv ist dieses Verfahren
geschildert, aber nicht so ausführlich, wie im Landsbrauche von
Äcndcrn.
„ V e r b a h n n u n g des M a l e f i z - G e r i c h t s so die
Frag, Andtwortt und Mehreres begriffen, und ungefährlich
gehalten wird, wie fo lg te )
D i e erste F r a g .
Ich frage euch des Rechteu bei dem Aydt, ob ich
bei oder zur rechten bequemlichen Tagzeit zu Gericht
gesessen, und ob der Tag an ihm selbs nit zu srüe oder
zu spat, noch zu heilig oder zu schlecht seye, daß ich möge
aufheben den Stab der Gerechtigkeit uud möge richten
und urteilen über Leib, Ehr und Gut, Fleisch und Blut,.
Gelt und Geltswerth, auch über alles das, so auf heutigen
Tag fürbracht würde. Und das aus Gnaden, Geheiß und
Befelch, und nach Freyheit des hoch- und Wohlgebornen
Herrn Grafen N . Urteilet darum, was euch Recht gedüukht.
A n d t w o r t t .
Herr Richter ihr habt mich bei meinem Aydt gefragt,
so erkenn ich ja, daß es sey bei guter bequemer Tagzeit.
Es ist auch nit zu heilig oder zu schlecht, weder zu srüe
noch zu spat. Derohalben ihr Euren Stab wohl mögen
ausheben, richten und urteilen.
D i e a n d e r F r a g .
Ich srag euch bei dem Aydt, ob das gegenwärtige
Gericht genugsamblich mit Richtern besetzt seye, ob ihr
auch unter diesen Richtern einen möchten erkhennen oder
wissen haben, die nit ehrlich, oder wer derohalben un-
billicher Weis dasesse und das Recht durch ihn verletzt
würde, den oder dieselben wöllen ihr anzeigen bey ge-
sagtem Aydt.
A n d t w o r t t .
Herr Richter ihr habt mich gefragt, so sag und be-
khenne ich bei meinem Aydt, daß das Recht genugsamb-
lich mit Richtern'besetzt, wie von alters hero gebräuchig
gcwesseu, ich sehe und erkenne sie auch alle, gar änderst
Der Landammann stellte als erster Richter die Fragen zur
Verbannung des Gerichtes. Dann folgte die eigentliche Gerichtsverhand-
lung, ivobei der Fürsprech des Klägers (eine Art Staatsanwalt) zu
plnidiercn hatte. Zum Schlüsse sprach der Fürsprech des „armen Sünders" '
als Verteidiger.
— 63 —
ist mir nit wissend, dann fü r sromb, erlich, aufrecht uud
redlich Biderleuth,
. D i e d r i d t e F r a g .
Ich frag euch Rechtens, ob es sich heutigen Tags
zutrüge, nachdem wür nidergesessen, daß man das heilige
hochwürdige Sacrcimerrt vorübertrüge, ob ich Macht hette,
mit Euch aufzustehen, demselben die gebürende Ehr und
Reverenz zu erzeigen, und dann es noch bey guter be-
quemer Tagzeit were, ob ich Macht het, mit sambt euch
allen wider niederzusetzen, zu richten, und urtheilen, ob
es dem kays. Recht unnachtheilig were.
A n d t w o r t t .
Herr Richter,' es dunkht mich das recht, daß ihr
Macht habt mitsambt euren Beisitzern aufzustehen, dem
heiligen Sacrament die schuldige und gebührende Ehr
zu erzeigen, und wann dasselbig beschehen, wieder Macht
habt, nieder zu sitzen, sambt euren Beisizern richten und
urtheilen über alles, was vor eurem Stab fürgebracht
würdt .
D i e v i e r t e F r a g .
Ich frage euch des Rechten, ob sich zutrüege indem
daß w ü r zu gericht gesessen, ain Lehrmen, Feindt, Feuer
oder Wassersnoth kheme oder würde, ob ich Macht hette,
mit sambt euch aufzustehen, solchen Lehrmen helfen, rathen
und stillen, und es noch bei gueter Tageszeit were, daß
wür wieder niedersessen, ob es den kays. Rechten nit ent-
gegen oder zuwider were.
A n d t w o r t t .
Herr Nichter ich erkhenne das fü r Recht.
D i e f ü n f t e F r a g .
Ich frag euch des Rechten umb ciu Bericht, ob sich
zutrüge, indem daß wür zu Gericht gesessen, daß mich
Gott der Allmächtige mit einer unvorsehenden Krankheit
angriff, wie ich mich verhalten müsse, damit dem kays.
Rechte kein Nachtheil oder Verletzung Geschehe.
A n d t w o r t t .
Herr Richter es dunkht mich Recht, daß, wann sich
solches zutrüege, ihr Macht habt, eineu anderen ehrlich
— 64 —
M a n n , wie sie dann hier vor Augen sitzen, an eurer
Statt setzen, und ihm den Stab an eurer Statt zu führen
bevehlen, und fodann eurer Krcmkheit halber besser werdet,
ihr Macht habt, euren Stab wieder zuhanden zu nemmen,
uiedcrsitzen, richten und urtheilen nach wie vor in aller Gestalt.
D i e sechste F r a g .
Ich frag euch des Rechten, ob es sich zutrüege,
indem daß w ü r zu Gericht würden sitzen, daß große
Windt, Regen, Schne oder Hagel, oder andere Ungewitter
fürfiell und entstendte, dadurch dem Gerichtsbruch Schaden
widerfahren möchte und menniglich verhindert würden, ob
ich nit Macht hette, aufzustehen mitsambt euch Richtcru,
unter ein Obtach zu rukhen und sizen, und ob ich Macht
das Recht zu verbannen, wie hoch und wie theuer.
A n d t w o r t t .
Herr Richter so erkhenn ich, daß ihr Macht habt,
mitsambt euren Richtern aufzustehen, wann sich solcher
F a l l zutrüege, und unter ein Obtach zu rukhen, damit
das kays. Recht sein Fortgang möchte haben und Niemandt
daran verhindert werde. Auch habt ihr Macht, das Recht
zu verpaunen bei höchster Bueß unseres gnädigen
Landtsherrn.
Nachdem nun solche Fragen beschehen, fragt der
Richter aber einen Urteilsprecher, der im darzue gesehlt,
dieweil sich das Recht hoch und so schwer anziehen w i l l ,
ob er nit billich zween Biderman, die da unparteyisch,
auch geschikht und tauglich dnrzue sein, zu ihme nemme,
die bey im sitzen und im hilflich und räthlich seyen, damit
das Recht desto ordentlicher aufrecht und redlich an sein
Statt gange.
Ist diese Frag bejaht, so soll der Richter oder
gcschworne Landtweibel das Gericht lauth Urtel öffentlich
verpannen und ausrüeffen, daß keiner außer seinem F ü r -
sprech und ohne des Richters Erlauben soll reden oder
handeln bey unsers Landtsherrn höchster Pueß . Es soll
auch bei derselbig Pueß verbotteu sein, daß sich niemandt
parteie oder des andern freventlich annemme, damit das
Recht nit verhindert werde. Nachdem so erkennt und begehrt
— 65 —
man an Statt der Obrigkeit ein Fürsprech und zwey Räth ,
dergleichen die Malifizpersohnen und procediert wie in
anderen Gerichten. W a n n die Sachen zurecht gesetzt, ')>
so befragt der Richter des Klegers Fürsprech umb ein Urtel
bey seinem Aydt.
S o spricht der Fürsprech: Herr Richter, ihr habt
mich befragt umb ein Urtel bey meinem Aydt. S o bin
ich der Sachen alleinig nit verftendig; begehre,, daß ihr
den Umbstand abschafft. Dann w i l l ich mich mit euch und
dem ganzen Gericht uuderreden. S o wollen w ü r mit der
Hi l f Gottes ein Urtel fellen, das w ü r s gegen Gott und
der Welt am jüngsten Tag können verandtworthen.
Jetzt schafft man den Umbstcmdt abzutretten und
rukhen die Richter zusammen, dann haben sie Rath der
Urtel halber. Nach gefaßtem Urtel rukht man wieder von
einander und setzt sich ein jeder, wo er zuvor, gesessen ist.
Darauf fragt der Richter den Fürsprech aus sein
Aydt, umb das Urtel zu eröffnen.
Es spricht der Fürsprech: Herr Richter, es ist ein
Urtel durch unsers gnädigen Herrn Landtschreiber in die
Feder gefaßt worden, die begehre ich, daß sie verlesen
wird, und wann dieselbe verlesen ist, alsdann geschehe
weiter, was recht ist.
Auf solches verließt der Landtschreiber die Urtel.
Ist die Persohn zum Todt gericht, so bricht der
Richter den Stab entzwey und spricht: Gott geb Gnad
der armen Seel und gebe ihme nach diesem Leben die
fröliche Auferstehung. Amen.
Zue merkhen, wann sich also begibt, daß man
einen Todtschlag berichtet und die Freundschaft des Ent-
leibten die Klag führt , und der Todtschleger das Recht
nicht möchte oder dörffte verstohn, so soll der Richter den
geschwornen Landtweibel oder Gerichtsknecht heißen, den
Gerichtsring aufzuethuen zue dreyen Seiten, nemlichen
Die „Zurechtsetzung" bestand zunächt darin, daß das Ergebnis
der von der Obrigkeit (Landtvogt und Oberbeamten) schon vorher ge-
pflogenen „gütlichen und peinlichen" Untersuchung und das allsälligc
Geständnis („Verzicht") des Beklagten zur Kenntnis gebracht wurde.
— 66 —
gegen den Sonnenaufgang, gegen Mitentag und gegen
Miternacht, und da öffentlich rueffen dem Todtschleger
bey feinem Namen also: Komm und gib Antwort zue
diser Klag, als umb den Todtschlag, den du begangen
hast. Und hab ein frey sicher Gla i t zue dem Rechten bey
dem Rechten und von dem Rechten, soweit sich Gericht
und Recht erkennt.
S o soll also der Gerichtsweibel drey öffentliche
Rueff thun und nach solchen Rueffen den Gerichtsring
offen lassen stöhn, und ungefährlich eine Viertelstundt
lang wartten, ob der antwortend T e i l das Recht wolle
verstohn. Kombt in der Zeit niemandt, so soll der Richter
den Weibel heißen, den Gerichtsring wider zuzuethun und
darnach das Recht weiter ergehen und sühren lassen.
W a n n einer zum Todt gericht und der Stab ge-
brochen ist, soll des armen S ü n d e r s Fürsprech zum
Schlüsse reden:
Herr Richter und Gericht, sie haben zwar die Urtel
verstanden, welche ihnen schmerzlich und pitlich fürkombt,
jedoch kays. Rechten nach genugsamb verschuldet seyndt.
Aber die tröstliche Zuversicht ist dabei iro und mein
underthenigst und demütigst Piten an unser gnädigsteil
Herrn und gnädige F rau , als unser Herrschaft Vormund
und Vormünder in , sie geruhen ihnen aus und durch i r an-
geborne Clemens und Güetigkeit, vätterlicher Gnad und
Barmherzigkeit die ausgestellte Urtel zue mildern und das
Leben schenkhen, und hierin sich des Spruchs und gleich-
samb des Gelübts Gottes erinnern, da er gesagt, so wahr
ich leb, des S ü n d e r s Todt ich nit begehr, sondern daß
er leb und sich von Herzen bekhere. Solches bezeugt sowol
das alte als das neue Testament, wie i n dem provetischen
Ezechiel, und anderen wie Petrnm und Pau lum, und
M a r i a Magdalena zue erzchlen, zue erweisen und zue
ersehen, wie Gott der Herr sein Wort wahr gemacht und
nach ihrer würklich Pueß nitt allein ihnen ihre schwere
und große S ü n d e n verzigen, sondern sie zue Seulen und
Grundfestung der Christenheit und zue Fürsten des
Himmels gemacht. I n Kraff t dieses gelangt zum driten
— 67 —
M a h l mitsambt der ehrwürdigen Chlerisey und Priester-
schast mein und ihr underthennigstes und demütigstes
Piten durch Gottes und des jüngsten Gerichtes willen an
höchst gedachte unsre gnädige Herrschaft und an Euch
Richter und Gericht, man wölte ihnen die Urtel ringern.
S ie wollen doch alle Pueßwerkh verrichten, was einem
Menschen zu thun möglich sein könne, mit Wallfarten
nach Rom, S t . Jakob, zum heiligen Grab, zue unser
lieben Frauen zue Loreto und Einsiedcln, und andere
Puohwerkh verrichten, bis Gott zuvorderst, und ain
gnädig Herrschaft ein gnädig und fatsames Urtel genügen
haben solle. Ich verHofs also meines einfeltigen, jedoch
gebtirlichen Bi t s willfahrig gewert zu werden."
Wurde Jemand zum Tode hin gerichtet, so brach der
Landammann nach Verlesung des Urteils den Stab entzwei
und behielt die beiden Stücke, ohne dieselben auf den Boden
zu werfen, in den Händen. Dann übergab er den Verurteilten
dem Scharfrichter. Hatte dieser das Urteil mit dem Schwerte
vollstreckt, so hielt er das blutige Schwert in die Höhe und
fragte den als „Pannr ichter" fungierenden Landammann:
„Habe ich gerichtet, wie Urtel und Recht spricht?", worauf
der Landammann antwortete: „ D u hast gerichtet, wie Urtel
und Recht spricht, so lasse es dabey bewenden."
Die Nichtstättc — Jochgericht genannt — befand sich
im Untertande auf „Güedigen" bei Rofenberg, im Oberlande
zwischen Vaduz und Triefen au der beidseitigen Gemeindegreuze,
welche heute noch „beim Galgen" genannt wird. Die letzte
Hinrichtung auf „Güedigen" fand am 5. März 1785 statt.
Wie wir aus diesen urkundlichen Berichten entnehmen
können, waren die Vvlksgerichte nicht nur dem Orte nach,
sondern auch durch die Zulassung von Zuschauern — des
sogenannten Gcrichtsumstandes — öffentlich. W i r erfahren
ferner, daß zu alleu Gerichten „Fürsprecher" zugelassen wurden,
uud daß der Ankläger sowohl wie auch der Angeklagte sich
eines solchen bedienen durfte. Das Beweisverfahren war ein
mündliches. Die Beweise mußten öffentlich in Gegenwart der
Parteien, des Gerichtes und des Gerichtsumstandes geführt
werden. Durch dieses einfache germanische Gerichtsverfahren,
— 68 —
das nicht nur in kriminellen Strafsachen, sondern auch bet
zivilrechtlicheu Streitigkeiten geübt wurde, lernte das Volk seine
Richter, und diese das Volk näher kennen, wodurch dem M i ß -
trauen und Argwohn am besten gewehrt wurde, uud das Rechts-
gefühl des Volkes eine nicht zu unterschätzende S tä rkung erhielt.
B i s zum Jahre 1733 erhielten sich diese aus dem leben-
digen Volksbewußtsein heraus entwickelten Gerechtsamen mit den
alten Verfassungsrcchten in nahezu unveränderter Form. I m
Erlasse') des Fürsten Josef Wenzel von Liechtenstein wurde
zwar den beiden Landschaften Vaduz und Schellenberg das
Recht belassen, nach alter Weise ihre Landammänner zu be-
stellen, auch sollten die Frevelgerichte, wie vor Alters her ge-
halten werden dürfen, aber keine anderen Gerichte mehr. Nur
sollen die Landammänne r bei Blutgerichten noch den Beisitz
haben und nach der Verlesung des Urteils durch deu Land-
schreiber den Stab sichren und brechen. Es ist ersichtlich, daß
durch diesen Er laß die alten Gerechtsamen nicht wenig beschnitten
und eingeschränkt wurden. I m Jahre 1808 fielen mit der Auf -
hebung des Landammannamtes und der bisherigen Verfassung
die letzten Reste dieser ehrivürdigeu alten Rechtsgewohnheiten.
Z u r Ergänzung meiner Mitteilungen über das alte Ge-
richtsverfahren möge schließlich noch die Ar t uud Weise des
Schuldentriebs — in den Landsbräuchen unter dem Ti te l
„ V e r z e i c h n u s der G a n t " enthalten — den: alten Wort -
laute nach hin solgen.
„Erstlich, wo einer dem andern zue thueil schuldig,
es were gleich wenig oder v i l l , uud derjenige, der solche
Schuld zu fordern hete, dem Weibel den Lohn gibt, ist
der Weibel solchen Schuldner zue vfenden, auch so fern
es einer begert, ihn zue fragen schuldig, ob der Schuldner
derselbigen Schuldt bekhandtlich sen oder nit, welches
dann der Schuldner dem Weibel auch anzuezeigen ver-
bunden. Und wann einer allso gepfendt worden, so soll
es dann vierzehen Tag anstehen und am fünfzehenden Tag
mag gemelter Weibel alsodann demjenigen so erzelten
Schuldner pfenden, solche Pfandt verkhauffen lassen und
darnach am dritten Tag zue den Pfänden verkhünden, es
') Er laß v. ZS. September 1733.
— s>9 —
' sey der -Schuldner, v i l oder wenig, umb Liegendts oder
Fahrendls und was. unter zehen Pfunden ist, .soll bey.
den obgemelten -Tagen^ bleiben.' S o aber zehen Pfundt
oder mehr, solls noch sechs Tag länger stehen. Und wann
die Pfandt gescheht seindt, so sollen sie acht Tag stehen,
darnach mag der so pfenden lassen, dieselben wohl zue
seinen Handem nemmen und feinen Frommen damit zne
schaffen Gewalt- haben. . i .
Z u m änderen, wann .einer, dem andern, wie gemelt,
ein Schuldt zue bezahlen versallen und schuldig, die uit
um gelegeu Guet herrührt , so ist er ihm die beste zwey-
fache Unterpfand zue geben schuldig und verbunden.
Erstlich im Haus : Kesse, Hafen, Pfannen, Geschiff
uud Geschirr, Bet und Bethees, Korn , Sa l z , Schmalz,
Käs , Wein und dergleichen. Mögen aber, die P fänden i n
dem Haus nit gelangen, so ist er schuldig in den. S t a l l zue
gehen und zue gebeu Küh, Kelber, Rinder,. Roß und
Wagen, sie seyen vorgemietet oder nit, so ist er die nicht
desto weniger schuldig zu geben. Dann die Pfandt in^ dem
S t a l l auch nit gelangen, so ist er schuldig auf den S t a l l
zu gehen und zu geben Heu, Omet, Stroh und was auf
dem S t a l l ist. W a n n dann die fahrenden Psandt auch,
nit mehr gelangen mögen, so ist er schuldig den besten
ligenden Boden zu geben.
Und wann einer so da pfenden lassen umb ligende
Güeter, nach dem Landtsbrauch Brieff und S ige l erlangt
und der Weibel dem Schuldner darvon geboten, fo soll
es alsdann noch vier Wochen anstehen bleiben. D a aber
der Schuldner solche Güeter in denselben vier Wochen
nit lößen würde, so mag der Gläubiger oder Kleger ver-
mög seiner erlangten Brieff und S ige l solch Gueth als
seiu verfallen Pfandt verkhauffen, verleihen, versetzen und
überal damit handeln, thuen, wie im füeglich und lieb
ist, so lang und v i l , bis er umb sein Schuldt mit sambt
gebürenden Kosten oder Schaden ausbericht und bezalt
worden ist. S o aber etwas mehr, dann des Klegers
Schuld und gebühreuder Schaden sich erläufst, daraus
erlöst würde, fo soll derselb Ueberrest nit dem Kleger,
S
sondern demjenigen, deß die Uuterpfandt gewesen, also dem
Schuldner wider zustendig sein und überantwortet werden.
W o auch einer dem andern ligende oder fahrende
Psandt, ausschreien oder auf der Gcmdt verkhauffen laßt,
uud dieselb zu seinen Handen zeucht, so soll der Schuldner
solche seine vergantete Güeter, alldieweil der Kleger die-
selbige Pfand noch selbst inhat uud nit weiter verhandelt
oder verkhaufft, widerumb zue lösen Macht haben; der
Gestalt, wo im der Schuldner sein ausstendig Haupt-
summa mitsamb gebürendem Z ins , Kosten und Schaden
erlegte, soll der Kleger im solche Pfandt widerumb lassen.
W a n n aber der Kleger die nit mehr, sonder verkhaufft
hette, so soll er nit schuldig sein, die widerumb lösen zue
lassen, sondern selbige Pfandt sollen demjenigen, so die
ab der Gandt kaufst, bleiben. Z u dem, wann ein Schuldner
andere guete fahrende Pfandt anderstwoher, dann aus
seinem Haus sür sein T h ü r brechte, ehe dann sein Pfandt
gescheht worden, so ist der Kleger dieselbigen zue empsahen
fchuldig. W o sie auch anderstwo gescheht, soll es bei dem-
selben bleiben, wo nit, so solls der Weibel schetzen nach
Landtsbrauch.
Und wann einer geschehte fahrende Pfandt bei dem
andern hntc und dieselbige nit hinwegneme in bestimmter
Zeit, als den benembten vier Wochen, so soll und mag
ein Weibel diselbige Psandt dem negsten Schuldner, der
da khombt, in die Gant geben.
W o auch einer dem andern Gesüeter oder Heu auf
der Gant gibt, so soll er ihm Steg und Weg darzue
geben, daß ers danncn ziehen und führen möge; oder
wann er das daselbstcn ehen wolle, so soll er ihm Tach
und Gemach darzue geben, daß er selbiges der Noturfft
nach brauchen möge.
Desgleichen wann einer dein andern Haus, Stadel
oder Gemach auf der Gant gibt, fo soll er im auch Steg
und Weg darzue geben, daß er dieselbige gleichsahls nach
Notdurfft brauchen möge.
Wann auch einer dem anderen gelegen Guet zue
khaufsen gibt, so soll der Keufser dem Verkheufser umb die
— 71 —
halb Kauffsumma nach dem gemeinen Landtsbrauch einen
Tröster )̂ zu geben schuldig sein, und .umb die andere
halbe S u m m a soll das Guet sein Pfandt und sein Tröster
sein) so lang und v i l , biß er umb. die gantze S u m m a aus-
gericht und bezalt ist. . .
Gleichfalls mann, einer dem anderen gelegen Guet
in die Gant gebe, es were.des. Guets.wenig oder v i l , so
soll das ganze Stukh Guet sein Pfand, sein, bis er umb
sein Schuldt mitsambt gebürenden Schaden und Z ins
bezahlt und ausgericht worden ist. W a n n aber mehr
Schuldner vorhanden weren und nit mehr Pfandt, so
sollen dieselbige auch auf das Stukh Guet gewisen werden,
fofern es die Psandt erleiden mögen.
I tem wann einer dem andern ein Schuld oder
anders verbieten oder verhefften w i l l , es sey gleich ein
Gotteshaus- oder Herrenmann, so soll er dem Weibel
einen Tröster stellen und geben, ob ers zue Unrecht ver-
biete oder verlege, daß ers zue Recht widerkehreu wolle.
Und alsdann ist der Weibel schuldig, umb seinen Lohn
demselbigen die Schuldt oder anders zue verbieten oder
zue verlegen.
I tem Lidlohn, gesprochen oder pahr geliehen Gelt
und Zerig soll fürohin nach gemeinem Landtsbrauch mit
der kurtzen Gant ziehen und eingebracht werden."
Das mitgeteilte Schuldentriebsverfahren entstand in dieser
F o r m spätestens im 16. Jahrhundert und war bis zum Beginne
des 19. Jahrhunderts bei uns gebräuchlich.-)
I n dem im Benderner Exemplare enthaltenen Lands-
brauche finden sich außer der Gantordnung noch besondere
Bestimmungen über die „ A b t h e i l u n g e n beim Bankarotieren".
Wenn einer durch „sein wissentlich, böß, arglistig und
muethwillig Verschwenden und übel Hausen" seine Gläubiger
nicht mehr bezahlen kann, so soll alsbald von der Obrigkeit
über sein Hab uud Gut die Hand geschlagen und der Er lös
Tröster d. i . Bürge.
-) Ueber die spätere Entwicklung des Schuldcntriebs vgl. meine
Arbeit, über die Tätigkeit des liechtcnst. Landtages im 19. Jahrhundert.
Jahrbuch des histor. Vereines sür das F . L. I. S . 11 6 ss und III. S . S0
— 72
unter die Gläubiger ausgeteilt werden. Der leichtfertige Ver -
schwender soll aber „strciks aus unserem Gebiete verwiesen
und so lang nit mehr darin gelassen werden, bis auf unsere
Begnadigung, und bis er alle seine Gläubiger bey Heller uud
Pfennig bezahlt hat". Wenn jedoch Jemand durch Unglück
und besondere Widerwärtigkeiten ohne sein Verschulden in
solche Armut kam, so genügte das einfache Schuldverfahren.
I I I . Alte Polizeiverordnungen.
Die früheren Polizeiverordnungen — in alter Zeit zu-
meist Landsordnuug genannt — bieten ein besonderes kultur-
historisches Interesse, weil sie uns ein Urteil über die sittlichen
Auffassungen unserer Vorfahren und über die damals vor-
handenen Sittenzustände ermöglichen.
I n den beiden Landsbräuchen vom Landesarchiv und
vom Benderner Pfarrarchiv ist eine wörtlich gleichlautende
alte Polizeiordnung enthalten, welche sich nach Kaiser ') auf
den Reichsabschied vom Jahre 1577 stützt. Dieselbe kann aber
schon früher in unserem Lande zustande gekommen sein, da
bereits im Jahre 1530 eine Reichspolizeiordnung geschaffen
wurde, welche den Reichsständen zur Nachachtung mitgeteilt
worden war. Die Reichsabschiede von Augsburg im Jahre 1518
und vom Frankfurter Deputationstag im Jahre 1577 waren
in der Hauptsache nur eine Wiederholung der früheren B e -
stimmungen. 2)
Nachstehend möge der wesentliche Inha l t der in den
genannten beiden Landsbräuchen enthaltenen Verordnungen
folgen.
U m die S o n n t a g s r u h e aufrecht zu erhalten, wird
verboten, an Sonntagen und gebotenen Feiertagen zu arbeiten.
Ausgenommen sind „Schmiedt, Wagner oder Redermacher,
Sattler und dergleichen Handwerksleute, die an der Landstraßen
gesessen sind; die mögen den durchreisenden Personen, es seien
Reiter, S ö m e r oder Fuhrleute mit ihrer Arbeit zur Notdurft
wohl verholfen sein, aber sunst nit". Die Krämer, Bäcker, und
i) Kaiser, Gesch. d. F . L . S . 342.
-) Vergl. Janssen, Geschichte des deutschen Volkes seit dem A u s -
gang des Mittelaltcrs. Achter Band. Erste bis zwölfte Auslage. 1894.
S . 2S4 fs, 300 ff.
— 73 —
Wirtschaften dürfen morgens während des Gottesdienstes nichts
feil haben bei Strafe, die im Wiederholungsfalle erhöht wird
und zum dritten Male auf Gefängnis (1 Tag und 1 Nacht)
lautet.
V o m G o t t es l ä s t e r n , F l u c h e n u n d S c h w ö r e n .
Es wird geklagt, daß das Gebot, das Fluchen und Schwören
zu unterlassen, von „vilen Menschen, Jung und alt, Manns -
und Frauenpersonen, Gott erbarms, vilfältig und leichtfertig
überschritten" wird, wodurch der allmächtige Gott schwer be-
leidigt werde, „mancherlei Theurung, Hunger, Krieg, Mißwachs ,
Krankheit, Pestilenz und andere Strafen oft entstanden" seien.
E s wird daher angeordnet, daß die Priester, welche dem
Gottesdienste vorstehen, in ihren Predigten e r m ä h n e n / „die
gräuliche Gotteslästerung, das Fluchen und Schwören bei dem
heiligen Leib unseres Herrn Jesu Christi, den hochheiligen
Sakramenten, auch der Jungf rau M a r i a oder den Heiligen"
gänzlich zu unterlassen. Die Priester selbst sollen „ihnen den
Pfarrkindern hierin ein feines, ehrbares Exempel erweisen, ein
gutes rühmlich Leben, Handel und Wandel führen, desgleichen
die Ambts- und Gcrichtsleuth; und sonderlich alle Hausvät ter
uud Müther sollen nit allein fü r sich selbsten das sündlich
Fluchen und Schwören verlassen", sondern auch bei ihren
Kindern, Dienstknechten und Mägden dasselbe nicht dulden.
Diejenigen, welche trotz der Ermahnungen der Priesterschaft
dem Gebote freventlich zuwider handeln, sollen gestraft werden.
Wenn jedoch einem aus Z o r n und ohne böse Absicht „ein
Schwur entwischte" und er nachher solches T u n bereute, so
„mag man mit dem etwas dispensieren und Geduld haben".
— „Die Jungen aber, welche Tag und Nacht im W ü r t h s h a u s
ligen, üppig und leichtfertig leben, fluchen und schwören, sich
übermäßig anfüllen und zu Zankh und Hader Ursach geben,
die sollen gefänglich angenommen, der Gebühr nach gestraft,
und bis sie wohl ernüchtert sind, mit Wasser und Brod im
Thurm erhalten werden." Wenn Kinder unter 12 Jahren in
Folge mangelhafter Erziehung und verleitet durch das schlechte
Beispiel ihrer Eltern oder Vormünder ' freventlich und leicht-
fertig schwören, so sollen die Eltern oder Vormünder „vor
unseren Ambtleuten oder Gericht mit einer Ruthen in Größe
einer Henkersruthen anderen zum Exempel gezüchtigt und ge-
hauen werden, bis man ein gutes Beguügeu hat".
V o n Z au b er c i eu, A b e r g l a u b e n u n d W a h r s a g en.
W e i l „Zauberen , Teufelsbeschweren, Wahrsagen und der-
gleichen ein Greuel vor Gott ist, als welche Diug zue A b -
götterei) nit wenig Beförderung thuet, auch in heiliger Schrift
geistlichen uud weltlichen Rechten hoch und starkh verbotten
ist", so wird allen „Ambts- und Gerichtsleuten unserer Gra f -
und Herrschaften" aufgetragen, auf solche abergläubische Leute
gut Achtung zu gebeu, damit selbe zur Strafe gezogen werden
können. Den Untertanen, welche „bishero aus Aberglauben
oder Fürwitz zu solchen Zaubern oder Wahrsagern in oder
außerhalb uuseres Gerichtsgebietes gelaufen sind", wird ge-
boten „sich dessen hinfür gänzlich zn enthalten". Sollten fie
dennoch ungehorsam werden, so sind dieselben „nach Gelegen-
heit ihres Uebertretens mit dem Thurm oder sonst in ander
Weg" zu bestrafen.
Wenn es aber vorkommt, daß „ein frommer unschuldiger
Mensch böslich verleumdet und in falsche Argwön gebracht"
würde, so soll auf solche uuwahre Anzeige und Verleumdung
vom Gerichte nichts erkannt, sondern „solches alles fü r unver-
schämtste Lüegen gehalten werden".
V o n G a s t g e b e r n , W i r t e n u n d T a f e r n e n . E s
wird den Wirten be i ' Strafe und „bei deren Pflichten uud
Aiden geboten, sich des Mischens und Verfelschens der Weine
zu enthalten" und den Gästen den Wein aufzutragen, „wie er
gewachsen ist und von den Reben kommt, gleich ob er sauer
oder süß, schiller, weih oder roth ist". Die Wirte sollen auch
jederzeit, besonders diejenigen, welche an der S t r a ß e ihren Sitz
haben, mit frischen Speisen und Getränken versehen sein und
dafür sorgen, daß „sauber uud wohl gekocht" werde und einem
jeden Gast nach seinem Stand und Begehren, so gut man's
hat und bekommen kann, ausgetragen, und „darzu keine alte
verlegene unreine Weine und schmeckende Speisen, noch un-
lautherc, zähe und küemige Weine gebracht werden".
' Inländischen Personen, besonders denjenigen/ welche im
Orte wohnen, darf abgesehen von der Mit tag- und Abend-
mahlzeit, „kein gekochte Speis, sondern nur Brod , Käs . Obst
uud dergleichen" ausgetragen werden bei 1 Pfuud Pfennig
Stras.
„Dieweil nur dann v i l liederliche Leuth befunden, die zu
deren, auch ihres Weibs und Kinder Verderben und Unter-
gang, desgleichen ihren Gläubigern zue grohem Nachtheil mit
dem täglich Prassen, Fressen und Sausen sich bei den Wür then
in Schulden stecken, so gebieten wir hiemit ernstlich, daß ffürhin
kein W ü r t einem Untertan in einem ganzen Jahre nicht über
fünf Pfundt borgen solle." Zuwiderhandelnde Wirte und die
betreffenden Kunden sind mit „gefenglich Verhaftgelt oder in
ander Weg nach Gestalt der Sachen" zu bestrafen. „Und, weil
sich dann nach dem gemeinen Sprüchwor t nit gebürt, die Zech
ohne den Wür th zue machen, als hingegeil gebürt sich v i l
weniger, daß ein W ü r t ohne Beisein des Gastes" die Rech-
nung mache. Es wird daher geboten, daß vor dem Fortgehen
des Gastes gerechnet werde, auch dann, wenn die Zeche nicht
baar bezahlt sondern aufgeschrieben werde.
Ferner wird geboten, daß der W i r t den inländischen
Gästen im Sommer nach 8 Uhr und im Winter nach 9 Uhr
keine Speisen oder Getränke verabreichen dürfe, sondern die
Gäste „sein güetlich heim weisen" solle; bei Strafe eines Pfund
Pfennig. Endlich werden die Wirte an ihre Pflicht erinnert,
keinen Wein in ihre Keller zu legen, bevor derselbe nicht „ver-
umbgeltet" sei.
V o n de r V ö l l c r e i u n d de in Z u t r i n k e i l . „Obgleich
wohl der Wei i l ein edles Trankh, Gottes Gab uud au ihm
selbst gilt ist, so erfahrt man aber doch, wer denselbigen miß-
braucht, daß daraus eine unziemliche Trunkenheit entsteht, und
aus dieser allerhand Leichtfertigkeit, Unfried, Todtschläg uud
Krankheiten des Leibes und der Seele." Es sollen daher die
Geistlichen gegen das Laster der Trunkenheit predigen, da
„nach Ausweisung der heiligen Schrift die Vollsaufer kein
Thei l am Reich Gottes werden haben."
Wer sich voll trinkt, soll bestraft werden, im Wieder-
holungsfälle soll die Strafe verschärft werden. Die Wirte
dürfen dem Gaste an einem Tage nicht mehr als eine beschei-
dene Zeche borgen. Einem, der „voll und bezecht von einem
Würthshcms in das andere geht", dars der W i r t bei 5 P fund
— 76 —
Strafe weder um uoch ohne Geld etwas verabreichen. Trunken-
bolde bringen Weib und Kinder in Armut und Kummer/s ind
nicht Hausväter zu nennen, sondern „üppig leichtfertige Wein-
schläuche und volle Zapfen, die man weder zu Gericht-, Recht-
oder anderen ehrlichen Aembter befördern, auch billich kein
Bidcrmann einem solchen verrückten Tropfen sein ehrliche Toch-
ter zue einem Weibe anvertrauen solle."
Das Zutrinken, welches der W i r t mit guten Worten ab-
stellen soll, ist bei Strafe verboten.
„ W o auch einer aus unziemlicher Trunkenheit eine Uebel-
that begienge, der soll dessen als ein Vollsäufer desto weniger
Gnad und Entschuldigung haben, sondern noch um so viel
höher bestraft werden."
V o m F a u l e n z e n u n d den M ü s s i g g ä n g e r n .
V o r dem Müssiggang „der Mueter böser Laster" wird
eindringlich gewarnt. Gewohnheitsmäßige Müssiggänger sollen
von den Amtspersonen zur Arbeit angehalten uud, wenn solche
Ermahnungen nichts fruchten, des- Landes verwiesen werden.
— Den Eltern wird ernstlich geboten, ihre Kinder, sobald die-
selben das siebente J ah r erreicht haben, nicht „müessig gehen,
noch auf der Gassen herum laufen zu lafsen", sondern in die
Schule zu schicken und zur Arbeit zu erziehen. Wenn die
Eltern oder Vormünder diesem Gebote trotz wiederholter amt-
licher Mahnung nicht nachkommen, so sollen dieselben in eine
„gebührende Geldstraf genommen werden".
Fremde Spielleute, „Gauggler , Springer, Singer, Sprecher,
Hofierer oder andere dergleichen uuandächtige Purf t , welche
sich in die Wir thshäuser legen, schlemmen, und dadurch anderen
zue Prassen, verderblich Verschwenden Ursach geben", dürfen
nicht länger als ein Tag und eine Nacht beherbergt werden.
E i n längerer Aufenthalt ist mit Gefängnis oder einer anderen
Strafe zu ahnden.
V o n u n n ü t z cn H a u s h a l t e r n und V e r s c h w e n d e r n
i h r e r G ü t e r .
Den Ambts- und Gerichtsleuten, den Weibeln und Ge-
schwornen wird aufgetragen, „einen, der anfange seine und
seines Weibs Güter leichtfertiger Weis zu verschwenden", vor
das Amt zu bringen, damit er da bei Androhung weiterer
— 77 —
Schritte ermahnt werde, einen „nützlichen nnd ehrbarlichen
Hanshalt" zu führen. Tr i t t auf diese erste Vermahnung keiue
Besserung ein, so soll ihm von Obrigkeit wegen ein „ I n -
spektor, oder Pfleger" bestellt werden, der eine besondere Auf-
sicht über des Verschwenders Haushalt zu führen hat. Ohne
des Pflegers Vorwissen soll über Hab und Gut nicht mehr
verfügt werden. Wenn aber der Verschwender den Nat des
„Pf lege r s" mißachtet und in seinem „angefangenen verthu-
nischen und nichtigen Wesen" fortfährt , soll er von Gerichts
wegen und öffentlich des Rechtes, seine und seiner Hausfrau
Güter zu verwalten, entsetzt, und fü r ihn, sein Weib und seine
Kinder ein Vogt oder Vormund aufgestellt werden. Der Ver-
schwender ist damit „mundtot" gesprochen und ist dieses Er -
kenntnis zu publizieren und auszurufen, „auf daß menniglich
dessen wisse und kein Handel mit . ihm hete". Das Besitztum
der F r a u soll in den durch kaiserliche Rechte gewährten P r i v i -
legien und Freiheiten geschützt bleiben. Wenn aber „ein Weib
ihrem M a n n geholfen verschwenden und Schulden machen, es
were beschehen mit Hoffart, Prassen, Zechen, Geldtaufnehmen
oder in ander weg", so sollen diese Privilegien hinfällig
werden und ihre Eigentumssorderung keinen anderen Anspruch
haben, wie die Forderung der gewöhnlichen Gläubiger.
B e s t i m m u n g e n ü b e r T a u f s u p p e n u n d S c h e n k -
u n g e n .
U m die bisherigen großen Kosten, „die bei der Tauf-
suppen und Kindtsmählern aufgegangen", einzuschränken, wird
verordnet, daß hiezu nur die nächsten Verwandten und „die
Vetter, welche die Jugend zu der christlichen Tauf gebracht"
haben, eingeladen werden dürfen, „deren aller nit über ein
Tisch voll sein sollen"; Das M a h l aber soll nicht mehr als
„3 oder 4 Trachten" haben.' Dem Kind und der Mndbetterin
dürfen die Gevatter „nit über einen halben Gulden oder eine
halbe Krone aufs höchste verehren". Solche, die nicht Gevatter
sind und die Kindbetterin besuchen, sollen nicht mehr als zwei
Batzen, es sei an Geld, Wein, Brod , Hühner , Eier und der-
gleichen verehren. Be i armen Kindbetterinnen ist es jedoch
erlaubt, aus Barmherzigkeit christliche Hülse und Handreichung
nach. Vermögen zukommen zu lassen. Große Mahlzeiten, B a n -
— 78 —
kette und andere Schenkuugen werden bei 3 Pfund Strafe
verboten.
V o n T o t e n m ä h l e r n . S i e b e n t e n , D r e i ß i g s t e n
uud J a h r z e i t e n . !
Um dem vorhandenen Mißbrauch, bei der Beerdigung,
dem siebenten, dreißigsten und bei den J a h r t ä g e n „mit großen
überflüssig Unkosten — den ganzen Erben nit zue geringem
Nachtheil — Totenmähler und Ladschaftcn zu halten", zu be-
gegnen, werden derartige Getage strengstens bei Strafe von
10 Pfund Pfennig verboten. N u r den Priestern und Ver-
wandten, welche von a u s w ä r t s kommen, dars eine „bescheiden-
liche Mahlzeit" verabreicht oder das Geld dafür gegeben werden.
V o n K i r c h w e i h e n . „Dieweil bishero bei den Kürch-
tagen eine grausame Unordnung geführt und nit allein ein
Großes verzehrt, sondern auch durch solche Föllerei und andere
Leichtfertigkeit auch Schandt und Laster begangen" wurden,
sollen diejenigen, welche Kirchtag halten, uicht mehr als 6 bis
8 Personen einladen. Die Mahlzeit darf höchstens aus 4 Ge-
richten bestehen, wobei dann „a ls Nnchtrncht etwan ein S u l z ,
Kichleu, Mi lch , Ops, Käs, oder dergleichen aufgestellt" werden
kann. „Darbei dürfen sie auf das allerlengst anderthalb oder
zwo Stundt sizen, nachmals mögen sie ein W e i l spazieren gehen
und gegen Abend, wann sich die Gäste wieder nach Haus be-
geben, soll ihnen noch ein Trunkh mit überbliebner Speis"
zukommen. Damit soll dem Unsug „unverschambter Gesellen",
die ihren Verwandten „wohl auch bis aus den dritten Tag
übcrlästig" sind, gesteuert werden. Die „Nnchkhürchtäge oder
Nachkürchen" werden „ganz und gahr abgethan" und verboten.
— Uebertretungen dieser Anordnungen werden mit 1 bis 10
Pfuud Pfennig gebüßt.
V o n de r F a s t n acht, A s c h e r m i t t w o c h , M u m m er e i
u n d A n s i n g e n .
W e i l „der gemeine M a n n um die heilige Wennachten,
neue Jahr , nm der heil. drey. König und Ostertag durch die
Singer und Sternenbettler mächtig beschwert und überloffen
werden", wird dieser „bishero eingewurzelte Mißbrauch" ab-
geschafft und den Untertanen verboten, „dergleichen Faullenzern
uud Sternenbettlern" etwas zu geben. „Doch soll hierdurch
— 79 —
den armen Schülern zur Erlangung ihres Aufenthaltens uud>
täglicher Nahruug jedes Orths dem Gebrauch nach nichts be-
nommen sein." — Die Mummerei iu der Fastnacht „das
Nutzen, sonderlich die sich in Manns- und Weibsklayder ver-
stellen, darob v i l Laster und Unzucht für lauf fen" , sowie „das
in den Brunnen werfen am Eschermittwoch" sollen bei Strafe
verboten sein. „Aber sonsten geben wir zue, daß die Unter-
thanen den Eschermittwoch/ neues Jahr , Faßnachten, und an
anderen gemeinen J a h r t ä g e n mit Bescheidenheit sreundnach-
barlich nach altem Brauch zusammenkommen, ein ziembliche
Zech thuen, lustig und freylich sein mögen".
V o n u n o r d e n t l i c h e r , k ö s t l i c h e n K l e i d u n g und '
T r a et a t i o n. i)
Den Geistlichen wird strengstens verboten, ihren „priester-
lichen Habit oder Tonsur zu verendern und weltliche Kleider
anzuziehen". Die Beamten sollen in ihrer „Kleidung und Gezier-
theit ein jeder nach seiner Dignitet uud Würde , wie bei anderen
Höfen Ihresgleichen, sich erzeigen und verhalten." Die Unter-
tanen aus dem Land sollen keine sremden, ausländischen Ge-
wänder und Tücher tragen, „a ls Samet, At laß, Senden, welches
englisch, niederländisch oder dergleichen Tuch ein Ellen bis auf
ein Kronen oder zween Gulden kombt." Ihre Hüte, Mänte l und
Kleider sollen sie nicht mit „ S a m e t , Seiden, Atlaß, goldenen
oder silbernen Passamendtschnüren verbremen lassen". S ie
sollen vielmehr „andere guete inländische starkhe Tücher, die
wehrhast und ins Wetter guet sind, gebrauchen". Die, welche
„mit dem Pf lug oder Handarbeit sich ernähren müssen", dürfen
keine Federn tragen, ausgenommen es habe einer einen Kriegs-
zug mitgemacht, oder es sei bei Musterungen der Mi l i zmann-
schaft.' W a s aber Kriegsleut sind, „die in- S t ü r m e n , Feld-
schlachten ehrlich tapfere Thaten vollbracht", denen soll ge-
stattet sein, goldene Ringe, Snmet, At laß, Seiden und der-
gleichen zu tragen.
M i t Bezug auf die „Trac ta t ion" werden die „ohnnoth-
wcndigen Bankette und Ladschaften, insonderheit aber die f römb-
)̂ Die Vorschriften über Kleidung stützen sich, wie im Texte be-
merkt wird, auf die Frankfurter neue Reichspolizeiordnung vom Jahre
1577 und auf Beschlüsse des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1630.
— 80 —
den, köstlichen Speisen und Tränkhe, Confect, Zuckerwerk, Ge-
würz, süesse Weine, Malvasier, Pricmzer Veltliner und
dergleichen, das dem gemeinen M a n n zue großen Unstatten
und Verderben hülst" bei Strafe verboten. M a n soll nicht mehr
„a l s 4 gekochte Speisen, nebst Käs und Obst geben."
V o n B e t t l e r n , G a r t k n e c h t e n u n d Z i g e u n e r n .
Ausländische deutsche oder welsche Bettler und Land-
streicher soll man an „Gränzen und Passen nit ein- oder durch-
lnssen". Kommen dennoch welche herein, so sollen sie ausge-
wiesen werden. Kommen die nämlichen dessenungeachtet zum
zweiten M a l , so sind sie gefänglich einzuziehen und zu
strafen. Arme „presthafte" Bettler, die gegen Nacht von außen
kommen und von der hiesigen Ordnung nichts wissen, dürfen
eine Nacht, aber nicht länger, beherbergt werden. F ü r inländ-
ische arme Leute, die sich wegen Alters, Krankheiten oder Ge-
brechlichkeiten nicht ohne Almosen erhalten können, haben die
Gemeinden zu sorgen. D a aber „die Spend nit so viel E i n -
kommen hat", so soll alle Sonntag durch den Prediger der
Armen auf der Kcmzel gedacht und durch den „Spendmeister"
eine Sammelschüssel aufgestellt werden. Der Ertrag ist dann
unter die Armen auszuteilen. Das Almosengeben wird als
Christenpflicht bezeichnet, weil „Got t uns die Armen hoch an-
befiehlt und einem Jeden sein ausgelegt Almosen zehenfeltig
ersetzen wird" . Wenn jedoch in einer Gemeinde sehr viele arme
Leute wären , so soll ihnen erlaubt sein, auch in anderen D ö r -
fern zu bettlen. Rüstigen, arbeitsfähigen armen Leuten ist das
Betteln verboten, dieselben sollen zur Arbeit verhalten werden.
„Gartknechte 2) oder herrenlose Knechte" sollen im Lande
nicht geduldet werden, „es were dann ein abgedankter Knecht",
der keine Zehrung hat oder krank ist, dem mag jeder ein A l -
mosen geben. Wenn Gartknechte bei der Ausweisung Wider-
stand leisten, oder sonst die Leute durch hochmütiges „Drängen
)̂ Brianza, eine Landschaft zwischen Como und Monza, das „lom-
bardische Paradies", ein fruchtbares Hügelland mit reichen Rebenpflanz-
ungen.
-) Gartknechte sind die aus dem Dienst entlassenen Landsknechte,
„gartende" d. h. umherschweifende Knechte genannt. Dieselben zogen in
zahlreichen Rotten umher, quartierten sich bei den Bauern ein und be-
gingen die gröbsten Ausschreitungen.
— 81 -
und Zwingen" ängstigen, sind dieselben gefänglich einzuziehen
und streng zu bestrafen. Alle Jahre soll zu unterschiedlichen
Malen eine Streife im Lande nach solchen „argwöhnischen
Personen" gehalten werden.
Die Zigeuner soll man weder durch das Land ziehen,
noch darin handeln oder wandeln lassen, weil sowohl auf ver-
schiedenen früheren Reichstagen und „sonderlich durch die jüngst
im Jahre 1577 zu Frankfurt erneuerte Reichs-Polizeiordnung
geboten wurde,, keine Zigeiner in dem Reich deutscher Nation
zu gedulden". Wenn aber solche im Lande betreten werden,
so sollen sie gefänglich eingezogen werden nnd Alles, „ w a s bei
ihnen gefunden, es seien Pferde, Büxenwehren, Kleider, B a r -
schaft", zum halben T e i l an diejenigen, welche sie eingeliefert
haben, ausgeteilt werden.
V o m S p i e l e n .
„Dieweil aus dem Sol len allerley Unradt, Neid und
Haß , Muetwillen, Zank, Hader, Gotteslästern, Begehrung frem-
den Guets und , andere Untugenden erwachsen, befehlen wi r ,
daß unsere Unterthanen sich alles ungebührlichen Svi lens gänz-
lich enthalten, und keiner änderst dann etwan umb Kurzweil
weder mit Karten, Wür fe ln und dergleichen auf ein Tag nit
über 3 Batzen aufs allermeist verspilen soll bei St raf von 1
Pfund ." Wirthe, die solch ungebührliches Spielen dulden, sind'
in gleicher Weise zu strafen. „Arglistige Gewett" sind auch
verboten. Wenn einer „auf Borg was verspielt", sollen unsere
Beamten keine Bezahlung fü r solches gestatten.' Falschspieler
sollen gefänglich eingezogen und peinlich bestraft werden. „ D a s
Kegeln, Blattenschießen, Bal len und dergleichen Kurzweil , die
zur Uebung des Leibs dienen, item Schießen an gewohnlichen
Zihlstätten ohne übermäßiges Aufsetzen" soll erlaubt sein.
V o m K u p p e l n , u n s i t t l i c h e n L e b e n s w a n d e l ,
E h e b r u c h u n d N o t z u c h t .
Kuppeln und Zuhalten ist bei strenger Strafe verboten.
Eltern, die ihre Kinder „zu Unehrew" verkuppeln, sollen mit
Urtheil und Recht am Leben gestraft werden.
Solche, die in wilder Ehe leben, sollen durch die Obrig-
keit „zue dem heiligen Ehestand angewiesen" oder im Weiger-
ungsfälle des Landes verwiesen werden. Ledige Töchter oder
— 82 —
Witwen, die ein „ärgerlich Leben führen" , sind zu ermähnen,
„von ihrem losen Leben abzustehen", fruchten die Ermahnungen
nichts, so sind sie des Landes zu verweisen.- Ledige. Manns -
personen, die erweisbar sich sittlich vergehen, werden mit 8 Tag
Gefängnis bei Wasser und Bro t gestraft, lcdige Weibspersonen
mit 4 Tag. Leugnet einer die Vaterschaft, und läßt die Be-
troffene es zum Eid kommen, „daß er und fönst kein anderer
der rechte Vater ist", so soll er mit 1V Pfund bestraft werden.
Verlobte, die sich vor der Heirat sittlich vergehen, sind
„den anderen zu einem Exempel mit.Geldstraf und T h u r m "
zu bestrafen.
Ehebrecher und Ehebrecherinnen werden das erste M a l
mit 14 Tag Gefängnis bestraft. „ E s soll auch dann der M a n n
zu keiner Digniteten, Gericht oder Recht mehr gebraucht, son-
dern aber dannzuemahl deren zur Stundt entsetzt werden",
die Weibsperson darf bei keiner Hochzeit mehr tanzen, und zn
keiner ehrlichen Gesellschaft nimmer mehr geladen werden.
W i r d Ehebruch zum zweiten M a l erwiesen, so lautet die Strafe
auf 1 Monat Gefängnis , das dritte M a l auf Geldstrafe und
Landcsverweisung. W i r d aber eine solche Person wieder zu
Handen aufgenommen, und verfehlt sich zum vierten Male , so
soll sie „vom Leben zum Tode gerichtet werden". Wer sich der
Notzucht schuldig macht, „der soll dem Wasser anbefohlen und
ertränkt werden".
V o n m u t h w i l l i g e n G e s e l l e n .
„ W i r wollen hiemit ernstlich gebieten, daß . sich jeder bei
Tag oder Nacht auf deu Gassen fein züchtig und still verhalte,
auch einer den anderen zufrieden lasse und nicht bvldere,
jauchze, schreie und plerre, wie das unvernünft ig Vieh, auch
keine schädliche Gedichte oder gottlose Lieder weder spreche,
noch singe," wer diesen Anordnungen zuwider handelt, ist ge-
fänglich einzuziehen und zu strafen.
V o n den „ L r e c h t - u u d K u n k h e l l h ä u s e r n " .
W e i l , diese nächtlichen Versammlungen — Liecht- und
Knnkhelstubeten — öfters Anlaß zu „Leichtfertigkeiten^ Schlemmen
und Thcmmen" gaben, werden sie bei Strafe verboten. „ W o
jedoch erbare Hansleute mit ihrem Gesinde, um Holz und Licht
zu ersparen, mit ihrem Gespinst oder anderer Arbeit zur ihren
83 -
Nachbaren oder Verwandten zue Stubeten gehen wollten, das
soll ihnen uuverwehrt, aber doch alle leichtfertige Gesang und
Worte verboten sein".
V o n H o c h z e i t s t a g e n u n d S c h e n k u n g e n .
„Bishero ist bei den gehaltenen Hochzeiten ein merklicher
überflüssiger Kosten aufgegangen, womit gleichwohl den Hoch-
zeitlichen ganz und gar nichts gedient und doch mancher
Seckhel dadurch leer geworden, uno hete vileicht der mehre
Thei l das verzerte Geldt wol sonsten in ander Weg zue Haus
nothdürftig brauchen mögen." Es sollen daher ärmere Leute,
die nicht über 200 Guldcu zusammenbringen, zum Hochzeits-
mahl nicht über ? 2 Personen laden, reichere nicht über 30—40.
Der Wir th darf f ü r eine Männsperson höchstens 5Bazen, sür eine
Weibsperson 4 Bazen ausrechnen, auch „darf sonsten von den
Hvchzeitsleuten nichts weiters darzue geschossen werden". Die
Hochzeit darf nicht länger als anderthalb bis zwei Tage
währen, die „Nach- oder Gesellcntäg" sollen aber ganz und
gar abgestellt seiu.
„Und dieweil auch bishero an den Hochzeiten mit den
Geschenken und Verehrungen ein großer Mißbrauch gewesen,"
wird angeordnet, daß ältere Personen höchstens 1 f l , Witwen
8 Batzen, ein Junggesell oder eine Jungsrau 3—5 Batzen
schenken dürfen. Eltern und nächste Anverwandten der Braut-
leute können hingegen nach ihrem freien Willen, schenken. Das
Nachziehen zu der Hochzeit aus eiuer Herrschast in die andere,
oder aus einem Orte in den andern, wird verboten, es sei
dann Jemand von den Hochzeitern speziell dazu geladen.
Ledige junge Gesellen dürfen zu einem „öffentlich ehrlichen
züchtigen Tanz" aus eine halbe Meile nachziehen, sollen sich aber
„allda züchtig und bescheidentlich halten". Die Nichteinhaltung
der gegebenen Vorschriften hat Strafen von 1—5 Pfnnd zur
Folge.
Die hier auszugsweise mitgeteilten Verordnungen sind
offenbar nicht zu gleicher Zeit entstanden, sondern auf Grund
einer Reihe von Reichsnbschieden, welche sich Ende des fünf-
zehnten Jahrhunderts und im sechzehnten .Jahrhundert wieder-
holt mit den gleichen Polizeivorschriften befaßten und den Reichs-
ständen zur E inführung empfohlen worden waren, zustande
- 84 —
gekommene Dieselben wurden von der Obrigkeit den besonderen
Verhältnissen unseres Landes angepaßt. S o finden wir auch
in den übrigen deutschen' Landen zahlreiche in dieser Zeit-
periode von Fürsten und Obrigkeiten erlassene Gesetze, in welchen
unter Androhung namhafter Strafen Bestimmungen über den
Aufwand bei Hochzeiten, Kindstaufen, Begräbnissen, über Trunk-
sucht, über das Fluchen und Schwören, über die Armenfür -
sorge, das Bettlerunwesen usw. vorgeschrieben wurden.
Die in unserem Lande in dieser Zeit eingeführten Ver -
ordnungen sammelten alsdann die Landammänner in den
„Landsbräuchen", welche ihnen als Handhabe zur Erfü l lung
ihrer Obliegenheiten zu dienen hatten.
Die Verordnungen blieben im Großen und Ganzen bis
zum Beginne des'19. Jahrhunderts in Kraf t und Wirksam-
keit, denn der Er laß , mit welchem Fürs t Josef Johann Adam
von Liechtenstein ain 2. September 1732 eine „Polizei- und
Landsordnuug des Reichsfürstentums Liechtenstein" herausgab,
enthält in der Hauptsache nur eine Wiederholung der alten
Bestimmungen. E s heißt auch in dem Erlasse: „Dami t das-
jenige, was in der uralten sehr löblich errichteten Polizei- Und
Landsordnung eingeführt wurde, nicht vergessen und außer
Acht gelassen werde, haben wir das darin Enthaltene in dieser
unserer neuen Verordnung wiederholt". Der genannte Er l aß
ist als Abschrift in dem Landsbrauche von Triesen vom Jahre
1794 enthalten.
Neu sind in demselben nur die Bestimmungen über Vieh-
märkte uud Güterzcrteilung.
I n letzterer Beziehung wird angeordnet, daß künftighin
kein S t ü c k G u t , welches unter 10 Gulden geschätzt wird,
weder bei Teilung, Kauf oder Tausch mehr z e r r i s s e n oder
z e r s t ü c k e l t werden dürse. )̂
I n der Verordnung über V i e h M ä r k t e wird einleitend
erwähnt, daß vor Zeiten wöchentlich 2 Viehmärkte und zwar
in dem Markt Vaduz von Gallttag bis Johanni am Donners-
tag, und zu Rofenberg von '1 . -Ma i bis Johanni am Mittwoch
zu sonderbarem Nutzen des Landes üblich gewesen seien. Der
i) Diese sehr zweckmäßige Bestimmung wurde leider bei der E i n -
führung der Grundbuchsordnung ini Jahre 1809 außer Acht gelassen.
— 85 —
-in Vaduz bestehe zwar noch, werde jedoch „sehr schlecht ge-
halten", der in Rofenberg sei aber „vermutlich aus Negligenz
unser Beamten" schon seit vielen Jahren eingegangen. E s
ivird daher angeordnet, daß von nun an die Märkte in Vaduz
und Rofenberg wie in alter Zeit wieder gehalten werden sollen.
U m aber die Märkte aufrecht zu erhalten wird bei „ S t r a f e der
Konfiskation" bestimmt, daß keiner ein Stück Vieh verkaufen
dürfe, das er nicht auf den Markt getrieben habe. Könne er
auf dem Markte uicht verkaufen, so soll es ihm erlaubt sein,
das Stück in der nämlichen Woche zu Hause zu verkaufen.
Wenn letzteres aber nicht stattfinde, so sei er gehalten, das
Stück wieder auf den Markt zu treiben, und so von einem
Markt auf den andern. Schließlich ivird das Oberamt ange-
wiesen, über die Einhaltung dieser Verordnuug „fleißig zu
vigilieren".
Die in dieser Abhandlung gebotenen urkundlichen M i t -
teilungen und Er läuterungen wollen nur als bescheidener B e i -
trag zur Kulturgeschichte unseres Landes vom Ausgauge des
16. bis zum Anfange des 19. Jahrhunderts betrachtet werden.
Z u einer vollständigen Darstellung des damaligen Kulturlebens
müßte noch vielmehr urkundliches Mater ia l gesammelt und
verarbeitet werden.
. Immerhin lernen wir in dein gezeichneten Bilde die
Gebräuche uud den Sittenzustand unserer Vorfahren einiger-
maßen kennen und können auch herausfinden, daß die damaligen
sittlichen Auffassungen durchweg auf gesunden christlichen
Grundsätzen beruhten.
6
Megesten zur Geschichte
der
K e r r e n v o n ScheLLenbe
I V . I o t g e .
Von
Johann Kaptist Küchel.
14i>4—1638. Verzeichnis aller derjenigen bei dem vormaligen Kaiser-
lichen und Reichskammergericht ^juäieialitsr eingeführten Prozesse,
an welcher die frciherrlichc Familie vvn Sche l len bcrg als
implorantischer vdcr appcllantischer Teil auftrat, nnd deren Akten
sich noch in dem Archive zu Wetzlar befinden,
lung Gegenstand des Streites
Appell, 1494
Rubrik
1, He in r ich v, Sche l -
lenberg und Hans
Gmf v, Svnnenbcrg,
,Iu6>-x. »c>uo: Kvnigl,
Landgericht anf Leut-
kirchcr Haide,
2, He in r i ch v, Sch,
und Hanns vvn Sick-
ingcn,
Z, H a n n s v, Sch, und
Consortcu und Graf
Jvh, v, Sonnenberg,
^uäsx^ » <zuo: Gericht
auf der Leutkirchcr
Haide,
4, U l r i ch v, Sch, und
Ulrich, Heinrich, Hans
Wilhelm v, Stotzingen,
5, U l r i ch v, Sch, nnd
Heinrich v, Swtzingen,
.1. l^nn: Hosgcricht
in Rvttweil,
6, U l r i ch v, Sch, uud
die Gemeinden zn En-
kelhvsen, Birn, Chri-
stelshofcn nnd Sicken,
7, H a n n s v, Sch, zu
Kißlegg und Erhard
Kuittel,
^l, c>no: Land-
gericht zu Altorf in
Schwaben,
— 1496
Appell, 1496
Cit, 1524
Cit, 1525
Cit, 1526
App, 1526
Jurisdiktion in der
Herrschaft Wvlsegg,
Wegen Unvvllständig-
keit der Akten ist der
Gegenstand des Streites
nicht zu ermitteln,
Jagd in den Waldungen
zur Leutkirchcr Haide,
Der halbe Theil des
Schlosses und Dorfes
Rißtissen,
Injurien,
Feindlicher Einfall in
das Schloß Neidegg,
Entsetzung aus dem Hof
Prade auf dem Berg,
90 —
Rubrik
8, A u u a v, Sch., Aeb-
tissiu zu St, Stephan
iu Straßburg, uud
Wolfgang und Jo-
hann, Grafen von
Montfort zuRotenfels,
S, A n n a v, Sch, und
Friedrich v, Freiberg,
^l. » c^uo: Hofgericht
Rottweil,
10, U l r ich v, Sch, und
Wilhelm v, Stvtzingen,
^l, », c^uo: Hofgericht
Rottweil,
11, A n n a v, Sch,, Aeb-
tissin des Stifts zn St,
Stephan zn Straßburg
uud N. v, Wallbach,
^s, ^ c^uo: dasselbe!
12, H a n u s v, Sch, und
Consorten nnd das
Kloster Fricdenweiler,
^s, s, c^uv: Fürsten-
bergischeS Landgericht,
13, W o l f v, Sch, und
Hanns v, Rechberg
und Consorten,
^s, c^uo: Hofgcricht
Rottwcil,
14, W o l f v, Sch, und
Gebr, v. Boscher und
Michel König,
ŝ, » c^uo: Landgericht
zn Kißlegg,
15, W o l s nnd 5»ans
Ul r ich v, Sch, und
Consorten nnd Land-
richter in Schwaben.
Prozeß- .
gattung
App, 1528
App, 1535
App, 153S
App, 1540
App, 1542
App, 1550
App, 1551
Mcmd, 1554
Gegenstand des Streites
Leibgeding von 50 sl,
jährlich.
Ein Zchent.
Jährliche Zinsen von
5 fl.
Schuldfordernng von
100 fl.
>Ius clö nou svoLlliiclo,
>7us cls noll LvoLAiiilo,
Hof und Gut zn Wener,
Obere Gerichtsbarkeit
in der Herrschaft Kiß-
91 —
Rubrik
IS, W o l f uud H a u s
Ul r ich v, Sch, zu
K iß legg und Kaspar
Klvcker, Landrichter iu
Schwaben,
17, H a u s U l r i c h v,Sch,
Adrian Baicr genannt
Wucher,
^, », Hiro: Hvfgericht
Rvttlvcil,
18, W o l f uud H a u s
U l r i ch v, Sch, zu
K i ß l e g g und Kaspar
Klvcker Landrichter in
Schwaben,
19, H a n s U l r i c h v,Sch,
zu K i ß l e g g nnd
Consorten und Bart,
Frick zum Feld,
^, s c^uo: Landgericht
iu Schwaben,
20, H a n s U l r i c h v, Sch,
z u K i ß l e g g namens
seines Vaters und
Haus Fischer zu Altorf,
ŝ, ?r c^uo: Landger,
Schwaben,
21, H a n s U l r i c h V.Sch,
nnd Ferdinandt v,
Freiberg Witlve.
22, W o l f v, Sch, zu
K i ß l e g g und die
Vormünder der Kinder
des Jakob Hundpiß v,
WcildramS,
23, H a n s U l r i c h v,Sch,
zu Kißlegg und Land-
gericht in Schwaben
und dasigen Fiskal,
^, ü c^uo: Landgericht
in Schwaben,
Prozeß- ^ .
gattung
Cit, », 1554
App, 1555
Cit, d, 1556
App, 2, 1556
App, 3, 1556
Mcmd, 1556
Cit, 1557
App, 4, 1557
Gegenstand des Streites
>Ius 6s non iivoe^nclo.
Inooinpotöntiir tori.
>Ius cls von «vovaiiclo.
dasselbe.
dasselbe.
Einfall in die Herr-
schaft Kißlegg,
Fischerei-Gerechtigkeit
zu Marbcrtshosen,
Jurisdiktivnsinkom-
Petenz,
92 —
Rubrik
24, Derselbe und Con-
sorteu uud Kaspar
Klvcker, Laudrichter in
Schwaben,
^l, s c>uo: dasselbe,
2ö, W v lf v, S ch, namens
Adam Knitel uud Ju -
den Salvmvn vvn
Omendingen,
^, a ciuo: Hvfgcricht
Rvttweil,
26, H a n s Ulrich v. Sch,
nnd Cvnsorten nnd
Hans Elges,
>l, quo: dasselbe,
27, Derselbe und Hein-
rich Erbtrnchseß zu
Waldburg,
>!, quo i Hvfgericht
Rvttweil,
28, H a n s Ulrich v, Sch,
uud Cvnsorten und
HauS Elges.
^, -r quo: Schellen-
bergischcs Leheugcricht
zu Kißlegg.
29, Haus Ulrich v, Sch,
uud Gras Gabriel zu
Hohenems,
^, k> quo: Lehengericht
zu Kißlegg,
30, De rse lbe namens
Sebastian Schlegel n,
Jndcn Leinlein zu
Wvlfenweiler,
^. quo: Hvsgencht
Rvttweil,
31, G c b r ü d e r M a t h i s
u, S i m v u v, Sch,
uud Lewin von Ende
und Consorten,
Prozeß- c>
App, 5, 1557
App, 1558
App, 1559
Gegenstand des Streites
Wegen Unvollständig-
kcit der Akten uner-
findlich.
^U8 ctö non vvoennclo
und Schuldsordenmg
von 55 fl.
App. 1560 Injurien
App, 2, 1563
App, 1563
App. 1563
Cit, 1564
Heimgefallene Lehen zu
Walmisried,
Widcrsprvchcues Lehen-
recht im Gute Wvlsgelz,
t̂us ct<; non övov5>ncln.
Hinwegnahmc derSchel-
lcnbcrgischcn Güter.
93 —
Rubrik
32, HanS Ulrich v, Sch,
und Haus Kvberlin zn
Staufen,
33, Herr v, Sch, zn Kiß-
legg nnd Cvnsorten
und Gras zu Hohenems,
34 H a n s Ul r ich v, Sch,
und Sebastian Ge-
meinder,
35, HanS Ulrich v, Sch,
nnd Lvrenz und Georg
Boscher,
^, » ^uv : Schellen-
berg, Lchengericht,
3V, H nnS U l r i chv ,Sch ,
nnd Gebr, Grasen zu
Hohenems,
3V, Ebendieselben,
38, H a n s Ulr ich v, Sch,
und Jakob Erbtrnchseß
v, Waldburg,
3», H a n s Ul r ich v, Sch,
und Haus Müller,
>1-, a qno: Lehcngcricht
Kißlegg,
4< >, Derselbe und Helena,
Gräsin zu Hohenems,
41, D iese lben ,
42, Arbogast v, Sch,
nnd Heinrich Graf zn
Fürstenberg und Con-
sorten,
43, H a n s N lrich v, S ch,
uud Gräsiu Helena
von Hohenems,
44, HanS Ulrich nnd
D iouys ius v, Sch,
z u K iß legg uud N,
v, WeichS,
^, c^no: Hosgcricht
zu München,
Prozeß-
gattung Jahr
Cit, 1567
Maud, 1567
d,Pfnnd,
Cit, 1567
App, 1569
Mand, 1570
Cit, 1570
Mand, 1572
App, 1572
Mand, 1576
Mand, 1578
Mand, 1577
Cit, 1579
App, 1579
Gegenstand des Streites
Unbcsngter GerichtS-
zwcmg.
)zng des zehnten
Pfennigs,
^us cl<z non ovoeanclo.
Das Lehengut zn Loch,
Nächtlicher Ueberfall in
des Jmpctranten Be-
hausung,
Jnjuricu,
Zehentgcrechtigkeit im
Dorf Ainduruen,
Gütercxmissivn wegen
Schulden,
Einsall in die Herr-
schaft n, Flecken Kißlegg
Derselbe Gegenstand,
Jurisdiktion über die
hüsingcnschen Wälder u,
das Dorf Almcmshofen,
Privilegium wegen des
Weggeldes zn Wallers-
hof, u,Sicgcnshofeu (?),
Schuldfordcrnng von
2000 fl.
94 —
Rubrik
45, HanS Ulr ich v, Sch,
uud Urbanns Bvchcu-
thaler,
46, D iese lben,
47, H ans Ul r ich v, Sch,
und Grasin Helena zu
Hohenems.
48, D iese lben ,
49, H a n s U l r i c h v, Sch,
nnd Johann Friedrich
vvn Mvrsbnrg und
dessen Ehefrau Helena
v, Frciberg,
50, Arbogast v, Sch,
nnd Heinrich Graf zu
Fnrstcnberg uud Con-
sorten,
51, Arbogast v, Sch,
52, Heinrich v, Sch, zu
Hüs f ingen und
Münsterhauscn nnd
Erben des Wolf -
gang v, Sch, zu
Hüfsingen,
53, H a n s U l r i c h v, Sch,
nnd Johann Ernst nnd
Ferdinand von Bmim-
gartcn,
54, H a n S U l r i ch v, S ch,
nnd Ferdinand von
Baumgarten,
55, Hans Christ, Kinder
Vormünder,
56, A rbogas t v, Sch,
und Heinrich Rudols
Vogt/
57, „ W o l f von S o h n ,
H anns C h r i s t i a n
v, Schellcnbcrg"(?)
Prozeß-
gattung Jahr
Cit, 1579
Mand, 1587
Mand, 1580
Mand, 1586
Mand, 1587
Mand, 1591
Jnsin, 1591
Cit, 15S9
Mand, 1599
Cit, 1600
— 1600
Exect, 1602
— 1605
Gegenstand des Streites
Injurien nnd anderes.
Dasselbe,
Arrest auf Gülte» uud
Zehuten der Kirchen zu
Kißlegg u, Jmmeuried,
Besitz der halben Wal-
dung zu TetliShosen,
Jurisdiktion und Wirt-
schaftsgerechtigkeit in
dem abgeteilten halben
Teil der Herrschaft
tttnlcgg.
Bclehnungsvcrwcige-
rnng und Turbationen,
Eine Douation von
10,000 sl.
Väterliche Güter und
VormnndschaftS-Bestel-
lung,
Jurisdiktion iu der
Herrschaft Kißlegg,
Injurien,
Vormnndschafts - Bestel-
lung,
6000 sl Heiratsgut und
Witwengehalt,
Anordnung der Vor-
mundschaft,
— 95 —
Rubrik
58, Arbogast v. Sch.
und Hans Philipp vvn
Kaltenthal.
59, G a b r i e l D i o n y s v .
Sch, K i n d e r V o r -
niund er,
60, Hans Chr is tvph
und S a b i n a v, Sch,
61, B ä r t h , v, Sch, zu
H ü f f i n g en und Jo-
achim von nnd zn
Hausen nnd Cvnsorten,
62, G a b r i e l D i v n u S v,
Sch, K inde r V o r -
münder und Gottes-
hans Petershauscn,
63, H a u s Chr is tvph v,
S ch, und Helena Vogt
v, Summerau und
Pmsberg,
64, Derse lbe uud Beu-
jamin von Bubenhvsen,
65, Schwe ikard v, Sch,
zu Almenshofen nnd
Hausen von Wald —
nnd Michel Engcrs
und Consorten.
>!, -r c^uo: Landgericht
der Grasschast Fürstcn-
berg.
66, S a b i n a v, Sche l -
leuberg , gebor ne
von F re i be rg ,
67. .Kinder des F r i e d -
rich D i o u p s v. Sch.
Chronologisches Verzeichn!
Prozeß- ^ .
gattung ^"v^
Mand. 1605
— 1606
Conf. 1606
Cit. 1613
Mand. 1615
Mand. 1626
Mand. 1630
App. 1631
Conf, 1641
— 1658
Gegenstand des Streites
Schuldfvrderung vvn
3000 Pfd,
Anordnung einer Vor-
mundschaft,
Ein Vertrag über
10,000 fl.
Arbogastv. Schclleuberg
Kinder Vormundschaft.
Novalzchnten ini Dorf
DctiShosen,
Schuldforderung von
3300 fl.
Schuldsordenmg vvu
6000 fl.
Jurisdiktions-Jnkompe-
tenz wegen einer Schuld.
Eine (Schenkung unter
den Lebenden über den
Antheil am Gnt Ach-
stetten nnd Brunnen
vum poi'tiusiitiis.
Vormundschaft.
der die Herren v. Schellcnberg be-
treffenden Prozeßakten beim Kammergcricht zu Wetzlar, augesertigct vom
Hofrat Kleber daselbst a. 1812,
Landcsarchiv Vaduz. ?ase. B. 2. s««7
— 96 —
1534 Okt. 5. Durch Mitwirkung des Grasen Hngv von Montsort
wird zwischen den H e r r cn v v n S ch e l l euberg und vvn Frci-
berg, als Besitzern von Kißlegg einerseits — und den Herren
zn Svmmcrcm zn Praßberg und Lcnvvlz ein Vertrag ausgerichtet:
1. Es svll bei den vvu Kaiser Friedrich in betreff des niedern
Gerichts der Hcrrschasten Praßberg nnd Lenpolz festgesetzten
Grenzen sein Verbleiben haben uud unr die Guter zu Kin-
bach und jcuc aus dem Fnrtmühlcberg sollen hievon aus-
geschlossen uud den Besitzern der Herrschast Kißlegg mit dem
niederen Gerichtszwang zugethan sein.
2. Wenn wegen besagten Grenzen zwischen beiden Parteien
ueuc Mißverstäuduisse eintreten sollten, svll Graf Hngv
von Mvntsvrt nnd Tettnang Schiedsrichter sein.
Org. Perg. Siegel des Grasen. Fürstl. Archiv zn Wvlsegg
Nr. 3ö3. s«<i8
1535 A p r i l 11 . Gras Hngv von Mvntfvrt urkuudet, daß er, um
Streitigkeiten vorzubeugen, auf Bitten der betreff. Parteien (der
He r ren vvn Sche l l enbe rg zu K i ß l e g g und der Herren
von Praßberg zu Lenphvlz) daS Gebiet vvn Kißlegg in seinen
Grenzen genau bestimmt habe. Die Grenzen werden bis inS
Kleinste angegeben nach Hag uud Bach und Marksteinen ?c.
Das Siegel des Grafen hängt nnversehrt au dem Pergament.
Fürstl. Archiv zn Wvlfcgg Nr. 3t>2. s««!>
1535. Die Mehrzahl der Allgäner Aebte, Grasen und Edelleute
treten einem znr Vertheidigung des alten Glaubens errichteten
Bündnisse bei. Bei der Gründung dieses Bündnisses waren zn
Ueberlingen gegenwärtig vom Allgäuer Adel: Graf Hugo von
Mvntsvrt und dessen Rvtenselser Obcrvvgt Jakob von Dnnkerts-
weiler, U l r i ch und H a n s vvn Sche l l enbe rg -K iß legg ,
Friedrich vvn Freibcrg, Hans Vogt von Prasberg zu Lcupolz,
Hans Bnrkart vvn Weiler n. a. m.
Banmann III., 152. s « ? «
153V. Herr W o l f von S c h c l l c n b c r g verordnet in seinem letzten
Willen Z 3 :
3. vermacht er zn denen 2ö Pfd. Pfg. jnhrl. Geldes,
welcher seinen scel. Hr. Vorfahren schon für eine wochentl. hl.
Meß zn Kißlegg abgereiht, ferner 400 sl. nebst 40 Pfd. Pfg.
Der Zinß hievon svll unter 10 wahrhast arme Unterthanen dergestalt
vertheilt werden, daß sie die Obliegenheit haben, jeden Freitag
der Lntanei nnd hl. .Meßc, dann jeden Sonntag Predigt uud
Amt beizuwohnen, worauf so hin jedem am Freitag 2 kr. und
— 97 —
am Sonntage 4 kr., somit wöchentlich jedem 6 kr. ausgetheilt
werden solle, und zwar von den jeweiligen Kirchenpslcgern.
Chronik der Psarre Kißlegg, Anhang. j671
1338 M ä r z . 9. F r ä u l e i n B r i g i t a vvn S c h c l l e n b e r g ,
Tochter deS W o l f v. Sch. trifft eine Heirats-Abredc mit
Georg von Weichs zu Tasing.
Fürstl. Archiv zu Wvlsegg Nr. 650. j«7Ä
133i> A p r i l 15. L a u d s h u t . Herzog Ludwig vou Bayern, „Oberst
des christlichen BnndeS der vberläudischen Provinz", nimmt in
das ans Beseht des Kaisers „zur Erhaltung der christlichen Re-
ligion, allgemeinen Landfriedens nnd friedlichen Anstcmdcs" zu
Nürnberg am 10. Jnni 1538 geschlossene 11jährige Büuduis auf:
11 schwäbische Aebtc und Acbtissinnen, die G r a f e n Friedrich
v. Fiirstcnberg, Wolsgang nnd Hugo von Mvntsvrt-Rvtcnsels,
Georg von Lüpfen, Ludwig von Sulz, die F r e i h e r r e n Johann
nnd Dionys von Kvnigscgg, die R i t t e r U l r ich nnd W o l f -
gang vonSchc l l cnbe r g z u K i s lcgg (Brüden, die (N i ch t-
r i t ter) H a n s nnd B u r k a r t vvu Sche l l cnbe rg zu H ü -
f in gen und 17 audere vom Adel. Sie hatten 50 Reisige zu
Roß und ein Fähnlein Knechte, darunter wenigstens 300 Knechte
Persönlich sein sollten, im Nvtfalle zn stellen.
Bvdmcum 105ö. s«73
1343 Jänner 13. Vertrag zwischen den B r ü d e r n Wv l s nnd U l -
rich vvn Sche l l enbe rg vermöge welchem:
1. Ulrich seinem Bruder Wolf seineu ha l ben Anteil (also
den v ie r ten T e i l des Ganzen) an der Herrschaft Kiß-
legg und Waltershvfen gegen einen Kanfschilling vvn 22,000
fl. abtritt, wvgegen
2. der die Herrschast übernehmende Wols von Schellcnberg alle
ans der Herrschaft Kißlegg lastenden, vvn ihrem Vater nnd
Bruder Hans herrührenden verbrieften Schulden zn bezahlen
übernimmt. Fürstl. Archiv zn Wvlsegg Nr. 78. s«74
1344 Okt. 10. Nachdem W v l s von Sche l l enbe rg seinem B r u -
der U l r i ch am 13. Immer 1543 dessen halben Anteil an der
Herrschaft Kißlegg nnd Waltershoscn um 22,000 sl. abgekauft
hat, übernimmt er auch alle Schulden der Herrschaft Kißlegg, wo
hingegen Ulrich seinem Bruder Wolf den noch haftenden Rest
vvn dem zn bezahlenden Kanfschilling nachläßt.
Fürstl. Archiv zu Wvlsegg Nr. 1884. sv73
1344 . Das Stift Kempten kauft von Kaspar von Freibcrg die Vvgt-
stener nnd einzelne Gefalle in der Herrschaft Snlzberg, welche
— 98 —
der Verkäufer Kaspar von Frciberg uud sein Bruder Friedrich
von ihrer Schwester V e r o n i k a von Schel lenberg geerbt
hatten. (Also ist deren Svhn Hans Margnard vvr ihr und kinder-
los gestorben.) Baumann III. 273. sK7K
1344 . C v u r a d vvn S c h c l l c n b e r g zu H ü f i n g e n , des Hauseu
S v h n , stellt für sich nnd seine Geschwisterte den Lehen-Revers
aus uach Empfang des Mundelfinger Lehens.
St. G. A. X X X I . s«77
1343 M a i 9. W o l f vvn S c h c l l c n b e r g und sein Sohn H a n s
U l r i ch von S c h c l l c n b e r g , letzterer als G a t t e der F r a u
A n n a , geb. von W e i t e r , sichern dieser den Witwensitz im
Schlosse zu Kißlegg zu.
Fürstl. Archiv zu Wvlsegg Nr. 117. s«78
1343 Ju l i 10. Sc. Königl. Majestät Carl V. erteilen den H. G e -
b r ü d e r n U l r ich uud Wv ls vvu Sche l leuberg das ade-
liche Wappen der Herren vvn Kißlegg, welches, da der Kiß-
leggische Mannsstamm längstens schon ansgestorben ist, an Kaiser
und Reich hcimgesallen ist.
Beschr ieb des W a p p e n s der Sche l lenberg .
Ein Schilt von vier gelben oder goldfarben und, vier schwar-
zen gleichen Strichen überzwerch geteilt; auf dem Schilt ein
Turniershelm geziert mit einer roten und Weißen Helmdecke, dar-
auf zwei Büffelhvrn, das vordere weiß und das Hintere rot, die
Mundlöcher vou einander gewandt; nebst welchen vvn dieser Zeit
an vvn den Herren von Schellenberg als ihrem eigenen Wappen
in einem quadrierten Schilt, und samt den zweyen Thurniers-
hclmen und Kleinvten geführt werden darf nunmehr auch
das Wappen der H e r r e n von K i ß l e g g :
Ein gelber oder goldfarben Schilt, und in Mitte desselben
ein schwarz gehörnt Pantherthicr mit Ochsenhörncrn seinen vor-
dem cmsgerekteu greisen Waffen und Klauen zum Griff oder
Raub gcschikt mit aufgeworfenem Schwanz und Hangendem Bart,
aufgethanen Maul darausschlagcud drey Feuerflammen, auf dem
Schilt ein Thurnicrhelm geziert mit gelber oder goldfarber und
schwarzer Hclmdeken, daraus in einer gelben oder goldfarben
Krone ein Vordcrthcil eines schwarzen Pantherthiers mit ausge-
rektcn Füssen, Waffen, Klauen, Bart, Flammen und Gehürn, wie
im Schilt gcschikt. Chronik der Psarre zu Kißlegg. sK79
1343 Ju l i 10. Kaiser Karl V. verlieh den Gebrüdern U l r i ch und
W v l s g a n g vvn Sche l lenbcrg und ihren Erben die Gnade,
daß sie nebst ihrem erblichen Wappen und Kleinodien auch die-
— 99 —
jenigen der vor vielen und laugen Jahren ausgestorbeuen Herren
von Kißlegg führen dürfen. Datum 10. Ju l i 1545 „gegeben in
Unser und des Reichs Stadt Wormbs".
Die Wappen sind ausführlich beschrieben, aber mich ein Bild
(alte Zeichnung in Farben ausgeführt) augefügt.
Eine alte Cvpie im Archiv Kißlegg zu Wvlsegg. Mitgeteilt vom
Herrn sürstl. Wolscgg'schen Revisor Joses Schneider. s<»80
1547. Obschon^Schellenberg zu Waltershofcn und SigratShofcn die
hohe Gerichtsbarkeit hat, so darf es doch daselbst — laut Ver-
trag mit Kißlegg-Frcyberg — keinen Galgen errichten.
Chronik der Psarre Kißlegg. s«81
1517. (Bruchstück.) Zu wissen nnd thundt seie menigklich mit disem
brieff, als sich denn Etlich »erscheinen Jar her Zwischen» denn
Edlen Gestrengen und vesteu Herr U l r i ch R i t t e r V o g t t zu
V e l d kirch und wvlssen sürstlichcn hvs fmar ckschalckh
zu München ba id von S c h c l l e n b e r g Z u K i s l cgkh
ainer — und weilundt Friderichcn vvn Freyberg Zu kislegkh
seligeun annderer Par they. . . .
Zum Sibendeu, das aiu brugkh über denn (bach) süret, ge-
nant die Hoch brugkh vou den von Freybcrg Zu machen cmge-
zvgcn, ist aber selbig vvn bceden Partheien cmss beweglichen Ur-
sachen diser Zeit zn pawen ans gcheptt ansf weiter I n der von
Schellcnberg und Freyberg Jres guth geduntheus . . . .
KiSlegger Archiv zu Wolfegg, Fascikel 1887. s«8Ä
1517 April 29. Kißlegg. W o l f vou Sche l l enbe rg zu K i ß -
l e g g , fürstl. Mnrfchalk zu München, schreibt an den Sekretär
Jakob Tvlzmann zu Kempten, daß der Anteil seines B r u d e r s
U l r i ch nun an ihn gefallen ist, nnd bittet, daß die bisher in
dem schwebenden Span gegen die von Frciberg noch nicht ver-
hörten Zeugen abgehört, oder ihm wenigstens mitgeteilt werde,
weshalb die Sache ins Stocken geraten sei.
Reichsarchiv München, Schcllcnberg. Akten. O 8 Z
1547 Ma i 2. Wo ls von S c h c l l c n b e r g uud Ferdinand von Frey-
bcrg errichten mit Hülse vvn vier Herren vvm Adel einen Teil-
nngsbrief.
Erst l ich die Thailung im Schlvß (Kißlegg) betrefsent ist
durch die Vier ernannte Adels Personen also gethailt und ent-
schaidcu: Nämblich so man Zum nächsten Zum rechten inneren
Schloßthor, so ictzo im ansang dem vvn Freyber-g zu seinem Theil
zugetheilt worden, hinein in das Schloß gehet, stehet ein roter
Stein in der Manr Zu der rechten Hand, mit einem anßgehawenen
— 100 —
Creutz bczaichnct, vvn demselben Stein grad hinüber iu die nechste
Egg deß Thurns bey der Maur, alda die Alt Dürnitz gewesen.
Und von derselben Egg deß ThurnS der Manr nach hinumb bis
zn dem nechsten hvch Fenster gegen dem äusseren grabcu ivcrtz
gelegen, welche alte Manr dem vvn Schellenberg zugehörig, die
svllen und mögen. Er, seine Erben und Nachkommen, sv Sie in
künfftig Zeit Iren Theil Zn bawen in willen, wvl abbrechen und
vhngcvahrlich ein Classter ivcit vvn der alten Manr, wie sie ge-
standen, ein newe Manr gegen dem Vorgedachten hvchfeuster
Ivcrtz balvcn nnd ausführen, nach Jrem n»tz und guctcm be-
dunkhen nnverhindert deß von vvn Freybcrgs, seiner Erben und
Nachkommen, doch das die New Maur die Spitzegg des Thurns
am selben orth, als iu des von FrcybergS Theil, nit bedeckheu,
noch darfür gesetzt werden svllen. I n welche newe Manr vorgc-
dachter von Frcyberg, so Er seine Erbeu und Nachkvmmen Iren
theil Zu baweu auch iu willen, J r holtz Ivceckh als gctrem (Ge-
trömm) darein mauren zu lassen, guet suog und macht nnver-
hindert deß vvn Schellenbergs, seinen Erben .'c,
Wv aber der von Schcllcnberg, seine Erben und Nachkommen
keine newe Manr machten, sondern die alte Manr stehen nndt
bleiben lassen wollen, soll es alßoann gleichfalls mit cinlegmig
deß holtzwercks, wie mit der newen Maur gehalten werden,
Z n m anderen soll der ober Theil des Thnrns dem vvn
Schellenbcrg alleinig bleiben nnd Zngehörcn, und sv Er, seine
Erbeu :c, eiu Zimmer ald lvder) andere? daraus Zubawcu im
willen, deß haben Sie zu thu» guet suvg uud macht, doch das
Sie dcu Thue» Zu allen orthen Zugleich aufbawen uud kein
aufschütz noch liecht gegen deß von Freybergs thail nit machen
svllen Keineswegs, Deßgleichcn da es auf deß vvu Freybergs
theil auch und änderst nit gehalten werden solle.
Und dann der gefnnckhnnS im Thurn halben belangend, die
svll ictzv wie bishcrv anch hin fürv Zn ewigen Zeiten eine ge-
meine gefcinckhnnS der Herrschafft Kißlegg bleiben, haisscn nnd
sein, also das becde Thail dieselbe aus gemeinen Costcn ein an-
dern Zugleich helfsen nndcrhalten, doch svll der vvn Frcyberg :c,,
sv der vvn Schellenbcrg sein aufgemachten Theil (deß Er Zu
thuu bcsncgt) mit einer newen Manr einsahen, der gesangenen
halber einzulegen und außzulassen durch sein zugetheilt thvr und
hvs, den nechsten znm Thurn darzn und darvon gehen nnd fuhren
lassen, das alsv der Platz, Thurn und Thvr auf ciucmderu, wie
die alt Capcl gewesen, sambt den Männern nach außzaigung der
— 101 —
Marckhen gegen dem alten Schloßthvr wertz, gehört dem vvn
Freiberg, und dann die andern Platz und Mauern auf der an-
dern feiten gehört dem vvn Schellenberg zu, das derhalbcu jeder
sein Theil am Schlvß, dvch dem vbernanten Vorbehalt vhne
schaden, bawcn, nutzen und messen söllen und mögen, wie Ihnen
fliegt und eben ist vhn verhindert in allweg, Dvch sv der vvn
Schcllenberg vder seine Nachkvnnnen Ihren Theil am Schlvß zu
bawen iu willen, und d a r i n Hausen und wvhnen wo l len ,
svllen Sie ein nigen Thvr auf Jhreu Thail machen nnd auf-
richten, vhue deß vvu Freybergs schadeir
Alte Cvvie im fiirstl. Archiv Wvlfcgg Nr, 1291, stt84
1547 M a i 14, R i t t e r U l r i ch vvn Sche l l enbc rg zu K i s -
legg, österreichischer Vvgt zu Feldkirch schreibt an den Rat der
Stadt Lindau, Hans Nagel vvn Lindau habe die kaiserl, Maje-
stät v, Oesterreich lästerlich verhöhnt und beschimpft; er fordert
den Rat der Stadt ans, den Lästerer zur Verantwortung zu
ziehen, Autwort des Stadtrates: Sv etwas zu hörcu sei ihm
sehr leid; aber der Beschuldigte leugne entschieden, solches ge-
redet zu haben. Lindaner A, Schcllenberger Akten. s<i85
1517 . G c b h a r d vou S c h c l l c n b e r g zu Hü sin gen, Bruder
des verstürben»! K v u r a d , empfängt das Mnndelfingcr Lehen
und stellt darüber den Revers ans.
St. G. A. X X X I . j68<»
1549 Febr . 2 3, Der österreichische Statthalters - Nmtsverwallcr
schreibt ans Innsbruck an den Abt vvn Kemptcn: der Abt habe
im Novcmbcr dcs vorigen Jahres (1548) nach Innsbruck ge-
schrieben, daß die österreichische Landvvgtey in Schwaben gegen
W o l f vvn S c h e l l e n b c r g , bairischem Marschall nnd Ferdi-
nand von Freiberg gütlich zu verhandeln sich wieder bemühen
wolle. Man bitte also den Abt, einen Tag zur Vornahme des
Ilngenschcincs zu bestimmen. Ans Wunsch beider Parteien soll
dies iu dcr crsten Fasteuwvche geschehen.
Reichsarchiv in München. Schcllcnberg. Akten. jti87
1549 Okt. 8. U l r i ch von S c h c l l c n b e r g zn K iß legg ruft
den Abt von Weingarten um seine Vermittlung au im Streite
mit dem Trnchseß Georg vvn Waldbnrg wegen des Hcnzehctens
zn M i s s e n . Die Sache kam aber vor das Rcichskammergc-
richt. Vvchczer, Gesch. des HanscS Waldburg II. 799. s«88
1550 . (Bruchstück auS ciucm Cvmprvmiß) Dan sür das
ander. Nachdem sich etwas Spcnn Undt Irrung Zwischen
beeden Thcyllen gehalten, von Wegen besctznng des gerichts Zu
— 103 —
Kißlcgg, alsv das die F r a w W i t t i b V v n F r e y b e r g iu der
bcsatzung, sv nervlicher Wcyl bcschchen svllen, einen gennnt En-
driS Wucherer sv man sunst dem bayrS Endcrs nent, I n das
gericht setze» Wellen, das sich aber der vvn Sche l l enbc rg
beschwerst N»d Verwidcrt, Vermeint Er svlle I n ruhe gelassen
werden, aus Ursache», das Er vcrschineß Jahrs als ein Richter
dem gericht schmählich Zngercdt, deS gerichts Annuans Pvte ver-
acht Uudt sich sunst in ander wccg ungebührlich gehaltcu haben
Undt derselben gestrast iverden svlle. Damit aber Unaugeschen
solliches Spanns das gcricht gesetzt, gericht Undt recht gehalten
werden, haben aus heut dato bcedcr Partheyen sambt den bc-
schribencn Frenndschasstcn sich des Verglichen Undt Vereiniget,
das diß mahls vbgenanter Bayers Enderle Ricbig gelassen Undt
snnst das gcricht aller Ding mit crstcm besetzt werden svll, wie
mit alltcr hcrkommcn. Sv dan der von Sche l l enbe rg ver-
meint, das Er ErudriS Wnecherer was straswiirdig begangen
Uudt verschuldt, svll Undt mag Er Von becder herschast Ambt-
lenthen desselben Rechtlich sürgeuvmmen lind beclngt Und Was
Er mit Recht verlustig, desselben gestrafft werden.
Kisleggcr Archiv zu Wvlsegg Fascikel 1887. s«89
1550 . Bilger vvn Rischach, Cvnrad vvu Bvduia», als Vormünder
deS J ö r g vvu S c h e l l e n b c r g zu Hü f i ngeu , deS Sohnes
des verstorbenen C v n r a d v. Sche l l euberg , stellen in dessen
Namen den Lehen-Revers anS.
St. G. A. X X X I . s«90
C. 1550 . Wahrhasstcr Extraet uß deß Wvl edlen, gcstreugcn Jungk-
hcrrn G c b h a r d t s v. S c h c l l e u b e r g Lägerbuch, wie wyt
desselben zwing nnd Bähn zu Gallingen gangen: Erstlicheu Pott
verbvtt bis gehn Dicsseuhvfsen an die Linden oder brngg, dem-
nach den Rhyn hinab bis au dic Lang nnd nnder der Laag gc-
rechtigkeit daß Vych zu trengken nnud durch dic Rhyn wiß
trybcn, welichcs dan gemeiner tnb ist; auch Gerechtigkeit vvn
der Ryhn wiß hinanss zu dem.Marchstciu ob dem Scelvedel der
Straß nach hiunsf biß an den P-chn Marchstein, stoßt an Stcssan
SchmidtcS ackcr von Dvrflingen, au einem theil, unnd hinüber
nnde» an Spitals ackcr vvn Diessenhossen, anderntheils und vvn
genanntem Marchstcin hinab, nndcr der Straß bis an Ryhn, ist
ein gemeiner Weidgang, wytter ob dem vilgemelte» Marchstcin
nuder der Straaß; »und dicS uach anzeignng etlicher March-
steinen einaudereir nach bißan des von Fnlachs Holtz ist bot nnd
verbot myues Juugherru. jetzt zwüschcndt deß vvn Flilachs uud
103 —
der wiiltzellercn hvltz, den marchsteinen nach biß nfs den Stein
der zwüschend deß vvn FulachS, deren von Dvrflingen und win-
zellcr statt, ist bot nnd verbot mhnes Jnnghcrren,
Staatsarchiv Zürich O, III, 3, Nr, 309,
Gütige Mitteilung deS Herrn Staatsarchivars vi-, Nabholz,
>^«91
1331.. F r e i t a g vor J n v o k a v i t , H a n s U l r ich von S c h c l -
l cnbe rg zu K i s t egg stellt namens seines VaterS W o l f -
gang v, Sch, zu K, einen LehcnrcverS ans. Sein Vater hat
dieses Lehen (Kislegg) vvn seinem Brnder U l r ich geerbt.
St. G. A. XXXI. S . 816. sM)2
1331. Revers vvn H a n s U l r i ch von Sche l l enberg als Lehcn-
tragcr seines V e t t e r s W v l s gang v. Sch. unter Abt Dict-
helm. Hat inue alle Lehen Ivie im Revers v. 1533.
Stistsarchiv St. Gallen, Fascikel 9. s«9Z
1531 Aug . 1. Bürgermeister und Rat der Stadt Lindau be-
scheinigen uud siegeln ein kaiserliches Privileg,, das der Ammmm
der Frau Salvmc vvu Freiberg, geb. vvn Schvncm, Ferdinands
vvn F r c i b c r g zn K i s l e g g nachgelassene Witwe und deren
Tochter Helena von Frcibcrg vorweist, Sie besaßen den halben
Teil vvn K i s l e g g , Ihr Vater Friedrich hatte ihn von B a l-
thasar von S c h c l l c n b e r g gekauft, Kaiser Maximilian I.
hatte die von S c h e l l e n b c r g und sie und alle ihre Unter-
thanen, freie Lcnte und Hintersaßcn der Herrschaft Kislegg für
von alleu fremden Gerichten frei und ledig erklärt, 1535 be-
stätigte Kaiser Karl der V, dieses Privileg,
Lindauer A, Schellenberger Akteu, stt!)1
1552 . (Bruchstück aus einem Cvmpromiß), „Dan für das ander
belangt anfvrderung Undt Zuspruch, so Wvlss von Schc l -
l cnbe rg Und dan Hannß Wucherer Zu Luttersee Gerichts Am-
mann Undt die Richter des genchts Zu Kißlegg Zu Undt ab
Enderissen (Andreas) Wucherer geuampt Bayr Zu Kislegg ge-
sessen haben vvn etlicher Wvrt, so ernannter Endris Wucherer
gedachten gerichts Ammann Undt den Richtern Zne gercdt haben
soll, habcn sich usf heut bedt Herrschaften Undt vvn wegen der-
selben die obgemelten H a n ß U l r i ch von Sche l l eube rg Undt
der Frawen Wittib Undt Ihrer Tochter Vogt Undt Vormünder
des mit einander vereinigt," , , , Es soll durch ein von beiden
Herrschaften gewähltes Schiedsgericht ein Vergleich zustande ge-
bracht werden,
Kislcgger Archiv zu Wolfegg, FaScikcl 1887, s«S5
— 104 —
133Z. I n diesem Jahre stirbt A m a l i a von Sche l len b erg, Ge-
mahlin des Balthasar Adelmann vvn AdclmauuSfcldcn nnd mied
in der Pfarrkirche zu Schcchingen begraben,
Ergänzungen zu Jausscns Geschichte des deutschen Volkes,
Band 1 I „ Heft 1, S , 15, sttiX»
1534 . H a u s U l r i c h s vvu Schc l l cnbe rg zu .K is legg Ge-
mahlin A n n a vvn W e i l e r hat aus Schlvß Altcnburg (auch
St, Gallisches Lehen), das im Besitze ihrer Brüder ist, ein Ka-
pital vvn 6000 fl, ' St, G, A, X X X I , I«N7
1333 März IS, I n dem Prvzcsse, welchen Truchseß Heinrich v, Wald-
bmg sür sich nnd seine Untertanen zn Einthürnen mit Wolf-
gang vvn S c h e l l e n b c r g zu K iß legg wegen des Zehnten
in E i u t h ü r n c n vor dem geistlichen Gerichte zn Kvnstnnz sührte,
spricht sich dieses gegen den Truchseß ans, (Dieser appellierte an
den Erzbischof in Maiuz und, da auch dieser gcgeu ihn entschied,
nn dcn Papst,)
Bvchezer, Gesch, deS Hauses Waldbmg 11, 81S, <̂i«>8
1 3 3 3 . Des Herrn Ulr ich von Sche l lenberg allerunterthänigstes
Gesuch bei S , K', K, Majestät Karl V,, ciucu eigenen Zoll zu
Waltershvsen errichten zn dürsen,
1333 Fcbr, 15, Kaiser Karl V, erteilt Herrn U l r ich von Sche l len -
bcrg ans sein allerunterthänigstes Bitten die Gnade, vvn allem
Fuhrwerk, welches durch dic Gerichte Waltershvsen nnd Sigrats-
hvfcn gchet, aus ein jcdcS Pscrd 6 Hcller Wcggcld zu sordcrn,
wvsür aber dic Straßcn immer iu gutem Stande vvn den Herren
vvn Schellenbcrg erhalten werden sollen,
Chrvnik der Psarre Kißlegg, Anhang, s<»i)i>
1333» Svnntag Laetarc, Der Landrichter Kaspar Klcckcr schreibt an
den Abt vvn Kemptcn, als den Statthalter der östcrr, Lande,
Tag war vvm Abt angesetzt wurden aus Palmsvuntag uud aus
Mvutag nach Laetare zn Kempten in Sachen zwischen H a n s
Ul r ich vvn Sch e l l c n b erg-zu K iß l egg und den Vögten
nnd Vvrmüuderu dcr Tvchtcr des sel, Ferdinand von Freiberg,
Der Streit ist wegen des Hintersäßcn Hans Wvchner vvn Arißried,
Es wird dem Abt ferner angezeigt, daß seit einem Jahr der
Landvvgt befohlen habe „Ihre Neun Jnn der Herschaft Kißlegg
gesessen, umb das Sv außer dcr Landvogteu Obeekeit einen ent-
leibten Körper in die Hcrschast Kißlegg geführt, als einen Über-
griff mit Landgericht sürznnchmen; Ivclches gcschchcn. Darauf
dic vvn Schcllenberg und von Frcibcrg dic gcladcnen ihre Unter-
thanen mit Vorlegung ihrer Freiheiten abgeordnet. Aber ans
— 105 —
vvrgcwandtc Exemptivn sci das Landgericht vvn Innsbruck aus
für zuständig erklärt wvrdcu. Die vvn Schellenbcrg nnd vvn
Freiberg aber avpcllicrtcu an das taiscrl, Kammcrgcricht, ES
gab Termine, Verhöre, Akten nsw. Schließlich wnrden die Appel-
lanten „in die Acht verklagt" nnd angewiesen, ihr Recht vvr dem
vrdentlichen Oberrichter zn sucheir Daher suchten die vvn Schellen-
bcrg nnd vvn Frciberg nm gütliche Verhandlung nn, was vvn
der vstcrr, Regierung angenommen wvrden sei.
Bald darauf aber habe dcr schellenberg, Amtmann zu
WaltcrShofeu den Landgerichts Knecht zn Jsny nm GerichtSkvstcn
vvr daS Landgericht daselbst citiert, auch Bürgermeister uud Räte
zu Wange» den HanS Wvchner vvr das Landgericht geführt,
beide vvn denen vvn Schcllenberg und vou Frciberg abgefordert
usw, Sic appclierten wieder au daS Kammergcricht, zogen aber
ans Berwcndcn dcs Abtcs die Appellation zurück.
Der Landrichter verlangt nnn vom Abt, znerst müssen die
beiden Hcrrschastcn dic Rechte nnd Zuständigkeit des Landgerichtes
anerkennen, ehe eine gütliche Vereinbarung möglich sei. Er bittet
nm Meiunugsänßeruug,
RcichSarchiv München, Schellenbcrg, Aktcn, s7<l>O
1555. Sonntag nach Lactarc, Der Abt von Kempten nn den Land-
richter in Schwaben ans Leutkirchcr Hcid: Dcr anberaumte Tag
au Palmsonntag und Montag bleibt bcstimmt. Dabei werde
nicht daS Verhältnis zwischen den beiden K iß leg g 'sch eil
Herrsch asten nnd dcr Landvvgtci besprochen, svndcrn svllen
nur, dem Willen der kaiserl, Regierung gemäß, dic svceiell akuten
Streitsälle beigelegt werden, Dcr Abt habe ohne dem später
vielleicht keinc Zeit mchr dazu, da cr bald eiuc Reise werde an-
trete» müsse»,
Reichsarchiv München, Schellenberg, Akten, s7O1
1555 Mai 1, Herr Wv l s v v n- S ch e l l cnberg stistet sür 10 dürftige
Menschen zn Kißlegg ein ewiges Almvscn nnd zwar fvlgcndcr
Art :
Es svllcn ncmlich allc Jahre und zwar alle Frohnsasten
durch den jeweiligen Mcßncr zu Kißlcgg 13 fl 15 kr iu Summa
also jährlich S3 fl unter den Armen verteilt werden, sür welche
Bemühung der Mcßncr alle Jahr 1 fl zn beziehen habe,
Znr Sicherheit dieses ewigen Almosens wird vvn besagtem
Herrn von Schellenbcrg dcr St, Gallen Fabrik zn Kißlcgg ver-
vsändct: 1, Ein Gnt zn RcipertShoscn, 2, vier Güter zu Brunnen,
— 106 —
3. zwei Güter zn Freybvlz, 4, der eigene Zehcnt zn ScehanZ.
Die Armen hat dcr Älteste von Schellenbcrg zn bezeichnen,
Chronik dcr Pfarrc Kißlegg und
fürstl, Archiv zu Wolfegg Nr, 2023 s702
1350 . G e b h a r d vou Sche l l enbc rg zu H ü f i n g c n stellt nach
J ö r g s v, S c h c l l c n b e r g s srühcm Tode wieder den Lchen-
rcvcrS ans. St, G, A, X X X I , j70Z
Lehenrevers um obige Schmidtcn zum Dürren sambt dem
Haus und Garten under Abt Diethelm vvn Jakob Hübli als
Lchenträger H a u s U l r i ch v, Sche l l enbc rg ,
StistSarchiv St, Gallen FaScikel 9, s 7 0 1
155V. Gewalt von H a n s U l r i ch vvu Sche l l enbc rg , in dem Er
bekennt, daß die Schmidtcn zum Dürre sambt dem Haus, Hvf-
stadt und Garten daran gelegen recht Lehen syn,
SliftSarchiv St, Gallen, FaSeikel 9, 7 0 5
155K Nvv, 20, Die vvn Sche l l enbe rg zu K iß legg stchcu seit
langem im Streite mit dem Truchsesscn von Waldbnrg^ (Heinrich
v, W, als Vormund dcr Kinder seines f Bruders Georg) wegen
des Jagens in Linderholz, Abt Gcrwick vvn Weingarten nnd
dcr Dcntschordcnskvmthnr Sigmnnd vvn Hvrnstein als kaiserliche
Kvmmissärc briugcu au vbigcm Tage zwischen beiden Teilen
einen Vertrag zustande. Darnach sollte die Herrschaft Wolfcgg
dic forstliche Obrigkeit und Strafe und Buße iu einem genau
bestimmten Bezirk erhalten; dagegen soll der Herrschast Schellen-
berg innerhalb dcr bestimmten Grenzen daS Mitjagen gestattet
sein, Anch solle Schellenberg besugt sein, iu besagten Grenzen
Holz zu hauen und zu bannen. Übrigens solle diese Wvlfegg'sche
forstliche Obrigkeit deu F r e i h e r r e n vvn Sche l lenberg in
i h re r svnstigen hvhen und n iedc ren Ger ich tSbarke i t
nicht im ger ingsten P r ä j u d i c i e r l i c h sein,
Vvchczer, Gesch. des Hauses Waldbnrg, II, 816. 7V«
155<i Sept. 8, H a u s Ul r ich v, Sch, zu K i ß l e g g bekennt, von
BaltnS Walther die Schmiede znm Düren samt dem dazu ge-
hörigen „Gütli" erkanft z» haben. Der Abt vvn St, Gallen
bestätigt diesen Kans (die Schmiede war ciu Lehen St, Gallen)
am Samstag vvr Matthäi,
St, G, A, X X X I . 817. s707
1557. Lchenrcverse under Abt Diethelm:
1. Vvn Thvma Walther zum Dürr für sich, sciue Mütter und
Gcschwvstrigten, darin er empfangt Ihren Theil an dem
Hof nnd gclcgncm Gnt znm Dürr mit Hans, Hvfmithin,
— 107 —
Stadel, Spicher, Gärten, Brücken, Äcker, Wyseu, Hvlz,
Waldt, Wnnn, Waid, Thrib, Thratt, Weyer, Weycrstättcn,
Wasser nnd Wasserrccht, sambt dem Zoll über die Argen
nnd desselben auch all anderer gcrcchtigkeit, so dazu gehörig.
2. Vvn HanS Burger, empsangt ein Theil deß ganzen HvfS
und gelegnes GnvthS znm Dürren, als sein Haus, Hosrnithe,
Stadel, Speicher. Gärten, Brücken, Äcker, Wysen, Hvlz,
Bcldt, Wnnn. Waidt, Thrib, Thratt, Wasser, Wasserrccht
sambt seiner Gebrüder gerechtigkeit deß Zvlls über die
Argen daselbst, auch all ander ein nnd zu gehördts.
3. Martin Junggin als Leheuträgcr, ElSbethä Walterin zum
Dürr empfängt vvn Abt Diethelm sein Theil an dem Hof
nnd Gouth zum Dürren mit HanS, Hofstadt, Äcker, Wysen,
Hvlz, Veldt und mit aller zngehvrdt sambt der gerechtigkeit
des Zvlls über dic Argen.
StistSarchiv St. Gallen Fascikel 9. j708
1557 Jänucr 27. H a n s Ul r ich v. S c h e l l c n b c r g zu K i ß -
legg :c. Ulrich Ott, freibcrgischer Amtmann zn Kißlcgg im
Namcn dcr Junker und Vvrmündcr bittet den Rat vvn Lindau,
er möge den Michel Merkh, der ein Kißlegger Unterthan beim
Landgericht zn Jsny belangte nnd ein Mandat des Gerichts
erwirkte, wvnach dic Herren vvn Kißlcgg ihm zn seinem ver-
langten Rechte verhelfen sollten — zn verhalten, beim Kiß-
legg/schen herrschaftlichen Gerichte Recht zn suchen.
Lindauer A. Schellenbcrger Akten. s7M>
1558 Jänner 20. H a n S U l r i ch v. Schc l lenb e rg zn K i ß l c g g
und W a l t e r s h v s e n bittet den Stadtrat vvn Lindau ciue der
Stadt leibeigene in Kißlcgg wvhnhaftc Armc ans dcr Leibeigen-
schaft zn entlassen, oder, wenn man das nicht wvllte, sie gegen
ihre Tochter, welche in Linda» wohnte und ihm dem Herrn v.
Schellenberg, leibeigen war, cinszutauscheu.
Liudauer A. Schetleuberger Aktcu. 710
1558 . „ I m Jahre 1558 starb zu Kißlegg in seinem 7 t. Lebensjahre
der edle Herr U l r ich von Sche l l enbe rg , Ritter.
Die Geschichte liefert vvn diesem großen Manne folgendes l
(er ist neinlich in einer Sammlung der berühmtesten Männer
nnd Helden seines Zeitalters nach dem Leben in Knpfer ge-
stvchen, woselbst aus der Rückseite, iu schön lateinischer Sprache
zn lesen ist:) „An diesem heroischen männlichen Angesicht nnd
langen Haar, auch an dessen Kleid nnd langen Rock wird der
weit berühmte Herr Ulrich vvn Schellcnbcrg erkcnnt, welcher auS
— 108 —
dem uralten und edlen Geschlecht deren vvn Scha lamvu t
seinen Ursprung hat, und vvu seinem Vater He inr ich vvn
Sche l l enberg (nachdem er ansänglich zn Hanse dic wissen-
schaftliche» Ansangsgründc erhalte» hat) »ach Pavia und Bvnv-
uieu auf die hvhe Schule geschickt worden ist, allwv er auch
beide Rechte studierte.
Da er uach vvllendctcr litterarischer Lausbnhu uach Hause
zurück gckehrct war, entschlvß er sich, vbschvn er bereits Jurist
war (wclchcS der seltenste Fall ist) auch dic Kricgsknnst zn er-
lernen, nnd avancierte gar bald als dcr vvrtrcsflichste Svldat
znm wirklichen Obrist,
Allcn Feldzngcn, die Kaiser Maximilian t, zur Wieder-Er-
vbernng des Herzvgthums Mailand gegen dic Frnnzvsen in der
Lvmpartie sürgenvmmen, wvhutc er bei, und »>»rde durch seine
stets crprvbtc Tapferkeit bci dein Kaiser sv beliebt, daß Er ihn
zum Ritter geschlagen, nnd svhin unter seine Hvs- nnd Kriegs-
räthe ansgcnvinmen hat.
Unter seinen merkwürdigsten Thaten vcrdicncn fvlgcndc
dcr Nachwelt mitgeteilt zn werdein
1, Als Kaiser Maximilian im Jahre 1512, nm dic Franzvsen
anS dem Herzvgthum Mailand zn verdrängen, durch den
Cardinal vvu Svon vdcr Sitten in WalliS 6000 Eidgc-
nvsscn nugcnvmmcn, hat Er deren Cvmmnndv vvm Reichs-
tag vvn Trier ans, dcm tapscren nnd in der Kriegskunst
crsahrene» Herrn Ulrich vvn Schellenberg übergeben, welcher
auch ganz entschlvssen sich diesem Cvmmandv unterzog. Er
führte uuu die Eidgcnvssen durch die Grnsschaft Tyrvll uud
daS Trientischc Gcbürg nach Italien nnd daS Gebürg vvn
Vcrvnn, nllivv er eine französische Trupp unter Ansührnng
deS Obristcu Uoiisivur ctollu 1'aliüi?Ä bei der Etsch zurück-
geschlagen, sie svsvrt ans dem Fuße versvlgt, bis uach Pavia
getrieben, daselbst ansänglich belagert, sofvrt anch ans dieser
Festung verjagt nnd sie endlich über das Alpcngebürg bis
nach Frankrcich verfolgt, nnd dann als Sieger dem Kaiser
Maximilian das Herzvgthum wieder übergeben hat,
2, Da Kvnig Ludwig vvu Frankreich — welchen dcr Verlust
deS Hcrzvgthums Mailand innigst schmerzte — ein großes
KriegSheer uuter Ausührnug seiner berühmtesten Feldherrn
(vder damals Obristcn) deS Trivultii und Tramnlii neuer-
lich nach Jtalicn marschicrcn ließ, nnd dicsc bereits vvr dic
Stadt Mailand gekvmmen, gerieth MaximilianuS Ssvrtia
— l09 —
wegen deS nnvcrmuthctcn Abfalls dcr Bürger in einen
solchen Schrecken, daß er mit den Schweizern Mailand ver-
ließ, nnd nach Navarrv (!) zog. Hier wnrde er vvn den
Franzosen belagert, die Stadtmauern durch da? feindliche
grvbe Geschütz theils niedergestürzt, theils durchlöchert, und
dennoch ließen die Schweizer durch dic Tapferkeit ihres
Anführers, deS Herrn von Schcllcnberg nicht nur ihren
Muth nicht sinken, sondern entschlossen sich vielmehr,
daS feindliche Stürmen uuvcrzagt zu erwarten, zn welchen
Ende sie dic thcils niedergeworfenen, theils start durchlöch-
erten Stadtmauern dnrch sürgcspanntc Leintücher verbargen.
TrivnltiuS über diesen Muth nnd Standhastigkcit ganz in
Erstaunen gesetzt, gctrancte sich nunmehr nicht, — obschon
er zum Stürmen seine Mannschaft gänzlich in Ordnung
gestellt hatte, — einen Stnrm auf die Stadt zu wogen,
sondern zöge sich vielmehr widrum zurück. Kaum aber sahen
dieses die Belagerten vvn Navarra (!), sv machten sie einen
kühnen Anssall, griffen den Feind an, verfolgten ihn unauf-
haltsam, uud — obgleich auch auf ihrer Seite viel Blut
geflossen — erhielten sie daS Feld und den Sieg.
3. Gleichen Ruhm ärudtcte Schellenberg bei jener Schlacht,
wclchc die Kaiserlichen bei Vincenz (!) dem venetianischen
General-Obristcn Livianv lieferten, und wo Schellenberg
einen Fahncn Rcnter anführte. Gleich nachdem all' armi
geblasen ward, riefe ihm einer dcr Fcinde spöttelnd zn:
„Er svlle seine Feder stark fassen!" woraus er seine Lanze
schüttelnd erwiederte: „eS sollte uur Jeder ihm unerschrocken
nachfolgen:" Er war sosvrt dcr Erste dcr ausgesprengt,
nnd den Ersten der anS des FeindeS Hänfen ans ihn traf,
nicht nnr ganz herzhaft svndcrn gleichsam mit Übcrmuth
vom Pfcrdc rannte, sofort in den Feind eindrang, und da
ihm seine Lanze gebrochen, sv lange dem Feind mit seinem
Knriß nnd Schwcrdt zugesetzt, bis sein Pserdt unter ihm
crstvchen wordcn, nnd cr mit ihm zn Boden stürzte. Er
raffte sich aus, sochtc zu Fuß gleich tapser, verlohr sich aber
zu weit unter den Feind, wnrde gänzlich umringt uud end-
lich mit 3ö Wunden bedeckt aus den Platz hingestreckt, wo
cr unter den Erschlagenen bewußtlos liege» geblieben. Nach
gecndigtcr Schlacht nnd dem vom Kaiser erfochtenen Siege
wurde er lauge, von den Sciuigeu unter den Erschlagenen
anfgcsncht, cndlich halb tot gefunden, aufgenommen, nnd in
— 110 -
daS Lager getragen. Obschvn man seine Wunden verbnnden,
bcincbcns aber an der Wicdcrgcncsung keine Hvssnnng hatte,
wurde er dennoch dnrch den General Obrist deS Kaiscrl.
HcereS, Herr» Raimund vvn Cardvna, damit er für die in
letzterer Schlacht bewiesene Ritterliche Thaten mit der ge-
bührenden Ehre nvch gckrvnct werde, znm zweitenmale zum
Ritter geschlagen.
Diese sind die vorzüglichsten Thaten Herrn Ulrichs vvn
Schellenbcrg unter Kaiser Maximilian.
Sein kriegerischer Geist ließe ihn aber uoch uicht ruhen, und
er trat daher auch iu dic Kriegsdienste Kaiser Carls des Fünften,
und zwar meldete cr sich zn jenem Feldznge, welcher nm dic
Franzvscn ans dem Hcrzvgthnm Mailand abermals zu vertreibe»,
und darein den Herzog Franeiscnm Sfvrtiam als in seine väter-
liche Erbschaft einznsczen angefangen wurde.
Der Kaiser hat durch vbbcsagteu Kardinal vvn Sitten Ver-
wendung etwelche Schwcizer-Rcgimentcr 14000 Mann stark iu
Sold erhalten, weil aber — dn die Päße und Wege alle versperrt
warcu — sich niemand nutcrsaugeu wvlltc, dieses Cvmmando zn
übernehmen, und dicscs CorpS nach Italien zn führen, wnrde
Ulrich vou Schellenberg durch den Grafen Rudvlph vvu Sulz
uamcnS deS Kaisers nm die Übernahme dieser Anführers Stelle
ersucht, wclchc er auch gutwillig übernahm. Er führte also seine
unterhabende Schweizer — bei welchen er ohnehin schvn in
größtem Ansehen war — glücklich nach Italien, und crvbertc
mit selben daS Herzvgthnm Mailand, worein svsvrt der Franciscns
Sfvrtia allcin anS Gnade des Kaisers wiederum eiugcsezct wurde.
Nachher hat sich der Herr Ulrich vou Schellenbcrg nvch bci
vielen anderen Zügen befunden, nemlich bei dem glvrreichen Sieg,
der über die Franzvscn alla Picvcca crfvchtcn wvrden. Bei der
Schlacht vvn Pavia, allwv der König Franeiskus vvn Frankreich
gefangen wurde, und endlich bei der Belagerung dcr Stadt
Wien, wo dcr türkische Tyrann Svlymann mit Schaden nnd
Spvtt abzuziehen genöthigt wvrden ist.
Dieser Herr Ulrich vvn Schellcnbcrg — damit man cs kurz
mache — ist mit allen svwvhl politischen als kriegerischen Eigen-
schaften, einer keineswegs geschwäzigcn, wvhl aber aus hohem
Verstände hcrsließendcn Wvhlredenheit, wie mich untcr
Soldaten mit ciucr schönen wohl prvporrionirtcn Gestalt vvn
Gvtt begabt gewesen, nnd hat Jedermann, in allen Fällen,
— 111 —
geschwind und scharpssinnig zn antworten gewnßt, sv wie er auch
zu höflichen und artigen Scherzen auferlegt war.
Als ihu einmal Einer wegen den vielen an seinem Leib
habenden Masen uud Wuudmälcrn genckt, als vb selbe vvn der
Krankheit — die Franzvscn genannt — wären, hat cr ihm
geantwortet: „Diese Masen. sind Zeugen meiner Redlichkeit und
Maunheit, daß ihm dem Feiud damals unerschrocken begegnet
bin, da dn hingegen ans einem guten, wohllanfcnden Pferd daS
Vcrscngeld geben, nnd deine Hnnt ganz behalten hast."
Nachdem er mm des Kriegswesens satt war, hat er seine
noch übrigeu Lebcustage zu Haus in Ruhe zugebracht, uud end-
lich nachdem cr daS 71. Lebensjahr erreicht hatte, im Jahre
1558 sein Leben zn Kißlcgg sclig beschlossen, wo sofort sein
Leichnam in dem Chor der Pfarrkirche allda beigesetzt wurde."
Chronik dcr Pfarre Kißlcgg. j711
1558 Nov. 9. U l r ich vou S c h c l l c n b e r g gibt dem Freiherr»
Eberhart von Freiberg zum Eisenbcrg uud Haldcnwaag, Vor-
mund öer Frau Helena vvn Freybcrg zn Kißlcgg dic Begünsti-
gung, einen Brunnen durch den schellenberg. Gruud uud Bvdcu
in die Behausung nnd den Hof seiner Vvgttvchtcr leiten zn dürfen,
unter der Bedingung, daß dieser Bruuuen dem Flecken Kißlegg
auch zur Hälste zustehen solle. Auch müsse er vvm Ursprung au
ans gemeinsame Kvstcn bis znr Linde nnd Tcilsaul vor dem
Flecken gcsührt werden.
Fürstl. Archiv zn Wolscgg Nr. 1133. s712
1559 Ma i 9. Kaiser Ferdinand belehnt die Gebrüder H a n s
U l r i ch und D i v n y s von Sche l l enberg mit dem Markt-
recht, Gericht, Stock und Galgen samt dem Bann über das Blut
zu richten in dem halben Teil der Herrschaft Kißlegg.
Fürstl. Archiv zu Wvlsegg Nr. 3 l48. s?1Z
15K9. Lehenrcvcrs deS Ul r ich und D y v n i ß y Gebrüder von
Sche l l enbe rg under Abt Dicthelm. „Hat alle Lehen wie iu
deu Rcvcrseu vvu 1533 uud 1551 iu."
Stistsarchiv St. Gallen FaScikel 9. s714
15V9. Das Dvrs Hcimbcrg (Bisthum AngSburg) kommt in dcn
Besitz der Sche l l enbe rg er.
Stcichle, Gesch. d. BiSthnms Augsburg B. 2, S . 56. s715
15<M. M v u t a g nach R c m i n i s c e r e . HanS Ul r ich und
D i v n y s Gebrüdc r vvu Sche l l enbe rg zn K i s l e g g ,
Söhne des f W o l f g a n g , erhalten daS Kislcgg'sche Lehen nnd
stellen darüber den ReverS aus. St. G. A. X X X I . >71<»
— 112 —
13Ml> Dez, 2, „Zwischen Trnchscß Heinrich nnd den Gebrüdern
HnnS U l r i c h nnd D i v n y s rr Sche l lenberg zu K i ß -
legg hatten sich verschiedene Streitigkeiten crhvbeni 1, wegen
dcr Schcllenbergischcn Leibeigenen, sv in der Trnchsesscn hohe»
uud niedere» Gerichte» gelegen, daß sie gegen daS Herkommen
mit Diensten nnd Reisen beschwert werden; 2, wegen des Holz-
hanens der Bauern in WcitbrcchtS nnd ihrer Mitverwandtcn,
besonders aber wegen deS Uugchaus und dcr Straf und Stellung
derer, so strafbar bcfundcn werden; 3, zweier Rechtfertigungen
halber an dem kaiserlichen Kammergericht nnd zn Rom, sv noch
nn er led ig et; 4, wegen einiger Unterthanen des Truchscssen iu
Einthürucu, Avvenrcnte und Wvlscgg, bcsvndcrs wcgcn dcr
Kvstcn in der Rechtssache gegen dic Baucrn, sv ihnen zn zahlen
zuerkannt, sic aber appcllicrt; 5, »>cgcu eines MißvcrstandeS des
Mitjagcns im Linderhvlz, wv Trnchseß Heinrich dem H e r r n
vvn Ems, a l s I n h a b e r dcr ha lben Herrschn st K i ß -
legg, ein Mitjagcn vergönnt haben svll, ivaS aber Heinrich
widersprach," Es haben sich nun beide Teile ans den Abt Gerwick
von Weingarten zn gütlicher nnd endlicher Hinlegung vereinigt,
welcher uutcr obigem Datum entschied:
-icl 1, Die Schcllenbergischcn Leibeigenen svllen beim alten
Hcrkvmmeu belassen nnd mit Nenernngen nicht bcschwcrt werden,
acl 2, Wenn dic Banern vvn Weitbrcchts n, s, w, Hvlz
haucn wvllcu, müsscn sic eS dcm vvn Schcllcnbcrg anzeigen und
Hvlzsrcvlcr müsscn ihm gestellt iverden,
acl 3, Trnchseß Hcinrich soll die beiden Rechtfertigungen zn
Spcicr nnd Rvm abstellen, desgleichen die von Schellenberg,
acl 4, Der Trnchseß soll dic Kvstcn zahlcn helfen; des
Zehnten halbcr aber soll eS bei dcm Mcinzer Urteil bleiben,
ncl 5, Dcr Trnchscß braucht dem vou EmS das Mitjagen
nicht abzustellen, dagegen wird dem von Schellcnbcrg auch eiu
bestimmtcr Bezirk angewiesen. Alle diese Entscheidungen sollcu
beiden Tcilcn an ihrcn Rechten u, s, w, unschädlich uud damit
allc Jrruugcu anögeglichcn scin,
Vvchezcr, Gcsch, des HanscS Waldbnrg II, 822,
Wvlsegger Archiv Nr, 7325 g, s717
lä i i l Ma i 18, D i v n y s von S c h c l l c n b e r g zn K i ß l c g g
bekcunt sür sich nnd scine F r an B a r b a r a geb, Marschalkin
von Pappenheim: Fran Martha vou Hürnheim geb, Gößlin
hat laut Testament dcr gcn, Frau Barbara uud ihrcu Brüdcrn
dic 20,000 fl, welche Hans Walter vvn Hürnheim ihr anS dcr
— 113 —
Salzpfanne vvn Hall im Jnntal vermacht hatte, vermacht, sv
daß dcr Fmn Barbara 2000 fl gebührte. Ans diese 2000 fl ver-
zichten nun DionyS vvn Schcllenbcrg nnd seine Fra» zn Gunsten
der Brüder der letzteren, da sie vvn diesen schvn anderweitig
befriedigt wvrden find,
Rcichsarchiv München, Schellenberg, Akten Fase, 355 s718
April 14, RcwcnSbnrg, Ein Herr Prälat als Obmann eineZ
Schiedsgerichts in einer Streitsache dcr Sch c l l cn bcrg er nnd
F r c i b e r g er zn K i S l e g g ordnet einen Augenschein an nnd
bestimmt den einzuhaltenden Proceßgang,
Kislegger Archiv zn Wolfegg, Fascikel 1887, l^1i>
I Z i i L Ang, 3, Zwischen dem Truchseßen v, Waldbnrg nnd den
Her ren vvn S c h e l l c n b c r g z» K i ß l e g g kvmmt nvch ein
Vergleichsrcceß zustande, dcchiu lautend, daß die Schellenbcrger
in Bvschach au der Aitrach bei Zeil gar keiu Jagdrecht, in den
Gruben aber am Weg von Zeit nach Niedcrhvfen nnd dem Hmd-
schachcn zu ein solches mir auf Lebenszeit haben sollen,
Vvchezcr, Gcsch, deS Hauses Waldbnrg, II, 823,
Kißleggcr Archiv Nr, 1708, s7S<t
13<;4 März 19, HanS Ulr ich vvn Sche l l enbe rg stellt an dic
Gcbrüdcr von Weiler eine Schnldfvrdernng vvn 1000 sl, aus
dem versicherten HciratSgnt sciuer Gemahlin Anna von Weiler,
Fürstl, Archiv Wvlscgg Nr, 119, s731
(Bruchstück auS einem Vertrage Schellenbcrg-Freiberg), DeS
Mvßmcrs Uudt SchnclmcistcrS Zn Kißlegg halb ist abgercdt:
DicU'cil das Mvsmcrthumb dcm Pfarrlehcn anhängig Undt dcm
vvn Sche l l enberg dieselbig Cvllntnr Und sus pntronaws
Zuständig, sv svll hannß Ul r ich von Sche l lenberg , seine
Erben und Nachkhvmcu jederzeit Einen Meßncr Zn setzen nnd
Zn entsetzen macht haben, Unverhindert Herrn G r a f G a b r i e -
len von Embs , seiner Erben nnd Nachkhomen, Doch svll
solcher bestellter Mvßner oder Schnelmcister beyder Herrschasten
gemeiner Diener sein, aber dcm vvn Schcllenbcrg allein dvch
den Nydt, wie vvn Alter her beschchcn, schworen, Undt Herrn
Gras Gabriel, Ihrer Gnaden Erben uud Nachkommen dcr Zünß
odcr gült miß dcm Mvßucrthumb hinsüro Wie vvu altcr hcr
Järlich folgen , , , , Und so solcher angenvmmer bestellter Mös-
mcr Undt Schuclmcistcr vvn beyder Herrschast Zn einem gcricht
schrciber gebraucht würde, svll Er den gewöhnlichen gericht-
schrciber Ayd schwören.
— 114 —
DcS gucts halben Zn Jmmeuriedt, so dem Heiligen Zu-
gehörig, die weil der Heylig dcr Psarr inkorporiert Und Hans;
Ulrich von Schcllcnberg derselben Collator und lehenherr, so ist
abgcredt, daß solch gucth gcdachtcm von Schcllcnberg Zu vcr-
lcyhcn Zuestchcn sollc, auch durch Jmc, so es lcdig, »'cm, wic
lind ivohin Er will, vcrlihen werden mng Unverhindert Herren
Gras Gabriels; vvn Embß Ihrer Gnaden Erben Und Nachkommen,
Archiv KiSlcgg zn Wvlscgg Nr, 1887, s732
Scpt, 12, L'i'ißlcgg, Dn sich vvr etlichen Jahren zwischen Hans
U lr i ch v v n S ch c l l c n b e r g nnd seine m B r n d e r D i v u y s
als Inhabern deS halben Teiles der Herrsch, Kißlcgg, cinerseits
— uud deu Vögten der Frau Helena, Gräsin vvn Hvhcnems,
geb, vvn Frcyberg (Gemahlin deS Grasen Gabriel v, H,) als
Inhaber dcr anderen Halste der Herrschast, Streit entstanden
und sich per Comprvmiß ans ein Schiedsgericht geeinigt haben,
auch am 14, April 15ö4 Zn Ravcnsbnrg Tag gchaltcn habcn,
ist svlgcndcr Vergleich zustande gckvmmeu: Da Ivieder ucue
Handlungen nnd Attentate vvrkmncn, lcgte zn Kißlcgg am vbigcn
Tage ein Schiedsgericht die Sache bei, Schiedsrichter: Die
Brüder Cvnrad nnd Panl vvn Frcyberg sür den Grasen v,
Hvhenems, Andrcas vvn Laubenberg uud Alexander vvu Pap-
penheim sür den HanS Ulrich v, Schellenberg, Entscheidung:
1, Aller Unwille nnd Streit svll tot nnd ab sein,
2, Die v, Schellenberg haben vvn den nicht mchr vcrlichcncn,
sondern als Eigentum zurückbehaltenen Lehen die Halste den
Inhabern der andcrcn Halste der Herrschaft abzutreten, Leihen
sic dic Lchen innert JnhreSsrist wieder auS, sind die beiden
Herrschaften gemeinsame Lehen, Die Abgabe bei Ueber-
traguug gehört denen v, Schellenberg allein,
3, DaS Gut „znm Wolfzelt" ist alleiniges Lehen dcr vvn
Frcyberg,
4, Dic Badstnbc nnd daS darauf gebaute TuchhauS ist gemein-
sames Lehen uud altcrnatim zu vergeben. Es svll ein ge-
schickter Arzt nnd Bader daraus gesetzt werde». Da die
vvu Schellenberg den Kessel in dcr Badstnbc allein ange-
schafft haben, gehört der Zins davon anch ihnen allein, Dic
Banpflicht vblicgt beidcn Hcrrschaftcn gemeinsam,
5, Die Pfründe eines MeßnerS uud SchuclmcisterS hängt mit
der Pfarrpfründc zusammen nnd steht deren Besetzung deucu
vou Schcllcnberg als Cvllatvrcn dcr Pfarrpsründc zu.
115 —
0, Dic vvn Schellenbcrg haben als Collatvren der Psarr-
psründe mich daS Lchcnrecht über daS Gut zu Jmmenriet,
7, Jede Herrschaft kann ihreu Amtlenten den Betrieb einer
Gastlvirtschast gestalten; dvch dars in der Wirtschaft nicht
Gericht gehalten werden, Bvn svlchen Wirten dars ein
Unigcld abgefordert iverden,
8, Leute beider Herrschaften sollen auch vor beiden ihr Recht
suchen, nicht bei der einen ohne Wissen dcr anderen,
9, Bezüglich des Brunnens, dcn Hans Ulrich, dcnen v, Frci-
bcrg durch seiu Gut zu leiten erlaubt hat, wird erkannt:
Bei Anlegung vou neuen Brunnen nnd Aussindnng vvn
Quellen svll jedes Entgegenkommen gegenseitig znr Pslicht
gemacht sein; dvch svll bei Leguug der Deuchel aus Ver-
meidung unnötigen Schadens gesehen werden,
10, Jede Parthci soll daS Waidwerk mit dem Fcdcrsviel oder
Garnen der Hühner nnd Wachteln halb srci ausüben nnd
dcr Burgsricde gut gehalten werden,
11, Dic AuSbürgcr, die in der Herrschast Kißlcgg sitzen, sollen
in zwei gleiche Teile abgeteilt uud durch daS Lvvs den
beiden Herrschaften zugeteilt wcrdcn, damit jcdc Herrschaft
ihre AuSbürgcr keuut und Letztere wissen, bei wem sie Rat
uud Hilfe suchen können,
12, Es waren nnch Spän wegen der Metzgerbank, so daß jede
Partei einen eigenen Metzger hatte. Da aber ein Metzger
sür alle genügt, wird vereinbart, daß sürder wieder nnr
ein Metzger beiden Herrschasten verbunden sein und iu dem
alten Metzgerbänlin auShaueu uud seil haben und beiden
Herrschaften den ZinS zahlen svll. Die Bestellung deS
Metzgers hat altcrnatim vvn dcn Hcrrschastcn zu gcschchcu,
13, Schließlich werden die Parteien ernstlich ermähnt, sich gegcn
einander freundlich zu benehmen und für Beilegung dcr
nvch strittigen Artikel wird ein Tag angesetzt,
Dic Unterhändler nnd die Parteien unterzeichnen und
besiegeln die Urkunde,
Fürstl, Archiv zn Wvlsegg Nr, 1594, s72»
15<i5 Dez, 13, Herr U l r ich von Sche l l enbc rg schlicht mit
Herrn Abt Christvph von PeterShanscn folgenden Vertrag ab:
1, DaS MS pat rou l r tns t-im nominnnct i c jnain pi '-rLsvut-rncli
des jeweiligen Psarrherrn zu WalterShvseu svlle zu ewigen
Zeiten dem Gvtteshans PeterShanscn zustchcn.
— 116 —
2. Übergibt Schellenberg cm Petershcmscn den Klein- und
Großzehend zu Scehans s: welches ein Kißlegg'schcs Pfarr-
lehen ist,'s tvvfiir Petershanscn alljährl, an Schcllcnberg
30 Eymcr Wein abrcichct, Anch soll dcr Zehcnd aller Art
zu DettiShvfen für ewige Zeiten den Herru vvu Schcllcu-
berg zugehörig seyn und bleiben,
3, Pfarrwidmngut zn WaltcrShvseu svll nicht der dortige
Psarrherr, souderu dic Hcrru von Schellenberg nnd ihre
Nachkommen — an wen sie wollen — vergeben können.
Die Nutzbarkeit desselben übrigens gehört dcm Pfarrherrn,
Chrvnik dcr Pfarre Kißlcgg, Anhang, s721
156<» Ang, 31, H a n s l l l r i ch vvn S c h c l l c n b e r g klagt gcgcn
zwci Bancrn von Langenacker, daß sie vvn seinem Vater Ulrich
sel, vvr 2 Jahren vvn dcm Gnte zn Langeuacker ciupfaugcu
und ivie freies Eigentum behandelt, ohne innert Jahresfrist das
Lehen vvn seinem neuen Lchcnhcrrn erbeten zu habcu, Dcr
Kläger verlangt, daß beide Beklagte ihrer Lehen verlustig erklärt
werden. Das Gericht entschied demnach,
Fürstl, Archiv Wvlsegg Nr, 4110, s725
1567 April 8, HanS Ul r ich v, S c h c l l c n b e r g zu K i ß l c g g
stellt dcn Revers über dcn Empfang dcs Kißlcgg'schen LehenS
ans, (Divnys war alsv damals, nicht mehr am Leben),
St, G, A, X X X I , I7S<i
15<»7. „Lchcnrevers nndcr Abt Otmar, in dem alle Lehen begriffen,
wie in vvrgehendcn Lehcnbricfcn, außcr daß cs darin stath: den
Zchend zu dcr Kronmühlc znc zivaycn (Teilen?), Item ist dcr
Hvf zum Gvtzcufried anSgelasscn; hingcgen ist einverleibt ein
Schmidten mit snmbt Hanß nnd Gärtlcin znm D ü r r e gelegen,"
Stistsarchiv St, Gallen, FaScikcl », s727
15l»8—157Ä. Nachdem Gras Gabriel von HohenemS mit der Stadt
Wangen i, I, 1568 vor dem Knmmergcricht zu Wctzlar ciucu
Proceß gehabt wegen Jurisdiktion in dcr Herrschast Kißlegg »ud
wegen Besteuerung der städtischen Untertanen, verpfändete der
Graf im Jahre 1572 die Hälfte deS SchlvsscS und dcr Herrschaft
Kißlcgg an dieselbe Stadt,
Chrvnvlvg, Verzeichnis dcr Wetzlarcr Prvceßaktcn,
Landcsarchiv Vaduz, Fase, B, 2, s728
15«8 Mai 4, RcwenSburg, Abschied deS Gerichts daselbst über
Anstünde zwischen Schellenberg nnd Frcibcrg: 1, Die Parteien
svllen ihre Beschwcrdepnnkte n, s, n>, innert Mvnatsfrist schrift-
lich an den Stadtschreiber zn RavenSburg einsenden. Dieser svll
— 117 —
dic Eingaben zusammenstellen, die Unterhändler an geeignetem
Tage zusammenberufen. Diese svllen erwägen uud beraten über
eine Verständigung, Nach wieder zwei Mvnaten sollen sic dcn
Parteien cincn Tag znr Verständigung ansagen, 2, Verhinderte
Unterhändler sollen sofort durch audcrc ersetzt werden, 3, Die
Parteien haben im Interesse nachbarlichen Einvernehmens ver-
sprochen indessen den' am 12, Sept, 1565 zn Kißlegg aufge-
richteten Vertrag zu halten, den Burgfrieden zu halten, alle
„verlvssenen Handlungen hinlegen" nnd ihre Unterthanen dazu
Verhalten zn wvllen,
Kißlegger Archiv zn Wolfcgg Fascikel Nr, 1887, s7ÄV
15V8 Okt, 8, Anno Domini 1551 den 18, Tag Jannwarii Starb
der Edel nnd Best Hanns Ulrich vvn Sürgenstain Zum Sürgeu-
staiu Uud Achberg I m jar 1568 deu 8, Tag Octvbris Vvlgtt
im Cristlich uach Sein etichcr Gemache, die Edel nnnd Tngcnd-
reich Fmw Rachel V o m S ü r g e n s t a i n Gebo rne V o n
Sche l l enbc rg , dereu Baidcn unnd Al l Cristglebig Scllen Gott
der Hcrr Gnedig nnd Barmhetz Seinn welle Amen,
Unterschrist deS Sürgenstcin'schen Grabsteines in der Pfarr-
kirche zu Maria Thaun,
S , Bcmmaun Bcmd 111, S , 511, s7ZV
157V G a b r i e l D i v n y s v v n Sche l l enbe rg in K iß legg ,
Hnnptmann in Schongan, lebte 1570 nnd hinterließ J o h a n n
Chr is toph , welcher seine Linie im, Elsaß fortsetzte, woselbst die
Güter Vesscnheim, Pfaffenlaps uud das Schloß Wechersburg
demselben gehörten,
Universal-Lexikon von I, H, Zcdler, Leipzig 1742,
Band 34, S , 1187, I7Z1
157V Ma i 8, HciratS-Abredc zwischen D o r o t h e a von Sche l -
lenberg mit Hans vvu Sürgensteiu zu Achbcrg,
Fürstl, Archiv zu Wolfcgg Nr, 472. s73Ä
157V Mai 18, Herzog Albrecht von Bayern schreibt an Arbogas t
vvn Sche l l enbc rg zn Hü sin gen: Sein (des Arbogast)
Vater B n r k h a r d habe seinem (deS Herzogs) Vater und Vetter
bis znm hohen Alter vvn 68 Jahren stets treu gedient. Da
Arbvgast ebensv treu zu dienen bereit sei, wvllc cr ihm,, nach
dem Tvdc seines VatcrS, ebenfalls alljährlich 200 sl Dicnstlvhn
geben.
Reichsarchiv München. Schellenberg. Akten ? 355. s7S3
9
— 118 —
1571 Jnni 2, Jährlich 3 Fuder Ziuswcin auS dcm Gvtteshause
Kreuzlingen werden dcr Frau A u u a von Sche l l enbe rg auf
ihre Lebenszeit vou ihren B r ü d e r n geschenkt,
Fürstl, Archiv Wolfegg Nr, 90, s734
157Ä Juni 26, Raveusbnrg, A rbogas t von Sche l l enbe rg
zn Hüs iugeu teilt dem Herzog vvu Bayern mit, daß sein
l ieber B a t e r B u r k h a r t vvu S c h c l l c n b e r g selig vcr-
stvrbeu sei und empfiehlt sich in seine Gnade,
Reichsarchiv München, Schcllcnberg, Akten ? 355, s735
1574. I » diesem Jahre wnrde geboren Elisabeth vvn Ramschwag,
Tochter des Hektor v, R,, die spätere Gemahlin deS G a b r i e l
D i v n y s von Sche l l eube rg,
Buceliu l, c, S . 417, s73<;
1574. Febr, 2, Herr H a u s U l r ich vvn Sche l lenberg uud
seine H a u s f r a u A u u a , gebornc vvn Weiler stiften der Mut-
ter und Schwestern nnd allen ihren Nachfolgern auf ewige Zeiten
jährt, 30 Eymer Wem halb Vorlaß und halb Nachdruck aus
dcm Gotteshaus Petershansen, deßgleichen auch alle Jahr zur
Herbstzeit, wann man zn sischen pflegt, anS den Weyhcrrn der
Herrschaft Kißlegg nnd Waltershvsen, einen halben Zentner
Karpfen, mit der ausdrücklichen Bedingniß aber, daß, wann über
Kurz vder Lang besagte Mutter nnd Schwestern die K l a u s e zu
K iß l egg ver lassen so l l ten, crmcldt gestifteter Wein und
i/z Zentner Karpfen dem hl, Geist Spital zu Kißlegg alljährlich
abgereicht werdeu solle.
(Dic Stiftung ist also an das F r anenk lost er zn Kiß-
lcgg gemacht),
Chronik dcr Pfarre Kißlegg, Anhang, 1737
1574 März 4, F r a u B r i g i t t a von S c h e l l e n b e r g , gebornc
von Weichs, G e m a h l i n des Ul r ich von S c h e l l e n b e r g ,
schenkt dem Spital znm hl, Geist in Kißlegg 2000 fl,
Fürstl, Archiv zn Wolfcgg Nr, 340, s738
1574 März 4, Nachdem Herr U l r i ch vou Sche l l enbe rg und
dessen H a u s f r a u M a r i a A u u a , gebohrne vvn W e i l e r
die Stiftung eineS Spitals zu Kißlegg vorgehabt uud mit Auf-
führung des Gebäudes bereits schon angefangen hat, wurden
durch dessen F r a u Schwester, F r a u B r i g i t t a , ver-
mähl ten von W e i l e r (?) besagtem Spitalc im Voraus schvu
jene 2000 fl, geschcuket, welche sie bei i h rem H e r r u B rude r
D i v n y S von Sche l l enbe rg verzinslich zn stehen gehabt
, hat. Welch Letzterem diesem uach auch sowohl besagtes Capital
- 119 —
pr. 2000 fl. als die vertagten Zinse pr, 600 fl. den 4. März
1574 in die Hände seines Herrn Bruders Ulrich als Oberpfleger
des Spitals baar erlegt hat.
Chronik der Pfarre Kißlegg, S . 16. s7»9
1574 März 13. Hans von Siirgcustein zu Achberg stellt seiueni
S c h w i e g e r v a t e r D i o n h s von S c h c l l c n b e r g wegen des
erhaltenen Heimtsgnts seiner Fran D o r o t h e a von Sche l -
lenberg pr. 4000 fl. eine Quittung aus.
Fürstl. Archiv Wolfcgg Nr. 3941. s74v
1575 M ä r z 12. H a u S Ul r ich vvu Sche l l enberg zu Kißlegg
entläßt den Blasi Hang, des Hansen Hang vvn Kißlegg ehelichen
Sohn, weil cr sich dein geistlichen Stande widmen will, aus der
Leibeigenschaft. Am Räude der Urkunde steht auch: „Es svll
auch ich Blasius Haug alle gelegene» Güter, so mir vvn denen
vvn Schellenberg oder ihren cigcneu Leuten herrührend, es sei
Erbs- oder in ander Wais, ihnen, deren von Schellenberg uud
ihren eigenen Leuten iu zimmlich billigem Kaufschilling belassen
werden." Fürstl. Archiv Wolfegg Nr. 3363. s741
1575. Herr HanS U l r i ch vvn Sche l l enbe rg uud seine H a u s -
f rau , A n n a gebornc von W e i l e r stiften ein Spital, genannt
zum hl. Geist, dahier zu Kißlegg zu oberst gegen Sonncnanfgang
gelegen, woselbst sich aber dic Regierung, Administration nnd Ver-
waltung ausdrücklich vorbehalten, nnd verordnen, daß in solches
nur arme Leute und Waisen, welche ihnen, den Stiftern, leib-
eigen sind — oder auch alte Diener — aufgenommen werden
svllen. —
Dieses neu gestiftete Spital beschenken die milden hohen
Stifter mit folgendem Eigentum:
1. Das zunächst daselbst gelegene Haus samt Hofstatt.
2. Die ewige jährliche Gült pr. 2 Pfd. Pfg. von dem Haus
und Hofstatt hinter St. Catharinaepfrund-Hans auf der
rechten Seite am Weg gen St. Anna.
3. Das Holz „Geries Schachen" genannt hinter Emelhofen.
4. Die Mühle und dcn anderen Hof zn Krumbach mit aller
Zugehvr, uud den Weiher daselbst. So auch den Moos-
bvden bei dem Tränktrog uuter dem Finke», an dem Miiht-
berg gelegen. Jedoch svll der Müller verbuudeu sein, der
Herrschaft, sic mag zu Kißlegg oder Waltcrshosen wohne»,
das Getreid uneutgeldlich zu mahlen.
5. Der Zehent zu Zaisenhofeu mir Ausnahme des Henzehents
im Briel- Chronik der Pfarre Kißlegg S . 16. s74S
- 120 -
1575 Juni 16, H a n s U l r i ch v, S c h e l l c n b c r g zu K i S l c g g
u, W a l t e r s h v f c n bittet Bürgermeister und Rat zn Lindau, dic
ihm leibeigene arme, kranke Pcrsvn Veronika Wiener in das
, Spital unentgeltlich, um GvtteSwillcu aufzunehmen; wenn dies
aber nicht zn erreichen sei, so werde cr für 3—4 Wochen für
die Kosten aufkommen.
Lindauer A, Schellcnberger Akten, s71Z
157« Aug, 29, Augsburg, „Baron I oh a u n , Ch rist op h von
Schc l l enbc rg " vermählt sich mit Susanua Jlsuugin des
LaudvogtS Tochter zn Augsburg,
Martini Crnsii Schwäbische Chronik II, s714
1577 Immer, H a n S Ul r ich v, Sche l l enbe rg zn K i s l e g g
n, W a l t e r s Hosen und seine Mutter Helena geb, vvn Frciberg
v, Eiscnberg zn Kislegg ersuche» deu Rat vvn Linda» »m Unter-
stützung bei Eintreibung eincS Guthabens vvn einem Lindauer
Jusaßeu, Liudaucr Archiv, Schellcnberger Akten, s715
1577 Mai 17, H a n s U l r i ch vvn Sche l l cnbc rg zn K iß legg
nnd W a l t e r s h v s e n bittet Bürgermeister und Rat der freie«
Reichsstadt Lindau, ihm bchnfS Gcldeintreibung bei einem Lin-
dauer Jnsaßen dcn Pvlizciknccht zur Verfügung zn stellen,
Liudmier A,, Schellcnberger Akten, s71«
1577 Scpt, 4, Kaiser Rudolf II, bestätigt dem HanS Ul r ich nnd
dcm D i o u h s von Sche l l enberg zu Kißlegg das sog, pi-ivi-
IvA-inm tori (der vollen Gerichtsbarkeit in ihrem Gebiete),
Fürstl, Archiv Wvlsegg Nr, 1102, s747
1577 Nov, 20, Nach dcr Wahl cincs ncucn Abtes empfängt H a n s
U l r i ch v, Sche l lenberg zu K i s l e g g daS Kislegg'sche
Lehen ausS neue und reversiert den Empfang,
St, G, A, X X X I , s718
1577. Lehcnrevcrs under Abt Joachim von H a n s Ul r ichen von
S c h e l l e n b c r g ; haltet in» alle Lehen nnd Stuck, wie der
Extrakt vermag, allein ist anSgelcisscii der Hof zne Gotzfrid nnd
ein Theil am Hof zne Dürr sambt dem Zoll
Stistscirchiv St, Gallen Fascikel 9, s74»
1578 Ma i 25, Ich Dion is ius von Sche l l enbe rg zn Kislegg
Bekhenn vffculich für mich uud mciu crben, und thun khundt
Allermeniglich mit diesem briev, Wiewvl ich und mein srennd-
licher lieber Bruder Hannß Ul r ich vvn Sche l l enbe rg zu
Kislegg verscheincr Jarn Unns samendtlich Unnsern Vätterlich
unnd Muetterlichcn ligendcn Gueter halbenn, Jnuhalt zlvaicr
, dcßwegeu unudcr Uuseru ancrbvrucn Jusigclu bechresfrigeteu
— 121 -
Vertrags briefcn dahin Brüderlich geainbart unnd verglichen»,
das Jme Jetzgemeltem meinen: lieben Brncdcr dic halb Herrschaft
Kislegg sampt der Gerichtlichen Oberkheit Waltershvsen mit aller
gerechtsami unnd Zugehörd, Es sei fürnemlich an derselben Hvchen
unnd Nidcru Gerichtbarkheiten, Regalien, Freyheiten uuud allen
anderen nutzen uuud gemessen, allein Zuständig sein solle. So
seien doch nncmgeseheu desselben, die Kaiserlichen Lchenbrief be-
treffend: MarkhtRccht, Gericht Stvckh uuud Galgcu sambt dcm
Bann über das Blut Zurichten solcher Herrschafft Kislegg halben
bis cmhero uuud sonderlich bei der Jcz Regierennd Rom. Kai.
Maj., Kaiser Rnodvlfsen, nnserm Attergnedigisten Herren, so wol
Ans mich Alls sein meines Brncders Person gestellt nnnd Verlichen
worden. Nnnd damit Aber er, mein Brneder dessen Jetzo und
Künfftiglich I n Attwcg schadlos gehalten, Auch darzu au jezo die
lcheuus Pflicht, so er mein Brneder den sibenzehenden Tag diß
Jczwerennden Monnats Maj dem Erwürdigen unnd Gaistlichen
Herrn Andreassen,' Abte des Gvtzhausz Ochsenhausen vermvg
dcßhalbenn Au Juue außgaugneu bevelchs, uit allein sür sich
selbst, besvnnder Anch Weil ich selbs Personnlich leibs schwachheit
halbenn nit vor Jene Prelaten erscheinen mögen, an meiner
Statt nnd in mein Scel geschworcn, ordentlicher Weise anch an-
geregtem Kaiserlichen bevelch Allerdings gemeß erstattet unnd
Vvlstrcckht sein unnd werde. So gcred nnnd Versprich ich hiemit
in chraft diß brisfs an Recht geschwvrner AydeS statt, das ich
solche meines Brueders für sich selbs, Anch meinem Namen nnnd
in meiu secl geschworuc lcheus Pflicht iu allen Puncten, Clausulen
riund articuln gethrewlich unnd vestiglich halten», dcr selben im
wenigsten nichts Zn gegen oder wider hcmndlen will. Unnd das
anch solche auf mich gestellte belchnung Jme, meinem Brneder,
gar mit uichtcu Preiudicicrlich oder nachteilig sein, besonder die
sach diser Hcrrschafft Kislegg nnnd cmgczaigter Jrer Regalien
halbenn Allerdings bei angezeigten unnserm Bruedcrlichcn Ver-
trags oder theil briesenu geunzlich bleiben unnd denselben hier-
durch im weuigsteu Puncten oder Articnll was benommen sein
svll. Alles getrewlich nnnd Ungevarlichcm Uud das Zu warem
Urkhundt ctc. 24. Ma i 1578.
Vidimiertc Copie im fürstl. Archiv zu Wolfegg
Nr. 3869. s75<>
1578 Okt. 30. Haus Jakob vvu Razenried verbürgt sich für ein
vvn Chr i s toph von Sche l l enbe rg bei Konrad Mock in
Ravcnsburg aufgenommenes Kapital vvu 500 fl und 25 fl jähr-
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lichen Zins. J o h a n n Chr i s toph von S c h e l l e n b e r g da-
gegen versichert den Ersteren .wider dnrch ein Faustpfand von
1000 fl.
Fürstl. Archiv zu Wvlsegg Nr. .3860. s751
1579 Febr. 16. D i o u y s vou S c h c l l c n b e r g schreibt an den
Herzog vvn Bayern wegen den 2000 fl, welche an ihn noch
nachgefordert werden. Er führt an, daß diese 2000 fl von
seiner verstorbenen Schwester Fran B r i g i t t a , ver ch lichte
von Weichs, in das von seinem Bruder Ulrich gestiftete Hcil-
geist-Spital zu Kißlegg vermacht wvrden seien, aus dem Grnnde,
weil sie einesteils die Erbauung eineS Spitals zu Weichs nicht
erreichen kvnntc und audcrutcils ihr dic zwei armcn Pcrsvuen,
sür die sie sorgen wollte, von der Familie von Weichs nicht,
wie es Pflicht gewesen wäre, aufgenommen und behandelt worden
seien. Fürstl. Archiv zu Wolfegg Nr. 1S09. s75Ä
1579. H a u s U l r ich von Sche l l enbe rg antwortet in einem
Schreiben an den Bischof vvn Konstanz auf dic Prätcnsioneu
des Grafen Gabriel von Hvhcnems, welcher den Zehuten vom
Meßnergut in Kißlegg anspricht, während der von Schellenbcrg
ihm mir die jährliche Gült davon zuerkennen will.
Fürstl. Archiv zu Wvlscgg Nr. 4072 s753
1579. H a u S Ulr ich vou Sche l l enbe rg klagt beim kaiserl.
Kammergcricht gegen die Fran Gräfin Helena vvn Hohenems
geb. von Frciburg — wegen des Weggeldes zu Waltcrshofen
und Sigrazhvfcn nnd zwar:
1. Weil sic dieses Weggeld nicht bezahlen nnd
2. den hälftigen Anteil daran beanspruche» will.
Fürstl. Archiv zu Wvlscgg Nr. 3578. s754
Cirka 1579. Gestrenge Jnsunders liebe Herren Vetter, schwcger nnd
gutte frcnnde. Nach dcm Unser Herrschafft Kissclegkh vor sil
Jareu I n die Hand eines von Schcllenbcrg khumeu uud nachher
durch seine Erben und uach khumende von Schellenberg geteilt
worden, Und doch dan ucbeu bedacht die natürliche liebe, das
sy haben für sy, Ihre Erben nnd nach khnmen Zne Erhaltung
gutter frcuudschasft. Göttliche aiuikhait Und fride ains Jmer
werendt Burgfriedens mit gutte Margkhcn Uff gericht nnd verlobt,
anch daranff 200 fl penfall uff gesetzt.
Es haben auch I u Ire Burgfriden geuumen, das eiu jeder
seiue Dienst- nnd mcms Personen ob die 14 Jahre alt uff dcn
vermelten Burgfriden anemen und verglübtcn solle, Un so eints-
weder tail fresselich, Es wer mit Worttcn oder Werkhen thun
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wurde, soll als dan die uit haltete (haltende) Partey, dem haltete
(haltenden) Zweifacher Pennfall vcrwürgkt haben, dcn selben on
Alle Wider (sic) bezahlen schuldig sein.
Es sind auch die oermeltcu Burgfrideu, auch cmder Vcrtrege
mit allcn Punkten nnd artigcl dnrch die Sn^esssoros mit der an-
gchenkhten Jnsigel und gethone glübte Ratiftcired nnd Conver-
mired wvrden.
Nun aber nach absterben B a l t h i s a r s von Sche l l cn -
bcrg ist dise halbe Herschaft uff seiu verlassne W i t i b
gebvrne vvn Freyberg E r b s Weis gefa l len. Die hatt
nach Uß gangs des baucrnkhrieg mit aller gcrechtickhait Jreu
brudcr Fridrich vvn Frciberg, dcr iziger Fran Elena anhcrr,
verkhanfst, welche als dcn nsf Ferdinands Erblich khumen und iz
an Uff Fran Helena von Embss gebornc von Frcibcrg noch I n
Jrer Jugcndt ge Erbt, auch also durch Ire Vormünder Bcgerdt
worden bci wcllichen sich Etlich spen erhebt haben sy die Bor-
münder I n krasft vorgemelte vcrtrege aine Cvmpromiss mit 300 fl
verbend (Bann, Verbannung), wellicheS unss wciseudt, wess wir
unss I n wcrende und biss nss gende Cvmpromiss halten sotten
nnd snnderlich besülcht, ob nnss unsser Bnrgfridcn auch Jndcss
Vertrags artiggcl beh ver Würckhung eiu Gcleibte bennfals Zne
halten schuldig sein sollten. Und fal ein tail oder mer artiggcl
über gcng (übertreten wurde), der selb soll gleich als bald deu
verwürckhteu penu fal Zue bcgelteu schuldig seiu, und soll nicht
dest wennigcr dass Compromiss mit allcn Punkten I n seinen
kreften beleibcn.
Nnn hat sh gcmelte Fraw, mein nachparin, I n dem nvch
werenden Comprvmiss mit dem Wolgcborncn Grass Gabrehele
Ehelich verhcuradt, der nnn als dcr Ehevogt disS sil genielt
Compromiss I n dem Jar 64 (1564) mit allen bnnkhten und In -
halt absolute und genzlicheu one alle Cvndition Ratisicierdt hctt.
So ist in disem Abschid nnder anderem verabschidet: Das wir
nnder uns selbst oder durch Gutte Freuudt mugen einen artiggcl
oder mer mit einander vergleichen, der soll so khrefstig sein, als dcr
obmaun selb uß gesprochen hette und doch dem Compromiss vn
schaden nnd in seinen khresften belciben. Uud Uff diß Ist
Zwischen Uuss ein vertrag anuo 65 uffgericht, der uuss auch
ufferlegt, wir selb unsere Anibtleudte und Diener unsern Burg-
friden halten und nit dcrwider handeln. Die weil nnn aber
mein Nachperin auch ire Dieuer über die Obvermelte verpeuudte
Burgfriden auch der alten uud ncnen vcrtrege und auch wider
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daß vervcnndten Cvmpromiss sv srefcntlich, wie nach folgt, on
niass mit der thatt fürnimbt und handledt, bin ich genrsacht
meinen bittlichen und wolgcgründt beschwerde Ench als Zne unser
baider seytes der Recht nnd sriden liebenden treuen freunden zn
bewcisnng derselbe» I u geschrisste über gebe» muess mit dienst-
licher Bett, J r »lellend nnbeschiverdt seiu, diseu meinen nss Zug
Erstlich zne verlesen nnd darnsf meine beschwerdte, sv euch hic-
mit dvpledt über güb, die mir meiner gegen Partey Zne über
gegen sy dabey güttlich Ermancn, dass meine billichcn Recht
messigen begers stad (stattgeben) bcschchen mag. I m sal aber
sy ain abschlcge antwvrd geben wolle, sv sey über Ichs Euch
Zue Euer Genzlich Ußsprnch als mich dic vcrtreg wcissen, desS
Erbeut Ich mit göttlicher (Gnad?) nach Zne khumen.
Cvnccpt vvu einem H, vvn Schellenbcrg zn Kißlcgg,
Fürstl, Archiv Wvlscgg Nr, 3938, s755
157»—15N!>. I n dieser Zeit war Arbvgas t vou Sche l l en -
berg zu H ü f i u g e u Besitzer vvu Münster Hausen, nachdem
es seit 1470 verschiedene Besitzer gehabt hatte,
Steichele, Gesch, d. Bist, Augsburg, B, 5, S . 720. ŝ 75v
1580 Nvv, 13, Zu Wissen Undt khundt gcthan scy nllermenniglich
hiermit, alß dan aus mvntag dcn elften Tag deS monatS Jn l i i
dis gegenwärtigen 80, JahrS der Rom, Kais, Maj, Unsers aller-
gnädigsten Herrn verordneten Cvmmissarii der beed Stätt Ulm
uudt Mcmmingen Snbdelegirte zu besetzuug des Gerichts Zue
Kißlegg Undt administrativn der Jnstitivn daselbst gewesen, Ver-
wegen dan beeder obrigkeitcn Zue Kislegg uegsten srcundt Undt
Vcrwanten auch ankommcn. Und bcncbcn sich dcr Vihlsältigcn
langwürigeu stritt Uud Irrungen, so sich Zwischen ernanndtcn
obrigkhciten, alß HanS Ul r ich vvu Sche l l enbe rg ahn einem
Undt Fraw Helena gebohrne Von Freyberg zn Kißlegg Uud
ueweu altstctten ander Theils erhalten, erinnert. Alß haben
beede Partheyen frcnndtschaft nach allcrhant VcrtreN'lichen
Underrcd Undt fürkhnmbnng mchrer Wcitlausigkeit Undt Unraths,
sv ctwan hicrans entstehen möcht, beide ernaudte obrigkeiten dahin
vermögt, das sie alle solche erhaltenden stritt Undt Irrungen,
svlchcu baideu sreundschasten nachfolgend gestelt, srey liberc mit
handt gegebenen Trciven übergeben.
Nämlich daS Jede Parthey drey Adels Persvnen ernennen,
die selbige aus uechst khvmmeudeu Sontag nach Martini, das ist
13. Tag Nvv. allhier Zn Kißlegg Zusammen kommen, sich als
dan niedersetzen, iu deu rechts actis sovihl dcrv zu Handen Zn
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bckvmn.cn, wie auch andere uvch unangebrachte gebrechen Undt
dic sv nvch sich begeben möchten (das doch nit sein soll) alles
fleißes ersahren Undt envcgcn, Undt was sie also dan Zwischen
Ihnen, Ihren Dienern Undt den Ihrigen, so Ihnen Zu crspreche»
stvndt, erkennen Undt sprechen, sie beyder scits bey solchen Ihrem
spruch Uudt erkhanntuuß Unweigerlich Undt ohne alle fernere
cinrcdt bleiben Undt dann wiirkhlich nachsetze» sollen.
Anmitlst aber so sollen alle Ihre sowohl compromittirte alß
andere zu Maiutz, Cvstcuz, Speyr, Rvttweil Laudt-UudtKißlegg'sche
Gericht angcfangcne rcchtfcrtignngen Zwischen Ihnen, Ihrer
Dienern, Richtern Undt Amptlenthen Undt die Ihnen zu crsprechen
stvndt nit allein suspendiert Und aufgehoben, sondern auch keiu
Theil sowohl die Haupt Partheyen selbs, als dero ambtlcnth Undt
Diener gegeu deu anderen nichts Thädtliches snrnemen, sondern
allen gnetten nachparlichen Willen einander crtzeigen Undt be-
iveisen. Dvch im sahl ciner vder mehr strittige punkte durch die
Deputierte uit hiugclegt vder erörtert möchten werden (Welches
nit zu verhoffen), so mögen sie sich eines obmans Vergleichen,
bey welcher Spruch es als dan endlich Unwiderruflich auch bleiben
svll. Da aber solches angcrcgtcrmaßen auch uit ius Werckh
gcricht Werden khnndt, als dan soll einem Und dem anderen
Theil an seinen Rechten nichts benommen sein, Trewlich suuder
gcfcirde,
Archiv Kislcgg zu Wvlscgg FaScikcl Nr, 1887, s757
1580. Herr HauS Ul r ich vou Sche l l enberg erkauft vou dem
Gottes Haus Petcrshansen dic Prvbstei Rvethsee mit allen
ihren Rechten uud Gerechtigkeiten vhne Ausnahme, auch alleu
Zinse» uud Gülten, welche bezogen werden vvn Seehöfen,
R i c h l i n g s , I b c n d v r f , A r n n ch, A ltma n n S h v f e n, Hnnz -
l iShv fen , W e i t e r S h vfen, M e r z l i n g S , N i c d e r w a n g e n ,
Aichstcidt, D i c p v l z h v f e n sür 4000 sl,
Chronik dcr Psarre Kißlegg S , 17. s758
1850 April 11, H a n s U l r ich v v n Sche l l enberg nimmt bei
Philipp Schutthcis, des Rats zu Ravcrsburg, eiu Anlchen vvn
1000 sl aus uud verschreibt hiefür als Unterpfand das vom
Kloster PetcrShauscn erkaufte Gut zu Röthsee,
Fürstl, Archiv zn Wvlscgg Nr. 782, s795
1581 April 26. sBrnchstück cineS SchicdsprnchcS in Sachen Schcllen-
bcrg—Frciberg.^ . . . . Zue Uuderhändler Undt schidts Richter
sür sich selbst erküst erwcilt Und fürgeschlagen, Undt daneben bey
handtgcgcbcncr Trcwen Zne gesagt Undt Versprochen Was durch
— 126 —
sie in allen Jahren spennigen newen Undt alten Puncten Undt
articnl, sie seyen ahn Vvrgcschribnen orthcn in Rechtfertigung
kommen oder svnsten Zwischen Ihnen den Theilten, derselben
Diener Undt Underthancn, Jnmittctst entstanden, erkennen, Us-
sprechen, abhandle» Undt beschließen werden, das sie bey solchem
Ihrem Spruch Uudt erkautnus Uiwcrweigcrlich Und ohne fernere
Einrede gäntzlichen bleiben Undt Würkhlichcu nachsetzen svllen
Undt wölken. Mit dcm AuSspruch endlichem Anhang, das die
ertnste Underhändler Ihre Vcrgleichung Undt Usprnch ahn ein
nambhafter Summa gelts Vergöncu Undt den Verbrecher Zu
erlegnng solcher Pvn gebührlichen halten Undt compelliren
mögen, ohne alle ein- Undt widcrredt alles nach Inhalt Undt
außweisuug Zweyer Undcrschidlicher Receß Undt abschivt, deren
datnm d, 13. Ju l i i Uudt 17. Nov. dcs ncgst vcrschinen achtzi-
gisten Jahrs. Dervwegcu haben solche vbwohlermelte Herren
Underhändler dcm allmächtigen Zn lob, Zu erhaltuug bcstendigs
sridcuS Undt geliebter eiuigkcit euttzwischeu den baidcu strittigen
Theilen Undt derselben löblicher Undt ansehnlicher frcundtschafft,
auch Uffnahm, mchrung Undt bcfürdcrnng derselben Zeitlicher
Und ewiger Wohlfart Uf dato allher gecu Kislegg Tagsatzung
Ußgcschribcn Undt fürgenvmmen Undt nach fleißiger besichtignng,
abhörung Undt erwegung aller in 2 4 J a h r e n Verhandleten
Compromiss acteu, vrdeutlicheu eingetzvgeneu khuudtschafften, sür-
gelcgten Verträgen, Receß und Abschiden, auch anderen hin Undt
Wider Jnn- Uudt Usserhalb Rechtens Einkommen schriftlichen
Handlungen, I n nachfolgenden spcnniger fachen Zwischen Wvhl-
ermelten strittigen Theilten derselben Diener Undt llnderthanen
nachgeschribener müssen Ußgesprochen, erkcnndt, erklärt Undt
beschließlichen Verabschidet, Nemblichen:
Zncm Ersten, das alle Undt Jede Partheyen Zn beed scits
gegen Einander gehabte Undt fürgewcndte Förderungen, Zu-
Und ansprachen, dergleichen anch daraus bis auf datv dis brieffs
erfvlgte Rechtfertigung Zn Maintz, Costantz, Speyr, Rvttweil,
Weingarten Undt Kißlcgg, svnderlich aber auch Hansen Trollen
cmgetzogene Malesitzische process Undt sein darüber vor Gericht
Zn Kißlegg gegen den Schellenbergischen Schreiber Georgen
Vecsers eingelegte fürgebene schmach clag, allerdings auch deßhalb
über sich gegebner bürgschaft Undt Verschreibung, wie auch sonst
von beiden vberkeiteu selbst gegeu einandercn desgleichen Wider
Ihre Schreiber, Ambtlnth, Diener, Richter Undt Unterthonen in
Craft habende Kaiserliche Freyheiten, Schirmbries, burgfriden^
— 127 —
cvmprvmiss, Verträgen Undt in ander Weeg Zn Unt gegen
Einander geclagte Pön, fähl, anch vvn beiden oberkeiten Under-
thvnen begangne Undt Verwürckhte frevel Undt straffen, so sich
vvr Undt von wehrendem, stritts an bis Usf Verfertigung diser
Vertrags briefscn verlosten Und nvch Ungestraft anch rechtlich
anclagt oder mit Undt in Summa, was sich In , vor Undt nach
solcher Zeit an Inner- oder Usscrhalb solchen Spännen Undt
rechtfertigungen mit schriftcn,, Wvrttcn, Werckhen Undt Thaten
(so von dem ainen oder ander Theil für JniurivS, schmählich
oder iu ander Weeg verstanden oder nngcZogen werden möchte)
vcrlvffcn Undt Zne getragen, mich aller daraus entsprungener
Widerwill, Red, Widerred, Unfrcnndschast, Unnachparschast Undt
vcrlvffne Thätliche eiugriss Undt Handluugen, wie die fürgangen
oder Namens haben Und was dcm allen Immer anhengig sein
mochte, allerdings Todt Undt ab, Uffgehebt, cassiert Undt allen
Theilten durchaus Ihre» Erbeu Uudt Nachkommen ahn ihren
Ehren, gücttern, Lcnmbden Undt gcrnch keines wegs verletzlich,
auch diser Vertrag Uudt Vergleichuug keiuem Theil an ihren
Haben, Freyheiten, Verträgen, ober- Recht Undt Gerechtigkeiten
Usscrhalb nachfolgend Underschidtlichen Puncten Uudt articulu
uachthcilig sein solle,
Lestlich Undt bcschließlich haben die Herren erküste Under-
händler dic Zwcn alte bnrgfriden, deS Erst datum ist am St,
Matheis des heyligen Zwölfbottcn Tag des 1450, JahrS, des
anderen Donnerstag nach St, UlrichStag Nach Christi gebnrt
1481 Jahr verlesen Undt abgehört. Und weil darin vvn anders
nichts gemeint nvch fürschen, dan was Zu erhaltuug frid Uudt
einiglest fürstäudig Undt nützlich, So ist dcn Herren Underhändler
endlicher bescheidt. Wil l Undt Meinung, daS solche obgemelte
bnrgfriden iu allen Ihren articlen (sover dic durch gcgcuwärttigen
Vertrag nit erläutert oder änderst disponiert wären) von beiden
Theilen hiefürv observiert Undt gehalten werden, Undt damit
auch fürder von Vihlgcmelten bceden Herrschaften diser Vertrag
Zu allen seinen Puncten Uudt articulu desto beständiger gehalten
Undt Würkhlich Jhrcm Versprechen nach Vollenzogen^ mich gnctte
srcuud- Uudt uachparschaft gepfleget werde, Sv spreche» Undt
erkennen vihl Undt oft wvhlbemcltc Herren Uß Crast von beiden
Theilen eingeränmter Vollmacht Undt übergeben gewaltS, das
welcher Theil wider Einen oder mehr puucten Undt articuln,
waS sür sich oder durch die seiuen, welche im Zu verspreche«,
stehen, handle» Undt thun oder Einen oder den anderen articul
nit in daS Werkh Ziehen Undt richten würde, das Er Zncr straff
300 fl in Müntz dcm andren alßbaldt Unnachläßlich verfallen
sein svll, Undt da die angctzogcn beschuldigte Parthey deß Ver-
wurkhenS nit zuständig noch bctändtlich sein Wvltc, svllen sie
Zne beiden Theilten Uss vier vvn Adel kvmmcn, das sic in
mvnats srist Zu bcueunen Uudt zu stellen schuldig, I u derv
Vollmacht Uudt gcwalt stehcil svll Zn erkhennen, vb der Pön
saht wie gcclagt Verwürkt worden sey oder nit. Dergleichen
sollen sie die gcmaine Jnnhaber der Herrschaft Kißlegg für sich
selbst gegen einander weder Ihrer selbst oder der Underthanen
schulden halber bey obgcmcltcr straf einige Pfändnngcn oder
arrest nit fürncmmeu, sonder Jeder Theil dem andcrcn bch dcm
ordentlichen Rcchtcn verbleiben lassen, alleS getrcwlich Undt
ungefärdt,
Wic sie dau das alleS Uudt Jeder Zu beide» Thcileu.sür
sich all Ihr Erbe» U»dt Nachkommen Wahr, Best Undt stcct
Zn halten Zn geloben, Undt nachzukommen bei Ihren haüdt-
gegcbencn Thrcwen an GcschwohrncnS AydcS statt globt, Znegesagt
Undt versprochen haben, Uud Wür Vorbenielteu Hauuß
U l r i ch vvu Sche l lenberg Z u K i ß l c g g Eius — Und
He lena gebvhrne vvn F r c h b e r g von E i s e n b e r g Z n
K iß legg anders Theilß bekennen hiemit, das Wür diesen Ver-
trag obvcrmelts seines JnnhaltS zue sreundtlichem Wohlbenücgen
Undt gucttcu willen dankhbarlichen Uss- Undt angenommen, auch
darin verwilliget haben, Thnen das auch hiemit I n Undt mit
Ernst dies briefs. Wür geredtcn Undt Versprechen anch darbet)
für uuS sclbsteu, all unsere Erben Undt Nachkommen, bey unseren
wahren gnetten Threwen ahn geschwohrnen Aydes statt, discn
Vertrag I n allem seinem Jnnhalt, Puncten Uudt articul durchaus
ivahr, vest, steet, ltnverbrvchenlich llndt getretvlich Zne geloben
Undt nachznkvmmen Undt darwider nit Zn sein, Zn reden, Zu-
handcln, noch Zuthue» vder schasse» hicrinnen gäntzlich Ußge-
schlvsscn, — Aus; dem betreff, Vertrag:
Dcr strittige articul der Heyligcu Rechnuug Uudt Pfleger
Vcrglübtnng halber ist durch Wohlcrmeltc Herren Underhändler
also gcmittelt worden: das dcr vvn Sche l lenberg als Collatvr
dcr Psarrkirche» khünftigcr Zeit, sv vst Er die Hailigen Rechnung
anstellen, einnemcn will, die F r a w e n vvn F r c y b e r g solchs
acht tag Znvvr Jhrc ambrlcnth vder Diener Zeitlichen hiertzn
haben Zu vervrdtneu Uudt abzufertigen Undt wissend zn machen,
auch Er vvn Schellenberg macht Undt gcwalth haben solle, vvn
— 129 —
beyden Heyligen Pflcgercn die glübtnüssen (das sie deß Heiligen
nntz nnd frommen fürkeren, Nachtheil nndt schaden verHintern,
Undt alles Jrcs Einneincns Undt anßgcbcnS Erbare Undt Uff-
richtige Raithnng Thnen wollen) Zn erfordern Undt anznnemmen,
Ivclchc Verglübtnisscn, sonderlichen deß sreybergischcn Heiligen
PflegcrS aber weitter nit gedcnt, verstanden werden khönden,
dan svvihl cß dic Heyligen Rechnung betrifft Undt anlangt Undt
sollen Zu Verhicttnng Uneostcns Usscrhalb der oberkhcitcn von
kheinein Theil über Zwo oder dreh Persohnen dartzn ervrduet
ivcrdcn, Eß sollen anch beide Heyligen Pfleger hinsüro die jähr-
lichen gcfcill samcntlichen mit Einanderen cintzichcn Undt verreiten,
Sv soll der Gottesdienst von beyden Herrschaften in, Iren
svndcrbahren Kürchen Uudt Capellcn nach außwcißuug aller
Besrcundtcn Hcrreu Underhändler» einhelliger Vcrglcichnng
khünftiger Zeit dermaßen angevrdnet ivcrdcn, daß cß dcm
gewvhndtlichcn Undt vrdcntlichcil gcstiften Gottsdienst in der
Pfarrtnrchen nvch den Persohnen, so darauf befielt oder darzu
verordnet (deren vielfältiger Verhinderungen willen von beyden
strittigen Theilen sonder bahre bcschwerden Undt Mängel ein-
kommen) I n cinich weiß noch weeg, weder im singen, leescn,
Predigen vdcr verrichten anderer Ceremonien, sv wvhl vor alß
nachmittag uit vcrhiuderlich oder abbrüchig seh, vihl weniger
ciuicher Theil Ursach gebe», das durch seiu abfvrderen
der Priester oder Schueler die Heylige mnbtcr über die gewohn-
liche Zeit Ußhaltcn vder gar cingestclt werden svllen, Undt svll
anch dcr Stuel hindcr dcr Frawen ncw gemachten gestücl, darin
der Spittalmeister gestanden, denn Frcybcrg ischc n Zu gnettcm
Undt denn vvn S c h e l l e n b c r g scin uc»> gestücl Juu uud
Usscrhalb des ChvrS auch bleiben,
Bclangendt dan Erstgemelts Hcyliger Eigne Äckhcr, welche
glcichwvhl der vvn Sche l lenberg alß Collatvr der Pfarr
laut dero I n annis vier uud dreyssig nnd sünss nnd sechtzig der
weniger Zahl Uffgcrichter Verträgen Zu des Heyligen beste nntz
dcr Herrschaft Undcrthonen lehenS vdcr bestandts weiß Zn ver-
leihen. Aber deu Jenigeu, sv Sie vcrlcyhen, ehe Uudt Zuvor die
vvu Jhueu durch absterben oder iu ander weg lcdig werden,
daß Schellenberg nit befuegt scin svll, einichcn Inhaber» der-
gleichen Heyligen ackher ohne Rechtmäßige Ursachen Uudt vor-
geheudte Richterliche erkaudtuuß, ehe Uudt Zuvor daß lchcu durch
«bstcrbeu dcr Pcrsohnen ledig worden, dic Possession zn entziehen
Undt crnießen darneben die Herren Underhändler, wan nsf Zn-
— 130 —
khünstige fühl, sv dergleichen ackher ledig werden, der vvn
S c h e l l e n b c r g dcr Undcrthvncn halber kein absvndernng oder
Underscheidt halten sondern dcn sreybcrgischen gleich sowohl alß
seiner Underthvncn dic selben Lehen oder bestandtSweiß verleihen
wnrdt, Zu verhaltnng sricdlicbendcr nachparschast, nit wenig für-
ständig vdcr ersprießlich sei«,
Alß dau auch I u Wehrender Exaktion Undt Handlung fnr-
kvmmeu, daß dnrch beyde vbrigkeitcn der Herrschaft Kißlegg des
Jüngst abgestorbenen Psarrhcrren Magister Georgen Reichen Ber-
lasseuschaft halber Undcrschidliche Arrcstativucs beschehcn, deren
Jeder Thcil sich gegcn dcm anderen bcschwchrt, so ist darüber
, lnutter beschlossen Undt sürschen, das baidcrscitS die angelegt
arrcst Undt kümmcr rclaxicrt Undt Unverlangt cntschlagen werden
Undt dcr von S c h e l l e n b c r g AincS Tagß deß PsarrherrS
gläubiger Von seiner hinderlassencn haab Undt güettcrn/Wie sich
gebührt, Zue befridigen, mit der Frawen Von Freyberg sich ver-
gleichen Und fürohin kein Theil ohne bey scin deß Anderen der
Endt Undt vrthen Einichcn Nrderen gerichtlichen actum oder
Hnndluuc. sür sich selbst exercieren, rieben vder gebrauchen, sonder
sich dcren gäntzlich enthalten Undt bcmüeßigen sollen.
Der Zcchendt frey ackher halben, sv Jeder Teil Under
seinem gantzen Zchendtcu ligeu hat, ist also verabschidet worden,
daß vou allcu ackhcreu, wo dic gelegen Undt vvn den Under-
thvneu gebawen Ivcrdcn, dcr Zchendt Jeder obrigkeit gcricht
Undt gegeben werden, biß so lang mit genucgsamcr beweisnng
beygebracht werde», das dcr ackher für das Zchendtcu privilegiert
Undt bcfreyt.
Dieweil auch beyderseits beschwerdcn, Einuemrnnng frembden
Ußläudischcr Persohnen, arrch ein Zeinnng etlicher kraut gärteu
Uudt lnnder Uss gemeiner Trib Undt Tratt, anch Zehendt Pvn
vrthen fürgewcndt worden, sv ist sürschen, daß gleichwohl keinen
obrigkeit frcmbdcn Persohnen ein Znnemmen abgestrickht sein,
doch dieselben mit disem beding uffgcnvmmen worden, daß dar-
durch mit ein Ziehung newcr gärten der Krautländer oder in
ander weeg Einer oder der ander oberkeit noch der gemeindt
kein schmählcrung, Abbruch oder uachthcil zuegcfügt werde,
Sv sich dann gegcn dem genachbawten mißverständt Specu
Undt Irrungen Zutragen wurden, dcrowegcn gemeiner hcmdt-
habung der Herrschast gerechtigkeit Vouuvtheu seiu mvchte, soll
hinfüro kein Theil einigen Span ohne Vorwisscn Uudt bewillige»
deß anderen uit au Zieheu noch vihl weniger Estriche Recht-
— 131 —
fertignng anheben Undt sv Ein Theil deßhalben bedenckhen haben
wnrde, sollen von beider vberkeit wegen Vier vvn Adel crsuecht
Undt gebetten werden, Zu erclären vder Zn erkennen, ob ein
Theil den anderen Uff seinen Cösten getneinc handthabnng Zu
leisten schuldig seye oder uit,
Dan der Vacierendeu Pfarr halb Zue Kißlegg ist durch die
Underhändler Undt Vertrags Herren dise anordtnung bcschehen,
Sv Uudt Wau sich hinfürv Über Kurtz vder lang Zeit Zutragen
Undt begeben, das dic Pfarrkirch zn Kißlegg Entwedcrs dnrch
absterben deß Pfarrhcrs oder ander weeg vacicren Undt
lcdig werden sollte, daß als; dan dnrch den von S c h e l l e n -
berg alß Collator der Kürchcn Uss solchen fahl, so ost es sich
begibt, von solcher Zeit ahn I n Jahressrist Uffs längst die Pfarr
Wider mit Einem Erbahrcn geschicktsten Undt Taugenlichen Priester
(dcr sich dcm auch bey der Fraw von Freyberg vb Er annemblich
Undt gefällig ertzeigc) versehen werden.
Demnach auch Weitter I u Wehrender tractation Undt
handtlnng Einer Rechnung etwelcher Ufferloffencu Uucosteu gegen
den vier matter habcreu Jährlichs Zinß, so der Fraw vvn Frey-
berg Von der Psarr wegen Zugehörig, begehrt worden, ist dnrch
mehr Uudt offt gemcltc Herren Underhändler erkcndt, das Jeg-
licher Theil seinen bishero nfferloffeneu Uncosten, es sey wenig
oder Vihl, selbs dulden Uudt tragen, Undt daS angeregte
Usständige Verfallne Uudt UnbeZahlte Zins dcr Vier Malter
haberS vvn wcgen des Vogt Rechts an statt des von Schellcn-
bcrgs gegen anfordcrnng erlittenen Undt anßgebnen Uncosten
halbers Uffgehebt Undt verglichen sein, aber hinsi.ro solle der
Fraw von Freyberg ermelter von Schellenberg den jährlichen
Zinß der vier Malter habern Zu Rechter gewohntlicher Zeit,
Wie gebräuchig, Unverwcigerlich Unverlangt Zn erlegen schuldig
Undt Verbunden seiu, —
Volgendtß den erwachsenen Und entstandeneu Spann deß
Meßmers halber bclangendt, soll es hinfnrv nach genuegsamer
abhörung Undt Verlesung des darumben in anno der Wenigeren
Jahr Zahl fünf Undt sechzig Uss gerichten Vertrags dcm sclbcu
genieß nachfolgender gestalt Undt also gehalten werden, das dcr-
selbig Zu Jeder Zeit vou dcm von Schel lenberg als
Collator bestellt, auch in gewohnlich glübt Uudt Aydt gemeiner
Hcrrschafst Ein Unpartheyischeu Meßmer Undt Schnelmcister Zn
sein Wie von alters hero Uffgenommen worden, aber dcn Jähr-
lichen Zinß solle Er Meßmer Undt seine Nachkommen allein der
Frawen von Freyberg in Ernst Jetzt angcrcgts Vertrags Wie
biSherv Zn richten Undt Zn geben vbligiert scin.
Die Türckhen Cvntributiou Undt Anlag Über die geistlichen
bclaugeudtc, ist in disem Puncte bcschließlichen abgehandelt Undt
dahin vernbschidet worden: DaS Ein Jede oberkcit seine geist-
lichen allein für sich sclbstcn wie vvn alters herv Zn contribnicren
Undt Zn besteuern besnegt Undt daran Jeder Theil Von dem
anderen nit gehindert nvch geirrt werden solle.
Dieweil anch berichtS Weiß Einkommen, daS Jeder Theil
Ein gewise Maßvrdtnnng Undt AnZnhl JhreS AußschlagS Uff
gemeine Trib Undt Tratt hicvvr angcZcigt Undt benent worden,
soll es bey solchem Ungeändert Undt Unwidcrrnesst verbleiben,
anch Jceder Theil dnrch Ihre Diener Fürsehnng Thuen, das
darwider nit gehandlet sonder beeder scits Wie anch Uff dcr
gcmaindt mit dcm Überschlag auch deu gäuseu Undt Schweinen
auch anderen dergleichen schaden Undt Nachtheil Verhüeth werde.
Sv ist des Schacheu Zue. Netze Uudt strittigen Platz im
Maser hvltz halber diser Endtscheid beyden Theylen Zn gnettcm
gegeben worden, daS man beedt strittige Orth Undt Platz gegen
Einnndercn abtauschen soll, also das dcm von S c h c l l c n b e r g
vbgcmcltcr schacheu vcrmvg seines berühmbten khausbricfs Undt
das stuckh im Maycrholtz dcr F r a w e n von F r e i b c r g hinfüro
I n Ernst erlangter Rechten auch diß Receß Undt Abschidt Aigen-
thiimblichen Znstchcn Undt bleiben solle.
Archiv KiSlcgg zu Wolfegg, FaScikel Nr. .1887. s7ttv
1381. C v n r a d vvn Sche l l cnbc rg , Bnrger allhicr, heiratet die
Katharina Rncffin. Kinder:
1. Hans geb. 1581 1. Dezember.
2. Catnriua „ 1581 1.
3. Barbara „ 1586 10.
Liudauer Cvdcx BenSberg. s7<»1
1581 Aug. 17. Hans Ul r ich von Schc l l enbc rg zu K i s l e g g
erbittet nnd erhält vom Abt von St. Gallen die Bestätigung des
Kauses eineS St. Gallischen Lehens.
St. G. A. X X X I . s7<iS
1381. 1. Requisition nnd Gewalt umb dcn dritten Theil au dem
Ödenhauß zum Dürren, so H a n s Ulr ich vvn Schel len-
berg von Jvß und Georg von Walther erkanft hat.
2. Rccvgnitivn auf obige Requisition. '
1383. Ermahnnngsbrics auf vbige Requisition an Hanß U l r i ch
von Schel lenberg -und an Beat Gevrg Lehenvogt abgegangen.
— 133 —
1582 Jänner 1, U l r i ch vvn Schel lenberg stellt dem Kloster
Bethlehem zu Kißlegg für ein vvn diesem entlehntes Capital vvn
2000 fl zu 5 °/o einen Schuldschein ans,
Fürstl, Archiv zn Wvlsegg Nr. 3840. s7«3
1583 . Lehcnsanfscndnng vvn JvsS und Georg Walter gegen Hans;
Ul r ich von Schc l l cnbe rg umb obigen dritten Theil an dcm
Ödeuhaus zum Dürrcu und dcr zngehvrdt (wie Brief vvm
29. Nov. 1583 besagt) sambt der gerechtigkeit nm Rorbruuucn.
StistSarchiv St. Gallen Fascikel 9. s7«4
1583 Jan. 12. HanS Ulr ich vvn Sche l lenberg nnd Fran
Helena vvn Frcibcrg vereinbaren sich darin, daß jede Partei zwei
Tafcrnwirie nnd zwei Zapfcnwirte ausstellen. Letztere svllen aber
anßcr bci den Jahrmärkten nichts nnSschenken nvch weniger
jemanden beherbergen dürfen.
Fürstl. Archiv zu Wvlsegg Nr. 70. s7<»5
1583 März 2. Hans; Ul r ich von Schel lenberg kanst zn
Gvppcrtshvfcn ein Gut vvn 7V4 Winterfnhrcn nm 700 fl und
60 Pfd Heller.
Fürstl. Archiv Wvlscgg Nr. 3945. s7tt6
1583 Ang. 3. Zwischen H a n s Ulr ich vou Schel lenberg,
Jakob Erbtruchsäßcn zn Waldbnrg und Hcleua vvu Frcyberg
wird ein Vertrag ausgerichtet, wonach dcr vvn Schellenberg drei
zur Kirche gehörige Güter zu Einthürucnberg und zwei ebensolche
zn Weiprcchts erhält.
Fürstl. Archiv zu Wolfegg Nr. 4213. s7«7
1583 Sept. 26. H a n S Ulr ich von Schel lenberg zn K iß l cgg
schreibt an den Kemptischen Kanzler 1>. Ul. Degclin, einige Patres
Jesuiten ans dem Kollegium zu LaudShut wünschten eine Audienz
beim Fürstabt. Er bittet deu Kanzler, sich beim Abt sür dic
Patres zu verwenden nnd empfiehlt letztere als „ehrliche katho-
lische Leute".
Rcichsarchiv iu München. Schellenberg. Akten, ? 355. j7«8
1583 Nvv. 29. „ Ist aus ein besiegelten AnSscndtbrief Hans;
U l r ich vvn Schc l l enbc rg zne Lehen verliehen des Jvss und
Georg von Walther dr i t ten T h e i l an dcm Ödenhanß
znm D ü r r e n , Item dcr dritte Thcil an dcm Platz, darauf vvr
Zeiten ein Schöpf gestanden, desgleichen ganzen gerechtigkeit nnd
daß Engerlin (?) sambt dem Murstvck dabey mit Ihrer gerechtig-
keit verliehen worden."
1583 . „Lehcnbrief Under Abbt Joachim umb mehrgedachtem dritten
theil au dcm Ödenhons; znm Dürren, Item nmb den dritten
Theil am Platz, dnrans vor Zeiten ein Schvps gestanden, des-
gleichen ganzen gerechtigkeit und die Engcrlin (?) sambt dein
Maucrstvck darben, dem Haus; Ulrich vvn Schellenberg ertheilt/'
StistSarchiv St, Gallen FaScikel 0, s7««>
1583 . sBrnchstnck auS ciucm Vertrage Schellenberg—Freyberg,Z
Sechsten, den Strittigen Zchenden, darvvn im Zwantzigsten
Punkten des; Vertrag? meldnng beschehen belangent, svllc solcher
Zehendt sürvhin gericht Iverden, Wv aber Einer sich den Zn
geben beschwährt, svlle Er als; dan seine im Rechten außfürliche
Wvhlgegriiudte lZxv<:ption<!s, wvrninben Er den Zu geben nit
schuldig, svnderu darfür bcsreyt seyu, Juuhalts angezvgens
Zumutzigsteu ArtikulS iu dem Vertrag einverleibt, Vvr dem
negftcn Appellativ» gcricht fürwenden Und dessen Rechtliche
erkhandtuuß hierüber gewärtig sein, derselben gelcben Undt Un-
vcrwcigert darbey verbleiben,
S i b e n d e n , Nach dcm Im Zchendtcu VcrtragS Puncten
die Hcyligcu Rechuuug Uudt Heyligen Pslegcr bctrcsfent dic
Partheyen (daS dcm Heyligen mit Einbringung dcr gültcn Uudt
Zchcudten groscr Uuleydcntlichcr Cvstcn Undt Zvhruug ausgc-
trvcheu werde) beschwchrnns; Weis; sürgebracht llndt Zue uvih-
wcudigcr sürkvmmnng dersclbigen hierin Mittel Undt Erlentternng
Zn Thncn gcbctten, Als; haben die Herrn Vervrdneten dcn selben
pnneten, ivic im Vertrag begriffen, Ungeändcrt bleiben lassen,
dvch aber ist allein Zu abstcllung des bisher» beschehenen Uu-
costeus dic sach dahiu declariert, Ncmblich, das; sürohin Ein Jcde
vbrigkcit Ihrer Underthvnen Heyligen gültcn Undt Züns; dnrch
Jhrcn gesetzte» Heyligen Pfleger allein EinZichcu Undt bey dcr
Hcyligcn Rechnung nllweeg im Pfarrhof sürbriugcu, darZu dan
Jhme Heyligen pslcger alle Zeit sein vberkeit bey Jhrcn Undcr-
thvncn vcrhvlfcn scye Undt darumbcn Jedem Heyligen Pslegcr
Zu Kißlcgg sür seyu müche, arbeith, allen Unevstcn Undt Zvhrnng
für dic Zwey Jahr sieben gnldin in Müntz gcricht werden
sollen. Gleicher gestalt svll cs auch Zn Jmmcnricdt gchaltcn
Uudt dcmsclbigeu Uudt Jedem Heyligen Pfleger daselbst nit mehr
den Zwey psnnd psennig sür Ihr müche, Uncosten Undt Zohrnng
dic Zwey Jahr lang gegeben werden, Sv Vihl aber die bcede
Zchendtcu Zncm BcyumbS Uudt lcubcuricdt belangt, sollen die
beede daS Ein Jahr dnrch dcn Schcllcnbcrgischcn Undt daS
andere Jahr dnrch den Freybergischen als; Kißleggschcn Heyligen
Pfleger alternative eingebracht Und mit anderen Heyligen gülten
Undt Zünßen, Wie vbgemelt, vdentlicher Weis; verricht werden.
Es svllcu auch sürau die Register dcn Hcyligcu bctrcffeut der
vou Schc l lcnberg nlß Vsrns Oollator bey handten haben,
dvch der Frawen vvn Frcyberg Jährlich dcr gethane» Rechnung
Eiu glaubwürdige abschrift Zu gestelt loerdcu. . . ,
ScchZeheudteu , der fürgcbrachteu Span» Uud Irrung
dcn bnrg graben Undt daß gewachsen hvltz darinnen betresseut,
lasse» es die Hcrre» U»dcrhä»dler bey dcm süngstcu Vertrag
bleibe», mit diser erlcntterung, »'eilen stritt wegen abhnwung deS
hvltz auf dcm Theil gegen/dcm schlvß sv weit die Frehbcrgische
Markhen sich crstrcckhen Uud dic Wasser schwcllung uicht
ergriffen ivurde, soll dcr Frawcn vvn Freyberg Undt dan das
ander gchcldt von der F rawcn v, F r cybe rg entgegen über biß
an dcn Weeg, sv ans dcm grabcn Circcl wciß hernmb geht soll
hanß Ulr ichen vvn Sche l l enbe rg Zugehörig seiu Undt
bleibe». -
S i b c n Zehcndten . Nachdem H a n s Ulr ich vvn
Schc l l cnberg sich uff dcu acht Zehcudtcu Vertrags Pnnctcn
bcschwchrt, dnS der Frawc» v. Frcyberg »cbc» Jhme Im Psarr-
hos dic Niedere gerichtliche vberteit, vbivohlcn er allein Collator
sehc, iin Vcrtrag Z» erkhandt wvrden, Und dvch in svlchem
Vertrag vvn St. Catharina pfrundthauß deßselbeu kein Meldung
bescheheu ist, dahin crlcnttcrt wvrden, daS eS ebenmäßig mit
Hanß Ulr ichen vvn Schel lenberg neben dcr Frawen vvn
Freyberg in gemcltem Pfrundthauß gehalten werden svlle. Undt
damit svllen alle vbgeschribnc BertragSpnncte ans beeder Theil
begehren alsv declariert, erleuttert Undt sie dessen Zu beydeu
Theilen Zu srideu seyn . . .
KiSlegger Archiv zn Wvlsegg, Fascikel 1887. s«7v
1583 . Witwc H e l e n a vvn Sche l l enbc rg gebornc vvn
F r c i b e r g zu K i s l e g g beschwert sich bei Bürgermeister und
Rat dcr Stadt Lindau, daß der Lindancr Bürger v-.-, mvcl.
Würget ihr ein Faß Wem, das aus dcm Rheintal herkam,
arretiert habe, wozu er kein Recht gehabt, da sie ihm nichts
schuldig sei uud überdies als Freifrau mir dem kaiserlichen
Gerichte rede zu stehen hätte.
Lindancr A. Schellenberg. Akten. s771
1583 Dez. S. H a n s U l r i ch vvn S c h c l l c n b e r g zu K i ß l c g g
bittct dcu Abt nm Zusendung des Lehcnbriefes sür das ncner-
kanfte Lehen. S t G. A. X X X I . s77Ä
1 5 8 1 . Herr U l r i ch von S c h c l l c n b e r g crkanft vvn dem hl.
Geist-Spital zn Jßny dcn Klein- uud Grvß-Zchent uud Wecg-
— 136 —
zoll z» Dettishvfen si welches besagter Spital anno 1450 vvn
Wangen nm 600 Ps, Heller crkanst hat:s, samt dem Zchentstadcl
nm 900 sl und 2 Malter Haber ewigen Zins,
Chrvnik dcr Pfarre Kißlegg, S 19, s77»
1384 Ju l i 1, H a n s Chr i s t vph vvn Sche l l enbe rg zu
M i l selben, bayrischer Rat uud Pslegcr zu Schongau, als
Hanptschnldner, nnd Dietrich vou Hvrb zu Ringenbnch, keiiip-
tischcr Landtvvgt, Josef Ludwig vou und zu Rnzenried als
Bürgen, bekennen, dem Kvnrad Sigmnnd vvn Freybcrg von
Eiscnbcrg 2000 fl, rheinisch schuldig geworden zu seiu,
Reichsarchiv München, Schellenberg, Urkunden 1? 355, s774
1584 Jn l i 24 nnd Nvv, 2, Dic Herren vvn Schcllcnberg mußten
dcr Kirchcnsabrik Eindürnen alljährl, ewigen ZinS reichein
31 Schesfl Haber und 20 fl Geld,
Herr H a n s U l r i ch vvn S c h e l l c n b e r g hat sich mm vou
dieser Schuld dadurch lvßgckaust, daS cr besagtem Heiligen das
Gnt zn Sigratshvsen nebst andern in der vbcrn Landvvgtei zn
Prätendieren gchabtcn Gülten überlassen hat. I n Svnderheit
wurden dahin überlassen dic bcidcn Güter zn Ellcmtshvfen, wie
auch dcr Zehend allda, dann ein Gnt zu Lanzenhvfcn, Welche
angeschlagen wurden ans 3282 fl 30 kr,
Chronik der Pfarre Kißlcgg, Anhang, s775
1584 Ang, 28, Nach dem Ableben deS W o l f vvn S c h e l l e n -
berg und dessen Hausfrau R e g i n a von M a x e l r a i n , teilen
sich deren Söhne Ul r ich uud D i v n h s in die rückgelafscne
Herrschaft, Fürstl, Archiv zn Wvlsegg Nr, 1004, s77<»
1585. HanS vvn Sche l l enbe rg zn H i i s i ngen , Stanfeu uud
Raudegg stellt, uach dem Tode seines VaterS Gebhard, dcn
Lehen—Revers ans. St, G, A, X X X I , s777
158t». Die Lehen znm Dirrcn werden vvn dcm Hvchwürdigcn Herrn
Abt Joachim von St, Gallen an dic Stadt Wangcn verkaust,
welchen Verkans aber dic H e r r e n von Sche l l enbe rg surc-
l-str-rotus zu anuullicren, nnd besagte Lehen an sich zu löscu
suchen. Chronik dcr Pfarre Kißlcgg, S , 20 s778
158K. H a n S Ul r ich von S c h e l l c n b c r g zu K i ß l e g g und
W a l t e r s h v s e n erhält vvm Wirl znm rvtcn Krcnz sür Be-
wirtung seiner Gäste bei seiner Hochzeit im März 1586 eine
Rechnung, Diese belauft sich auf 141 fl 42 kr für die Ritter,
21 fl 22 kr „ „ Knechte
nnd 7 9 ^ Müßte Haber für die Pferde,
Lindancr A, Schettenbg, Akten, s77!>
158K Febr. 17. Hciratsabrcde zwischen H a n s Ul r ich vvn Schel-
lenberg und Fräulein Johanna von Heggelbach.
Fürstl. Archiv zu Wvlsegg Nr. 47ö. s78v
158K März 24. B a r b a r a vvu Sche l lenberg , we i l . D i o n h s
von Sche l l enbe rg rückgelassene Wi twe , und deren
S o h n D i o n y s verkaufen ihr zu Mühlseldcu am Ammersec
gelegenes Gut an Wolf Prämier nnd Michael Steinauer zu
München nm 9000 fl.
Fürstl. Archiv zu Wolfcgg Nr. 4020. s781
158K Juni 23. Herzog Ferdinand von Bayern stellt dem G a b r i e l
D i o n y s vvn Sche l l enbc rg , Pfleger zu Schongau, eine
Obligation aus für 10,000 fl Hmchtgut (Kapital) und 500 fl
jährlichen Zins.
Reichsarchiv München. Schellenberg. Akten ? 355. s783
158K Aug. 23. Die Straße vou Tetishofeu war „zergangen" und
mnßtc notwendig wieder erstellt werden. Darüber geriet H a n s
U l r i ch vvn S c h e l l e n b e r g zu K i s l e g g und W a l t e r s -
hvsen in Streit mit dem Freiherrn von Mcrsbnrg. Dieser hatte
nämlich die Helena von Frcibcrg zn K i s l e g g znr Gemahlin,
welcher die Halste von Kislegg gehörte. Die zerfallene Straße
lag mm im Kißlegg'schcn Gebiete, das den Schellenbcrgern ge-
hörte. Hans Ulrich von Schellenberg wollte nun, da er die
Straße neu erbauen mußte, eine» Wegzoll oder ein Weggeld
erheben. Das aber wollten die auf Freiberger Seite nicht ge-
statten und daher eiu Prozeß, der sich durch 6 Jahre hinzog.
Unter obigem Datum beauftragt Kaiser Rudolf II. den
Ordenskomthnr zu Alschofeu mit der Untersuchung dieser Sache
ans ein bezügliches Ansuchen des Schelleubergers hin.
Lindauer A. Schellcnberger Akten. s78Z
1587. Dcr kaiserliche Kommissär orduet iu Sachen des Streites
zwischen H a n s U l r i ch von Sche l l enbe rg zn K i s l e g g
nnd denen von Frciberg eine Kommissionsbegehnng an Ort
und Stelle au auf deu 8. August 1587.
Lindauer A. Schellcnberger Akten. l^781
1588 Nov. 27, H a n s U l r ich von Sche l l enbe rg ist dem Hans
von Sirgcnstcin Bürge für 1200 fl.
Fürstl. Archiv Wvlsegg Nr. 3883. s785
(Am 9. Nov. 1588 starb Freifrau Helena von Freiberg zu
Kißlcgg, laut Aufschrist aus dem Grabstein in der Kirche daselbst.)
158N Dez. 4. Der Kaiser ordnet auf erhobene Beschwerde eine noch-
malige Untersuchung dcr Streitsache Sche l l euberg - F r e i b e r g
— 138 —
resp, von Mcrsbnrg an mit dcm Auftrage an den Kommissär
(Hugo Dietrich von Hvhcnlandenbcrg, kaiserl, Rat, Dcutschordens-
Landkvmthnr dcr Bciley Elsaß, Burgund uud Alschvscn), die
Sache endgültig zn entscheiden.
Lindauer A, Schcllenbg, Akten, s78«
1590 Ma i 17 H a u s U l r i ch vvu Sche l l cube rg zu K iß legg
und W a l t e r s hoscn schreibt an Bürgermeister nnd Rat der
Stadt Lindau wegen Mathys Dcllcr, daß cr dcn Wider seine
Untertanen fürgcnommenen Landgcrichtsprvzcß abzustellen ge-
wiesen werde. Lindauer A, Schellcnberger FaSeikcl, s787
1391. Eine Eingabe H a n s U l r i ch S vvn Schc l l enberg zu K i s-
legg wegen des strittigen Weggcldes enthätt svlgende Daten:
Er habc dic Zvllgcrcchtigkcit übcr jcncS Gcbict vvn dcr Stadt
Jsny gekauft. Die betreffende Straße gehe vvn Lindau und
Wangen auf Memmingen, Augsburg und München, Sie sei
ganz zerfallen, sv daß niemand mehr sicher fahren könne. Die
Fuhrleute wvllen, wenn die Straße wieder erstellt werde, ihm
prv Pferd 3 Pfennig Zvl l zahlen. Er dürfe aber ohne Erlaub-
nis des Kaisers den Zoll nicht erhöhen nnd sollte es tu An-
betracht der großen Kosten, die dcr Ban dcr Straße verursacht,
dvch tun dürfcu. Er bittct alsv darnm und auch darum, daß
eine kaiserliche Kvmmissivn die Dinge, an Ort nnd Stelle unter-
suche, Lindancr A, Schclleubcrgcr Altem s?88
1392 Ju l i 5, Haus und Kaspar vvn Schöucm zum Staiu verkauseu
dcu Gebrüdern Ernst und Ferdinand vvn Banmgartcn den
halben Teil der Herrschaft Kißlcgg mit allen nnd jeden Schlössern
nnd Burgen, Dörfern nnd Weilern, sv alles ein Allvdimn ist,
ausgenommen das Marktrecht, Gcricht uud Bännc übcr das
Blnt zu rechte», samt Stock nnd Galgen, sv vvm hl, Rom,'Reich
zu Lchc» herrühren — nm 117,500 fl,
Fürstl, Archiv zu Wvlsegg Nr, 2738, s789
1392 Scpt, 24, H a u s U l r i ch vvn S c h e l l c u b e r g zu K i s l e g g
uud W a l t e r s h v s e n richtet nvchmals eine Bittschrift an dcn
Kaiser betreffend daS Weggeld in seiner hohen nnd niederen
Gerichtsbarkeit zu WaltcrShvfeu,
Der kaiscrl, Rat uud DeutschordeuS-Landkomthnr Hngo
Dietrich von Hohenlandenberg setzt eine neue Zusammenknnft auf
den 27, September 1592 in KiSlcgg fest, (Das Ergebnis ist
ans den Akten nicht mehr zn ermitteln,)
Lindancr A. Schcllenberger Akten, s799
— 139 —
Jänner 17, HanS von Sche l l enbe rg schickt dein Dr, Ul,
Degelin, Rat zn Kcmptcn, einen Stammbaum dcr Hüsinger Linie,
Darans sindet sich vvn seiner Hand dic interessante Beisügnug:
„Ihre Hochwürdeu! Hcrru Vettern vvn Vvhlin bitte mich schön-
stens zn empfehlen, rcmittire die Beilag Undt wüßte ich einmal
i'i>,ticmo der Sche l l cnbc rg -Vadn tz i schen L i n i e kein Be-
richt zu geben. Daß die von Schcllcnberg dic Herrschaft Schel-
lenbcrg oberhalb Vcldkirch biß ohugcfähr umb daß jähr 1380
ingchabt, habe ich miß einer Bündischcn teutschen Chronik ge-
lesen. Die Appenzcllcr haben bcede schlösser rninirt, nnd mit-
hin sich die becdcn Herren von Schellenberg dcr Herrschast an
die Freyherr» vvn hohen Sachsen begeben. Ich kann aber nicht
sagen, wie selbige Herren geheißen, umb disvrts Apendcnten oder
Collatcralen zu wissen, dann schon in sc^nlo 12mc> L u r o l l - r v -
clns v o n Le,bol Ion1zei 'A ' IZLi'tolcIi li!c>nitis clo llissIllA'A' lilia,
iiuiL-r gchchratet Uudt dardurch dic pvssession, allein nit mit
solchen regalicn, wie erst in sc^ulo 11mc> erlangt worden, bey
Unserer familie hicr angcscmgcn, R, D, BncclinnS hat eine
Genealogische Deskriptiv», allein sällt es anch, wie aus alten
briesereycn uicht schvu cinigemahl bekannt wvrden. Ich kann nit
sindeu, was; für Zcith, was; vvr Zeith die vvn Schellenberg zu
Hüfiugcu und Randegg Und dic vvn Sch, zn LcmdStrvst nnd
Offingcn an dcr Donan, mit Unscrscits hier ab eoclsm stipit»
verbrüdert gestanden,"
Rcichsnrchiv München, Schellenberg, Akten ? 355, j7i>1
Mai 13, Der Freiherr vvn Razcnrict als kaiserlicher Kvm-
nüssär, bringt einen Vertrag zwischen dem Truchsäßen vvn Wvls-
egg nnd deu beide» Herrschaften von Kißlegg (Banmgarten und
Schellenberg) wegen Gülten nnd Zinsen zustande. Unterzeichnet
anch HauS Ul r ich v, Sche l lenberg ,
Fürstl, Archiv Wolfcgg Nr, 2232, s7i»Ä
Ma i 15, Kißlcgg, U l r ich vvn Sche l lenberg macht mit
den Besitzern dcr anderen Hülste vvn Kißlcgg, nämlich deu
Brüdcru Ernst nnd Ferdinand vvu Baumgarten einen Vertrag,
dessen Inhalt ist:
1, Die Zcipsenwirte zn Kißlegg dürfen znm Trunk anch ein
Essen, als. Fische, Krebse, Brateu u, dgl, geben. Wer vom
Zapscn zu schenken einmal angefangen hat, ist das ganze
Jahr anSznschcnkeu schuldig, ausonst ihm der Ansschank für
immer (außer dcu 2 Jahrmärkte») vcrbvtc» blcibc» svll,
2, Vv» keinem Teil dars anS den schvn bestehenden Krant-
gcirtcu ei» Zehent verlangt wcrdcn; es dürfen aber anch
— 140 —
keine neue Krautgärteu augelegt werden znm Nachteile des
Zehnten,
3, Der Meßner dient beiden Herrschaften in gleicher Weise,
4, Der Zvl l zn DettiShvfen nnd Mndcrmanns soll gemeinsam
bezogen, dagegen aber svllen die Straßen und Wege daselbst
anch ans gemeinsame Kosten unterhalten werden,
5, Das Haus, welches Hans Ulrich von Schcllcnberg dem
Todtengrciber gegeben hat, soll einem jeden Totengräber
unverzinslich überlassen werden, Haus und Totengräber
beiden Herrschaften gemeinsam scin nnd unterhalten wcrdcn,
„Und damit der Totengräber desto baß seine Nahrung ge-
haben möge, ist hicbei ferner betädigct, daß sürthin mäniglich
zu Kißlegg gcpfärrig denselben gebrauche» und niemaud
eiueu Totcn dnrch die seinigen, wie bisher diewcilcn ge-
schehen, solle selbs begraben lassen," Es svllen beide Herr-
schaften dcm Tvtengräbcr in StcrbenSläuftei'. mit einem Roß
und Karren, mit aller notwendige» Zugehör versehe» uud
solches Roß in gemeinsamem Fnttcr, Nägel und Eisen unter-
halten, desgleichen dcm Totengräber anch vvn jeder ver-
stvrbcnen Pcrsvn wogen ihrer Beerdigung eine Besoldung
bestimmen, welche cr nicht selbst erhöhen darf. Wenn gar
kein Vermögen da ist, bezahlt dic Gemeinde dcn Totengräber,
ö, Vou dcm Gericht zu WalterShofen darf nicht mehr an das
gemeinsame Gericht zu Kißlegg, sonder» mnß a» daS der
Herren vvn Schellenberg, als Besitzer dcr Dörfer WalterS-
hofen nnd Sigrazhosen appelliert werden,
7, Sollte einmal eine allgemeine Reichshülse verlangt werden,
so können die Pfründen nnd Kirchen zu Kißlegg und Ein-
thürucu von beiden Herrschaften besteuert werden,
8, Solle sür deu schellenbergcrseits unternommenen Ban des
Bückerhanses zu Waltcrshvsen und Rötsce, baumgartenerseitS
aber zu Herrvth dic svrstliche hohe und niedere Obrigkeit
vermarkt werden,
9, Wegen des Fisch- und Krcbswasscrs soll eiue Begehuug
stattfiudeu,
1V, Der Gottesdienst zu Kißlegg soll uach dem Vertrag vvn
1S81 gehalten werden. Auch svllcu Pfarrer uud Kavläne
verpflichtet scin, dem Gottesdienste vvn Ansang bis zum
Ende beizuwvhncu uud denselben mit Singen uud auderer
Gebühr verrichten helsen.
— 141 —
11, Nur die Schelleubergischcu Unterthanen zn Dettishofeu,
Mengen und Gvppertshoscn dürfen nebst dem Kirchgang
anch ihre Hochzeitmttler zn Waltershvsen halten. Die baum-
gartischen Unterthauen in diesen 3 Dürfen, wie alle anderen
Leute der Herrschast Kißlcgg dürfen ihre Hochzeitmäler nur
in Kißlegg hatten,
12, Eine Kommission soll bezüglich Wasserrechte uud Wegrcchtc
nach genommenem Augenschein entscheiden.
Diese Punkte betrafen dic vvn den Herrn von Baum-
garten vorgebrachten Beschwerden; folgende bezogen sich auf
dic schelleubergischeu Klagen:
1, Vvn jedem Verstorbenen, der in dem Psarrkirchhof zu Kiß-
legg begraben wird, soll an die Pfarrkirche 1 Pfd, Pfg,
entrichtet werden. I n Sterbensläuften soll dieser Platz aber
der Obrigkeit und dcr Geistlichkeit reserviert bleiben,
2, ES soll die Landstraße im Mndcrmanns ans gemeinsame
Kosten wieder in gnten Stand gesetzt wcrdcn,
3, Der Rvtherbach gehört dem H, vvn Schellenberg bis auf
deu Rvther Gruud und Boden,
Fürstl, Archiv zu Wvlsegg Nr, 1593, s79»
139Z Ju l i 19, Heirats-Abredc zwischen Hans Friedrich Herwart,
Edlen von Hvhenberg, nnd Fran Snsanna geb, von Freyberg,
W i twe des H a n s Ch r i s t vph von Sche l l enberg ,
Fürstl, Archiv zu Wvlsegg Nr, 471, s?94
1594 Jan, 24, HciratS-Abrede des D i o n y s vvn Sche l l enbe rg
mit Fränlcin Elisabeth von Ramschwag,
Fürstl, Archiv zn Wolfcgg Nr, 45, s793
1394 März 2, Randcgg, HanS vvn Sche l l enbe rg schreibt au
Peter Marx vvn Reischach zu Hvhcnstvffeln übcr eine nicht näher
bezeichnete gemeinsame Angelegenheit mit dcm Kloster Kempten,
Er teilt auch mit, daß er seit 4 Tagen an schmerzlichem Podagra
leide, Reichsarchiv München, Schellenbg, Akten ? 355, s79«
1394. Schuldbrief deS G a b r i e l D i v n y s vvn Sche l lenberg
gegcn scinc Gemahlin Elisabeth vvn Ramschwag,
Fürstl, Archiv Wvlsegg Nr, 3615, s?97
1393. H a n s v, Sch, zu Hüs iugcu , S t a u f e n nnd R a n d c g g
erhält vvn dem neuen Abte das Lehen zu Mundelfingcn nnd
reversiert dasselbe. St, G, A, X X X I , 964, s798
1393 März 10, Herr H a u s U l r i ch vvu S c h e l l c u b e r g schenket
zn besserer Unterhaltung notdürftiger Schellenbergischer Unter-
tcmcn dem hl, Geist-Spital zn Kißlcgg daS bei selbem gelegene
Gütlc, wclchcs Martin Hain ^ der AlterS halber in daS besagte
Spital aufgenommen worden is hnberwciS inngchabt hat, mit
Ausnahme dcr Behausung, Hvsstadt, Baindclc, anch Land nnd
Krantgartcn, Chronik der Pfarre Kißlegg, S , 26, s?«»
15i>5 A p r i l 9, HanS Ul r ich v, S c h c l l c n b e r g zu K i ß l c g g
uud Wci l te rShvscu bittet nm Lchenbrief-Ernencrnng von
Seite dcS ncncn AbtcS von St, Gallen nnd crtcilt dcm Hans
vvn Sürgenstcin dcn Anftrag, dcn LehcnSeid an seiner Statt zn
leisten, da cr wegen hvhcn Alters nicht selbst kvmmen kann.
St, G, A, X X X I , s8<X»
Requisition nmb Schetlenbergische Lehen nn Abbt Bernhardt
vvn H a n s Ul r ich vvn S c h e l l e n b c r g uud sambt einem
gewnlt dic Lehen zn empfangen,
15i>5. Lehcnrevcrs nnder Abbt Bernhardt vvn HnnS U l r i ch vvn
Schc l l enbc rg und hat alle Stück uud Güeter iuu, sv der
Extrakt vermag; allem ist der Hvs zum Gvtzsrid ausgelassen,
StiftSarchiv St, Gallen^ Faszikel 9, s8M.
15»? A n g , 16, HauS U l r i ch v, Sche l l cube rg zu K iß l egg
stellt dcu LcheurcvcrS aus (zum letztenmal).
St, G, A, X X X I ,
15»l» Jn l i 25, G a b r i e l D i v n h s v v n S ch c l l cnbe rg nrknndet:
Da ihn dcr Hcrzvg Wilhelm ans cin Jahr gcgcn Widerruf znm
Rat nnd Diener ausgenommen hat, verpflichtet cr sich zum
trcnen Dienste dieses seines Dienstherr»,
Der Hcrzvg seinerseits verspricht ihm fernerhin, ihn sv lange
in seinem Dienste zn belassen, biS er (dcr Herzvg) ihm (dem vvn
Schellenbcrg) die schuldige Summe vvu 10,000 fl, dic er ihm
geliehen hat, abbezahlt haben wird,
Papier mit dcm schönen Siegel dcS Gnbricl Divnhs,
ReichSarchiv Müuchcu, Schellenbcrg, Akten, I' 355, s80A
15»7 Feb, 25, HanS Ul r ich vvn S c h c l l e n b c r g zn Kißlcgg
nnd Waltcrshvfcn nnd G a b r i c l D i v n y S vvn Sche l l en -
berg zn Kißlcgg verständigen sich über das Testament deS Erst-
genannten, wvbei deren Vetter Hans nnd Arbvgast vvn Schellcn-
bcrg zn Randegg mitwirken. Die 690 st, welche H a n s U l r i ch
scin er Schwcstcr Kindcrn mit Namcn Jndith Hvhenkirchcrin
nnd Jnkvba Vicrcckin vermacht hat, svllen anch deren Kinder
erben, ansgenvmmcn dcr Mathäns Viereck,
Da Hans Ulrich dcm Ritter vvn Sürgcnstein 100 fl geliehen,
svllen diese den Kindern des Hans vvn Sürgenstcin nnd dessen
ersten HanSfrau D v r v t h e a vvn Sche l l enbe rg zufallen?c,
Fürstl, Archiv zu Wvlfcgg Nr, 71, ^804
— 143 —
DeS H a n s Ul r ich vvn S c h c l l c n b e r g zn K i ß l e g g
und W a l t e r S h v f e n Dispvsition, wie cs nach sciuem Ableben
mit seinen Gütern gehalten werden svlle. Er hat vvr etlichen
Jahren ein Testament gemacht uud gibt zu demselben nnn fol-
gende Erläuterungen :
1, Die 690 fl, welche HauS Ulrich seiner Schwester K i n d e r n
J u d i t h Hvhenk i rcher in nnd J a k v b a V i e r egg i n
vermacht hat, sollen anch an deren Kinder fallen auSgc-
nvmmen ist MatthänS Vicrcgg,
2, Die 100 fl, welche Hans Ulrich vvr Jahren dcm Veit vvn
Eiseuberg geliehen, schenkt cr deS Hans von Sürgenstein
Hausfran f Dvrvthca gelr vvn Schellenberg hinterlassenen
Kindern,
3, Dcn Verkauf der Herrschaft Kißlcgg anlangend: Sollte eS
sich begeben, daß keiner von Schellenberg diese Herrschast
nm die Ästimation nnd den Anschlag der 60,000 sl annehmen
vder behalten wollte, sondern sie verkaust würde, sv svll sie
dcr Kreszentia vvn Frcyberg geb, vvn Lanbenberg oder
ihren Erben männlichcn Stammes nm jenen Anschlag anS-
gefvlgt ivcrdcn. Sollten diese dieses Adclsgnt früher oder
später wieder weggeben, sv svllen sie es einem vvn Schellen-
bcrg nm 60,000 sl zn gcben schuldig scin und cs uicht
gcstattct scin, sv lauge das Gcschlccht „vvn Schcllcnbcrg"
existiert, es an andere zu verkaufe», Svllte aber dieser
Stamm ganz anssterbcn, oder weder Einer von Schellcnbcrg
noch die Nachkommen dcr Krcszcntia vvn Frcyberg die
Herrschaft um jene Summe übernehmen wvlle», dann sollen
Dorotheas vvn Sürgenstcin männlichc Nachkommen dasselbe
sür jcncn Prcis zu übcrnehmcn berechtigt sein. Konnten
vder wvllten auch diese das nicht tun, so soll die Herrschast
dcr Ritterschaft vvm Gevrgcnschild im Hcgan um jene
Snmmc anznnchmen bcsngt sein nnd sollte diese sic wieder
verknusen wollen, dann svll sie einer vvm Adel, bcsvndcrS
eiucr vvn Schellenberg, nnd wenn keiner sie wollte, einem
Verwandten im Hegnn überlasse» scin,
4, Vvn dem iu Lindau hinterlegten Verweis svll H a n s U l -
rich von Sche l l enbe rg seinem Vetter D i o n y s von
Schc l l cnbe rg eine Cvpic zuschicken,
5, Die 7000 sl vou Haus Ulrichs vvn Schelleuhcrg erster
Hausfran selig, sollen seiner jetzigen HcmSsrau als Eigen-
tum zngehvren: dvch muß diese die Legate des ersten T »
— 144 —
stamentes an ihre Geschwisterte übernehmen, ebenso die
600 fl an den Schenken und an dcn von Rietheim nach dcm
Tode des HauS Ulrich zu bezahlen. Die ihr versprochenen
Korngülten aber, Witwensitz, Kraut- nnd Obstgarten, wie
auch die Bcholzung sollen ihr, so lange sie ihren Witwcu-
staud nicht verändert, jährlich zwischen Martini und Weih-
nachten von den im Testament benannten Banern selbst in
eigener Person in ihren Witwensitz geliefert werden. Ein
solches svll auch künftig D i o u y s vvn S chellenberg bei
den Untertanen bei Verlust seiner Erbrechte verschaffen zu
lassen schuldig seiu.
Der Erbnachfvlger svll auch dcr Witwe in ihrem Wit-
wcnsitz nichts zn schaffen und zu gebieten haben.
Sollte dic Witwc sich aber wieder verheiraten, dann
sollen bcmcltc Früchte, Obst- und Krautgarten und Haus-
laud samt der BeHolzung wieder zurückfallen.
6. I n letzterem Falle svll sie gegen Erstattung vvn 2000 fl
Kißlegg abtreten, Divnys aber schuldig sei», dicsc Summe
ihr sicher zu stellen.
Unterschrift des Hans Ulrich von Schellenberg zu Kiß-
legg uud Waltershofcu.
Vidimiertc Copie im Reichsarchiv in München.
Schellenbcrg. Aktcn, ? 355. j8t>5
1597 April 12. Kißlcgg. H a n s U l r ich schreibt an seinen Nesscn:
Haus von Schellenberg zu Raudcgg und Arbvgast vvn Schellen-
berg zu Randegg haben ihm mitgeteilt, wie er, der Nesse sich
gegenüber dem genannten Hans v. Sch. über das von ihm er-
richtete Testament ausgelassen habe gelegentlich der Hochzeit des
Letzteren.
Er schicke ihm deshalb das Original zn zur Einsicht, damit
er sich tröste. Er solle bedenken, daß er jetzt nicht einmal einen
eigenen Untcrschlauf habe. Sodann sinde er im Teilbriese seines
Vaters, daß ihm, dem Onkel Hans Ulrich, des Vaters Teil an
dcr Herrschast Kißlegg, Waltershosen, Haus und Rcbgartcu zu
Ravenspurg mit aller Gerechtigkeit, Lehen und Eigentum, samt
allen Beschwerden uud Auslosungen ihrer Schwestern für sein
väterliches und mütterliches Erbe für frei ledig und los zuge-
standen uud zugesalleu sei. Daraus gehe hervor, daß cr gegeu
ihu uicht bloß wie ein Vetter, sondern wie ein Vater handle.
Er ersucht ihu daher das ihm zugeschickte Exemplar seines Te-
staments zn unterschreiben.
Fürstl. Archiv Wolfegg Nr. 71. s M V
— 145 —
1597 Okt. 9, Der Abt vvn Kemptcn bittet den Kaiser Rudolf ir .
anvrdnen zu wvtlen, daß dcr Klosterfrau H e l e n a von Schel-
lenberg ihr aucrerbtcs mütterliches Gut zu EngelhcirtSzell im
Lande ob der EnnS, das bei Sr , Majestät Anschlag und Ver-
zinsung liegt, dessen Kapital uud Zinsen sie aber nicht bekomme,
weShalb sie an Nahrung und Kleidung Maugel lcidcu müsse,
ausgefolgt werde, ^Conzcptj,
Unter dcm gleichen Datum schrieb derselbe Abt in derselben
Angelegenheit auch an den Landeshauptmann ob der Enns,
Reichsarchiv Müucheu, Schellcuberg, Akten, ? 355, s807
1598 Ma i 9, Der Landkvmthnr zu NltShauseu schreibt an den
Landvogt vvn Schwaben, an HanS Ul r ich vvn S c h e l l e n -
berg zn K iß l cgg , an Johann AchillcS Jlsnng znm Cancnberg
nnd Friedrich HumpiS von Waltrams zu Schaumberg — be-
treffend Irrung zwischen dcu erstcu zwci (als Vormünder der
Erben des >- H a u s Chr i s toph vvn S r h e l l c n b e r g einer-
seits — und den letzteren anderseits. Er ladet sie zn einem
gütlichen Vergleich oder, wenn dieser nicht erreichbar, zu einem
rechtlichen Spruch aus dcu 7, Juui nach Lcntkirch vvr,
Rcichsarchiv München, Schellenberg, Akten, x 355, j898
1598 Scpt, 3, Kißlegg, H a n S Ul r ich von Sche l l enberg
schreibt an den Abt vvn Kemptcn: Dietrich von Hvrb nnd
Josef Ludwig vvu Razenricd hattcn geklagt gegen Johann
Achilles Jlsnng, Schwager deS H a n s U l r i ch von Schcl -
lcnberg, nnd gegen diesen selbst, als dic beiden Vormünder
dcr Tochter seines f Ve t t c rS H a n s Chr is tvph ,
Hans Ulrich bcstätigt dcn Empsang der Klageschrist, Er
bittet, dic Sache ans längere Zeit hinaus zu verschieben, weil cr
jetzt wcgcn seines hvhen Alters uud eingetretener Unpäßlichkeit
der Sache nicht nachgehen kvnnc. Indes fürchte cr sich vvr dem
Gerichte nicht nnd er wvlle eS bei dcm CvmPrvmiS deS Landt-
kvmthnrs vvn Altshvsen bewenden lassen. Er schrieb am
14, April 1599 in gleicher Angelegenheit wieder an dcn Abt
Reichsarchiv München, Schellenbcrg, Akten, ? 355, l8«9
1599 März 14, Hüsingen, S a b i n a vvn Sche l l enbe rg gebvrne
von Frehbcrg schreibt an den Fürstabt vvn Kemptcn,
Sic schickt ihm cin Fcißle mit frischen Maien-Salmen nnd
damit cincn herzlichen Glückwunsch ans dic hl, Ostcrzeit, Schließ-
lich bittet sie nm 1 Pfd, Pfg, nnd will dann 100 Jahre lang
nichts mehr vom Abte verlangen,
Reichsarchiv München, Schellenberg, Akten, ? 355, j81v
— 146 —
15»!) Okt, 29, HanS Ulr ich vvu Schc l lenbcrg schreibt in
einer Erklärung zu seinem Testament: S e i n e erste F r a u ,
Anun vou We i l e r , habe ihu zum Universalerben eingesetzt
da nnn ihr Bruder Eberhart vvn Weiler vhne Kinder mit Hinter-
lassung ciucS BermvgeuS vvu 50,000 fl starb, habe er ein Recht
ans dic Hälfte dieses ErbeS gchabt, sich abcr mit 8000 sl begnügt,
vvn denen 1000 sl abbezahlt wvrden seien,
Pergamcntvriginal im sürstl, Archiv zu Wvlsegg Nr, 71, s811
C . Khundt Und Zue wissen Sey hiermit: Demnach der Edel
nnd Gestrenge H a n s U lr i ch v v n S ch e l lenbcr g Zne Kißlcgg
uud Waltershvsen Nach dem Willen deß Allmächtigen GvtteS
Anß disein Jammerthal Onnlängstcu Abgcschaidcn nnd Aber
Khninc Eheliche Kinder weder vvn seiner nvch andcrn Ehc-
sraivcn hindcr sich svudern Alain seines BrndcrS svhn, den Anch
Edlen nnd Gestrengen Gabriel Divnisinm vvn Schcllcnberg zne
Kißlegg Und WalterShvsfen, Rvm, Kais, M , Rath Und Vvgt
bccder Herrschaften Blndenz nnd Sonnenberg Vermittelst AiucS
ausgerichtcn Ausprcchlichen TcstamcntS sür seincu Ainigen Und
Allninigcu Universal Erben Zne Rugg gelasen, Welcher Anch
Aus crsvlgten Tvdtsahl seiucS Vctteru die Erbschasst Onvcr-
leugerlich Angetreten nnd nnircktich Apprcheudicrt I n gleichem
neben Wvlermelts seines Bettern Stetigen Übcrblibner Witib, der
Edlen Ehrw, und viel tugcntsamen Frawen J v h a n n a vvn
S c h e l l c n b c r g Gcbv rnen vvn Heggelbach, Dic bccder
seitS Verwante Zne Bcgengnus deß dreyßigistcn beschriben uud
vermocht, DaS hierauf uud nach Verrichtung svlcher Zcrimvuie»,
die anch Edlcn nnd Gestrcngcn Joachim vvn nnd zn Hcmscn
nnd Stctten zum Lfalttcn Markht unnd Hannß Jakvb Huudtpiß
vvn WaltramS als Abgcsandte der löblichen Adclichen uud Freyen
RcichsRittcrschnst in Schwaben deß VicrtclS Hcggcvi Allgeiv uud
Bvdeusccs ObbcnamtS Testament mit seinen anhängen nnd Bey-
lagen (wie daS wolgcdachter HanS Ul r ich v, Sch, hiebeyvvr
i» annv 1598 wvtgemclter Rittcrschafst Zne vcrivarnng nnnd
trcwen Handen in aincm drnchlen vder laden Ubcrschikht) den
Obcrncinten Erben und Wittib Auch Andcrn Auweßenden Jutc-
resscutcu in bciscyn aincr adclichen Freundschast Jnnhalt sür-
geZaigtcr Jnstrnkhtsivn Preseuticrt uud ablcslich zu vcrstceu gc-
gcbcu, Dariber merbcsagte Fraw Wittib (gleichwvl Ans vvr-
gchcndc andcrivcrtige, abcr Hieher Zne vcrmerkhcn vhnnvtiger
Handlung) an dcn Jnstitnirtcu Erbcn Obivvlcrncntcn G a b r i c l
D ivn i s ins vvn Sch, Jrcr Abfertigung und das Sy nach tauth
ihrer Aufgerichtcu hcyrat- und Vcrwcisbricseu, Sv dann Etlicher
in dem vcrlcsueu Testament und dessen, Wie auch anderen mer
anhangenden Zetteln sv sh Übergeben, befindlicher Articel, besri-
digct, Vcrwidcrt, AuSgcricht nnd Versichert werde, bcgcrt. Dessen
sich vielwvlermelter vvn Schellenberg Anch uith aller diugs Ver-
nmigert svnder J r die gebenr nnd Billichait vhn hindcrtrcibtich
widersarcn Zulassen, Also Baldt Rcsolviert und aucrbietlich ge-
macht, Allnin tveil in Etlichen Anhengen vdcr Zetteln, sv sür-
khvmen, Zimbliche Unlauterkhait verspürt, Auch dcr Aiu nnd
?lnder Pnnct in lengcr nachdcnkhen gezogen wvrden, haben der
Herr Alexander des hl, R, R, Eltistcr Erbmarschalkh nnd Herr
zn Pappenheimb :c, nnd Hetzlin Schassen, Rom, R, M , Rath
uud bcstelter Obrister, I u gleichem die Edlen Gestrengen Hannsz
Jakob Vogt vvn Alten-Snmeraw Zne Brasperg und Grvncnberg,
Obgcn, Hauß Jakob Huudtpiß von WaltramS, Hanß vvn nnd
zu Sürgenstcin Zue Achbcrg, Hauß Lcvuhart Rvsenbusch vvu
Nvtzingcn :c, bischösl, RegenSbnrg, Rath, Albrecht von Alten
Sumerav Zne Brasperg als gcgenwertige Bcsreuudte, Aus deS
Herru Erbcu Gabriel Divuysi Seitten — So dann dic auch
Edle uud Gestrenge Jvachim vvn und zn Hansen und Harvrecht
Hnmpiß vvn WaltramS :c, als vvn dem Tcstatvr nvch bey seinen
Lebzeiten dcr Frawcn Wittib ans svlchcn sahl Erbettne beystcndt,
beedt Ihr dcr Fraw Wittib Schwegern, Vettern nnd Brüedcr
Wolf Sebastian Hvchcnkircher ?c, der fürstl, dnrchl, Bayer,
Rath, Christvph Fiedrichen vvn Hvhenberg, fürstl. Augsburgischen
Obristeu Hosjegcrmcister :c, Joachim vvn Heggelbach zu Auch
uud Frauz Jacvb vvu Heggclbach zue Tauucckh — eine durch-
gehende Richtung vermittelt im Einverständnisse mit der Witwe
und des Erbeu, wie folgt:
.1, Dcr Frau Witwe gehören alle ihre Kleider, Kleiuodc,
Kctteu, Riuge uud Gebinde .c,
2, Derselben sollen anch zukommen (statt der 3000 fl HciratS-
güt uud dcr 1000 fl für cmdcrcs Eigentum) ein freier,
eigener, von dcS Teftatvrs ersten Frau Auua geb, vou
Weiler herrührender ZiuSbries für 80V0 fl Kapital, wvvvn
aber 1000 fl abbezahlt wurden, samt 350 fl rückstäudigcm
Zins, Dvch muß die Frau Witwe jene Legate übernehmen,
die dcr Tcstatvr bestimmt hat,
3, Dic Fran Witwc kann fcrncr nehmen als Eigentum cincn
nnit Eschenspänen svrmicrteu Kasten und etliche kleine Schreib-
kcistcheu vdcr Drichlcu, iusgcmein alles, was in ihrem Franen-
stübchcn, in ihrer Kammer und im Kirchgange steht, Dvch
svllen dicse Gemächer nicht ganz geplündert werden nnd
besvndcrs cün Zug für bctligcude Pcrsvucu allda gelassen
werden. Ebenso ist der Frau Witwe zu überlassen der Hansrat
in der neuen unansgebauten Behausung, sosern cr ihr Eigen-
tum war. Auch vom übrigen Hansrat wird ihr dic Hälstc
überlassen: dazu wird auch gcrcchuct dcr uach Wcggaug der
Gäste uvch übrig bleibende Wein, alle Viktualieu, Holz,
Heu, Leinwand, Flachs, Garn und endlich das Vieh.
— 148 —
4, Man übergibt der Fran Witwe auch alles Silbergeschirr,
das mit ihrem uud des Testators Wappcu versehen ist, dazu
ain verguldt Dopplet vder außgctribne Scheir, aiu hochver-
guldtcS Köpflin, daranf ain Engelsbild und ein silberiu
Altfränkisch Becherliu, darin vngcfarlich ain drittenteil einer
Mas; geht; — ferner 20 Malter Vcscn nnd 10 Malter
Haber; vom vorhandenen Geld 100 sl nnd alles Pelzwcrk,
Der Erbe erhält die Sänstcn, das übrige Bargeld,
Korn, deS Testators Kleider und die ganze übrige Hinter-
lassenschaft an Leuten, Güter» ?c,
5, Da HauS Ulrich schon seiner Fran, nunmehrigen Witwe, eine
e-igenc Witwcnbehausuug baueu wollte, durch dcn Tod aber
an dcr Vvllcnduug gehindert wurde, so hat der Erbe Gabriet
Divuys erklärt, das; cr uicht mir den Ban des Hanscs und
des Garteus daran geschehen lassen, sondern dazu noch
160 Guldeu beitragen wolle znr Vollendung des Baues,
Ebenso wolle cr durch sciue Frvhnlcutc ihr alles Baumate-
rial unentgeltlich zuführen lassen, jedoch gcgcn Austeilung
eines Stückes Brot,
6, Damit die Fran Johanna ihren adelichen Witwenstand um sv
besser hinanSbringcn möge, ist ihr uvch zugesprochen worden
ein Sommer-, Winter- und Krautgarteu uud zwei Wiesen,
Sie erhält auch jährlich 100 M , Roggcn vder Besen
und 1 Fuder Habcrstrvh; seruer jährlich 35 sl sür Wcin,
18 sl anstatt cines RindeS und 1 gemästetes Schweiu ans
St, Katharina Tag,
Feruer alle Herbst 1 Zentner Karpsen, cbensv ans dic
Fastcn, ferner 500 Krebse; seruer jährlich 20 Klafter Tcm-
uenholz und 10 Klafter Buchenhvlz, die ihr vvn den mit
Namen aufgeführten Untertanen jährlich gerichtet nnd zuge-
fahren werden, gegen Verabreichung cines Stückes Brot
von 1 Kreuzer wert,
Feruer 20 Malter Vescn nnd 10 M , Haber, 300 Eier
jährlich und 71 Hühner,
Unentgeltlich svll sic auch vou ihrer Herberge ins alte
Schloß gcsahren werden, wenn sie eS verlangt; ovch muß
sie dabei rücksichtsvoll seiu,
Feruer kommt ihr zu jedes zehnte Kalb — also der
Kalbcrzehent; dic Häute muß sic aber dcu Bauern wieder
zurückstellen,
ES svll iu ihr Haus auch Rohrbruuueuwasser geleitet wer-
de» und sie hat das Recht 3 Kühe ans dic Allmeind zn treiben.
Bei allsälliger Saumseligkeit in Verabreichung dieser
jährlichen Leistuugcu vvn Seite der Bauern hat die Frau
Witwe die Herrschaft zu Kißlegg auzuruscu.
Stirbt die Witwe vdcr heiratet sie wieder, sv sallen alle
die Dinge dcm Erbcn, dem H, vvn Schellenbcrg zn, Letztere
haben der Witwe oder ihren Erbeu dann 2000 sl auszuzahlen.
Unterschrieben nnd ans Siegellack besiegelt ist die Urkunde
vvn dcn beteiligten 14 Persvnen,
Fürstl, Archiv zu Wvlscgg Nr, 71, M Ä
feiSmarschail
Mann Mst von Liechtenstein
uM seine ffegierungsseit im sürstenlum
V o n
Karl v. In der Maur.
11
FeldvmjM Johann M von Uechtenpln
M seine Uegierungszelt iin FUüentuin.
„^clvcrsis rernm immsrsadilis unclis."
(Hoi. opist. I., S.)
E i n vornehm ausgestattetes, mit einer Fülle herrlicher
Illustrationen, mit Schlachtenplänen, Übersichtskarten und
Faksimiles versehenes Werk liegt vor uns: die von Oskar Criste
verfaßte Lebensbeschreibung des ruhmbedeckten Feldmarschalls
Johannes Fürsten von Liechtenstein.*)
Der prachtvollen Ausstattung des Werkes entspricht ein
äußerst gediegener Inhal t . I n formvollendeter klarer Sprache,
die an die besten Vorbilder mahnt, sührt uns der Verfasser
durch die vielverschlungenen Pscide des tatenreichen Lebens
seines Helden und flößt uns warme und echte Begeisterung fü r
ihn ein; wenn wir das Buch aus der Hand legen, steht die
Person, der die Beschreibung gilt und die Zeit, in der diese
Person gewirkt, lebendig vor unserem Geiste.
Gute historische Biographien zu schreiben ist eine ebenso
dankbare als schwierige Aufgabe; dankbar deshalb, weil die
allgemein menschliche Seite einer bedeutenden Persönlichkeit
immer Interesse erregt; schwierig deshalb, weil das in den
öffentlichen Archiven aufgestapelte Mater ia l in den seltensten
Fällen über ebcndiese allgemein menschliche Seite genügenden
Aufschluß bietet; da müssen denn eigene vertrauliche M i t -
teilungen des Helden selbst oder Mitteilungen von Personen,
die ihm während seines Lebens nahestanden, zu Hilfe genommen
O s k a r C r i s t e , „Feldmarschall Johannes Fürst von Liechtenstein"/
Eine Biographie. Herausgegeben und verlegt von der „Gesellschaft sür
neuere Geschichte Österreichs". Wien 1905, Kommissionsverlag von L,
W . Seidel und Sohn. (273 Seiten mit vielen Abbildungen, darunter
Reproduktionen von Gemälden, die Fürst Johann anfertigen ließ.)
— 152 —
werden; soweit aber derartige Aufzeichnungen überhaupt vor-
handen sind, schlummern sie häusig in Privatarchiven, die der
Forschung nicht zugänglich sind.
Criste hat zu seiner Arbeit , , abgesehen von einer großen
Zah l vorhandener Druckwerke/ zunächst das Haus-, Hof- und
Staatsarchiv und das Kricgsarchiv in Wien mit großer S o r g -
falt benützt, ebenso auch Beiträge aus dem Pariser National-
archiv herangezogen; es war ihm aber auch vergönnt, die
Privatarchive hervorragender Persönlichkeiten zu durchforschen,
insbesondere jene des Erzherzogs Friedrich, des regierenden
Fürsten von Liechtenstein, der Fürsten Rudolf von Liechten-
stein, Nikolaus Esterh^zy und Ferdinand Zdenko von Lobko-
witz; Cristes Arbeit stützt sich daher ans ein ungemcin reiches
Quellenmaterial, welches überaus gewissenhast verivertet wurde;
das Streben, mit historischer Treue zu schildern nnd der Wahr -
heit die Ehre zu geben, tritt auf jeder Seite des fesselnd ge-
schriebenen Werkes zutage.
Das biographische, Denkmal, welches Criste dem Feld-
märschall Johannes Fürsten von Liechtenstein, dem Großvater
des gegenwärtig regierenden gleichnamigen Landesfürsten setzte,
hat ein ganz besonderes Interesse fü r das Fürs tentum Liechten-
stein, denn der ruhmvolle Sprosse jenes erlauchten Geschlechtes,
nach welchem das kleine, am Oberrhein gelegene Land seit
1719 benannt ist, hat gleich vielen seiner berühmten V o r -
fahren nicht nur bei großen Weltereignissen eine maßgebende
Rolle gespielt, er hat auch der Lokalgeschichte seines Landes,
das er von 1805 bis 1836 mit einer kurzen, später zu be-
rührenden Unterbrechung als S o u v e r ä n beherrscht hat, den
Stempel seiner kraftvollen Ind iv idua l i t ä t aufgedrückt, die bis
in die Gegenwart nachwirkt.
I m ersten Abschnitte nachstehender Darstellung soll nun
unter Benützung der von Criste dargebotenen Daten die Per -
sönlichkeit des Fürsten und sein Wirken, soweit letzteres sich nicht
aus das souveräne Fürstentum bezieht, kurz beleuchtet werden,
während im zweiten Abschnitte auf Grundlage des im Archive
der fürstlichen Regierung zu Vaduz )̂ vorhandenen und ein-
)̂ Überall, wo wir dieses Archiv ausdrücklich anführen, bedienen
wir uns der abgekürzten Bezeichnung L . R. A .
— 153 —
gehend durchforschten Aktemnaterials gewissermaßen zur E r -
gänzung des Criste'schen Werkes versucht werden wird, der
Bedeutung und der Tätigkeit des Fürsten fü r sein Land einiger-
maßen gerecht zu werden, was sich- schon deshalb empfiehlt,
weil P e t e r K a i s e r in seiner Geschichte des Fürs ten tums
Liechtenstein') diese Zeitperiodc höchs t e i n s e i t i g u n d
u n g e n a u i n e i n e r W e i s e b e h a n d e l t , d ie m i t dem
t a t s ä c h l i c h e n , a u s d e m v o r l i e g e n d e n U r k ü n d e n -
m a t e r i a l e zu e n t n e h m e n d e n S a c h v e r h a l t e z u m
T e i l e g a r n ich t ü b e r e i n s t i m m t und weil sich bisher
niemand gefunden hat, der dieser Darstellung Kaisers literarisch
entgegengetreten wcire^ ' ' '
I .
Fürst Johann (Josef) von Liechtenstein erblickte zu Wien
am 26. J u n i 1760 als Sohn des Fürsten Franz Joses und der
Fürst in Leopoldine, geborenen Grä f in von Sternberg, das Licht
der Welt. Unter den vornehmen Familien bestand damals
die Sitte, daß sie aus christlicher Demut nur arme Leute als
Taufpaten wählten und so waren denn auch die Taufpaten
des Prinzen zwei P f r ü n d n e r aus dem großen Wiener Armen-
hause.
Z u r Zeit der Geburt des Prinzen Johann war der be-
rühmte Schöpfer der österreichischen Artillerie, Feldmarschall
Fürst Wenzel von Liechtenstein, Chef des fürstlichen Hauses!
als derselbe am 10. Februar 1772 im 76. Jahre seines Alters
kinderlos gestorben war, fiel das große Majora t des fürstlichen
Hauses und die Regierung des Reichsfürstentums Liechtenstein
an den Vater des Prinzen Johann, den Fürsten Franz Josef,
der wenige Tage darauf auch den bedeutenden ^ Besitz seiner
Cousine, der durch ihre großartigen Stiftungen, bekannten Her-
zogin M a r i a Theresia von Savoyen, geborenen Fürs t in von
Liechtenstein erbte/ . . .
y P. K a i s e r , „Geschichte des Fürstentums Liechtenstein. Nebst
Schilderungen aus Chur-Rütien's Vorzeit". Chur 1847, Druck und Verlag
von Friedrich Wassali. (ö12 Seiten.) S o ost nur Kaiser zitieren, ist
dieses Werk gemeint.
- 154 -
A m 18. August 1781 starb, der Vater des Prinzen im
55. Lebensjahre; er hatte mit seiner Gemahlin und dem
Prinzen Johann eine Reise nach Deutschland angetreten und
in den Bädern von Spaa längeren Aufenthalt genommen; als
er sich von dort nach Pa r i s begeben wollte, erkrankte er in
Metz, wo ihn der Tod ereilte. ') Infolge seines Ablebens über-
ging das große Majora t des Hauses und die Regierung des
Reichsfürstentums an den damals 22jährigen Prinzen Alo is
Josef, den älteren Bruder des Prinzen Johann.
V o n Jugend aus fü r den militärischen Beruf begeistert
und hiezu unter Aufsicht des Feldmarschalls M o r i z Grasen
Lacn durch den Hauptmann Col l in vorgebildet, beschritt P r inz
Johann, nachdem er infolge des Todes seines Vaters auch
finanziell selbständig geworden war, am 26. A p r i l 1782 die
soldatische Laufbahn, indem er als Oberlieutenant in ein
Kürassierregiment trat.
Seine besorgte Mutter sah dies nicht gerne, denn sie
fürchtete fü r die Gesundheit des Prinzen, dessen Konstitution
großen Strapazen nicht gewachsen zu sein schien.
Criste erwähnt S . 158 vom Fürsten Franz Josef, daß er 1777 die
Erlaubnis erhalten habe, alljährlich 1000 Dukaten und je 2000 Silber-
gulden und Zwanziger mit seinem Gepräge im k. k. Hauvtmünzamte zu
Wien schlagen zu lassen u n d d a ß dieses Recht auch heu te noch
bestehc. Letztere Angabe ist nicht ganz genau. Die Quelle des gegenwärtigen
Münzrechtcs des regierenden Fürsten von Liechtenstein ist nicht die 1777
erteilte Erlaubnis, sondern dieses Recht fließt aus den Prärogat iven der
Souveräni tä t . Der Fürst kann gleich anderen Souveränen Münzen schlagen
lassen, wo und wie es ihm beliebt, ohne an das Wiener Hauptmünzamt
oder an obiges Ausmaß gebunden zu sein; wühlt er oder ein anderer
auswärt iger Souveräu zur Vornahme der Prägungen das Wiener Münz-
amt, so bedars dieses jedesmal der besonderen Bewilligung des k. k.
Finanzministeriums zur Durchführung der Münzprägungen. Das Münz-
recht des Fürsteuhauses bestand übrigens schon lange vor der oben an-
geführten Erlaubnis, wurde bereits 1614 von dem Fürsten K a r l aus-
geübt und ist auch in dem die Begründung des Neichsfürstcntuius Liechten-
stein aussprechenden Palatinatsdiplom des Kaisers Kar l V I . vom 23.
Jünne r 1719 ausdrücklich anerkannt; dieses Diplom ist im „Jahrbuch des
historischen Vereines für das Fürstentum Liechtenstein", (l. Band, Vaduz
1901) als Beilage zum Aufsatze „Die Gründung des Fürs tentums
Liechtenstein" abgedruckt. V g l . übrigens auch Dr. Alexander Missong,
„Die Münzen des Fürstenhauses Liechtenstein" (Wien 1882).
— 155 —
I m F e l d z u g e des K a i s e r s Jose f gegen die P f o r t e ,
1788, finden wir den Prinzen bereits als Oberstlieutenant bei
Kinsku-Cheveauxlegers, den alten Pappenheimern, in dem zur
Belagerung von Dubica bestimmten Korps seines Oheims, des
Generals der Kavallerie K a r l Fürsten von Liechtenstein. Ende
Oktober 1788 nicht unbedenklich erkrankt, eilte der P r inz im Herbste
1789 nach erfolgter Wiederherstellung auf den Kriegsschauplatz,
wo er, 1790 zum Oberst des bezeichneten Regimentes beför-
dert, an der Belagerung von Cetin teilnahm und als einer der
ersten die Festungsmauern erstieg; fü r sein tapferes Verhalten
wurde er noch in nämlichem Jahre mit dem Ritterkreuze des
militärischen M a r i a Theresien-Ordens dekoriert.
A m 12. A p r i l 1792 vermählte sich der Pr inz mit der
16jährigen anmutigen Tochter des Landgrafen Egon zu
Fürstenberg-Weitra, Josefa Sophie, rückte aber bald darauf in
die Niederlande gegen die f r a n z ö s i s c h e n M e v o l u t i o n s h e e r e .
Durch einen kühnen und glänzenden Reiterangriff zer-
sprengte er am 12. Sept. 1793 bei dem in der Nähe von
Cämbrau gelegenen Dorfe Avesnes-le-Sec die feindliche
Übermacht und nahm nm 24. M a i 1794 an dem Gefechte
von Erqueline, wo er den Feind förmlich überrannte, sowie am
16. J u n i 1794 an der Schlacht bei Fleurus, wo er eine
wütende Attacke mit der größten Bravour erfolgreich durch-
führte, den rühmlichsten Anteil .
E r war inzwischen am 20. A p r i l 1794 zum Generalmajor
befördert worden; sein bisheriges Regiment, das ihm mit der
größten Verehrung anhing, sah sein Scheiden aus dem Regi-
mentsverbande mit dem lebhaftesten Bedauern. ')
Neue Lorbeeren holte sich der Fürst im Jahre 1796 im
glücklichen Feldzuge des Erzherzogs K a r l gegen die französischen
Generäle Jourdan und Moreau.
A m 13. Mai 1838 .fand in Wien die Enthüllung des Monu-
mentes der Kaiserin Maria Theresia statt, bei welchem A/ilasse der
Kaiser diesem Regiments, welches zuletzt Dragoner-Regiment Fürst von
Montenuovo Nr. 10 hieß, für immerwährende Zeiten den Namen „Feld-
marschall Johannes Josef Fürst von Liechtenstein" verlieh. Vgl. K o j e tan
P i z z i g h e l l i , „Geschichte des k. u. k. Drogoner-Regimentes Johannes
Josef Fürst von und zu Liechtenstein Nr. 10. - 1631-1903". (Wien 1903.)
— 156 -
Ende J u n i dieses Jahres nach Deutschland zur Armee
eingerückt, zeichnete er sich bald in einer Reihe von Gefechten
durch kühne Initiative aus, vertrieb, nachdem Erzherzog K a r l
den General Jourdan am 24. August bei Amberg geschlagen
hatte, die französische Besatzung aus Nürnberg und bewirkte
durch sein mutiges und entschlossenes Eingreisen am 3. Sep-
tember den günstigen Erfolg der Schlacht von Würzburg . Z u r
Belohnung fü r die besonderen, von dem Oberkommandantm
Erzherzog K a r l stets auf wärmste anerkannten Verdienste, die
sich Fürst Johann in diesem Feldznge erworben hatte, verlieh
rhin Kaiser Franz am 26. September 1796 das KomMandmr-
kreuz des M a r i a Theresien-Ordens. Als sich im Jahre darauf
die Friedensunterhandlungcn, welche am 18. April 1797 zum
Prä l iminar f r ieden von Leoben geführt hatten, ' deni Abschlüsse
eines definitiven Friedens näherten, berief der Vertreter Öster-
reichs, Graf Ludwig Cobenzl, den Fürsten Johann nach
Udine; dort sah der Fürst zum erstenmale den. General Napo-
leon Bonaparte, der ihn zur Tasel zuzog. E r sand den klein-
gewachsenen, bleichen und düster blickenden M a n n , der das Aus -
sehen eines Vierzigjährigen hatte, trotzdem er erst 28 Jahre
zählte, herrisch, rücksichtslos, barsch und wortkarg.. Dem Diner
wohnte auch Napoleons Gemahlin Josefine (verwitwete
Beauharnais) an, die neben dem Fürsten saß ; in ihrer antiken
Tracht sah sie trotz ihrer 35 Jahre sehr anziehend aus, führte
eine lebhafte Konversation, sprach in royalistischem Sinne und
äußerte sich voll Bedauern über das Los der Königin M a r i a
Antoinette.
Der Friede von Campoformio kam 17. Oktober 1797
zustande, aber schon im Jahre. 1799 begann aufs Neue der
Krieg zwischen Österreich und den mit ihm koalierten Staaten
einerseits und Frankreich andererseits. Fürs t Johann erhielt in
diesem zwe i t en K o a l i t i o n s k r i e g e seine Einteilung zur Armee
in I ta l ien und hier war es, wo er auf den alten Schlacht-
feldern Hannibnls, an der Trebbia, während der heißen Tage
vom 17. bis 19. J u n i 1799 durch sein blitzartiges Eingreifen
den Sieg, der durch die Strategie des russischen Feldmar-
schalls Alexander Grafen (nachmaligen Fürsten) Suworow vor-
bereitet war, an die Fahnen der Koalition zu fesseln verstand
und damit zunächst das Schicksal der Lombardei entschied. A m
18. Z u m war ihm, wie er selbst nach Hause meldete, durch
einen Kartätschenschuß der ganze Rockschoß vom Leibe gerissen
worden, wodurch er einen Beutel mit 30 Dukaten und 200 sl
verlor — er aber blieb unversehrt.
- Feldmarschall Suworow, der den Fürsten Johann noch
nicht persönlich kannte, eilte bald nach der Schlacht zu ihm,
umarmte ihn und nannte ihn „1s Irsros cw l ' I w l i s ^ ;
sämtliche österreichischen Generäle erschienen bei ' ihm ' und
drückten ihm ihre Anerkennung mit der Bitte aus', die Reihen
der Armee nicht zu verlassen. ' ' '
Dem Fürsten Johann, der im August 1799 außer der
Tour zum Feldmarschall-Lieutenant ernannt wnrde, sollte im
nämlichen Feldzuge abermals Gelegenheit geboten werden, sich
auszuzeichnen.
E r kämpfte in der" blutigen Schlacht bei Novi am 16.
August 1799 uud bedrohte mit Er fo lg die Rückzügslinie der
Franzosen, eroberte am 23. September Pinerolo, griff am 4.
Oktober entscheidend im Gefechte bei Scwigliano ein und er-
stürmte am 13. November die höchste Anhöhe von S a n Lorenzo ;
hieraus mit dem > Oberbefehl über das Belagerungskorps der
starken Festung Cuneo betraut, brachte er diese schon nach wenigen
Wochen, am 3. Dezember 1799, zu F a l l ; Ende 1799 verlieh
ihm der Kaiser das 9. Dragonerregiment. Nach Hause zurück-
gekehrt, wurde er durch ein heftig auftretendes Gichtleiden wie-
derholt an das Krankenlager gefesselt; nur halb genesen, ließ
er sich im September 1800 nach der unglücklichen Schlacht
bei Marengo, durch die am 14. J u n i 1800 die Früchte der
Siege des Jahres 1799 zunichte wurden, aus Eifer f ü r die
Verteidigung des. Vaterlandes wieder anstellen. ' . ' '
Es folgte der 3. Dezember 1800, der Unglückstag von
Hohenlinden, f ü r den Fürsten ein Tag, der ihm Gelegenheit
bot, seine hervorragenden militärischen Eigenschaften in glän-
zender Weise zu betätigen; wie der Kommandant des geschla-
genen Reservekorps, Gras Vinzenz Kolowrat, selbst meldet, be-
hauptete Fürst Johann- durch 9 Stunden den Kampsplatz gegen
die feindlichen Strei tkräfte , hinderte durch wiederholte Attacken
das weitere Vordringen des Feindes, bot durch sein mutiges
— 158 —
Ausharren die Möglichkeit zur Sammlung der fast ganz auf-
gelösten Infanterie und deckte mit, seinen Reitern den Rückzug
der geschlagenen Armee. Kaiser Franz hielt mit seiner Aner-
kennung nicht zurück und äußerte sich damals zur Mutter des
Fürsten, ihr Sohn habe ihm die halbe Armee gerettet.
Z u m Lohne für fein tapferes Verhalten wurde dem F ü r -
sten am 14. August 1801 das Großkreuz des M a r i a There-
sien-Ordens zuteil; am 18. August fand in Wien unter A n -
wesenheit einer ungeheuren Volksmenge ein glänzendes Ordens-
fest statt, bei dem der Kaiser den Fürsten umarmte. Während
der den kriegerischen Ereignissen von 1800 folgenden Friedens-
jahre versah der Fürst , dem im M ä r z 1801 an Stelle des
aufgelösten 9. Dragonerregimentes das 7. Husarenregiment
verliehen worden w a r , ' ) den Dienst als Divisionär in Wien .
Nachdem am 18. M a i 1802 sein jüngerer Bruder P r i n z
Phil ipp gestorben war, ereilte am 24. März 1805 auch seinen
älteren, erst im 46. Lebensjahr stehenden Bruder, den regieren-
den Fürsten Alo i s , der sich niemals einer kräftigen Gesundheit
zu erfreuen gehabt hatte, das gleiche Schicksal.
D a Fürs t A l o i s , welcher mit Karoline Grä f in von
Manderscheid seit 1783 vermählt war, keine Kinder hinterlassen
hatte, wurde F ü r s t J o h a n n Chef des f ü r s t l i c h e n Hauses
und hiedurch zur Übernahme des großen Majoratsbesitzes und des
Reichsfürstentums Liechtenstein berufen. Unter diesen U m -
ständen fehlte es nicht an Bemühungen, ihn um so mehr zum
Verlassen des Militärdienstes zu bestimmen, als seine Gesundheit
durch die Wechselfälle der vorangegangenen Kriege sehr erschüttert
war ; beim Ausbruche des neuen d r i t t e n K o a l i t i o n s -
kr ieges , der mit der Kapitulation von U l m , 17. Oktober 1805,
einen unglücklichen Anfang nahm, lag der Fürs t krank dar-
nieder; da traf ihn anfangs November 1805 der Ruf des
Kaisers, der in der Not des Vaterlandes nach seinen Diensten
verlangte; trotz dringenden Abratens der Ärzte stellte er sich
dem Kaiser ungesäumt zur Verfügung und bewies damit, wie
Dieses Regiment sührt jetzt den Namen des deutschen Kaisers.
Vg l . K a j e t a n P i z z i g h e l l i „Geschichte des k. u. k. Husaren-Regimentes
Wilhelm II. Deutscher Kaiser und König von Preußen Nr. 7 — 1798—1896."
(Wien 1896.)
— 159 -
sehr er imstande war, sein persönliches Interesse dem allge-
meinen Besten unterzuordnen. A m 14. November 1805 be-
auftragt, das Kommando über das Korps Auersperg zu über-
nehmen, den Kommandanten Fürsten K a r l Auersperg aber,
dem die Preisgebung Wiens und die nachgefolgte Besetzung
der Stadt durch die Franzosen zur Last gelegt wurde, zu
verhaften uud noch Königgrätz zu senden, begab sich Fürs t
Johann sofort in das Hauptquartier und vollzog am 17. N o -
vember seine Vereinigung mit dem russischen General Michael
Kutusow, der den Oberbefehl über die gesamte Streitmacht zu
führen hatte.
Kaiser Franz hatte gehofft, Fürst Johannes würde die
erste Triebfeder und der Leiter der großen vereinigten Kriegs-
macht werden, da Kutusow ein rechtschaffener M a n n sei, der
anderer Meinung höre und weisen Rat gern annehme; diese
Hoffnung sollte sich nicht erfül len; der Fürs t fand bei General
Kutufow wenig Gehör ; Z a r Alexander I., im Hauptquartier
eingetroffen, brannte vor Begierde, Napoleon in offener Feld-
schlacht entgegenzutreten.
S o kam es am 2. Dezember 1805 zur berühmten D r e i -
kaiserschlacht bei Austerlitz, die zum T e i l auf den Besitzungen
des Fürsten geschlagen wurde.
Nach mehrstündigem mörderischem Kampfe hatte Napoleon
das Zentrum der Verbündeten bei Pratze durchbrochen und
damit die Schlacht entschieden.
Z a r Alexander, von dieser ungünstigen Wendung aufs
äußerste betroffen, drängte den Kaiser Franz zn einer Z u -
sammenkunft mit Napoleon; Fürst Johann wurde am 3. De-
zember nach B r ü n n entsendet, wo er eine lange Unterreduug
mit Napoleon hatte; Tags darauf kamen die"beiden Monarchen
bei einer kleinen Mühle in der Nähe des zu den Besitzungen
des Fürsten gehörigen Ortes Nasedlowitz zusammen; der Unter-
redung wohnte niemand bei, als Fürst Johann, dem nun die
schwierige Aufgabe gestellt wurde, die Friedensunterhandlungen
zu führen. Diese wurden zunächst am 10. Dezember 1805 in
B r ü n n begonnen und gestalteten sich unter dem Einflüsse des
ränkesüchtigen, geriebenen Ministers Fürsten Tallenrand höchst
peinlich.
— 160 —
Entgegen den Zusicherungen, ' die Napoleon in Nased-
lowitz gemacht hatte, steigerten sich' seine Forderungen ins
maßlose; im kaiserlichen Hauptquartier zü Höllisch herrschte
dagegen völlige Ratlosigkeit. Die Konferenzen blieben in B r ü n n
ohne Ergebnis. A m 20. Dezember wurden sie nach Preßburg
verlegt. Der Fürst drängte zur Entscheidung, w e i l ' er sah,
wie jeder Tag des Zuwartens neue Ansprüche Napoleons
zeitigte; endlich wurde am 27. Dezember 1805 i m ' P r i m a t i a l -
sanle zu Preßburg der Friede unterzeichnet, und schon 'am
1. J ä n n e r 1806 wurden die Ratifikationen ausgewechselt.
S o drückend die Friedensbedingungen waren, es war
nur den patriotischen, Bemühungen des Fürsten Johann zu
verdanken, daß sie nicht noch härter ausfielen.
Laute Ovationen begrüßten den Fürsten als Friedens-
bringer in W i e n ; Kaiser Franz . aber verlieh ihm arn« 12. Fe-
bruar 1806 den Orden des goldenen Vlieses und sprach ihm
bei diesem Anlasse den wärmsten Dank sür die. in den schweren
Tagen mit hingebender Selbstverleugnung geleisteten Dienste
aus. — - . . - ,
Großes Aufsehen erregte es, als auch Napoleon dem
Fürsten ein Zeichen seiner Wertschätzung gab, indem er ihn,
ohne daß der Fürst irgendwelche Schritte getan hatte, in den
1806 begründeten Rheinbund aufnahm; wir besprechen dieses
Ereignis näher in dem zweiten Abschnitte gegenwärtiger
Darstellung. -
A m 18. Dezember 1806 wurde der Fürst zum komman-
dierenden General in Ober- und Niederösterreich und Kom-
mandanten der Stadt uud Festüng Wien' und am 9. Sep-
tember 1808 zum General der Kavallerie ernannt; das J ä h r
1809 rief i h n wieder zu den F a h n e n . A m 30. M W z 1809
war das von dem bekannten Staatsmanne und Publizisten Fried-
rich von Gentz verfaßte berühmte Kriegsmanifest erschienen: 'der
Krieg gegen Frankreich ' wä r beschlossen. Fürst Johann, der
den Befehl über das I. Reservekorps erhalten hatte, begab sich
anfangs A p r i l zur Armee; schon- am 20. A p r i l gelang ihm
die Einnahme der von den Franzosen besetzten Stadt Regens-
burg; Erzherzog K a r l , am 22. A p r i l bei Eggmühl geschlagen,
- 161 —
suchte das Heer bei Regensburg auf das linke Donauufer zu
überführen, w a s ' nur dadurch glückte, daß der Fürs t durch
stürmische Reiterangriffe ., den . Übergang zu decken vermochte;
ande rn fa l l s .wäre eine Katastrophe unvermeidlich gewesen.
Der Erzherzog rückte nun durch Böhmen nach Nieder-
österreich, Napoleon aus der linken Donauseite in der Richtung
gegen Wien, das am 12. M a i kapitulierte; bei Aspern trafen
sich die beiden Heere wieder.
Während der zweitägigen Schlacht am 21. uud 22. M a i
1809 wurden dem Fürsten, ' der sich durch beispiellose Kühn-
heit auszeichnete, fünf Pferde unter dein Leibe weggeschossen;,
ein Kopflsieb verbog ihm die Metallhülse des grünen Feder-
busches, „aber dieser berühmt gewordene zerhauene Federbusch
war überall sichtbar, wo die Gefahr ' am größten war", sagt
Criste, der bei diesem Anlasse eine höchst anschauliche Schi l -
derung wiedergibt, die Oberstlieutenant (Zöllner, der Adjutant
des Fürsten, über dessen Verhalten bei Aspern entworfen hatte.
' Erzherzog K a r l bekannte laut und offen, daß Fürs t J o -
hann die Schlacht entschieden habe; in dem Armeebefehle vom
24. M a i 1809 gedachte er des Fürsten in folgenden Wor ten :
„Der Herr General der Kavallerie, Fürs t Johann Liechten-
stein, hat seinen Namen verewigt, Dieses Gefühl und die
warme Anhänglichkeit an seine Person verbürgt ihm den Dank
unseres Monarchen. Ich kann ihn nur mit dem öffentlichen
Ausdruck meiner Achtung lohnen."
Mitte J u n i 1809 rief den Fürsten die schwere Erkran-
kung seiner Mutter aus dem Kriegslager nach Feldsberg; am
27. J u n i hauchte sie ihren Geist sanft und schmerzlos in den
Armen ihres einzigen geliebten Sohnes aus. )̂ Fürs t in M a r i a
Leopoldine, allgemein „die Franz in" genannt, 2) war eine edle
F rau , die in ihren jüngeren Jahren schon am Hofe der
Kaiserin M a r i a Theresia gerne gesehen war und auch jenem
Zirkel vornehmer Damen angehört hatte, den Kaiser Josef mit
J a k o b v o n Falke, dessen Angaben sonst sehr verläßlich sind,
bezeichnet in seiner „Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein",
(III. Wien 1882, S . 244) irrig den 5. A p r i l 1800 als Todestag der Fürstin.
2) V g l . A d a m W o l f , „Fürstin Eleonore Liechtenstein" (Wien
187S), S . 113 u. ff.
— 162 —
Vorliebe aufzusuchen pflegte. I n einer 31jährigen,. überaus
glücklichen Ehe hatte die Fürs t in ihrem Gemahl 8 Kinder
geschenkt; sie überlebte ihn um sast 28 Jahre.
V o n der Bahre seiner Mutter weg war der Fürs t unver-
iveilt auf den Kriegsschauplatz zurückgekehrt, wo bald daraus
die Schlacht bei Wagram geschlagen wurde.
A l s er am 5. J u l i nachmittags im Begriffe stand, sich
den anrückenden Franzosen entgegenzustellen, wurde sein in
gestrecktem Galopp dahineilendes Pserd durch eine Kanonen-
kugel niedergerissen, er selbst kam unter das Pferd zu liegen
und bis Hilfe zur Stelle war, um ihn aus seiner Lage zu be-
freien, fausten die Kartatschen um ihn herum. Die Nacht zum '
6. J u l i verbrachte der Fürs t auf dem Schlachtseide; als er
bei Tagesanbruch sich zugleich mit dem in seiner unmittelbaren
Nähe befindlichen Obersten Grasen Josef Chotek vom Ruhe-
lager erhob, traf diesen eine Kanonenkugel, die ihn augenblicklich
tötete. Auf dem Ritte zum Kampfplatz an einen Hohlweg ge-
langt, durch den eben Infanterie marschierte, übersetzte er, ohne
sich viel zu bedenken, mit seinem Pferde in kühnem Sprung
den Graben über die Köpfe der Infanteristen hinweg; bei der
Rückkehr erlitt er durch eine feindliche Salve eine Kontusion,
während sein Pferd von einer Kugel in die Brust getroffen
zusammensank, worauf einige Franzosen herbeisprengten, um
sich der Person des Fürsten zu bemächtigen; es gelang ihnen
nicht, denn der Fürst gab dem Pserde die Sporen und dieses
brachte ihn vor seinen Verfolgern in Sicherheit.
Der mörderische Kamps mußte abgebrochen werden, weil
Erzherzog Johann mit seinem Korps nicht zur erwarteten Zeit
eintraf. Der Generalissimus Erzherzog K a r l leitete nun den
Rückzug gegen Zna im ein, Fürst Johann aber wurde abbe-
rufen, um Friedensunterhandlungen mit Napoleon zu be-
ginnen, wozu Erzherzog K a r l schon früher nachdrücklichst
geraten hatte.
Der Fürst traf Napoleon am 11. J u l i um Mitternacht
im Lager bei L a a ; sogleich bei Anfang der Unterredung, welche
sich durch fast 6 Stunden hinzog, erklärte Napoleon, vom
Frieden nichts wissen zu wollen, dagegen erörterte er seine
Zukunf t sp l äne , welche auf eine vollständige Auslösung der
- 163 —
Monarchie in kleine selbständige Staaten hinausliefen, von
denen auch Fürst Johann einen erhalten würde. Der Fürst
wies dieses Anbot weit von sich und erinnerte Napoleon da-
ran, daß er gekommen sei, wegen des Friedens zu unterhan-
deln, nicht aber solche P l ä n e anzuhören. Der dem Fürsten
zugekommene Auftrag des Kaisers Franz, mit Napoleon Fr ie-
densunterhandlungen zu pflegen, veranlaßte den an der Mög-
lichkeit erfolgreichen Widerstandes verzweifelnden Erzherzog
K a r l , mit Napoleon am 12. J u l i einen Waffenstillstand abzu-
schließen, damit weiteres Blutvergießen vermieden werde.
Die Bedingungen dieses Waffenstillstandes, durch den
ein Dri t te l der Monarchie, ein Gebiet von 220,000 Quadrat-
kilometern, in den Händen der Franzosen belassen wurde, waren
so drückend, daß Kaiser Franz nur mit Mühe zur Bestätigung
desselben zu bewegen war, indessen war an der Tatsache nichts
mehr zu ändern.
A m 16. J n l i hatte Fürst Johann in Schönbrunn eine
ziveite Unterredung mit Napoleon, der sich diesesmal viel ent-
gegenkommender zeigte; am 17. traf der Fürst im kaiserlichen
Hoflager zu Komorn ein, um über das Ergebnis seiner Mission
dem Kaiser Franz zu berichten. A m 19. J u l i wurden Graf
Metternich und General Graf Nugent von österreichischer
Seite, sowie der Minister des Auswär t igen, Johann Graf
Champagne, Herzog von Cadore, von französischer Seite zur
F o r t f ü h r u n g der Unterhandlungen bestimmt; Fürst Johann aber
mußte sich vorläufig einige Erholung gönnen, denn die Strapazen
des Feldzuges und die Aufregungen der letzten Zeit hatten
ihm arg zugesetzt; dazu kam noch, daß die feindlichen Truppen
i n seinen Besitzungen rücksichtslos gehaust hatten, obwohl N a -
poleon befohlen hatte, sie möglichst zn schonen. -)
Der Abschluß des Waffenstillstandes hatte nicht nur den
Rücktritt des Grasen Stadion und die Berrauung des Grafen
(nachmaligen Fürsten) Klemens Metternich mit der Leitung
5), Falke, „Gesch. des fstl. Hauses Liechtenstein" III. S . 320, schreibt
dein F ü r s t e n den Abschluß des Waffenstillstandes zu, was nach Criste,
S . 134 u. 13S gewiß unrichtig ist.
-) Der vom Fürsten erlittene Schaden betrug schon damals ins-
gesamt 3 Mil l ionen Gulden und noch war das Weitere nicht abzusehen.
- 164 —
der auswärt igen Angelegenheiten zur Folge^ die tiefe Ver -
stimmung des Kaisers Franz gegen seinen Bruder, Erzherzog
K a r l bewirkte auch, daß der letztere auf. jede führende S te l -
lung verzichtete, worauf Fürst Johann am 26. J u l i 1809 zum
Ärmeekommandanten ernannt wurde. Dem Fürsten war diese
Verfügung höchst unerwünscht, ^ denn , von körperlichen Leiden
heimgesucht, hegte er nicht nur Zweisel, daß er dem überaus
schwierigen Hosten physisch gewachsen sei, mehr noch als das
bedrückte ihn die Besorgnis, daß der von ihm innigst verehrte
Erzherzog vielleicht die Meinung fassen könnte, der Fürs t ge-
höre zur Z a h l derjenige«?, die an? kaiserlichen Hoflager gegen
ihn intrigiert haben.
Der Fürst erhob daher beim Monarchen unter nachdrück-
licher Betonung der Notwendigkeit des Frieoens gegen seine
Ernennung ernste Vorstellungen, die in der'Bitte gipfelten,
dem Erzherzog das Armeekommnndo zn belassen; gleichzeitig
suchte er den Erzherzog in . persönlicher Unterredung zu be-
wegen, das Kommando zu behalten und erbot sich, eine A u s -
söhnung zwischen ihm und dem Kaiser anzubahnen.
Der Erzherzog lehnte ab; auch der Kaiser beharrte
gegenüber einer erneuten Vorstellung des Fürsten Johann auf
seinem Wi l len und so blieb dem Fürsten nichts übrig, als sich
dem Befehle des Kaisers zu fügen ; am 19. August zeigte er
dem Heere die Übernahme des Oberkommandos an. Große
Erwartungen knüpften sich an diesen Schritt. S o ehrenvoll
sür den Fürsten auch das Urteil war, mit welchem unter an-
deren Feldmarschall-Lieutenant Fürs t K a r l Schwarzenberg uud
Friedrich von Gentz den Wechsel im Oberkommando begrüßten,
die Situation, in welche der Fürst , sehr gegen seinen Wunsch,
gestellt wurde, war keineswegs beneidenswert.
Hier ein überwundenes und mißmutiges, an den größten
Verpflegungsschwierigkeiten leidendes und durch Krankheiten fort-
während geschwächtes Heer, das eben erst einen beliebten Ober-
befehlshaber verloren hätte, dort kriegsbegeisterte Truppen, die
im Zentrum Österreichs und im Besitze der besten Länder
sich reichlich verpflegten und täglich mehr erstarkten; hier, in
dem kaiserlichen Hoslager zn Totis , ein Gewirre von Jntrigen
und Zwistigkeiten, eine Legion von gebetenen und ungebetenen
— 165 —
vielfach ganz unfähigen Ratgebern, die teils zur Fortsetzung,
des Krieges, teils zum Abschluß des Friedens drängten, den
zum Temporisieren neigenden Kaiser noch unschlüssiger machten
und eine einheitliche, zielbemußte Leitung nicht aufkommen
ließen, dort Napoleon, ein militärisches Genie allerersten
Ranges, ein Feldherr, der alles wunderbar überblickte, fest
und unbeugsam in seinen Entschlüssen, rücksichtslos in deren
Ausführung , von Truppen umgeben, denen er alles zumuten
konnte.
D a ß unter solchen Umständen die Z a h l der Friedens-
freunde von Tag zu Tag zunahm, war nur zu begreiflich; es
gelang dem Fürsten, welcher untern? 16. S e p t e m b e r 1869
z u m F e l d m a r s c h a l l ernannt worden war und damit die höchste
Stuse der militärischen Hierarchie erklommen hatte, schließlich
auch dem Kaiser die Überzeugung beizubringen, daß bei dem
damaligen Zustande der Armee die Aussichten eines - kriege-
rischen Unternehmens äußerst gering w ä r e n ; so wurde deun
der Fürst bei einem Kronrate, der am 25. September unter
Vorsitz des Kaisers Franz stattfand, damit betraut, neuerliche
Friedensunterhandlungen mit Napoleon einzuleiten; die bis-
herigen Verhandlungen zwischen Metternich und Champngnn
waren ergebnislos geblieben. Der Fürst, der wohl voraus-
sah, daß ihm schwere Tage bevorstehen würden, wollte sich
der ihm gestellten, ebenso verantwortungsvollen als undank-
baren Aufgabe nur unterziehen, wenn ihm eine unbedingte
Vollmacht zum Friedensabschlusse gegeben würde, die er end-
lich auch — allerdings nicht ohne Schwierigkeiten — erhielt.
Napoleons Forderungen waren g r o ß ; zwar war er von
seinem ursprünglichen Begehren, nur auf Grund des von
ihm in Österreich errungenen Besitzstandes abzuschließen,
abgegangen, immerhin beharrte er auf der Abtretung eines
Gebietes mit 3'/s Mil l ionen Einwohnern und auf einer Kriegs-
entschädigung von 100 Mil l ionen Gulden; alle Bemühungen
des Fürsten, Napoleon milder zu stimmen, mußten scheitern,
weil dieser sich seiner Überlegenheit voll bewußt war. Kaiser
Franz willigte endlich in die Gebietsabtretungen ein, nur in
die Zahlung der begehrten 100 Mil l ionen wollte er sich nicht
einlassen; die ohnehin trostlose Lage der Staatsfinanzen schien
12
— 166 —
dies zu verbieten. D a kam den? Fürsten ein unerwarteter U m -
stand zu Hilfe. Be i einer Truppenschau, die Napoleon am
12. Oktober zu Schönbrunn vornahm, wurde ein J ü n g l i n g
angehalten, der sich wiederholt auffällig in die Nähe Napoleons
gedrängt hatte; es war der noch nicht 18jährige Sohn des
Predigers Staps aus Ncmmburg; man fand bei ihm ein
langes Küchenmesser, womit er nach seinem Geständnis N a -
poleon hatte ermorden wollen; Napoleon verhörte ihn persönlich
und auch bei dieser Gelegenheit bekannte der J ü n g l i n g kaltblütig
seine Absicht, Napoleon zu ermorden, weil er der verhaßte
Feind des Vaterlandes sei.
Unter dem Eindrucke dieses Vorfalles ordnete Napoleon
sofort die Ermäßigung der Geldforderung auf 75 Mil l ionen
an, aber Champagny erhöhte die Forderung eigenmächtig
wieder auf 85 Mil l ionen und war nicht zu bewegen, sie her-
abzusetzen, selbst als der Fürst das Anbot machte, seine kost-
bare Gemn'ldegallcrie Napoleon zu überlassen, wenn die erste,
6 Mil l ionen Franken betragende Rate der zu leistenden Zah-
lung nachgesehen würde.
A m 14. Oktober früh unterzeichnete der Fürst der? Ver-
trag mit dem Vorbehalte, daß derselbe bis zur Genehmigung
des Kaisers Franz nur als Entwurf gelten solle; ohne sich
daran zu kehren, ließ Napoleon sofort den Abschluß des Frie-
dens durch Kanonenschüsse bekanntgeben, eine Ankündigung, die
in Wien grenzenlosen Jubel entfesselte.
Der Fürst hatte seine Vollmacht überschritten, indem er
gegen den Wil len des Monarchen eine Kriegsentschädigung zu-
gestand, aber er hatte dazu hundert Gründe fü r einen: an ein
weiteres Nachgeben Napoleons, der wohl wußte, daß bei dem
mangelhasten Zustande des feindlichen Heeres eine Kriegs-
führung ausgeschlossen sei, war nicht zu denken; schon der
Unterhalt der französischen Truppen verschlang täglich bedeutende
S u m m e n ; jede weitere Verzögerung des Friedensabschlusses
verursachte daher Tag fü r Tag große Kosten; allgemein herrschte
die Ansicht vor, daß nur ein Friede die Monarchie vor der
gänzlichen Vernichtung bewahren könne; dieser Ansicht war
auch Gentz, der, anfänglich kriegerisch gestimmt, nach klarem
Einblick in die Lage der Dinge den Fürsten in eindrucksvoller
Weise beschwor, den Frieden herbeizuführen.
— 167 —
Die Vergegenwärt igung der schrecklichen Folgen, welche eine
Weigerung des Fürsten, den Friedensvertrag zu unterzeichnen,
nach sich gezogen hätte, drängte bei ihm schließlich jede andere
Erwägung zurück und so überschritt er seine Vollmacht in dem
Bewußtsein, eine patriotische Tat zu begehen und in der sesten
Absicht, sür dieselbe mit seiner Person und seinem Vermögen
einzustehen.
„Ich bringe den Frieden, aber auch meinen Kopf mit ;
der Kaiser wird nach seinem Gutdünken über den einen wie
den anderen verfügen" — so lauteten die Worte, die der Fürst
bei seinem Eintreffen am kaiserlichen Hoslager in Totis zu
Metternich sprach.
Der Empsang, den der Fürs t beim Kaiser fand, war kein
gnädiger — aber die Geschichte hat das Vorgehen des Fürsten,
der einem verzweifelten Zustande herzhast ein Ende bereitet
hatte, ratifiziert.
A m 15. S e p t e m b e r 1810 v e r l i e ß der Fürs t den ak t iven
D i e n s t ; als ihm bei Ausbruch des Krieges zwischen Frankreich
und Rußland , 1812, der Oberbefehl über das österreichische
Hilfskorps, welches an der Seite Napoleons zu kämpfen hatte,
angeboten worden war, lehnte er ab; denn so sehr er immer
bereit war, gegen Napoleon zum Schwerte zu greisen, f ü r ihn
,zu kämpfen brachte er nicht über sich.
Die Freiheitskriege mitzumachen, war ihm nicht mehr
vergönnt. Widersacher am kaiserlichen Hofe, die ihm schon
1809 Hindernisse bereitet und 1810 den Dienst verleidet hatten,
vereitelten seine Wiederanstellung.
Eine wahrhaft bedeutende Ind iv idua l i t ä t war mit dem
Fürsten aus den Reihen der Armee geschieden. I n seinen Unter-
nehmungen voll Wagemut und besonnen, streng aber gerecht
im Dienste, tapfer aber doch vol l Schonung gegen den
besiegten Feind, genoß der Fürst in hohem Grade die Zunei-
gung der seinem Befehle anvertrauten Truppen, denen er ein
gütiger und fürsorglicher Vorgesetzter war.
Schön feiert ihn Criste mit den Worten:
„Den hohen Ruhm, den Fürst Johannes sich erworben,
den leuchtenden Schimmer, der diese prächtige Kriegergestalt
umstießt, dankt er seiner geistigen Kraft , die selbst den eher
— 168 —
schwächlichen als starken, von böser Krankheit oft genug heim-
gesuchten Körper meisterte, den trefflichen Soldateneigenschaften,
die, von den Ahnen überkommen, in ihm zu voller Blü te ge-
langten, aber auch nicht zuletzt seinem Glücke. 23 Pferde
wurden ihm unter dem Leibe getötet oder verwundet, drei
Hüte und zwei Degen wurden ihm von feindlichen Geschossen
durchlöchert, eine Kanonenkugel riß ihm die Rockschöße weg
— aber sonst war er wie geseit. Nicht ein einziges M a l wurde
er verwundet, und die leichte Kontusion bei Wagram, ein
blauer Fleck, war alles, was er aus den zahllosen Gefechten
davongetragen." —
A l s M a n n der Tat hatte sich Fürst Johann in Kriegen
und Staatsgeschäften der österreichischen Monarchie bewiesen;
als M a n n der Tat bewährte er sich auch in der V e r w a l t u n g
seines ausgedehnten Besitzes und, wie wi r im zweiten A b -
schnitte dieser Darstellung sehen werden, in der R e g i e r u n g des
F ü r s t e n t u m s .
Nicht lange, nachdem er das große Majora t seines Hauses
angetreten, begann er, sich durch Bereisungen über den Zustand
seiner Herrschaften und über die Eigenschaften der i n der Ver -
waltung seiner Güter tätigen Personen ,aufs genaueste zu unter-
richten ; es spricht sür seinen besonderen Scharfsinn, daß er in
kürzester Frist einen vollständigen Überblick über das weit-
verzweigte Getriebe der Administration gewonnen hatte.
Durch vielfältige eigene Erfahrung belehrt, daß alles
darauf ankomme, die richtigen M ä n n e r auf dem richtigen Platz
zu haben, stellte er schon 1807 an die Spitze seiner Verwaltung
zwei vorzügliche jüngere Kräfte, die Hofräte Theobald von
Walberg und Georg Hauer, denen er vier Inspektoren mit
umfangreichem Wirkungskreise beigab. Die Leistungen der
Verwaltung waren bald weit und breit als musterhaft bekannt.
Öde Strecken Landes wurden kultiviert und aufgeforstet,
Fabriken wurden gegründet, Rindvieh-, Pferde- und Schafzucht
in größtem Maßstabe getrieben, ausgedehnte Gartenanlagen
ins Leben gerufen. Bauten ohne Z a h l im Geschmacke der Zeit
aufgeführt.
Die in allen Dienstzweigen herrschende pünktliche Ord -
nung und vernünftige Sparsamkeit steigerte die Einkünfte aus
— 169 —
den Gütern ganz beträchtlich, so daß der Fürst in die Lage
kam, seinen Besitz durch Ankäufe erheblich zu vermehren.
Z u den ersten Erwerbungen gehörte 1807 Schloß und
Herrschaft Liechtenstein in Niederösterreich, der ursprüngliche,
im Jahre 1375 in fremde Hände gelangte Stammsitz der öster-
reichischen Linie des Hauses, ferner 1814 das Gut Liechtenstein
i n Steiermark, der Stammsitz der steirischen Linie des Ge-
schlechtes; diese an die Geschichte des fürstlichen Hauses anknüpfen-
den Erwerbungen sind bezeichnend fü r die Denkungsweise des
Fürs t en ; ersuchte auch die Stammherrschast Nikolsburg, welche
von 1249 bis 1560 dem Hause Liechtenstein gehört hatte, von
dem Fürsten Dietrichstein wieder an sich zu bringen, was ihm
aber nicht gelang.
Die Herrschaft Liechtenstein in Niederösterreich, wie nicht
minder die Herrschast Eisgrub in Mähren^) waren die Lieblings-
sitze des Fürs ten ; diesen Herrschaften wendete er seine Haupt-
fürsorge zu und verschönerte sie durch Bauten und Parkan-
lagen in jeder Weise; insbesondere war die Umwandlung des
sumpfigen Eisgruber Terrains in eine herrliche Gartenland-
schaft sein Werk.
Den größten T e i l der neu angekauften Güter verwendete
der Fürst zur Begründung von Majoraten fü r die drei S ö h n e
Franz, K a r l und Friedrich, welche dem erstgeborenen Sohne
Alo i s gefolgt waren; so hat der Fürs t also auch in dieser H i n -
sicht seinem Namen in der Familiengeschichte Bedeutung und
Dauer verliehen.
A m 20. A p r i l 1836 verschied der Fürs t im hohen Alter
von nahezu 76 Jahren ; ein Schlagf luß , hatte diesem inhalt-
reichen Dasein ein Z i e l gesetzt.
I m Laufe einer 44jährigen ungetrübten Ehe waren dem
Fürsten 13 Kinder erblüht, von welchen ihn 11, darunter alle
7 Söhne überlebten; 2) seine Gemahlin folgte ihm erst nach
fast 12jährigem Witwenstande am 23. Februar 1848 i m Tode.
Kurze historische Daten über diese und andere Herrschaften finden
sich bei F r a n z Kratzt , „Das Fürstentum Liechtenstein und der gesamte
Fürst Johann von und zu Liechtenstein'sche Güterbesitz" (7. Auflage,
Brünn 1903).
2) Was Falke (Gesch. d. fstl. Hauses Liechtenstein, III. S. 336) in
dieser Hinsicht erwähnt, ist nicht ganz klar. Er sagt nämlich, daß die
— 170 —
Fürst Johann war von hoher und schlanker Statur, die
durch einen seingeschnittenen und ausdrucksvollen Charakter-
kopf belebt wurde.
W a s wi r sonst von ihm wissen, stimmt ganz mit dem
Bilde überein, das wi r in vorstehender Darstellung von ihm
gegeben haben.
E r war sehr lebhaften Temperamentes, freundlich gegen
jedermann, von vornehmer Zurückhaltung wo dies geboten
schien, ernsten Gesprächen und ernster Lektüre zngetan, bei.
vollem Bewußtsein seiner Verdienste wie nicht minder seiner
Würde , die er, wenn es darauf ankam, auch glänzend zu repräsen-
tieren verstand, bescheiden und fern von irgendwelchem Hochmut,
persönlich bedürfnislos, jeder Verschwendung abhold, dagegen
äußerst freigebig, wenn es sich um große und würdige Zwecke oder
um Linderung des Loses Armer und Leidender handelte.
I I .
B a l d nach dem Regierungsantritte des Fürsten Johann
vollzog sich in der Weltgeschichte ein auch f ü r das Reichsfürsten-
tum Liechtenstein höchst wichtiges Ereignis; am 12. J u l i 1806
wurde der R h e i n b u n d gegründet, dem das Fürs tentum
Liechtenstein beigesellt wurde. Der Fürs t war bei den die
Gründung dieses Bundes betreffenden Verhandlungen nicht
vertreten, der Anschluß war ohne seine Mitwirkung er-
folgt; Napoleon, der mit dem Fürsten schon aus Anlaß der
Verhandlungen, die am 17. Oktober 1797 zum Frieden zum
Campoformio führten und nachträglich bei jenen Unterhand-
lungen, die am 27. Dezember 1805 den Preßburger Frieden
zur Folge hatten, i n persönliche Be rüh rung gekommen war,
wollte ihm einen Beweis der besonderen Achtung, die er fü r
ihn empfand, geben, indem er ihn znm Rheinbunde zuzog.
Kinder des Fürsten mit Ausnahme der zwei ältesten Töchter nebst der
fünften fast alle zu höheren Jahren gelangten; die zwei ältesten Töchter
waren Leopoldine und Sofie und die fünfte war Henriette; es starb aber
Prinzessin Sofie als Witwe nach dem Grasen Vinzenz Esterhüzn erst.
1869 im 71. Lebensjahre und Prinzessin Henriette als Witwe nach dem
Grafen Josef Hunuady erst 1886 im 81. Lebensjahre. Dagegen waren
die Töchter Leopoldine 14jährig und Klotilde 2jührig vor ihrem Vater
gestorben.
— 171 —
Infolge der Gründung dieses süddeutschen Staatenbundes
legte Kaiser Franz die deutsche Kaiserkrone nieder und es
wurde Liechtenstein, welches bis dahin als Reichsfürstentum
dem deutschen Reiche angehört hatte, ein s o u v e r ä n e r S t a a t -
Der Fürst konnte indessen die ihm von Napoleon zuge-
dachte Auszeichnung fü r seine Person nicht annehmen, wollte
er nicht bei einem neuen Kriege zwischen Österreich und
Frankreich in Konflikte geraten; da die Rheinbundsakte überdies
jeden Teilnehmer verpflichtete, sein Land bei Übernahme
fremder oder feindlicher Kriegsdienste einem der jüngeren
Söhne zu übergeben, trat Fürs t Johann die Regierung des
.Fürs ten tums seinem dritten, am 14. J u n i 1803 geborenen
Sohne K a r l ab, behielt sich jedoch fü r die Dauer der Minder-
jährigkeit des Prinzen die Vormundschaft vor.
Es handelte sich also in diesem Falle um eine mehr
formelle, durch die Zeitumstände gebotene Maßnahme, welche,
wie w i r später hören werden, nach Zer fa l l des Rheinbundes
wieder rückgängig gemacht wurde; der eigentliche Regent blieb
auch während dieser Zwischenzeit Fürst Johann, nur wurden
von ihm innerhalb dieses Zeitraumes alle das Fürs tentum be-
treffenden Verfügungen im Namen des Fürsten K a r l erlassen,
welcher auch bei seinem jugendlichen Alter selbstverständlich
nicht in der Lage gewesen wäre , persönlich einzugreifen.
A l s Fürs t Johann am 25. M ä r z 1805 die Regierung
des Fürs ten tums übernahm, befand sich dieses Land i n einer
sehr gedrückten Lage; seit dem Ausbruche der französischen
Revolution und dem darauf folgenden Kriege zwischen Frank-
reich und Deutschland war es der Schauplatz unausgesetzter
Durchzüge, Einquartierungen und Bewegungen österreichischer,
französischer und russischer Truppen gewesen ') und in seinem
Gebiete sowie in dessen nächster Nachbarschaft hatten sich
blutige Kämpfe abgespielt. Der Schaden, den das kleine Land
infolge dieser Ereignisse erlitten hatte, wurde fü r die Zeit-
periode vyn 1794—1802 amtlich auf rund eine M i l l i o n Gulden
geschätzt.
i) Eine lebendige Schilderung dieser Verhältnisse findet sich bei J o h.
B a p t . B ü c h e l , „Geschichte der Pfarrei Triefen" im Jahrbuche des histori-
schen Vereines für das Fürstentum Liechtenstein (Vaduz 1901, II. Band S . 87
u. sfgd.). Wo wir diesenAutor zitieren, ist seine eben bezeichneteArbeit gemeint.
— 172 —
„Solche tiefe Erschütterungen der ökonomischen Zustände
pflegen", ivie Kaiser mit Recht sagt, „von noch größeren
moralischen Übeln begleitet zu sein. M i t dem Schminden des
Kredits verliert sich das Vertrauen, ohne welches keine Gesell-
schaft bestehen kann; das moralische Gefühl wird abgestumpft,
das Ehrenhafte i n Gesinnung, Denkart und Handlungsweise
verschwindet, vollkommene Gleichgültigkeit und rohe Selbstsucht
nehmen in den Gemütern Platz" ' ) . Dem Fürsten Johann waren
die traurigen Zustände, in welche das Fürs tentum geraten war,
wohlbekannt und er war schon frühzeitig darauf bedacht, dem
Übel z ü steuern. D a die alte Reichsversassung schließlich zum
Hemmschuh jeglichen Fortschrittes geworden war und ein
großer T e i l der sich auf sie gründenden staatlichen Einrich-
tungen ihren Zwecken, das W o h l der Untertanen zu befördern,
im Laufe per Zeit ganz entfremdet war, so ergab sich
von selbst die Notwendigkeit, neue und bessere Organisationen
an Stelle der veralteten ins Leben zu rufen; hier konnte durch
das neubegründete Verhäl tn is der Souverän i t ä t wirksam und
glücklich eingegriffen und Nützliches geschaffen werden.
Fürst Johann, welcher eben die Verwaltung seines Ver- ' '
mögens neu geordnet hatte, sandte im Sommer des Jahres
1807 seinen als ungemein tüchtig geltenden Hofrat Georg Hauer
zur Erhebung der Zustände des Landes nach Liechtenstein.
Hauer informierte sich an Or t und Stelle aufs genaueste
über die bestehenden Verhältnisse und erstattete dem Fürsten
eingehende Vorschläge über die zur Beseitigung der gefundenen
Mißstände nötigen Maßregeln.
Z u r Aus führuug dieser vom Fürsten gebilligten M a ß -
regeln bedürfte es eines tatkräftigen und leistungsfähigen
Mannes, und da der bisherige Landvogt Franz Taver M e n -
zinger wegen seiner Kränklichkeit nicht mehr geeignet schien,
erhöbten Anforderungen zu entsprechen, wurde er mit 1. Ok-
tober 1808 in den Ruhestand versetzt.-)
Das Auge des Fürsten fiel nun aus Joses Schuppler,
welcher sich durch seine mehrjährigen Dienste als Gerichtsver-
walter der Herrschaft Landskron die besondere Zufriedenheit
Kaiser, S . 491.
2) L. R. A. , Jahrg. 1808 Nr. 10. — Menzinger sollte die Pension
nicht lange genießen, denn er starb schon am 29. A p r i l 1909 zu Feldkirch.
— 173 —
und das Vertrauen des Fürsten erworben hatte. Josef Schuppler
wurde alfo mit 1. Oktober 1808 zum Landvogt im Fürsten-
tum Liechtenstein ernannt, traf aber erst nach beschwerlicher
Reise im Spätherbste 1808 zu Vaduz ein.^) Bereits am 7. Ok-
tober 1808 hatte er eine ausführliche, aus 46 Punkten be-
stehende Dienstinstruktion erhalten; soweit diese Instruktion die
öffentliche Verwaltung des Landes berührt , ist sie in ihren
wuchtigsten Bestimmungen im Anhange unter ^ abgedruckt und
läßt ersehen, wie sehr dem Fürsten die Hebung der öffentlichen
Interessen des Fürs ten tums am Herzen lag und wie lauter
seine Absichten waren.
Es muß dies um so mehr betont-^verden, als der Ge-
schichtschreiber Peter Kaiser )̂ in seinem, 1847 erschienenen.
Die Enthebung Menzingers und die Ernennung Schupplers
wurden der Bevölkerung durch einen vom Fürsten eigenhändig unter-
zeichneten Er laß vom 1. Oktober 1808 (L. R. A. , Jahrg. 1808 Nr. 50)
bekanntgemacht, in welchem es heißt: „ Indem W i r euch die Enthebung
des Franz Menzinger von weiteren Diensten andeuten, befehlen W i r euch
gnädigst, Unserem Landvogt Joses Schuppler allen Gehorsam, volles
Zutrauen und jene Achtung ununterbrochen zu bezeigen, die ihm als
Unserem Stellvertreter gebührt nnd seine Eigenschaften verdienen, welche
derselbe während seiner mehrjährigen Dienste als Gerichtsverwalter zu
Unserer Zufriedenheit überzeugend bewiesen. Uns daher bewogen haben,
ihm diesen ehrenvollen Posten eines Landvogts und andurch die Füh-
rung unserer treuen Untertanen z u r O r d n u n g, s i t t l i chen V e r v o l l -
k o m m n u n g , z e i t l i c h e n Glück u n d Schutz i h r e s E i g e n t u m s
anzuvertrauen". — D a s war also urkundenmähig die Tendenz der Be-
rufung Schupplers und n ich t das, was Kaiser S . 500 u. ff. hierüber
sagt und andeutet.
> 2) Un jährlichen .Bezügen waren dem Landvogt Schuppler zuerkannt:
1000 f l . R. W., 80 Viertel Wein, 100 Pfund Alpenbutter, 30 Viertel Spelz-
körner, 15 Viertel Türkenweizen, 2V Klafter Holz, freie Wohnung nebst dem
Genusse eines größeren Areals von Obst-, Gemüse- und Ziergärten so-
wie von Ackerland, endlich der Genuß einer auf fürstliche Kosten beige-
stellten und erhaltenen Equipage; Schuppler erwähnt', in seinem Vcr-
setzungsgesuche vom 26. A p r i l 1826 als Beweis der besonderen in Vaduz
herrschenden Teuerung, daß ein Pfund Fleisch aus 9 Kreuzer zu stehen
komme; nach diesem Maßstabe gemessen waren seine Bezüge keineswegs
so knapp, wie es im Verhältnisse zur Verantwortlichkeit seines Amtes auf
den ersten Blick erscheinen mag. (Ein Viertel — 10 M a ß — 14.72 Liter.)
3) Peter Kaiser, geb. 1793 zu Mauren in Liechtenstein als Sohn
bäuerlicher Eltern, gest. 1864 zu Chur als Lehrer an der dortigen Kan-
tonsschule, war, wie wir von seinem Biographen und Landsmann Dr-
— 174 —
in vieler Hinsicht beachtenswerten Geschichtswerke über Liechten-
stein ') die Regierungszeit des Fürsten Johann, wie wir bereits
oben angedeutet haben, g a n z u n z u t r e f f e n d u n d t e i l w e i s e
g a r n i ch t inr E i n k I a n g e m i t m a ß g e b e n d e n U r k u n d e n
Franz Josef Kind im Jahrb. des hist, Vereins f. d, Fürstt, L . (V., Vaduz 190S)
hören, schwärmerisch veranlagt; er wurde, wie auch einem im licchtenst.
Regierungsarchive befindlichen Akte (Nr. 241/poI. Jahrg. 1819) zu ent-
nehmen ist, in dem er als „etwas überspannt" geschildert wird, wegen
politischer Umtriebe von einem auswär t igen Staate verfolgt und hatte
seither, da ihm der Boden Österreichs und Deutschlands verschlossen
blieb, das Feld seiner Wirksamkeit ausschließlich in der Schweiz. Kind,
der ihn im übrigen sehr wohlwollend behandelt und sich mehr bei
seinen Vorzügen als bei seinen Fehlern aufhält , ihn auch gegen die
Churer bischöfliche Kurie in Schutz nimmt, bei der dieser M a n n wegen
seiner radikalen Richtung kein großes Vertrauen genoß, bezeichnet ihn
als „ e t w a s r e p u b l i k a n i s c h a n g e h a u c h t , w a s sich auch
i n der Geschich te des F ü r s t e n t u m s d u r c h b l i c k e n l ä ß t " ;
im Jahre 1856 wurde Kaiser Schweizer Bürger. Seine ausge-
sprochene Vorliebe sür rein demokratische Einrichtungen Hütte ihn
an einer objektiven Betrachtung der die Fürsten aus dem Hause
Liechtenstein betreffenden Geschichtspcriode nicht zu hindern ge-
braucht; leider verstand er eS nicht, sich unter allen Umstünden über
vorgefaßte Meinungen zu erheben; so hat er insbesondere die Regie-
rungsperiode des Fürsten Johann nicht aus ihrer Zeit heraus, sondern
nach einseitigen Parteigrundsützcn und überdies o h n e g e n ü g e n d e
K e n n t n i s des m a ß g e b e n d e n Q u e l l e n M a t e r i a l s beurteilt;,
diese Periode war überhaupt wenige Jahre nach des Fürsten Tod noch
nicht reif für eine objektive historische Betrachtung. — Es scheint,
daß Kaiser selbst die von ihm so trüb geschilderten Zustünde Liechten-
steins bald nach der Veröffentlichung seines Werkes in besserem
Lichte gesehen hat, denn in seinem, in der erwühnten Biographie
nachzulesenden, vom 2S. November 1848 datierten Schreiben, mit
welchem er sein Liechtensteiner Mandat zum Frankfurter Parlamente
niederlegt, erklärt er seinen Landsleuten: „Betrachte ich unsere Lage,
unsere Verhältnisse genau, so finde ich, d a ß sie k e i n e s w e g s so
schlimm sind, a l s m a n se lbe g l a u b e n in acht." — M a n könnte
diesen Ausspruch ganz gut der Darstellung Kaisers über die Geschichts-
periode der Fürsten aus dem Hause Liechtenstein als Motto oorcmsetzen.
i) Das Werk Kaisers wurde bei seinem Erscheinen behördlich kon-
fisziert, aber die Konfiskation wurde aufgehoben, „da es den wahrhast
Aufgeklärten ohnehin nicht entgehen kann, wie einseitig die Verhältnisse
und die Geschichte des Fürstentums dargestellt sind." Weiter wurde be-
merkt: „Zum Gebrauch der Schulen kann aber dieses seichte Produkt
nicht gestattet werden." (Er laß der fstl. Hofkanzlei vom IS. J ä n n e r
1848 Nr. LOS, L . R. A.)
— 175 —
schildert; wir behalten uns vor, auf mehrere markante Einzel-
heiten im Vorübergehen noch besonders aufmerksam zu machen.
Der Fürst hatte bald nach seinem Regierungsantritte
verschiedene in volkswirtschaftlicher Hinsicht wichtige Ver fü-
gungen erlassen, z. B . im Jahre 1806 das Verbot der Güte r -
zerstückelung und im Jahre 1807 eine fü r die damaligen Ver -
hältnisse sehr praktische Steuerordnung, welche alten, ganz,
unerträglichen Zuständen ein Ende bereitete und eine allge-
meine Besteuerung einführte; sollten aber, wie der Fürs t
wünschte, weitere Fortschritte gemacht werden, so mußte vor
allem mit einer überlebte:?, an die Uranfänge staatlicher A d -
ministration gemahnenden Einrichtung, welche die Quelle
zahlreicher Mißbräuche war, gebrochen werden: die Ins t i -
tution der Landammänner mußte fallen. Jede Gemeinde des
Fürs ten tums wählte nach Verhä l tn is der Bevölkerungszahl
mehrere Gerichtspersonen; der Vorstand der so gewählten
Gerichtspersonen war in jeder der beiden Herrschasten Vaduz
und Schellenberg ein sogenannter Lakidammcmn,') welcher je-
weilig fü r eine dreijährige Periode durch die Mehrheit der
stimmfähigen M ä n n e r aller zur betreffenden Herrschaft ge-
hörigen Gemeinden aus drei vom fürstlichen Oberamte vorge-
schlagenen Gcrichtspersonen gewählt wurde; jeder Lnndammnnn
hatte einen Diener zur Seite, der Landwcibel genannt wurde.
Die Gerichtspersonen entschieden alle Stre i t fä l le , pflogen
die Verlassenschastsabhandlungen, nahmen die bezüglichen Ver -
mögensteilungen vor, trieben Schulden ein, verhängten Exeku-
tionen, kurz, waren überhaupt im ausgedehntesten Sinne die
eigentliche Gerichtsbehörde der betreffenden Landschaft; von
ihnen ging der Rechtszng an das Oberamt, das aber immer
an Verhörstagen den amtstragenden Landammann als M i t -
richter beiziehen mußte, der für jeden Verhörs tag Diäten be-
zog. Der Landammann handhabte auch die Polizei und das
Armenwesen der Landschaft,-) schrieb in den Gemeinden die
Steuern aus, bezahlte mit den eingegangenen Geldern die
Der Landammann, meistens ein einsacher Bauersmann, dem
das Schreiben schwer von- der Hand ging, wurde hochtrabend „regie-
render Landammann" genannt; vgl. Buchet, S . 83.
2) V g l . Kaiser, S . 497.
Reichsprästationen wie überhaupt alle Landestasten, soweit
sie die Untertanen betrafen und legte hierüber nach seinem
Austritte die Rechnung zu Handen aller Gerichtspersonen der
Herrschaft; die Laudschaften hatten unter einander keinen an-
deren Znsammenhang, als daß sie unter e i n e m Amte stan-
den, die Reichsprästationen verhäl tnismäßig a u f t e i l t e n u n d
die Beiträge dem Oberamte zur Abfuhr an die zuständige Be-
hörde ablieferten.
Es ist ohneivciters einleuchtend, daß eine derartige E i n -
richtung, die nur fü r ganz primitive Verhältnisse und fü r eine
fernabliegende Zeit paßte, in welcher der Staatsgedanke noch
nicht zum Leben erwacht war, bei zunehmender Kul tur gauz
unmöglich geworden war.
Die Institution war übrigens fü r Land und Leute auch
sehr kostspielig: fast der dritte T e i l der von den Landam-
männern verrechneten landschaftlichen Einnahmen ging ziemlich
regelmäßig aus Zehrung und Diäten der Gerichtspersonen und
aus ähnliche Dinge aus.-)
Speziell bei Verlassenschaftsabhandlungen herrschte der
Unfug, daß dem Laudammann uud den Nichtern (oft mehr als
6 Personen) Speise und Trank im größten Überflüsse auf
Kosten der Erbsmasse gereicht werden mnßten. I n der Schupp-
ler zugekommenen Dienstinstruktion ist davon die Rede, daß
die Ablcgung der Landammannsrechnuug die Gelegenheit zn
verschwenderischen Ausgabeu und Saufgelagen auf Kosten der
Landschaft geboten habe. )̂ Damit stimmt überein, was Schupp-
lers Vorgänger Menzinger (den ja anch Kaiser, S . 500, als
unverdächtige!? Zeugen gelten läßt) ini Jahre 1805 hervorhob,
daß nämlich bei den Landnmmannswahlcn die Lustbarkeit bloß
im Trinken bestand nnd der gewählte Landammann zu diesem
i) Die Grafschaft Vaduz zahlte zwei Drittel, die Herrschaft Schcl-
lenbcrg eiu Drittel dieser Reichsprüstationen.
-) Die letzte für die untere Landschaft gelegte Landammannsrech-
nung wies gegenüber einein Empfang von 13,006 f l . an Auslagen für
Zehrung des Landammanus und der Gerichte, sowie für ähnliche Dinge
insgesamt 2299 f l . aus; L . R. A. , Bericht Schupplers vom 27. J u l i
1809 Nr. 346/poI. und Originalrechnung vom 17. Juui,1809.
)̂ V g l . Punkt 13 der im Anhange unter ^. auszugsweise abge-
druckten Jnstruktiou. (L. R. A. , Jahrgang 1808.)
— 177 —
Zwecke fü r die Wähle r 30V bis 400 f l . aufwenden mußte, so
daß er unter Umständen ruiniert werden konnte, wenn er kein
Vermögen besaß. ')
Die Z a h l der Streitigkeiten und Prozesse, die aus den
mangelhaften Amtshandlungen der Landammänne r hervor-
gingen, stieg bei dem geringen Respekt, den ihre Aussprüche
fanden, naturgemäß in unglaublicher Weise; nicht minder ver-
vielfältigten sich die Zusammenkünfte der Gerichte und
daher cmch die bezüglichen Kosten. D a die Gerichtspersonen
sich nebstbei jeden Schritt nnd Tr i t t von den Parteien be-
zahlen ließen, erwuchsen den letzteren viele unnötige Auslagen.
Wie beschaffen die Verwaltung und die Rechtsprechung,
war, die unter der Ägide der Landammänner vor sich ging,,
mag daraus entnommen werden, daß ein großer T e i l der
Richter weder lesen noch schreiben konnte.-)
Diesen anarchischen Zuständen machte der Fürst ein
Ende, indem er das seit der Auslösung des deutschen Reiches
ohnedies hinfällig gewordene I n s t i t u t d e r L a n d a m -
m ä n n e r , welches sich zuletzt nur als Karrikatur einer öffent-
lichen Einrichtung darstellte und geeignet war, das Land a l l -
gemeinem Spotte auszusetzen, mit 1. J ä n n e r 1809 a u s d r ü c k -
l ich a u s h o b und gleichzeitig verfügte, daß von dem nämlichen
Zeitpunkte an die von den Landammänne rn ausgeübte J u d i -
katur an das fürstliche Oberamt in Vaduz überzugehen habe. ̂ )
1) Bericht Menzingers vom 12. J u n i 180S, L . R. A . (alte Registratur,
Faszikel 1.) Die Überlieferung großer Schwelgereien, zu welchen die
Landammannswahleu Anlaß gaben, hat sich bis in die Gegenwart er-
halten; in Vaduz soll einmal bei Gelegenheit einer solchen Wahl der
Wein aus Kübeln getrunken worden sein; der Gewählte wollte den
Wählern offenbar in protziger Art seine Würdigkeit zum Amte beweisen.
2) V g l . Büchel, S . 86; der Kooperator Püinpel (gest. 1816) war
von der Gemeinde Trieson wegen mangelhafter Versehuug der Schule
beim bischöflichen Ordinariate in Chur verklagt worden; über den Vor -
wurf, daß er nichts leiste, verantwortete er sich damit, daß dies die
dummen Bauern gar nicht beurteilen können, da selbst v o n den
R i c h t e r n d ie meisten w e d e r lesen noch sch re iben k ö n n e n ;
er könne aus Ochsen und Eseln keine Nachtigallen machen.
3) Nach Kaiser, der an der Regierung der Fürsten aus dem Hause
Liechtenstein überhaupt keiu guteS Haar läßt, vollzog sich die Aufhebung
des Landammannamtes uuter ganz anderen Gesichtspunkten; er schreibt
I m Zusammenhang mit der Aufhebung des Institutes
der Landammänner ertieß der Fürst verschiedene sehr wichtige
I u st i z g e s e tz e, so unter anderen das noch heute geltende
Grundbuchspatent, die ebenfalls noch gegenwärtig in Kraf t
stehende Konkursordnung und die Erbfolgs- und Verlassen-
schaftsabhandlungsordnung, sämtliche vom 1. J ä n n e r 1809.
V o n diesen Gesetzen verdient wegen seiner besonderen
Wichtigkeit insbesondere jenes, welches die E i n f ü h r u n g v o n
hierüber (S . 500): „Bald wurden Gebrechen in der Landesverwaltung
entdeckt, welche eine neue Organisation notwendig machten. Der zu
diesem Ende im Jahre 1807 als UntcrsuchungSkommissür in die Land-
schaft gesandte fürstliche Hofrnt Georg Hauer schuf die Plane hiczu; um
sie aber iu Ausführung bringen zu können, mußte mit der Pensionierung
des damaligen Landvogts Menzinger und mit der Aussindung eines
andern zu dein vorhabenden (sie!) Plane passenden Mannes der Ansang
gemacht werden. Die von Hauer getroffene Wahl wurde in der Person
des Josef Schuppler nicht verfehlt. Denn nur ein junger, rascher, unter
ganz anderen Verhältnissen, als die hiesigen waren, aufgewachsener
Mann, dem es nie einfallen konnte, daß auch dem Volke Rechte zustehen,
daß diese untersucht werden sollten und wenn selbe erprobt ge-
funden worden, ebensowenig vom Fürsten, wenn auch souverän, als
die des Fürsten vom Volke verletzt werden dürfen, nur ein solcher M a n n
konnte zum vorhabenden (sie!) Zweckctaugen. Dieser in seiner Art ebenso
tätige als eigenmächtig vorgreifende Mann bezog im S p ä t j a h r 1808
seinen Posten. Ohne sich erst von dem abgetretenen Landvogt Menzinger,
einem ebenso kenntnisvollen als gerechten Beamten, in den bestehenden
Rechtsverhältnissen unterrichten zu lassen oder sich erst in den vorhandenen
Akten davon zu überzeugen, ohne alle Lokalkcnntnisse fing derselbe mit der
Niederreißung des uralten Nersassungsgebüudes das vorhabende (sie!)
Werk an." Gebrechen brauchten, wie wir gesehen haben, nicht erst „ent-
deckt" zu werden, sie lagen ganz offen zu Tage und riefen laut nach Abhilfe;
die Landamnmnnsverfafsung war allerdings ein „ u r a l t e s V e r f a s -
s u n g s g e b ü u d c " , aber dieses Gebäude war, wie wir ebenfalls gesehen
haben, im Laufe einer langen Zeit ganz morsch geworden und mußte einge-
rissen werden, weil es eben nicht mehr taugte und weil es, abgesehen
hievon, durch die Auflösung des deutschen Reiches jeden Halt und jede
Daseinsberechtigung verloren hatte. Die Aufhebung der Landammänner
war vom F ü r s t e n schon längst beschlossen, bevor noch Schuppler den
ersten Schritt nach Liechtenstein getan hatte; Kaiser entfernt sich also von der
historischen Wahrheit, wenn er diese Aufhebung dein Landvogt Schupp-
ler, der nichts anderes zu tun hatte, als die Befehle seines S o u v e r ä n s
zu vollziehen, als Verschulden anrechnet; daß aber dem Fürsten sür
diese Aushebung nicht Tadel, sondern Lob gebührt, leuchtet heute wohl
jedem Einsichtigen ein.
— 179 —
G r u n d b ü c h e r n vorschrieb, auszeichnende E rwähnung , weil
durch dasselbe erst die Sicherheit des Privatbesitzes und der
Kredit des Landmannes begründet und gehoben wurde; die
Aulegung der Grundbücher und in Verbindung damit die Re-
vidierung sämtlicher Kapitalbricfe zum Zwecke der Feststellung
und Verzeichnung aller Hypothekarschulden war eine unter
den damaligen verworrenen Besitz- und Schuldverhältnissen
überaus mühevolle und schwierige Arbeit, um deren Durch-
führung sich der unermüdliche Lcmdvogt Schuppler ein dau-
erndes Verdienst erworben hat.
Der enorme Fortschritt, der unter den damaligen Ver-
hältnissen gemacht wurde, springt umsomehr in die Augen,
wenn wir bedenken, daß das liechtensteinische Grundbuch schon
seit fast 100 Jahren funktioniert und seinem Zwecke selbst jetzt
noch genügt, während in den an Liechtenstein grenzenden
schweizerischen Kantonen Graubünden und S t . Gallen auch
gegenwärtig noch kein eigentliches Grundbuch besteht und in
bem benachbarten österreichischen Kronlande Vorarlberg erst
vor kurzer Zeit mit der Errichtung eines Grundbuches an
Stelle des unvollkommenen Verfachbuches begonnen wurde. —
Es sollte nicht lange währen, bis Schuppler die Schwierig-
keiten seiner Stellung recht unangenehm zu fühlen bekam.
Während der kriegerischen Ereignisse, die im Jahre 1809
ihren Schauplatz in T i r o l und Vorarlberg hatten, war es in
Liechtenstein wegeil der neuen Ordnung der Dinge zu U n r u h e n
gekommen, die von Triefen nnd Balzers ausgegangen waren.
A m 9. J u n i 1809 zog eine größere Anzahl von Bürge rn
dieser Gemeinden nach Vaduz, wo eine Gemeindeversammlung
abgehalten wurde, welche den Beschluß faßte, sich an V o r a r l -
berg anzuschließen, wenn dem Begehren auf Wiederherstelluug
der alten Zustände nicht stattgegeben w ü r d e ; eine sogenannte
Gcmeindedeputatiou wauderte darauf von Or t zu Or t nnd
suchte die Leute zu beivegen, ihren Bestrebungen beizutreten;
am 12. J u n i 1809 versammelte sich ein zahlreicher Ausschuß aus
jeder Gemeinde in der landesfürstlichen Taferne zu Vaduz,
wo der Eschuer Nichter Johann Allgciuer ein Gesuch verfaßte,
das am nämlichen Tage spät abends durch alle Richter des
Landes dem Oberamte übergeben wurde. I n diesem Gesuche
— 180 —
verlangten die Leute Sistierung angeordneter dringender
S t raßeubauten , Wiederherstellung der Landnmmannsinstitutiou,
Erlaubnis, daß die durch Verfügung des Fürsten den einzelnen
Häusern zugeteilten Allmeinden wie zuvor durch die Mehrheit
der Stimmen verteilt werden, Abschaffung der neu eingeführten
Norm für Abhandlung der Verlassenschaften, ferner Aufhebung
des Grundbuches uud Sistierung des Gesetzes, womit die
Grundvereinigung bis aus ein Flächenmaß von 400 Klaftern
vorgeschrieben wurde, endlich Sistierung der Eintreibung rück-
ständiger Steuer- und Abgabenreste. Der Landvogt, welcher auf
die Vorbringung dieser Beschwerden gefaßt war, erteilte den
Erschienenen sofort den bereits vorbereiteten Bescheid i). Die
Kundgebung Schupplcrs verfehlte zunächst ihre Wirkung nicht.
Die Leute gingen beruhigt auseinander und versprachen, ihre
Gemeindeglieder eines Besseren zu belehren; dennoch wandten
sich verschiedene Untertanen an den vorarlbergischen General-
kommissär D r . Anton Schneider, welchem die Leitung aller
Z i v i l - und Mili täropcrat ionen in Vorarlberg übertragen war ;
dieser zeigte nicht übel Lust, die Bewohner Liechtensteins
zur Vereinigung mit ihm aufzurufen und fragte dieserwegen
vorher bei Schuppler nn, welcher ihm jedoch das Vorhaben in
taktvoller Weise ausredete; gleichzeitig erließ Schuppler eine
nochmalige Warnung nnd wandte alles an, um die Vereini-
gung der liechtensteinischen Untertanen mit dein Vorarlberger
Landsturm zu hintertreiben. )̂ A l s Schnppler am 17. J u l i 1809
L. R. A. — Dieser Bescheid liegt dein Berichte SchupplerS vom
27. J u l i 1809 Nr. 346/po>. bei. W i r bringen im Anhange unter L
einen Abdruck dieses vou Kaiser (S . 502) als Proklamation bezeichneten
Bescheides. Wird diese Kundgebung Schupplers als Ganzes uud in ihrem
Zusammenhange aufgefaßt, so ergibt sich sofort eiu ganz anderer E i n -
druck, als derjenige, den Kaiser mit seiner Wiedergabe einzelner aus dein
Kontexte der Kundgebung hernnsgcrisscucr Stellen hervorzurufen beab-
sichtigte. - Kaiser sagt (S. 492) selbst, daß sich die Gemeinden allem wider-
setzten, was sie in ihren Vorurteilen und Gewohnheiten störte; er zitiert
(S . 491) als Ausspruch eines für Liechtenstein wohlgesinnten Mannes,
daß das Volk von den größten Vorurteilen eiugenvmincn war, unter-
laßt es aber, diese richtigen Gesichtspunkte der Beurteilung des Wider-
standes der Bevölkerung gegen die wohlwollenden Absichten des Fürsten
zugrunde zu legen.
-) L . R. A., Nr. 318/pol Jahrg. 1809.
— 181 —
gehört Hatte, daß sich dennoch eine größere Anzaht von B ü r -
gern der Gemeinden Balzers und Triefen in Bewegung gesetzt
habe, um die anderen Gemeinden zur Teilnahme am V v r a r l -
berger Landsturm zu überreden, faßte er den Entschluß, sich
in ihre Mitte zu begeben, traf sie im Wirtshause zu Triesen,
warnte sie eindringlich davor, Unbesonnenheiten zu begehen und
das Land ins Unglück zu stürzen; es gelang ihm, als bei
diesem Anlasse die Beschwerden wegen Aufhebung der Neue-
rungen zur Sprache kamen, die aufgeregten Gemüter durch das
Versprechen zu beruhigen, daß mit der Fortsetzung der Grund-
buchsanlage (die letztere war in Vaduz bereits durchgeführt)
solange werde zugewartet werden, bis der Bescheid des Fürsten
über ein Gesuch um Sistierung der neuen Vorschriften herab-
gelangt sein würde. )̂
Gerade während diese Unruhen herrschten, drohte e ine
neue V e r l e g e n h e i t ; der Landesschützenhauptmann Häus le
erschien nämlich am 23. J u n i 1809 beim Landvogt und ver-
langte namens der Vorarlberger Schutzdeputatiou die A u s -
folgung von zwei alten, auf dem Schlosse Vaduz befindlichen
Kanonen; auf Zureden Schupplers schien er von diesen: Be-
gehren abzustehen; bald darauf wurde dem Landvogt gemeldet,
daß Wagen und Pferde requiriert wurden, um die alten K a -
nonen und fünf alte verrostete, auf hölzernen Böcken befestigte
Doppelhakenbüchsen nach Feldkirch z u f ü h r e n ; Schuppler begab
sich sofort auf das Schloß und fand dort den Hanptmann Hüusle
mit zwei Schutzdeputierten, einem österreichischen Oberkanonier
und mehreren Vorarlberger Landsoldaten, welche feierlich er-
klärten, sich der Waffen mit Gewalt bemächtigen zu wollen,
trotzdem Schuppler gegen diesen völkerrechtswidrigen Vorgang
ernstliche Verwahrung einlegte. Die übrigens ganz unbrauchbaren
alten Geschütze wurden tatsächlich als Beute weggeschleppt.-)
B a l d k a m e n e rns te re T a g e . Vorarlberg war unter-
worfen nnd Feldkirch durch französische, von dem General
Jean Baptiste Froment befehligte Truppen besetzt, als Schupp-
ler gegen Ende August 1809 die Weisung erhielt, sich zu die-
sem General zu begeben. Dort wurde ihm bedeutet, das
Bericht Schupplcrs vom 27. J u l i 1809 Nr. 346/pol, L . R. A .
2) Bericht Schupplers vom 25. J u n i 1809 Nr. 316/poI., L . R. A .
13
— 182 -
Fürs tentum Liechtenstein habe täglich sür 150 M a n n I n f a n -
terie und 50 M a n n Kavallerie Lebensmittel und Fourage nach
Feldkirch zu schaffen, sechs Transportsuhren zum Bedarfe der
Truppen täglich zu stellen uud müsse überdies nach dein B e i -
spiele Vorarlbergs gänzlich entwaffnet werden; Waffen und
Muni t ion seien bei strenger Verantwortung des Landvogts
dem General abzuliefern.
Schuppler wurde nicht müde, ans die Zugehörigkeit Liech-
tensteins zum Rheinbunde, auf das ruhige Verhalten des
Landes während des nachbarlichen Aufstnndes und auf die
durch frühere Truppcneinquartierungen verursachte Armut der
Bevölkerung hinzuweisen; dies hatte zur Folge, daß der Ge-
neral die Ordre zur Verpflegung der Truppen zurücknahm, sich
mit einer einmaligen Lieferung von 50 Zentnern Heu begnügte
und cmch die täglichen Vorspannsfuhren bis auf zwei Wägen
herabminderte, f ü r sich aber eine Erkenntlichkeit von 220 f l ,
in Anspruch nahm, die denn auch vom Lande nach der Steu-
errepartition aufgebracht und dem General eingehändigt wur-
den; )̂ bei einer neuerlichen Zitation, die Schuppler erhielt,
verlangte Froment jedoch abermals als Gegenleistung sür die
Ordnung, die er unter den Truppen halte und für den Schutz,
den er dem Lande durch Vcrschonung desselben mit Einquar-
tierungen zukommen lasse, einen Beitrag von 300 f l . , der ohne
Konkurrenz der Untertanen aus den fürstlichen Renten geleistet
werden solle, indem er durchblicken ließ, daß er dein Lande
bei allfnlliger Weigerung große Unkosten verursachen könnte;
er begnügte sich aber schließlich mit 150 f l . , die ihm auch be-
zahlt wurden. 2)
Die vorgeschriebene Entwaffnung wurde vorgenommen,
das Resultat war, daß nur 30 Gewehre abgeliefert wurden
was aber Froment durchaus nicht genügte, weshalb er den
Bericht Schupplers vom 17. September 1809 Nr. 418/pol.
L . R. A . (im Faszikel 1̂ 3, wo sich alle aus diese Angelegenheiten be-
züglichen Akten vorfinden); Büchel, S . 207, schreibt diese erfolgreiche
Intervention (offenbar nur infolge eines Inpsus ealami) dem Landvogt
Menzinger zu, der damals aber den Dienst schon längst verlassen hatte
und inzwischen auch gestorben war.
") Bericht Schupplcrs vom 17. September 1809, Nr. 418/xol.,
L . R. A .
— 183 —
Landvogt in kategorischer Weise aufforderte, bei persönlicher
Verantwortung neuerlich nach Waffen nachsuchen zu lassen,
worauf abermals 31 Stück meist schlechte, zum T e i l erst nach
Durchführung der früheren Entwaffnung angeschaffte Gewehre
zum Vorschein kamen; ebenso mnßte eine scharfe Nachforschung
nach fremden paßlosen Individuen veranstaltet werden, die
aber ergebnislos blieb; sür kurze Zeit wurde auch jeder Ver -
kehr gegen die Schweiz gesperrt, diese Sperre jedoch bald wie-
der aufgehoben.
A m 21. September 1809 kam General Froment mit
seinem Generalkommissür, dem kgl. baur. Landgerichtsassessor
D r . Bitschnau, in Begleitung von 14 Kavalleristen nach V a -
duz und eröffnete dem Landvogt unter Berufung auf einen
angeblichen Befehl Napoleons, daß das Fürs tentum mit Se-
questration belegt sei; er untersagte dem Amte nachdrücklichst
jede weitere Korrespondenz mit dem Fürsten, der Hofkanzlei
und dem Gesandten und wiederholte den Befehl am 30. Sep-
tember 1809 schriftlich in brüsker Weise unter Androhung der
Arretierung Schupplers fü r den F a l l des Zuwiderhandclns,
wobei er gleichzeitig verfügte, daß die Landschaft vom 1. Ok-
tober an täglich je 100 Rationen Heu und Hafer, sowie Korn
sür 200 Brodrationen nach Feldkirch zn liefern habe, widr i -
gens militärische Exekution verhängt würde. Dieses Ansinnen
kam um so nnerwarteter, als General Froment dem Land-
vogt bei Gelegenheit des Erlages der früher erwähnten S u m -
men versprochen hatte, das Fürs tentum künftig von jeder Be-
quartieruugs- und Verpflegungslast zu verschonen.
Schuppler beklagte sich sogleich in einer meisterhaft ab-
gefaßten schriftlichen Vorstellung über diese harte Behandlung
nnd wies auf die Unmöglichkeit hin, die verlangten Requisi-
tionen, die täglich Kosten von mehr als 80 f l . erfordert hätten,
zn leisten.
Die vorgebrachten Gründe fanden jedoch kein Gehör ;
Froment erklärte, daß er sich mit bloßen Worten nicht begnüge,
erneuerte seine Befehle mit aller Entschiedenheit und bestimmte
bereits jene Truppen, die zur Durchführung der Exekntion in
)̂ Schreiben Schupplers vom 1. Oktober 1809 Nr. 442/poI.,
L. R. A .
— 184 —
das Fürs tentum einzurücken hätten. I n dieser peinlichen Lage
stellte sich Schuppler an die Spitze einer Deputation, die den
General Froment noch einmal mündlich um Zurücknahme
seiner Forderung angehen sollte; über vieles Bitten ließ sich
Froment endlich bewegen, von der Lieferung von Naturalien
nnter der Bedingung abzustehen, daß eine entsprechende Geld-
summe geleistet werde; nach langem Feilschen ermäßigte
Froment auch hier sein ursprüngliches Begehren bis auf 500 sl.
und bestimmte, daß hievon bis 7. Oktober zwei Fünftei le von
den fürstlichen Renten und drei Fünfteile von den Untertanen
aufgebracht werden; die letzteren aber waren froh, daß sie, durch
die kräftige Intervention Schupplers- wenigstens von einem
größeren Übel bewahrt blieben. A m 8. Oktober wnrde Froment
der Betrag eingehändigt, die verlangte und versprochene ord-
nungsmäßige Bestätigung hierüber war aber nicht zu erhalten.
I n einer Korrespondenz, die Schuppler nachträglich mit
dem fürstlichen Gesandten Edmund Freiherrn Schmitz von
Grollenburg über das Vorgehen des Generals Froment führte^
kam zum Ausdrucke, daß Froment die Umstände benützt habe,
um sich einen privaten Vortei l zu verschaffen und daß die
mündlich und schriftlich anbefohlene Sequestration des Fürs ten-
tums in Wirklichkeit nicht existiert habe und nur ein listiges
Vorgeben Froments gewesen sei, um das abverlangte Geld
zu erzwingen.
Die kriegerischen Ereignisse hatten zur Folge, daß die
Korrespondenz Schupplers mit dem Fürsten und der Hoskanzlei
nur ganz unregelmäßig und zum T e i l entsiegelt in Wien ein-
langte; so kam Schupplers Bericht vom 27. J u l i 1809 über
die ausgebrochenen Unruhen mit verletztem Siegel erst am
12. November 1809 der fstl. Hofkanzlei in Wien zu, welche
nicht umhin konnte. Schuppler mit Schreiben vom 22. N o -
vember 1809 die Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, daß er
sich „in den fürgewesenen Tagen mit Anstand und Würde be-
nommen und die angemessensten Maßregeln gewählt habe, die
)̂ Eine genaue Darstellung dieser Vorfälle, für welche auch sonst
aktenmüßige Belege vorhanden sind, enthält der Bericht Schupplers vom
27. Oktober 1809 Nr. 453/pol., L . R. A .
— 185 —
Unruhen beizulegen und den wirklichen Ausbruch glücklich zu
unterdrücken," )̂
Während der schweren Tage des Jahres 1809 hatte
Schuppler, wie wir gesehen haben, tatsächlich große Besonnen-
heit und Hinsicht an den Tag gelegt; er hat sich nicht nur als
ein treuer Diener seines Herrn bewährt, sondern hat es auch
durch seine Tatkraft und Klugheit bewirkt, daß Gefahren und
Nachteile, die dem Lande und dem Volke in bedenklicher Weise
drohten, zum Teile ganz abgewendet, zum Teile auf das denkbar
geringste M a ß herabgemindert wurden. Besondere Anerkennung
verdient er aber gerade vom Standpunkte der Liechtensteiner
wegen seiner erfolgreichen Bemühungen, das Volk von dem
Anschlüsse an den Vorarlberger Landsturm abzuhalten. Allge-
mein hieß es damals, daß Liechtenstein seine Selbständigkeit
einbüßen werde; Froment schrieb noch anfangs Oktober 1809
an Schuppler, daß der König von Bayern bald vom Fürsten-
tum Besitz ergreifen werde. 2)
Es ist gar keine Frage, daß eine Teilnahme der Bevölke-
rung Liechtensteins an der Erhebung Vorarlbergs große Ge-
fahren fü r den Bestand des Fürs ten tums nach sich gezogen hätte.
Al lem Anscheine nach hat die Bevölkerung, welche im
Jahre 1809 Zeuge der unablässigen Fürsorge ihres Landvogtes
war, nach und nach ihn begriffen und Zutrauen zu ihm ge-
faßt . Der Widerstand gegen die Durchführung der Maßregeln
des Fürsten hörte auf; mit Genugtuung konnte Schuppler in
seiner markigen Ar t am 8. Dezember 1809 )̂ nach Wien mel-
den, „daß sich nun die Untertanen von der Zweckmäßigkeit
der vom Amte getroffenen Maßregeln vollkommen überzeugten,
und fü r die damalige gefährliche Verwendung danken, wes-
wegen auch in der S t r a ß e n - und Grundbuchsfortsetzung und
anderen Geschäftszweigen mit Tätigkeit fortgefahren wird ." —
Die einmal in Angriff genommene Neuordnung der Ver -
hältnisse im Fürs tentum setzte der Fürst während seiner ganzen
Regierungszeit mit größter Beharrlichkeit fort.
l) Nr. 497/xoI, Jahrg, 1809, L. R. A .
") Schreiben Froments an Schuppler, eingelangt ain 10. Oktober
1809, Akt. Nr. 4S1/poI. Jahrg. 1809, L. R. A .
3) Bericht Schupplers vom 8. Dez, 1809 Nr. 497/poI., L . R. A .
— 186 —
Es kmnr selbstverständlich nicht unsere Aufgabe sein, alle
Gesetze und Vorschriften, die der Fürst weiterhin erließ, einzeln
anzuführen; wi r wollen nur das Wichtigste hieraus insoweit
hervorheben, als es entweder heute noch gilt oder die Grund-
lage zum heutigen legalen Zustande geboten hat.
M i t P a t e n t v o m 18. F e b r u a r 1 8 1 2 führte der Fürst
das österreichische allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, die öster-
reichische allgemeine Gerichtsordnung uud das österreichische
Gesetzbuch über Verbrechen und schwere Polizeiübertretnngen
in Liechtenstein ein und im Jahre 1819 wurden verschiedene, in
Österreich zur Ergänzung dieser Gesetze ergangene Vorschriften
als fü r Liechtenstein verbindlich erklärt; alle diese Gesetze
gelten zum T e i l noch heute; zur Vervollständigung der Gesetze
über Polizeiübertretungen erschien 1832 das sogenannte U n t e r-
t a n s - S t r a s p a t e n t , welches der heute in Kraf t stehenden
sürstl. Verordnung vom 8. Dez. 1858 über die Amtsgewalt
der Behörden zu Grunde liegt.
Indessen war im Jahre 1818 durch eine zwischen dem
Kaiser von Österreich und dein Fürsten abgeschlossene Kon-
vention das k. k. Appellationsgericht in Innsbruck als d r i t t e
I n s t a n z fü r die Rechtsangelegenheiten des Fürs ten tums be-
stellt worden, eine Verfügung, die in ihrer Wesenheit durch
den seither abgeschlossenen Staatsvertrag vom 19. J ä n n e r
1884 i) aufrechterhalten wurde.
Auch in f i n a n z i e l l e r Hinsicht erslossen, abgesehen von
der oben bereits erwähnten Steuervrdnung, verschiedene
sehr belangreiche Vorschriften; unter diesen verdient die
Papierstempelverordnung vom 20. M ä r z 1809 deswegen be-
sonders hervorgehoben zn werden, weil ein großer T e i l der
damals getroffenen praktischen Bestimmungen noch heute i n
Anwendung ist. )̂ — I m Jahre 1829 verfügte der Fürst die
E inführung einer Hundesteuer, eine Institution, die sich bis
auf den heutigen Tag erhalten hat.
V g l . liechtenst. Landesgcsetzblntt Nr. 8 und österr. RcichSgcsctz-
blatt Nr. 1L4, beide vom Jahre 1884.
2) V g l . liechtenst. Landesgcsetzblatt Jahrg. 1883, Nr. 5, wo jene Be-
stimmungen des Stempelpatcntes anfgcführt werden, die bis jetzt in
Geltung geblieben sind.
— 187 —
Unter den traurigen Verhältnissen, in welchen sich
das Fürstentum um die Wende des 19. Jahrhunderts
befand, war ein geregeltes S c h u l w e s e n geradezu ein
Ding der Unmöglichkeit.
Durchdrungen von der Wichtigkeit allgemeiner Gcistcskultur
und Volksbildung hatte der Fürst schon durch Gesetz vom 3. Ok-
tober 1812 einen Schulfond ins Leben gerufen, aus dessen Inte-
ressen den von den Gemeinden elend besoldeten Lehrern Zulagen
gegeben werden sollten. Der damals begründete Schulfond, zu
dessen Hebung der Fürst wiederholt Beiträge gewährte, besteht bis
heute und ist auf einen Betrag von nahezu 140,000 Hangeivachsen.
Der Intention des Fürsten gemäß hatte Landvogt Schuppler
auf Grund gepflogener eingehender Beratungen einen Schul-
plan und eine Schulordnung erlassen, worncich die allgemeine
Schulpflicht vom angetretenen 7. bis znm vollendeten 14. Jahre
dauerte und darauf die Sountagsschule bis zum angetretenen
20. Lebensjahre zu besuchen w a r ; es herrschte damals aber
unter der Bevölkerung wenig Verständnis und kein Eifer f ü r
die Schule, so daß es Schupplcr 1825 bemängelte, daß aus-
geschulte Kinder hänfig weder lesen noch schreiben konnten.
Diese Umstände und die inzwischen gewonnenen sonstigen E r -
fahrungen veranlaßten den Fürsten, das Schulgesetz vom
5. Oktober 1827 zu erlassen ') und durch dasselbe zu be-
stimmen, daß die Alltagsschule wöchentlich f ü n f m a l mit vier
täglichen Unterrichtsstunden abgehalten und von allen Kindern,
welche das 6. Lebensjahr erreicht und das 12. noch nicht vo l l -
endet haben, besucht werde; nach dein 12. bis zum 20. Jahre
mußte die Jugend die Sonntagsschule besuchen. Das Schul-
jahr sollte mit Anfang November beginnen und bis in die
zweite Hälfte September dauern; f ü r die vorzüglichsten Schüler
der Alltagsschulen waren P r ä m i e n vorgesehen. — Der jähr-
liche Schullehrergehalt mußte in den größeren Gemeinden
mindestens 200 sl., dnrfte aber nirgends weniger als
150 f l . betragen; als Lehrer sollten nur entsprechend vorge-
i) Das im L . R. A . befindliche Originale des Schulgesetzes ent-
häl t mehrere eigenhändige Beisätze des Fürsten und illustriert die auch
sonst bekannte Tatsache, daß der Fürst den Angelegenheiten des Landes
persönlich die gewissenhafteste Aufmerksamkeit zuwendete.
— 188 —
bildete und geprüfte Personen angestellt werden. Die E i n -
Hebung eines Schulgeldes fü r den Besuch der Schule wurde
untersagt, fü r die Schulbedürfnisse hatten die Gemeinden aufzu-
kommen; Nachlässigkeit im Schulbesuche war vom sstl. Oberamt
an den Eltern der Schulpflichtigen zu ahnden; die Geldstrafen
sollten in den Schulfond fließen. Die Aufsicht über die
Schulen hatten die Ortsscelsorger in ihren Gemeinden zu
führen, während die Oberaufsicht dem sstl. Oberamte anver-
traut wurde, dem zu erwähntem Zwecke ein vom Fürsten aus
der Reihe der Pfarrer ernannter Schuloberaufscher beigegeben
wurde. — Z u r Vermehrung des Schulfondes wurde vorgeschrieben,
daß von jeder Vcrlnssenschaft je nach der Höhe des Vermögens
ein Beitrag von 2—10 f l . geleistet werde. Dieses Schulgesetz, aus
welchem das heute in einem Teile noch geltende Schulgesetz
vom 8. Februar 1859 aufgebaut ist, bedeutete einen beträcht-
lichen Fortschritt im Schulwesen.
Eine für den V e r k e h r wichtige Maßregel war die E i n -
führung der österreichischen Post in Liechtenstein; der Fürst
hatte im Jahre 1817 unter Wahrung seiner Souve rän i t ä t s -
rechte die Bewill igung hiefür erteilt, aber schon im Jahre
1819 wurde dieses vertragliche Verhäl tn is aufgehoben, aller-
dings nur, um im Jahre 1826 wieder aufzuleben; seither
wird das Postwesen in Liechtenstein nach Maßgabe von Ver-
einbaruugen, die von F a l l zu F a l l getroffen werden, von den
österreichischen Behörden verwaltet.
Wichtige Einrichtungen fü r die G e m e i n d e n waren die
von Landvogt Schuppler angeregte und vom Fürsten sanktio-
nierte Fenerlöschordnung vom 10. Oktober 1812, die erst im
Jahre 1865 durch das gegenwärtig geltende Feuerpolizeigesetz ')
ersetzt wurde, serner die von dem Fürsten 1814. getroffene
Anordnung, daß die Gemcinderechnuugen oberämtlich zu prüfen
sind; die hieraus im Jahre 1824 geplante Verfügung, daß
sämtliche Gemeinde- und Kirchenrechnungen durch die fürst-
liche Buchhaltung revidiert werden, gelangte infolge der V o r -
stellungen des Landvogtes nicht zur Aus führung .
Ganz besondere Hervorhebung verdient eine Einrichtung,
die Schuppler im Interesse des s a n i t ä r e n W o h l e s der Be-
Liechtenst. Landcsgesetzblatt Nr. 7, Jahrg. 1865.
— 189 —
völkerung über ausdrückliches Geheiß des Landesherrn im
Jahre 1812 traf, nämlich die E in führung des Impfzwanges
zur Bekämpfung der schwarzen Blattern, die damals immer
wieder von nenem auftraten und auch in Liechtenstein schon
zahlreiche Opfer gefordert hatten.
Schuppler suchte diese Maßregel mit allen nur möglichen
Mit teln dem Verständnis der Bevölkerung nahezubringen, was
bei den unwissenden Leuten nicht gerade immer eine leichte
Sache war. A l s in der Gemeinde Ruggcll wegen E in führung
bes Impfzwanges Unruhen entstanden waren, ' ) trat er dem
unvernünftigen Widerstände gegen die getroffene Anordnung
nachdrücklichst entgegen; er erzielte schließlich, daß die nütz-
liche Veranstaltung allgemein Eingang und Anklang fand, fo daß
die gefürchtete Seuche gänzlich aufhörte, bis sie im Jahre 1825
dnrch herumziehendes Gesindel, das in den damaligen Zeiten
trotz des unablässigen, tatkräftigen Eingreifens des Lnndvogtes
nicht ganz zu bannen war, 2) wieder nach Liechtenstein ver-
schleppt wurde uud mehrere Todesfälle verursachte, worauf
Schuppler sofort eine allgemeine Jmpfnng sämtlicher unge-
impften Kinder veranlaßte. Schupplers Vorgehen zur Be-
kämpfuug der schwarzen Blattern bildet ein Ruhmesblatt in
seinem auch soust so verdienstlichen Wirken; der von dem ein-
sichtsvollen Fürsten verfügte und von Schuppler mit so vielein
Verständnis geförderte Impfzwang in Liechtenstein war fü r die
damalige Zeit eine Errüngenschast ersten Ranges, was sofort
klar wird, wenn wir in Betracht ziehen, daß es selbst in der
Gegenwart noch große Staaten gibt, die diese nützliche I n -
stitution nicht besitzen. ^) Ungezählte Menschenleben, die sonst
i) Akt. Nr. 250/poI. Jahrg. 1812, L . R. A .
s) V g l . Büchel, S . 79, 85, 116; wenn Büchel sagt, daß das Volk
gegen die Landplage des Bettler- und Gaunerwesens von der Obrigkeit
zu wenig geschützt wurde, so ist dies speziell sür die Zeit, wo die Land-
ammänner „regierten", zweifellos richtig, denn die Landammänner waren
cS, welche seinerzeit die Lnndesvolizei zu handhaben hatten. (Vgl . Kaiser
S . 497.) — Schuppler war nach den vorhandenen Akten gegen diese
Plage mit größter Energie eingeschritten.
°>) E i n besonderes Verdienst um die erfolgreiche Durchführung der
Impfungen erwarb sich der geprüfte Wundarzt Gebhard Schüdler, wel-
chen der Fürst über warme Empfehlung Schupplers am 16. J ä n n e r
— 190 —
der tückischen Senche zum Opser gesallen mären, sind seither
infolge des Impfzwanges verlängert und erhalten morden,
denn es ist in Liechtenstein von 1812 an fortwährend bei dieser
segensreichen Einführung geblieben.
Auch uach dem Jahre 1809 waren große Weltereignisfe,
die sich während der Regierung des Fürsten abspielten, nicht
ohne uachhaltige Spuren an dein kleinen Fürs tentum vor-
übergegangen.
Die Völkerschlacht bei Leipzig war geschlagen und damit
das Schicksal des Rheinbundes, dem das Fürs tentum, wie oben
erwähnt, angehörte, f ü r alle Zukunft entschieden. Der Fürst
übernahm wieder fü r seine eigene Person die seit 1806 im
Namen des minderjährigen Prinzen .Karl geführte Regierung
des Fürs ten tums nnd schloß zu Frankfurt am 7. Dezember
1813 mit Kaiser Franz einen Vertrag ab, in welchem er sür
sich und seine Erben dem Rheinbünde entsagte und sich den
Einrichtungen zu fügeu versprach, welche jeue Ordnung der
Dinge erfordern würde, die zur Anfrechthaltung der Unab-
hängigkeit Deutschlands definitiv eingeführt würde, wogegen
Österreich dem Fürsten seine Souverän i t ä t und seine Besit-
zungen garantierte.
A m 8. J u n i 1815 trat dann Fürst Johann mit seinein
Fürstentum dem d e u t s c h e n B u n d e bei, in welchem sich
schließlich alle 39 deutschen Staaten zusammengefunden hatten..
A m Bundestage zu Frankfurt an? M a i n hatte Liechtenstein in
Gemeinschaft init Hohenzollern, Reuß, Schaumburg, Lippe und
Waldeck, welche zusammen die 16. Kurie bildeten, eine von
den 17 Stimmen der engeren Versammlung, während es im
Plenum von 69 Stimmen eine sür sich allein besaß. A l s am
1809 zum Landschaftsarzt ernannt hatte; als solcher hatte er die sstl.
Diener nnd die Armen unentgeltlich zu behandeln, in jeder Gemeinde
eine Hebamme abzurichten und bei Tierkrankheiten Beistand zu leisten.
Schndler war 1776 in Mauren geboren, wurde nach zurückgelegten Fach-
studien an der Universität in Freiburg i . B r . zum Magister der Medizin
und Chirurgie promoviert, diente dann als Mil i tärarz t in Holland, ließ
sich 1801 in Nendeln nieder, wo er Landschaftsarzt der unteren Herr-
schast wurde und übersiedelte 1809 anläßlich seiner Ernennung zum
Amtsärzte sür das ganze Land nach Vaduz; er starb am 20. November
1842, worauf in seine Stelle sein Sohn Dr. Kar l Schädler trat.
— 191 —
26. September 1815 zu Pa r i s die „Heilige Allianz" geschlossen
wurde, erklärte der Fürst am 12. Oktober 1817 den Beitritt
zu diesem Bündnisse.
Dnrch Artikel 13 der deutschen Bundesakte war bestimmt
worden, daß in jedem Bundesstaate eine I ands tändis ch c V e r -
fassung ins Leben zn treten habe. Dieser Bestimmung kam
Fürst Johann nach, indem er am 9. November 1818 eine
solche Verfassung gab. ') Schuppler hatte sie entworfen, sein
Entwurf war aber in mehreren Punkten abgeändert worden.
Nach der erwähnten Verfassung 2) bestand die Vertretung
des Landes aus der Geistlichkeit und aus der Landmannschaft.
Die Geistlichkeit hatte aus ihrer Mitte drei der Bestätigung
des Oberamtes zu unterziehende Deputierte (zwei aus der
ehemaligen Grafschaft Vaduz und einen aus der ehemaligen
Freiherrschast Schellenberg) zu wählen; nebstbei war jeder
Besitzer einer geistlichen P f ründe , soweit er ein Vermögen von
2500 f l . im Lande versteuerte, znr Teilnahme am Landtag
berufen. Als Vertreter der Landmannschaft nahmen die Vor-
steher (Richter) und die Säckelmeister der Gemeinden am
Landtage teil; überdies hatten anch alle übrigen mindestens
30jährigen Untertanen, die für ihre Person an liegenden
Gründen einen Steuersatz von 2000 sl. auswiesen sowie von
unbescholtenem und uneigennützigen? Rufe und von verträg-
licher Gemütsart waren, das Recht der Landstandschaft.
Die Verfassung enthielt die singuläre Bestimmung, daß
der Fürst für sich keine Zivilliste beansprucht, eine Bestim-
mung, die auch in die gegenwärtig geltende Verfassung vom
26. September 1862 (Z 30) übergegangen ist.»)
1) W i r bringen zum besseren Verständnis nachstehender Darstelluug
im Anhange unter lü einen Abdruck dieser Verfassung, welche auch bei
Criste, S . 237 u. ffgd. abgedruckt ist.
2) Kaiser, der von der verrotteten Landammannsinstitution ganz
hypnotisiert ist, meint natürlich S . S10, daß die neue Versassung den
Bedürfnissen und Gewohnheiten des Landes weniger entsprach, als die
srühcr bestandene; wir haben einen Tei l jener „Bedürfnisse und Gewohn-
heiten", die aus der Laudammansverfassung herausgewachsen waren,
bereits oben kennen gelernt.
3) Statt es zu begrüßen, daß der Fürst aus freien Stücken auf
ciue Zivilliste verzichtete, fragt Kaiser S . 502, wie. es möglich wäre ,
daß ein so kleines nnd armes Land dem Landcsherrn nebst den Herr-
— 192 —
Die Verhandlungen im Landtage gestalteten sich regel-
mäßig — wenigstens äußerlich — recht einfach.
Nach vorangegangenem Gottesdienste erschienen die Be-
rufenen in dem zur Abhaltung des Landtages eingeräumten
Lokale, wo der als landesfürstlicher Kommissär bestimmte Land-
vogt an die Versammelten eine Ansprache hielt, in deren
Laufe er die Bestimmungen der Verfassung vortrug uud -das
ihm vom Fürsten verschlossen zugekommene, mit dessen eigen-
händiger Unterschrift versehene „Pos tu la t" angesichts der Ver -
sammlung entsiegelte, zur Vorlesung brachte und näher erläuterte.
D a eine eigentliche Debatte nicht vorgesehen war, wurde
gewöhnlich sofort zur Abstimmung geschritten, die allerdings
häufig zum Anlaß genommen wurde, verschiedene Wünsche
vorzubringen, zu welchen dann der landesfürstliche Kommissär
Stellung nehmen mußte.
Die österreichischen Behörden hatten verlangt, daß dem
jeweilig durch den leitenden Rentmeister vertretenen k. k. Rent-
amte Feldkirch als dem Repräsentanten der in Liechtenstein
gelegenen k. k. österreichischen Besitzungen der erste Platz unter
den Landständen eingeräumt werde, und der Fürs t hatte dies
nach seiner ausdrücklichen Erklärung deshalb zugestanden, „nm
einen Beweis ehrfurchtvoller Gesinnungen gegen den Al ler -
höchsten Hof abzulegen"; so wurde also die erste Stimme
schaftsgcfülleu noch eine „standcsmäßige" Zivillistc geben könnte. Er über-
sieht bei dieser Frage offenbar, daß die Bevölkerung außerhalb Liechten-
steins überall und zwar auch in den demokratisch regierten Staaten
zu den Repräscntationskosten des Staatsoberhauptes v c r h n l t n i s -
m ä ß i g herangezogen wi rd ; wenn Kaiser weiter bekrittelt, daß der Fürst
im Lande Dominikalgefüllo bezog, so geht er hiobei über die ihm doch
sicher bekannte Tatsache hinweg, daß der Fürst nur solche Gefalle be-
zog, welche seinerzeit als Privntrcchte von den Grafen von Hohenems
erkauft worden waren oder zu denen er sonst ein Recht hatte und
daß er einen beträchtlichen Te i l diescrPrivatgefülle wieder für Landcs-
zwccke verwendete. — Kaiser wirft (S. ölll) einen hämischen Seitenblick
auf die „staatswirtschaftlichen Kenntnisse" der „Stciatsrcsormatoren" Hauer
und Schuppler, weil einige Abgaben mäßig erhöht wurden, bleibt aber
die Aufklärung schuldig, wie den gesteigerten Staatsbcdürfnisscn anders
als durch Erschließung neuer staatlicher Einnahmsquelleu hätte entsprochen
werden können. Seine abfällige, von Parteigeist erfüllte Kritik hat hier
(S . 49ö bis ö 0 4 ) . g a r keinen Boden, und seine Darstellung gewinnt
stellenweise geradezu pamphletartigen Charakter.
— 193 —
immer von dem Feldkircher Rentmeister abgegeben. B e i
Schluß der Versammlung wurde über den Verlaus nnd das
Ergebnis derselben ein Protokoll aufgenommen, welches von
allen S t änden unterschrieben und jedesmal dem Fürsten vor-
gelegt wurde.
Der erste Landtag wurde Montag am 15. M ä r z 1819 ab-
gehalten, das Ergebnis fand jedoch nicht die Zufriedenheit des
Fürsten, da die S t ände die als Beitrag zum Gehalte des Ge-
sandten und als Kanzleihonorar fü r das Jnnsbrucker Appella-
tiousgericht geforderten Snmmen von zusammen 1500 sl. nicht
annehmeil wollten; es wurde daher auf den 1. J u n i abermals
eiii Landtag ausgeschrieben; hiebet wurde den S t ä n d e n ein im
fürstlichen Auftrage verfaßtes Schreiben vorgelesen und ihnen in
Erinnerung gebracht, daß der Fürs t freiwil l ig auf eine Z i v i l -
liste gänzlich verzichtet habe, daß er dem Lande bedeutende
Vorschüsse fü r Militärzwecke unverzinslich gewährt habe, daß
er sich mit kleinen Raten zur Abzahlung dieser Vorschüsse be-
gnüge, daß er seine nach den früheren Verträgen steuerfreien
Pr iva tgüter im Lande der Besteuerung unterziehen lasse, daß
die Kosten fü r die dritte Gerichtsinstanz geringer seien, als i n
irgend einem Bundesstaate, daß ihm endlich allein das Recht zu-
stehe, die Besoldungen der Beamten (daher auch des Gesandten) zu
bestimmen. Das Postulat wurde hierauf angenommen, gleichzeitig
aber der Wunsch um Ermäßigung der fü r die zwei erwähnten
Posten eingesetzten Summe von insgesamt 1500 f l . vorgebracht.
Be i einer dritten Ständeuersammlnng, die am 27. Dezember
des gleichen Jahres stattfand, wnrde den S t änden im Auftrage
des Fürsten mitgeteilt, daß diesen Wünschen nicht entsprochen
werden könne, weil es nicht in der Macht des Fürsten stehe,
die mit Österreich getroffene und der Bundesversammlung
mitgeteilte Vereinbarung über die Errichtung der 3. Gerichts-
stelle fü r Liechtenstein einseitig zu modifizieren und weil eine
wohlfeilere Gesandtschaft in Frankfurt nicht aufgestellt werden
könne, iudem deren Aufstellung von der Einwil l igung der
übrigen 7 Fürsten der 16. Kurie abhänge, kein einziger Ge-
sandter in Frankfurt so schlecht bezahlt sei, wie dieser und die
angesetzte Summe von 1200 f l . der vom Fürsten wirklich aus-
gelegten bei weitem nachstehe.
— 194 —
I n den folgenden Jahren fanden die Ständeversamin- ,
lungen regelmäßig nur einmal und zwar in den letzten Tagen
des Dezember statt.
Es war allerdings ein ziemlich bescheidenes M a ß politi-
scher Rechte, das die ständischen Verfassungen in allen Ländern,
in welchen sie eingeführt worden waren, gewährten, nichtsdesto
weniger muß anerkannt werden, daß diese Verfassungen den
Wert eines nicht zu überschätzenden Fortschrittes besaßen, indem
sie den S i n n sür die öffentlichen Angelegenheiten weckten und
einer weiteren Entwicklung zu jener Ar t von Einrichtungen
vorarbeiteten, die heute als konstitutionelle bezeichnet werden;
diese Bedeutung kann auch der ständische» Verfassung Liechten-
steins keineswegs abgesprochen werden.
Die Auslösung des deutschen Reiches hatte fü r das
Fürstentun, Liechtenstein, wie aus allen anderen Gebieten,
so auch auf dein Gebiete des M i l i t ä r w e s e n s nicht zu
umgehende Folgen, die als Ergebnis weltgeschichtlicher E r -
eignisse hingenommen werden mußten. Während Liechtenstein
zum Reichsheere nur 5 Infanteristen und die Kosten eines
halben Kavalleristen zu leisten hatte, wurde nach Gründung
des Rheinbundes das vom Fürs tentum zu stellende Kontingent
auf 40 M a n n festgesetzt; die persönliche Ableistung der Mi l i t ä r -
pflicht wurde jedoch zunächst nicht gefordert, da der Fürst am
12. Oktober 1806 mit den herzoglich Nafsau'schen Häusern einen
Relnitionsvertrag abgeschlossen hatte, nach welchem Nassau
diese 40 M a n n gegen eine jährliche Zahlung, die 1808 bei
Erneuerung des Vertrages mit 9756 sl. bestimmt wurde, zu
stellen uud zn bewaffnen hatte.
Durch die im Jahre 1813 nach Zer fa l l des Rheinbundes ge-
schlossenen Allianztraktate machten sich die betreffenden Souveräne
verbindlich, das Doppelte der bestandenen Rheinbundskontingente
nebst einer verhältnismäßigen Reserve aufzustellen und einen
Landsturm zu organisieren; da eine Ausuahme von diesen a l l -
gemeinen und grundsätzlichen Bestimmungen nicht erreichbar
war, hatte Liechtenstein 40 M a n n zur Linie, 40 M a n n zur
Landwehr und 20 M a n n als Reserve zu stellen, was auch
sogleich zu Anfang des Jahres 1814 geschah;') ebenso nahm
Die Gemeinde Triefen, welche sich bei dieser Gelegenheit renitent
zeigte, wurde mit S0 f l . bestraft. (L. R. A.)
Schuppler in allen Gemeinden die Organisierung des Land-
sturmes vor, was den Fürsten veranlaßte, ihm eine besondere
Belobung zu erteilen; eine weitere Ausgestaltung dieses Land-
sturmes unterblieb.
Nach der Konvention vom 10. Februar 1814, welche
zwischen Baden und Liechtenstein abgeschlossen war, übernahm
Baden die Einreihung des liechtensteinischen Kontingentes unter
die badischen Truppen gegen bestimmte, ver t ragsmäßig festge-
setzte Vergütungen; an der Seite dieser Truppen kämpfte das
liechtensteinische Kontingent im Befreiungskriege der Jahre
1814 und 1815; in letzterem Jahre stand es vom 1. J u l i bis
15. November in Feindesland.
E s kann gar kein Zweifel darüber bestehen, daß Liechten-
stein durch die Verpflichtung, ein gegen früher verdoppeltes
Kontingent aufzustellen uud zu erhalten, überlastet w a r ; mehrere
hintereinander eingetretene Mißjahre hatten in dem kleinen,
ausschließlich auf landwirtschaftlichen Betrieb angewiesenen
Lande große Not hervorgerufen; wenn das Land daher
ZU den militärischen Lasten nach dein nämlichen M a ß -
stabe herangezogen wurde, wie andere in viel besserer Lage
befindliche Länder, so ist leicht zu ermessen, daß ihm fast
Unerschwingliches zugemutet wurde.
Schuppler, der sich nach wie vor des Landes in allen
Drangsalen lebhast annahm, bemühte sich auch redlich um eine
Erleichterung der schweren Mili tärlasten, indem er darauf hin-
wies, daß „der Untertan in einem jedes menschliche Gesühl
rührenden Elende schmachtet", )̂ konnte aber unter dem Zwange
mächtigerer Verhältnisse eine Herabminderung des Mi l i t ä r -
kontingentes nicht durchsetzen; in dieser Verlegenheit hals der
Fürst durch unverzinsliche Gewährung beträchtlicher, in kleinen
Raten rückzahlbarer Vorschüsse.
I m Jahre 1819 wurde das liechtensteinische Kontigent
dem großhcrzoglich hessischen Garde-Jnsanterie-Regiment ein-
gereiht und hatte in Vereinigung mit den Kontingenten der
beiden Hohenzollern'schen Häuser ein Batai l lon zn bilden; sür
Friedenszeiten wurde der Staud aus 55, f ü r Kriegszeiten auf
73 M a n n festgesetzt; der Landvogt war angewiesen, sich je-
') Bericht' Schupplers vom 17. A p r i l 1815 Nr. 66/poI., L . R. A .
— 196 —
weilig mit der Regierung in Sigmaringen über Bewaffnung
und Übungen des Kontingentes ins Benehmen zu setzen.
Nach der mit Beschluß der deutschen Bundesversammlung
vom 9. A p r i l 1821 festgesetzten Kriegsverfassung des deutschen
Bundes bildete Liechtenstein einen T e i l der dritten Division
des 8. Armeekorps und war abermals dem großherzoglich hessi-
schen Kontingente zugeschlagen, dem auch die Kontingente der
sstl. Hohenzollern'schen Lande, der Landgrafschaft Hessen-Hom-
burg und der freien Stadt Frankfurt einverleibt waren; das
liechtensteinische Kontingent betrug 55 Köpfe, außerdem an E r -
satzmannschaft 9 Köpfe und als Reserve 18 M a n n . —
Landvogt Schuppler hatte den Fürsten wiederholt in-
ständigst gebeten, ihn von seinem dornenvollen Posten abzube-
rufen, was der Fürst auch wiederholt in Aussicht stellte; wie
die vielen, in den vorhandenen Amtskorrespondenzen ersicht-
lichen Belobungen Schupplers dartuu, war der Fürs t mit
dessen Dienstleistung außerordeutlich zufrieden,') andererseits
aber waren dem Fürsten, der den Angelegenheiteil seines L a n -
des stets das regste persönliche Interesse entgegenbrachte, die
zeitweise ganz ungewöhnlicheil Schwierigkeiten der Stellung
des Landvogts genau bekannt und so konnte er sich offenbar
nicht leicht entschließeil. Schuppler einem Wirkungskreise zu
entziehen, in dein dieser sich so trefslich bemährt hatte.
Nach 18jähriger Dienstleistung in Liechtenstein sollte end-
lich auch Schuppler die Stunde schlagen, in der sein Wunsch
Um die vielen, meistens in den schmeichelhaftesten Ausdrücken
abgefaßten Belobungen, die der Fürst dem Landvogtc zuteil werden ließ,
aufzuzählen, würde es wohl mehrere Druckseiten bedürfen. W i r beschränken
unS darauf, hier die den Akten entnommene Tatsache vielfältiger Anerken-
nungen der Amtsführung Schupplcrs mit dein Beisätze anzuführen, daß
einer der hervorstechendsten Charakterzüge des Fürsten Johann unbedingte
Offenheit und Ausrichtigkeit war und daß er, wie aller Welt bekannt
war, vorkommenden Falles auch mit seinem Tadel nicht zurückzuhalten
pflegte, weshalb sein Lob umso schwerer wiegt. I n dem mir vorliegen-
den Berichte von: 21. August 1826, Nr. 4949, welchen die sstl. Hofkanzlei
an den Fürsten erstattet hat, heißt es über Schuppler, daß er „gewiß
jeder Erwartung entsprechen wird, da er als ein in allen Fächern der
Landwirtschaft und Gesetzkunde bewanderter moralischer M a n n der
höchsten Gnade würdig ist". — „pr invioibus placuisss viris von ultima,
ürns Est" (Hör., opist. 1. 17).
— 197 —
in Erfü l lung ging; anfangs November 1826 murde er ver-
ständigt, daß der Fürs t ihn in „Anbetracht seiner Verdienst-
lichkeit" erhört, ihm die mit dein Justizamte verbundene Stelle
des Amtmannes der Herrschaft Butschoivitz verliehen und ihm
gleichzeitig die Verbindlichkeit auferlegt habe, provisorisch auch
das Justiznmt der Herrschaft Stcinitz zn versehen.
Der Fürst machte dem Landvogte Schuppler hiebei zur
besonderen Pflicht, die Geschäfte in Vaduz „mit gewohnter
Präzision und Rechtlichkeit" so abzuwickeln, daß er das Amt
Mitte J ä n n e r 1327 an seinen Nachfolger, den Just iz iär der
Herrschast Sternbcrg, Peter Pokornu. übergeben könne, der
schon Ende 1826 in Vaduz eintreffen würde. Schuppler solle
diesen über alle Verhältnisse auf das umfassendste unterrichten,
um aus diese Weise seine Amtierung „mit Würde zu be-
schließen". ')
Schuppler dankte für seine Versetzung, die er als „ein
erquickendes Ergebnis der allerhöchsten H u l d " bezeichnet, mit
der Versicherung, daß es von jeher sein Grundsatz gewesen sei,
sein Amt zu jeder Stunde in Ordnung zu haben und daß die
Übergabe, zu welcher wenige Stunden genügen würden, „mit
der verläßlichsten 'Offenherzigkeit und Rechtlichkeit vor sich
gehen und der gültigste Bürge sür seine unbescholtene Amtie-
rung sein würde" . 2)
A m 26. J ä n n e r 1827 legte der neuernannte Landvogt
Pokornu den Diensteid in die Hände Schnpplers ab nnd der
letztere beendigte am nächsten Tage seine Amts führung in
Vadnz.
M i t Schuppler verließ ein grundgescheiter, höchst ehren-
hafter, klar und rechtlich denkender M a n n von hohem sittlichem
Ernste den mit großer Verantwortung verbundenen Landvvgts-
posten, ein M a n n von unbeugsamer Energie und eiserner Kon-
sequenz, dem trotzdem ein warmfühlendes Herz fü r die vielen
Leiden des seiner Führung anvertrauten Volkes nicht abge-
sprochen werden kann und der die Interessen dieses Volkes
Erlaß der fstl. Sofkauzlei vom 28. Oktober 1826 Nr. 6233,
L. R. A .
>) Bericht Schupplers vom 4. November 1826 Nr. 210/poI., L . R. A .
14
— 198 —
immer mit Hingebung und vorkommenden Falles sogar mit
Selbstaufopferung wahrnahm.')
Dieser Eindruck wird sich unbedingt jedem aufdrängen,
der das reiche, von Schuppler in musterhafter Ordnung hinter-
lassene Aktenmaterial über seine Amts führung durchforscht; er
wird daraus entnehmen, daß zu jenen Zeiten, als Schuppler
i n Liechtenstein den Dienst antrat, geradezu chaotische Zustände
geherrscht hatten, daß das schon früher arg mitgenommene
Land durch Kriege, Krankheiten und andauernde Mißernten
fowohl nach der materiellen wie nach der moralische:: Seite
hin in einen bedauernswürdigen Notstand geraten war, und
daß Schnppler mit nie erlahmenden: Eifer alles tat, um das
gänzlich darniederliegende Volk nach den wohlverstandenen
Absichten des scharfblickenden Fürsten moralisch und materiell
einer besseren Kulturstufe zuzuführen.
Eine solche Aufgabe konnte natürlich nicht der nächst-
beste lösen, dazu bedürfte es in den damaligen rauhen Zeiten
einer Herrennatur, die, getragen von einer starken Über-
zeugung, in sich die sittliche Kraf t fand, um der allgemein ein-
gerissenen Zügellosigkeit ohne Bedachtnahme auf eingelebte üble
Gewohnheiten, ungegründete Vorurteile und ungerechtfertigte
Empfindlichkeiten und unter Aufopferung persönlicher Bequem-
lichkeit mit starker Hand entgegenzutreten.
D a ß Schuppler eine solche Herrennatur war, ist sür die
damaligen Verhältnisse wahrlich nicht das geringste Gute,
das man ihm nachsagen kann, aber ganz haltlos ist es, ihn
zu einem brutalen Gewaltmenschen zu stempeln, denn es kann
nicht leicht jemanden geben, der seine Verfügungen so sehr an
vernünftige Erwägungen knüpfte und der sich mit größerer
Vorliebe, wenn auch oft ohne den gewünschten Erfo lg , gerade
an die Einsicht der Untertanen wendete, wie er selbst. 2) Groß
i) Es soll nur nebenbei erwähnt werden, daß Schuppler auch
einen äußerst prägnanten, auf vorzügliche Geistesbildung hindeutenden
S t i l schrieb; wenn bei irgend jemanden so gilt bei ihm das Wor t :
„l^o stvls o'sst I'bomwo".
Seit Kaiser hat sich die Gewohnheit eingelebt, Schuppler als
rücksichtslos zu bezeichnen. Wenn Rücksichtslosigkeit in der Außeracht-
lassung b e r e c h t i g t e r Interessen anderer besteht, so kann Schuppler,
wie aus allen seineu Verfügungen hervorleuchtet, durchaus nicht als
— 199 —
ist die Z a h l der Streitigkeiten, die er mit praktischem Sinne
schlichtete,') und groß ist auch die Z a h l der St rafsä l le , die er,
gewiß nicht zu seinem Vergnügen, in der Eigenschaft als Richter 2)
abhandelte; daß er es unter den mißlichen Umständen, wie sie
zur Zeit seiner Amts führung in Liechtenstein herrschten, gar
vielen nicht recht tun konnte und es beim besten Wi l l en mit
manchem verdarb, ist selbstverständlich. Dennoch gelang es ihm,
sich nach und nach beim Volke eine große Autori tät zu ver-
schaffen, deren Andenken auch heute noch vielfach lebendig ist.
Die damalige Amts führung war durch die Mangel-
haftigkeit der Verkehrsmittel wesentlich behindert, Eisenbahn,
Telegraph und Telephon waren noch nicht vorhanden, und bis
ein Brief von Vaduz nach Wien, den eigentlichen Sitz der Re-
gierung des Landes, und in die Hände des Fürsten, dem der
Landvogt alle wichtigeren Angelegenheiten vortragen mußte,
mit der Post gelangen konnte, vergiengen gewöhnlich 8 bis 14
Tage; der Fürs t erledigte zwar die ihm unterbreiteten Geschästs-
stücke mit militärischer Pünktlichkeit, dennoch kam es nicht gar
so selten vor, daß die getroffenen Entscheidungen im Momente,
als sie zur Kenntnis des Landvogts kamen, schon überholt
waren, weil sich die Sachlage in der Zwischenzeit gänzlich
geändert hatte.
Die Unvollkommenheit der Verkehrsinstitutionen brachte
es auch mit sich, daß der Landvogt fast ausschließlich auf den
schwerfälligen schriftlichen Dienstweg angewiesen war und daß
ihm die Gelegenheit sozusagen verschlossen blieb, in wichtigen
Dingen eine mündliche Aussprache mit dem Fürsten oder der
fürstlichen Hofkanzlei zn pflegen. 3)
rücksichtslos angesehen werden; er war nur energisch, ohne aber ungerecht,
nur streng, ohne hart zu sein. Der Gruudzug seines Wesens war unbe-
dingte Pflichttreue, und wie er diese selbst bewährte, so verlangte er sie
auch von anderen.
i) V g l . auch Büchel, S-. 89, 90 und 269.
)̂ Eine Trennung der Verwaltung von der Justiz war damals
unbekannt; sie ist in Liechtenstein erst 1871 durchgeführt worden.
3) Eine Beilage des mir vorliegenden, ausgezeichnet stilisierten
Versetzungsgesuches Schupplers vom 25. A p r i l 1826 (Hoskanzleiakt
Nr. 3141) läßt ersehen, daß Schuppler im Jahre 1812 in Wien war und
daß ihm bei dieser Gelegenheit die besondere Anerkennung des Fürsten
— 200 -
E s liegt auf der Hand und braucht nicht näher er läuter t
zu werden, daß die Abwicklung vieler recht heikeln Angelegen-
heiten wesentlich erleichtert und manches Mißverständnis ver-
mieden worden wäre , wenn eine solche Unmittelbarkeit des
Verkehres wenigstens von Zeit zu Zeit möglich gewesen wäre.
D a ß nicht sofort alle Früchte der wohldurchdachten M a ß -
nahmen des Fürsten und der äußerst umsichtigen Verwaltung des
Landvogtes Schuppler in vollem Umfange zum Vorscheine
kamen, ist Umständen zuzuschreiben, die außerhalb menschlichen
Verschuldens lagen; insbesondere behinderten die Miß jahre ,
welche hintereinander in der Zeit von 1810—1817 gefolgt
waren, einen eigentlichen Aufschwung; namentlich i m Jahre
18.16 war die Not so groß, daß ein Ausfuhrverbot fü r Früchte
erlassen werden mußte und das J ah r 1817 war durch Wasser-
schäden und S t ü r m e gekennzeichnet. Solche widrigen Zufäl le
pflegen nicht selten das Urtei l über die Leistungen selbst der
besten Verwaltung zu trübe:?; je weniger einsichtsvoll eine
Bevölkerung ist, um so mehr wird sie geneigt sein, fü r Leiden,
die ihr zustoßen, die Obrigkeit mitverantwortlich zu machen,
mag diese auch daran ganz unschuldig sein, dagegen wirklichen
Leistungen der Obrigkeit die Anerkennung zu versagen. W e r
ruhigen und unbefangenen Blickes die Verhältnisse betrachtet,
kann nur zu den: Urteile gelangen, daß dnrch die weisen M a ß -
regeln des Fürsten und dnrch die sorgfältige und gewissenhafte
Ausführung , die Schuppler ihnen sicherte, der allgemeine Z u -
stand der Verwaltung und das sittliche Niveau des Volkes
bedeutend gehoben wurde und daß dadurch auch eine günstige
Basis f ü r eine künftige Fortentwicklung geschaffen wurde. ')
für die Ausführung der (im Anhange auszugsweise abgedruckten) In -
struktion vom 7. Oktober 1808 mit dem Beisatze bekannt gegeben wurde,
daß er das in i n gesetzte Vertrauen des Fürsten vollkommen gerecht-
sertigt habe; soweit ich unterrichtet bin, ist Schupplcr während seiner
18jührigen Dienstzeit in Liechtenstein nur dieses einzige mal zur Ab-
wicklung von Amtsangclegenhciten in Wien gewesen.
° i) Bezeichnend für Kaisers Voreingenommenheit ist sein Urteil
über die äußerst fruchtbare, von den besten Absichten beseelte Reform-
tätigkeit' des Fürsten. Kaiser sagt S . 506: „Die Neuerungen folgten
rasch; manche jedoch waren wohltätig und gu t g e m e i n t , wie z. B .
die Einführung eines Hupothckcnbuches, die Versuche, die Güterzerstück-
lung zu hemmen teils durch Zuteilung eines bestimmten Maßes von
— 201 —
Der vom Fürsten Johann znm Nachfolger Schupplers')
berufene Landvogt Peter Pokornu war nach dem Beispiele
seines bedeutenderen Vorgängers bestens bestrebt, der Absicht
des Fürsten gerecht zu werden und bewährte sich als ein sehr
verwendbarer Beamter; der Posten kam ihm aber so wenig
begehrenswert vor, daß er nicht lange nach Übernahme des-
selben um Versetzung einschritt; zwar konnte dieser Bitte nicht
sofort willfahrt werden, aber die wiederholte Erneuerung der-
selben hatte zur Folge, daß der Fürst ihn „zum Beweise der
Zufriedenheit mit seiner Dienstleistung" vom 1. J u l i 1833 an
zum Schloßhauptmann auf der Kammerherrschaft Troppau
mit der Verpflichtung ernannte, daß er das dortige Zivilrichter-
amt mitversehe. 2)
Den Posten des Landvogts in Vaduz verlieh Fürst J o -
hann hierauf dem am 2. Dezember 1792 zu Vaduz geborenen
k. k. Auditor Johann Michael Menzinger, dem Sohne des i m
Jahre 1808 pensionierten Landvogts Franz Xaver Menzinger;
Grundbesitz zu jedem Hause, teils durch Gütervereinigung oder Arron-
dierung". — Sehr gut gesagt! Also manche Neuerungen waren gut
gemeint, d. h. die Mehrzahl war nicht gut gemeint. So sieht die einzige
Anerkennung aus, die Kaiser dem segensreichen Wirken des Fürsten zollt.
W i r können dieses Urteil Kaisers getrost dem Urteil unserer Leser über-
lassen.
Schuppler erwähnt in seinem Nersetzungsgesuche vom 25. A p r i l
1826, daß er ingesamt fast 30 Dienstjahre habe, er wird also im Jahre
1796 seine dienstliche Laufbahn begonnen haben; bei seiner Versetzung
von Vaduz nach Butschowitz dürfte er anfangs oder Mitte der fünfziger
Jahre gestanden sein, hatte daher die Zeit des kräftigsten Mannesalters
tm Dienste des Landes zugebracht; am 11. J ä n n e r 1833 starb er als
Vorsteher der sstl. liechtenstein'schen Herrschaft Hohenstadt (Mähren) mit
Hinterlassung einer Witwe nebst sechs unversorgten Kindern, von welchen
das älteste 21, das jüngste 4 Jahre zählte; bei seinem Ableben hatte er
31 Dienstjahre im fstl. liechtenstein'schen Dienste vollstreckt, dürfte dem-
nach 1801 oder 1802 aus einem anderen Dienste in den letzteren über-
getreten sein. I n den Einbegleitungen des Pensionsgesuches der Witwe
Schupplers wird die „rühmliche" und „ausgezeichnete" Dienstleistung
des Abgeschiedenen betont und wird ausdrücklich hervorgehoben, daß er
allgemeine Achtung genoß und ein streng redlicher Mann war sowie
daß der Dienst an diesem würdigen Beamten unstreitig viel verloren
habe (Hofkanzleiakt Nr. 1216 Jahrg. 1833).
2) Er laß der fstl. Hofkanzlei vom 26. März 1833 Nr. 2551. L. R. A .
— 202 —
Pokornu war beauftragt worden, seine eigene Übersiedlung
unter allen Umständen erst nach gründlicher E inführung des
neu bestellten Landvogts i n alle Amtsgeschäfte zu bewerk-
stelligen und diesen bei seinem Eintreffen in Vaduz den fürst-
lichen Beamten und Dienern, der Geistlichkeit und dem Lande
als ihren Vorgesetzten feierlich vorzustellen; am 7. September
1833 wurde Menzinger von dem abtretenden Landvogt in E i d
und Pflicht genommen.
Dem Landvogte und späteren Landesverweser Johann
Michael Menzinger war im Fürstentums eine lange Dienst-
zeit (bis zum Herbst 1861) beschieden, auf welche wir aber hier
nicht näher einzugehen brauchen, denn nur eine kurze Weile
war es ihm vergönnt, unter den Augen des Fürsten, der
ihn berufen, zu wirken: am 26. A p r i l 1836 hatte Fürs t
Johann seine Tage beschlossen. —
W i r haben in den vorstehenden Blä t te rn die Gestalt
eines Fürsten betrachtet, der im Kriege beispiellose Unerschrocken-
heit und Kühnheit mit der größten Besonnenheit zu paaren
verstand; w i r haben gesehen, wie der nämliche Fürst seine her-
vorragenden Eigenschaften auch in den Geschäften des Friedens
zu betätigen wuß te ; w i r haben endlich gesehen, wie der weitaus-
blickende Geist des Fürsten auch in dem kleinen Lande, das
ihm durch die Vorsehung zugefallen war, nachhaltige Spuren
hinterließ.
Den Fürsten Johann hat die Mitwel t gekannt als einen
M a n n seltener A r t ; sein großer Name aber wird nicht erlöschen.
A n h a n g .
Auszug ans der dem Landvogt Josef Schuppler
erteilten Dienstinstruktion vom 7. Oktober 1808.')
Aus landesväterlicher Fürsorge für das Wohl deS Untertans von
Hohenliechtenstem . . . . haben sich Seine Durchlaucht bewogen gefunden,
ini verwichenen Sommer den . . . . Hvfrat Hauer nach Hohenliechten-
stem abzusenden, um durch ihn den Zustand des Fürstentums . . . .
erheben zu lassen.
Über den erstatteten diesfälligen Vortrag geruhten Seine Durch-
laucht zu befehlen, dem Herrn Landvogt gleich bei Antritt der Oberamts-
verwaltung jene Vorschriften mitzugeben, durch die das Wohl des
landesfürstlichen Untertans am gesichertsten bezweckt . . . . werden kann
— Seine Durchlaucht hegen das volle Vertrauen in Ihre Kennt-
nisse, Beflissenheit und Trcne, dnß Sie diesen vorgefaßten Erwartungen
entsprechen, den Befolg der nachstehenden Vorschriften auf die klügste
Weise herbeiführen und für alle Zeiten standhaft sichern werden.
1.
Nachdem durch die rheinische Bnndesakte vom 12. Ju l i 1806 die
vormalige Reichsverfassnng aufgehoben worden, der auf dein Fürstentum
Hohenliechtenstem seit undenklichen Zeiten ausgeübte Landesgebrauch so
wenig sich mit dem Geist des dermaligen Zeitalters und der vorgerückten
Kultur, als der in benachbarten Staaten eingeführten Verfassung verein-
baren läßt; so halten es Seine Durchlaucht Höchst Ihrer Vorsorge
augemessen, unter beabsichtigter Aufhebung des bestandenen Landes-
gebrauches und derlei hergebrachten Gewohnheiten vom 1. Jänner
künftigen Jahres als Grundgesetz der Landesverfassung vorzuschreiben:
1. Eine den Zeitumständen und Verhältnissen des Landes an-
passende Jurisdiktionsnorma;
2. ein bürgerliches, peinliches nnd Polizeigesetz;
3. die Ordnung des diesfälligen Verfahrens;
4. Instruktion zur Einführung und Behandlung der Grund-
bücher, dann
ö. der Verlassenschaftsabhandlnngen;
)̂ Das Originale der Dienstinstruktion liegt im Faszikel 1,
L. R. A . — W i r bedienen uns bei obiger Veröffentlichung und bei jener
unter S und <ü der heutigen Rechtschreibung.
— 204 —
S. der Jntcstat-, Erbfolgs- und Dienstbotcnordnung;
7. eine Taxnorma für Streitfälle, Grundbnchshandlungen, dann
Ausübung des adeligen Richteramtes;
8. die Numeration der Häuser und jährliche Scelenbcschreibuug,
Sobald Sie sich in die Kenntnis der dvrtigen Landesrechte, Ge-
bräuche und Gewohnheiten gesetzt haben werden, gewärtigen Seine
Durchlaucht die den Umständen angemessenen Gesetzesvorschläge über
die vorbezeichncten Gegenstände znr Prüfung und weiteren Sanktionierung,
um mit Ansang des k, Js , das so nötige wie ersprießliche Werk der
künftigen Landesverfassung zn begründen.
2,
Bestund bisher der Gebrauch, daß die liegenden Güter in un-
endlich kleine Teile zerstückt und so die Besitzer unvermögend wurden,
hieraus ihren Lebensbedarf zu erholen, noch weniger die Abgaben zu
erschwingen, daher Seine Durchlaucht die Gütervcreinigung geboten und
das Minimum bei einzelnen Stücken auf 400 Quadratklaster zu be-
stimmen genchten, wessen Realisierung Ihnen vorzüglich ans Herz ge-
legt wird. Zu so leichterer BeWirkung dessen werden Sie
3.
dahin wirken, daß die vorhandenen Genieinheiten oder Ödungen — Riede
genannt — unter gesamte Bürger verteilt,, durch Abzapfungen und
Gräbcnanfwürse in Kultur gesetzt, dann
4.
die noch zn verteilenden Gemeinheiten sowohl als auch die schon geteilten,
als von Häusern untrennbares Gut angesehen, erklärt, behandelt und
hiernach grundbücherlich zugeschrieben werden. Die dasigen Riede sind
zum Übermaß des Unglücks der Untertanen noch mit einer von der
Barbarei der ersten Völker herrührenden Gewohnheit behaftet, mit der
leidigen Gemeinheit nämlich, die allen Verbesserungen, wenn sie sonst
auch möglich wäre», schlechterdings im Wege steht
Um diese Gemeinheiten an das Interesse der Bürger zu ketten,
andurch derselben Kultnr zu bezwecken, ist der einzige Weg der Zcr-
stückung und Zuteilung an die Häuser unter der Verpflichtung zur
Urbarmachung mit der Untrennbarkeit von Häusern vorhanden, der ohne
weiteres eingeschlagen werden mnß.
Der Urbarmachung dieser öden Riede nnd sonstigen Gemeinheiten
wird aber der Untertan durch daS Vorgeben der sumpfigen Lokale aus-
zuweichen bemüht sein, allein mit genauer Berücksichtigung der Lage
dieser Riede wird Ihnen einleuchten, daß der dasige Sumpf nur vom
Druck der Gewässer entstanden, welche die Gebirge am Fuß absetzen
— 205 —
und bei vernachlässigter Ableitung so viele Tausend Joch Landes in
Snmpf übergangen sind. Die Zergliederung derselben und die offiziöse
Auflage, daß jeder deu ihm zugewiesenen Anteil durch zureichende Grüben
gleich vom Anfange neben der Straße gegen den Rhein zu trocken lege
und in einer Frist von 3 Jahren bei Verlust des Grundes kultivieren
müsse, wird alle Einwürfe und Bedenklichkeiten beheben, die Untertanen
uahrungsfähig machen, sie sosort ans dem Kummer der drückenden Not
reißen, welche
5.
auch daher meistens erwachsen ist, daß vor Erlassung des letzthinigen
Verbots jedermann ohne einen Titnlum Mensae oder der Nahrungs-
sähigkeit anszuwcisen, in Ehestand treten durste. Da der Untertan
kein Gewerb erlernt, wenige Klafter Landes nicht zureichen, eiue Familie
ohne Betrieb einer Profession zn ernähren, so mußte notwendig dessen
namenlose Dürftigkeit erwachsen; dieser wird die Grundvereinigung, die
Verteilung der Gemeinheiten, derselben Untrennbarkeit von Häusern,
dann die Verhaltnng des Untertans zur Gewcrbbetreibnng, vorsvndcrlich
der Spinnen-Weberei, der Bleichen, wozu das Lokale und die dortigen
Produkte die Einladung geben, auf die sicherste Weise vorbeugen. Sie
werden dahin zu wirken haben, daß jedes Familienhaupt die Söhne
zur Erlernung der notwendigsten Professionen widme Wenn dann
6.
eine zureichende Anzahl der nötigsten Professionisten gczügelt sein wird,
so wird die Statuierung der zur Ordnung führenden Zunfts-Gcneralien
zur Notwendigkeit, die Sie seinerzeit in Vortrag zu bringen haben werden.
7.
Noch immer hängt der Untertan durch Feierung zu vieler Tage
dem Müßiggang zu sehr an — Tage, die dem nötigen Erwerb ent-
zogen werden, daher so nachteiligen Einfluß auf die Nahrungsfähigkeit
nehmen, auf deren Abstellung oder Verminderung angetragen werden muß.
10.
Da bisher in der Verwaltung der Kirchenkapitalien oberamt-
licherseits kein Einslnß genommen worden, die Verwaltung derselben
aber der Oberaufsicht der Staatsverwaltung untersteht, so haben Sie
zn verfügen, daß die jährlichen Rechnungen dem Oberamte zur Revision
uud Genehmigung unterlegt werden, wobei ans den treuen und richtigen
Verrait aller Empfänge, auf Verminderung der Ausgaben nnd Passierung
der hvchstnötigen, endlich Sicherstellung der Kapitalien gesehen werden muß.
11.
Bestund unter anderm bisher auch dieser Gebrauch, daß au
Gerichtstagen die Laudammänner zu den gerichtlichen Verhandluugeu
— 206 —
als Beisitzer gezogen und hiesür aus den Kameral-Rentcn bezahlt worden
sind, das hintunftig, nachdem das Obcramt ans dem Vorsteher, dem
Rcntmcister als Beisitzer nnd beeideten GcrichtSattuar bestehen wird,
nicht erforderlich sein wird; mir bei Polizei- und Peinlichen Verhand-
lungen wird immer der betreffende Ortsrichter des zn Untersuchenden
beiznzichcn sein,
12.
Da nach der zu statuierenden JuriSdiktionsnvnna mir allein das
Oberamt die Gerichtsbarkeit auszuführen haben wird, welches in den
Dörfern die Ortsgerichte als seine Delegierten bestellt, so kommt es in
Hinknnft von der durch die Landammänner nnd Lcmdwaibel ausgeübten
Gerichtsbarkeit ab, daher
13.
in jedem Ort nur ein Richter, ein Bürgermeister, und nach Größe der
Population die nötigen Hilssgeschworcnen zn bestellen sein werden.
Für das Richteramt schlägt die Gemeinde jährlich 3 Individuen vor,
aus deneu das Oberamt den bewährtesten hiczn ernennt nnd in Eides-
pflichl nimmt. Die OrtSgerichte wachen in ihren Gemeinden aus Er-
füllung der Gesetze und Polizei, verwalten das Gemeinvermögen, legen
über Empfang nnd Ausgabe jährliche Rechnung zu Handen des Obercuntes,
(diese wird vberamtlich revidiert und bemängelt) und vertreten die Ge-
meinden beim Oberamte, wenn Verhandlungen über daS Gemeinwohl
gepflogen werden; durch sie werden die Kamcral-Abgaben und Steuern
cingehoben und an die Behörde abgeführt, daher künftig die von den
Lmidammänncrn geführten Landschaftsrcchmmgen nicht mehr erforderlich
werden, die ohnehin nur die Gelegenheit zn verschwenderischen
A u s g a b e n und S a u f g e l a g e n ausKosten d er Laudsch asten
gegeben haben.
Diese Verfügungen nnter Berücksichtigung jener, welche bereits
in Ansehung des Straßenbaues, der Steuerregulicrung, der Zölle, des
Steinpelgcbranchs, dann der Im- und Emigration getroffen worden,
nnd deren Handhabung dem Herrn Landvogt besonders empfohlen wird,
ivird die gewünschte Ordnung herbeiführen und den verbesserten Zn-
stand des Untertans, dann Beschränkung der schädlichen Mißbräuche
bezwecken. — Aber so sehr Seine Durchlaucht all dieses in Erfüllung
gebracht haben wollen, so sehr liegt Hvchstselben auch die . . . . strengste
Ordnung in der Oberamtsführung am Herzen
26.
Mehr Aufmerksamkeit als seither ivird künftig den Wäldern zn
schenken, sohin die so häufigen Frevel durch das Einhüteu des Viehes
— 207 —
— besonders bei der Bürst — Stehlen des Holzes nnd Graserci ab-
zuwehren, die Frevler hingegen nebst Ersatz des Schadens exemplarisch
zu bestrafen sein.
29.
Nachdem die Untertanen bis emher in ihren eigentümlichen
Waldungen willkürlich und forstwidrig gebahrt'haben, so wird dieser
Unfug künftig abzustellen und vom Oberamte auch in die Gebahrung,
der untertänigen Waldungen Einsicht zn nehmen, dasselbe die Holzung,
nur in so weit zu bewilligen haben, als ohne Gefahr für Holzmangel
die Abstockung zulässig ist.
31.
Überhaupt bietet das fruchtbare und wider Nordwinde geschützte
Tal die Einladung zur Obstbaumzüchtung dar. — Das Oberamt wird
daher den Untertan anch mit Nachdruck zum vermehrten Anssatz der
Obstbäume verhalten und nach dem Beispiel des Wnrttemberger Landes
die Anrainer an der Land- und Anhängstraße zum Aussatz derlei
Bäume verbinden; jeder Grundeigentümer muß die Setzlinge herbei-
schaffen, welche neben der Straße nach der Breite seines Besitzes er-
forderlich sind, er erhält sie in aufrechtem Stand, bezieht dagegen den
Nutzen davon.
35.
Da sich bisher so manche Hintersäß- oder Jnleute ohne ober-
amtlichen Konsens auf dem Fürstentum cingeschlichen haben und so auch
den üblichen Hintersäßzins nicht bezahlet haben, so wird bei Vornchmung
der jährlichen Konskription auf derlei Individuen ein vorzügliches Augen-
merk zu richten, jene, so sich über ihre Nahrungsfähigkeit nicht auszu-
weisen vermögen, abzuschasseu, die permanenten aber zur Zahlung des
Schutzgeldes anzuhalten sein.
37.
Da auf dein Fnrstentnm keine Feuerlöschordnung besteht, ist eine
den dasigen Umständen angemessene in Vortrag zu bringen, einstweilen
aber jede Gemeinde zur Anschaffung der Feuerhaken und Leitern, dann
Wassereimer zu verhalten, welche unter einein zugänglichen Depot zu
verwahren kommen.
— 208 —
40,
Mit Einführung der geordneten Berlasscnschafts-Abhandlungen
trat auch der Fall der Waiscurechuuiigsführung ein, welche nach der
zuliegenden Instruktion zu führen sein wird.
44,
Einen nicht unbedeutenden Vorteil für das Fürstentum vermag
der unerschöpflich vorhandene Tors herbeizuschaffen und so zum Surrogat
des nicht überflüssigen Holzes zu dienen. Nur zu Wenig ist dieser
Brennstoff bisher benützt worden, der nach der eingeholten Erfahrung
sowohl zu Betreibung eines Hochvsens und svhiniger Eisenerzschmelzung,
Glasfabrikation, Ziegel- und Kalkbrennerei, dann häuslicher Feuerung
verwendet werden kann, — Sie werden mit diesem Brennstoff Versuche
im Kleinen anstellen und hieraus die Resultate zu abstrahieren haben
und nachdem sich wie gesagt mit Anwendung des Torfes Eisenwerke
betreiben ließen, die dortige Gegend, besonders in? Saminatal hinläng-
liche Eisenerze enthält, so glaubt man der Mühe wert zu sein, den
Gehalt dieser Erze, dann des Torfs zu prüfen, daher Sie gelegenheitlich
etwa 2 Ziegel Torf nnd einige Pfund Eisenerze mittelst dem Postwagen
anher senden wollen.
I m Vorstehenden ist Ihnen die fürstliche Willensmcinung vor-
gczeichnet, die Sie i n genaue E r f ü l l u n g bringen werden, wodurch
Sie das in Sie gesetzte fürstliche Vertrauen rechtfertigen und sich fernere
Gnaden erwerben werden,
Theobald von Walberg m, p,
Pr, hochfürstlich Johann Liechtensteinische Kanzlei,
Wien, den 7, Oktober 1808,
Georg Hauer m, P,
Proklamation des Landvogtes Schuppler
vom IS. Juni 18VS. i)
Bewohner dieses Fürstentums!
Ihr werdet in dieser unruhigen Zeitperiode, in welcher Ihr es
unter die größte Wohltat des Himmels rechnen könnt, von den Drang-
salen des Krieges bis nun verschont geblieben zu sein, von Drangsalen,
die Ihr schon leider öfters empfunden habt nnd die bis zur Stunde
') L . R, A, , Akt Nr, 346/poI, Jahrg,-1809.
— 209 -
an dem Marke Enercs Eigentumes nagen; Ihr werdet in dem Augen-
blicke, in welchem Euch alles zu dem innigsten Danke für Eueren gewiß
grenzenlos gnädigen Landesfürsten anspornen sollte, von Menschen, die
ich ans Bescheidenheit bei ihren verdienten Namen nicht nennen will,
die aber der verdienten Strafe ihres eigenen bösen Gewissens nicht
entgehen werden, gereizt, da wo die allgütige Hand Eneres gnädigsten
Fürsten nm Euch Wohl nnd Ordnung zn verbreiten beflissen ist, uner-
hörte Lasten und Bedrückungen zu träumen nnd zu glauben, daß Euch
Ener höchster Landesherr gewisse Rechte benommen habe, in die Ihr
wieder eingesetzt zu werden wünscht. Biedere ruhige Bürger eines
wenngleich nicht reichen, doch seiner Einfachheit nnd der angewohnten
Entbehrnng wegen glücklichen Ländchcns, laßt Euch nicht zn einem
Gedanken hinreißen, der schon an und sür sich der schwärzeste Undank
an Euerem Landesherr» ist, und der, wenn er zn seinen Ohren käme,
jenen hohen Sinn sür Enere Liebe und Gnadcnbezeugnngen vermindern
würde, durch den er Euch noch ununterbrochen fort tätige Beweise seines
väterlichen Herzens mit eigenen bedeutenden Aufopferungen liefert und
Euerem Mangel mit angeborner fürstlicher Huld beispringt.
Nicht lange bin ich in Enerer Mitte; allein weil mir das Be-
wußtsein eines Biedermannes schmeichelt, weil ich gewiß bin, nicht durch
die geringste zweideutige Handlung Euer Zutrauen verloren zn haben;
deswegen scheue ich mich nicht, Euch unverzagt vor die Augen zu treten
und Euch den Fehltritt, den Ihr begeht, mit natürlichen Farben zn
malen und Euch vor Gefahren, die Ihr Ench selbst bereitet und Enere
Handlungen in der Folge zu bereuen Ursache haben würdet, zu warnen.
Wer war es, der Euch in der letzten langjährigen Kriegsepoche
mit seinen eigenen, nicht aus den Einkünften dieses Fürstentumes, sondern
aus seiiler Kammerkassa sich selbst entzogenen Geldern bedeutend unter-
stützte? Wer war es, der der ärmeren, ja sogar nicht gar armen Klasse
Enerer Mitbürger in der 1806er Fehlcrnte mit seinem Körnervorrate
beizuspringen befahl? Wer war es, der sogar sein Wohlwollen dahin
ausdehnte, daß er bei dritteu Personen bevorrätigte Früchte aufkaufte,
um sie dem Dürftigen vorzustrecken? 'Wer war es, der Euch bei Eueren
Kirchen- und Schulbaulichkcitcn mit großmütigen Materialienbeiträgen
unterstützte? War es nicht Euer gnädigster Laudesfürst, war es nicht
Euer huldvoller Vater, der noch bis jetzt an der Landschaft überhaupt
bei 30,000 sl, zn fordern hat und dessen Rentamtsansstände bei einzelnen
Untertanen noch mehr als einmal so viel betragen?
Gegen diesen Eueren größten Wohltäter wollt Ihr nun dem Ge-
danken Raum geben, daß er Euch mit unerhörten Lasten beschwere;
dies, brave Mäuner, ist um so schwärzerer Undank, wenn Ihr noch nebstbei
— 210 —
wißt, daß er auch in diesem Jahre, weil wir mit der Steuerzahlung
in jenen Terminen, als sie zur Stellung der Kontingentsmannschaft
bedungen wurde«, nicht aufkommen — 4000 fl, an seinen Gesandten
in dem Augenblicke znr Bestreitung der dringendsten Zahlungen vorge-
streckt hat, als er im Dienste seines Vaterlandes zu Regensburg sein
Leben der Gefahr preis gab.
Liegt darin nicht der unwiderlegbare Beweis, daß ihm Zu jeder,
auch der gefahrvollsten Stunde Euer Wohl, Euere Ruhe und Euer Glück
nicht gleichgültig ist, sondern daß er es nach seinen möglichsten Kräften
zu befördern trachtet?
Und nun frage ich Euch, warum er dies tut; glaubt Ihr etwa,
um sich die wenigen Einkünfte, die er von Euch bezicht, zu retten?
Nein, diese Einkünfte verdienen dies Opfer, wie Ihr Wohl selbst wißt,
nicht, denn sie sind nicht einmal des Namens wert. Was gebt Ihr
Euerem Landesherrn? Jede Haushältung eine Fastnachtshenne mit
12 kr, reluiert nnd wenige Gemeinden etwaS Schäfhaber, das im vorigen
Jahre zusammen 229 fl, 40 kr. betragen hat, Ist dies der Druck, von
dem Ihr träumet? Demi von den ausgeschriebenen Steuern ist keine
Rede, weil Ihr Wohl wißt, daß sie nicht in seine Kasse fließen, sondern
noch mit einer fast doppelten Zulage aus seinen Einkünften auf die
durch den Drang der Zeiten herbeigezogene Landesverteidigung ver-
wendet werden müssen. Habe ich nicht bei Gelegenheit, als uuser durch-
lauchtigster Fürst die heurige Steuer mit 8000 fl. ausschrieb, wozu das
angenommene Werbcgcld pr. 2000 fl. getreten ist, Eueren Gemeinde-
Vorgesetzten den jährlichen Bedarf von mehr als 14,000 fl. vorgelegt?
Wer wird also das mehrere beitragen? Niemand anderer, als Euer
Landesvater.
Mi t Recht kann ich also sagen, daß, während andere Regenten
von den Einkünften, die sie ans ihren Ländern beziehen, leben, Euer
Fürst vielmehr «och aus seinem Sacke beiträgt, um Euere Ruhe und
Wohlfahrt zu sichern. Wer kann nur hier eine Unwahrheit zur Last
legen? Und es sollen jene Übelgesinnten auftreten, die unter dem
Deckmantel erträumter unerhörter Lasten Ench aus Euerem nihigen
Schlafe zu einen: gnalvvllen Leben wecken wollen; sie sollen die Lasten,
die sie Euch vorspiegeln, dartuu; sie werden niit Schande bedeckt als
Aufwiegler, die fich um ihr Vaterland des Todes schuldig machen,
zurücktreten müssen; sie versündige« sich gegen Gott uud unsereu guten
Fürsten, dein wir gehuldigt haben und können keinem Gerechten vor
Aiigen treten. Hört ihre Lockungen, die Ench nur in den Abgrund des
Elendes stürzen können, nicht, sondern erlaubet mir, daß ich Euch über
jene Punkte, worin sie Bedrückungen suchen wollen, als Euer unpar-
teiischer Rat gebührend belehre.
— 211 —
Sie sagen fürs erste, daß man Euch mit dem Straßenbau auf
einmal und bei einer so harten Zeit, wo jeder Bürger im Sommer für
seine Haushaltuug zu tun hat, belaste. Hier fordere ich einen jeden
braven Vorsteher einer Gemeinde auf, mir mit reiuer Wahrheit zu ge-
stchen, ob der Landesfürst und das Amt den Vorwurs verdiene. Wann
hat man Ench zur Straßenarbeit gezogen, da Feld- oder andere Arbeit
an der Tagesordnung war? Ich berufe mich auf das Zeugnis der
Balzerer, Vaduzer und Schaaner Gerichte, daß erst in den letzten
Tagen, als Euere Anstrengung bei den Wuhrungen notwendig war,
das Amt von der augenblicklichen Straßenarbeit abstund, und so war
es durch die Zeit meines Daseins immer, wenn wahre Beweggründe
vorgelegt wurden. Die Straßenarbeit ist eine Schuldigkeit, die fast in
der ganzen Welt von den Untertanen bestrittcn wird, um die sogar,
wie ihr es Wohl von Vorarlberg wißt, sich mehrere Gemeinden gerissen
haben, und Ihr allein wollt darin eine unerhörte Last finden.
Fürs zweite wollt uud verlangt Ihr, daß nach althergebrachten
Rechten wieder ein Landammann angestellt, die alten Land- und Gant-
rechte dnrch Landammann nnd Landwaibel gesührt, und in jeder Ge-
meinde die Richter wie vor aufgestellt werden sollen. Dies, Geliebte,
ist eine versteckte Empörung gegen Eueren Fürsten; Ihr seid keine Re-
publikaner, sondern Untertanen eines Landesfürsten, in dessen Macht
es liegt, die A u s ü b u n g der Ger i ch t sba rke i t nach dem E r -
f o r d e r n i s der Z e i t umzumode ln ; zur Gerichtspflege habt Ihr
als Untertanen nie ein Recht gehabt; Ihr habt auch keines verloren,
und wenn Ihr nunmehr glaubt, daß niemand da ist, der sür das Land
redet, so weise ich auf Euere Richter und Gemeindevorsteher hin, die
an die Stelle des Landammanns getreten sind und nnn mit mehr
Nachdruck als zuvor das Wohl ihrer Gemeinden vertreten können.
Und ich frage Euch, würde die Gerichtsbarkeit durch den Land-
ammann und Landwaibel geblieben sein, wenn Ihr unter das Szepter
eines anderen Fürsten gekommen wäret; würde unter jeuem nicht eben
eine Veränderung geschehen sein? Zudem ist diese Veränderung zu
Euerem Glücke, weil es immer besser ist, daß das Amt die Rechtspflege
ausübe, als daß jemand Dritter unvollkommen darin einschreite. Zudem
habt Ihr ja Vorgesetzte in Enerer Gemeinde, denen gewisse Geschäfte,
als die Schuldsacheu unter 25 fl,, dieZinsencinhebungcn und die Exekutions-
sührnngen vom Amte überlassen sind, bei denen Ihr Euch, weun Euch
der Gang zum Amte beschwerlich wird, vergleichen könnt und nicht die
geringste Ursache aufweisen könnet, aus der die vorige Verfassung ge-
wünscht werden könnte, — Ist etwa einer unter Euch, der durch meine
Amtsleitung unzufrieden ist, der trete auf und führe seine Beschwerde,
212
Ich weiß aber, daß es keiner tun kann. Weil ich mir bcwnßt bin, alles
was Recht ist, getau zu haben.
Fürs dritte wollt Ihr, daß die Gemeinheiten sowie zu vor
dnrch Mehrheit der Stimmen verteilt werden sollen. Dies wäre,
wenn Euch das gestattet würde, von den übelsten Folgen und
ein ewiger Zankapfel zu Uneinigkeiten, Die Gemeinheiten entreißt Euch
ja niemand, sondern Seine Durchlaucht wollen mir den Besitz derselben
durch die Zuteilung zu Eueren Häusern für alle Zukunft sichern, ein
Gesetz, das Euch uud Euere Nachkömmlinge zum ewigen Danke an-
spornen sollte, weil Ihr durch deu Besitz gesichert mehr Koste» auf die
Kultur verwenden konnt uud sie nicht so, wie zuvor, einem bloßen Un-
gefähr zu überlassen braucht. Wer wird sie wohl anders als Euere
Kinder erbeu und wie könnt Ihr sagen, daß sie Enercn Nachkömm-
lingen werden entrissen werden? Kann mir durch die Dauer meiner
Amtsvcrwaltung ein einziger Fall dargetan werden, daß ich einem
Fremden den Besitz eines Gutes gestattete? Habe ich nicht bei Bälzcrs,
Eschen uud Ruggell dagegen gchandelr, und sogar durch die Gerichte
veranlaßte Verkäufe eingestellt? Hier müssen mich meine Handlungen
rechtfertigen, die noch im frischen Andenken grünen.
Fürs vierte kann sich niemand über die bis nun beim Amte ge-
pflogenen Abhandlungen beschweren; sie wurden immer mit Zuziehung
einer Gerichtsperson abgetan, und wer anders als die Erben haben die
Verlassenschaft überkommen? Verdient nicht eine Handlung, die beim
Amte geschieht, mehr Glauben als eine andere, und ist wohl jemand
aufzufinden, der durch selbe gekränkt worden wäre?
Fürs fünfte habt Ihr Euch nicht durch die nene Form der Obli-
gationen, sondern durch die Unvollkommenhcit der Kreditbüchcr und
durch mehrfache Versetzung Enerer Güter um den Kredit gebracht, den
wieder zu erlangen Seine Durchlaucht die Errichtung der Grundbücher
anbefohlen haben, eine Anstatt, die Enere Rechte nnd die Rechte der
Gläubiger sichert und nur von einen: Unwissenden getadelt werden kann.
Fürs sechste beziehe ich mich ans die mannigfaltigen Äußerungen
mehrerer Euerer Mitbürger, die die Vereinigung der Güter belobten;
ich beziehe mich ans die wirklich zu Stande gebrachte Vereinigung bei
den meisten Gemeinden, und nur Triescn und Balzers fachten hier das
Fener der Unrnhe an, erstere, die besser als jede andere Gemeinde die
Güter vereinigen kann und die letztere, die ohnehin am wenigsten zu
vereinigen hat. Diese 2 Gemeinden sind die Ruhestörer; an ihnen
könnt Ihr Euch halte«, wenn Ihr mit Gewalt Enerem Unglücke ent-
gegen geht,
Seme Durchlaucht werden von Ihren für das Wohl des Landes
gefaßten Grnndsätzen für keinen Fall abweichen und sie entweder mit
— 213 —
militärischer Macht durchsetzen oder ein anderes Mittel treffen, welches
Ench noch empfindlicher fallen wird. Wie wäre eS, wenn er Euch au
auderc Regenten abgetreten hätte oder dies, ungnädig wegen Euerer
Widerspenstigkeit, in der Folge tun würde? Wäret Ihr dann nicht
über alle Maße» unglücklich? Würden nicht mannigfaltige Abgaben Euch
vielmehr als jetzt drücken? Würde nicht das Konskriptionssystem Euch
in die Gefahr setzen, Euere Kiuder für den Kriegsdienst, den Ihr mm
so sehr scheuet, widmen zu müssen? Würden dann nicht statt den jetzt
nur erträumten Rechtsverletzungen alle Euere Vorrechte und Begünsti-
gungen schwinden?
Dies ist es, was Euch zu sagen mir meine Pflicht gebietet. Jeder
brave biedere Bürger wird meine Warnungen hören und sich nicht durch
einzelne unruhige Köpfe verführen lassen. Wollt Ihr aber mir nicht
glauben, und ist in Ench die Liebe zur Ruhe und Ordnung erloschen,
dann will ich die Anzeige bei Seiner Dnrchlcmcht machen nnd ihm das
Benehmen seiner Untertanen schildern, die für so hcinsig genossene Wohl-
taten ihm schwarzen Undank vergelten.
Landftändifche Verfassung Liechtensteins
vom ». November 1818. )
Wir Johann Joseph, von Gottes Gnaden svuverainer Fürst und
Regierer des Hauses von nnd zu Liechtenstein von NikvlSpurg, Herzog
zu Troppau und Jngerndorf in Schlesien, Graf zn Rittberg, Ritter des
goldenen Vließes, und Grvßkrcuz des militärischen Marien Thcresien
Ordens, Sr, kaiserl, königl, apostolischen Majestät wirklicher Kämmerer
und Feldmarschall, Inhaber des Husaren-Regiments Nr, 7 ?c, ?c, er-
füllen den 13, Artikel der deutschen Bundesakte folgeudcrmaßen:
s 1.
Nachdem Wir seit Anflösuug des deutschen Reichsverbandes, die
österreichischen bürgerlichen und peinlichen Gesetze und Gerichtsordnung
in Unserem souverainen Fürstentums Liechtenstein eingeführt, nnd Uns
bei Konstituierung einer dritten und obersten Gerichtsstclle an die dies-
fällige österreichische Gesetzgebung auch für die Znknnft angeschlossen
haben; so nehmen Wir nun gleichfalls die in den k, k, österreichischen
deutschen Staaten bestehende landständische Verfassung in ihrer Wesenheit
znm Muster sür gedacht Unser Fürstentum an,
Verhandlungsakten hierüber im L, R, A, , Faszikel L 6,
15
^ - 214 —
Die Landstäudc svllcn bestehen:
-i) auS der Geistlichkeit,
d) auS dcr Landmannschaft,
s ̂
Unter der Geistlichkeit werden alle Besitzer geistlicher Benesizien
und alle geistlicheil Kvminnilitäteii begriffen. Dieselben erwählen durch
absolute Mehrheit der Stimmen ans ihrem Mittel aus Lebenszeit drei
Deputierte, und zwar zwei für die Geistlichkeit der Grafschaft Vaduz,
nnd einen für jene der Grafschaft Schellenberg, und stellen sie Unserm
sürstlichcn Oberainte zu Vaduz zur Bestätigung vor. Nebst diesen hat
ein jeder Besitzer einer geistlichen Psründc, der wenigstens ein liegendes,
oder dcr Verstencrung unterworfenes Vermögen von fl, 2500, uach dcr
gegenwärtigen Steuerschätzung angenommen, besitzt, oder von einem
solchen Kapitalbetrage zn den allgemeinen Landesbednrfnisscn beitrügt,
ein Recht ans die Landstandschaft,
s 4,
Die Landmannschaft wird dnrch die zeitlichen Vorsteher oder
Richter,, und dnrch die Altgeschwvrnen oder Säckelmeister einer jeden
Gemeinde vorgestellt. Das Recht dcr Landstandschaft haben aber anch
alle Unsere übrigen Untertanen, die für ihre Person an liegenden Gründen
einen Steuersatz von fl, 2000 nach dermaligem Stenermaßstabc ausweisen,
3V Jahr alt, von uubcschvlteuem uud uneigennützigen Ruse, und ver-
träglicher Gemütsart sind.
Bei Unserem fürstlichen Oberamte zu Vaduz soll ein landständischcS
Kataster errichtet, und in dasselbe die in §Z 3 und 4 bezeichneten Land-
stände nach gehörigem Ausweise unentgeltlich eingetragen werden,
s S,
Findet Unser fürstliches Oberamt für gnt, einem der vorgeschlagenen
oder sich ausweisenden Landstandschaftsberechtigten die verlangte Jn-
katastricrnng zn verweigern, so hat es seine Gründe dazu Uns unter-
tänigst vorzulegen, und Unsere höchste Entschließung zu gewärtigen,
s 7,
Den inkatastriertcn geistlichen Landständcn soll in allen amtlichen
schriftlichen oder mündlichen Anreden daS Prädikat Herr gegeben, und
im Falle dcr persönlichen Erscheinung vor den Landesbehörden die
Anszeichnung cines anzutragenden Sitzes zntcil werden,
Z 8, '
Nicht untertänige Güterbesitzer, oder eigentlich deren Repräsen-
tanten, wenn sie nach vorheriger Jnkatastrierung den ständischen Ver-
sammlungen beiwohnen wollen, haben auf die dem geistlichen Stande
Anerkannte Auszeichnung Anspruch und mit diesem gleichen Rang,
Z 9,
Zur ordentlichen Versammlung der Stände werden Wir vor dem
Schlüsse eines jeden Jahres einen Landtag ausschreiben, wobei Unser
zeitlicher Landvogt in Vaduz, als Unser landesfürstlicher CommissariuS,
den Vorsitz und die Leitung der Geschäfte zu führen, die Sitzung zu
eröffnen und zu schließen hat.
Dieser Landtag ist insoweit bis zur nächsten Ausschreibung sür
fortwährend zu betrachten, als Wir gedacht Unserm Commissario die
Bcsngnis erteilen, auch im Lause des JahreS, weun eS nötig sein sollte,
Unsere getreuen Stände zur außerordentlichen Versammluug zusammen
zn berufen. Zu jeder Versammlung ist ein jeder Landstand 14 Tage
vorher schriftlich einzuladen,
s 10,
Jede eigenmächtige Versammlung der Stände ohne vorhergegangene
Einladung, sowie jede eigenmächtige Verlängerung der Sitzung wird,
außer der Ungültigkeit der Beschlüsse, mit Verlust der Landstandschaft,
und nach Umstünden noch strenger, sowie tumultnarisches nnd achtungs-
widrigcs Betragen nach Vorschrift der bestehenden Gesetze bestraft werden.
Unseren ans dem Landtage versammelten getreuen Ständen werden
Wir durch Postulate den Bedarf jedesmal vorlegen, und da Wir davon
uichts für Uns behalten, sondern lediglich jene Ausgaben darunter be-
griffen werden, welche zur innern Verwaltung und rücksichtlich der
äußern Verhältnisse erforderlich sind; so haben Unsere getreuen Stände
sich nur über die Eindringlichkeit dcr postulierten Summen zu berat-
schlagen nnd dafür zu sorgen.
s 12,
Da es Unser fester Wille ist, daß alle liegenden Besitzungen
ohne Unterschied des Eigentümers nach einem gleichen Maßstab in die
Steuer gezogen werden sollen, mithin eine vollkommene Gleichheit in
Tragung der allgemeinen Lasten einen jeden einzelnen Untertan vor
Überhaltung sichere; , so soll mich die Aufrechthaltung dieser Gleichheit
ein Gegenstand der landständischen Obsorge sein,
s 13,
Nur das allgemeine Beste des Landes darf das Augenmerk dcr
Stände sein, jede Parteilichkeit oder Begünstigung einzelner Personen
oder Klassen ist zu vermeiden. Daher Wir jedem Landstande die Be-
fugnis einräumen, auf dem Landtage Vorschläge zu macheu, die auf
das allgemeine Wohl abzielen; über den darüber erfolgenden Landtags-
schluß behalten Wir Uns jedoch das Recht dcr Genchmigung oder Ver-
werfung vor.
— 216 —
s 14,
Diese Vorschläge dürfen aber solche Gegenstände nicht betreffen,
die entweder gemäß Urbarien oder althergebrachter Übung Unsere
eigentlichen Dominikal-Gefälle oder Unsere Privat-Renten betreffen, weil
sie, wenn sie gleich den Namen von LandcSregalien führen, gleichwohl
Unser Privat-Eigentum sind, das außer dem Wirkungskreise ständischer
Befugnisse liegt,
s 15,
Dagegen geben Wir aber Unseren getreuen Untertanen Unsere
gnädigste Versicherung, daß Wir bei Einführung »euer allgemeiner Ab-
gaben, in wie weit sie nur aus der Landeshoheit gerechtfertigt werden
können, denselben also kein Dvminikal-Titel zum Grnnde liegt, die stän-
dische Beratung voransgehen lassen und ihnen in gerechten und billigen
Fällen Unsere Höchste Genehmigung nicht versagen werden,
s 16,
Vorschläge im bürgerlichen, politischen und peinlichen Fache können
Wir ans dem im K 1 schon vorgekommenen Grunde, und Vorschläge,
die äußeren Staats-Verhältnisse betreffend, dürfen Wir wegen dem nötigen
Miteinverständnis mit andern mächtigeren deutschen Staaten Unseren
getreuen Ständen nicht erlauben.
Die absolute Mehrheit der Stimmen der am Landtage gegen-
wärtigen Stände bildet einen Landtagbeschlnß, welcher Gesetz-Kraft er-
hält, sobald Wir ihm Unsere Höchste Genehmignng werden erteilt haben.
Zu diesen- Behufe hat Unser landesfürstlicher Kommissär, nach vorheriger
deutlicher Erklärung deS zu beratenden Gegenstandes, die Umfrage durch
abwechselndes Aufrufen eines geistlichen und eines weltlichen Standes,
bei jenem anfangend, zu tun, jede einzelne Äußerung, nebst den an-
zugebenden Beweggründen, durch den Amtsschreiber zu Protokoll nehmen,
das Resultat demselben knrz beifügen zn lassen, und die so instruierten
Landtagsbeschlüsse an Uns zu befördern.
Gegeben zn Eisgrub nm 9, November 1818,
Johann Josef
Fürst und Regierer des Hauses von und zu Liechtensttiu,
8,
Thcobcild von Walberg Johann Albert Ritter von Ostheim
erster Hofrat des regierenden Herrn fürstlicher Hofrat,
Fürsten v, Liechtenstein Durchlaucht,
Nach Sr, Hochfürstlichen Durchlaucht höchst eigenem Befehle:
Josef Freiherr von Buschmann
fürstlicher Sekretär,
Wereins-KHroniK.
5») Jahresversammlung in Vaduz am 39. Juni ISVS.
Nachdem der Vorsitzende D r . Albert Schaedler die Ver -
sammlung, zu welcher 33 Nereinsmitglieder und eine Anzahl
Gäste erschienen waren, begrüßt hatte, wurde von H e r r n
E g o n R h e i n b e r g e r eine Auswahl von in te ressan ten F u n d -
stücken, die man im letzten Winter bei dem Ausräumen der
beiden Rondelle des Schlosses Vaduz zu Tage gefördert hatte,
vorgezeigt und erklärt. Die Fundstücke erwiesen sich zumeist
als Reste alter ornamentaler Kachelöfen vom 15. bis 18. Jahr -
hundert aus den Stilperioden der Gotik und Renaissance. Eine
nähere Beschreibung der Funde mit Illustrationen ist f ü r das
im Jahre 1906 erscheinende Jahrbuch in Aussicht genommen.
Dem Berichte des Vorsitzenden über den P e r s o n a l -
stand des V e r e i n e s ist zu entnehmen, daß der Verein der-
zeit 118 Mitglieder zählt.
Durch den Tod verlor der Verein im verflossenen Jahre
die Herren:
E r n i Wendclin, Altvorsteher in Tr iefen;
Saxer Alexander, D r . , S a n i t ä t s r a t i n Trübbach.
Ausgetreten ans dem Vereine sind die Herren:
Bcmzer Gebhard, Professor in Schmyz;
Peretti Peter, geistlicher Direktor in Nendeln.
Dagegen traten dem Vereine als neue Mitglieder bei die
Herren:
Hinkelbein Georg, k. b. Direktionsassessor in L indau ;
Keßler Hermann, Oberingenieur und Vorstand des techn.
Bureaus von Siemens und Halske in Tokio ( Japan) !
Ospelt Luzius in Chaux-de-Fonds;
Rheinberger Anton in Vaduz.
Der Schriftenaustausch hat eine begrüßenswerte Zunahme
zu verzeichnen dnrch den Beitritt des historischen Vereines des
uns benachbarten Kantons S t . Gal len.
Über den f i n a n z i e l l e n S t a n d des V e r e i n e s referierte
der V e r e i n s k a s s i e r O b e r l e h r e r Feger . Die Rechnung für
das J ah r 1904 lautet:
Lmnahmeil. 15 n
1. Überschuß vom Vorjahre 184.40^)
2. Jahressubvention S . Durchlaucht des Lnndesfürsten 200.—
3. Ditto aus der Landesknsse 200.—
4. Vergabung S . Durchlaucht des Prinzen K a r l von
Liechtenstein 20.—
5. Jahresbei t räge der Mitglieder . . . . 412.—
6. A n Zinsen aus dem Konto-Korrent . . . 13.23
Summe . . 1029.63
Ausgaben.
1. F ü r Druck des Jahrbuches 840.—
2. „ verschiedene Drucksorten, Po r t i ?c. . . 38.29
3. „ 3 Clichks von Schloß Vaduz . . . 26.68
4. „ Anschaffungen zur Bibliothek . . . - 4.76
Summe . . 909.73
Werden von den Einnahmen per . . . . 1029.63
die Ausgaben mit 909.73
abgezogen, so ergibt sich ein Überschuß von . . 119.90
Nach diesen geschäftlichen Mitteilungen fand im Sinne
der Statuten die N e u w a h l des V e r e i n s v o r s t a n d e s statt,
bei welcher durch Akklamation die bisherigen Mitglieder des
Vorstandes wiedergewählt wurden.
Der Vors i tzende nahm nnn noch die Gelegenheit wahr,
in Kürze über seine in diesem Jahrbuch erscheinende Arbeit,
welche über die a l t e n Rech t sgewohnhe i t en und L a n d s -
o r d n u n g e n der G r a f s c h a f t V a d u z und der He r r scha f t
S c h e l l e n b e r g handelt, einige aufklärende Bemerkungen zu
machen. E r ließ eine Anzahl wertvoller alter Urkunden und
Landsbrcinche, welche dem entworfenen Bilde über die früheren
Sittenzustände und Gebräuche zur Grundlage dienten, unter
den Anwesenden kursieren.
Erscheint im 1903er Jahrbuche infolge eines Druckfehlers i r r i -
gerweise mit 181 40 ausgewiesen.
— 221 —
Ferner teilte der Vorsitzende mit, daß das vor einigen
Jahren zirka 100 Meter obe rha lb der S c h a a n e r B a u m -
schule au fge fundene S t e i n b e i l — der erste steinzeit-
liche Fund i n Liechtenste in — durch os-ncl. M i l . Albert
Schaedler, dem bekannten Anthropologen Professor Ranke in
München vorgezeigt worden sei, welch letzterer das B e i l als
echt erklärt habe. >)
V o r dem Schlüsse der Versammlung fand ein vorge-
brachter A n t r a g , demnächst das an historischen M e r k w ü r -
digkei ten so reiche C h u r zu besuchen, vielfachen Bei fa l l . Die
Exkursion fand dann auch am 17. J u l i statt und war eine
fehr gelungene. Über 20 Vereinsmitglieder — darunter sämt-
liche Mitglieder des Vereinsvorstandes — beteiligten sich an
derselben. Die Beteiligung wäre eine erheblich stärkere ge-
wesen, wenn nicht das eidgenössische Sängerfest , welches zu
gleicher Zeit in Zürich stattfand, eine Anzahl Vereinsmitglieder
nach diesem Sammelpunkt gelockt hätte. I n Chur hatten die
Herren Regierungsrat D r . Plattner im Namen des historisch-
i) Das interessante Fundstück aus praehistorischer Zeit wurde
jüngst von der fürstlichen Regierung für unser Landesmuseum erworben
Eine kurze Beschreibung des Steinbeils, w elche Albert Schaedler,
LÄncl. p l i i l . uns gibt, lautet wie folgt:
„Die sehr steile, bewaldete Lage des Fundortes oberhalb der
Schaaner Baumschule und die schwache Bedeckung mit dem von Fichten-
nadeln durchsetzten Humus, aus dem die Beilschneide hervorragte, lassen
es als wahrscheinlich erscheinen, daß das B e i l ursprünglich weiter oben
lag. Das Material hat eine grünliche Farbe und ist eine Gesteinsart
fremden Ursprunges. Die Länge des guterhaltenen Steinbeils betrügt
16 em, die Dicke 4>/2 ein und die größte Breite des gewölbten Rückens
ö cm, wobei die an der Rückseite und den Seitenflächen verlaufende
leistenförmige Kante nicht mitgerechnet ist. Diese Kante des neolithischen
Werkzeuges ist insoweit interessant als sie, wie mir Prof. Ranke mit-
teilte, von ihm noch nie beobachtet wurde. Das nicht vollendete Bohr-
loch, welches zur Aufnahme des Stieles dienen sollte, hat einen Durch-
messer von 2,3 em und ist cm tief. I n der Mitte befindet sich der
einein Kegelstumpf ähnliche Bohrkern. I n der prähistorischen Sammlung
in München befinden sich mehrere derartige Beile mit unvollendetem
Bohrloch. Die für den Ste i l bestimmte Öffnung wurde in der Weise her-
gestellt, daß ein Röhrenknochen nach Art eines Q u i r l s in eine drehende
Beivegung versetzt wurde, wodurch ein zapfenförmiger Kern zustande
kam."
antiquarischen Vereins von Graubünden und die beiden
unserem Vereine als Mitglieder angehörenden Domherren
Professor Georg Mauer und Domsextar D r . F . I . Kind die
Freundlichkeit, uns in l iebenswürdiger Weise zu begrüßen nnd
uns während unseres Aufenthaltes Führe r und Erklärer der
Sehenswürdigkeiten zu sein. M i t besonderer Erlaubnis S r -
bischösl. Gnaden des Herrn Bischofs von Chur, welchem einige
Mitglieder des Vereinsvorstandes die Aufwartung machten,
war es uns vergönnt, das bischöfliche Schloß, in welchem
besonders der alte Rittersaal, die Kapelle im alten Turme
Marsöl und die prächtigen Stuckaturdecken im Vestibül wegen
ihres historischen und auch künstlerischen Wertes hervorragen,
in Augenschein zu nehmen. Dann ging es in die Kathedrale,
nw der Bistumshistoriograph Herr Kanonikus Mayer uns alle
wünschenswerten Erklärungen über die vielen knnstgeschicht-
lichen und historischen Sehenswürdigkeiten der alten Kirche
und über die wertvollen Kunstschätze und Dokumente, welche
in der Sakristei aufbewahrt werden, gab. Auch die historisch-
merkwürdige, uralte innere Krypta in dem hinter der Kathe-
drale gelegenen Seminar S t . Luz i wurde in Augenschein ge-
nommen. Nach diesen Wanderungen an althistorischen S tä t t en
versammelte sich die Gesellschaft zum fröhlichen Mahle in der
Hofkellerei in : oberen Saale, der mit Blumen und einem epheu-
bekränzten und mit den liechtensteinischen Farben geschmückten.
Bilde des regierenden Fürsten Johann II. geziert war. Beim
Mahle überraschte uns eine Batterie hellsnnkelnden Kostamsers,
welche der Herr Bischof als Ehrentrunk unserer Gesellschaft
dediziert hatte. Die H H . Regierungsrat D r . Plattner, Kabinetts-
rat v. I n der M a u r und D r . Albert Schaedler hielten bei
dieser Gelegenheit Ansprachen, welche in entsprechende Toaste
ausklangen und auch die alten und neuen nachbarlichen Be-
ziehungen zwischen Al t -Frn-Rät ien uud Liechtenstein feierten.
I m Verlaufe des Nachmittags wurde dann noch das rätische
Museum besucht, wo besonders Herr Regierungsrat D r . Plattner
— einer der Mitbegründer des Museums uud der antiquari-
schen Gesellschaft Grnubündens — der fachkundige Füh re r
war. — Die Exkursion war genußreich und zugleich belehrend
und wird allen Teilnehmern in angenehmer Erinnerung bleiben.
— 223 -
Z u m Schlüsse der Vereinschronik sei noch dankend er-
wähnt , daß S e i n e D u r c h l a u c h t der regierende F ü r s t im
September dieses Jahres dem Vereine ein E x e m p l a r der
p r ä c h t i g ausgestat teten und mit zahlreichen mustergültigen
Illustrationen versehenen B i o g r a p h i e des F e l d marsch a l l s
J o h a n n e s F ü r s t v o n Liechtenste in zum Geschenke machte.
Die interessante Biographie des Fürsten Johannrs, des G r o ß -
vaters unseres regierenden Fürsten, ist von Oskar Criste ver-
faßt und wurde von der Gesellschaft fü r neuere Geschichte
Österreichs herausgegeben. Unser Vereinsmitglied Herr K a r l
v. I n der M a u r hat das Prachtwerk in diesem Jahrbuche
zum Gegenstande einer Bearbeitung gemacht und als wertvolle
Ergänzung die Geschichte des Fürs ten tums unter der Regie-
rung des Fürsten Johannes I. geschildert. Es sei hier bemerkt,
daß die anderen Arbeiten sür das diesjährige Jahrbuch bereits
dem Drucke übergeben waren, als die oben genannte Arbeit
in Angriff genommen wurde. Aus diesem Grunde konnte sie
erst am Schlüsse desselben gebracht werden.
— 224 —
d) Mitglieder-Verzeichnis.
ky M i t g l i e d e r a u s dem f ü r s t l i c h e n H a u s e L i e c h t e n s t e i n :
Seine Durchlaucht der regierende Fürst Johann II.
„ „ P n n z Franz, vsterr.-nngar. Botschafter a, D .
Fürst Alfred.
„ „ Pr inz Franz jnnivr.
P n n z Johann.
„ „ Pr inz Kar l .
v) A n d e r e M i t g l i e d e r :
Amann MarknS, Geschäftsführer in Schcum.
Anderka Hugo, si'irstl. liechst. Forstingenieur dzt. in Rvsegg (Kärnten).
Arbenz Gottfried, Fabriksdirektor in Triefen.
' Balzer Peter, Angestellter bei der Kunstfirma Orel l Füszli in Zürich.
Bcmto Ju l ius , Dr. i iKi l . in Wien.
Banzer Andrea?, Altvorsteher in Triefen.
Bargetzi Xaver, Postmeister in Triesen.
Batlincr Mar t i n Jvscf, Lehrer in Eschen.
Beck Franz Josef. Ortsvorstchcr in Triesenberg.
Beck Johann, Gastwirt in Triesenberg.
Biedermann Frz. Jos., Gastwirt in Schellenberg.
B l u m K a r l , fürstl. Landrichter in Vaduz.
Büchel Johann Baptist, Kanonikus, Landesvikar nnd Landesschnl-
kmnmissär in Triesen (Vereinsvvrstandsinitglied).
Büchel Johann Baptist, Kanonikus, einer. Pfarrer in Vaduz.
Bürkle Christian, Psarrer in Bendcrn.
Bnrgmayer Gustav, Pfarrer in Mauren.
D c Flor in Johann, Pfarrer in Vaduz.
Falk Jakob, Altvorstchcr in Schcmn.
Feger Alsvns, Oberlehrer in Vaduz (Vereinskassier).
Fchr Wilhelm in Schaanwald.
Frömmelt Josef, Lehrer in Triesenberg.
Gantner Hans, Ingenieur, äkadein. Maler in Nenhaus (Böhmen).
Gaßner Franz Xaver, Lehrer in Mauren.
Gaßner Josef, Direktor der k. k. Staatsoberrealschule in Görz.
Gaßner Franz Xaver, Lehrer in Ruggell.
Gemeinde BälzerS.
Gemeinde Eschen.
Gemeinde Gmiipri».
Gemeinde Mauren.
Gemeinde Planken.
225
Gemeinde Ruggell,
Gemeinde Schaan.
Gemeinde Schellenbcrg.
Gemeinde Triesen.
Gemeinde Triesenberg.
Gemeinde Vaduz.
Gußmann Kar l , Dr . , Pfarrer in Guttenbcrg (Württemberg).
Haberler Franz, o., jnr. und msä . Dr . , k. k. Statthaltereirat und
LandessanitätSreferent für T i r o l uud Vorarlberg in Innsbruck.
Hcmel Richard, fürstl. Forstanitsleiter in Mährisch-Trübau.
Hansen Wilhelmine, Freiin von, fürstl. liechtst. Rats- und Landes-
verweserswitwe in Wien.
Hccb Andreas, Lehrer in Mauren.
Hiener Gabriel, Ingenieur, fürstl. Landcstechniker in Vaduz.
Hilty David, Mchvr in Bnchs.
Hilty Jakob, Angestellter bei der k. k. Staatsbahn in Schaan.
Hilty Kaspar, jr., Bantechniker in Schaan.
Hilty Lorenz, N r . 186, Kaufmann in Schaan.
Hinger Anton, Oberlehrer i . P . in Feldkirch.
Hinkelbein Georg, Direktionsassessor in Lindan i . B .
Jeh l i Theodor, Flnschnermeister in Schaan.
I n der M a u r K a r l , v., fürstl. Kabinettsrat nnd einstweiliger Landes-
verweser in Vaduz (Vereinsvorstandsmitglied).
Kaiser Jakob, Altvvrsteher in Manren.
Kaufmann Jakob, Lehrer in Vadnz.
Keller Marzell in, fürstl. LandeSkassenverwalter in Vaduz.
Keßler Hermann, Oberingenieur und Vorstand des techn. Bureaus
von Siemens u. Halske in Tokio (Japan).
Kind Franz Josef, Dr . , Domherr in Chur.
Kind Lorenz, Altvvrsteher in Bendern.
Kindle Fidel, Oekvnvm in Triesen.
Kirchthaler Theobald, Gastwirt in Vaduz.
Kleiner Viktor, Landesarchivar in Bregenz.
Knaack G . , Dr . , Prvsessor in Stettin.
Krätzl Franz, fürstl. liechtst. Forstmeister in Ung.-Ostra (Mähren) .
Kuen Peter Paul, snrstl. liechtst. Forstamtskontrolor in Schottwim.
Latcrnser Johann, Altkassier in Vaduz.
Lesevercin in Vadnz.
Lindt Adolf, Dr . , Rechtsanwalt in Darmstadt.
Marte Jakob, Pfarrer in Schellenberg.
Marxcr Ludwig, fürstl. Landcstierarzt in Vaduz.
— 226 —
Matt Ferdinand, Dr . , Pfarrer in Zürich.
Mayer Johann Georg, Professor, Domherr in Chur.
M i n f t Georg, Lehrer in Triesen.
Moosmann Kar l , Buchbinder in Feldkirch.
Müßncr Franz Joses, Lehrer in Rnggell.
Ncnmcmn Gustav, v., fürstl. liechtst. Architekt in Wien.
Nigg Gregor, Hilssbemntcr in Vaduz.
Oberneder Joses, fürstl. Hvfkaplan in Schaan.
Oehri Alois , Tierarzt in Eschen.
Ospelt Fidel, Reallchrer in Vaduz.
Ospclt Josef, RegiernngS-Kanzlist in Vaduz.
Ospelt Lnzius in Chaur-de-Fvnds.
Ospelt Mcinmd, Landmt in Vaduz.
Ospelt Oskar, Cvmptoirist in Bregenz.
Ospclt Rndols, Buchbinder in Vadnz.
Qnadcrer Rudolf, Oberlehrer in Schaan.
Real Anton, Gcschästsagent in Vadnz.
Rcdcrcr Josef, Dr . , prakt. Arzt in Fnlpmcs.
Reding Franz, v., JnstitutSkatechct in Balzers.
Rheinberger Anton in Vaduz.
Rheinberger Egon, akad. Bildhauer in Vaduz (VereinsvvrstandS
Mitglied).
Rheinberger Theodor, Postmeister in Vaduz.
Risch Emi l , Lehrer in Schacmwald.
Ritter Franz Joses, Lehrer i . P . in Manrcn .
Schädlcr Albert, Dr . , Prakt. Arzt in Vaduz (Vcreinsvvrsitzender)
Schädler Albert, Professor in Chicago.
Schädlcr Gebhard, Tvnwarenfabrikant in Nendeln.
Schädler Josef, Tvnwarenfabrikant in BrederiS.
Schädlcr Kar l , Ingenieur in Vaduz.
Schädler Rudolf, Dr . , Prakt. Arzt in Vaduz.
Schmid Peter, Psarrer in Balzers.
Sccger ?tlois, Altvvrsteher in Vaduz.
Segcr Ferdinand, sürstl. Grundbnchführer in Vaduz.
Secgcr Johann, Altkassier in Vadnz.
S p ö r r y Jakob, Fabrikant in Vaduz..
Sprecher Th . , v., Ches des schweizerischen Generälstabes in Bern
Vogt Basil, Vikar in Zürich.
Vvgt Jvsef, Webermeister in Balzcrs.
Vonbnn Rvbcrt, Professor in Manchester.
Walser Ferdinand, Ortsvorsteher in Schann.
— 227 —
Wnlser Friedrich, Postexvedieut in Schaan.
Wanger Jakvb, Geschästsagcnt in Schaan.
Wvsle Wilhebn, fürstl. Hofkavlan in Vadnz.
Wohlwend Alv is , Lehrer in Schcllenbcrg.
Wolsinger Emi l , Postmeister in BalzerS.
o) Verzeichnis
der historischen Vereine, wissenschaftlichen Institute ?c.,
mit denen der historische Verein für das Fürstentum
Liechtenstein Schriftentausch unterhält.
Historischer Verein für Schwaben nnd Neuburg.
Historischer Verein.
Historische und antiquarische Gesellschaft.
Historischer Verein für Oberfranken.
Allgemeine geschichtsforschcndc Gesellschaft der
Schweiz.
Historischer Verein des KantonS Bern.
Vorar lbergs Mnscnms-Verein.
Verein sür Geschichte nnd Altertum Schlesiens.
Hiswr.-antiqnarische Gesellschaft von Granbündcn.
Historischer Verein.
Verein für Geschichte nnd Naturgeschichte der Baar .
Historischer Verein für Donauwvrth nnd Um-
gebung.
Ltslla-AIatrrtin-1.
K . k. StaatSgymuasinm.
Historischer Verein des Kantons Thnrgau.
Gescllschast sür Gcschichts-, Altertums- und Volks-
kunde.
Deutscher geschichtssorscheuder Verein.
Verein sür Geschichte dcS Bvdcusee's uud seiner
Umgebung.
Obcrhessischer Geschichtsvercin.
Historischer Verein des Kantons Glarns.
Historischer Verein für Steiermark.
Nusorirn I'e.rcliimnclörrnr.
Geschichtsvercin für Kärnten.
Historischer Verein für Niederbayern.
Historischer Verein der sünf Orte: Lnzern, Ur i ,
Schwyz, Unterwalden uud Zug.
Germanisches Nativnal-Muscum.
AugSburg:
Bambcrg:
Basel:
Bayrcuth:
Bern:
Brcgenz:
Breslmi:
Chnr:
Dillingen a. D . :
Donaucschingen:
D o n a u w ö r t h :
Feldkirch:
Frauenfcld:
Frciburg i . B r . :
Frcibnrg (Schtveiz)
Friedrichshafcn:
Gieszcn:
Glarns:
Graz:
Innsbruck:
Klagcnfnrt:
Landshut:
Lnzern:
Nürnberg:
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Ravcnsburg: Diözcsan-Archiv für Schwaben.
Salzburg: Nussnin LiÄrolino-^riKustorrm.
St. Galten: Historischer Verein des Kantons.
Stockholm: K . schwedische Akademie der Wissenschaften.
Stnttgart: Württembcrgischer AltertnmSvcrein.
Ulm: Verein für Kunst und Altertum iu Nlm nnd
Oberschü'abcn.
Tübingen : UnivcrsitätS-Biblivthek.
Zürich: Antiquarische Gesellschaft.
Schweizerisches Landcsmnsenm.