JAHRBUCH
DES HISTORISCHEN VEREINS
FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN
B A N D 100
JAHRBUCH
DES HISTORISCHEN VEREINS
FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN
BAND 100
VADUZ, SELBSTVERLAG DES HISTORISCHEN
VEREINS FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN, 2001
Zu den Bildern auf dem
Einband:
Im Verlauf der ersten 100
Jahre entfaltete der Histo-
rische Verein für das Fürs-
tentum Liechtenstein ein
breites Tätigkeitsfeld. Im-
mer waren es die Vereins-
vorsitzenden, Vorstands-
mitglieder, Jahrbuch-Auto-
rinnen und -autoren sowie
Besucherinnen und Besu-
cher von Veranstaltungen,
die das Gesicht des Ver-
eins geprägt haben.
Die Bilder zeigen in der
linken Spalte oben:
das Vorbereitungskomi-
tee, welches 1912 die
200-Jahr-Feier des Über-
gangs der Grafschaft Va-
duz an das fürstliche Haus
Liechtenstein organisierte.
Ihm gehörten mehrere
Gründungsmitglieder des
Historischen Vereins an; in
der Mitte: den Vereins-
vorstand 1933 bei einer
Besichtigung der Ausgra-
bungen am Burghügel
Gutenberg in Balzers; un-
ten: eine Führung durch
die freigelegte Obere Burg
in Schellenberg 1960.
Die Bilder in der rechten
Spalte zeigen oben: den
Vereinsvorstand an der
Jahresversammlung 1978
in Vaduz; in der Mitte: ein
Gruppenbild mit Ehren-
mitgliedern an der 100-
Jahr-Feier des Histori-
schen Vereins 2001 in Va-
duz; unten: die Präsenta-
tion von Jahrbuch Band 99
in Schellenberg im Jahr
2000.
Vorsatz:
Die Jahrbücher des Histo-
rischen Vereins für das
Fürstentum Liechtenstein,
Band 1 bis 58.
Nachsatz:
Die Jahrbücher des Histo-
rischen Vereins für das
Fürstentum Liechtenstein,
Band 59 bis 99
Auslieferung:
Historischer Verein für das
Fürstentum Liechtenstein
Geschäftsstelle
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FL-9495 Triesen
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Geschäftsführer des Histo-
rischen Vereins für das
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FL-9490 Vaduz
Lithos:
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1-39100 Bozen
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FL-9490 Vaduz
Gedruckt auf
Hanno Art top Silk,
chlorfrei, 135 g/m 2
© 2001 Historischer
Verein für das Fürstentum
Liechtenstein, Vaduz
Alle Rechte vorbehalten
Gedruckt in Liechtenstein
ISBN 3-906393-29-1
IV
Inhaltsverzeichnis
Festansprachen zum 100-Jahr-Jubiläum des
Historischen Vereins
Rupert Quaderer, Mario Frick, Mathias Ospelt,
Hans-Jörg Rheinberger 1
1901 bis 2001: Die ersten 100 Jahre des
Historischen Vereins für das Fürstentum
Liechtenstein
Klaus Biedermann 27
Zum Gedenken an die verstorbenen
Vorsitzenden des Historischen Vereins
Alois Ospelt 159
Naturwissenschaftliche und naturhistorische
Beiträge im Jahrbuch des Historischen Vereins
Hans-Jörg Rheinberger 205
Der Historische Verein und das Vorarlberger
Landesarchiv
Karl Heinz Burmeister 221
Die Sammeltätigkeit des Historischen Vereins
und des Liechtensteinischen Landesmuseums
Norbert W. Hasler 239
Mut haben, anregen, Diskussionen anfangen,
das sind schon Aufgaben des Historischen
Vereins
Im Gespräch mit dem Vereinsvorstand und
dem Geschäftsführer
Isolde Marxer und Mathias Ospelt 279
Jahresbericht des Historischen Vereins
für das Fürstentum Liechtenstein 2000 311
Liechtensteinisches Landesmuseum 2000 341
Konzept der künftigen Dauerausstellung des
Liechtensteinischen Landesmuseums
Norbert W. Hasler 361
V
Der Historische Verein für
das Fürstentum Liechten-
stein verfolgt den Zweck,
die vaterländische Ge-
schichtskunde einschliess-
lich der Urgeschichte zu
fördern und die Erhaltung
der natürlichen und ge-
schichtlich gewordenen
liechtensteinischen Eigen-
art zu pflegen.
Artikel 1 der Statuten
des Historischen Vereins
für das Fürstentum
Liechtenstein
Für den Inhalt der einzel-
nen Beiträge zeichnen die
Verfasserinnen und Verfas
ser allein verantwortlich.
FESTANSPRACHEN
Z U M 100-JAHR-
JUBILÄUM DES
HISTORISCHEN
VEREINS
RUPERT QUADERER / MARIO FRICK / MATHIAS
OSPELT / HANS-JÖRG RHEINBERGER
Inhalt
Dem Verständnis Bahn brechen
Rupert Quaderer
Es gilt das gesprochene Wort -
Grusswort von Regierungschef Mario Frick
Der Historische Verein - bei den Worten
genommen
Mathias Ospelt
Der Kulturgeschichte des Fürstentums
Liechtenstein ein eigenes Rückgrat
eingezogen
Hans-Jörg Rheinberger
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FRICK / OSPELT / RHEINBERGER
Dem Verständnis Bahn brechen
Sehr geehrte Anwesende,
«Hier sind wir versammelt zu löblichem Tun».
Gemäss diesem Motto sind wir heute, am 17. Feb-
ruar 2001, hier im Vaduzer Rathaussaal zusam-
mengekommen. Das «löbliche Tun» besteht darin,
das 100-Jahr-Jubiläum des Historischen Vereins
für das Fürstentum Liechtenstein feierlich zu bege-
hen. Als erstes möchte ich Sie alle im Namen des
Historischen Vereins begrüssen. Ich begrüsse die
Vertretung der Regierung, die Landtagsmitglieder,
die Vertreter der Gemeinden und der verschiede-
nen Vereine und Vereinigungen aus dem In- und
Ausland. Ich heisse unsere Ehrenmitglieder will-
kommen und natürlich auch alle Mitglieder sowie
alle Freundinnen und Freunde des Vereins. Sie alle
zeigen uns mit Ihrer Präsenz die Wertschätzung,
die Sie dem Historischen Verein entgegenbringen.
Dafür möchte ich Ihnen meinen herzlichen Dank
aussprechen.
Sie werden verstehen, sehr geehrte Anwesende,
dass ich den heutigen Anlass nutze, einige grund-
sätzliche Gedanken zum Historischen Verein und
seinem Wirken zu äussern. Dabei sei vorgegeben,
dass «löbliches Tun» nicht nur darin bestehen
muss, ein Loblied zu singen, auch kritische Gedan-
ken müssen eigentlich erwünscht oder mindestens
erlaubt sein.
Lassen Sie mich mit einem Zitat aus dem Jahre
1914 beginnen: «Dennoch ist es an der Zeit, sich
auf die Posten zu stellen und jene vom historischen
Verein angewiesenen Bahnen zu verfolgen ... So-
lange das Verständnis nicht in ihnen [den Leuten]
selbst lebendig geworden ist, werden alle Predigten
mit einem mitleidigen, überlegenen Lächeln aufge-
nommen und man muss froh sein, wenn man nicht
Händel bekommt. Zuerst hat man dem Verständnis
Bahn zu brechen.» So steht es geschrieben in den
«Oberrheinischen Nachrichten» vom 25. Juli 1914.
Diese Meinung - geäussert kurz vor dem Aus-
bruch des Ersten Weltkrieges - bringt einen Grund-
gedanken zum Ausdruck, der als programmatische
Devise auch heute noch Aussagekraft besitzt. Das
Zitat weist auf eine zentrale Aufgabe hin, die der Hi-
storische Verein in seiner 100-jährigen Geschichte
immer wieder wahrzunehmen suchte: «Dem Ver-
100 JAHRE
HISTORISCHER VEREIN
FÜR DAS FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN
Einladung zur J u b i l ä u m s v e r s a m m l u n g
Der Vorstand des Historischen Vereins freut sich,
die Bevölkerung zu unserer Jubi läumsversammlung
«100 Jahre Historischer Verein für das Fürstentum
Liechtenstein» einladen zu dürfen am
Vorankündigung der
Jubiläumsversammlung in
den liechtensteinischen
Tageszeitungen
3
Der Vereinsvorsitzende
Rupert Quaderer eröffnet
die Festversammlung zum
100-Jahr-Jubiläum des
Historischen Vereins
Blick in den voll besetzten
Vaduzer Rathaussaal, in
welchem die Jubiläums-
versammlung abgehalten
wurde
ständnis Bahn brechen.» Dies geschah in grossem
Ausmasse durch die bisher publizierten Jahr-
bücher, 99 an der Zahl - der im Herbst erscheinende
100. Band wird sich der Vereinsgeschichte widmen.
Dieses Bestreben - nämlich dem Verständnis
Bahn zu brechen - wurde aber auch durch weitere
Aktivitäten intensiviert. Der Historische Verein
kann neben der Publikation der Jahrbücher ein
weiteres breit gefächertes und vielstrahliges kultu-
relles Wirken vorweisen. Dazu gehören etwa die
Anstösse für die Gründung eines Landesmuseums,
die Umsetzung der archäologischen Feldforschung,
die Forderung nach einem Urkundenbuch und die
Übernahme von dessen Trägerschaft, die Aufarbei-
tung der Kunstdenkmäler in Liechtenstein, das
Projekt eines Historischen Lexikons für das Fürs-
tentum Liechtenstein, die Aufnahme und wissen-
schaftliche Bearbeitung der Orts- und Flurnamen
Liechtensteins und in der Folge auch der Personen-
namen, die sprachgeschichtliche Untersuchung un-
seres Gebietes in Zusammenarbeit mit Vorarlberg.
Dies alles sind umfangreiche, aufwendige und
langdauernde Unternehmungen. Dazu kommt eine
eindrückliche Reihe von Monographien, die im Ver-
lag des Historischen Vereins erschienen sind: Wie-
derherstellung von Schloss Vaduz, Fabriklerleben,
Nach Amerika!, 1342, Krisenzeit (Liechtenstein in
den Dreissigerjahren), Kaufvertrag der Herrschaft
Schellenberg 1699, Der prähistorische Siedlungs-
platz Schellenberg-Borscht.
Zu erwähnen ist auch, dass der Historische Ver-
ein in Zusammenarbeit mit dem «Vorarlberger Lan-
desmuseumsverein» im Jahre 1915 eine «Histori-
sche Kommission für Vorarlberg und Liechtenstein»
begründete, die grenzüberschreitende Geschichts-
forschung zum Ziel hatte. Sie wollte «die landesge-
schichtliche Forschung beider Länder durch Her-
ausgabe der grundlegenden Quellen und Erfor-
schung wichtiger Einzelfragen» fördern. Der Land-
tag beschloss in diesem Zusammenhang, einen
Landesbeitrag für drei Jahre von je 200 Kronen zu
gewähren, «da unser Land an dem Zustandekom-
men des Werkes auch grosses geschichtliches Inter-
esse habe». Wohlgemerkt im Jahre 1916, als die ne-
gativen Auswirkungen des Ersten Weltkrieges auf
4
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FRICK / OSPELT / RHEINBERGER
die wirtschaftliche Lage Liechtensteins sich deutlich
zeigten. Auch zur Schweiz hin wurden im Laufe der
hundert Jahre intensive wissenschaftliche Kontakte
aufgebaut. Und über diese wissenschaftlichen Kon-
takte hinaus entwickelte sich manche freundschaft-
liche Beziehung.
Der erfreulich grosse und erstaunlich kontinu-
ierliche Leistungsausweis des Historischen Vereins
dürfte unbestritten sein. Wer sich mit der Ge-
schichte Liechtensteins befasst, seien es Forschen-
de, seien es geschichtsinteressierte Laien, kommt
am Jahrbuch des Historischen Vereins - oder am
Historischen Jahrbuch, wie es im allgemeinen
Sprachgebrauch in Liechtenstein genannt wird -
nicht vorbei. Es brauchte einen zähen Willen und
eine stark verwurzelte Standfestigkeit der Verant-
wortlichen, die Jahrbuchreihe durchzuhalten. Da-
für möchte ich den zahlreichen Verantwortlichen
meinen Dank auch von heute aus aussprechen.
Diese publizistische Tätigkeit erfordert einiges
sowohl an materiellem als auch an geistigem und
emotionalem Engagement. Auch dafür gilt es zu
danken. Die grosszügige materielle Unterstützung,
die der Historische Verein immer wieder erfahren
darf, ist vielseitig. Ich danke dem Landtag und der
Regierung des Landes Liechtenstein für die Beiträ-
ge, die wir von dieser Seite zugesprochen bekom-
men. Der Historische Verein wurde vom Land
Liechtenstein von Anfang an unterstützt, wenn
auch mit nach heutigem Massstab bescheidenen
Mitteln. Wir stossen auch hie und da auf Hinweise,
dass der Historische Verein den Unmut der politi-
schen Entscheidungsträger auf sich zog. Dies zeigt
etwa die Bemerkung im Protokoll der Finanzkom-
mission des Landtags vom 6. Februar 1924, wo es
heisst, dass dem Historischen Verein zwar ein Lan-
desbeitrag von 100 Franken für das Jahr 1924 be-
willigt werde, gleichzeitig aber dem Verein mitge-
teilt werde, «dass die Bewilligung nur unter der Be-
dingung erfolgt, dass künftig in den Vereinsschrif-
ten keine Parteipolitik mehr getrieben wird.» War
dies eine Reaktion auf den Beitrag Albert Schädlers
im Jahrbuch über die Tätigkeit des Liechtensteini-
schen Landtages? Die Antwort des «Ausschusses»
des Historischen Verein fiel klar und bestimmt aus:
Er brachte der Regierung gegenüber zum Aus-
druck, «dass der Verein sich für die freie Erfor-
schung der Geschichte keinerlei Bedingungen auf-
erlegen lassen kann, wobei es allerdings von den
Anwesenden als Selbstverständlichkeit angesehen
wurde, dass sich geschichtliche Arbeit des Jahrbu-
ches nicht mit der Stellungnahme zu Fragen der
Tagespolitik oder der Politik der jüngsten Zeit be-
fasse, also mit Dingen, die noch nicht der Geschich-
te angehören.»
Auch die Gemeinden des Landes zeigen sich im-
mer wieder grosszügig gegenüber unseren Anlie-
gen; dasselbe kann ich von privaten Institutionen
und Stiftungen sagen und nicht unerwähnt bleiben
dürfen viele Zuwendungen durch Einzelpersonen.
5
Der Historische Verein kann sich also einer breiten
Unterstützung erfreuen. Die im Jahrbuch jeweils
veröffentlichten Jahresberichte geben ausführlich
Auskunft über verschiedene öffentliche und private
Spenden. Diese materielle Hilfe ist gleichzeitig auch
ideeller Beistand. Sie ist Ausdruck der Wertschät-
zung der Arbeit des Historischen Vereins.
Die erwähnte Förderung ist vor allem auch des-
halb wertvoll, weil die Ergebnisse der unterstütz-
ten Projekte manchmal lange auf sich warten las-
sen. Der Historische Verein betreibt eben keine
Event-Kultur. Mit uns zusammenzuarbeiten braucht
Geduld. Wir streben nicht nach Resultaten für den
Augenblick, wir lösen keine eruptiven Kurzzeit-
knalleffekte aus. Der Historische Verein geht viel-
leicht manchmal seltsam anmutenden Fragen
nach, zum Beispiel der Frage nach der «Nützlich-
keit des scheinbar Unnützen» (Zitat nach Gerard
Batliner). Er nimmt sich die Freiheit der Müsse,
den Fragen gründlich nachzugehen und nicht ba-
nausisch nach schnellen Ergebnissen zu schielen.
Geschichtsforschung - vor allem die Grundlagen-
forschung - ist eine auf Langzeitwirkung ausge-
richtete Tätigkeit. Wir machen keinen Spektakel
und bieten kein Spektakel; weder Lärm noch
Schauspiel sind unsere Sache. Die Projekte des Hi-
storischen Vereins schaffen Grundlagen, sie bieten
Fundamente an für die weitere Forschung. Man
könnte überspitzt formulieren: Unsere Stärke ist
die lange Weile, im Sinne des Sprichwortes: Gut
Ding will Weile haben. Dieses Streben ist verbun-
den mit dem Bemühen um Gründlichkeit, Wahrhaf-
tigkeit, Wissenschaftlichkeit.
Die Bedeutung der Geschichtswissenschaft ist in
letzter Zeit ausserhalb und innerhalb Liechten-
steins im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der
Geschichte des Zweiten Weltkrieges wieder offen-
bar geworden. Das ist aus der Sicht der Geschichts-
forschung erfreulich. Es ist jedoch notwendig, da-
rauf hinzuweisen, dass die Erforschung der Ge-
schichte nicht nur auf einen zeitlich eng limitierten
Abschnitt begrenzt werden darf. Dieses auf eine
Auswahl hin orientierte, eklektische Geschichtsver-
ständnis setzt sich der Gefahr des Utilitarismus aus
und birgt das Risiko des Verdrängens in sich, dass
man nämlich diejenigen Bereiche bearbeitet oder
bearbeiten lässt, die keine unangenehmen Er-
kenntnisse erwarten lassen. Das Wort «Geschich-
te» ist ja doppeldeutig. Einmal steckt in ihm der Be-
griff «Geschehen», im Sinne von «Geschehnis, Be-
gebenheit, Ereignis», es sind die «res gestae». Ge-
schichte ist also das, was geschehen ist. In zweiter
Bedeutung verwenden wir seit dem 15. Jahrhun-
dert das Wort im Sinne von Erforschung des Ge-
schehenen, also die «historia rerum gestarum».
Daraus kann zweierlei abgeleitet werden:
1. Es ist für das Erfassen der Vergangenheit
wichtig, das Geschehene in Zusammenhängen zu
betrachten. Geschichte ist nicht teilbar, weder re-
gional noch zeitlich. Das heisst, wir müssen die
Kontinuität der Geschichte berücksichtigen und zu-
sätzlich auch über die heutigen Landesgrenzen
hinausschauen. Von dieser Warte aus betrachtet,
ist es eben wichtig, Grundlagen zu schaffen, welche
die Erforschung ermöglichen (Urkundenbuch, Na-
menbuch, HLFL, Archäologie). Ohne Aufarbeitung
der Quellengrundlage (im weiteren Sinne verstan-
den, dazu gehört auch zum Beispiel die Namenfor-
schung) gibt es keine Geschichtsforschung und kei-
ne Darstellung ihrer Ergebnisse.
2. Wir müssen uns der Geschichte, dem Gesche-
henen, stellen. Die Geschichte holt uns ein, ob mit
unserem oder ohne unser Zutun. Die Geschichte
kann weder vom Individuum noch von der Gesell-
schaft auf die Dauer vernachlässigt und noch weni-
ger verdrängt werden. Geschehenes hört nicht auf
zu existieren, wenn man es absichtlich übersieht.
Es ist besser, sich der Geschichte zu stellen, als von
ihr zur Rede gestellt zu werden. Wir müssen darauf
achten, nicht nur Teilbereiche unserer Geschichte
aufzuarbeiten. Die gesamte Geschichte eines Vol-
kes und eines Staates ist für seine Gegenwart, für
das Setzen von Beziehungspunkten und das Schaf-
fen von Vernetzungen von Bedeutung. Darum
gehören zu unserer Geschichte sowohl die Er-
kenntnisse aus der archäologischen Forschung als
auch diejenigen aus dem Mittelalter und aus der
Neuzeit und ebenso die der Gegenwartsgeschichte.
Ich komme zurück auf die anfänglich erwähnte
Selbstbesinnung und Selbstbestimmung und damit
6
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FRICK / OSPELT / RHEINBERGER
auf die kritische Standortbestimmung. Der Histori-
sche Verein kann auf ein breites und fruchtbares
Tätigkeitsfeld zurückschauen. Dies darf ihn jedoch
nicht dazu führen oder vielleicht verführen, ein kri-
tisches Hinterfragen seines Tuns und Wirkens zu
vergessen. Trotz dieses eindrücklichen Leistungs-
nachweises sind 100 Jahre auch Anlass zu reflek-
tierendem Nachdenken. Das in der Vergangenheit
Geleistete trägt in sich die Verpflichtung für die Ge-
genwart und ist Auftrag für die Zukunft. Der Histo-
rische Verein hat zu überprüfen, ob er relevante
Schwerpunkte setzt, ob er seiner gesellschaftlichen
Verpflichtung nachkommt.
Ich meine, der Historische Verein kann guten
Gewissens auf seine ersten hundert Jahre zurück-
schauen. Es liegt in seiner Verantwortung, - in die-
sem Begriff steckt die Forderung nach Antwort ge-
ben - darauf zu achten, dass er für die kommenden
Jahre gerüstet ist, um weiterhin «dem Verständnis
Bahn zu brechen». Wohin die Bahn führt, unter-
liegt sicherlich einem zeitlichen Wandel. Wenn, wie
oben zitiert, im Jahre 1924 eine Stellungnahme zu
Fragen der Tagespolitik oder der Politik der jüng-
sten Zeit noch ausgeklammert wurde, so dürfte
sich die Haltung gegenüber solchen Fragen heute
doch etwas verändert haben. Dies kann auch be-
deuten, dass Stellungnahmen des Historischen Ver-
eins nicht immer und bei allen auf reine Zustim-
mung stossen; ich meine es wäre fast verdächtig,
wenn dies so wäre. Es gibt einige Bereiche in unse-
rem Land, über die zu diskutieren ist. Der Histori-
sche Verein muss seine Aufgabe heute sicherlich
auch darin sehen, das Denken und Fühlen in unse-
rer Gesellschaft zu sensibilisieren. Die Stichworte
Denkmalschutz, Landschaftsschutz, Unterstützung
emanzipatorischer Bestrebungen - emanzipato-
risch in einem sehr weiten Sinne verstanden - sei-
en als Beispiele erwähnt. In diesen Bereichen kann
die Mentalität für historisches Denken gefördert
oder eben dem Verständnis Bahn gebrochen wer-
den. Dass der Historische Verein dabei manchmal
«anstössig» im doppelten Sinne des Wortes han-
deln soll und muss, liegt meines Erachtens in sei-
nem Aufgabengebiet. Dies zu tun auf der Grundla-
ge des Strebens nach Wahrhaftigkeit, verpflichtet
den Grundsätzen wissenschaftlichen Forschens,
verbunden mit Engagement gegenüber unserem
Land und seinen Menschen, könnte Gewähr dafür
sein, dass der Historische Verein auch die nächsten
hundert Jahre ein grosses Feld fruchtbarer Arbeit
vor sich hat.
ANSCHRIFT DES AUTORS
Dr. phil. Rupert Quaderer
Fürst-Johannes-Strasse 26
FL-9494 Schaan
7
Es gilt das gesprochene Wort
GRUSSWORT V O N R E G I E R U N G S C H E F
MARIO FRICK
Sehr geehrte Damen und Herren,
Als Regierungschef sollte m a n es tunlichst vermei-
den zu sagen, ein Verein sei der bedeutendste i m
Land. Aber sicher darf ich hier i m Namen der Re-
gierung die ganz besondere W e r t s c h ä t z u n g fü r die
Verdienste des Historischen Vereins zum Ausdruck
bringen. Der Verein hat im Laufe der hundert Jah-
re seines Bestehens viele wertvolle Beiträge zur
Landeskunde geleistet. Wiederholt war er auch Ge-
burtshelfer bei bedeutenden kulturellen Institutio-
nen des Landes. D a f ü r ist dem Verein zu danken
und diese B e m ü h u n g e n m ö c h t e ich hier kurz w ü r -
digen.
Der Historische Verein wurde am 10. Februar
1901 von den angesehensten M ä n n e r n des Landes
geg ründe t . Als G r ü n d u n g s d a t u m wurde bewusst
der Anfang des neuen Jahrhunderts gewäh l t , denn
der Verein verstand sich nie als eine Institution, die
nur r ü c k w ä r t s schauen wi l l . Die Geschichte soll die
Lehrmeisterin sein, sagte Dr. Alber t Schäd le r an
der G r ü n d u n g s v e r s a m m l u n g . Durch das Studium
der Vergangenheit wolle der Verein einen Beitrag
leisten, dass wi r die Gegenwart begreifen k ö n n e n
und sich ein Blick in die Zukunft ö f fne . Der Verein
wollte immer dem liechtensteinischen Staat und
seinen Bürge rn bei der Suche nach Identität hel-
fen, wobei sich der Verein s t änd ig bewusst war,
dass die Frage nach dieser Iden t i t ä t s t änd ig neu ge-
stellt und beantwortet werden muss. Die Zielset-
zung des Historischen Vereins ist eine wesentlich
staatspolitische.
Es gebe schon mehrere Vereine i m Land, sagte
Alber t Schäd le r bei der V e r e i n s g r ü n d u n g - selbst
der Sport sei in unserem Land schon vertreten. Im
Gegensatz zu den andern Vereinen wolle sich der
Historische Verein nicht der Lösung praktischer
Fragen widmen oder einen bestimmten wirtschaft-
lichen Nutzen erbringen. Der neue Verein solle ei-
nen «idealen Zweck» haben, eine h ö h e r e Idee ver-
folgen. Der Verein solle sich von den anderen Ver-
einigungen und Organisationen dadurch abheben,
dass er dem Staat und der Gesellschaft diene, dass
er sich mit dem geistigen Fundament des kleinen
Landes befasse. Dieser Zielsetzung ist der Verein
bis heute treu geblieben.
Als seine eigentliche Kernaufgabe sah der Histo-
rische Verein die Herausgabe eines Jahrbuchs mit
A u f s ä t z e n « ü b e r die ä l t e re , neuere und neueste Ge-
schichte des L a n d e s » an. Bemerkenswert ist dabei
das Wort « n e u e s t e Gesch ich te» in der ä l t e s ten Fas-
sung der Statuten, denn davon wollte der Verein in
der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg lange Zeit
nichts mehr wissen. Das zeugt davon, dass der U m -
gang mit der eigenen Vergangenheit nicht immer
leicht war. Im Interesse des inneren Friedens wol l -
te man nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Auf-
arbeitung der noch nicht verarbeiteten Zeitge-
schichte verzichten. Es brauchte Zeit, bis die Wun-
den verheilt waren. Heute ist die Zeit d a f ü r zweifel-
los reif. Seinem Hauptzweck ist der Verein bis
heute treu geblieben. Das Historische Jahrbuch ist
in seiner Gesamtheit das bedeutendste landeskund-
liche Werk. Es e n t h ä l t Be i t räge aus allen Bereichen
der Geschichte und ihren Hilfswissenschaften, aber
auch aus der Archäo log ie , der Naturkunde, der
Volkskunde, der Namenforschung oder der Denk-
malpflege.
Die wichtigsten Initianten des Vereins waren Dr.
Albert Schädler und Prälat Johann Baptist Büchel.
Zu den G r ü n d u n g s m i t g l i e d e r n zäh l t e alles, was i m
Lande Rang und Namen hatte: Neben Regierungs-
chef Car l von In der Maur waren fast alle Landtags-
abgeordneten dabei, Landrichter Car l B l u m und
die Beamten, mehrere Vertreter der Geistlichkeit,
einige Ortsvorsteher, Ärz te , Lehrer und Fabr ikan-
ten. Bereits i m ersten Vereinsjahr traten auch meh-
rere Mitglieder des F ü r s t e n h a u s e s bei. Der durch-
lauchte L a n d e s f ü r s t und der Landtag beschlossen,
dem Verein je einen Jahresbeitrag von 200 Kronen
zukommen zu lassen. Damit fanden die Bestrebun-
gen auf h ö c h s t e r Ebene Anerkennung.
A u f der anderen Seite soll nicht u n e r w ä h n t blei-
ben, dass sich unter den G r ü n d u n g s m i t g l i e d e r n
keine einzige F rau befand und auch kein einfacher
Bauer oder Arbeiter.
Nicht nur i n dieser Beziehung haben sich die
Verhä l tn i s se g e ä n d e r t . Im Laufe der vergangenen
hundert Jahre hat sich die Zah l der Vereinsmitglie-
der auf etwas über 800 v e rg rös se r t . Der Verein ist
damit einer der g r ö s s t e n des Landes. E r trat mit
8
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FRICK / OSPELT / RHEINBERGER
zahlreichen zielverwandten Organisationen i m
Ausland in Kontakt und tauschte die Vereinsschrif-
ten aus. Der Verein war damit von Anfang an grenz-
ü b e r s c h r e i t e n d tät ig. E r suchte und fand auf ver-
schiedenen Gebieten Partner i m Aus land und leis-
tete damit einen wichtigen Beitrag i m Rahmen der
lange Zeit kaum bewusst gepflegten liechtensteini-
schen Kultur- und Aussenpolit ik. Es w a r - wie dies
fü r diese beiden Politikbereiche typisch ist - ein ge-
genseitiges Geben und Nehmen: Der Verein ver-
schenkte seine Schriften, machte damit das F ü r s -
tentum Liechtenstein i m ganzen deutschsprachigen
Raum und d a r ü b e r hinaus bekannt. Der Verein er-
hielt aber auch etwas, n ä m l i c h eine interessante
Bibliothek, die heute manche wertvolle Rar i t ä t ent-
häl t . Als besonders wertvoll erwiesen sich auch die
wissenschaftl ichen Kontakte.
Es ist hier nicht der Platz, alle Akt iv i tä ten des
Vereins eingehend z u w ü r d i g e n . Diese unterlagen
i m Laufe der Zeit einem Wandel , immer wieder
musste sich der Verein mit der Frage auseinander-
setzen, worauf er seine Akt iv i tä ten konzentrieren
sollte; denn manchmal nahmen sich die Vereins-
verantwortl ichen gar viel vor. Oft taten sie es ge-
zwungenermassen, wenn keine anderen Organisa-
tionen oder Institutionen da waren, die diese Auf -
gaben h ä t t e n ü b e r n e h m e n k ö n n e n . Aus heutiger
Sicht ist es erstaunlich und bewundernswert , in
wie vielen Gebieten die Vorstandsmitglieder selber
aktiv tä t ig wurden und wie sie sich dabei auch ein
solides Fachwissen aneigneten.
In der Rückschau zeigt sich, dass die vom Verein
wahrgenommenen Aufgaben ü b e r w i e g e n d öffent l i -
che Aufgaben waren: In der Regel schuf der Staat
s p ä t e r entsprechende Institutionen. In manchen
Fällen wurden aber auch Aufgaben an Spezialver-
Die Festredner der Jubi-
läumsversammlung zum
100. Geburtstag des Histo-
rischen Vereins. Von links
nach rechts: Professor
Hans-Jörg Rheinberger,
Regierungschef Mario
Frick, der Vereinsvorsit-
zende Rupert Quaderer
sowie Mathias Ospelt
einigungen abgegeben - etwa an den Alpenverein,
die Gesellschaft f ü r Umweltschutz, die Botanisch-
Zoologische Gesellschaft oder auch den Trachten-
verein.
Ich m ö c h t e einige wenige Beispiel herausgrei-
fen: zuerst die Verdienste des Vereins bei der
Schaffung eines Landesmuseums. Der Verein stellte
sich von Anfang an die Aufgabe, liechtensteinische
Kul tu rgü te r zu sammeln und zu erhalten. Nicht sel-
ten wurden bis ins f r ü h e 20. Jahrhundert Kul turgü-
ter ins Aus land verscherbelt, zu einem grossen Teil
gelangten sie dort in Privatbesitz und sind f ü r das
Land unwiederbringbar verloren. Die Schaffung ei-
nes eigenen Landesmuseums war eines der Ver-
einsziele, doch war bis dorthin ein langer Weg. Als
dieses erreicht war, ü b e r g a b der Verein seine
Sammlungen und den gesamten d ie sbezüg l i chen
Aufgabenbereich an das Landesmuseum.
Das zweite besonders hervorzuhebende Beispiel
betrifft das Bibliotheks- und Verlagswesen. Zu Be-
ginn des letzten Jahrhunderts gab es noch kaum
Büche r ü b e r Liechtenstein. Mi t dem Historischen
Jahrbuch ä n d e r t e sich dies. Der Historische Verein
hat den ä l tes ten Verlag i m Land. Neben dem Jahr-
buch hat er immer wieder andere wichtige landes-
kundliche Publikationen herausgegeben. Vor der
Schaffung einer Landesbibliothek ü b e r n a h m der
Verein auch wichtige Aufgaben einer Landesbiblio-
thek, so etwa wenn er eine landeskundliche Bibl io-
thek aufbaute und Bibl iographien zu Liechtenstein
veröffent l ich te . Im Zeitalter des raschen Internet-
Zugangs zu den Bibliothekskatalogen kann diese
Leistung wohl nicht mehr g e b ü h r e n d gewürd ig t
werden. Dieser Aufgabenbereich wurde 1961 weit-
gehend von der Landesbibliothek ü b e r n o m m e n .
Das dritte und letzte Beispiel, das hier e r w ä h n t
werden soll, sind die verschiedenen wissenschaftli-
chen Projekte, die vom Verein initiiert und betreut
wurden. Ich kann sie hier nur aufzählen-. Die zahl-
reichen a r c h ä o l o g i s c h e n Projekte, das Liechtenstei-
nische Urkundenbuch, die Erfassung und Beschrei-
bung der liechtensteinischen Kunstdenkmäler - be-
kannt unter dem Namen «Poesche l» - die verschie-
denen Projekte i m Bereich der Sprachforschung -
angefangen vom Vorarlbergisch-liechtensteinischen
W ö r t e r b u c h ü b e r den Sprachatlas bis zum Flur-
und Personennamenbuch - , das Projekt ü b e r die
liechtensteinischen Auswanderer nach A m e r i k a
und schliesslich als neustes K i n d das Historische
Lexikon. A l l diese Projekte waren beziehungsweise
sind bedeutende kulturelle Leistungen, die mehr
verdienen w ü r d e n als eine be i läuf ige E r w ä h n u n g .
Sie sehen, dass eine umfassende W ü r d i g u n g der
Verdienste des Historischen Vereins nicht mögl ich
ist, ich kann wi rk l i ch nicht ins Detail gehen, auch
wenn ich fü r dieses Grusswort viel Zeit beanspru-
che. Ich m ö c h t e aber an dieser Stelle auch festhal-
ten, dass diese Leistungen von vielen Seiten immer
die g e b ü h r e n d e Anerkennung fanden, nicht nur
von Seite des Staates, auch vom durchlauchten
F ü r s t e n h a u s , von den Gemeinden und nicht zuletzt
auch von privaten Sponsoren.
In diesem Sinn m ö c h t e i ch auch meinen Schluss-
punkt setzen: Lieber Historischer Verein, von ei-
nem H u n d e r t j ä h r i g e n pflegt m a n i m besten Fa l l zu
sagen, er sei « n o c h rüs t ig» - und denkt sich dabei
oft, dass es woh l nicht mehr lange so weitergehen
kann. Di r aber m ö c h t e ich sagen: Bleib i n den
n ä c h s t e n hundert Jahren jung und initiativ, schau
v o r w ä r t s und r ü c k w ä r t s , h i l f uns bei der immer
wieder notwendigen Standortbestimmung. Der
Staat und die Gesellschaft werden es dir danken,
nicht erst i n hundert Jahren, sondern immer wie-
der.
ANSCHRIFT DES AUTORS
Dr. Mario Frick
Stadel 9
FL-9496 Balzers
10
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FRICK / OSPELT / RHEINBERGER
Der Historische Verein - bei
den Worten genommen
A m 11. Februar des Jahres 1901, also i m ü b e r t r a -
genen Sinne auf den Tag genau vor 100 Jahren,
richtete ein u m das dies- wie auch jenseitige Wohl -
ergehen einer i h m ü b e r regen Briefverkehr ans
Herz gewachsenen, heranwachsenden jungen Da-
me ä u s s e r s t besorgter, in seinem 62. Lebensjahre
stehender, vä te r l i che r Freund an die Mutter der ge-
f ä h r d e t e n Seele folgende Zeilen:
«Auch bemerkte ich mit Bedauern die so Vielen
verhängnisvoll werdende Vorliebe für das <Moder-
ne> überhaupt, in welcher Gestalt (in Kunst, Wis-
senschaft und Literatur) es sich auch zeigen mag;
dass damit der Sinn für das einfach Wahre, Schöne
und Gesunde unrettbar verloren geht, habe ich bei
Dutzenden jungen Leuten gesehen. Das that mir
leid.» Unterzeichnet
«Mit der Versicherung meiner Hochachtung, Gnä-
dige Frau! Küsse ich Ihre Hand und verbleibe Ihr
ergebenster Josef Rheinberger»
Und dem edlen, verwirr ten Töch te r le in daselbst
gab er gleichentags i n einem weiteren Brief den fol-
genden Bibelspruch mit auf ihren gefahrenvollen
Weg i n die Moderne:
« <Vater, verzeih ihnen, denn sie wissen nicht was
sie thunh Auch Du, mein theurer, theurer Freund,
weißt nicht, was Du thust!»
Zu jenem Zeitpunkt, einem Montag, bestand f ü r die
angemahnte Flenriette Hecker noch Hoffnung. Fü r
Liechtenstein aber, der Heimat des Mahnenden i m
fernen M ü n c h e n , w a r es bereits zu spä t . E inen Tag
zuvor näml i ch hatten sich drei « M o d e r n e » mit 42
Gleichgesinnten i m Kirchthaler zu Vaduz getroffen,
um moderne Sitten in modernde K a m m e r n zu
bringen, wo - Zitat - «die geschichtliche und kultu-
relle Entwicklung unseres Landes b e r ü h r e n d e Ur -
k u n d e n » - weiteres Zitat - « z u m Theile unbeachtet
und u n v e r s t a n d e n » - Zitatende - lagen.
Wenige Tage zuvor, am 8. Februar 1901, h ä t t e
Josef Gabriel Rheinberger folgende A n k ü n d i g u n g
i m «Liech tens te ine r Volksblatt» lesen k ö n n e n :
«An die Freunde der Geschichte des Fürstentums
Liechtenstein ergeht folgende Einladung: Am Sonn-
tag den 10. Februar 1901, nachmittags 3 Uhr, wird.
im Saale von Herrn Kirchthaler in Vaduz eine Ver-
sammlung stattfinden, welche den Zweck hat, ei-
nen historischen Verein für das Fürstentum Liech-
tenstein zu gründen.»
Endl ich ma l was los i m Ländle , mag sich der heutige
Leser in post-moderner Unkenntnis der Dinge sa-
gen, denn: so einfach war 's dann doch wieder nicht.
Die u m das kulturelle Erbe besorgten Herren hatten
kulturelle Konkur renz . W i l l m a n dem «Volksblatt»
glauben. Und wer tut das nicht. Schliesslich gab es
1901 nur eine Liechtensteiner Zeitung.
In jenen bedeutungsvollen Februartagen also re-
gierte und reagierte in Liechtenstein die Fasenacht.
Oder wie Herr Rheinberger gesagt hä t t e : Der Fa -
sching. Nach heutiger Zeitrechnung w ä r e sogar an
jenem d e n k w ü r d i g e n Sonntag, dem letzten Sonntag
vor dem Fasnachtssonntag, t r a d i t i o n s g e m ä s s der
Vaduzer Kinderumzug am Kirchthaler respektive
dem Vaduzerhof respektive der Braustube vorbei-
gezogen. Nur tat er's (noch) nicht.
D a f ü r tat sich anderes: In Triesen spielte an je-
nem Sonntag der Jungfrauenverein i m Saale des
Gasthofes zum Sternen das Schauspiel i n drei A k -
ten «Von Gottes G n a d e n » , gefolgt von «Leber le in» ,
einem Lustspiel i n zwei Akten . In Schaan wurden
«Die R ä u b e r auf M a r i a Kulm» durch die Kle ink in -
derbewahranstalt gegeben und neben vielen weite-
ren diversen musikal ischen Fastnachtsunterhal-
tungen gab's zu gleicher s o n n t a g n a c h m i t t ä g l i c h e r
Stund i n Azmoos «Die Jungfrau von Or leans» und
in der Tonhalle zum Schwefelbad Sargans «Der
Sohn der Wi ldn is» .
Ers taunl ich also, dass sich dennoch 45 Auf rech-
te i n der Vaduzer Nobelherberge einfanden, wie
das Protokoll , welches am 15. Februar im «Volks-
blat t» abgedruckt wurde, nicht ohne Stolz berich-
tete.
«Herr Dr. Albert Schädler begrüsste die Anwesen-
den» - Sie finden dies übrigens auch auf der Einla-
dung - «im Namen des vorbereitenden Komitees
und schilderte den idealen Zweck und die patrioti-
sche Bedeutung des neuen Vereines. Unser Land
besitze zwar schon eine grössere Zahl von Verei-
nen. Einige davon, wie der landwirtschaftliche Ver-
11
Anlässlich der Jubiläums-
versammlung stellen sich
der amtierende Vereins-
vorstand sowie der Ge-
schäftsführer dem Photo-
graphen. Von links nach
rechts sind zu sehen: die
Vorstandsmitglieder Alfred
Goop, Volker Rheinberger,
Veronika Marxer, Rupert
Quaderer (zugleich Ver-
einsvorsitzender), Marie-
Theres Frick, Norbert W.
Hasler, Helmut Konrad
sowie Geschäftsführer
Klaus Biedermann.
ein und der Viehversicherungsverein, widmen sich
hauptsächlich der Lösung praktischer Fragen und
haben auch dem Lande schon manchen Nutzen ge-
bracht. ... Der historische Verein werde ihnen aber
keinerlei Konkurrenz machen.»
Der Historische Verein werde also Vereinen, die
sich « d e r Lösung praktischer F r a g e n » widmeten
und dem Lande « N u t z e n » b r ä c h t e n , keinerlei Kon-
kurrenz machen. Ja, was wollte er dann? Wem
diente denn dann sein Dienst? War er am End gar
Tand? Teufelszeug? Hatte Rheinberger doch Recht
mit seinen Mahnungen?
«An die Freunde der Geschichte des Fürstentums
Liechtenstein ergeht folgende Einladung: Am Sonn-
tag den 10. Februar 1901, nachmittags 3 Uhr, wird
im Saale von Herrn Kirchthaler in Vaduz eine Ver-
sammlung stattfinden, welche den Zweck hat, einen
historischen Verein für das Fürstentum Liechten-
stein zu gründen.»
Wer nun glaubte, dies habe allein die Pflege der
Tradit ionen und ein tabakrauchumnebeltes Rück-
besinnen auf die guten alten Zeiten z u m Zwecke,
der irrte. Ebengenanntes Protokoll zur Kirchthaler
Versammlung bringt es an den Tag:
«Durch das Studium der Vergangenheit lernen wir
die Gegenwart begreifen und damit eröffne sich ein
Blick in die Zukunft.»
Was uns Nachgeborenen heute noch staatskirchen-
tragende Probleme bereitet, musste doch bereits
vor 100 Jahren bei den K i r c h g ä n g e r n f ü r kollektive
Kol iken sorgen: «Der Bl ick in die Z u k u n f t » : Las
m a n f r ü h e r aus dem Herzen gemeuchelter Heiden-
c ä s a r e n den Fortbestand der Welt, so sollten nun
12
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FRICK / OSPELT / RHEINBERGER
die wiederauferstandenen Auguren der Moderne
das Wichtigste, das einem Volke Bestand gab, die
Vergangenheit, auf dem Opfertisch der Hellseherei
ausbreiten und bis zur Unkenntl ichkeit sezieren.
Das war ein starkes Stück f ü r die «Res idenz mit
Herz» . Ke in Wunder, dass sich da i n der fernen
«Wel ts tadt mit Herz» etwas regte.
U n d so erregt es kaum, dass sich auch unter den
historischen V e r e i n s g r ü n d e r n kritische St immen
erhoben. Lapidar weist das «Volksblatt» i n seiner
Vere in sg ründungsk r i t i k darauf hin , dass der Ent-
wur f der Statuten - Zitat - «mi t einigen kleinen Än-
derungen a n g e n o m m e n » worden sei. «Mit einigen
kleinen Ä n d e r u n g e n » . So so. Das wol len w i r nun
aber genauer wissen!
Wie schon e r w ä h n t erschien a m 8. Februar
1901 i m «Liech tens t e ine r Volksblat t» i m «Nicht-
amtlichen Teil» unter der Rubrik «Va te r l and» eine
V o r a n k ü n d i g u n g auf die bevorstehende G r ü n d u n g
eines historischen Vereins. Als Appeti thappen f ü r
allfällige Interessierte wurde dabei ein En twur f der
Vereinsstatuten angeboten. Die revidierte, off iziel-
le, a m 22. Februar 1901 von Car l von In der Maur,
Vorstandsmitglied und Regierungsvertreter in Per-
sonalunion, hochoffiziel l bes tä t ig te , genehmigte
und in Vaduz abgestempelte Version der Statuten
jedoch wurde einer woh l durch die Fasnacht ver-
hinderten, aber gleichwohl interessierten Öffentlich-
keit vorenthalten. Zumindest in nü tz l i che r Frist .
E in Zufall? Absicht?
Die Ehrenmitglieder des
Historischen Vereins
anlässlich der Festver-
sammlung vom 17. Febru-
ar 2001. Von links nach
rechts: Gerard Batliner,
Robert Allgäuer, Adulf
Peter Goop, Rudolf Rhein-
berger, Karl Hartmann
und Engelbert Bucher. Es
fehlen Georg Malin und
Josef Wolf.
Gehen w i r h in und vergleichen w i r die beiden
Texte.
Der eine, der erste, der von ü b e r t r i e b e n e m Idea-
lismus getriebene, z w ä n g e n d e , d r ä n g e n d e , dem
Neuen, der Moderne n a c h s c h l ä n g e l n d e wie eine ob
13
des eigenen Giftes fiebrige, fo r t s ch r i t t shö r ige Nat-
ter, der andere, nach reichlicher Diskussion i m
Kreise besonnener und erfahrener M ä n n e r in ge-
hobener A t m o s p h ä r e verfasste, Nach- wie Vorwelt
dienliche, endgül t ige Statutentext.
Was fällt uns auf?
Vorerst nichts. Abfolge und Wortlaut von Para-
graph zu Paragraph, von Satz zu Satz scheinen
identisch und n ä h r e n den Verdacht einer harmo-
nisch verlaufenen Statutendiskussion. Nicht e inmal
der i m Entwurf angeregte Jahresbeitrag von vier
Kronen ös t e r r e i ch i sche r W ä h r u n g wurde von Ver-
m ö g e n s v e r w a l t e r s e i t e moniert und selbst der Vor-
schlag, jeder « u n b e s c h o l t e n e In- und A u s l ä n d e r »
k ö n n e Mitglied werden, wurde keiner zweiten Prü-
fung durch das gesunde Volksempfinden unterzo-
gen. U n d doch: es gab sie. Die Disharmonie. Der
wahre Konsens steckt oftmals i m Detail.
Lesen w i r nach i m Paragraph 2, Absatz c), in
welchem ein letzter Posten aufgelistet w i rd , den
das geplante Historische Jahrbuch enthalten sollte.
Der Entwurf sah vor:
«Eine vollständige Sammlung aller noch vorhande-
nen, unser Land und unsere Gemeinden betreffen-
den wichtigeren Urkunden von den ältesten Zeiten
an.»
Die letztlich abgesegneten Statuten schrieben vor:
«Eine thunlichst vollständige Sammlung aller noch
vorhandenen unser Land und unsere Gemeinden
betreffenden wichtigeren Urkunden von den älte-
sten Zeiten an.»
Hier also wurde Bruder Heisssporn endlich in seine
Grenzen gewiesen! Aus dem his tor iofundamen-
talistischen Hochmut, dem ikarischen Imperativ
sozusagen, eine «vol ls tändige S a m m l u n g » zu errei-
chen, w i rd nun, unter dem heilenden Einfluss real-
historischer « F r e u n d e der Gesch ich te» eine « t h u n -
l ichst», eine mögl ichs t «vol ls tändige S a m m l u n g » ,
wenn mögl ich . Hier zeigt sich nun der erfahrene
Meister i m Umgang mit dem Gedäch tn i s eines
Volkes. Und wenn es nur ein kleines ist!
Volls tändigkei t kann in einem kleinen Staat wie
dem unseren nie erreicht werden, wei l Vollständig-
keit gar nie e r w ü n s c h t w i rd . Wei l Vol ls tändigkei t zu
Transparenz f ü h r t . W i r d die Geschichte g lä se rn ,
zerbricht sie! W i r d sie einem klar, spiegelt sich in
ihr das Ich und nicht mehr das Kollektiv. Mi t allen
seinen Mythen. U n d die haben w i r doch bitter
nöt ig . Helden und Bösewich te . Sieger und Verlierer.
Weil w i r von ihnen mehr lernen als aus wissen-
schaftlichen, um eine vermeintliche Objektivi tät
b e m ü h t e n Dissertationen, Vor t r ägen und Gutach-
ten. Der Kleinstaat versagt sich jedem objektiven
Gehabe. Der Kleinstaat steht zur Subjekt ivi tä t . Sie
ist Salz und Sellerie i n seiner Suppe und rechtfer-
tigt den dem Kleinstaatler eigenen Wankelmut, sei-
ne Lust zu Denkzetteln und Leserbriefen und die
Freude am alkoholischen Rausch.
Objekt ivi tä t und Transparenz in ihrer letzten,
pervertierten Konsequenz haben « thun l ichs t» zu
unterbleiben. Das wussten die Al ten und das wis-
sen wir. U n d die, dies damals noch nicht wussten,
musstens lernen.
Aber das nur nebenbei.
Na tür l i ch verlangte eine solche einschneidende,
elementare Ä n d e r u n g i m Konzept der G r ü n d e r -
v ä t e r ein Entgegenkommen der G r ü n d e r f a m i l i e .
Eine Konzession. Und die wurde g e w ä h r t . In Para-
graph 7:
Hiess es i m Entwur f noch:
«Der Verein wählt aus seiner Mitte einen Vorstand,
bestehend aus einem Präsidenten, einem Aktuar,
einem Quästor und zwei anderen Mitgliedern»,
so durfte man nun in den offiziellen Statuten schrei-
ben:
«Der Verein wählt aus seiner Mitte einen Vorstand,
bestehend aus einem Vorsitzenden, einem Schrift-
führer, einem Kassier und zwei anderen Mitglie-
dern.»
Der « P r ä s i d e n t » wurde zum «Vors i t zenden» ge-
macht, der «Ak tua r» zum « S c h r i f t f ü h r e r » , der
«Quäs to r» zum «Kass ie r» . Die Bezeichnungen des
k l a s s i s ch -a l t e r t üml i chen Vorstandsvokabulariums
14
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FR1CK / OSPELT / RHEINBERGER
wurden also - vielleicht auf Druck der einen, viel-
leicht als Entgegenkommen der andern - zuguns-
ten eines Liechtensteinischen Ehrenamtl ichen-Hel-
vetismusses v e r ä n d e r t , wie w i r ihn s p ä t e r auch bei
Taufen und kirchlichen Predigten kennenlernen
sollten. Hier nun konnte sich moderne Gesinnung
i m vollen Bewusstsein ihrer Andersart igkeit ausle-
ben. Wenn auch nur f ü r kurze Zeit. Denn nur elf-
einhalb Jahre s p ä t e r wurden die «S ta tu t en» des
G r ü n d e r j a h r e s in h e i m a t g e s c h ü t z t e « S a t z u n g e n »
umgewandelt und behö rd l i ch genehmigt. E i n Ver-
gleich dieser beiden Textfassungen soll dann Ge-
genstand der Feierlichkeiten zur 200-Jahrfeier des
Historischen Vereins sein.
M a n mag ü b e r die G r ü n d u n g des Historischen
Vereins vor 100 Jahren denken, was man w i l l . M a n
mag ü b e r Josef Gabr ie l von Rheinberger vorschnel l
urteilen, wenn man w i l l . M a n mag dran denken,
dass wi r dieses Jahr seinen 100. Todestag bege-
hen. M a n mag der Meinung sein, seit seinem Tod
und seit der Geburt des Historischen Vereins habe
sich in 100 Jahren so vie l v e r ä n d e r t , dass heute al-
les 100 Jahre anders ist als damals. M a n mag an-
gesichts der 100 verflossenen Jahre neue Statuten
ins Auge fassen, i n der Meinung, dass 100 Jahre
nicht spurlos an einem 100- j äh r igen Verein vorbei-
gehen. M a n mag denken, 100 Jahre g e n ü g t e n , da-
mit alles anders werde.
Diesen Leuten sei ein letztes Zitat aus dem
«Liech tens te ine r Volksblatt» vom 8. Februar 1901
mit auf den gefahrvollen Weg in die Moderne gege-
ben.
Im «Amtl ichen Teil» f inden w i r dort unter «Kund-
m a c h u n g » das folgende:
«Die fürstliche Regierung findet die Einfuhr von
Rindvieh in das Fürstentum aus nachstehenden ...
Gebieten ... bis auf weiteres zu verbieten und zwar:
Aus den Regierungsbezirken Magdeburg, Merse-
burg, Erfurt und Hanover ... ».
Ich danke Ihnen wi rk l i ch f ü r Ihre geschä t z t e Auf -
merksamkeit.
ANSCHRIFT DES AUTORS
lic. phil. Mathias Ospelt
Mareestrasse 10
FL-9490 Vaduz
15
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FRICK / OSPELT / RHEINBERGER
Der Historische Verein - bei
den Worten genommen
Am 11. Februar des Jahres 1901, also im übertra-
genen Sinne auf den Tag genau vor 100 Jahren,
richtete ein um das dies- wie auch jenseitige Wohl-
ergehen einer ihm über regen Briefverkehr ans
Herz gewachsenen, heranwachsenden jungen Da-
me äusserst besorgter, in seinem 62. Lebensjahre
stehender, väterlicher Freund an die Mutter der ge-
fährdeten Seele folgende Zeilen:
«Auch bemerkte ich mit Bedauern die so Vielen
verhängnisvoll werdende Vorliebe für das <Moder-
ne> überhaupt, in welcher Gestalt (in Kunst, Wis-
senschaft und Literatur) es sich auch zeigen mag;
dass damit der Sinn für das einfach Wahre, Schöne
und Gesunde unrettbar verloren geht, habe ich bei
Dutzenden jungen Leuten gesehen. Das that mir
leid.» Unterzeichnet
«Mit der Versicherung meiner Hochachtung, Gnä-
dige Frau! Küsse ich Ihre Hand und verbleibe Ihr
ergebenster Josef Rheinberger»
Und dem edlen, verwirrten Töchterlein daselbst
gab er gleichentags in einem weiteren Brief den fol-
genden Bibelspruch mit auf ihren gefahrenvollen
Weg in die Moderne:
« <Vater, verzeih ihnen, denn sie wissen nicht was
sie thunh Auch Du, mein theurer, theurer Freund,
weißt nicht, was Du thust!»
Zu jenem Zeitpunkt, einem Montag, bestand für die
angemahnte Henriette Hecker noch Hoffnung. Für
Liechtenstein aber, der Heimat des Mahnenden im
fernen München, war es bereits zu spät. Einen Tag
zuvor nämlich hatten sich drei «Moderne» mit 42
Gleichgesinnten im Kirchthaler zu Vaduz getroffen,
um moderne Sitten in modernde Kammern zu
bringen, wo - Zitat - «die geschichtliche und kultu-
relle Entwicklung unseres Landes berührende Ur-
kunden» - weiteres Zitat - «zum Theile unbeachtet
und unverstanden» - Zitatende - lagen.
Wenige Tage zuvor, am 8. Februar 1901, hätte
Josef Gabriel Rheinberger folgende Ankündigung
im «Liechtensteiner Volksblatt» lesen können:
«An die Freunde der Geschichte des Fürstentums
Liechtenstein ergeht folgende Einladung: Am Sonn-
tag den 10. Februar 1901, nachmittags 3 Uhr, wird.
im Saale von Herrn Kirchthaler in Vaduz eine Ver-
sammlung stattfinden, welche den Zweck hat, ei-
nen historischen Verein für das Fürstentum Liech-
tenstein zu gründen.»
Endlich mal was los im Ländle, mag sich der heutige
Leser in post-moderner Unkenntnis der Dinge sa-
gen, denn: so einfach war's dann doch wieder nicht.
Die um das kulturelle Erbe besorgten Herren hatten
kulturelle Konkurrenz. Will man dem «Volksblatt»
glauben. Und wer tut das nicht. Schliesslich gab es
1901 nur eine Liechtensteiner Zeitung.
In jenen bedeutungsvollen Februartagen also re-
gierte und reagierte in Liechtenstein die Fasenacht.
Oder wie Herr Rheinberger gesagt hätte: Der Fa-
sching. Nach heutiger Zeitrechnung wäre sogar an
jenem denkwürdigen Sonntag, dem letzten Sonntag
vor dem Fasnachtssonntag, traditionsgemäss der
Vaduzer Kinderumzug am Kirchthaler respektive
dem Vaduzerhof respektive der Braustube vorbei-
gezogen. Nur tat er's (noch) nicht.
Dafür tat sich anderes: In Triesen spielte an je-
nem Sonntag der Jungfrauenverein im Saale des
Gasthofes zum Sternen das Schauspiel in drei Ak-
ten «Von Gottes Gnaden», gefolgt von «Leberlein»,
einem Lustspiel in zwei Akten. In Schaan wurden
«Die Räuber auf Maria Kulm» durch die Kleinkin-
derbewahranstalt gegeben und neben vielen weite-
ren diversen musikalischen Fastnachtsunterhal-
tungen gab's zu gleicher sonntagnachmittäglicher
Stund in Azmoos «Die Jungfrau von Orleans» und
in der Tonhalle zum Schwefelbad Sargans «Der
Sohn der Wildnis».
Erstaunlich also, dass sich dennoch 45 Aufrech-
te in der Vaduzer Nobelherberge einfanden, wie
das Protokoll, welches am 15. Februar im «Volks-
blatt» abgedruckt wurde, nicht ohne Stolz berich-
tete.
«Herr Dr. Albert Schädler begrüsste die Anwesen-
den» - Sie finden dies übrigens auch auf der Einla-
dung - «im Namen des vorbereitenden Komitees
und schilderte den idealen Zweck und die patrioti-
sche Bedeutung des neuen Vereines. Unser Land
besitze zwar schon eine grössere Zahl von Verei-
nen. Einige davon, wie der landwirtschaftliche Ver-
11
Anlässlich der Jubiläums-
versammlung stellen sich
der amtierende Vereins-
vorstand sowie der Ge-
schäftsführer dem Photo-
graphen. Von links nach
rechts sind zu sehen: die
Vorstandsmitglieder Alfred
Goop, Volker Rheinberger,
Veronika Marxer, Rupert
Quaderer (zugleich Ver-
einsvorsitzender), Marie-
Theres Frick, Norbert W.
Hasler, Helmut Konrad
sowie Geschäftsführer
Klaus Biedermann.
ein und der Viehversicherungsverein, widmen sich
hauptsächlich der Lösung praktischer Fragen und
haben auch dem Lande schon manchen Nutzen ge-
bracht. ... Der historische Verein werde ihnen aber
keinerlei Konkurrenz machen.»
Der Historische Verein werde also Vereinen, die
sich «der Lösung praktischer Fragen» widmeten
und dem Lande «Nutzen» brächten, keinerlei Kon-
kurrenz machen. Ja, was wollte er dann? Wem
diente denn dann sein Dienst? War er am End gar
Tand? Teufelszeug? Hatte Rheinberger doch Recht
mit seinen Mahnungen?
«An die Freunde der Geschichte des Fürstentums
Liechtenstein ergeht folgende Einladung: Am Sonn-
tag den 10. Februar 1901, nachmittags 3 Uhr, wird
im Saale von Herrn Kirchthaler in Vaduz eine Ver-
sammlungstattfinden, welche den Zweck hat, einen
historischen Verein für das Fürstentum Liechten-
stein zu gründen.»
Wer nun glaubte, dies habe allein die Pflege der
Traditionen und ein tabakrauchumnebeltes Rück-
besinnen auf die guten alten Zeiten zum Zwecke,
der irrte. Ebengenanntes Protokoll zur Kirchthaler
Versammlung bringt es an den Tag:
«Durch das Studium der Vergangenheit lernen wir
die Gegenwart begreifen und damit eröffne sich ein
Blick in die Zukunft.»
Was uns Nachgeborenen heute noch staatskirchen-
tragende Probleme bereitet, musste doch bereits
vor 100 Jahren bei den Kirchgängern für kollektive
Koliken sorgen: «Der Blick in die Zukunft»: Las
man früher aus dem Herzen gemeuchelter Heiden-
cäsaren den Fortbestand der Welt, so sollten nun
12
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FRICK / OSPELT / RHEINBERGER
die wiederauferstandenen Auguren der Moderne
das Wichtigste, das einem Volke Bestand gab, die
Vergangenheit, auf dem Opfertisch der Hellseherei
ausbreiten und bis zur Unkenntlichkeit sezieren.
Das war ein starkes Stück für die «Residenz mit
Herz». Kein Wunder, dass sich da in der fernen
«Weltstadt mit Herz» etwas regte.
Und so erregt es kaum, dass sich auch unter den
historischen Vereinsgründern kritische Stimmen
erhoben. Lapidar weist das «Volksblatt» in seiner
Vereinsgründungskritik darauf hin, dass der Ent-
wurf der Statuten - Zitat - «mit einigen kleinen Än-
derungen angenommen» worden sei. «Mit einigen
kleinen Änderungen». So so. Das wollen wir nun
aber genauer wissen!
Wie schon erwähnt erschien am 8. Februar
1901 im «Liechtensteiner Volksblatt» im «Nicht-
amtlichen Teil» unter der Rubrik «Vaterland» eine
Vorankündigung auf die bevorstehende Gründung
eines historischen Vereins. Als Appetithappen für
allfällige Interessierte wurde dabei ein Entwurf der
Vereinsstatuten angeboten. Die revidierte, offiziel-
le, am 22. Februar 1901 von Carl von In der Maur,
Vorstandsmitglied und Regierungsvertreter in Per-
sonalunion, hochoffiziell bestätigte, genehmigte
und in Vaduz abgestempelte Version der Statuten
jedoch wurde einer wohl durch die Fasnacht ver-
hinderten, aber gleichwohl interessierten Öffentlich-
keit vorenthalten. Zumindest in nützlicher Frist.
Ein Zufall? Absicht?
Die Ehrenmitglieder des
Historischen Vereins
anlässlich der Festver-
sammlung vom 17. Febru-
ar 2001. Von links nach
rechts: Gerard Batliner,
Robert Allgäuer, Adulf
Peter Goop, Rudolf Rhein-
berger, Karl Hartmann
und Engelbert Bucher. Es
fehlen Georg Malin und
Josef Wolf.
Gehen wir hin und vergleichen wir die beiden
Texte.
Der eine, der erste, der von übertriebenem Idea-
lismus getriebene, zwängende, drängende, dem
Neuen, der Moderne nachschlängelnde wie eine ob
13
des eigenen Giftes fiebrige, fortschrittshörige Nat-
ter, der andere, nach reichlicher Diskussion im
Kreise besonnener und erfahrener Männer in ge-
hobener Atmosphäre verfasste, Nach- wie Vorwelt
dienliche, endgültige Statutentext.
Was fällt uns auf?
Vorerst nichts. Abfolge und Wortlaut von Para-
graph zu Paragraph, von Satz zu Satz scheinen
identisch und nähren den Verdacht einer harmo-
nisch verlaufenen Statutendiskussion. Nicht einmal
der im Entwurf angeregte Jahresbeitrag von vier
Kronen österreichischer Währung wurde von Ver-
mögensverwalterseite moniert und selbst der Vor-
schlag, jeder «unbescholtene In- und Ausländer»
könne Mitglied werden, wurde keiner zweiten Prü-
fung durch das gesunde Volksempfinden unterzo-
gen. Und doch: es gab sie. Die Disharmonie. Der
wahre Konsens steckt oftmals im Detail.
Lesen wir nach im Paragraph 2, Absatz c), in
welchem ein letzter Posten aufgelistet wird, den
das geplante Historische Jahrbuch enthalten sollte.
Der Entwurf sah vor:
«Eine vollständige Sammlung aller noch vorhande-
nen, unser Land und unsere Gemeinden betreffen-
den wichtigeren Urkunden von den ältesten Zeiten
an.»
Die letztlich abgesegneten Statuten schrieben vor:
«Eine thunlichst vollständige Sammlung aller noch
vorhandenen unser Land und unsere Gemeinden
betreffenden wichtigeren Urkunden von den älte-
sten Zeiten an.»
Hier also wurde Bruder Heisssporn endlich in seine
Grenzen gewiesen! Aus dem historiofundamen-
talistischen Hochmut, dem ikarischen Imperativ
sozusagen, eine «vollständige Sammlung» zu errei-
chen, wird nun, unter dem heilenden Einfluss real-
historischer «Freunde der Geschichte» eine «thun-
lichst», eine möglichst «vollständige Sammlung»,
wenn möglich. Hier zeigt sich nun der erfahrene
Meister im Umgang mit dem Gedächtnis eines
Volkes. Und wenn es nur ein kleines ist!
Vollständigkeit kann in einem kleinen Staat wie
dem unseren nie erreicht werden, weil Vollständig-
keit gar nie erwünscht wird. Weil Vollständigkeit zu
Transparenz führt. Wird die Geschichte gläsern,
zerbricht sie! Wird sie einem klar, spiegelt sich in
ihr das Ich und nicht mehr das Kollektiv. Mit allen
seinen Mythen. Und die haben wir doch bitter
nötig. Helden und Bösewichte. Sieger und Verlierer.
Weil wir von ihnen mehr lernen als aus wissen-
schaftlichen, um eine vermeintliche Objektivität
bemühten Dissertationen, Vorträgen und Gutach-
ten. Der Kleinstaat versagt sich jedem objektiven
Gehabe. Der Kleinstaat steht zur Subjektivität. Sie
ist Salz und Sellerie in seiner Suppe und rechtfer-
tigt den dem Kleinstaatler eigenen Wankelmut, sei-
ne Lust zu Denkzetteln und Leserbriefen und die
Freude am alkoholischen Rausch.
Objektivität und Transparenz in ihrer letzten,
pervertierten Konsequenz haben «thunlichst» zu
unterbleiben. Das wussten die Alten und das wis-
sen wir. Und die, dies damals noch nicht wussten,
musstens lernen.
Aber das nur nebenbei.
Natürlich verlangte eine solche einschneidende,
elementare Änderung im Konzept der Gründer-
väter ein Entgegenkommen der Gründerfamilie.
Eine Konzession. Und die wurde gewährt. In Para-
graph 7:
Hiess es im Entwurf noch:
«Der Verein wählt aus seiner Mitte einen Vorstand,
bestehend aus einem Präsidenten, einem Aktuar,
einem Quästor und zwei anderen Mitgliedern»,
so durfte man nun in den offiziellen Statuten schrei-
ben:
«Der Verein wählt aus seiner Mitte einen Vorstand,
bestehend aus einem Vorsitzenden, einem Schrift-
führer, einem Kassier und zwei anderen Mitglie-
dern.»
Der «Präsident» wurde zum «Vorsitzenden» ge-
macht, der «Aktuar» zum «Schriftführer», der
«Quästor» zum «Kassier». Die Bezeichnungen des
klassisch-altertümlichen Vorstandsvokabulariums
14
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FR1CK / OSPELT / RHEINBERGER
wurden also - vielleicht auf Druck der einen, viel-
leicht als Entgegenkommen der andern - zuguns-
ten eines Liechtensteinischen Ehrenamtlichen-Hel-
vetismusses verändert, wie wir ihn später auch bei
Taufen und kirchlichen Predigten kennenlernen
sollten. Hier nun konnte sich moderne Gesinnung
im vollen Bewusstsein ihrer Andersartigkeit ausle-
ben. Wenn auch nur für kurze Zeit. Denn nur elf-
einhalb Jahre später wurden die «Statuten» des
Gründerjahres in heimatgeschützte «Satzungen»
umgewandelt und behördlich genehmigt. Ein Ver-
gleich dieser beiden Textfassungen soll dann Ge-
genstand der Feierlichkeiten zur 200-Jahrfeier des
Historischen Vereins sein.
Man mag über die Gründung des Historischen
Vereins vor 100 Jahren denken, was man will. Man
mag über Josef Gabriel von Rheinberger vorschnell
urteilen, wenn man will. Man mag dran denken,
dass wir dieses Jahr seinen 100. Todestag bege-
hen. Man mag der Meinung sein, seit seinem Tod
und seit der Geburt des Historischen Vereins habe
sich in 100 Jahren so viel verändert, dass heute al-
les 100 Jahre anders ist als damals. Man mag an-
gesichts der 100 verflossenen Jahre neue Statuten
ins Auge fassen, in der Meinung, dass 100 Jahre
nicht spurlos an einem 100-jährigen Verein vorbei-
gehen. Man mag denken, 100 Jahre genügten, da-
mit alles anders werde.
Diesen Leuten sei ein letztes Zitat aus dem
«Liechtensteiner Volksblatt» vom 8. Februar 1901
mit auf den gefahrvollen Weg in die Moderne gege-
ben.
Im «Amtlichen Teil» finden wir dort unter «Kund-
machung» das folgende:
«Die fürstliche Regierung findet die Einfuhr von
Rindvieh in das Fürstentum aus nachstehenden ...
Gebieten ... bis auf weiteres zu verbieten und zwar:
Aus den Regierungsbezirken Magdeburg, Merse-
burg, Erfurt und Hanover ... ».
Ich danke Ihnen wirklich für Ihre geschätzte Auf-
merksamkeit.
ANSCHRIFT DES AUTORS
lic. phil. Mathias Ospelt
Mareestrasse 10
FL-9490 Vaduz
15
Der Kulturgeschichte des
Fürstentums Liechtenstein ein
eigenes Rückgrat eingezogen
Verehrte Anwesende,
Als mich der Vereinsvorsitzende Rupert Quaderer
fragte, ob ich bereit sei, diesen Festvortrag zu hal-
ten, fügte er sogleich hinzu, es dürfe auch Kritisches
gesagt werden, man wolle nicht nur eine Festrede.
Ich will versuchen, sowohl dem festlichen Anlass ge-
recht zu werden, den eine Hundertjahrfeier nun ein-
mal darstellt, als auch die Tür zum noch Ungedach-
ten, vielleicht Ungemachten auch, offenzuhalten. Im
zweiten Stück seiner «Unzeitgemässen Betrachtun-
gen», «Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für
das Leben» übt Friedrich Nietzsche heftige Kritik
am Historismus seiner Zeit, dem späten 19. Jahr-
hundert.1 Er unterscheidet in dieser Schrift drei Ar-
ten, sich mit der Geschichte zu beschäftigen: die
«monumentalische», die «antiquarische» und die
«kritische» Art.
Die monumentalische Geschichte befasst sich
mit dem Klassischen, dem Seltenen und dem Gros-
sen in der Vergangenheit, in dessen Fusstapfen sie
sich stellt und auf dessen Nachahmung oder Über-
bietung sie dringt. Die antiquarische Geschichte
konserviert, muss aber ständig daran gehindert
werden, von der Bewahrung in die Mumisierung
umzukippen. Beide Formen sind schliesslich durch
die Fähigkeit zur kritischen Geschichte zu ergän-
zen. Der Mensch, so Nietzsche, «muss die Kraft ha-
ben und von Zeit zu Zeit anwenden, eine Vergan-
genheit zu zerbrechen und aufzulösen, um leben zu
können». «Dies sind die Dienste», fährt er fort,
«welche die Historie dem Leben zu leisten vermag;
jeder Mensch und jedes Volk braucht je nach sei-
nen Zielen, Kräften und Nöthen eine gewisse
Kenntniss der Vergangenheit, bald als monumenta-
lische, bald als antiquarische, bald als kritische Hi-
storie. » 2
Die monumentalische Form der Geschichte soll
hier ausgespart bleiben. Der Historische Verein hat
ihr, vielleicht mit der Ausnahme einiger Publikatio-
nen über das Fürstenhaus, eigentlich kaum gehul-
digt, weil das kleine Liechtenstein dazu auch keine
grossen Anlässe bot. Die beiden anderen Formen
hingegen eignen sich ausgezeichnet, um die Aufga-
ben zu beschreiben, die der Historische Verein sich
bei seiner Gründung gestellt, sowie auch die Mittel
und Wege, auf denen er sich ihrer angenommen
hat. Im Vorwort zu seiner Geschichte Liechten-
steins von 1847 schrieb Peter Kaiser über seine
Landsleute den vielzitierten Satz: «Sie möchten
wissen, woher sie stammen, wie es ihren Vorfah-
ren ergangen und wie sie in den Stand gekommen,
in dem sie sich dermal befänden.» 3 Es sollte noch
ein weiteres halbes Jahrhundert dauern, bis zu
diesem Behuf in Liechtenstein ein Verein ins Leben
gerufen wurde. Albert Schädler, der erste Vereins-
vorsitzende, sah den Verein im Dienste des «rein
idealen Zweckes der Durchforschung der Geschich-
te unserer kleinen Heimat», wie er in seiner Fami-
lienchronik feststellt.4 Aber was bei Peter Kaiser als
ein Orientierungsbedürfnis selbstbestimmter Men-
schen erscheint - zu wissen, woher man stammt - ,
hat sich bei den Vereinsgründern zu Beginn des 20.
Jahrhunderts in eine anthropologische Naturkon-
stante verwandelt. Jedenfalls liest man bei Kanoni-
kus Johann Baptist Büchel, Landesverweser Karl
von In der Maur und Landtagspräsident Dr. Albert
Schädler in ihrer Einladung zur Gründungsver-
sammlung des Historischen Vereins am 10. Febru-
ar 1901 im Gasthaus Kirchthaler in Vaduz: «Wie je-
der richtig denkende und fühlende Mensch für Vor-
kommnisse und Schicksale seiner Familie Interesse
zeigt, so hat er auch einen Zug zu seinem Volke und
zu seinem Lande, und hierin ist sein Bestreben be-
gründet, die alten Zustände seines Volkes und die
Taten und Geschichte seiner Vorfahren kennen zu
lernen». 5 Ob es mit In der Maur, Büchel und Schäd-
ler der Zug zur Familie und zum Volke ist, der un-
ser Interesse an Geschichte wecken sollte, oder mit
Peter Kaiser zu wissen, woher man stammt, um zu
verstehen, woran man sich befindet, das gehört
dann auch zum Unterschied, den Nietzsche zwi-
schen der antiquarischen und der kritischen Ge-
schichte gemacht hat.
Die Beschäftigung mit den Quellen und ihre
eventuelle Sicherung ist unabdingbarer Bestandteil
jeder Geschichtsschreibung, aber letztlich doch nur
die Voraussetzung für ein im Prinzip unabschliess-
bares Rechenschaftsiegen und Neuausrichten des
Blicks. Der 1901 in Anwesenheit von 45 «Ge-
schichtsfreunden», wie Vereinskassier Oberlehrer
16
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FRICK / OSPELT / RHEINBERGER
Alfons Feger sie 25 Jahre später bezeichnete/1 ge-
gründete Historische Verein hat diese Aufgabe von
Anfang an als eine seiner Hauptaufgaben gesehen,
dies vor allem im Zusammenhang mit der Publika-
tion des Jahrbuches, das als eine stolze und lücken-
lose Reihe von einhundert Bänden heute vor uns
steht und damit selbst eine historische Leistung
ersten Ranges darstellt. Schon früh empfand man
das Bedürfnis, der Publikation von Quellen und Re-
gesten eine systematische Form zu geben. Sowohl
Schädler als auch Büchel, Vereinspräsident nach
Schädlers Tod von 1922 bis 1927, betrieben diese
Arbeit intensiv. Ein erster Versuch einer regionalen
Zusammenarbeit wurde mit der 1915 ins Leben ge-
rufenen «Historischen Kommission für Vorarlberg
und Liechtenstein» gemacht, die mit für die dama-
lige Zeit vergleichsweise grossem finanziellem Auf-
wand installiert wurde und «der die Aufgabe zuge-
dacht war, durch gemeinsame Arbeit das älteste
Urkundenmaterial beider Länder festzustellen, zu
verarbeiten und in <Quellen zur Geschichte Vorarl-
bergs und Liechtensteins) zu veröffentlichen». 7 Da-
von erschienen zwischen 1920 und 1925 drei Lie-
ferungen, reichend bis zum Jahre 1260, dann ver-
siegten die Quellen. Das Unternehmen verlief im
Sand. Ein neuer Anlauf wurde mit dem Liechten-
steiner Urkundenbuch gemacht, das in den 1930er
Jahren unter dem Vorsitzenden Fürstlicher Rat Jo-
seph Ospelt auf den Weg gebracht wurde. 1948
war der erste Band mit Akten aus dem bischöfli-
chen Archiv zu Chur, und zwar dessen erster Teil,
«Von den Anfängen bis zum Tod Bischof Hart-
manns von Werdenberg-Sargans-Vaduz 1416» fer-
tig. In dem langen halben Jahrhundert seither sind
in zahlreichen Lieferungen insgesamt sechs Bände
dieses ersten Teils mit Urkunden aus St. Gallen,
Vorarlberg, Liechtenstein, Deutschland und der
Schweiz erschienen. Das Vorhaben hat sich damit
als ein veritables Jahrhundertunternehmen her-
ausgestellt, und wenn die Recherchen mit der glei-
chen Geschwindigkeit weitergehen, dann ist noch
für weitere Arbeit auf mehrere zusätzliche Jahr-
hunderte hinaus gesorgt!
Der bereits zitierte Peter Kaiser war mehrmals
Gegenstand geschichtsschreibender Beschäftigung
im Historischen Verein, und die Auseinanderset-
zung mit Kaiser steht für den Wandel historischer
Perspektiven. Rechtzeitig vor dem 25-jährigen Ver-
einsjubiläum, 1925, erschien eine von Johann Bap-
tist Büchel herausgegebene Überarbeitung und Er-
weiterung von Kaisers Hauptwerk «Geschichte des
Fürstenthums Liechtenstein nebst Schilderungen
aus Churrätiens Vorzeit». Man verrät kein Geheim-
nis, wenn man diese Ausgabe vorsichtig als nicht
gerade eine historisch-kritische bezeichnet. Sie
hatte aber das unschätzbare Verdienst, Peter Kai-
ser wieder ins Gedächtnis des Landes zu rufen. Wir
sollten nicht vergessen, dass Kaiser ja keineswegs
immer als unumstrittene Figur galt, abgelehnt
nicht nur von Landesverweser Karl von In der
Maur, einem der Mitbegründer des Vereins und
Vorstandsmitglied der ersten Stunde. In diesem Zu-
sammenhang ist vielleicht auch ein anderes kleines
Detail von Interesse. Beim Studium der Vorstands-
protokolle bin ich auf ein Schreiben von Rat Ospelt,
Vereinsvorsitzender von 1928 bis 1955, an Regie-
rungschef Josef Hoop aus dem Jahre 1937 gestos-
sen. Die Regierung hatte den Historischen Verein
um einen Textvorschlag für eine Gedenktafel am
Geburtshaus Peter Kaisers in Mauren gebeten. Os-
pelt machte, nach «wiederholter Überlegung», wie
es in dem Brief heisst, folgenden Vorschlag: «In
diesem Hause wurde am / 1. Oktober 1793 geboren
/ Peter Kaiser / Rektor der Kantonsschule in Chur, /
der verdienstvolle Geschichtsschreiber / des Fürs-
1) Friedrich Nietzsche: Kritische Gesamtausgabe, Band III, 1,
Zweites Stück der «Unzei tgemäßen Betrachtungen». Berlin, 1972.
S. 239-330.
2) Ebenda, S. 265 und 267.
3) Peter Kaiser: Geschichte des Fürs t en thums Liechtenstein (1847).
Neu herausgegeben von Arthur Brunhart. Vaduz 1989. S. 3.
4) Albert Schädler: Familienchronik, Abschrift, S. 31. Original im
Liechtensteinischen Landesarchiv in Vaduz.
5) LVolksblatt, 8. Februar 1901.
6) Alfons Feger: Die ersten 25 Jahre unseres Historischen Vereins.
In: J B L 25 (1925), S. 1-8. hier S. 1.
7) Joseph Ospelt: 50 Jahre Historischer Verein für das Fürs ten tum
Liechtenstein. In: JBL 50 (1950), S. 7-39, hier S. 34.
17
tentums Liechtenstein und / Churrätiens.» Dann
fügte er folgenden Nachsatz hinzu: «Von der Er-
wähnung seiner Tätigkeit als Mitglied des Deut-
schen Parlaments bin ich wieder abgekommen aus
der Überlegung, dass diese Tätigkeit doch eine sehr
kurze war und nach der ganzen damaligen politi-
schen Lage keine besonderen Erfolge bringen
konnte und auch nicht gebracht hat .» s Offensicht-
lich wurde dann erst einmal gar keine Tafel ange-
bracht, denn 1943, im Vorfeld der Peter Kaiser-Ge-
denkfeier, heisst es im Vorstandsprotokoll nun mit
umgekehrten Rollen: «Am 1. Oktober sind es 150
Jahre, seit der Geschichtsschreiber und Patriot Pe-
ter Kaiser in Mauren geboren wurde. Der Verein
wird bei diesem Anlasse eine Gedenkfeier durch-
führen. Bei der fürstlichen Regierung soll angeregt
werden, dass an Kaisers Geburtshaus in Mauren
bei diesem Anlasse eine Gedenktafel angebracht
werde.» 9 Als das Wohnhaus nach dem Krieg ab-
brannte, wurde dann in der Tat eine Tafel gebor-
gen, deren Wortlaut aber nicht mehr festzustellen
war. 1 0 Sie wurde 1949 in die Sammlung des Ver-
eins übernommen und in den «Engländerbau» ver-
bracht." Wo sie wohl heute ist und was drauf
stand? Die lapidare Einschätzung Rat Ospelts hat
sich seither in historischen und politischen Kreisen
Liechtensteins gewiss geändert. Es sollte aber ein
weiteres halbes Jahrhundert vergehen, bis 1989
mit Arthur Brunharts zweibändiger kritischer Aus-
gabe des wichtigsten Liechtenstein-Buches aus
dem 19. Jahrhundert der Boden für die weitere Be-
schäftigung mit Kaiser gesichert war.
Wenn man von Quellen spricht, darf man die
materiellen Zeugen der Ur- und Frühgeschichte
nicht vergessen. Es ist aus heutiger Sicht bemer-
kenswert, dass die Statuten von 1901 die Ur- und
Frühgeschichte als Aufgabe des Historischen Verei-
nes gar nicht erwähnen, zumindest nicht explizit.
Erst 1909 fiel im Verein die Anregung für eine se-
parate «Sammlung Liechtensteinischer Altertü-
mer» im Anschluss an einen Vortrag von Albert
Schädler über die Urgeschichte des Landes, und
das Vorstandsmitglied Egon Rheinberger wurde zu
deren erstem «Konservator» bestellt. In der pro-
grammatischen Statutenänderung von 1912 er-
scheint dann als dritte Massnahme zur Erreichung
des Vereinszweckes die Pflege und Erweiterung ei-
ner Altertümer-Sammlung, und als Aufgabe für das
Jahrbuch, «Berichte über archäologische Funde
und Erwerbungen» zu veröffentlichen. 1 2 Bei den
ersten grösseren archäologischen Unternehmun-
gen in Schaanwald (römische Badeanlage), auf
Gutenberg, auf dem Borscht und am Lutzengüetle
am Eschnerberg in den späten 1920er und frühen
1930er Jahren stand der Vorarlberger Landesmu-
seumsdirektor Adolf Hild dem Vereinskonservator
zur Seite. Deren Nachfolge trat der 1930 zusam-
men mit Kanonikus Anton Frommelt in den erwei-
terten Vorstand aufgenommene David Beck an, der
von den späten 1930er Jahren bis zu seinem Tode
1966 die Archäologie in Liechtenstein leitete und
von 1955 bis 1966 Präsident des Historischen Ver-
eins war. Beck eignete sich durch den Besuch zahl-
reicher Kurse im Ausland, vor allem bei der
Schweizerischen Gesellschaft für Ur- und Frühge-
schichte, ein profundes praktisches wie auch theo-
retisches Wissen an und führte die liechtensteini-
sche Archäologie durch professionelle Arbeit auf
den damals neuesten Stand der urgeschichtlichen
Forschung. Die liechtensteinische Archäologie der
Jahre 1930 bis 1960 erwarb sich internationale
Aufmerksamkeit, die Verleihung der Ehrendoktor-
würde durch die Universität Basel an David Beck
zu Anfang der 1960er Jahre war Ausdruck dieser
gewachsenen Wertschätzung. Mit dieser Tätigkeit
machte sich der Historische Verein weit über die
Landesgrenzen hinaus einen Namen und vernetzte
sich erfolgreich mit den ur- und frühgeschichtli-
chen Instituten der umliegenden Universitäten.
In diesem Zusammenhang muss auch das Lan-
desmuseum genannt werden, dessen Kernbestand
zweifellos die archäologischen Sammlungen dar-
stellen. Norbert Hasler beschreibt den Werdegang
des Museums an anderer Stelle in diesem Jahr-
buch. Es hat eine nicht endenwollende Odyssee
durch das ganze Säkulum hinter sich. Die ersten
Stücke aus der Sammlung von Landesverweser
Friedrich Stellwag von Carion wurden zunächst auf
Schloss Vaduz aufbewahrt. Als dieses vor dem Ers-
ten Weltkrieg renoviert wurde, kamen die Bestände
18
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FRICK / OSPELT / RHEINBERGER
ins neu errichtete Regierungsgebäude. Später über-
siedelten sie wieder auf das Schloss, von wo sie,
nachdem Fürst Franz Josef II. Ende der 1930er
Jahre dort Wohnsitz genommen hatte, abermals
weichen mussten und ins Vaduzer Rathaus ver-
bracht wurden.
Zwei Episoden aus dieser Zeit mögen hier kurz
erwähnt werden. Am 7. Mai 1935 fand die Verstei-
gerung des Schwarzenbachschen Römerhelmes
aus Schaan in Zürich statt. Im Vorstand entbrannte
eine lange Diskussion über seine Erwerbung, oder
vielmehr über die Aufbringung der Geldmittel. Am
Ende beschloss man, Anton Frommelt und Rat Os-
pelt sollten zur Versteigerung nach Zürich gehen
und für den Verein bis auf 5000 Franken steigern.
Das war für den Verein eine ausserordentliche
Summe, bekam er doch damals von der Regierung
jährlich ganze 500 Franken Unterstützung. Es half
aber alles nichts, die Abgesandten des Vereins
mussten zusehen, wie der Helm für 6 700 Franken
«wahrscheinlich an einen Amerikaner!» ging, wie
es im Vorstandsprotokoll der folgenden Sitzung mit
Ausrufezeichen heisst.1 3 Es fehlten also 1 700 Fran-
ken zum Wiedererwerb eines der wichtigsten
Stücke aus der Landesgeschichte. 1942 gab man
dann immerhin 125 Franken, das waren mehr als
zehn Prozent des damaligen Landeszuschusses von
nunmehr 1000 Franken, für den «Erwerb eines In-
dianerskalps» aus, 1 4 obwohl er ersichtlich keinen
«Liechtenstein-Bezug» aufwies, worauf man sonst
in der Regel peinlich genau achtete: «Nur anschaf-
fen, was Bezug auf Liechtenstein hat», hiess es
über den Schriftenankauf schon im Jahre 1923. 1 5
Wo der Skalp geblieben ist, möchte man doch ger-
ne wissen. Vielleicht kann uns Norbert Hasler Aus-
kunft geben.
Es dauerte bis zum Jahre 1954, bis das Museum
eine, wie man damals annahm, dauernde Bleibe in
einem Stockwerk des neu errichteten Gebäudes der
Landesbank erhielt. Dort baute Beck ein kleines,
aber mustergültiges Museum auf. Gut zehn Jahre
später benötigte die Landesbank die vermieteten
Räume selbst, und das Museum wurde wieder zum
Umzug gezwungen. Nach einer Zwischenlagerung
fanden die Bestände 1972 im alten Batlinerhaus an
der Landstrasse 1 6 ein neues Heim. Das neue Muse-
um bekam die Form einer öffentlich-rechtlichen
Stiftung, und Felix Marxer, Präsident des Histori-
schen Vereins nach David Beck von 1966 bis 1986,
wurde der erste hauptamtliche Museumsleiter. An-
fang der 1990er Jahre musste das Haus wegen Be-
schädigung durch Erdbewegungen im Zusammen-
hang mit der Erweiterung der Landesbank erneut
geschlossen werden. Seitdem fristet es sein Dasein
hauptsächlich im Magazin, als virtuelles Museum
sozusagen. Erst jetzt, spät genug, ist der Um- und
Ausbau des beschädigten Gebäudes mit Umgebung
in Angriff genommen worden.
Das Museum ist der Ort, an dem ich von der an-
tiquarischen zur kritischen Betreibung von Ge-
schichte überleiten möchte. Denn neben seiner
Aufgabe als Sammlungsstätte fällt dem Museum
wesentlich die kulturelle Daueraufgabe der Ver-
mittlung von Vergangenheit und Gegenwart zu. Es
hat also stets neue gegenwartsbezogene und aktua-
lisierende Kontexte herzustellen. Das geschah, so
lange es möglich war, hauptsächlich noch unter
Felix Marxer mit vielen Sonderausstellungen in den
beiden Jahrzehnten zwischen 1970 und 1990. Das
Landesmuseum zeigt aber auch, wie eine Aufgabe,
die vom Begründer der bescheidenen kleinen An-
8) Joseph Ospelt an Regierungschef Hoop vom 22. Juli 1937, Vor-
standsprotokolle des Historischen Vereins für das Fürs ten tum
Liechtenstein.
9) Historischer Verein, Protokollbuch 2, 1937-1946, CLV. Sitzung
vom 16. Juli 1943.
10) Historischer Verein. Protokoll der Vorstandssitzung vom 8.
September 1948.
11) Historischer Verein, Protokoll der Vorstandssitzung vom 12.
Februar 1949.
12) Vereinschronik. In: JBL 12 (1912), S. 145.
13) Historischer Verein, Protokollbuch 1, XCIII. Sitzung vom 1. Mai
1935 und XCIV. Sitzung vom 14. Juni 1935.
14) Historischer Verein, Protokollbuch 2, CXLIV. Sitzung vom
9. Februar. 1942.
15) Historischer Verein, Protokollbuch 1, I. Sitzung vom 21. März
1923.
16) Auch bekannt als «herrschaf t l iche Taverne zum Adler», im
heutigen Vaduzer Städtli gelegen.
19
Weitere Bildimpressionen
von der Festversammlung
zum 100-Jahr-Jubiläum
des Historischen Vereins
am 17. Februar 2001 im
Rathausaal in Vaduz
Links: Vorstandsmitglied
Volker Rheinberger, Fest-
redner Hans-Jörg Rhein-
berger und der Vereins-
vorsitzende Rupert Quade-
rer
Mitte: Volker Rheinberger
unterhält sich mit Regie-
rungschef Mario Frick
Rechts: Rita Kieber-Beck
im Gespräch mit Gert
Risch
fangssammlung, Friedrich Stellwag von Carion,
durchaus als Landesaufgabe definiert wurde,
zunächst in den treuen Händen des Historischen
Vereins zu einem gewichtigen kulturellen Faktor
heranwuchs, bis es zu einer jener Institutionen
wurde, deren sich der Staat heute als Kulturträger
rühmt.
Eine weitere dieser Institutionen, die sich in der
kleinen kulturellen Explosionszeit der 1960er Jah-
re aus dem Schwerefeld des Historischen Vereins
heraus bewegt und eine eigenständige Funktion
bekommen hat, ist das Landesarchiv, zuerst von
Robert Allgäuer betreut, danach von Alois Ospelt,
dem Nachfolger Felix Marxers im Vereinsvorsitz,
und von Paul Vogt. Das Archiv sammelt, tritt aber
nicht wie andernorts mit eigenen Schriften auf. Die
Publikationstätigkeit läuft weiterhin vorwiegend
über den Historischen Verein. Das Archiv kam
spät, wenn man es mit den umliegenden Regionen
der Schweiz und Österreichs vergleicht, was mit
der besonderen politischen Geschichte des Landes
zusammenhängt, dessen Geschicke eben nicht nur
in Vaduz entschieden wurden. Aber es ist heute aus
dem kulturellen Leben des Landes so wenig mehr
wegzudenken wie das Museum. Es ist schliesslich
zu dem Ort geworden, an dem die von den Vereins-
statuten geforderte «tunlichst vollständige Samm-
lung aller noch vorhandenen, das Land und die Ge-
meinden betreffenden wichtigeren Urkunden von
den ältesten Zeiten an» materiell verwahrt wer-
den, 1 7 soweit sie nicht in anderen Regional- und
Gemeindearchiven aufbewahrt sind. Vor allem die
heutzutage immer wichtiger werdende zeitge-
schichtliche Forschung wäre ohne das Landesar-
chiv undenkbar.
Die Funktion, Anstösse für Entwicklungen zu ge-
ben, die dann im politischen und kulturellen Be-
reich aufgegriffen und fortgeführt wurden, hat der
Historische Verein noch in einigen anderen Berei-
20
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FRICK / OSPELT / RHEINBERGER
chen mit grösserem oder geringerem Erfolg aus-
geübt. Auch wenn wir an diesem Tag die Geschich-
te hauptsächlich unter der Perspektive des Vereins
betrachten, soll doch gesagt sein, dass bei vielen
Aktivitäten überall auch andere private und gesell-
schaftliche Kräfte mitwirkten. Zu erwähnen ist der
Denkmalschutz, Bestandteil des bereits bei der Sat-
zungsrevision im Jahre 1912 in die Vereinsstatuten
aufgenommenen sogenannten «Heimatschutzes».
Der Denkmalschutz fand 1944 durch ein vom Hi-
storischen Verein vorbereitetes Gesetz seine recht-
liche Form. Bereits ein Jahr später, 1945, unmittel-
bar nach dem Ende des Krieges, konnte Dr. Erwin
Poeschel für eine umfassende Inventarisierung der
kunsthistorisch bedeutsamen Kulturgüter Liech-
tensteins gewonnen werden, wofür sich im Ver-
einsvorstand vor allem Alt-Landtagspräsident An-
ton Frommelt und der neue Regierungschef Ale-
xander Frick einsetzten, welch letzterer 1945 auch
in den Vorstand des Historischen Vereins gewählt
wurde. Fünf Jahre später, also 1950, rechtzeitig
zum fünfzigsten Jubiläum des Historischen Ver-
eins, lag in der Reihe «Kunstdenkmäler der
Schweiz» der von Poeschel bearbeitete Sonder-
band über die «Kunstdenkmäler des Fürstentums
Liechtenstein» vor. Das Kunstdenkmäler-Buch
zeigt, wie ich meine, im Gegensatz zum Urkunden-
buch, dass auch gross angelegte Arbeiten zügig
durchgeführt und in angemessener Zeit abge-
schlossen werden können. Der «Poeschel», wie er
im Volksmund heisst, wurde zu einem Standard-
werk für kunsthistorisch an Liechtenstein Interes-
sierte über viele Jahrzehnte hinweg. Er erfährt nun
als Projekt, das beim Historischen Verein angesie-
delt ist, eine Neubearbeitung.
Dass Kunst auch eine Gegenwart hat, deren Pfle-
ge und Sammlung von heute zur Kunstgeschichte
von morgen wird, daran erinnert uns das neue
Kunstmuseum im Zentrum von Vaduz auf eindrück-
liche Weise. Vielleicht sollte bei dieser Gelegenheit
aber ebenfalls in Erinnerung gerufen werden, dass
der Historische Verein auch bei der Begründung der
staatlichen Liechtensteinischen Kunstsammlungen
nicht ganz unbeteiligt war. Vorstandsmitglied
Robert Allgäuer brachte 1965 eine grosse Ferdi-
nand Nigg-Ausstellung auf den Weg. A m 14. März
1967 hatte der Vorstand des Historischen Vereins
eine seiner Krisensitzungen bei der Fürstlichen Re-
gierung im Zusammenhang mit der Räumung des
Museums bei der Landesbank. Unter anderem
brachte Regierungschef Dr. Gerard Batliner dem
Vorstand die Absicht des Grafen von Bendern zur
Kenntnis, nach seinem Ableben die in seinem Besitz
befindlichen Gemälde dem Land zu vermachen. Bei
dieser Gelegenheit regte Gerard Batliner an, wie im
Protokoll vermerkt, «jährlich einzelne neuere Ge-
mälde durch das Land zu erwerben». Als Berater
sollten Fachleute aus der Schweiz, aus Österreich
und aus Deutschland gewonnen werden. Vorstands-
mitglied Dr. Georg Malin übernahm von Seiten des
Historischen Vereins sogleich, wie es dort weiter
heisst, «die Vermittlung von Adressen» 1 8 und wurde
ein Jahr später selbst zum ersten Konservator der
Staatlichen Sammlungen bestimmt, die er bis 1996
leitete.
Auch der «tunlichste Schutz der Naturdenk-
mäler des Landes» wurde bereits 1912 in die Ver-
einsstatuten hineingeschrieben. 1 9 Vorstandsmit-
glied Egon Rheinberger war drei Jahre zuvor an
der Gründung der Sektion Liechtenstein des dama-
ligen Deutschen und Österreichischen Alpenver-
eins beteiligt. Ein erster Erfolg konnte mit dem
17) Vereinschronik. In: J B L 12 (1912), S. 145.
18) Historischer Verein, Protokoll der Sitzung vom 14. März 1967 im
Büro des Regierungschefs.
19) Vereinschronik. In: JBL 12 (1912), S. 145.
21
Naturschutzgesetz von 1933 erzielt werden, um
dessen Ausarbeitung sich der Historische Verein
zusammen mit der Sektion Liechtenstein des er-
wähnten Alpenvereins bemühte. Der Naturschutz
stand aber in der Folge nie ganz oben auf der Prio-
ritätenliste des Historischen Vereins. Immerhin
gehörte das Vorstandsmitglied David Beck 1946 zu
den Begründern eines selbständigen Liechtenstei-
ner Alpenvereins, der sich sehr für die Umsetzung
der Bestimmungen zum Schutz der Alpenflora ein-
setzte. Die naturhistorischen und naturschützeri-
schen Bestrebungen in Liechtenstein fanden im
Jahrbuch zwar gelegentlich weiter ihren Nieder-
schlag - soweit sie nicht in der Bergheimat veröf-
fentlicht wurden - , worüber ich in einem gesonder-
ten Beitrag im Band 100 des Jahrbuches berichte. 2 0
Der moderne, auch gestaltend eingreifende Um-
welt- und Naturschutz bekam aber erst durch die
im europäischen Naturschutzjahr 1970 gegründete
Botanisch-Zoologische Gesellschaft Liechtenstein-
Sargans-Werdenberg und die 1973 ins Leben geru-
fene Liechtensteinische Gesellschaft für Umwelt-
schutz ein eigenes, auch durch systematische loka-
le naturkundliche Forschungen gestütztes Profil.
Man kann also sagen, dass auch dieser Aufgaben-
bereich sich im Laufe des vergangenen Jahrhun-
derts gewissermassen vom Historischen Verein
emanzipierte und eine eigenständige Verankerung
im kulturellen Leben des Landes fand. Vielleicht
sollte man ja auch den Historischen Verein gerade-
zu daran messen, an welchen Punkten es ihm im
Laufe seiner hundertjährigen Existenz gelungen
ist, sich sich für die Kulturgeschichte des Landes
überflüssig zu machen. Überflüssig zu machen in
dem Sinne, dass andere, spezialisierte Interessen-
gruppen genügend Masse ansammelten, um Dinge
in Gang zu setzen, die der Historische Verein von
sich aus zwar ansprechen, aber niemals hätte be-
wältigen können: also durch «Ausgründungen».
In diesem Zusammenhang muss als eine der
jüngeren Entwicklungen im Land auch das Liech-
tenstein-Institut genannt werden. Dieses ist eine
Institution, die sich der Historische Verein aller-
dings nicht direkt auf die Fahnen schreiben kann
wie etwa das Landesmuseum. Das Liechtenstein-
Institut nimmt sich aber schwerpunktmässig zu-
mindest eines Bereiches an, der sich auch beim
Historischen Verein von Anfang an vertreten findet:
die Rechtsgeschichte und die politische Geschichte,
vor allem die Zeitgeschichte. Sie haben auf dem
Benderer Kirchhügel in Forschung und Lehre eine
Heimat gefunden. Das Liechtenstein-Institut stellt
ein weiteres Stück Kulturgeschichte des 20. Jahr-
hunderts für unser Land dar.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch ein Wort
zur naturkundlichen Forschung anfügen, die ich in
meinem diesbezüglichen Beitrag im Band 100 des
Jahrbuches ausführlicher behandle.2 1 Wie es mit
der Naturwissenschaft im Jahrbuch angefangen
hat, möchte ich Ihnen doch nicht vorenthalten. Wir
schreiben das Jahr 1922. Im Juni starb der
langjährige erste Präsident des Vereins, Dr. Albert
Schädler. Sein Nachfolger als Vorsitzender wurde
Kanonikus Johann Baptist Büchel. Das erste unter
seiner Federführung erschienene Jahrbuch druck-
te seine auf der Jahresversammlung des Histori-
schen Vereins in Eschen 1921 gehaltene Philippika
über «Die Naturwissenschaft als Quelle für die Ge-
schichtsforschung». Es ist dies ein schillernder
Farbtupfer im Jahrbuch des Historischen Vereins.
Kanonikus Büchel liess es sich angelegen sein, ge-
gen die von ihm als «Affentheoretiker» 2 2 apostro-
phierten «Darwinianer» insbesondere und gegen
den «Materialismus» im allgemeinen zu Feld zu
ziehen. In scharfer Ablehnung der «Hypothesen»
über eine Millionen Jahre dauernde Abstam-
mungsgeschichte des Menschen vom Affen beharr-
te er auf den «festen Tatsachen» der Geschichtsfor-
schung, die für ihn weiterhin durch die biblische
Schöpfungsgeschichte mit ihrem Zeithorizont von
6000 Jahren umschrieben waren. Selbst die Auf-
einanderfolge von Steinzeit, Bronzezeit und Eisen-
zeit in der Geschichte der Menschheit hielt er mit
einem nicht näher genannten Gewährsmann für ei-
nen «Schandfleck der heutigen Archäologie». 2 3 Der
ein Jahr später von Rom zum päpstlichen Haus-
prälaten ernannte Kanonikus, dessen Verdienste
um die Geschichte des Landes natürlich unbestrit-
ten bleiben, focht noch Anfang der 1920er Jahre
auf einem Schlachtfeld, das, wie man meinen soll-
22
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FRICK / OSPELT / RHEINBERGER
te, schon Ende des 19. Jahrhunderts hätte geräumt
sein müssen.
Gut zehn Jahre später, auf der Jahresversamm-
lung des Historischen Vereins im Jahre 1933 in
Schaan, hielt Pfarrer Anton Frommelt, Landtags-
präsident, Regierungschef-Stellvertreter und Vor-
standsmitglied des Vereins seit 1930, einen Vortrag
über den «Steinbruch Limseneck, Ruggell», der im
Jahre darauf, 1934, als Beitrag im Jahrbuch veröf-
fentlicht wurde. Es klingt im Beitrag Frommelts
eine Neubewertung der Naturwissenschaft an. Je-
denfalls braucht man nicht tief zwischen den Zeilen
zu lesen, um die abschliessende Bemerkung From-
melts als eine späte Replik auf Büchels Eschner
Rede von 1921 zu verstehen. Man werde durch
«diese wunderbaren Zeugen alten, längst ausge-
storbenen Lebens» angeregt, so Frommelt, darüber
nachzudenken, «wie lange wohl diese Lebewesen
schon im Stein geborgen liegen mögen, wie sie
einst gelebt und den Meeresgrund bevölkert, wie
lange es gedauert, bis endlich die Krone der mate-
riellen Schöpfung - der denkende Mensch - auftrat,
diese steinernen Zeugen aufhob und grübelte nach
vergangenen Welten». 2 4 Obwohl er es vermied,
Zahlen zu nennen, liess Frommelt keinen Zweifel
daran, dass auch der grübelnde - der denkende -
Mensch in den Prozess der naturgeschichtlichen
Entwicklung einbezogen war. 2 5
Dort, wo die Wissenschaft forscht, hat sie Fra-
gen; denn dort weiss sie es noch nicht so genau,
sonst würde keine Forschung mehr vonnöten sein.
In unserem alltäglichen Leben kommen wir mit
Wissenschaft zumeist in der Form ihrer Anwen-
dung in Kontakt und damit im Gewand einer ge-
wissen Autorität gesicherten Wissens. In dieser
Form hat sich ja auch der Historische Verein bei
verschiedenen seiner Aktivitäten - etwa im archäo-
logischen Bereich - eben der wissenschaftlichen
Expertise versichert, die anderswo bereitsteht, um
in einem besonderen Kontext zur Anwendung ge-
bracht zu werden. Ich wünschte mir, der Histori-
sche Verein würde sich in Zukunft neben seiner Ar-
beit an Quellensicherung und Referenzwerken, von
denen eines der wichtigsten im Augenblick sicher
das Historische Lexikon für das Fürstentum Liech-
tenstein ist, noch vermehrt genuinen Forschungs-
fragen zuwenden, wozu er natürlich auf ausgebil-
dete Wissenschaftler sowie Wissenschaftler in Aus-
bildung zurückgreifen und die Zusammenarbeit
mit Universitäten in Anspruch nehmen muss. Das
dreibändige von Arthur Brunhart beim Chronos-
Verlag in Zürich herausgegebene Werk «Bausteine
zur liechtensteinischen Geschichte» und der Sam-
melband über «Historiographie im Fürstentum
Liechtenstein» scheinen mir in dieser Hinsicht in
eine vorbildhafte Richtung zu weisen, ebenso das
vom Chronos-Verlag und dem Historischen Verein
gemeinsam publizierte Werk von Peter Geiger über
die Krisenzeit der späten 1920er und 1930er Jah-
re. Auf diese Weise werden die Liechtenstein-Ar-
beiten auch einem internationalen Publikum be-
kannt.
Erlauben Sie mir, abschliessend noch einige Ge-
danken aus dem Bereich meiner eigenen heutigen
Tätigkeit, der Wissenschaftsgeschichte aufzugrei-
fen und sie mit dem Jubiläum des Historischen Ver-
eins in Verbindung zu bringen. Die Wissenschafts-
geschichte befasst sich bekanntlich mit der histori-
schen Entstehung und Entwicklung der Wissen-
schaft in der ganzen Vielfalt ihrer verschiedenen
Bereiche und Disziplinen. Über lange Zeit hinweg
wurde diese Arbeit vorwiegend als historische Re-
konstruktion von umfassenden, grossen Ideen und
einflussreichen Theorien verstanden. In den letzten
Jahrzehnten hat sich hier aber ein bemerkenswer-
ter Sinneswandel vollzogen; wie in vielen anderen
20) Vgl. S. 205-220 in diesem Jahrbuch.
21) W i e A n m . 20.
22) Johann Baptist Büchel: Die Naturwissenschaft als Quelle für die
Geschichtsforschung. J B L 22 (1922). S. 31-42, hier S. 41.
23) Ebenda, S. 39.
24) Anton Frommelt: Der Steinbruch Limseneck, Ruggell. In: J B L 34
(1934), S. 17-32, hier S. 30.
25) Neulich stand im erzbischöflichen Kirchenblatt «Vobiscum»
(6/2000) zu lesen, die biologische Evolution sei wissenschaftlich
nicht bewiesen, und deshalb der Unterricht in Evolutionstheorie an
«unseren Schulen und Universitäten» abzuschaffen. Kaum zu
glauben, aber jetzt geht der «Affentheoret iker»-Zirkus im Jahre
2001 wieder von vorne los.
23
Bereichen der Kulturgeschichte und der Wissens-
geschichte wird verstärkt nach den materiellen
Voraussetzungen, den konkreten Ausformungen
und den lokalen Entstehungsbedingungen von For-
men des Wissens gefragt, und man beschränkt sich
dabei auch nicht nur auf akademisches Wissen.
Auf eine paradoxe Weise hängt dies mit der Globa-
lisierung unserer heutigen Welt zusammen. Je lo-
kaler die Welt selbst, das heisst die Lebenswelt
jedes einzelnen war, desto stärker war man auf
sinnstiftende übergreifende theoretischen Zusam-
menhänge angewiesen. Je mehr sich die übergrei-
fenden Beziehungen selbst nun als materielle Netze
von Kommunikationszusammenhängen darstellen,
wird lokale Identität wieder zum Desiderat. Der
Philosoph Walther Zimmerli hat dies neulich in der
Neuen Zürcher Zeitung wie folgt ausgedrückt:
«Und nun zeigt sich auch, was das Medium ist, in
dem sich diese Dialektik der Globalisierung ereig-
net: Es ist die Kultur. Ein und derselbe globalisie-
rende Trend wird, wenn er auf verschiedene kultu-
relle Umwelten trifft, von diesen gebrochen und di-
versifiziert. So bedeutet die Tatsache, dass sich
überall auf der Welt der Übergang von einer Wa-
renproduktion- zu einer Finanz- und Wissens-
Dienstleistungsgesellschaft ereignet, eben nicht
überall auf der Welt dasselbe. - Anders: Wir brau-
chen zum Verständnis der Welt weiterhin nicht nur
die Natur-, Ingenieur- und Sozialwissenschaften,
sondern auch die Geisteswissenschaften und - die
Philosophie. »2b
Neben der Philosophie gehört auch die Ge-
schichte zum Kern der Geisteswissenschaften. Vor
allem aber gehört dazu die lokale Kulturgeschichte,
wenn man Zimmeriis Aussage ernst nimmt. Und
wenn man Kultur richtig versteht, dann ist sie Ar-
beit am Selbstverständnis einer Gemeinschaft, ist
sie etwas Eingreifendes, mitunter auch etwas Unge-
maches. Unter diesen Voraussetzungen geschieht
es auch, dass lokale Geschichte, ja geradezu auch
Ortsgeschichte und Alltagsgeschichte eine ganz
neue Aussagekraft, Bedeutung und auch Brisanz
gewinnen kann. Gerade der Zugriff auf das lokale
Detail hat heute die Chance, eben nicht einfach lo-
kal zu bleiben, sondern exemplarische Bedeutung
anzunehmen. Genau darin besteht die Chance ei-
nes kleinen Landes wie Liechtenstein. Die Menge
an zu erfassenden Einzelheiten ist begrenzt und
bewältigbar, und damit sind Mikrostudien möglich,
die man trotz ihrer Vollständigkeit doch immer
noch lesen kann und die gerade durch ihre Per-
spektive aufs Detail auch über das Land hinauswei-
sen. Das wird aber nur dann wirksam geschehen
können, wenn die Arbeit im ständigen Austausch,
vielleicht weniger mit den selbsternannten soge-
nannten Universitäten im eigenen Land, dafür aber
umso mehr mit den lebendigen Geisteszentren der
umliegenden Hochschulen steht, ob in der Volks-
kunde, der Sprachkunde, der Kunstgeschichte oder
der allgemeinen Geschichte, oder auch der Natur-
forschung. Der Forschungsfonds, den die Regie-
rung - hoffentlich auch die neue! - einzurichten ge-
denkt, könnte hier wunderbar zum Einsatz kom-
men. Themen gäbe es in Hülle und Fülle. Mit Span-
nung wird auf das Werk von Peter Geiger am
Liechtenstein-Institut zum Land Liechtenstein im
Zweiten Weltkrieg gewartet. Zeitgeschichte ohne
Tabus ist nach den Turbulenzen des letzten Jahres
nur noch wichtiger geworden. Wo sind die Histori-
ker, die mit allen Details über lokale Treuhandge-
schichte, lokale Bankengeschichte, lokale Indus-
triegeschichte arbeiten - nicht nur die jeweiligen
Gesetze und Verordnungen analysieren, über die es
genügend Abhandlungen gibt, die eigenartigerwei-
se immer unter dem Stichwort «Wesen» kursieren:
so das Treuhandwesen, Bankenwesen, Industrie-
wesen? Hier wäre es überall an der Zeit, vom We-
sen zum Sein überzugehen. Und wo sind die Be-
triebe, die für eine Forschung ohne Sensationshin-
tergrund, aber auch ohne Tabus ihre Archive öff-
nen? Diese Forschungen haben in der Schweiz
begonnen, sie haben in Deutschland begonnen.
Liechtenstein könnte hier an vorderster Stelle ste-
hen, und mir schiene das eine Aufgabe, die es wert
wäre, dass der Historische Verein sie beim Eintritt
in sein zweites Jahrhundert nach Kräften förderte.
Möge der Verein weiterhin selbst nicht nur an-
tiquarisch tätig sein, also Geschichte schreiben,
sondern kritisch, und das heisst vor allem, Ge-
schichte machen. Der Historische Verein hat in die
24
FESTANSPRACHEN ZUM 100-JAHR-JUBILÄUM
QUADERER / FRICK / OSPELT / RHEINBERGER
Kulturgeschichte des Fürstentums Liechtenstein im
20. Jahrhundert ein erkennbares eigenes Rückgrat
eingezogen. Dieses gilt es aufrecht zu erhalten, was
bekanntlich nicht immer einfach ist. Ich wünschte
mir beispielsweise, wenn ich drei Wünsche frei
hätte: Ein gutes Nutzungskonzept für Gutenberg.
Einen erneuten Anlauf zum Kauf des Gamander
durch das Land. Vor allem aber: Ein klares Wort
bei der anstehenden Diskussion um die Verfas-
sung.
26) Walther Ch. Zimmerli: In globale Netzwerke verstrickt. Zur
Neubestimmung der Aufgabe von Hochschulen. In: Neue Zürcher
Zeitung, 7. November 2000, B 3.
ANSCHRIFT DES AUTORS
Prof. Dr. Hans-Jörg
Rheinberger
Max-Planck-Institut für
Wissenschaftsgeschichte
Wilhelmstrasse 44
D-10117 Berlin
Regierungschef Mario
Frick und Kulturministerin
Andrea Willi verfolgen auf-
merksam das Programm
der Festversammlung
25
BILDNACHWEIS
S. 4, 5, 9, 13, 21 rechts:
Heinz Michels, Schaan
S. 12, 20, 21 links, 25:
Sven Beham, V. COM AG
Vaduz
26
1901 BIS 2001: DIE
ERSTEN 100 JAHRE
DES HISTORISCHEN
VEREINS FÜR DAS
FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN
KLAUS BIEDERMANN
Inhalt
EINLEITUNG 31
Gründungsversammlung am 10. Februar
1901 31
ZIELSETZUNGEN UND A U F B A U 35
Heimatschutz 36
Denkmalschutz 39
Landschaftsschutz und Naturschutz 42
Organisation 45
- Vorstand 45
'- Mitglieder 48
- Ehrenmitglieder 53
- Verwaltung 54
- Vereinslokal 56
- Finanzen 62
PRÄGENDE PERSÖNLICHKEITEN 73
Vorsitzende 73
Vorstandsmitglieder 74
- Karl von In der Maur 74
- Alfons Feger 74
- Gabriel Hiener 74
- Egon Rheinberger 74
- Eugen Nipp 76
- Anton Frommelt 76
- Ferdinand Nigg 78
- Alexander Frick 78
- Rudolf Rheinberger 80
- Georg Malin 80
- Robert Allgäuer 80
VERANSTALTEN 82
Jahresversammlungen 82
Besondere Anlässe 88
- Teilnahme an der Landesausstellung
von 1934 in Vaduz 88
- 600 Jahre Grafschaft Vaduz 88
- Gedenkfeier für Peter Kaiser 89
- Jubiläumsfeier «50 Jahre Historischer
Verein» 91
- Sonderausstellung zum 60. Geburtstag
des Fürsten Franz Josef II. 92
- 250 Jahre Fürstentum Liechtenstein 93
- Jubiläumsfeier «75 Jahre Historischer
Verein» 93
- 40. Regierungsjubiläum von Fürst
Franz Josef II. 94
- Festversammlung anlässlich des
50. Regierungsjubiläums von Fürst
Franz Josef II. 94
- 650 Jahre Grafschaft Vaduz 94
- Ausstellung «Fabriklerleben» 94
- Zum Gedenken an die Revolution
von 1848 96
- Vorträge und Exkursionen 97
SAMMELN 99
Anfänge der Sammeltätigkeit 99
Gefährdetes Volks- und Kulturgut 99
Bibliothek 100
Dokumentation 101
AUSGRABEN 102
Organisatorische Strukturen 104
Ausgrabungen und Funde 105
- Römische Badeanlage in Schaanwald 105
- Spektakuläre Funde am Burghügel
Gutenberg in Balzers 107
- Borscht: Bronzezeitlicher Siedlungsplatz 108
- Lutzengüetle: «das liechtensteinische
Troja» 110
- Malanser: Ein weiterer frühgeschicht-
licher Siedlungsplatz 112
- Schneller: Ein eisenzeitlicher
Brandopferplatz 112
- Frühmittelalterliche Friedhöfe in
Schaan und in Eschen 112
28
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS BIEDERMANN
- Römisches Kastell und frühchristliche
Kirche in Schaan 114
- Burgruinen Schellenberg 114
- Kirchhügel Bendern 115
- Römischer Gutshof in Nendeln 116
- Burghügel Gutenberg und «Runder
Büchel» in Balzers 116
Zufallsfunde 117
- Der Münzschatzfund vom «Schellen-
berger Wald» 117
- Vaduzer Münzschatzfund 117
SCHLUSSBETRACHTUNG
ANHANG
Jahresversammlungen und Vorträge
seit 1901
149
152
152
FORSCHEN UND PUBLIZIEREN 118
Jahrbuch des Historischen Vereins für
das Fürstentum Liechtenstein 118
Urkundenbuch 123
- Zusammenarbeit mit Vorarlberg 123
- Urkundensammlung und-archivierung 125
- Liechtensteinisches Urkundenbuch 126
Peter Kaiser: «Geschichte des Fürstenthums
Liechtenstein» 129
Die Kunstdenkmäler des Fürstentums
Liechtenstein 131
Liechtensteiner Sagenbuch 133
Liechtensteiner Namenbuch 134
Vorarlberger Sprachatlas mit Einschluss
des Fürstentums Liechtenstein 136
Historisches Lexikon für das Fürstentum
Liechtenstein 138
Verlagstätigkeit 140
K O N T A K T E ZU ANDEREN HISTO-
RISCHEN VEREINEN UND WISSEN-
SCHAFTLICHEN INSTITUTEN 142
Gemeinsame Veranstaltungen 143
Schriftentausch 146
29
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Einleitung
Runde Geburtstage sind immer Anlass für einen
Rückblick und für eine Würdigung. Der Historische
Verein für das Fürstentum Liechtenstein darf heuer
auf die ersten 100 Jahre seines Bestehens zurück-
blicken. Was an der Gründungsversammlung im
Jahr 1901 als zartes Pflänzlein mit 45 Vereinsmit-
gliedern begann, hat sich innert dieser ersten 100
Jahre zu einem stattlichen Verein mit gegenwärtig
860 Mitgliedern entwickelt. Mit den folgenden Aus-
führungen versuchen wir, die wesentlichen Tätig-
keiten und Impulse, die vom Historischen Verein in
den ersten 100 Jahren seines Bestehens ausgingen,
aufzuzeigen. Dabei wird auch auf einzelne Perso-
nen, die den Verein gestaltet haben, ein Schlaglicht
geworfen. Dies gilt vor allem für diejenigen Perso-
nen, die zum Teil über mehrere Jahrzehnte im Ver-
einsvorstand mitgearbeitet haben. Das Wirken der
Vereinspräsidenten wird in einem eigenen Beitrag
von Alois Ospelt an anderer Stelle in diesem Jahr-
buch gewürdigt.
Die Gründung des Historischen Vereins für das
Fürstentum Liechtenstein war die Folge eines kul-
turellen Aufbruchs in Liechtenstein. Der freiheit-
liche Geist der Verfassung von 1862 schuf den
Rahmen für die Entfaltung des kulturellen Lebens
in unserem Land. Lehrer, Priester und Ärzte be-
mühten sich um bessere Schulen und Ausbildungs-
möglichkeiten. Auch erste Presseorgane in Liech-
tenstein förderten Bildung und Aufklärung: 1863
erschien erstmals eine «Liechtensteinische Landes-
zeitung». Einige Jahre zuvor, 1847, veröffentlichte
Peter Kaiser seine «Geschichte des Fürstenthums
Liechtenstein». Es ist bis heute das wohl wichtigste
Buch zur Geschichte unseres Landes geblieben.
Damals befasste sich noch kaum jemand mit der
wissenschaftlichen Erforschung Liechtensteins. Das
nächste wissenschaftliche Buch legte 1879 der
deutsche Gelehrte Hippolyt von Klenze vor: Es be-
handelte «die Alpwirtschaft im Fürstentume Liech-
tenstein». In den Jahren 1890 bis 1900 erschienen
dann weitere Publikationen zur liechtensteinischen
Landeskunde. Zudem blühte das Vereinsleben seit
1862 auf: Im kulturellen Bereich entstanden Ge-
sangs- und Musikvereine, eine Theatergesellschaft,
aber auch mehrere Lesevereine.1
GRÜNDUNGSVERSAMMLUNG
A M 10. FEBRUAR 1901
Damit waren wichtige Grundlagen bereits vorgege-
ben, als am 10. Februar 1901 der Historische Ver-
ein für das Fürstentum Liechtenstein gegründet
wurde. An diesem Tag versammelten sich im
Wirtshaus «Kirchthaler» in Vaduz 45 «Geschichts-
freunde», welche sich zu einem Verein zusammen-
schlössen, um «die vaterländische Geschichtskun-
de zu fördern». Der Liechtensteiner Arzt Albert
Schädler leitete diese Gründungsversammlung. Er
begrüsste die Anwesenden und bemerkte, dass es
zwar schon mehrere Vereine in Liechtenstein gebe,
so zum Beispiel den landwirtschaftlichen Verein
und den Viehversicherungsverein. Er fügte dem je-
doch hinzu: «Der historische Verein werde ihnen
keine Konkurrenz machen, denn sein Arbeitsgebiet
sei ein anderes und sei bis jetzt noch ziemlich als
Aschenbrödel behandelt worden, und doch sei es
1) Vgl. hierzu die Aus führungen von Paul Vogt in: Brücken zur
Vergangenheit. Bin Text- und Arbeitsbuch zur liechtensteinischen
Geschichte. 17. bis 19. Jahrhundert. Vaduz. 1990. S. 194-201.
Die an der G r ü n d u n g s v e r -
sammlung genehmigten
Statuten des Historischen
Vereins fü r das F ü r s t e n -
tum Liechtenstein wurden
vom Vereinsvorsitzenden
Albert S c h ä d l e r hand-
schrif t l ich bei der Regie-
rung hinterlegt. Kabinetts-
rat K a r l von In der Maur
erteilte als Vertreter der
Regierung seine E inwi l l i -
gung zu den vorliegenden
Satzungen.
31
C^/u^t^X^--'' /^'Af?*^t~*J>
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / K L A U S B I E D E R M A N N
US '1^- uu^JL*^ >>>'< / l ^ U ^ j ^
p 7 9 V c y c f e i l e r t t . ^ \ . , \ e+sutAj
in hohem Grade anziehend und interessant. Der
neu zu gründende Verein solle mit dem nun begon-
nenen neuen Jahrhundert ins Leben treten und sei
berufen, die Geschichte unseres Heimatlandes und
unserer Vorfahren in den vergangenen Jahrhun-
derten zu erforschen. Dies sei sicherlich ein ideales
Ziel. Unserem Lande wurde durch das Walten der
Vorsehung eine ganz eigenartige geschichtliche
Entwicklung beschieden. Es habe eine interessante
Vergangenheit und erfreue sich in seinem jetzigen
Zustande einer glücklichen Gegenwart.»
Albert Schädler fuhr fort: «Die Geschichte sei die
Lehrmeisterin der Völker. Durch das Studium der
Vergangenheit lernen wir die Gegenwart begreifen
und damit eröffne sich ein Blick in die Zukunft. Be-
sonders das kulturgeschichtliche Gebiet sei bei uns
noch wenig erforscht und lade zu Studien ein. An
Material dazu fehle es uns nicht, dasselbe müsse
aber zum guten Theile noch gesammelt werden,
und dies sei nur durch vereinte Kräfte erreichbar.
Zu einer gründlichen und quellenmässigen Erfor-
schung der Geschichte unseres Landes sei daher
das Zustandekommen eines historischen Vereins
geradezu Bedürfnis. Die für unsere Verhältnisse
über Erwarten zahlreiche Betheiligung, welche die
Einladung gefunden habe, sei wohl der beste Be-
weis, dass der ideale und zeitgemässe Plan, einen
solchen Verein zu gründen, vielseitig gebilligt wer-
de.» 2
Im Anschluss an die einleitenden Worte von
Albert Schädler wurden die Vereinsstatuten bera-
ten und «mit einigen kleinen Abänderungen» ge-
nehmigt.3 Den Statuten zufolge war es das Ziel
des neuen Vereins, «die vaterländische Geschichts-
kunde zu fördern». 4 Die Vereinsstatuten erhielten
mit Regierungsbeschluss vom 22. Februar 1901 die
behördliche Genehmigung.5
Aus seiner Mitte wählte der Verein einen Vor-
stand, bestehend aus einem Vorsitzenden, einem
Schriftführer, einem Kassier und zwei anderen Mit-
gliedern. Die Aufgabe des für fünf Jahre gewählten
Vereinsvorstandes wurde wie folgt definiert: «[Er]
hat die Beschlüsse des Vereines zu vollziehen und
insbesondere die Redaktion des Jahrbuches zu be-
sorgen. »'' Die Beschlüsse wurden an den Vereins-
versammlungen mit Stimmenmehrheit der anwe-
senden Mitglieder gefasst.7
Folgende Personen wurden an der Gründungs-
versammlung in den Vereinsvorstand gewählt: A l -
bert Schädler, zugleich Vorsitzender; Landesvikar
und Kanonikus Johann Baptist Büchel, Schriftfüh-
rer; Oberlehrer Alfons Feger, Kassier, sowie als
weitere Mitglieder Fürstlicher Kabinettsrat Karl
von In der Maur und Egon Rheinberger.8
34
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Zielsetzungen und Aufbau
Das statutarisch festgelegte Ziel, die «Förderung»
der «vaterländischen Geschichtskunde», wollten
die Gründungsväter des Historischen Vereins in
erster Linie durch die Flerausgabe eines Jahrbu-
ches erreichen. Damit setzten sie ein entscheiden-
des Zeichen, denn die nunmehr 100 Bände des
Jahrbuches sind das heute vielleicht «sichtbarste»
Resultat der Vereinstätigkeit. In diesem «histo-
rischen Jahrbuch» - wie es in den Statuten von
1901 bezeichnet wurde - sollten folgende Beiträge
enthalten sein: 1. «Die Protokolle über die Ver-
handlungen des Vereins»; 2. «grössere und kleine-
re Aufsätze über die ältere, neuere und neueste
Geschichte des Landes und einzelner liechtenstei-
nischer Gemeinden»; 3. «eine thunlichst vollstän-
dige Sammlung aller noch vorhandenen, unser
Land und unsere Gemeinden betreffenden wichti-
geren Urkunden von den ältesten Zeiten an». 9
Die Vereinsziele erfuhren schon bald eine in-
haltliche Erweiterung. An der Jahresversammlung
1909 nämlich referierte Albert Schädler über die
Urgeschichte Liechtensteins. Er beschrieb dabei
vorgeschichtliche und römische Funde. Zugleich
regte er an, eine wissenschaftliche Funddokumen-
tation und Sammlung aufzubauen. Zur Betreuung
dieser Sammlung wurde ein Konservator bestellt.
Erster Konservator war Vorstandsmitglied Egon
Rheinberger.10
Damit nahm Albert Schädler entscheidende
Weichenstellungen vor: Die archäologische Erfor-
schung unseres Landes erhielt wichtige Impulse,
und Albert Schädler legte dabei auch den Grund-
stein für den Aufbau des späteren Landesmu-
seums. Statutarisch fanden diese Impulse ebenfalls
ihren Niederschlag. In den revidierten Statuten von
1912 - nun «Satzungen» genannt - wurde ergänzt,
dass das vom Verein herausgegebene Jahrbuch
auch Berichte über archäologische Funde und Er-
werbungen enthalten sollte.
In diese Satzungen von 1912 wurden als weitere
Ziele die Bereiche «Heimatschutz» und «Land-
schaftsschutz» aufgenommen. Diese beiden Zielset-
zungen mündeten später in das Engagement für ei-
nen wirksamen Denkmalschutz. Das Thema Land-
schaftsschutz seinerseits führte zu Bemühungen im
Bereich Naturschutz, was auch eine Pflege der
Naturdenkmäler beinhaltete. Der Historische Ver-
ein hatte damit sein Tätigkeitsfeld um wichtige Be-
reiche erweitert.1 1
Die Pflege der urgeschichtlichen und der archäo-
logischen Forschung wurde bei einer erneuten Sta-
tutenrevision im Jahr 1950 noch stärker als Ver-
einsaufgabe hervorgehoben. Erstmals hiess es nun:
«Der Verein wird Ausgrabungen zur Erforschung
ur- und frühgeschichtlicher Siedlungen unseres
Landes ausführen». 1 2 Dies fand auch Berücksichti-
gung im ersten Paragraph der Vereinssatzungen,
die nunmehr wieder «Statuten» genannt wurden.
Dieser Paragraph, der heute noch gilt, wird wie folgt
zitiert, wobei die Ergänzung von 1950 kursiv ge-
kennzeichnet ist: «Der Historische Verein für das
Fürstentum Liechtenstein verfolgt den Zweck, die
vaterländische Geschichtskunde einschliesslich der
Urgeschichte zu fördern und die Erhaltung der
natürlichen und geschichtlich gewordenen liech-
tensteinischen Eigenart zu pflegen». 1 3
2) JBL 1 (1901), Jahresbericht des Historischen Vereins, S. 271.
3) Vgl. hierzu die Ansprache von Mathias Ospelt, gehalten anlässlich
der 100-Jahr-Feier des Historischen Vereins am 17. Februar 2001,
abgedruckt in diesem Buch auf S. 11-15, hier S. 13.
4) J B L 1 (1901), S. 272. Statuten von 1901, Paragraph 1.
5) Ebenda, S. 274.
6) Ebenda, S. 273, Statuten von 1901, Paragraph 7.
7) Ebenda, S. 273, Statuten von 1901, Paragraph 8.
8) Ebenda, S. 273.
9) Ebenda, S. 272, Statuten von 1901, Paragraph 2.
10) JBL 9 (1909). Vereinschronik. S. 136 f.
11) Vgl. dazu die Aus führungen auf S. 36-44.
12) Zur archäologischen Forschung in Liechtenstein siehe auch die
Ausführungen auf S. 102-118.
13) Statuten des Historischen Vereins von 1950, Paragraph 1. - Im
Gegenzug zu dieser Ergänzung wurde der Begriff «Heimatschutz»,
der s inngemäss in den anderen Vereinszielen weiter lebte, gestri-
chen. Die Fassung dieses Paragraphen 1 von 1912 hatte noch
gelautet: «Der Historische Verein für das Fürs ten tum Liechtenstein
verfolgt den Zweck, die vater ländische Geschichtskunde zu fördern
und zur Erhaltung der natür l ichen und geschichtlich gewordenen
liechtensteinischen Eigenart den Heimatschutz zu pflegen» (Hervor-
hebung durch den Autor).
35
HEIMATSCHUTZ
Der entscheidende Impuls für die Bereiche Heimat-
und Landschaftsschutz wurde an der Jahresver-
sammlung von 1910 gegeben. Der Vorarlberger
Landesarchivar Viktor Kleiner, zugleich Gründungs-
mitglied des Historischen Vereins, regte nämlich
die Gründung eines «Vereins für Heimatschutz» in
Liechtenstein an. Albert Schädler nahm diese An-
regung auf. Er empfahl nicht eine eigene Vereins-
gründung, sondern stellte den Antrag, diese Aufga-
be dem Historischen Verein zu übertragen. Dieser
Antrag wurde angenommen. In der Begründung
zum Antrag hiess es, «dass der Heimatschutz den
idealen und begrüssenswerten Zweck verfolge, die
Heimat in ihrer natürlichen und geschichtlich ge-
wordenen Eigenart zu schützen». Dabei erstre-
benswerte Ziele seien «Verhütung von Verunstal-
tungen der Natur und des Dorfbildes, Einflussnah-
me bei Erstellung öffentlicher Bauten, Erhaltung
alter schöner Heimstätten, Fortbildung der überlie-
ferten ländlichen Bauweise auch auf dem Gebiete
der bewegüchen Gegenstände». Ferner wurde in
diesem Zusammenhang auch die Erforschung des
Landes im Hinblick auf Sitten, Gebräuche, Sagen,
Legenden, Sprichwörter und Volkstrachten ange-
regt. Der Antrag wurde gutgeheissen.14
Die dem beschlossenen Antrag folgende Statu-
tenänderung wurde an der Jahresversammlung
vom 12. Oktober 1912 genehmigt. Die Änderungen
betrafen den Vereinszweck, was sich auch in er-
weiterten Richtlinien für den Inhalt des Jahrbuches
niederschlug. Die Statuten erführen folgende Er-
weiterungen (die Ergänzungen sind kursiv gesetzt):
Paragraph 1: «Der Historische Verein für das
Fürstentum Liechtenstein [bisher: des Fürstentums
Liechtenstein], welcher seinen Sitz in Vaduz hat,
verfolgt den Zweck, die vaterländische Geschichte
zu fördern und zur Erhaltung der natürlichen und
geschichtlich gewordenen liechtensteinischen Ei-
genart den Heimatschutz zu pflegen. ... Der Verein
gibt ein Jahrbuch heraus, das enthalten soll:
a) Die Protokolle über die Verhandlungen des
Vereines;
b) grössere und kleinere Aufsätze über die älte-
re, neuere und neueste Geschichte des Fürsten-
hauses, des. Landes und einzelner liechtensteini-
scher Gemeinden;
c) eine thunlichst vollständige Sammlung aller
noch vorhandenen, das Land und die Gemeinden
betreffenden wichtigen Urkunden von den ältesten
Zeiten an;
d) Berichte über archäologische Forschungen
und Funde;
e) Beschreibungen und. Bilder von alten Bau-
denkmalen und alten schönen Heimstätten;
ß Darstellungen über alte Sitten und Gebräuche,
Sagen, Sprichwörter und Volkstrachten;
g) Aufsätze geographischen und naturwissen-
schaftlichen Inhaltes, die das Fürstentum berüh-
ren. »
Mit weiteren Ergänzungen wurde das erweiterte
Aufgabenfeld des Vereins wie folgt beschrieben:
«Der Verein wird mit geeigneten Mitteln anstreben,
die Eigenheit des Landes zu erhalten
a) durch Schutz des Landschaftsbildes, der er-
haltungswürdigen Sitten und Gebräuche;
b) durch Pflege der bodenständigen Bauweise,
soweit sie charakteristisch und beachtenswert ist,
und durch Erhaltung der bestehenden, historisch
interessanten Bauten;
c) durch tunlichsten Schutz der Naturdenkmäler
des Landes.
... Der Verein wird die seiner Sorge anvertraute
Sammlung liechtensteinischer Altertümer, für wel-
che er einen Konservator aufstellt, möglichst zu
erweitern suchen.»^
An den Jahresversammlungen sollten die Vorträge
nicht mehr bloss «Gegenstände der vaterländi-
schen Geschichte» zum Inhalt haben, sondern
vielmehr «geschichtliche und kulturhistorische
Gegenstände» thematisieren.1 6 Die bisher nicht
statutenmässig geregelte Einberufung des Vereins-
vorstandes wurde nun festgesetzt: «Er versammelt
sich über Einberufung durch den Vorsitzenden
nach Bedarf; wenn drei Vorstandsmitglieder die
36
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Einberufung verlangen, hat der Vorsitzende einem
solchen Verlangen zu entsprechen». Weitere Er-
gänzungen beinhalteten Bestimmungen zur Rege-
lung von vereinsinternen Streitigkeiten1 7 sowie die
Vertretung des Vereins nach aussen, die künftig
durch den Vorsitzenden sowie ein zweites, extra
dafür bestimmtes Vorstandsmitglied wahrgenom-
men wurde. Ausserdem bedurften die Entscheide
des Vereinsvorstandes der Unterschrift durch den
Vorsitzenden und dieses zweite Vorstandsmitglied.18
Über die 1912 statutarisch festgelegten neuen
Aufgaben für den Verein referierte Johann Baptist
Büchel an der Jahresversammlung vom 24. Okto-
ber 1915 in Vaduz. Prälat Büchel beklagte Verluste
und Veränderungen in der liechtensteinischen Kul-
turlandschaft:
«Leider ist schon vieles vernichtet worden. ... Am
Triesenberg scheint der alte, typische Walliserstil
gänzlich verschwinden zu wollen. Was da neu
gebaut wird, passt selten in eine Berggemeinde
hinein ... Aber auch unten im Tal verschwindet
das behäbige, malerische, schöne Bauernhaus mit
dem heimeligen Stiegenhaus, der grünumrankten
Veranda, dem weiten, schützenden Vordach, dem
verzierten Gebälk immer mehr und muss dem
schmucklosen, trübseligen Kasten mit den leeren,
glatten, geweissten Mauern weichen, an dem
nichts, aber auch gar nichts Ästhetisches zu ent-
decken ist. Damit soll [aber] nicht geleugnet sein,
dass in letzter Zeit wieder gute Ansätze zu einer
besseren Richtung gemacht worden sind. In den
letzten Jahren sind [auch] manche hübsche Wohn-
häuser gebaut worden, ... [und] glücklicherweise
ist der alte Schaaner Kirchturm ... aus dem 12.
Jahrhundert dem ihm drohenden Schicksale des
Abbruches entgangen».19
Im Sinne des Heimatschutzes hätten, so Johann
Baptist Büchel, Private und Vereine schon vieles
zustande gebracht; zudem hätten die meisten eu-
ropäischen Staaten durch Gesetze nachgeholfen:
«Das möge auch bei uns geschehen». 2 0 Konkret
machte Johann Baptist Büchel zudem folgende
Vorschläge für einen verbesserten Heimat- und
Denkmalschutz:
«Der Heimatschutz soll... erhalten, was an Kunst-
gegenständen noch vorhanden ist, besonders in
Kirchen und Kapellen, aber auch in Privatbesitz.
Leider ist schon sehr vieles ins Ausland gewan-
dert. Was aber noch da ist, sollte in ein Museum
gesammelt werden können. In dieser Hinsicht
wünschte ich also, dass
1. Ein Gesetz geschaffen wird, das die Veräusse-
rung von Kunstgegenständen und Altertümern ins
Ausland verbietet, und
2. Zur Aufbewahrung von solchen Gegenständen
im Lande ein Museum eingerichtet werde.
Für die Aufstellung von kirchlichen Gegenständen
Hesse sich vielleicht die alte Pfarrkirche von Bal-
zers verwenden.»21
Die von Johann Baptist Büchel gemachten Äusse-
rungen wurden von den versammelten Vereinsmit-
gliedern «mit grossem Beifall aufgenommen». 2 2
Inwieweit wurden die von Johann Baptist Bü-
chel aufgestellten Forderungen erfüllt? Wie ernst
14) JBL 10 (1910), Vereinschronik. S. 187.
15) JBL 12 (1912), Vereinschronik, S. 144-146.
16) Dieses Themenspektrum wurde bei der Statutenrevision von
1950 um den ur- und frühgeschichtl ichon Bereich erweitert. Vgl .
dazu auch die Ausführungen auf S. 35.
17) Ebenda, S. 146. Paragraph 9 der revidierten Statuten von 1912:
«Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnisse werden jeweils durch
einen Mehrheitsbeschluss des Vereinsvorstandes geschlichtet. Fühlt
sich eine Partei durch diese Entscheidung beschwert, so steht
derselben die Berufung an ein Schiedsgericht offen, bei welchem
jede Partei durch einen Schiedsmann vertreten ist, wäh rend ande-
rerseits die Sch iedsmänner einen Obmann zu wählen haben .»
18) Ebenda. S, 146 f., Satzungen von 1912, Paragraph 10.
19) JBL 15 (1915). Vereinschronik, S. 131-133.
20) Ebenda, S. 135.
21) Ebenda, S. 133. - Die Gemeinde Balzers unterbreitete 1919 dem
Historischen Verein das Angebot, die alte leer stehende Kirche zur
Aufbewahrung historischer Gegens tände zu über lassen. Allerdings
müss ten Unterhalt und Reparaturen bei der Kirche vom Verein
getragen werden, wobei die Gemeinde formell Eigentümerin der
Kirche geblieben wäre . Der Vereinsvorstand konnte jedoch auf
dieses Angebot nicht eintreten, «weil damit unsere Vereinsmittel viel
zu sehr beansprucht würden» : vgl. JBL 19 (1919), Vereinschronik,
S. 100.
22) JBL 15 (1915), Vereinschronik. S. 135.
37
Das von Architekt Ernst
Sommerlad entworfene
Haus des Hermann Zickert
an der Feldstrasse in
Vaduz. Der Historische
Verein machte 1932 er-
folglos Opposition gegen
dieses Bauprojekt, mit der
B e g r ü n d u n g , dass ein
solches « m o d e r n e s » Ge-
b ä u d e nicht in das Dorf-
bi ld von Vaduz passe.
war es dem Historischen Verein mit den Themen
Heimatschutz, Denkmalschutz und Landschafts-
schutz? Auf welche Weise engagierte er sich? Die-
ser Frage soll nun etwas nachgegangen werden.
Anregungen in diesen Bereichen wurden des
öfteren von Vereinsmitgliedern anlässlich der Jah-
resversammlungen vorgebracht. An der Mitglieder-
versammlung vom 11. September 1921 in Eschen
beispielsweise regte das Vereinsmitglied Josef Hil-
ty, Maurermeister in Schaan, an, «es möchte auch
bei uns wie in Vorarlberg der Verein Einfluss neh-
men, dass bei Bewilligung neuer Bauten die An-
passung an den landschaftlichen Charakter der
Gegend besonders berücksichtigt werde». Der Ver-
einsvorsitzende Albert Schädler wies darauf hin,
dass in den Vereinsstatuten bereits das Nötige vor-
gesehen und es nur zu wünschen sei, dass von
Seiten der Regierung und den betreffenden Stellen
nötigenfalls eingeschritten werde. 2 3
Der Historische Verein bat dann im Jahr 1929
die Regierung schriftlich, sie solle bei der Erteilung
von Baubewilligungen darauf achten, dass dem
Landschaftsschutz die gebührende Beachtung ge-
schenkt werde; denn gerade in Vaduz seien in letz-
ter Zeit Neubauten entstanden, die «keinerlei Rück-
sicht auf den landschaftlichen Charakter nehmen
und in weitesten Kreisen als Störung des Land-
schaftsbildes empfunden werden». Die Regierung
ihrerseits sicherte 1930 dem Historischen Verein -
allerdings eher unverbindlich - zu, bei Neubauten
in Liechtenstein die Anliegen des Heimatschutzes
zu berücksichtigen. 2 4
Gelegentlich, auch das muss gesagt werden,
schoss hier der Historische Verein über das Ziel
hinaus. Zumindest drängt sich dieser Gedanke aus
heutiger Perspektive auf. Zum Beispiel empfahl der
Verein im Jahr 1932 der Regierung, das von Archi-
tekt Ernst Sommerlad entworfene Bauprojekt des
Hermann Zickert nicht zu bewilligen. Der Histori-
sche Verein begründete diese Empfehlung damit,
dass das Gebäude nicht in das Dorfbild von Vaduz
passe.2 5 Gebaut wurde das Haus mit dem markan-
ten viertelkreisförmigen Grundriss trotzdem. Und
es steht heute sogar unter Denkmalschutz.2''
38
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
DENKMALSCHUTZ
Der Historische Verein als Gesamtgremium oder
auch einzelne Vereinsmitglieder bemühten sich
aber auch immer wieder um den Erhalt von schüt-
zenswerten Bauten und Objekten. Sie setzten sich
dabei auch für eine zweckmässige Verwendung der
historischen Gebäude ein. Diese Bemühungen wa-
ren manchmal umsonst, gelegentlich aber auch
erfolgreich. Oftmals waren es engagierte Einzelper-
sonen, die dem Verein Anstösse gaben, hier tätig zu
werden. Ein frühes Engagement, das scheiterte, ist
im Folgenden kurz skizziert. Anschliessend seien
noch zwei erfolgreiche Bemühungen exemplarisch
angeführt.
Der Vereinsvorstand setzte sich im Jahr 1930
vergeblich für den Erhalt eines aus dem 15. Jahr-
hundert stammenden Torbogens ein, der sich ge-
genüber der Bäckerei Heim in Balzers befand und
leider einer Strassenregulierung weichen musste.2 7
Anlässlich der Ausschuss-Sitzung vom 27. Mai
1930 hatte der Vereinsvorstand noch festgehalten:
Die Entfernung dieses Torbogens sei «kein Ver-
kehrsbedürfnis» und plädierte für «stehen lassen!
Dieser Bogen ist noch eines der wenigen histori-
schen Denkmäler von Balzers. Falls die Regierung
doch beschliessen sollte, ihn zu entfernen, so soll
er vorher photographiert werden». 2 8 Sowohl Foto-
dokumentation wie Abbruch des Torbogens ge-
schahen noch im selben Jahr. Zudem verfasste
Egon Rheinberger einen Kurzbericht für das Jahr-
buch. 2 9
Fürst Franz I. beabsichtigte 1930, das in fürst-
lichem Besitz stehende Geburtshaus des Kompo-
nisten Josef Gabriel Rheinberger zu verkaufen. Der
Fürstliche Musikdirektor Severin Brender, gleich-
zeitig Mitglied des Historischen Vereins, teilte dies
dem Vereinsvorsitzenden Josef Ospelt schriftlich
mit und bat den Historischen Verein dabei, «alles
zu unternehmen, dass die Geburtsstätte Rheinber-
gers der Kunst und dem Lande nicht verloren
gehe». 3 0 Gleichzeitig schrieb ein privates Komitee
der Regierung, «eine Entäusserung des Geburts-
hauses von Josef Rheinberger [wäre! nicht zu ver-
antworten». Das Komitee hielt zudem fest: «Wir
sind uns bewusst, dass die moderne Zeit ideellen
Wertungen entgegensteht, wir sind uns aber auch
bewusst, dass gerade der Dienst an der Kunst und
die Erhaltung und Pflege von deren historischen
Bauwerken besonderer Wertmesser an der wirk-
lichen Kultur des Volkes ist». 3 1 Diesem Komitee
gehörten unter anderem die Vereinsmitglieder
Egon Rheinberger, Hofkaplan Alfons Feger, Otto
Schaedler und Georg Hinkelbein an. Der Verkauf
des Rheinberger-FIauses an einen privaten Inter-
essenten war aber zu diesem Zeitpunkt bereits in
die Wege geleitet. Der Historische Verein schrieb
daraufhin dem Fürsten, mit der ausdrücklichen
Bitte, das Verkaufsgeschäft zu stornieren. 3 2 Die
Proteste zeigten Wirkung, und die Veräusserung
des Rheinberger-Hauses an eine Privatperson
konnte schliesslich verhindert werden. Im Jahr
1957 erwarb sodann das Land Liechtenstein dieses
historische Gebäude im Zentrum von Vaduz, in
23) JBL 21 (1921), Vereinschronik, S. 135.
24) Schreiben der Regierung an den Historischen Verein vom 21.
Dezember 1929.
25) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 28. Juli 1932.
26) Ursula Riederer: Neues Bauen im Fürs ten tum Liechtenstein. In:
Patrik Birrer (Hrsg.) Bauen für Liechtenstein, S. 270-295, hier S.
279-281. Das «Zickert-Haus» an der Feldstrasse in Vaduz steht seit
1998 unter Denkmalschutz, (freundliche Mitteilung von Hansjörg
Frommelt, Leiter der Fachstelle Archäologie). Interessant am Rande:
Hermann Zickert (t 1954) liess sich von der Haltung des Histori-
schen Vereins nicht irritieren und wurde sogar 1932 Vereinsmit-
glied.
27) Ebenda. Egon Rheinberger verfasste einen Kurzbericht über
dieses abgegangene Baudenkmal, abgedruckt in: JBL 30 (1930).
S. 77 f.
28) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 27. Mai 1930.
29) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 5. Oktober 1930.
30) Schreiben von Musikdirektor Josef Brender an den Historischen
Verein. 3. Apr i l 1930.
31) Schreiben des Komitee gegen den Verkauf des Rheinberger-
Hauses, 29. März 1930, an die Regierung gerichtet.
32) Schreiben des Historischen Vereins an Fürst Franz I., 15. Apr i l
1930,
39
Das Geburtshaus des
Komponisten Josef Gabriel
Rheinberger in Vaduz
wurde 1930 vom F ü r s t e n
zum Verkauf angeboten.
Der Historische Verein
konnte zusammen mit
einem Initiativkomitee
bewirken, dass dieses
G e b ä u d e nicht in Privat-
besitz gelangte.
dem sich heute - wie wir alle wissen - die Mu-
sikschule befindet.3 3
Das zweite erfolgreiche Beispiel betrifft die soge-
nannten «Pfrundbauten» im Zentrum von Eschen.
Die Denkmalschutz-Kommission entschied am 13.
Mai 1965 mehrheitlich, dass das Pfrundhaus in
Eschen als historisches Objekt nicht schützenswert
sei und dass gegen einen Abbruch desselben nichts
einzuwenden sei. Mit diesem Entscheid wollte sich
Georg Malin, Vorstandsmitglied des Historischen
Vereins, nicht abfinden. Er gelangte am 18. Mai
1965 mit einem eingeschriebenen Brief an die Re-
gierung. Georg Malin bat die Regierung eindring-
lich, die Abbrucherlaubnis zu verweigern. Er ver-
wies einerseits auf die historische Bedeutung die-
ses Bauwerks: «ein Bau aus dem 16. Jahrhundert,
der öffentliches und geistiges Zentrum des Dorfes
war, stellt eine Verpflichtung dar». Andererseits
verwies Georg Malin auch auf den wichtigen Stel-
lenwert dieses Gebäudes im Ortsbild von Eschen:
«Würde das Pfrundhaus entfernt, um eine schnitti-
ge Kurve für den rasanten Innerortsverkehr zu er-
reichen, ginge Wesentliches in der Dorfkerngestal-
tung verloren. Die wenig schöne Kirche stünde
nackt da, und das Unvermögen ihrer Erbauer wür-
de überlaut». 3 4 Die weitere Geschichte der Eschner
«Pfrundbauten» ist bekannt. Ein Abbruch konnte
um Haaresbreite verhindert werden. Schlussend-
lich entschied das Eschner Stimmvolk 1973 an der
Urne darüber: 185 Stimmberechtigte befürworte-
ten die Renovation dieses historischen Bauwerks,
währenddem 180 für den Abbruch plädierten. 3 5
Johann Baptist Büchel hatte - wie wir gesehen
haben - in seiner Ansprache im Jahr 1915 ge-
fordert, dass ein Gesetz geschaffen wird, das Ver-
äusserungen und Verkäufe von Kulturgütern und
Kunstgegenständen ins Ausland verbietet. Es gab
damals aber bereits eine Regierungsverordnung,
die den Verkauf antiquarischer Gegenstände ins
Ausland bewifligungspflichtig machte und ausser-
dem die Finder von Altertümern verpflichtete, ihre
Funde innert dreier Tage der Regierung zu melden.
Diese Regelung aus dem Jahr 1888 blieb indes
relativ wirkungslos; denn angesichts der relativen
Armut der Bevölkerung war die Versuchung gross,
Funde zu verheimlichen und Kulturgüter zu ver-
kaufen, um damit zu einem schönen Stück Geld zu
kommen. Dies geschah manchmal aber auch ganz
offen: Ein trauriges Beispiel ist der prachtvolle
Eschner Hauptaltar von Erasmus Kern aus dem
17. Jahrhundert, der im Jahr 1893 per Inserat
verkauft wurde. 3 6
Mit dem Ziel, die Kulturgüter in Liechtenstein
besser schützen zu können, befasste sich der His-
torische Verein ab dem Jahr 1938 mit der Erarbei-
tung eines Gesetzes über den Denkmalschutz. 3 7 Der
Verein hatte also wesentlichen Anteil an der Verab-
schiedung des ersten Denkmalschutzgesetzes von
1944. Gemäss diesem Gesetz musste fortan eine
Denkmalschutz-Kommission ernannt werden, be-
stehend aus einem Regierungsmitglied sowie zwei
bis vier weiteren Mitgliedern, die «nach Anhörung
des Historischen Vereins» berufen wurden. 3 8
40
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / K L A U S B I E D E R M A N N
Die « P f r u n d b a u t e n » im
Zentrum von Eschen. Ge-
gen den Willen der Denk-
malschutz-Kommission
setzte sich in den 1960er
Jahren ein Vorstandsmit-
glied des Historischen Ver-
eins für den Erhalt dieses
Gebäude -Ensemble s ein.
A n einer Volksabstimmung
be fü rwor t e t e die Eschner
Bevölkerung schliesslich
1973 die Renovation der
« P f r u n d b a u t e n » .
Dieses Gesetz erlaubte es der Regierung, eine
Inventarliste der schützenswerten Denkmäler in
Liechtenstein zu erstellen. Damit war für die Inven-
tarisierung der Bau- und Kunstdenkmäler in Liech-
tenstein, die bald darauf begann, erstmals eine
gesetzliche Grundlage geschaffen.3 9 Gemäss diesem
Gesetz durfte ein Handel mit Denkmälern nur mit
Einwilligung der Regierung geschehen. Das Denk-
malschutzgesetz regelte auch Kompetenzen und
Rechte bei archäologischen Ausgrabungen.4"
In Zusammenarbeit mit der Denkmalschutz-
Kommission beteiligte sich der Verein an den Vor-
bereitungen für das Denkmalschutzjahr 1975. Der
Vorsitzende nahm an der Orientierungskonferenz
der Ostschweizer Kantone zum «Europäischen
Jahr für Denkmalpflege und Heimatschutz 1975»
am 16. Oktober 1974 in St. Gallen teil. An der Jah-
resversammlung vom 23. Februar 1975 sprach
Architekt Hans Rheinberger über die Bedeutung
des Denkmalschutzjahres. Er betonte dabei nicht
nur die Bedeutung der Erhaltung von Einzelobjek-
ten, sondern verwies auch auf die Wichtigkeit des
Schutzes von ganzen Ortsbildern. 4 1 Aus Anlass des
Denkmalschutzjahres gestaltete das Vorstandsmit-
glied Georg Malin eine Briefmarkenserie mit den
vier Motiven «Kapelle St. Mamertus, Triesen», «Ro-
tes Haus, Vaduz», «Pfrundbauten, Eschen» sowie
«Burg Gutenberg, Balzers».
Der Gedanke, dass wirkungsvoller Denkmal-
schutz nicht nur den Erhalt von Einzelobjekten be-
zweckt, sondern auch um den Schutz von ganzen
Gebäudegruppen (und des sie umgebenden Raums)
besorgt sein muss, floss dann 1977 in die Neufas-
sung des Denkmalschutzgesetzes von 1944. Auch
wurden die zu schützenden Objekte und Gruppen
nunmehr genauer definiert. Hiess es 1944 noch,
«alle für die Geschichte oder die Kultur des Landes
bedeutenden Objekte der Baukunst, der freien
Kunst oder des Handwerks sowie Urkunden» seien
33) Georg Malin: Zur Baugeschichte der Musikschule in Vaduz. In:
JBL 68 (1968), S. 219-239, hier S. 226 f. - Der Wunsch, dass das
Land Liechtenstein das Rheinberger-Haus kaufen sollte, hatte der
Vereinsvorsitzende Josef Ospelt mündlich Regierungschef Hoop
gegenüber bereits am 13. September 1930 - nachdem der Verkauf
an eine Privatperson nicht zustande kam - geäusser t : vgl. Aktennotiz
von Josef Ospelt im Vereinsarchiv.
34) Schreiben von Georg Malin. Mauren, an die Regierung, 18. Mai
1965.
35) Vgl . Liechtenstein 1938-1978. Bilder und Dokumente, S. 447.
36) Norbert W. Hasler: Kulturgut aus Liechtenstein - abgewandert
oder verloren. In: J B L 93 (1995), S. 403-420.
37) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 16. Februar 1938.
38) LGB1. 1944, Nr. 4: Gesetz vom 28. Februar 1944 betreffend den
Denkmalschutz. Der 1944 bestellten ersten liechtensteinischen
Denkmalschutz-Kommission gehör ten folgende Personen an: Land-
tagspräs ident Anton Frommelt als Vorsitzender: Architekt Hans
Rheinberger, Vaduz, Josef Malin, Mauren, sowie der Vorsitzende des
Historischen Vereins, Josef Ospelt - vgl. JBL 44 (1944), Vereinschro-
nik, S. 113.
39) Vgl. hierzu die Aus führungen auf S. 131 f.
40) Dieser wichtige Bereich ist auf S. 104 weiter ausgeführ t .
41) JBL 74 (1974), Vereinschronik, S. 189-191.
41
zu schützen, 4 2 so wurde 1977 definiert, dass Denk-
mäler «bewegliche und unbewegliche Sachen»
seien, «die wegen ihrer geschichtlichen, künstle-
rischen oder wissenschaftlichen Bedeutung und
ihrer Beziehung zu Liechtenstein erhaltenswürdig
sind». Als Denkmäler galten dabei insbesondere
«einzelne Bauteile, Bauwerke und Baugruppen so-
wie deren Zugehör und Ausstattung», «Gebiete und
Stätten von geschichtlicher Bedeutung», «Kunst-
werke, Gebrauchsgegenstände, Urkunden, Schrif-
ten, Drucke, Münzen, Siegel und dergleichen» so-
wie «Sammlungen». 4 3 Damit wurde der Begriff des
Denkmals nicht nur räumlich erweitert, sondern
auch inhaltlich präzisiert.
Die Denkmalschutz-Kommission wurde auch
nach dem 1977 verabschiedeten neuen Gesetz
«nach Anhörung des Historischen Vereins» ge-
wählt . 4 4 Stets, also bereits seit 1944, gehörten auch
Vereinsmitglieder, oftmals der Vereinsvorsitzende
selbst, dieser Kommission an.
Anliegen der Denkmalpflege sowie Berichte über
den Denkmalschutz finden - besonders seit den
1990er Jahren - auch Eingang im Jahrbuch. Vor-
standsmitglied Norbert W. Hasler hatte nämlich
1989 angeregt, alle fünf Jahre im Jahrbuch Be-
richte über Denkmalschutzprojekte zu veröffent-
lichen. 4 5 Die Anregung wurde aufgegriffen, und im
Jahrbuch Band 93 erschien das erste Mal eine so-
genannte «Denkmalschutz-Chronik». 4 6 Darin sind
Verluste dokumentiert, aber ebenso wurde über
neue Unterschutzstellungen berichtet. Weitere sol-
che Chroniken, nunmehr für jeweils ein Jahr, folg-
ten in den Bänden 94 bis und mit 97. Es ist zu hof-
fen, dass die Rubrik «Denkmalschutz-Chronik» in
den nun folgenden Jahrbüchern wieder weiterge-
führt wird.
LANDSCHAFTSSCHUTZ UND NATURSCHUTZ
In den Bereichen Landschaftsschutz und Natur-
schutz gab der Historische Verein gleichfalls immer
wieder Impulse. Gemäss den Vereinsstatuten war
(und ist) es Aufgabe des Historischen Vereins, um
einen «tunlichsten Schutz der Naturdenkmäler des
Landes» bemüht zu sein.
Demzufolge mahnte der Verein 1929 die Regie-
rung an, für eine strengere Durchführung der
Vorschriften zum Schutz der Natur und der Alpen-
pflanzen besorgt zu sein. 4 7 Die Regierung antworte-
te positiv, 4 8 und der Historische Verein wurde 1930
eingeladen, beim Gesetzesentwurf zum Schutz der
Natur mitzuwirken. Ebenfalls zur Mitarbeit einge-
laden wurden die Sektion Liechtenstein des Deut-
schen und Österreichischen Alpenvereins und der
Verkehrsverein. 4 9 Vertreter der genannten Vereine
trafen sich zu drei Sitzungen, um den Gesetzes-
entwurf vorzubereiten und zu diskutieren. 5 0 Sei-
tens des Historischen Vereins nahmen Wilhelm
Fehr aus Schaanwald als Experte für Fauna sowie
Anton Frommelt als Kenner der Flora an diesen
Besprechungen teil. 5 1
Gemäss diesem 1933 erlassenen Gesetz erfolgte
die Festsetzung einer Schutzwürdigkeit von «Na-
turgebilden» durch die Regierung «nach Anhörung
einer Kommission». «Die Schutzwürdigkeit kann
wegen der Eigenart oder Seltenheit solcher Natur-
gebilde, wegen ihrer naturwissenschaftlichen Be-
deutung oder wegen des durch sie dem Land-
schaftsbilde verliehenen besonderen Gepräges ge-
geben sein. Die Feststellung der Schutzwürdigkeit
muss unterbleiben, wenn andere wichtige Interes-
sen überwiegen». 5 2 Besondere Abschnitte dieses
Gesetzes betrafen den Schutz des Landschafts- und
Ortsbildes, den Schutz der Pflanzen- und Tierwelt
sowie schliesslich die Strafbestimmungen. Auf An-
suchen des Historischen Vereins wurde in das Ge-
setz auch eine Bestimmung über den Schutz von
Höhlen aufgenommen. 5 3
Der Vereinsvorsitzende Josef Ospelt regte 1940
an, die Polizei und Hilfspolizei anzusuchen, für
eine wirksame Überwachung der Einhaltung des
Naturschutzgesetzes besorgt zu sein. 5 4 An der Jah-
42
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
resversammlung 1941 in Triesenberg wurde über
den Naturschutz diskutiert. Es sollten jene Pflanzen
und Tiere aufgezeichnet und dokumentiert werden,
die infolge der Entwässerung des Talbodens zum
Verschwinden «verurteilt sein werden».™
Weitere Bemühungen um den Landschafts- und
Naturschutz folgten dann in den 1960er und
1970er Jahren. Auch diese Anstösse verdanken wir
oft dem Engagement einzelner Vereinsmitglieder.
Beispielsweise setzte sich Adulf Peter Goop im
Jahr 1967 mit einem Brief an die Regierung da-
für ein, dass die Umgebung der beiden Schellen-
berger Burgen vor einer möglichen Überbauung
geschützt werde. 5 6 Mario Broggi regte 1972 die
Anlegung eines historischen Wanderwegs auf dem
Eschnerberg an. Diese Idee wurde umgesetzt"'7 und
erlaubt den interessierten Besucherinnen und
Besuchern nunmehr einen geordneten Zugang zu
den dortigen prähistorischen Siedlungsstätten. 5 S
Ebenfalls 1972 beschloss der Vorstand des Histo-
rischen Vereins einstimmig, die Bemühung des
Botanischen Zirkels - der heutigen Botanisch-
Zoologischen Gesellschaft - Liechtenstein-Sargans-
Werdenberg zur Unterschutzstellung des Ruggeller
Riets zu unterstützen. 5 ' '
Im Jahr 1973 war der Historische Verein Grün-
dungsmitglied der Liechtensteinischen Gesellschaft
für Umweltschutz (LGU). b 0 Zusammen mit der LGU
und dem Liechtensteiner Alpenverein wehrte sich
der Historische Verein in den Jahren 1975 und
1976 erfolgreich gegen Pläne der Drei-Schwestern-
Seilbahn Aktiengesellschaft, eine Kabinen-Luft-
42) LGB1. 1944. Nr. 4: Gesetz vom 28. Februar 1944 bortreffend den
Denkmalschutz, Artikel I.
43) LGB1. 1977. Nr. 39: Denkmalschutzgesetz vom 14. Juni 1977,
Artikel 2.
44) LGB1. 1977, Nr. 39: Denkmalschutzgesetz vom 14. Juni 1977,
Artikel 25.
451 Protokoll der Vorstandssitzung vom 15. Februar 1989.
461 Denkmalschutz in Liechtenstein: Aus der Chronik der Jahre
1990 bis 1993. Verfasser: Hansjörg Frommelt. In: JBL 93 (1995),
S. 297-316.
47) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 13. Mai 1929.
48) JBL 29 (19291, Vereinschronik, S. 158.
49) J B L 30 (1930), Vereinschronik, S. 111.
50) JBL 32 (1932), Vereinschronik, S. 97.
51) Protokoll der Jahresversammlung vom 18. September 1932 in
Balzers.
52) JBL 32 (1932), Vereinschronik, S. 98.
53) Ebenda. - Vgl. auch Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 3.
Oktober 1932.
54) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 9. Mai 1940.
55) Protokoll der Jahresversammlung vom 9. November 1941 in
Triesenberg.
56) Brief von Adulf Peter Goop an die Regierung. 8. November 1967.
57) Es war ein Gemeinschaftswerk der Unter länder Gemeinden,
koordiniert vom Historischen Verein. A m 14. Juli 1975 konnte der
historische Höhenweg Eschnerberg eröffnet werden. - Vgl. JBL 75
(1975), Vereinschronik, S. 479.
58) Protokoll der Vorstandssitzung vom 5. Mai 1972.
59) Protokoll der Vorstandssitzung vom 1. Februar 1972.
601 Protokoll der Vorstandssitzung vom 16. August 1973.
Der 1975 fertiggestellte
historische Wanderweg
auf dem Eschnerberg war
vom Historischen Verein
mitiniti iert worden. Ver-
schiedene Stolen - hier bei
einem Ausbl ick vom
Gantenstein auf die Burg
Tosters - informieren ü b e r
N a t u r s c h ö n h e i t e n sowie
ü b e r die reichhaltige Ge-
schichte dieses Berg-
r ü c k e n s .
43
Publikation zum Land-
schaftswandel in Liechten-
stein. Dokumentiert wurde
auch die Ausdehnung des
Siedlungsgebietes i m Tal-
raum von 1950 bis 1980.
Landschaftswandel
im Tal räum
Liechtensteins
7
0 1 2 i 4 Stall
1960
Hangfus
Seilbahn zu errichten, die von Nendeln aus auf
den Sarojasattel führen sollte. Damit konnte eine
Erschliessung dieses naturnahen Gebietes am Fuss
des Drei-Schwestern-Massivs für den Massentou-
rismus verhindert werden. 6 1
Die Bereiche Natur- und Landschaftsschutz
wurden auch an mehreren Jahresversammlungen
thematisiert. So referierte Walter Walch 1970 über
das Thema «Landschaft und Siedlung in Liechten-
stein», Mario Broggi stellte 1972 das Projekt des
historischen Höhenwegs auf dem Eschnerberg vor,
und an der Jahresversammlung 1973 präsentierte
Ingbert Ganns das Naturschutzgebiet Schwabbrün-
nen, welches er als Beispiel für einen vorbildlichen
Naturschutz hervorhob. 6 2
Auch in den Jahrbüchern erschienen sporadisch
naturwissenschaftliche Beiträge 6 3 sowie Arbeiten
zum Thema Natur- und Landschaftsschutz. Die
umfassendste Arbeit hierzu ist die im Band 86
veröffentlichte Dissertation von Mario F. Broggi
mit dem Titel «Der Landschaftswandel im Tal-
raum des Fürstentums Liechtenstein», welche die
vom Menschen eingeleiteten Veränderungen sowie
den schleichenden, aber steten Rückzug der Natur
darstellt.6 4
Zudem gehörten Mitglieder des Historischen
Vereins immer wieder der Naturschutz-Kommissi-
on der Regierung an. 6 5
In den letzten zwei Jahrzehnten ist es um das
Engagement des Historischen Vereins für den
Natur- und Landschaftsschutz etwas ruhiger ge-
worden. Mit ein Grund dafür ist, dass sich seither
andere Organisationen, vor allem die LGU, in die-
sen Bereichen stark engagieren. Damit ist aber
nicht gesagt, dass der Verein hier in Zukunft nicht
wieder eine aktivere Rolle spielen könnte; denn die
1912 definierten Vereinsziele sind auch heute noch
Bestandteil der Vereinsstatuten. Es sind dies - um
es zusammenfassend nochmals zu sagen: der
Schutz des Landschaftsbildes, die Erhaltung der
historisch interessanten Bauten sowie der «tun-
lichste Schutz der Naturdenkmäler». 6 6 Der Verein
muss sich hier also engagieren, nötigenfalls auch
unbequem sein, will er sich selbst und seinen Zie-
len treu bleiben.
44
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT JAHRE DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
ORGANISATION
VORSTAND
Die Vereinsgeschäfte werden seit 1901 von einem
«Ausschuss», ab den 1940er und 1950er Jahren
nunmehr «Vorstand» genannten Gremium verant-
wortlich geleitet. Dieser Vereinsvorstand wurde an
der entsprechenden Jahresversammlung jeweils
für fünf Jahre gewählt. Im Jahr 1996 schliesslich
wurde die Amtsperiode auf drei Jahre verkürzt.
Dem ersten fünfköpfigen Vereinsvorstand gehör-
ten - wie bereits erwähnt - Albert Schädler, Johann
Baptist Büchel, 6 7 Oberlehrer Alfons Feger,68 Fürstli-
cher Kabinettsrat Karl von In der Maur 6 9 und Egon
Rheinberger7 0 an. Karl von In der Maur starb am
11. Dezember 1913. 7 1 An seiner Stelle wurde Frei-
herr Leopold von Imhof zum neuen Vorstandsmit-
glied gewählt. 7 2
An den Jahresversammlungen vom 24. Oktober
1915 in Vaduz und vom 19. September 1920 in
Schaan wurden alle bisherigen Vorstandsmitglie-
der im Amt bestätigt. 7 3
Im Juni 1922 starb Dr. Albert Schädler, der erste
Vorsitzende des Historischen Vereins, im Alter
von 74 Jahren. Neuer Vereinsvorsitzender wurde
Johann Baptist Büchel, sein Stellvertreter Alfons
Feger. Ihre Wahl erfolgte an der Jahresversamm-
lung vom 8. Oktober 1922 in Schaan, an der auch
Eugen Nipp, Direktor der Realschule in Vaduz, neu
in den Vereinsvorstand gewählt wurde. 7 4
Eugen Nipp wurde anlässlich der Ausschuss-
Sitzung vom 21. März 1923 zum neuen Schrift-
führer gewählt. Gleichzeitig übernahm Oberlehrer
Alfons Feger das Amt des Bibliothekars. 7 3
Der Vereinsvorsitzende Johann Baptist Büchel
verstarb am 14. November 1927, nur zwei Monate
nach der grossen Rheinüberschwemmung: «Gegen
Herbst zeigten sich zunehmende Zeichen des kör-
perlichen Zerfalles. Und das grosse Landesunglück
zehrte dazu am grossen Sohn Liechtensteins, am
unentwegten Patrioten, so dass sein Geist ins bes-
sere Jenseits zurückkehrte, noch bevor er den Wie-
deraufbau Liechtensteins mit anschauen könnte». 7 6
Nach dem Tod Büchels wurde Oberlehrer Alfons
Feger Interimsvorsitzender des Historischen Ver-
eins. Doch bereits an der ausserordentlichen Mit-
gliederversammlung vom 26. Februar 1928 er-
klärte er aus gesundheitlichen Gründen seinen
Rücktritt von diesem Amt wie auch aus dem Ver-
einsvorstand.7 7 Anstelle von Feger wurde an dieser
Versammlung fürstlicher Rat Josef Ospelt zum
neuen Vereinsvorsitzenden gewählt. Die Mitglie-
derversammlung wählte fürstlicher Oberingenieur
Gabriel Hiener, 7 8 zugleich neuer Bibliothekar, sowie
Hofkaplan Alfons Feger,7 9 Sohn von Oberlehrer
Alfons Feger, neu in den Ausschuss. Schriftführer
Eugen Nipp übernahm zusätzlich das Amt des
61) Vgl. diverse Akten im Vereinsarchiv sowie Schreiben der Regie-
rimg vom 4. August 1976.
62) Vgl. die entsprechenden Veroinschroniken in den J ah rbüche rn .
63) Siehe hierzu den Beitrag von Hans-Jörg Rheinberger auf
S. 205-220 in diesem Jahrbuch.
64) JBL 86 (1986). S. 7-325.
65) Vgl. diverse Vereinschroniken und Jahresberichte.
66) Vereinsstatuten, erlassen am 19. November 1950. Paragraph 2,
Absatz II.
67) Zu Albert Schädler und Johann Baptist Büchel siehe auch
Beitrag von Alois Ospelt auf S. 159-204 in diesem Jahrbuch.
68) Zu Alfons Feger siehe auch S. 74 f.
69) Zu Karl von In der Maur siehe auch S. 74 f.
70) Egon Rheinberger ist auf S. 74-77 kurz vorgestellt.
71) JBL 14 (1914), S. 5-10: Nachruf von Albert Schädler auf Kar l von
In der Maur.
72) JBL 14 (1914). Vereinschronik. S. 148. - Leopold von lmhof
gehörte dem Vereinsvorstand bis zu seinem unfreiwilligen Weggang
aus Liechtenstein im Jahr 1918 an.
73) JBL 15 (1915), Vereinscbronik. S. 136, und JBL 20 (1920),
Vereinschronik, S. 91.
74) JBL 22 ( I 922). Vereinschronik. S. 103. - Zu Eugen Nipp siehe
auch S. 76 f.
75) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 21. März 1923.
76) Eugen Nipp: t Prälat J . B. Büchel. In: JBL 27 (1927). S. 3-10.
hier S. 3.
77) JBL 28 (1928). Vereinschronik. S, 179.
78) Zu Gabriel Hiener siehe auch S. 74.
79) Zu Hofkaplan Alfons Feger siehe auch S. 46 f. und Anm. 84.
45
Protokollbuch I, welches
ü b e r Vorstandssitzungen
und Jahresversammlun-
gen des Historischen
Vereins im Zeitraum von
1923 bis 1937 berichtet
46
Vereinskassiers, welches durch das Ausscheiden
von Oberlehrer Alfons Feger frei geworden war.
Für seine langjährige Vereinstreue - er war
seit der Gründung des Vereins dessen Kassier und
stellvertretender Vorsitzender - wurde Oberlehrer
Alfons Feger, auf Vorschlag von Oberlehrer Franz
Xaver Gassner, zum Ehrenmitglied 8" ernannt.8 1
ERWEITERUNG DES VEREINSVORSTANDES
An der Jahresversammlung 1930 wurde eine Er-
weiterung des Vereinsvorstandes von fünf auf sie-
ben Mitglieder beschlossen. Neu in den nunmehr
erweiterten Vereinsvorstand wurden Pfarrer und
Landtagspräsident Anton Frommelf 8 2 sowie Lehrer
David Beck gewählt. David Beck übernahm von
Eugen Nipp 1930 das Amt des Vereinskassiers.8 3
Anstelle des weggezogenen Hofkaplans Alfons
Feger 8 4 wurde an der Jahresversammlung 1935
Landesphysikus Martin Risch neu in den Vereins-
vorstand gewählt. Sämtliche übrigen Vorstandsmit-
glieder wurden im Amt bestätigt. 8 5
Vorstandsmitglied und Konservator Egon Rhein-
berger starb 1936. 8 6 An seiner Stelle wurde neu
Regierungssekretär Ferdinand Nigg in den Vereins-
vorstand gewählt . 8 7 Rheinbergers Aufgabe als Kon-
servator übernahm Anton Frommelt.
Das Vorstandsmitglied Gabriel Hiener verstarb
1942. Ferdinand Nigg trat dessen Nachfolge als
Vereinsbibliothekar an. Eine Ergänzungswahl folg-
te erst 1945 mit der Einsitznahme von Regierungs-
chef Alexander Frick im Vorstand des Historischen
Vereins. 8 8
Der Vereinsvorstand wurde 1950 bestätigt. Ihm
gehörten weiterhin als Vorsitzender Josef Ospelt,
als dessen Stellvertreter Konservator Anton From-
melt und als weitere Mitglieder Schriftführer Eugen
Nipp, Vereinskassier David Beck, Bibliothekar Fer-
dinand Nigg sowie Alexander Frick und Martin
Risch an. 8 9
Grössere Veränderungen brachte dann das Jahr
1955. Der Vereinsvorsitzende Josef Ospelt trat von
seinem Amt zurück. Anton Frommelt und Eugen
Nipp stellten ebenfalls ihre Mandate als Vorstands-
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS BIEDERMANN
mitglieder zur Verfügung. Zum neuen Vereinsvor-
sitzenden wurde an der Jahresversammlung 1955
David Beck gewählt, zu seinem Stellvertreter Mar-
tin Risch. Zu neuen Vorstandmitgliedern wurden
Rudolf Rheinberger, Georg Malin und Felix Marxer
berufen. 9 0 Felix Marxer übernahm von David Beck
das Amt des Kassiers, Ferdinand Nigg blieb Biblio-
thekar und wurde neu Schriftführer. Das Amt des
Konservators teilten sich David Beck und Rudolf
Rheinberger.91
An die Stelle des 1957 verstorbenen Ferdinand
Nigg wurde Landestechniker Karl Hartmann in
den Vereinsvorstand gewählt . 9 2 Nachdem Felix
Marxer interimsmässig die Protokollführung kurz-
zeitig inne gehabt hatte, wurde Karl Hartmann
zum neuen Schriftführer berufen. 9 3
Der Vereinsvorstand wurde 1960 bestätigt. Es
gehörten ihm weiterhin an: David Beck, Vorsitz;
Martin Risch, stellvertretender Vorsitzender; Felix
Marxer, Kassier; Karl Hartmann, Schriftführer, so-
wie Regierungschef Alexander Frick, Georg Malin
und Rudolf Rheinberger.9 4
Im Hinblick auf die 1965 fälligen Wahlen stellten
Martin Risch und Felix Marxer ihre Mandate im
Vereinsvorstand zur Verfügung. Es wurden an ih-
rer Stelle Landesbibliothekar Robert Allgäuer und
Josef Wolf neu in den Vorstand gewählt. Wolf über-
nahm das Amt des Kassiers. Die anderen Vor-
standsmitglieder Frick, Malin und Rheinberger
wurden bestätigt. 9 5
Der Vereinsvorsitzende David Beck starb am 21.
Mai 1966. An der Vorstandssitzung vom 26. Okto-
ber wurde über seine Nachfolge diskutiert. Ale-
xander Frick und Rudolf Rheinberger versuchten,
das 1965 zurückgetretene Vorstandsmitglied Felix
Marxer für diese Aufgabe zu gewinnen. 9 6 Felix
Marxer erklärte sein Einverständnis. Als Bedin-
gung verlangte er jedoch Entlastung in seinem Amt
als Reallehrer. Alexander Frick, der interimsmässig
nach dem Tod von David Beck den Vereinsvorsitz
wahrnahm, stellte - erfolgreich - ein diesbezügli-
ches Gesuch an den Schulrat. 9 7 An der Jahresver-
sammlung im Dezember 1966 wurde Felix Marxer
zum Vereinsvorsitzenden und Alexander Frick zu
seinem Stellvertreter gewählt . 9 8
In der alten Zusammensetzung wurde der Ver-
einsvorstand im Dezember 1970 und im März
1976" bestätigt: Felix Marxer als Vorsitzender,
Alexander Frick als sein Stellvertreter, Josef Wolf
als Kassier, Karl Hartmann als Schriftführer,
80) Die Kategorie «Ehrenmitgl iedschaf t» wurde offiziell erst 1937
eingeführt ; vgl. die Ausführungen auf S. 53 f.
81) Protokoll der Jahresversammlung vom 26. Februar 1928 in
Tri e sen.
82) Zu Anton Frommelt siehe auch S. 76-78.
83) Protokoll der Jahresversammlung vom 12. Oktober 1930 in
Vaduz. Ebenso wurde die folgende Bestimmung in die Vereinsstatu-
ten aufgenommen: «Wenn Vorstandsmitglieder wäh rend dieser
Amtsdauer ausscheiden, so wird für die restliche Amtsdauer von der
nächs ten Jahresversammlung eine Ersatzwahl vorgenommen» . - Es
zeigte sich jedoch, dass dieser Bestimmung nicht immer nachgelobt
wurde.
84) Alfons Füger wirkte fortan bis zu seinem Tod 1938 als Pfarr-
Rektor in Wien. Er war seit 1916 Mitglied des Historischen Vereins
gewesen und hatte auch mehrere Jahrbuch-Bei t räge verfasst. - Vgl.
Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 30. Oktober 1938.
85) Protokoll der Jahresversammlung vom 3. November 1935 in
Vaduz.
86) JBL 36 (1936), S. 10.
87) JBL 36 (1936), Vereinschronik, S. 99 f.
88) JBL 45 (1945), Vereinschronik, S. 174.
89) JBL 50 (1950), Vereinschronik, S. 200.
90) Protokoll der Jahresversammlung vom 13. November 1955.
91) Protokolle der Vorstandssitzungen vom 13. November 1955 und
vom 2. Dezember 1955.
92) JBL 57 (1957), Vereinschronik. S. 288.
93) Protokoll der Vorstandssitzung vom 26. November 1957.
94) JBL 60 (1960), Vereinschronik. S. 243.
95) JBL 65 (1966), Vereinschronik, S. 264.
96) Protokoll der Vorstandssitzung vom 26. Oktober 1966.
97) Protokoll der Vorstandssitzung vom 2. November 1966.
98) JBL 66 (1967), Vereinschronik, S. 108.
99) Aufgrund der Neuausrichtung des Rechnungsjahrs auf das
Kalenderjahr dauerte das Vereinsjahr 1973/1974 eineinhalb Jahre.
Es fand daher 1974 keine Jahresversammlung statt, und die Man-
datsdauer des im Dezember 1970 gewählten Vorstands lief deshalb
auch erst im F rüh jah r 1976 ab.
47
Robert Allgäuer als Bibliothekar und Rudolf Rhein-
berger als weiteres Mitglied. 1 0 0
Alexander Frick trat 1981 als Vorstandsmitglied
zurück. An seiner Stelle wurde Alois Ospelt, Lan-
desbibliothekar und -Archivar, neu in den Vereins-
vorstand gewählt. Er übernahm das Amt des stell-
vertretenden Vereinsvorsitzenden.1 0 1 Die übrigen
Vereinsmitglieder wurden an der Jahresversamm-
lung im Frühjahr 1981 bestätigt. 1 0 2
Der Vereinsvorsitzende Felix Marxer stellte
1986 sein Amt zur Verfügung. Zu seinem Nachfol-
ger wurde Alois Ospelt gewählt. Schriftführer Karl
Hartmann trat ebenfalls aus dem Vorstand zurück.
Neu in den Vereinsvorstand wurden Norbert W.
Hasler und Rupert Quaderer gewählt. Die einzel-
nen Aufgaben wurden im neuen Vereinsvorstand
wie folgt verteilt: Robert Allgäuer wurde Jahrbuch-
Redaktor - dieses Amt hatte bisher der jeweilige
Vereinsvorsitzende wahrgenommen - Norbert W.
Hasler wurde Konservator, Rupert Quaderer fun-
gierte als Schriftführer und Rudolf Rheinberger
wurde stellvertretender Vereinsvorsitzender.1 0 3
Der Vereinsvorsitzende
Alois Ospelt gratuliert
Marie-Theres Fr ick 1991
zur Wahl in den Vereins-
vorstand. Damit nahm
erstmals eine Frau Einsi tz
i m Vorstand des Histori-
schen Vereins.
Josef Wolf trat auf Anfang 1990 als Kassier und
Vorstandsmitglied zurück. An der Jahresversamm-
lung 1990 wurde Gymnasiallehrer Helmut Konrad
neu in den Vereinsvorstand gewählt. Das Vor-
standsmitglied Norbert W. Hasler übernahm von
Josef Wolf das Amt des Vereinskassiers. 1 0 4
Erstmals in der nunmehr 90-jährigen Vereins-
geschichte wurde 1991 mit der Juristin Marie-Theres
Frick eine Frau in den siebenköpfigen Vorstand ge-
wählt. Sie trat an die Stelle von Rudolf Rheinberger,
der als Vorstandsmitglied seine Demission einge-
reicht hatte. Die bisherigen Vorstandsmitglieder wur-
den in ihren Funktionen bestätigt. 1 0 5 In der Nachfolge
von Rudolf Rheinberger wurde Georg Malin neuer
stellvertretender Vereinsvorsitzender.106
Die Rücktritte des Vereinsvorsitzenden Alois
Ospelt sowie der Vorstandsmitglieder Robert A l l -
gäuer und Georg Malin kündigten grössere Verän-
derungen für das Wahljahr 1996 an. Neuer Ver-
einsvorsitzender wurde 1996 Rupert Quaderer;
sein Amt als Schriftführer übernahm das bisherige
Vorstandsmitglied Helmut Konrad. Norbert W. Has-
ler wurde als Vorstandsmitglied bestätigt, gab je-
doch das Amt des Kassiers an das neu gewählte
Vorstandsmitglied Alfred Goop ab. Ebenfalls neu in
den Vereinsvorstand wurden Veronika Marxer und
Volker Rheinberger gewählt . 1 0 7 In dieser Zusam-
mensetzung wurde der Vereinsvorstand an der
Jahresversammlung 1999 bestätigt . 1 0 8
Die Aufgabe des Jahrbuch-Redaktors, von Vor-
standsmitglied Robert Allgäuer für die Bände 85
bis 94 wahrgenommen, wurde ab Band 95 an
Geschäftsführer Klaus Biedermann übertragen, der
seit September 1995 beim Historischen Verein mit
einem Teilzeitpensum angestellt ist . 1 0 9
MITGLIEDER
Mitglied des Vereins, so wurde es 1901 beschlos-
sen, «konnte jeder unbescholtene In- und Aus-
länder werden, der das 18. Lebensjahr vollendet
hat». Der Vereinsvorstand entschied über die Auf-
nahme neuer Mitglieder. 1 1 0 Es wurde auch festge-
legt, dass alle Mitglieder das Jahrbuch erhielten -
48
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS BIEDERMANN
gegen Bezahlung eines jährlichen, an der Vereins-
versammlung festgelegten Mitgliederbeitrags.
Diese Grundsätze wurden - abgesehen von klei-
neren Abweichungen - beibehalten. Diese Abwei-
chungen betrafen zum Beispiel die Einführung
mehrerer Mitgliederkategorien: 1937 wurde die
Ehrenmitgliedschaft offiziell e ingeführt ," 1 1950
wurde der Vereinsvorstand ermächtigt, von den
Hoch- und Mittelschülern einen ermässigten Mit-
gliederbeitrag einzuziehen. Ebenso wurde das Ein-
trittsalter damals von 18 auf 16 Jahre gesenkt.1 1 2
Erster Profiteur dieser Regelung war der angehen-
de Ingenieur Walter Beck aus Schaan, der 1951 als
Studentenmitglied aufgenommen wurde. Der Jah-
resbeitrag für Mittel- und Hochschüler wurde da-
mals auf vier Franken festgesetzt. Dies entsprach
der Hälfte des normalen Mitgliederbeitrags." 3
Kollektivmitgliedschaften gab es in dem Sinn, als
Gemeinden, Schulen und Lesevereine dem Verein
als Kollektiv beitraten. Als eine gesonderte Kate-
gorie im Sinne von «juristischen Personen» wurde
die Kollektivmitgliedschaft jedoch erst im Jahr 1989
statutarisch beschlossen. 1 1 4 Gleichzeitig wurde ent-
schieden, dass die Aufnahme von Neumitgliedern
lediglich provisorisch über Anmeldung an den Vor-
stand erfolgte, dass jedoch über definitive Auf-
nahmen die Mitgliederversammlung entschied." 5
Dieser Entscheid wurde 1999 rückgängig gemacht,
indem die Kompetenz über die Mitgliederaufnahme
dem Vereinsvorstand zurückerstattet wurde. Gleich-
zeitig wurde die Möglichkeit der Partnermitglied-
schaft eingeführt: Ehe- und Lebenspartner/innen
konnten beide dem Verein beitreten, zu einem et-
was höheren Jahresbeitrag, wobei nur ein Jahrbuch
pro Paar abgegeben wird. 1 "'
Die Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder
wurden erst 1989 statutarisch explizit festgehalten.
Dabei ging man vom Grundsatz aus, dass diese für
alle Vereinsmitglieder gleich seien; Lediglich die
Jahresbeiträge wurden für die einzelnen Katego-
rien verschieden festgelegt.117 Die Mitglieder er-
halten seither einen Mitgliederausweis, der bei
möglichen Vergünstigungen für Vereinsmitglieder
auf Verlangen vorzulegen ist. Zum Beispiel kön-
nen Jahrbücher, Sonderdrucke und (teilweise) auch
andere Vereinspublikationen von Vereinsmitglie-
dern zu einem reduzierten Preis erworben wer-
den. 1 1 8 Mitglieder des Historischen Vereins erhiel-
ten auch freien Eintritt in zwei Vaduzer Museen. So
hatte bereits 1974 der Vereinsvorstand beschlos-
sen, beim Stiftungsrat des Liechtensteinischen Lan-
desmuseums zu beantragen, dass die Mitglieder
des Historischen Vereins freien Eintritt in das Lan-
desmuseum erhalten. Dem Antrag wurde stattge-
geben. 1 1 9 Zudem informierte Georg Malin den Ver-
einsvorstand am 15. März 1989, dass der Stif-
tungsrat der Staatlichen Kunstsammlungen am
1001 JBL 70 (1970), Vereinschronik. S. 528 f. sowie JBL 75 (1975).
Vereinschronik, S. 480.
101) Protokoll der Vorstandssitzung vom 29. Apr i l 1981.
102) JBL 80 (1980), Vereinschronik, S. 313 f.
103) JBL 86 (1986), Vereinschronik, S. 397.
104) JBL 90 (1991). Jahresbericht des Historischen Vereins. S. 338.
105) JBL 91 (1992). Jahresbericht des Historischen Vereins, S, 217,
106) Protokoll der Vorstandssitzung vom 22. Mai 1991.
107) JBL 96 (1998). Jahresbericht des Historischen Vereins. S. 301 f.
108) JBL 99 (2000). Jahresbericht des Historischen Vereins. S. 282.
1091 Zur Geschäftsstelle des Historischen Vereins siehe auch Kapitel
«Verwaltung». S. 54-56.
110) JBL 1 (1901). S. 272, Statuten von 1901, Paragraph 3.
111) Vgl. Ausführungen auf S. 53 f.
112) Vereinsstatuten von 1950. Paragraph 3 respektive Paragraph 4.
113) Protokoll der Vorstandssitzung vom 1. März 1951.
114) A n der Jahresversammlung 1989 in Balzcrs. Doch bereits im
Zusammenhang mit der 1972 erfolgten Schaffung der öffentlich-
rechtlichen Stiftung Liechtensteinisches Landesmuseum erwog der
Vereinsvorstand 1974 die Schaffung einer Mitgliedschaft von juristi-
schen Personen. - Vgl. Protokoll der Vorstandssitzung vom 8. Feb-
ruar 1974.
1 1 5) Protokoll der Jahresversammlung vom 8. Apr i l 1989 in Balzers.
116) Protokoll der Jahresversammlung vom 25. März 1999 in
Gamprin.
117) Vereinsstatuten von 1950, Paragraph 3, Ergänzung von 1989.
118) Vereinsstatuten von 1950. Paragraph 6. Ergänzung von 1989.
119) Protokoll der Vorstandssitzung vom 8. Februar 1974.
49
23. Februar 1989 entschieden hatte, den Mitglie-
dern des Historischen Vereins gegen Ausweis-
vorlage freien Eintritt in seine Sammlungen zu
gewähren . 1 2 0 Diese Regelung ist gegenstandslos
geworden durch den Bau und die im Jahr 2000
erfolgte Eröffnung des neuen Kunstmuseums in
Vaduz. Für das ab dem Jahr 2003 wieder zugäng-
liche Landesmuseum sollte der Gratiseintritt für
die Mitglieder des Historischen Vereins aber ge-
währleistet bleiben.
Die Mitgliedschaft beim Flistorischen Verein
endet durch Austritt, Ausschluss 1 2 1, Tod oder durch
Erlöschen der juristischen Person (beziehungswei-
se des Kollektivorgans). Neueintritte und Todesfälle
wurden jeweils im Jahresbericht einzeln genannt;
eine individuelle Nennung der Austritte erfolgte bis
1930. Danach wurde nur noch die jeweilige Zahl
der Austritte bekannt gegeben. Verstorbene, die
sich um den Verein besonders verdient gemacht
hatten, wurden in separaten Nachrufen gewürdigt.
Dies galt für Ehrenmitglieder, ehemalige Vor-
standsmitglieder, aber auch für Angehörige des
Fürstenhauses. Doch Verstorbene, die zu Lebzeiten
besonders aktive Vereinsmitglieder waren, wurden
in der Regel im jeweiligen Jahresbericht gewürdigt.
Ein frühes Beispiel aus dem Jahr 1913 sei hier ex-
emplarisch erwähnt:
«Im Dezember des vorigen Jahres starb Herr Semi-
narregens und Domherr Dr. Johann Georg Mayer
in Chur, ein edler Priester und namhafter Histo-
riker, dessen bedeutendstes Werk: Die Geschichte
des Bistums Chur, dem auch unser Land seit den
ältesten Zeiten stets zugehört, in weiten Kreisen
bekannt ist und sehr geschätzt wird. Der Verewigte
wohnte regelmässig unseren Jahresversammlun-
gen bei und hatte stets lebhaftes Interesse an den
Geschicken unseres Landes. Unser Verein verdankt
ihm die Monographie über Ortlieb von Brandis-
Vaduz, Bischof von Chur, welche im vierten Jahr-
buch erschienen ist...
Ein anderes Mitglied unseres Vereins Herr Ober-
lehrer Anton Hinger starb am Weihnachtstage in
Rottweil im hohen Alter von nahezu 90 Jahren. Er
kam im Jahre 1857 nach Vaduz, wo er 38 Jahre als
Oberlehrer wirkte und auch an der Organisation
unseres Landesschulwesens hervorragenden An-
teil hatte. Die im dritten Jahrbuch erschienene
Biographie unseres berühmten Landsmannes und
Komponisten Josef Rheinberger entstammt seiner
Feder. Auch im Dezember vorigen Jahres verschied
nach kurzer Krankheit im Alter von 62 Jahren Herr
Postmeister Xaver Bargetzi in Friesen, ein Mann
der wegen seines offenen und edlen Charakters
und seiner öffentlichen Dienstleistungen in seiner
Gemeinde und im Lande allgemein hochgeachtet
war. Im gleichen Alter verschied im April 1913
Herr Theobald Kirchthaler in Vaduz, dessen jovia-
les und humorvolles Wesen ihn überall beliebt
gemacht hatten.»122
Schauen wir uns nun im Überblick die Entwicklung
der Mitgliederzahlen an. Ebenso sei ein Blick auf
bemerkenswerte Eintritte, speziell bei Kollektiv-
mitgliedern, sowie die Gesamtzusammensetzung
des Mitgliederbestandes erlaubt:
Am Schluss des ersten Vereinsjahres 1901 zähl-
te der Historische Verein bereits 79 Mitglieder.
Interessant ist hier eine Aufschlüsselung nach Be-
rufen und gesellschaftlichen Positionen. Von diesen
79 Mitgliedern waren 16 Beamte, 14 Lehrer und
Professoren, 13 Priester, zwölf Gewerbetreibende,
neun Gemeindevorsteher und Politiker sowie je
vier Ärzte und Juristen. 65 der insgesamt 79 Mit-
glieder lebten in Liechtenstein. Es wird deutlich,
dass es doch eine gewisse Bildungselite war, die
den Historischen Verein in Liechtenstein initiierte
und mittrug. Erstes Kollektivmitglied war 1901 die
Regierung des Fürstentums Liechtenstein.
Im Jahr 1902 traten Fürst Johann II. sowie die
Prinzen Alfred, Franz und Johann von Liechten-
stein dem Historischen Verein als Mitglieder bei . 1 2 3
Wilhelmine Freiherrin von Hausen wurde im sel-
ben Jahr als erste Frau Mitglied des Vereins. Die
liechtensteinischen Gemeinden traten ebenso im
Jahr 1902 als Kollektivmitglieder dem Verein bei,
desgleichen der Leseverein in Vaduz. 1 2 4 Gustav von
Neumann, fürstlich-liechtensteinischer Architekt in
Wien und Entwerfer des Regierungsgebäudes so-
wie mehrerer sakraler Bauten in Liechtenstein,
wurde 1903 Vereinsmitglied. 1 2 5
50
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Im Jahr 1910 waren 132 Personen Mitglieder
des Historischen Vereins. Die Universitätsbiblio-
thek Wien trat damals als erstes ausländisches Kol-
lektivmitglied dem Verein bei . 1 2 6 1911 wurde der
Verein der Vorarlberger in Wien ebenfalls Kollek-
tivmitglied beim Historischen Verein für das Fürs-
tentum Liechtenstein. 1 2 7 Die Lesevereine von Trie-
sen und Triesenberg meldeten 1912 ihre Mitglied-
schaft an. 1 2 8 Mit der Preussischen Staatsbibliothek
in Berlin wurde 1914 eine weitere ausländische
Institution Kollektivmitglied des Historischen Ver-
eins. 1 2 9 Im Jahr 1918 wurde der Liechtensteiner
Verein in St. Gallen als weiteres Kollektivmitglied
aufgenommen, 1 3 0 ebenso 1921 die Landes-Lehrer-
bibliothek in Vaduz. 1 3 1
Ende 1925 zählte der Verein 233 Mitglieder:
Acht Mitglieder des fürstlichen Hauses, elf Gemein-
den, fünf Vereine, drei Bibliotheken sowie 198 an-
dere Mitglieder. Von diesen letzteren waren 156
Liechtensteiner, zehn Schweizer, zwölf Reichsdeut-
sche, und 20 waren Angehörige von Deutschöster-
reich beziehungsweise der Tschechoslowakei. 1 3 2
Der Jünglingsverein Schaan trat 1928 dem His-
torischen Verein bei . 1 3 3 Relativ spät, im Jahr 1933,
traten dann die 14 liechtensteinischen Volksschu-
len, 1 3 4 die Landesschule in Vaduz sowie die Se-
kundärschule Eschen dem Historischen Verein als
Kollektivmitglieder bei; als weitere Schule wurde
1938 das Collegium Marianum - das spätere Liech-
tensteinische Gymnasium - Vereinsmitglied. 1 3 5 Elf
Roverrotten des fürstlich-liechtensteinischen Pfad-
finderkorps traten 1939 dem Historischen Verein
bei. 1 3 ' 1 Das Institut (Kloster) St. Elisabeth in Schaan
wurde 1942 Kollektivmitglied beim Historischen
Verein. 1 3 7
Der Mitgliederbestand stieg 1933 insgesamt von
258 auf 273 Personen, obwohl 13 Mitglieder in
diesem Jahr aus dem Verein austraten. Von den
Ausgetretenen war der grössere Teil Ausländer,
welche ihren Schritt mit der schweren wirtschaft-
lichen Lage in ihren Ländern begründeten. 1 3 8 Aus
ähnlichen Beweggründen traten auch im folgen-
den Jahr insgesamt 21 Mitglieder aus dem Verein
aus. Die gesamte Mitgliederzahl schrumpfte 1934
auf 263 Personen. 1 3 9 Infolge Schwierigkeiten bei
120) Protokoll der Vorstandssitzung vom 15. März 1989.
1 21) Ein möglicher Ausschluss aus dem Verein wurde 1989 statuta-
risch wie folgt neu geregelt: «Auf Antrag des Vorstandes kann die
Mitgliederversammlung Mitglieder ausschliessen, die den Zielen des
Vereins zuwiderhandeln oder den Verpflichtungen gegenüber dem
Verein trotz schriftlicher Mahnung nicht nachkommen» ; vgl. Ver-
einsstatuten von 1950, Paragraph 3 und Paragraph 8, Abschnitt h.
Vorher hatte es noch geheissen: «dem Vereinsvorstand obliegt der
Ausschluss von Mitgliedern, die gröblich gegen die Statuten und
Ziele des Vereins sich verfehlen»,
122) JBL 13 (1913), Vereinschronik, S. 57 f.
123) Der Fürs t und mehrere Mitglieder des Hauses Liechtenstein
sind von 1902 an stets Vereinsmitglieder gewesen. Thronfolger Prinz
Franz Josef von und zu Liechtenstein wurde im Jahr 1932 Mitglied
des Historischen Vereins: vgl. JBL 32 (1932), Vereinschronik, S. 95.
124) JBL 2 (1902), Mitgliederverzeichnis, S. 304.
125) JBL 3 (1903), Mitgliederverzeichnis. S. 213.
126) JBL 10 (1910). Vereinschronik, S. 185; ab 1928 wurde die
Universitätsbibliothek Wien nicht mehr als Mitglied, sondern als
Tauschschriftonpartnerin genannt,
127) JBL 11 (1911). Mitgliederverzeichnis, S. 183; diese Mitglied-
schaft dauerte bis 1930.
128) JBL 12 (1912), Vereinschronik, S. 143; der Leseverein Triesen
wurde bis 1936, der Leseverein Triesenberg bis 1937 und der
Leseverein Vaduz, bis 1947 als Mitglied geführt .
129) JBL 14 (1914), Vereinschronik. S. 148. Die Preussische Staats-
bibliothek in Berlin wurde bis 1956 als Vereinsmitglied genannt.
1 30) Austritt im Jahr 1933. Wiedereintritt 1938.
131) JBL 18 (1918). Vereinschronik, S. 80, sowie JBL 20 (1920).
Vereinschronik. S. 133.
1321 Feger, Alfons: Die ersten 25 Jahre unseres Historischen Vereins
1900/1925. In: JBL 25 (1925), S. 2.
133) JBL 28 (1928), Vereinschronik, S. 181. Der Schaaner Jünglings-
verein, spä ter Jungmannschaft genannt, wurde bis 1967 als Vereins-
mitglied geführt .
134) Die Schulen aller elf Gemeinden plus Schaanwald, Nendeln und
Vaduz-Möliholz, ab 1940 als Vaduz-Ebaholz geführt .
1 35) JBL 33 (1933), Vereinschronik. S. 1 39 beziehungsweise JBL 38
(1938). Vereinschronik, S. 152. Die Mitgliedschaft der Landesschule
in Vaduz ging 1953 auf die Realschule Vaduz über.
136) Von allen Gemeinden ausser Planken, da es dort keine Rover-
rotte gab, sowie die Roverrotte von Nendeln; vgl. JBL 39 (1939).
Vereinschronik, S. 119. Im Jahr 1949 waren noch die Rotten von
Eschen, Mauren, Ruggell, Schaan und Vaduz beim Historischen
Verein dabei. 1955 nur noch die Rotten von Schaan und Vaduz und
1980 nur noch die Rover-Rotte von Schaan.
137) JBL 41 (1941). Vereinschronik. S. 160. sowie JBL 42 (1942),
Vereinschronik, S. 93.
138) JBL 33 (1933). Vereinschronik. S. 139.
139) JBL 34 (1934), Vereinschronik. S. 135.
51
In den Jahresberichten
des Historischen Vereins
sind stets auch die neu
eintretenden Vereinsmit-
glieder aufgelistet. Dieses
Manuskript des Vorsitzen-
den Josef Ospelt ist ein
d iesbezüg l i che r Ausschnitt
aus dem Rechenschaftsbe-
richt f ü r das Jahr 1938.
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der Überweisung der Mitgliederbeiträge ersuchten
1936 mehrere Mitglieder aus dem Ausland um
Streichung ihrer Mitgliedschaft. 1 4 0
Walo Bertschinger, Bauunternehmer in Zürich,
spendete dem Historischen Verein 1 500 Franken.
Er wurde 1940 als lebenslängliches Mitglied in den
Verein aufgenommen. 1 4 1 Ebenfalls erhielt er die
Jahrbücher von Band 30 bis und mit Band 39 gra-
tis zugestellt. Seine Geldspende wurde für die An-
schaffung von Schränken für die Münzsammlung
des Vereins sowie zur Aufbewahrung von ur- und
frühgeschichtlichen Funden verwendet. 1 4 2
Während im Zeitraum von 1940 bis 1953 die
Mitgliederzahl eher geringfügig von 305 auf 370
Personen wuchs, gab es in den Jahren zwischen
1953 und 1966 einen markanten Anstieg von 370
auf 646 Personen. 1 4 3
Im Jahr 1950 hatte der Mitgliederbestand noch
bei 356 Personen gelegen. Mehrere liechtenstei-
nische Industriebetriebe traten dann in den 1950er
Jahren dem Historischen Verein bei, so 1955 die
Gerätebau-Anstalt in Balzers, 1956 die Firma
Maschinenbau Hilti in Schaan, 1957 die Liechten-
steinischen Kraftwerke sowie 1959 die Press- und
Stanzwerke in Eschen. 1 4 4 Auch mehrere Organi-
sationen und Institutionen im Ausland wurden
Vereinsmitglieder, so 1954 das Bayerische Haupt-
staatsarchiv in München, 1955 der Liechtensteiner
Verein in Zürich, 1956 das Vorgeschichtliche Insti-
tut der Universität Tübingen und 1959 das Kapuzi-
nerkloster in Mels (SG). 1 4 5 Im Jahr 1959 zählte der
Historische Verein erstmals über 500 Mitglieder. 1 4 6
Das Amt der Stadt Feldkirch (Stadtarchiv) wurde
1960 Vereinsmitglied, ebenso das Rätische Mu-
seum in Chur. 1 4 7 1962 trat der Rotary Club Liech-
tenstein dem Historischen Verein bei . 1 4 8 In den
1960er Jahren und in den frühen 1970er Jahren
stieg die Mitgliederzahl nochmals deutlich an, um
im Jahr 1975 die Grösse von 727 Personen zu
erreichen. 1 4 9
52
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT JAHRE DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Die Gewerbegenossenschaft - die spätere Ge-
werbe- und Wirtschaftskammer - wurde 1977 Mit-
glied beim Historischen Verein. 1 5 0 Erst recht spät
traten liechtensteinische Banken als Kollektivmit-
glieder dem Historischen Verein bei: 1983 die Ver-
waltungs- und Privatbank AG, 1989 die Liechten-
steinische Landesbank. 1 5 1
Im Jahr 2000 zählte der Historische Verein 863
Mitglieder. Der Frauenanteil blieb im Laufe der Zeit
eher gering; denn zumeist war es so, dass ein
Mitglied einer Familie - meistens der Vater - Ver-
einsmitglied war. Und manche Frauen traten dem
Historischen Verein erst bei, wenn es galt, die Mit-
gliedschaft des verstorbenen Mannes fortzusetzen.
Durch die seit 1999 mögliche Ehepaar- und Part-
nermitgliedschaft erhöhte sich inzwischen der
Frauenanteil leicht und beträgt heute gut 20 Pro-
zent. Nicht ganz überraschend ist das relativ hohe
Durchschnittsalter der Mitglieder, wie es sich bei
einer Stichprobe im November 2000 zeigte: Es be-
trägt 55,8 Jahre. 1 5-
In den Jahrbüchern Band 1 bis und mit Band 43
befand sich stets ein aktuelles Mitgliederverzeich-
nis. Im Jahr 1940 hatte der Vereinsvorstand be-
schlossen, ein Mitgliederverzeichnis im Jahrbuch
nur noch alle fünf Jahre zu publizieren. Lediglich
Änderungen wie Todesfälle, Austritte und Neumit-
glieder sollten jedes Jahr verzeichnet werden. 1 5 3
Der Beschluss wurde jedoch nicht in dieser Form
ausgeführt. Lediglich die Jahrbücher Band 44, 46
und 47 enthalten kein Mitgliederverzeichnis. Ab
Band 48 wurde dieses Verzeichnis wieder jedes
Jahr publiziert. 1957 beschloss man erneut, das
Mitgliederverzeichnis nur alle fünf Jahre zu veröf-
fentlichen. Doch David Beck ersuchte 1958 den
Vereinsvorstand, diesen Entscheid zu widerrufen;
denn der Druck des gesamten Mitglieder-
verzeichnisses im Jahrbuch habe sich aus prakti-
schen Gründen (Nachführen neuer Mitglieder) als
günstig erwiesen. Es würden dadurch keine gros-
sen Mehrkosten verursacht, da nur die neuen Mit-
glieder zusätzlich gesetzt werden müssten. Der
Vorstand entschied in der Folge, das Mitglieder-
verzeichnis weiterhin jährlich in das Jahrbuch auf-
zunehmen. 1 5 4 Dieser Entscheid wurde bis und mit
Band 67 durchgehalten, seither erfolgt die Wieder-
gabe des Mitgliederverzeichnisses nur noch spora-
disch. 1 5 5
EHRENMITGLIEDER
An der Jahresversammlung vom 17. Oktober 1937
in Vaduz wurde neu die Kategorie der Ehren-
mitgliedschaft eingeführt. Artikel 3 der Statuten
wurde dementsprechend ergänzt: «Zu Ehrenmit-
gliedern können von der Mitgliederversammlung
solche Personen ernannt werden, die sich um die
140) J B L 36 (1936). Vereinschronik. S. 100.
141) Diese Verleihung einer lehenslangen Mitgliedschaft hatte
allerdings keine statutarische Grundlage.
142) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 29. Januar 1940.
143) Vgl. Vereinschroniken 1940. 1953 und 1966 in den entspre-
chenden J a h r b ü c h e r n .
144) JBL 55 (1955), Vereinschronik, S. 150; JBL 56 (1956), Vereins-
chronik, S. 395; JBL 57 (1957), Vereinschronik, S. 282, sowie J B L 59
(1959), Mitgliederverzeichnis. S. 395.
145) JBL 54 (1954). Vereinschronik, S. 139; JBL 55 (1955). Vereins-
chronik, S. 150; JBL 56 (1956), Vereinschronik. S. 80 und J B L 59
(1959). Mitgliederverzeichnis, S. 394. Das Bayerische Hauptstaats-
archiv in München wurde ab den spä ten 1970er Jahren nicht mehr
als Vereinsmitglied, sondern als Tauschschriftcn-Partner geführt .
146) JBL 59 (1959). Vereinschronik. S. 381.
147) JBL 60 (1960). Mitgliederliste. S. 247-254, Das Räusche
Museum in Chur wurde ab 1972 als Tauschschriften-Partner ge-
führt .
148) JBL 62 (1962), Mitgliederverzeichnis. S. 375.
149) JBL 75 (1975), Mitglicderverzeichnis. S. 483-496.
150) JBL 77 (1977), Vereinschronik, S. 247.
151) J B L 83 (1983), Vereinschronik, S. 231 und JBL 89 (1991),
Jahresbericht, S. 225.
1 52) Bei dieser Stichprobe, du rchgeführ t vom Autor, wurden 600 in
Liechtenstein lebende Vereinsmitglieder erfasst. Das Durchschnitts-
alter 55.8 ist ein Annäherungswer t , der jedoch aufgrund des hohen
L-rfassungsgrades durchaus Aussagekraft hat.
153) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 30. Juli 1944.
154) Protokoll der Vorstandssitzung vom 21. Januar 1958.
155) Neuere Mitgliederverzeichnisse enthalten die J a h r b ü c h e r Band
75 (1975), Band 80 (1980), Band 87 (1987) sowie Band 93 (1995).
53
Geschichtswissenschaft oder um den Verein beson-
dere Verdienste erworben haben».
Anlass für diese Statutenänderung war eine
Anregung der «Skandinaviska Släkt Studie Sam-
fundet» (Gemanitas Genealogigiae Gothica) in
Stockholm. Diese schwedische Gesellschaft hatte
im Sommer 1936 dem Historischen Verein für das
Fürstentum Liechtenstein die Anregung eines Mit-
gliederaustausches gemacht und gleichzeitig Land-
tagspräsident Anton Frommelt, Regierungschef
Josef Hoop, Eugen Nipp und Fürstlicher Rat Josef
Ospelt zu Ehrenmitgliedern ernannt. Im Gegen-
zug wurden dann die Herren Gustaf Leopoldson
von Horn, Graf Casimir-Casimirson Lewenhaupt,
S. Adelbert Fredericks Son sowie Frau Karin-
Gustafsdotter von Horn Ehrenmitglieder des His-
torischen Vereins für das Fürstentum Liechten-
stein. 1 5 6
An der 40. Jahresversammlung, welche am 20.
Oktober 1940 im «Waldhotel» in Vaduz stattfand,
wurden sämtliche noch lebenden Gründungsmit-
glieder zu Ehrenmitgliedern des Historischen Ver-
eins ernannt. Es waren dies: Gabriel Hiener, fürstli-
cher Landestechniker; Viktor Kleiner, gewesener
Vorarlberger Landesarchivar, Bregenz; Adolf Lindt,
Justizrat, Darmstadt; fürstlicher Rat Ludwig Mar-
xer, Landestierarzt, Vaduz; fürstlicher Rat Josef Os-
pelt, Vereinsvorsitzender, Vaduz; Emil Risch, Ober-
lehrer im Ruhestand, Triesen; Josef Schädler, Ton-
warenfabrikant, Brederis und Friedrich Walser,
Postmeister im Ruhestand, Schaan. 1 5 7
Die Ehren- und Gründungsmitglieder Gabriel
Hiener, Josef Schädler und Ludwig Marxer starben
1942 beziehungsweise 1947 und 1949. Mit dem
Hinschied von Friedrich Walser, Viktor Kleiner und
Emil Risch im Jahr 1950 starben drei weitere
Gründungsmitglieder. Nach diesen Todesfällen lebte
nur noch ein Gründungsmitglied, nämlich der Ver-
einsvorsitzende Josef Ospelt. 1 5 8 Dieser wurde 1955
- nach seinem Rücktritt als Vereinsvorsitzender -
zum Ehrenpräsidenten des Historischen Vereins
gewählt. Die ebenfalls zurückgetretenen Vorstands-
mitglieder Anton Frommelt und Eugen Nipp wur-
den zu Ehrenmitgliedern ernannt. 1 5 9
An der Jahresversammlung von 1959 wurden
Erwin Poeschel und Benedikt Frei zu Ehrenmitglie-
dern des Historischen Vereins ernannt. 1 6 0 Weitere
Ehrenmitgliedschaften wurden anlässlich der Mit-
gliederversammlung im Jahr 1969 verliehen: Aus-
gezeichnet wurden damit Martin Risch, Vaduz; Fri-
dolin Tschugmell, Triesen und Otto Seger, Vaduz. 1 6 1
Alexander Frick wurde im März 1981, nach über
35-jährigem Wirken im Vereinsvorstand, zum Eh-
renmitglied ernannt. 1 6 2 Die Jahresversammlung
vom März 1984 befürwortete die Aufnahme von
Engelbert Bucher als Ehrenmitglied des Histori-
schen Vereins. 1 6 3 An der Mitgliederversammlung
1986 wurden die zurücktretenden Vorstandsmit-
glieder Felix Marxer und Karl Hartmann mit der
Ehrenmitgliedschaft ausgezeichnet.1 6 4 Adulf Peter
Goop sowie die aus dem Vereinsvorstand 1991
ausscheidenden Rudolf Rheinberger und Josef Wolf
wurden 1991 zu Ehrenmitgliedern ernannt. Im
Jahr 1994 wurde Alt-Regierungschef Gerard Batli-
ner Ehrenmitglied des Historischen Vereins. 1 6 5
Die bislang letzten Ehrenmitgliedschaften wur-
den anlässlich der Mitgliederversammlung vom
Mai 1996 verliehen: Damals wurden Robert Allgäu-
er und Georg Malin für ihre Verdienste und ihr
langjähriges Wirken im Vereinsvorstand ausge-
zeichnet. 1 6 6
VERWALTUNG
Die Vereinsverwaltung wird vom Vereinsaus-
schuss, auch Vereinsvorstand genannt, verantwort-
lich wahrgenommen. Er wählt aus seiner Mitte
einen Schriftführer, einen Kassier und - ab 1912 -
auch einen Konservator. Dem Vereinsvorstand ob-
liegt es ausserdem statutarisch, die Beschlüsse der
Mitgliederversammlung zu vollziehen und insbe-
sondere die Redaktion des Jahrbuchs zu besor-
gen. 1 6 7 Die revidierten Statuten von 1912 legten
zudem fest, dass der Verein durch den Vereins-
vorsitzenden nach aussen vertreten wi rd . 1 6 8 Die
Korrespondenz fällt folglich in erster Linie dem
Vereinsvorsitzenden zu, da er die erste Ansprech-
person für Aussenstehende ist. Jahrzehntelang (bis
54
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
1985) war der jeweilige Vereinsvorsitzende auch
Jahrbuch-Redaktor. Der Schriftführer schreibt die
Protokolle der Versammlungen, während der Ver-
einskassier das Rechnungswesen und die Buchhal-
tung verantwortet. Faktisch erwachsen dem Ver-
einsvorsitzenden und dem Kassier die grössten
Aufwendungen. Diese Aufgaben konnten ehren-
amtlich und in der Freizeit oftmals nicht ohne Un-
terstützung von aussen geleistet werden. Dies zeig-
te sich im Laufe der Jahrzehnte, als der Tätigkeits-
bereich des grösser werdenden Vereins immer um-
fangreicher wurde.
Der Vereinskassier erhielt für seine Arbeit im
Jahr 1910 erstmals eine Entschädigung in Höhe
von 40 Kronen. 1 6 9 Dieser Betrag wurde auch die
kommenden Jahre gesprochen; ab 1920 erhielt der
Kassier dann ein Honorar in Höhe von 40 Fran-
ken. 1 7 0 Für seinen ausserordentlichen Aufwand
beim Verkauf der Publikation «Geschichte des
Fürstenthums Liechtenstein» erhielt Kassier Alfons
Feger im Jahr 1924 eine zusätzliche Pauschalent-
schädigung in Höhe von 80 Franken. 1 7 1 Als das
Kassieramt 1933 von Alfons Feger auf Eugen Nipp
wechselte, beschloss der Vereinsvorstand, dass «die
Expedition» (der Versand) der Jahrbücher nicht
mehr Aufgabe des Kassiers sei . 1 7 2 Im Sinne einer
Entlastung des Kassiers wurde schliesslich ab 1988
die Buchhaltung des Vereins extern vergeben. 1 7 3
Hinweis auf den stark gestiegenen Aufwand ist
auch die Tatsache, dass das Honorar des Kassiers
ab dem Rechnungsjahr 1981 von 500 auf 1 000
Franken erhöht wurde. 1 7 4
Der Vereinsvorsitzende konnte auch sein um-
fangreiches Arbeitspensum oft nicht im Allein-
gang bewältigen. An der Jahresversammlung 1935
wurde ausserdem beschlossen, dem Vereinsvor-
sitzenden fortan eine jährliche Entschädigung von
40 Franken zu gewähren, «für seine Arbeit, die er
zum Teil durch bezahlte Kräfte ausführen lassen
muss» . 1 7 3 Diese eher symbolische Entschädigung
des Vereinsvorsitzenden wurde 1965 von 40 auf
1000 Franken erhöht . 1 7 6 Der Vereinsvorsitzende
Felix Marxer regte sodann 1975 eine grössere
Ämterteilung innerhalb des Vorstandes an, da er
durch einzelne Funktionen sehr stark beansprucht
wurde. Er wollte auch die Jahrbuch-Redaktion
abgeben, was jedoch erst ab Band 85 mit der
Betrauung von Vorstandsmitglied Robert Allgäuer
mit dieser Aufgabe gelang.
156) JBL 37 (1937). Vereinschronik. S. 179.
157) JBL 40 (1940), S. 26 sowie Vereinschronik ebenda. S. 335-346.
158) JBL 50 (1950). Vereinschronik. S. 199. Unklar ist, ob Adolf
Lindt aus dem Verein austrat oder starb. Er wurde ab 1945 nicht
mehr als Mitglied genannt, aber über seinen eventuellen Tod wird
auch nichts berichtet.
159) Protokoll der Jahresversammlung vom 13. November 1955.
160) JBL 59 (1959). Vereinschronik. S. 386 f. - Zu Poeschel und Frei
vgl. auch die Ausführungen auf S. 131 f. beziehungsweise S. 104 f.
161) JBL 69 (1969), Vereinschronik, S. 294.
162) JBL 80 (1980). Vereinschronik. S. 314.
163) JBL 83 (1983). Vereinschronik. S. 236.
164) JBL 86 (1986), Vereinschronik, S. 398.
165) JBL 91 (1992). Jahresbericht. S. 217; JBL 94 (1997). Jahresbe-
richt. S. 307.
166) JBL 96 (1998), Jahresbericht, S. 301 f.
167) Vgl, JBL 1 (1901). S. 273. Vereinsstatuten, Paragraph 7,
168) Satzungen von 1912, Paragraph 12. Es war dabei auch ein
zweites Vorstandsmitglied zu bestimmen, welches zusammen mit
dem Vorsitzenden den Verein nach aussen vertrat: spä ter wurde
diese Bestimmung abgeänder t und dem Vorsitzenden allein diese
Kompetenz und Pflicht zuerkannt.
169) JBL 10 (1910), Vereinschronik. S. 186.
170) JBL 21 (1921), Vereinschronik. S. 133.
171) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 6. März 1924.
172) Protokoll der Jahresversammlung vom 26. Februar 1928 in
Triesen.
173) Protokoll der Vorstandssitzung vom 15. Apri l 1988. Fritz
Wohlwend erhielt für diese Tätigkeit eine Entschädigung von jähr -
lich 2 000 Franken. Der Vereinsvorstand sprach gleichzeitig Inge
Wolf, die seit 1966 - stellvertretend für ihren Mann Josef Wolf -
diese Tätigkeit ausgeübt hatte, seinen Dank aus.
174) Protokoll der Vorstandssitzung vom 4. März 1981.
175) Protokoll der Jahresversammlung vom 3. November 1935 in
Vaduz.
176) JBL 65 (1966). Vereinschronik. S. 264. - Diese Regelung blieb
bis 1996 in Kraft. Seither wird die Frage der Entschädigung des
Vereinsvorsitzenden jeweils individuell gelöst.
55
Der Vereinsvorstand machte sich schliesslich im
September 1987 erste Gedanken über die Schaf-
fung einer Geschäftsstelle. Damit sollte der Vereins-
vorstand, insbesondere der Vorsitzende, von ad-
ministrativen Aufgaben entlastet werden. 1 7 7 Die
Finanzierung dieser Geschäftsstelle wurde durch
Administrationsbeiträge der vom Verein getrage-
nen Projekte gesichert. Die verschiedenen betrof-
fenen Institutionen (Archäologie, Namenbuch, His-
torisches Lexikon, Urkundenbuch, Sprachatlas)
gaben 1990 ihr Einverständnis dazu. Im Gegenzug
wünschten die Projekte, dass ihnen die Geschäfts-
stelle auch für Sekretariatsarbeiten zur Verfügung
stehe.1 7 8 Dieser Wunsch konnte jedoch nicht, oder
nur zu einem geringen Teil erfüllt werden, da die
Geschäftsstelle in erster Linie als Exekutive des
Vereinsvorstands wirkte (und wirkt). Der Histori-
sche Verein konnte schliesslich bei der Regierung
eine direkte Finanzierung der Geschäftsstelle
durch Erhöhung des Landesbeitrags an den His-
torischen Verein, gültig ab dem Jahr 2000, erwir-
ken; dadurch wurden die Projekte inskünftig nicht
mehr durch Abgaben an den Historischen Verein
belastet.
Die erste Geschäftsführerin des Historischen
Vereins, Veronika Marxer aus Vaduz, begann am
1. Oktober 1991 mit dem Aufbau der Geschäfts-
stelle. Gleichzeitig wurde die Geschäftsstelle er-
mächtigt, Rechnungen der Projekte zu visieren und
weiterzuleiten. 1 7 9 Im Rahmen der zeitlichen Mög-
lichkeiten - die Stelle war (und ist) mit einer Person
mit einem 50-Prozent-Pensum besetzt - nahm die
Geschäftsstelle bedingt auch Dienste für die vom
Verein getragenen Projekte wahr. Das Büro des Ver-
eins übernahm zudem folgende Aufgaben: Proto-
kollführung an den Vorstandssitzungen, allgemeine
Vereins- und Mitgliederadministration, Betreuung
der Vereins- und der Tauschschriftenbibliothek,
Korrespondenz, der Verkauf von Jahrbüchern und
weiteren Vereinspublikationen, seit 1994 die Rech-
nungsführung und Buchhaltung, seit Band 95
(1998) auch die Jahrbuch-Redaktion. Zudem orga-
nisiert die Geschäftsstelle - in Zusammenarbeit
mit dem Vereinsvorstand - jeweils die Jahresver-
sammlung, aber auch andere Veranstaltungen des
Historischen Vereins. Nachfolgerin von Veronika
Marxer wurde 1993 Sandra Wenaweser aus
Schaan, die bis 1995 Geschäftsführerin war. Seit-
her wird die Geschäftsstelle von Klaus Biedermann
aus Vaduz betreut.
VEREINSLOKAL
Im 1905 fertig gestellten Regierungsgebäude er-
hielt der Historische Verein nördlich des Eingangs
ein Zimmer als Vereinslokal zugewiesen. Ein wei-
terer Raum im Regierungsgebäude war für die his-
torische Sammlung reserviert. 1 8 0 Der Verein muss-
te selbst für den Unterhalt dieser Räumlichkeiten
aufkommen. So wurde von 1913 bis 1920 für die
«Instandhaltung des Vereinszimmers» jeweils ein
Betrag von zehn Kronen aufgewendet.1 8 1
Da der Platz anderweitig benötigt wurde, musste
der Historische Verein im Sommer 1926 das bis-
herige Vereinslokal und das Museumszimmer räu-
men. 1 8 2 Stattdessen konnte er das Zimmer des
Landgerichtsdieners - ebenfalls im Regierungsge-
bäude - beziehen, in welchem jedoch zu wenig
Platz für alle Kästen mit dem Sammlungsgut war.
Der Verein stellte deshalb die Kästen im Gang des
Regierungsgebäudes auf. Die Regierung forderte
schliesslich den Historischen Verein zur Räumung
und Wegnahme dieser Kästen bis zum 12. Dezem-
ber 1926 auf. 1 8 3 Anlässlich der Ausschuss-Sitzung
vom 9. Dezember 1926 beschloss der Verein des-
halb, die wertvolleren Sachen (wie Münzen) in den
Schrank im eigentlichen (neuen) Vereinszimmer, 1 8 4
wo auch die Bibliothek untergebracht war, zu le-
gen. Die anderen zwei Schränke mitsamt Inhalt
mussten in das Vaduzer Pfarrhaus ausgelagert
werden.
Im Herbst 1929 erklärte sich Fürst Franz I. be-
reit, dem Historischen Verein für seine Sammlung
im Schloss Vaduz geeignete Räumlichkeiten zur
Verfügung zu stellen. Der Vereinsausschuss besich-
tigte zwei dafür vorgesehene Räume am 29. Okto-
ber 1929. 1 8 5 Der Landesfürst spendete zudem für
vier Jahre eine ausserordentliche jährliche Sub-
vention von 400 Franken, zweckgebunden zur Ein-
56
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT JAHRE DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
richtung der Ausstellung, und er war auch bereit,
dem Verein zehn Prozent der Eintrittsgelder zu
überlassen, welche für die Besichtigung der Samm-
lungen auf Schloss Vaduz zu entrichten waren. 1 8 6
Die Überbringung des Sammelgutes erfolgte im
Frühjahr 1930 durch Konservator Egon Rheinber-
ger. Adolf Hild hatte das Sammelgut unter Mithilfe
von Josef Ospelt und Egon Rheinberger geordnet,
um es so der Öffentlichkeit in Form einer Ausstel-
lung präsentieren zu können . 1 8 7
Viktor Kleiner gab anlässlich der Jahresver-
sammlung von 1932 «seiner Freude Ausdruck ...
über die fleissige Arbeit des Vereins und seine
schöne Entwicklung. Er lobt besonders die Jahr-
bücher. Im jetzigen Vereinslokal sei zuwenig Raum,
[um] die so häufigen Funde und die so reichliche
Sammlung unterzubringen. Er möchte [deshalb]
bitten, dass der Vereinsausschuss sich damit be-
schäftige, richtige Unterkunftsverhältnisse für die
Sammlungen zu schaffen zur Besichtigung und zu
Unterrichtszwecken». 1 8 8 Der Vereinsvorsitzende
Josef Ospelt ergänzte, dass dieser Gedanke im
Ausschuss wiederholt zur Sprache gekommen sei,
und pflichtete bei: «Schön wäre eben ein eigenes
Museumsgebäude». Zu diesem Zweck beschloss
die Jahresversammlung die Anlegung eines Mu-
seumsfonds. 800 Franken aus dem Vereinsver-
mögen bildeten die erste Fondseinlage, welche der-
einst den Bau eines Museums ermöglichen sollte. 1 8 9
Die Regierung stellte 1933 ein Gesuch an den
Fürsten, er möge dem Historischen Verein im
Schloss provisorisch zusätzliche Räumlichkeiten
für sich, die Vereinsbibliothek und die Sammlun-
gen zur Verfügung stellen. 1 9 0 Die Regierung konnte
im November 1933 dem Verein mitteilen, dass er
über das Bibliothekszimmer sowie die beiden
angrenzenden Räume auf Schloss Vaduz vorläufig
kostenlos verfügen könne. An der Jahresversamm-
lung 1933 konnte der Vereinsvorsitzende folglich
berichten, die Räumlichkeiten im Schloss Vaduz
seien «für eine Reihe von Jahren gesichert, ge-
nehmigt vom Fürsten», worauf die Versammlung
applaudierte.1 9 1 Die geologischen, vorgeschichtli-
chen und geschichtlichen Sammlungen des Vereins
konnten gesamthaft in vom Fürsten zur Verfügung
gestellten Räumlichkeiten auf Schloss Vaduz depo-
niert werden. Auch die Bibliothek und das Vereins-
archiv wurden in den Räumen von Schloss Vaduz
untergebracht.1 9 2
Die Sammlungen auf Schloss Vaduz wurden
1934 auf die zur Verfügung gestellten Räumlichkei-
ten aufgeteilt. Im vorderen Raum (bisher Biblio-
thek): Vor- und frühgeschichtliche Sammlungen bis
und mit Abschluss der Römerzeit; Zeugnisse des
frühen Mittelalters und eventuell auch die Mün-
zen; 1 9 3 im mittleren Raum befand sich die naturge-
177) Protokoll der Vorstandssitzung vom 30. September 1987.
178) Protokoll der Vorstandssitzung vom 14. Dezember 1990.
179) Protokoll der Vorstandssitzung vom 16. Oktober 1991.
180) Vgl. Beitrag von Norbert W. Hasler über die Sammeltät igkeit
des Vereins an anderer Stelle in diesem Jahrbuch sowie Grundriss
des Begierungsgebäudes auf S. 247.
181) JBL 13 (1913), Vereinschronik, S. 59.
182) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 9. Dezember 1926.
183) Ebenda.
184) Der Vereinsvorsitzende oder ein Ausschuss-Mitglied bewahrte
den Schlüssel für das Vereinszimmer. Ab 1929 wurde dieser Schlüs-
sel im Büro von Gabriel Hiener aufbewahrt. Nur Mitglieder des
Ausschusses erhielten das Recht, diesen Schlüssel zu bekommen;
vgl. Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 7. August 1929.
185) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 29. Oktober 1929.
186) JBL 30 (1930). Vereinschronik, S. 110. - Vgl . auch Dankes-
schreiben des Vereinsvorsitzenden Josef Ospelt an den Fürsten vom
27. Dezember 1929 (im Vereinsarchiv).
187) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 23. August 1930.
188) Protokoll der Jahresversammlung vom 18. September 1932 in
Balzers.
189) Ebenda.
190) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 4. Oktober 1933. - Als
Ausstellungsraum diente die f rühe re Kontingentsbäckerei nördlich
der Kornschütte im Osttrakt des Schlosses: «Dieser Raum ist ge-
wölbt, hat zwei Fenster auf den Schlosshof und birgt derzeit keine
Sammlungen»; vgl. Schreiben der Fürstl ichen Kabinettskanzlei an
den Historischen Verein vom 19. Dezember 1929 (im Vereinsarchiv).
191) Protokoll der Jahresversammlung vom 5. November 1933.
192) Ebenda, S. 137.
193) Aus Sicherhei tsgründen wurde die Münzsammlung des Vereins
ab 1928 für einige Jahre noch im Privattresor von Rat Ospelt bei der
Bank in Liechtenstein aufbewahrt.
57
schichtliche Sammlung und im hinteren Raum kam
die Vereinsbibliothek zur Aufstellung. 1 9 4
Als Eintrittspreis zum Besuch der Sammlungen
des Historischen Vereins auf Schloss Vaduz wurde
1934 die Summe von 20 Rappen festgelegt. Ein ent-
sprechender Billetblock musste angeschafft werden.
Dieser Eintrittspreis sollte die Schlosseintrittsge-
bühr nicht be rühren . 1 9 ' Am 14. Juni 1935 stellte
der Vereinsausschuss fest, dass die Eintrittskarten
ä 20 Rappen fertig gedruckt seien; dem Schloss-
wart sollten pro verkaufte Karte fünf Rappen als
Gewinn zufallen. 1 9 1 '
Infolge der Wohnsitznahme von Fürst Franz
Josef II. musste der Verein nach 1938 seine Loka-
litäten auf Schloss Vaduz wieder räumen. Am 20.
Mai 1940 schliesslich wurden die Sammlungen ins
Vaduzer Rathaus gebracht.1 9 7 Die Gemeinde Vaduz
überliess dort dem Verein einen Raum zu güns-
tigen Konditionen. 1 9" Es konnten hier allerdings
nur die prähistorische Sammlung sowie die Münz-
sammlung untergebracht werden, die übrigen Teile
Das Rathaus von Vaduz
beherbergte von 1940 bis
1954 grosse Teile der
Sammlungen des Histori-
schen Vereins.
der Sammlungen und die Bibliothek mussten im
Regierungsgebäude untergebracht, teilweise auch
magaziniert werden. 1 9 9 Die Tauschschriften, provi-
sorisch in Kisten verpackt, konnten vorübergehend
noch im Schloss belassen werden. 2 0 0
Auf Ansuchen des Historischen Vereins stellte
die Regierung im August 1945 dem Verein Räum-
lichkeiten im sogenannten «Engländerbau» im
Zentrum von Vaduz «nach Freiwerden kostenlos
zur Verfügung». 2 0 1 In seiner Bittschrift an die Re-
gierung hatte der Historische Verein im Juli 1945
dezidiert auf seine kulturelle Bedeutung und die
bisher unbefriedigende Raumfrage hingewiesen:
«Bis vor dem Weltkriege dürfte in Mitteleuropa
kein Land so wenig an Sammlungen historischer
Art der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben,
wie dies hier leider der Fall sein musste. Und es
wäre gewiss an der Zeit, hier längst Versäumtes
nachzuholen.»2"2
Vorläufig, für die Dauer von rund vier Jahren,
stand jedoch erst ein Raum im Erdgeschoss des
«Engländerbaus» zur Verfügung. Der Verein konn-
te dort im Herbst 1945 provisorisch seine Biblio-
thek einrichten. 2 0 3
Doch auch dieser Raum wurde dem Histori-
schen Verein bald wieder streitig gemacht. Die
«Neoliza» Zahnfabrik Aktiengesellschaft, Vaduz,
gelangte im November 1946 mit einem Schreiben
an den Verein, in welchem er gebeten wurde, den
Raum vorübergehend an die Zahnfabrik abzutre-
ten. Es wurden folgende Gründe für dieses Ansu-
chen genannt:
«Unsere Arbeitnehmer bestehen hauptsächlich aus
weiblichen Kräften; diese müssen bereits am al-
lerfrühesten Morgen ihre Fahrt nach Vaduz antre-
ten, um den Fabrikbeginn um 7 Uhr einhalten zu
können. Da sie nun bereits eine halbe Stunde vor
Fabrikbeginn hier eintreffen, müssen sie sich bei
Wind und Wetter, jetzt dazu noch in der Kälte,
draussen aufhalten, da wir nicht die Möglichkeit
haben, ihnen einen warmen und geschützten Raum
zu bieten. Wir sind in der allergrössten Verlegen-
heit; denn wir möchten unseren Arbeitnehmern
unbedingt die Möglichkeit bieten, sich in der freien
58
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Zeit unter Dach aufhalten zu können. Dies umso
mehr, weil wir ihnen auch die Möglichkeit geben
möchten, während der Mittagspause die Speisen
aufwärmen zu können . ,.»204
Die Firma wies im selben Schreiben darauf hin,
dass die Raumüberlassung nur so lange erbeten
würde, bis ein eigenes Fabrikgebäude errichtet
sei. Der Vereinsvorsitzende Josef Ospelt antwor-
tete: «Ihre sozialen Erwägungen beziehungsweise
Ihre Fürsorge für Ihre Arbeiterinnen sind zweifel-
los sehr anerkennenswert, doch glaube ich heute
schon daraufhinweisen zu wollen, dass wir keiner-
lei Raum zur Verfügung haben, wohin wir den be-
trächtlichen Bücherbestand, der sich gegenwärtig
in dem fraglichen Lokal befindet, verbringen könn-
ten» . 2 0 5
In einem früheren Schreiben, datiert vom 24.
September 1945, hatte der Verein die Regierung
auf die Wichtigkeit dieses Raumes hingewiesen:
Dieser Raum würde vom Verein «dringend benö-
tigt», da hier der grössere Teil der Bibliothek unter-
gebracht sei. Und der Raum müsse zugänglich blei-
ben, für Vereinsmitglieder, aber auch für wissen-
schaftliche Mitarbeiter; denn bei dieser Literatur
handle es sich um «sehr wertvolle Veröffentlichun-
gen, deren Kenntnis für gewisse Arbeiten Voraus-
setzung ist». 2 0 ' '
Der Bau eines neuen Bankgebäudes in Vaduz
löste schliesslich in den frühen 1950er Jahren die
Raumfrage für den Historischen Verein, allerdings
nur vorübergehend, wie die spätere Entwicklung
zeigen sollte. Dank einer Vereinbarung zwischen
der Regierung und der Liechtensteinischen Lan-
desbank erhielt der Historische Verein Räumlich-
keiten im oberen Stock des neuen Landesbank-Ge-
bäudes. Er konnte dort seine Sammlungen neu ein-
richten und ab 1954 konnten sie als erstes Landes-
museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht
werden. 2 0 7
Infolge akuter Raumnot sah sich die Landesbank
1966 gezwungen, dem Verein die Räumlichkeiten
wieder wegzunehmen. An der Vorstandssitzung
vom 17. Mai 1966 wurde bekannt gegeben, dass
die Direktion der Landesbank bei der Regierung
den Vertrag für das Museumsgeschoss gekündigt
hatte. Der Verwaltungsrat der Landesbank verlang-
te im Sommer 1966 von der Regierung die baldige
Räumung des Museumsgeschosses.2 0 8
Der Vorstand des Historischen Vereins war
jedoch der einhelligen Auffassung, dass eine Räu-
mung der belegten Lokalitäten nicht verantwortbar
wäre, da anderweitig keine geeigneten Räume zur
Verfügung standen. Eine Räumung würde deshalb
einer Archivierung des Materials gleichkommen,
und auch für diesen Zweck müssten zuerst geeig-
nete Lagerräume geschaffen werden. Des weiteren
befürchtete der Vereinsvorstand, dass bei einer
194) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 14. März 1934.
195) Ebenda.
1961 Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 14. Juni 1935. - Der
Billetblock ist abgebildet im Beitrag von Norbert W. 1 lasier über die
Sammeltät igkeit des Vereins auf S. 254 in diesem Jahrbuch.
197) Der Fürst ü b e r n a h m die Kosten dieser Sammlungsübe r t r agung
in Höhe von 130 Franken; vgl. Schreiben der Fürstl ichen Kabinetts-
kanzlei vom 10. September 1940 an den Vorsitzenden des Histori-
schen Vereins (im Veroinsarchiv).
198) Ebenda.
199) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 28. März 1940.
200) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 9. Mai 1940.
201) Schreiben der Regierung an den Historischen Verein vom 14.
September 1945. Der Regiorungsentscheid stützte sich auf einen
Landlagsbeschluss vom 18. August 1945.
202) Schreiben des Vereinsvorsitzenden Josef Ospelt an die Regie-
rung vom 9. Juli 1945.
203) Protokoll der Jahresversammlung vom 11. November 1945 in
Vaduz.
204) Schreiben der «Neoliza» Zahnfabrik Aktiengesellschaft. Vaduz,
vom 18. November 1946 an den Historischen Verein.
205) Schreiben des Vereinsvorsitzenden Josef Ospelt an die «Neo-
liza» Zahnfabrik Aktiengesellschaft. Vaduz, vom 21. November
1946. Der Vereinsvorstand bestätigte Ospelts Haltung, was ein
zweites Schreiben an die Zahnfabrik vom 25. November 1946
belegt.
206) Schreiben des Vereinsvorsitzenclen Josef Ospelt an die Regie-
rung, 24. September 1945 (im Vereinsarchiv).
207) Siehe auch Beitrag von Norbert W. Hasler über die Sammel-
tätigkeit des Historischen Vereins an anderer Stelle in diesem
Jahrbuch.
208) Protokoll der Vorstandssitzung vom 17. Mai 1966.
59
Archivierung des Museumsbestandes die jeweili-
gen Besitzer sämtliche Leihgaben zurückfordern
würden. Der Vorstand beschloss, in einem Schrei-
ben die Regierung auf diese Schwierigkeiten auf-
merksam zu machen. 2 0 9
Eine Räumung des Museumsgeschosses konnte
nach Ansicht des Vereins nur unter Zwang vorge-
nommen werden, und für diesen Fall stellte der
Verein ebenfalls Forderungen: 1. Bekanntgabe ei-
nes verbindlichen Termins für den Neubau eines
Museums; 2. Zurverfügungstellung von geeigneten
Lager- und Ausstellungsräumen; 3. Anstellung ei-
ner ständigen Kraft für den Ausbau der Sammlun-
gen und zur Entlastung des Vereinsvorsitzenden. 2 1 0
Wegen der Kündigung der Museumsräumlich-
keiten hatte der Verein im November 1966 eine
Aussprache mit der Regierung. 2 1 1 Dabei anwesend
waren der Vereinsvorstand sowie Regierungschef
Gerard Batliner und Regierungsrat Andreas Vogt.
Seitens der Regierung wurden Ersatzräumlichkei-
ten dem Verein in Aussicht gestellt, und zwar im
Im neu errichteten Gebäu-
de der Landesbank in
Vaduz waren der Histori-
sche Verein und seine
Sammlungen von 1954 bis
1967 untergebracht.
Verweserhaus sowie im alten Regierungsgebäude,
auch «Batliner-Haus» genannt (vgl. Ausführungen
weiter unten): «Diese Bauten könnten durch Um-
bau oder Neubau die erforderliche Gestaltung er-
halten». Doch wäre das nur mittel- bis längerfristig
- in fünf bis zehn Jahren - zu machen. Als Provi-
sorium biete sich der «Engländerbau» an.
Seitens des Vereinsvorstandes unterstrich Georg
Malin, der Gedanke des Museums müsse «stets
hochgehalten werden», und deshalb müsse die
Forderung an die Regierung gestellt werden, dass
diese eine baldige Lösung ermögliche. Die Idee
einer Benutzung des alten Regierungsgebäudes
erschien dem Vereinsvorstand realisierbar. Er er-
suchte deshalb die Regierung, bei der Ausarbei-
tung eines Dringlichkeitsprogramms für die öffent-
lichen Bauvorhaben einem Museumsneubau den
Vorrang zu geben.
Der Regierungschef verwies auf die politischen
Schwierigkeiten bei der Rangierung und erwähnte
bestehende Probleme mit Strassen- und Brücken-
bauten, Spitalbau, Neubau des Gymnasiums sowie
mit Kongresshaus-, Post- und Telefonzentraleneu-
bauten. Er unterstrich, dass die Regierung die Be-
deutung des Historischen Vereins anerkenne und
deshalb auch bereit sei, in personeller Hinsicht ent-
gegenzukommen (Entlastung von Reallehrer Felix
Marxer). Georg Malin verwies nochmals auf die
kulturelle Bedeutung von Verein und Museum, und
ersuchte die Regierung, einen zukünftigen Muse-
umsbau so zu planen, dass auch die Gemälde-
galerie und weitere verwandte Zweige darin unter-
gebracht werden könnten . 2 1 2
Der Historische Verein musste schliesslich im
August 1967 aus den Räumlichkeiten der Landes-
bank ausziehen. Das Sammelgut wurde in der alten
Volksschule deponiert. Die Gemeinde Vaduz stellte
für die Vereinsbibliothek und das Büro einen Raum
im neuen Schulhaus zur Verfügung. 2 1 3 Ein Teil des
Sammelgutes konnte schon vorher im Dachge-
schoss des «Schädler-Hauses» an der St. Florins-
gasse in Vaduz deponiert werden. 2 1 4
Inzwischen bot Else Fessler-Batliner ihr Anwe-
sen - das «Batliner-Haus» - die ehemalige herr-
schaftliche Taverne - zum Verkauf an. Dieser An-
60
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
kauf zum Preis von 800 000 Franken konnte von
der Regierung «in Anbetracht des Bodenwertes
und der Bedeutung des Objektes für das Land» ver-
antwortet werden. Die Eignung für Museums-
zwecke war zu bejahen, da insbesondere auch das
Verweserhaus längerfristig miteinbezogen werden
konnte. 2 1 5 Nach gründlichen Renovationsarbeiten
wurde schliesslich das Liechtensteinische Landes-
museum am 15. April 1972 in diesem historischen
Gebäude im Zentrum von Vaduz eröffnet. Damit
hatte der Historische Verein für seine nunmehr um-
fangreichen Sammlungen ein definitives Zuhause
gefunden. 2 1 6
Gleichzeitig gab der Historische Verein die Trä-
gerschaft für das Landesmuseum ab. Am 9. Mai
1972 wurde die Stiftung Liechtensteinisches Lan-
desmuseum errichtet. In einer Vereinbarung zwi-
schen der Fürstlichen Regierung, welche die Stif-
tung vertrat, und dem Historischen Verein wurden
die Besitzverhältnisse geregelt und die Rechte ab-
gegrenzt.2 1 7
Der Historische Verein erhielt zwar im Landes-
museum ein Bürozimmer zugeteilt, doch auf Dauer
musste hier, aus Platzgründen, eine andere Lösung
getroffen werden. Die Regierung gab 1986 die Zu-
stimmung für eine Teilnutzung des Verweserhau-
ses durch den Historischen Verein. Es wurden im
zweiten Stock des Hauses Räumlichkeiten für die
Vereinsbibliothek, die Tauschschriften-Bibliothek
sowie die Verlagsproduktion in Aussicht gestellt.
Die Zusage galt für einen Zeitraum von zwei bis
drei Jahren. Der Vereinsvorstand akzeptierte das
Angebot dankend, betonte jedoch, dass eine mittel-
bis längerfristige Lösung anzustreben sei . 2 1 8
Die Regierung konnte schliesslich dem Histori-
schen Verein im März 1990 mitteilen, dass im Neu-
bau des Gewerbehauses in Triesen eine Fläche von
535 m 2 als Büro- und Lagerräumlichkeit für den
Historischen Verein gemietet worden sei. Die Miet-
kosten wurden vom Staat übernommen. 2 , 1 1 Der Ver-
einsvorstand sowie Vertreter der vom Verein ge-
tragenen wissenschaftlichen Projekte besichtigten
am 14. Dezember 1990 das Gewerbehaus in Trie-
sen. Gleichzeitig beschloss man, die Geschäftsstelle
für den Verein im Gewerbehaus in Triesen einzu-
richten. 2 2 0 Im juristischen Sinn blieb zwar Vaduz
Sitz des Historischen Vereins, doch seit 1991 ist
der Historische Verein mit den von ihm betreuten
Projekten an der Messinastrasse 5 in Triesen an-
209) Protokoll der Vorstandssitzung vom 10. August 1966.
210) Protokoll der Vorstandssitzung vom 26. Oktober 1966.
211) Protokoll der Vorstandssitzung vom 2. November 1966.
212) Protokoll der Vorstandssitzung vom 11. November 1966.
213) Siehe Beitrag von Norbert W. Hasler über die Sammeltät igkeit
des Vereins an anderer Stelle in diesem Jahrbuch.
214) Protokoll der Vorstandssitzung vom 26. Oktober 1966.
215) Protokoll der Vorstandssitzung vom 14. Juni 1967.
216) Siehe Beitrag von Norbert W. Hasler übe r die Sammeltät igkeit
des Vereins an anderer Stelle in diesem Jahrbuch.
217) Ebenda.
218) Protokoll der Vorstandssitzung vom 5. Juni 1986.
219) Protokoll der Vorstandssitzung vom 21. März 1990.
220) Protokoll der Vorstandssitzung vom 14. Dezember 1990.
Die Sammlungen des
Vereins erhielten 1972 im
neu eingerichteten Lan-
desmuseum (links) ein
definitives Zuhause. 30
Jahre s p ä t e r wurde - im
Zuge eines Erweiterungs-
baus - das Verweserhaus
(rechts) miteinbezogen.
61
sässig. Hier fand sich auch Platz für die Vereins-
bibliothek, die Tauschschriften-Bibliothek und das
Bücherlager des Historischen Vereins.
FINANZEN
Der Mitgliederbeitrag war ursprünglich statuta-
risch genau festgelegt. So wurde im Gründungsjahr
1901 ein Mitgliederbeitrag von vier Kronen (öster-
reichische Währung) bestimmt.2 2 1 Nach dem Zusam-
menbruch Österreich-Ungarns 1918 wurde vom
Historischen Verein 1920 der Mitgliederbeitrag neu
auf drei Schweizer Franken festgesetzt, «es jedoch
der Vorstandschaft überlassen, für Auswärtige den
Beitrag mit Berücksichtigung der leidigen Valuta-
verhältnisse zu bes t immen». 2 2 2 Dieser Betrag von
drei Franken wurde an der Jahresversammlung
1926 auf 3.50 Franken erhöht . 2 2 3 Da die Jahrbuch-
Kosten immer grösser wurden, beschloss die Jah-
resversammlung vom 7. Oktober 1928 eine erneute
Erhöhung der Jahresbeiträge: «Mit Rücksicht dar-
auf, dass die bisherigen Mitgliederbeiträge nicht
Quittung der Buchdrucke-
rei Hilty, welche die Aus-
h ä n d i g u n g des Jahrbuches
an ein Vereinsmitglied
nach erfolgter Bezahlung
des Jahresbeitrags f ü r
1954 bes tä t ig t
einmal dazu ausreichten, die Druckkosten für das
Jahrbuch zu zahlen, wurde ein aus der Mitte der
Versammlung gestellter Antrag angenommen, wo-
nach der Jahresbeitrag auf fünf Franken erhöht
wurde» . 2 2 4
Während des Zweiten Weltkriegs konnten Mit-
glieder aus dem Ausland ihre Beiträge zeitweise
nicht einzahlen. So teilte Anton Ernst, fürstlich-
liechtensteinischer Oberbuchhalter im Ruhestand,
dem Historischen Verein 1940 mit, dass die Über-
weisung des Mitgliederbeitrags durch die Devisen-
behörden verweigert wurde. Der Vereinsausschuss
entschied daraufhin, Anton Ernst als Mitglied den-
noch wei terzuführen. 2 2 5 Ebenso wurde mit Edel-
bert Fritz, Finanzwache-Oberkommissär im Ruhe-
stand aus Bludenz, verfahren, dem es ebenfalls
nicht möglich war, den Jahresbeitrag 1940 zu
entrichten.2 2'' Der Vereinsausschuss entschied so-
dann im Jahr 1941, den Ausländern die unein-
bringlichen Jahresbeiträge vorläufig zu stunden. 2 2 7
1943 beschloss der Vereinsvorstand, nur noch den-
jenigen Mitgliedern das Jahrbuch zu schicken, die
den Mitgliederbeitrag überwiesen haben. 2 2 8
An der Jahresversammlung 1943 wurde eine
Erhöhung des Mitgliederbeitrags gutgeheissen.
Vereinsmitglied Alois Vogt beantragte zwar eine
Erhöhung von fünf auf zehn Franken, um damit die
Jahrbuch-Kosten abdecken zu können, doch auf
Vorschlag von Vorstandsmitglied Anton Frommelt
wurde eine Erhöhung lediglich auf sieben Franken
beschlossen. Anton Frommelt verwies auf die
«ärmeren Mitglieder», die Schwierigkeiten hätten,
jährlich zehn Franken zu entrichten. Im Gegenzug
sollten die reicheren Mitglieder gebeten werden,
freiwillig einen höheren Beitrag zu leisten. 2 2 9 Für
Mitglieder im Ausland wurde ein erhöhter Jahres-
beitrag von 7.50 Franken verlangt. 2 3 0
Weitere Erhöhungen des Mitgliederbeitrags folg-
ten 1948 sowie 1958: Der Jahresbeitrag wurde
zuerst (1948) von sieben auf acht und dann 1958
von acht auf zehn Franken erhöht . 2 3 1 Im Jahr 1964
schliesslich gab es eine weitere Erhöhung der Mit-
gliederbeiträge von zehn auf 15 Franken, jedoch
wurde der Beitrag für Studenten auf dem Stand
von fünf Franken belassen. Grund für diese erneu-
62
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS BIEDERMANN
te Erhöhung waren auch diesmal die Jahrbuch-
Kosten. Der Vereinsvorstand wollte die Differenz
zwischen den Herstellungskosten des Buches und
dem Mitgliederbeitrag ausgleichen. 2 3 2
Im Jahr 1971 stieg der Mitgliederbeitrag von 15
auf 20 Franken. Der Studentenbeitrag wurde
gleichzeitig von fünf auf zehn Franken verdop-
pelt. 2 3 3 Doch bereits zwei Jahre später, 1973, sah
sich der Verein infolge finanzieller Engpässe ge-
zwungen, den ordentlichen Mitgliederbeitrag er-
neut anzuheben, und zwar von 20 auf 30 Fran-
ken. 2 3 4 Nachdem an der Jahresversammlung 1989
neu die Mitgliederkategorie «Juristische Person»
im Sinne einer Körperschaft als Kollektivmitglied
eingeführt wurde, passte man die Jahresbeiträge
nochmals an: Natürliche Personen bezahlten nun
50 Franken, juristische Personen 100 Franken so-
wie Studentinnen und Studenten 25 Franken. 2 3 5
Die bisher letzte Erhöhung der Jahresbeiträge wur-
de 1995 beschlossen: Für natürliche Personen
beläuft sich der Mitgliederbeitrag seither auf 75
Franken, währenddem juristische Personen 150
sowie Studentinnen und Studenten nunmehr 40
Franken zu bezahlen haben.
Die Mitgliederbeiträge bildeten zwar immer ei-
nen wesentlichen Teil der Vereinseinnahmen. Doch
war der Verein immer auch auf «freiwillige Verga-
bungen aller Ar t» 2 3 5 angewiesen, sonst hätte er die
stolze Jahrbuch-Reihe von mittlerweile 100 Bän-
den und vieles andere nicht verwirklichen können.
Die finanziellen Beiträge kamen stets auch vom
Land und den Gemeinden, vom Fürstenhaus und
von privaten Sponsoren. Die folgenden Ausführun-
gen geben einen groben Überblick zu den diesbe-
züglich eingetroffenen Geldern.
BEITRÄGE DES LANDES LIECHTENSTEIN
An der Sitzung vom 26. August 1901 bewilligte der
Landtag dem Historischen Verein eine jährliche
Landessubvention von 200 Kronen. 2 3 7 Diese Lan-
dessubvention wurde in dieser Höhe und Währung
bis ins Jahr 1920 entrichtet. Dieselbe jährliche Un-
terstützung kam auch vom Landesfürsten. Die Mit-
gliederbeiträge und diese beiden Subventions-
beiträge dienten, zum Teil relativ knapp, zur
Deckung der Jahrbuch-Kosten. Damit wird klar,
dass mit den Mitgliederbeiträgen allein das Jahr-
buch niemals zu finanzieren war. Ein Blick auf die
Rechnungsjahre 1901 bis 1918 verdeutlicht dies:
Die Jahrbuch-Produktion in diesem Zeitraum kos-
tete zwischen 479 Kronen (Band 9) und 880 Kro-
nen (Band 18), im Durchschnitt 710 Kronen. Der
Anteil der beiden Subventionsbeiträge (Land und
Fürst) an den Gesamteinnahmen des Vereins be-
trug in diesen Jahren zwischen 39 und 45 Prozent,
also beinahe die Hälfte der jeweiligen Jahresein-
nahmen. Mit den Mitgliederbeiträgen konnte folg-
lich nur etwas mehr als die Hälfte des Jahresbud-
gets gedeckt werden. 2 3 8
221) J B L 1 (1901), S. 272, Statuten, Paragraph 3. Der Betrag von
vier Kronen wurde in den Satzungen von 1912 bestätigt: vgl. JBL 12
(1912). S. 146, Paragraph 4.
222) JBL 20 (1 920). Vereinschronik. S. 91.
223) JBL 26 (1926). Vereinschronik. S. 136.
224) JBL 28 (1928). Vereinschronik. S. 179.
225) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 9. Mai 1940.
226) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 21. November 1940.
227) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 16. Oktober 1941.
228) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 1. März. 1943.
229) Protokoll der Jahresversammlung vom 3. Oktober 1943 in
Mauren.
230) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 9. Oktober 1944.
231) JBL 48 (1948). Vereinschronik, S, 109, sowie Protokoll der
Vorstandssitzung vom 28. Oktober 1958.
232) JBL 64 (1965), Vereinschronik, S. 266.
233) Protokoll der Vorstandssitzung vom 24. Juni 1971.
234) JBL 73 (1973), Vereinschronik. S. 288.
235) Protokoll der Vorstandssitzung vom 15. März 1989.
236) JBL 1 (1901), S. 272, Statuten von 1901, Paragraph 4.
237) JBL 1 (1901), S. 273 f.
238) Vgl. JBL 1 (1901) bis und mit JBL IS (1918), Jahresrechnungen
in der jeweiligen Vereinschronik. Der Einfachheit halber werden
hier in diesem Bericht Kreuzer- und Rappenbei t räge generell jeweils
auf- oder abgerundet.
63
•m-
71
Die Regierung teilt i m
September 1901 dem
Historischen Verein mit,
dass der Landtag einen
j ä h r l i c h e n Staatsbeitrag
fü r den Verein in H ö h e von
200 Kronen bewilligt hat.
Aus dem Rahmen fallen die Jahre 1919 und
1920 infolge der Inflation und der darauffolgenden
Umstellung auf den Schweizer Franken. Das Jahr-
buch Band 19 kostete - inflationsbedingt - 1 825
Kronen, und das darauffolgende Jahrbuch 20 so-
gar 18 296 Kronen. Letztere Summe entsprach da-
mals einem Frankenbetrag von 203.™
Die Finanzen blieben in den ersten 20 Vereins-
jahren recht solid. Lediglich am Schluss des ersten
Vereinsjahrs verblieb ein Defizit in Höhe von 92
Kronen. Dieses Defizit konnte 1902 aufgefangen
werden, einerseits durch Mitgliederzuwachs und
folglich höhere Einnahmen bei den Jahresbeiträ-
gen, und andererseits durch eine Spende des Prin-
zen Franz von Liechtenstein, Bruder des Fürsten,
der 120 Kronen übersandte und damit Vereinsmit-
glied auf Lebenszeit wurde. 2 4 0 Damit konnte auch
das Jahrbuch Band 2, das umfangreicher und teu-
rer als Band 1 geriet, bezahlt werden. 2 4 1 In den
weiteren Jahren schloss die Jahresrechnung im-
mer mit einem Überschuss ab, der sich im Höchst-
fall (1916) bei 2 078 Kronen bewegte. Trotz oder
gerade wegen der wirtschaftlich schwierigen Situa-
tion mitten im Ersten Weltkrieg gelang es dem Hi-
storischen Verein, haushälterisch mit seinen Fi -
nanzen umzugehen.
Ab dem Jahr 1921 wurde die Landessubvention
in Schweizer Franken ausbezahlt. Die Regierung
band ihre finanzielle Unterstützung des Histori-
schen Vereins im Jahr 1924 erstmals an Bedingun-
gen: Gemäss Beschluss der Finanzkommission der
Regierung vom 7. Februar 1924 wurde er nur un-
ter der Bedingung gebilligt, «dass weiterhin in den
Schriften des Vereins keine Politik mehr getrieben
werde» . 2 4 2 Anlässlich der Ausschuss-Sitzung vom
5. Mai 1924 nahm der Verein dazu wie folgt Stel-
lung:
«Der Verein lehnt die Bedingung (für Erhaltung der
Subvention) ab, dass (im Jahrbuch) künftighin kei-
ne Politik mehr betrieben werden dürfe, da sonst
seine Forschung unmöglich. Es werde als selbst-
verständlich erachtet, dass die Tagespolitik noch
nicht Gegenstand der histor. Forschung sei».24i
64
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS BIEDERMANN
Der Landesbeitrag an den Historischen Verein, seit
1920 in Höhe von 100 Franken, wurde indessen
weiterhin bewilligt, mit einer einzigen Ausnahme:
1929 wurde dem Historischen Verein kein Staats-
beitrag überwiesen! Der Landesbeitrag, der 1926
schon einmal von 100 auf 200 Franken pro Jahr
angehoben worden war, 2 4 4 wurde im Jahr 1930 auf
300 Franken pro Jahr erhöht . 2 4 5 Eine weitere An-
hebung auf 500 Franken wurde bereits 1932 be-
willigt. 2 4 6 Für das Rechnungsjahr 1936/1937 wur-
de erstmals eine Landessubvention von 1000 Fran-
ken ausgewiesen.2 4 7 An der Jahresversammlung
1936 in Eschen dankte Regierungschef Josef FIoop
dem Verein «für die dem Lande geleistete Arbeit»
und ergänzte: «Die Beanspruchung der öffentlichen
Mittel sei im Verhältnis zur geleisteten Arbeit aus-
serordentlich bescheiden gewesen». 2 4 8
Die Mitgliederbeiträge erreichten in den 1920er
Jahren einen etwas höheren Deckungsgrad des
Gesamtbudgets - er betrug nun zumeist gegen 80
Prozent. In den 1930er Jahren lebte der Verein
wieder stärker von Subventionen; Grund dafür war
die verstärkte Tätigkeit auf dem Gebiet archäologi-
scher Ausgrabungen. Hierfür wurden dann auch
ausserordentliche Gelder bewilligt, vom Staat wie
auch vom Fürstenhaus. Die Kosten für die Jahr-
buch-Produktion, in den 1920er Jahren noch deut-
lich unter 1 000 Franken, stiegen in den 1930er
Jahren auf durchschnittlich mehr als 1 500 Fran-
ken pro Band. 2 4 9
Das Land Liechtenstein befürwortete schliess-
lich 1946 die Entrichtung eines höheren Jahres-
beitrags von 2 000 Franken an den Historischen
Verein. 2 5 0 Die Aufgaben des Vereins waren inzwi-
schen deutlich gewachsen, zum damaligen Zeit-
punkt bildeten die Erarbeitung des Urkundenbu-
ches sowie die archäologische Forschung Schwer-
punkte der Vereinstätigkeit.
Der Vereinsvorstand entschied 1948, eine Ein-
gabe für das Urkundenbuch an die Regierung in
Höhe von 2 000 Franken zu machen. 2 5 1 Für das
darauffolgende Jahr sollten indes 5 000 Franken
beantragt werden, wobei ein Teil des Geldes für die
Archäologie sowie für notwendige Ergänzungen
der Sammlungen eingesetzt werden sollte. 2 5 2
Der Verein verwies in seiner Eingabe auf zwei
besonders aktuelle Vereinsaufgaben: erstens auf
die Bearbeitung und Veröffentlichung der die Ge-
schichte des Landes betreffenden Urkunden, von
denen bereits ein Band abgeschlossen war; und
zweitens auf die Erforschung der urgeschichtlichen
Verhältnisse Liechtensteins durch planmässige
Grabungen, «wobei Ergebnisse über alle Erwar-
tung bereits klargelegt sind, die nicht nur für un-
sere engere Heimatgeschichte, sondern für die
239) JBL 20 (1920) und JBL 21 (1921), Jahresrechnungen in den
entsprechenden Vereinschroniken.
240) JBL 3 (1903), Vereinschronik. S. 207.
241) Ebenda. Es kostete 872 Kronen. - Trotzdem bemühte sich der
Vereinsvorstand schon damals. Kosten und Umfang des Jahrbuches
zu beschränken . Der Vorsitzende Albert Schädler bemerkte denn
auch an der Jahresversammlung vom 26. Juli 1903. dass «das
letztjährige Jahrbuch durch den Umstand, dass man die Monogra-
phie über Triesen als Ganzes bringen wollte, etwas dickleibig
geworden [seil. Eür die Zukunft bestehe die Absicht - schon mit
Rücksicht auf unsere Vereinsfinanzen - den Umfang des Jahrbuches
etwas e inzuschränken und nicht über 12-14 Bogen anwachsen zu
lassen».
242) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 6. März 1924.
243) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 5. Mai 1923 mit dem
Vermerk: «Alle zustimmend (Rheinberger brieflich), nur Feger
enthäl t sich der Diskussion u. St imme».
244) Vgl . JBL 26 (1926). Vereinschronik, S. 137 und JBL 27 (1927).
Vereinschronik, S. 135.
245) JBL 30 (1930), Vereinschronik, S. 110. Das Geld war offenbar
bitter nötig; denn schon 1929 wies der Vereinsausschuss auf unge-
deckte Kosten in Höhe von 582.50 Franken bei der Produktion des
Jahrbuches Band 28 hin. Und zur teilweisen Deckung dieses Betrags
e rwägte der Verein, um Erhöhung des Staatsbeitrags anzusuchen;
vgl. Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 30. Januar 1929.
246) JBL 32 (1932), Vereinschronik, S.100.
247) JBL 37 (1937), Vereinschronik. S. 182. - Vgl. auch Protokoll der
Ausschuss-Sitzung vom 26. Apri l 1937.
248) Protokoll der Jahresversammlung vom 8. November 1936 in
Eschen.
249) Vgl . JBL 22 (1922) bis und mit J B L 41 (1941). Jahresrechnun-
gen in den entsprechenden Vereinschroniken.
250) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 7. September 1946.
25 1) Protokoll der Vorstandssitzung vom 8. September 1948.
252) Protokoll der Vorstandssitzung vom 17. November 1948.
65
Der Historische Verein
bittet die Regierung im
November 1948 u m einen
h ö h e r e n Staatsbeitrag und
verweist dabei auf Leistun-
gen, die der Verein f ü r
das Land Liechtenstein
erbringt. Speziell hervor-
gehoben wi rd dabei die
Bearbeitung des Urkun-
denbuches sowie die ar-
chäolog ische Forschung;
beides seien Tät igke i ten ,
die auch i m Aus land ein
grosses Ansehen gefunden
h ä t t e n .
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66
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Verhältnisse der urgeschichtlichen Beziehungen
weiter Umgebung von grösster Wichtigkeit s ind» . 2 5 3
Um diese zwei Aufgaben weiter wahrzunehmen,
sei der Verein auf Geldmittel angewiesen, die um
das Mehrfache die ordentlichen Einnahmen über-
schritten. Andererseits wäre es unverantwortlich,
beim jetzigen Stand der beiden Arbeiten ohne
schwerwiegende Gründe deren Weiterführung zu
unterbrechen oder aufzuschieben. Zwar gebe es
private, an der Urgeschichte besonders interes-
sierte Gönner, doch der Historische Verein fühle
sich auch berechtigt, die öffentlichen Mittel «in ei-
nigem Umfang» in Anspruch zu nehmen. In seiner
Einsprache unterstrich dies der Verein nochmals
mit folgenden Worten:
«Die hervorragende Bedeutung der beiden in Be-
arbeitung stehenden Gegenstände. Der bis heute
bereits ausgewiesene Erfolg der Arbeit, die selbst-
lose und aufopfernde Arbeit der seitens des Ver-
eins beteiligten Mitglieder und nicht zuletzt das
hohe Ansehen, das diese Arbeit bereits im Ausland
gefunden hat, und es darf betont werden, die damit
verbundene im vornehmsten Sinn getätigte Wer-
bung für unseren guten Ruf im Auslande begrün-
den ein öffentliches Interesse für unsere Sache. »254
Daraufhin erhöhte die Regierung den Beitrag an
den Verein auf 5 000 Franken, wirksam ab 1949. 2 5 5
Diese Summe wurde dann im Jahr 1958 auf 10 000
Franken erhöht . 2 5 0
Analog zu dieser Erhöhung stiegen auch die
Ausgaben des Vereins. Für die Jahrbuch-Produk-
tion waren in den 1940er Jahren durchschnittlich
3 000 Franken zu entrichten, in den 1950er Jahren
stiegen diese Beträge jedoch auf über 5 000 bis
10000 Franken. Und mit den Einnahmen aus den
Mitgliederbeiträgen in Höhe von rund 2 000 Fran-
ken in den 1940er und zirka 2 500 bis 3 000 Fran-
ken in den 1950er Jahren waren diese Kosten bei
weitem nicht abgedeckt.
In den 1970er und 1980er Jahren belief sich der
Staatsbeitrag auf jeweils rund 35 000 Franken, um
dann ab 1990 auf 70 000, respektive ab 1992 auf
80 000 Franken fixiert zu werden. Die 1991 einge-
richtete Geschäftsstelle wurde vorerst durch Ver-
waltungskostenbeiträge finanziert, welche von den
Vereinsprojekten dem Verein hierfür entrichtet
wurden. Ab dem Rechnungsjahr 2000 entfielen
diese Beiträge, im Gegenzug wurde der Staatsbei-
trag auf 180 000 Franken erhöht. Diese Summe
und die Mitgliederbeiträge dienen seither zur Fi-
nanzierung des Jahrbuches, der Geschäftsstelle
und weiterer Ausgaben sowie der Entschädigung
des Vereinsvorsitzenden. 2 5 7
Die Jahrbuch-Kosten verdoppelten sich in den
1960er Jahren von rund 10 000 auf 20 000 Fran-
ken. In den 1970er und 1980er Jahren bis zur
Formatänderung kostete das Jahrbuch zwischen
24 000 und 77 000 Franken. Ab Band 88 beliefen
sich die Jahrbuch-Kosten zumeist auf über 100 000
Franken. 1997 wurde auf Beschluss des Vereins-
vorstandes eine Kostenbeschränkung auf 120 000
Franken festgelegt.258
Als ausserordentlichen Staatsbeitrag erhielt der
Historische Verein zum 100-Jahr-Jubiläum 2001
den Betrag von 150 000 Franken überwiesen. Der
Staat würdigte damit das Wirken und die Bedeu-
tung des Vereins für das Land Liechtenstein und
seine Geschichtsforschung und -Schreibung.
253) Schreiben des Vereinsvorsitzenden Josef Ospelt an die Regie-
rung. 23. November 194S.
254) Ebenda.
255) Vgl. JBL 49 (1949) bis JBL 56 (1956), Jahresrechnungen in den
entsprechenden Vereinschroniken. Es gab jähr l iche Schwankungen
der Beitragsleistungen, die 5 000 Franken waren jedoch im Durch-
schnitt gesichert.
256) JBL 58 (1958), Vereinschronik. S, 389.
257) Vgl. Jahresberichte des Historischen Vereins in den entspre-
chenden J ah rbüche rn .
258) Protokoll der Vorstandssitzung vom 12. Dezember 1997. - Zur
Kostenentwicklung siehe auch Jahresberichte und -rechnungen des
Historischen Vereins in den jeweiligen J ah rbüche rn .
67
Gemeinde-Vorstehung
S C H A A N SCHAAN, <U» 't&Settk mtf
BEITRÄGE DER LIECHTENSTEINISCHEN
GEMEINDEN
V a d u z , 11. August 1V2Ö.
dfft löbl ichsK G e "i e f n d
tn
Sie hatten die Freundlichkeit, unserem Vereine einen
außerordentlichen Beitrag von fra. 6Q.- zu bewilligen.
Iah bitte Sie namens des historischen Vereins, den
Ausdruck des besten Dankes für diese Zuwendung entgegen-
zunehmen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Der Vorsitzende des historischen
Vereins f . d . Fürstentum Liechtenstein;
Gemeindevorsteher Ferdi -
nand Risch bes tä t ig t , dass
der Schaaner Gemeinderat
dem Historischen Verein
fü r 1928 eine Spende von
50 Franken bewilligt hat;
der Vereinsvorsitzende
Josef Ospelt dankt dem
Vaduzer Gemeinderat fü r
eine Spende von 60 Fran-
ken.
Um die Druckkosten für das Jahrbuch Band 27
aufbringen zu können, beschloss der Vereinsaus-
schuss 1928, an die liechtensteinischen Gemeinden
zu gelangen mit der Bitte um einen finanziellen
Beitrag. 2 5 9 Tatsächlich leisteten die Gemeinden
Vaduz, Schaan und Mauren finanzielle Beiträge in
Höhe von 60, 50 respektive 40 Franken. 2 6 0 Weitere
Spenden der Gemeinden blieben aber in der Folge
aus. Erst in der Jahresrechnung von 1951/52
tauchte die Gemeinde Vaduz als Gönnerin des His-
torischen Vereins wieder auf. Sie spendete 200
Franken. Vaduz entrichtete dem Historischen Ver-
ein fortan alljährlich einen Gönnerbeitrag: Er wur-
de 1961 auf 500, 1966 auf 1 000, 1974 auf 3 000
und 1995 auf 5 000 Franken erhöht. Die zweite Ge-
meinde, die den Historischen Verein dann ab 1969
regelmässig unterstützte, war Balzers: Sie entrich-
tete vorerst einen Gönnerbeitrag von 150 Franken
pro Jahr, der für das Rechnungsjahr 1973/74 auf
500 Franken erhöht wurde. Seit 1983 beträgt diese
Spende jährlich 1000 beziehungsweise 1100
Franken. 2 6 1
Vorstandsmitglied Robert Allgäuer erwirkte
1989 an einer Sitzung der Vorsteherkonferenz,
dass dem Historischen Verein von allen elf Gemein-
den finanzielle Beiträge in Aussicht gestellt wur-
den. Bisher hatten lediglich Vaduz und Balzers
regelmässig Gönnerbeiträge entrichtet.2 6 2 Tatsäch-
lich überwiesen 1989 als weitere Gemeinden Gam-
prin, Mauren, Planken und Ruggell Gönnerbeiträge
in Höhe von 300 bis 1 000 Franken. 1990 und 1991
machten fast alle Gemeinden dem Verein eine
Spende. Der grössere Teil der Gemeinden spendete
dem Verein auch in den folgenden Jahren Gönner-
beiträge. Sie bezeugten damit ihre Wertschätzung
für den Historischen Verein. Gelegentlich wurden
Gemeindebeiträge auch zweckgebunden gespro-
chen: So stellte beispielsweise Balzers 1982 und
1983 insgesamt 15 000 Franken für archäologische
Ausgrabungen zur Verfügung, die auf ihrem Ge-
meindegebiet stattfanden. 2 6 3 Zuvor hatten die Ge-
meinden Schaan und Vaduz Gönnerbeiträge für
68
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / K L A U S B I E D E R M A N N
die Publikation «Nach Amerika!» entrichtet.2 6 4 Von
der Regierung wurden die Gemeinden 1996 und
1998 zudem in die Finanzierung der unter der Trä-
gerschaft des Historischen Vereins stehenden wis-
senschaftlichen Projekte «Personennamenbuch»
und «Kunstdenkmäler» miteinbezogen. 2 6 5 Aus An-
lass des 100-Jahr-Jubiläums des Historischen Ver-
eins spendeten alle elf Gemeinden dem Verein ei-
nen Beitrag in Höhe von zwei Franken pro Einwoh-
nerin und Einwohner. 2 6 6
SPENDEN DES FÜRSTENHAUSES
Durch Vermittlung des Kabinettsrates Karl von In
der Maur gewährte Fürst Johann II. dem Verein
eine jährliche Spende in Höhe von 200 Kronen. 2 6 7
Dieser Gönnerbeitrag, ab 1920 in Form von 100
Schweizer Franken entrichtet, wurde 1930 auf
400, 1940 auf 500 sowie 1974 auf 1 000 Franken
259) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 7. August 1928.
260) JBL 29 (1929), Vereinschronik, S. 161.
261) Vgl . Jahresrechnungen des Historischen Vereins in den jeweili-
gen Jah rbüche rn . Es taucht - wie auch bei anderen Gemeinden -
nicht immer die genau gleiche Summe auf. Die Verbuchung wurde
nicht immer konsequent gleich vorgenommen. Ein Beispiel: Bei
Balzers tauchen manchmal 1 100 Franken als Gönnerbei t rag auf,
manchmal nur 1 000 Franken, wobei in diesem Fall 100 Franken als
normaler Mitgliederbeitrag separat verbucht wurden.
262) Protokoll der Vorstandssitzung vom 30. Juni 1989.
263) Vgl . JBL 82 (1982) und J B L 83 (1983), Jahresrechnungen in
den entsprechenden Vereinschroniken.
264) JBL 76 (1976), Vereinschronik, S. 352: Vaduz spendete 10 000
Franken und Schaan 2 150 Franken.
265) Vgl . Protokolle der Landtagssitzungen vom 30. Oktober 1996
sowie vom 16. September 1998. Die Vereinsprojekte Namenbuch
und Kunstdenkmäler werden in eigenen Kapiteln auf S. 134-136
respektive S. 131 f. vorgestellt.
266) Vgl. Jahresrechnungen 1999 und 2000 des Historischen
Vereins in den entsprechenden J a h r b ü c h e r n Band 99 und Band 100.
Einer dieser ausserordentlichen Gemeindebei t räge wurde erst im
Jahr 2001 ausbezahlt.
fr
Albert S c h ä d l e r dankt
F ü r s t Johann II. 1902 f ü r
die finanzielle Unte rs tü t -
zung und freut sich, dem
F ü r s t e n «als Erstlings-
f ruch t» der Vere ins tä t ig-
keit das Jahrbuch Band 1
ü b e r m i t t e l n zu d ü r f e n .
267) JBL 1 (1901), Vereinschronik, S. 273 f.
69
erhöht . 2 6 8 Ab 1976 spendete der Fürst 1 500 Fran-
ken jährlich und seit 1983 beläuft sich der fürstli-
che Beitrag auf 5 000 Franken pro Jahr. 2 6 9
Bisweilen gab es auch zweckgebundene Spen-
den: So gewährte Fürst Johann II. im Jahr 1912
den Beitrag von 800 Gulden zugunsten der ar-
chäologischen Forschung. 2 7 0 Eine von der Univer-
sität Tübingen organisierte Historische Tagung in
Liechtenstein wurde von Fürst Franz Josef IL mit
5 000 Franken unterstützt . 2 7 1 Zum anderen war der
Fürst einmal Anlass zu einer Spende von aussen:
Die LGT Bank in Liechtenstein spendete anlässlich
des 50. Geburtstags von Fürst Hans-Adam II. 1995
den Betrag von 50 000 Franken, zweckgebunden
für die Publikation «Schellenberg-Borscht», ver-
fasst von Magdalena Maczynska, die im Frühjahr
2000 präsentiert wurde. 2 7 2
WEITERE SPONSOREN DES HISTORISCHEN
VEREINS
Privatpersonen, Firmen und Stiftungen Hessen dem
Historischen Verein auch immer wieder Spenden
zukommen. Im folgenden Überblick seien lediglich
diejenigen Spenderinnen und Spender genannt, die
grössere Frankenbeträge dem Historischen Verein
zugute kommen Hessen. Der Wert von kleineren
Beiträgen soll damit jedoch keineswegs geschmä-
lert werden; denn für die Erfüllung seiner zahlrei-
chen Aufgaben war der Verein immer wieder dank-
bar für jede Spende von privater Seite. Die finanzi-
elle Situation im Laufe der Vereinsgeschichte war
bisweilen angespannt, wenn auch ein Passivsaldo
in der Jahresrechnung nach 1901 nur noch in den
Jahren 1929, 1973 und 1992 in der Vereinsrech-
nung nachgewiesen werden konnte. 2 7 3
Der Zürcher Bauunternehmer Walo Bertschin-
ger 2 7 4 liess als privater Spender 1940 dem Histo-
rischen Verein 1 500 Franken zukommen. 2 7 5 Der
seit 1944 in Liechtenstein ununterbrochen wohn-
hafte Waffenhändler Rudolf Ruscheweyh, Schaan,
wurde 1945 Vereinsmitglied und spendete zugleich
300 Franken. 2 7 6 Ein weiterer privater Gönner war
beispielsweise Carl Otto Gattenhof, Vaduz, der dem
Verein 1958 und 1959 jeweils 2 000 Franken und
1963 nochmals 1 000 Franken zukommen liess.
Tonwarenfabrikant Eugen Schädler aus Nendeln
spendete 1949 dem Historischen Verein 200 Fran-
ken. Seine Firma wollte aber gleichzeitig Tongefäs-
se in Form des Schussenriedes-Kruges herstellen
und dieselben mit alten Formen von liechtensteini-
schen Namen versehen. Dem Vereinsvorstand ge-
fiel diese Idee nicht, er konnte deren Umsetzung
aber letztlich nicht verhindern. 2 7 7
Nach dem Zweiten Weltkrieg traten vermehrt
Firmen, Industriebetriebe und Banken als Spende-
rinnen und Spender für den Historischen Verein
auf. Die Press- und Stanzwerke in Eschen Hessen
dem Verein 1943/44 erstmals 500 Franken zukom-
men. Dieselbe Firma war auch in späteren Jahren
Spenderin. Die Liechtensteinischen Kraftwerke
sind seit den frühen 1960er Jahren stete Gönner
des Historischen Vereins. Ihre jährliche Spende
begann mit 750 Franken und beläuft sich heute auf
1 500 Franken. 2 7 8 Die Zahnfabrik Ramco (später:
Ivoclar) überwies dem Historischen Verein spora-
disch Gönnerbeiträge in Höhe von 500 bis 1 000
Franken. 2 7 9 Die Liechtensteinische Landesbank
überwies dem Historischen Verein erstmals 1946/
47 einen Gönnerbeitrag. Die Landesbank blieb seit-
her Gönnerin des Historischen Vereins, ihre jähr-
liche Spende wurde von anfänglich 300 Franken
auf 500 Franken (1953/54), auf 1000 Franken
(1957/58), auf 2 000 Franken (1981), auf 3 000
Franken (1985) und schliesslich im Jahr 1994 auf
heute 5 000 Franken erhöht . 2 8 0
Liechtensteinische Stiftungen wurden dann be-
sonders ab den 1970er Jahren Gönnerinnen des
Historischen Vereins. Zumeist waren es Beiträge,
die zweckgebunden für besondere Anlässe und
Publikationen gesprochen wurden. So überwies
1976 die Guido Feger-Stiftung, Vaduz, 10 000
Franken für das Buchprojekt «Nach Amerika». Die-
selbe Stiftung stellte 1981 die Summe von 25 000
Franken für archäologische Ausgrabungen zur
Verfügung. 2 8 1 Für diese Tätigkeit spendete auch die
Maria Holder-Stiftung, Vaduz, im selben Jahr den
Betrag von 15 000 Franken. Die Karl Mayer-
Stiftung überwies 1992 die Summe von 25 000
70
1901. BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS BIEDERMANN
Franken als Beitrag an die Jahrbuch-Kosten. 2 8 2 Zur
Deckung zusätzlicher Ausgaben bei den Jahr-
büchern 94 und 95 spendete nochmals die Karl
Mayer-Stiftung 50 000 Franken, die Stiftung «Prop-
ter Homines» gewährte dem Historischen Verein
für denselben Zweck ebenfalls die Summe von
50 000 Franken. 2 8 3 Aus Anlass des 100-Jahr-Ju-
biläums des Historischen Vereins 2001 spendeten
mehrere Stiftungen nochmals namhafte Beiträge,
zum Teil unter der Bedingung, dass diese Gön-
nerbeiträge zweckgebunden für die Realisierung
bestimmter Vorhaben und Projekte eingesetzt
werden. 2 8 4
Zweckgebunden zur Finanzierung bestimmter
Beiträge und Berichte in den Jahrbüchern wurden
ebenfalls gelegentlich Gönnerbeiträge entrichtet.
Für den Abdruck des Jahresberichts bezahlte das
Liechtensteinische Landesmuseum dem Histori-
schen Verein seit 1991 die Summe von 4 000 Fran-
ken. 2 8 5 Im Jahr 1996 wurde - rückwirkend für den
Jahresbericht 1994 - dieser Betrag auf 5 000 Fran-
ken erhöht. Als Unkostenbeitrag für die Publikation
der baugeschichtlichen Untersuchung des «Bie-
dermann-Hauses», verfasst von Peter Albertin, im
Jahrbuch Band 91(1992) leistete die Denkmal-
schutz-Kommission eine Zahlung in Höhe von
10 000 Franken. 2 8 6
FONDS UND SPEZIALAUSGABEN
Dem Historischen Verein zugegangene Spenden
wurden in der Regel in das normale Budget aufge-
nommen. Felix Marxer regte dann 1982 an, solche
Eingänge auf ein Sonderkonto zu überweisen. 2 8 7
Die Peter Kaiser-Stiftung machte 1988 dem Histo-
rischen Verein eine Vergabung von 50 000 Franken
«in Anerkennung seiner jahrzehntelangen ver-
dienstvollen Tätigkeit für die vaterländische Ge-
schichtskunde und zur Förderung seiner Aktivi-
269) Vgl. Jahresrechnungen des Historischen Vereins in den ent-
sprechenden Jahresberichten.
270) JBL 13 (1913), Vereinschronik. S. 59.
271) JBL 84 (1984). Vereinschronik. S. 287.
272) JBL 95 (1998). Jahresbericht, S. 293.
273) Vgl . JBL 30 (1930). Vereinschronik, S. 115; JBL 73 (1973),
Vereinschronik, S. 288 f.. sowie JBL 92 (1994), Jahresbericht,
S. 403. 1929 betrug der Passivsaldo 169 Franken, 1973 betrug er
8 000 Franken und 1992 belief er sich auf 1 500 Franken (Zahlen auf
Frankenbe t räge gerundet).
274) Zu Walo Bertschinger siehe Artikel von Andreas Steigmeier im
Historischen Lexikon der Schweiz (HLS). publiziert 1999 im Internet:
Bertschinger (*1876 in Lenzburg; t 1947 in Zürich) g ründe te 1917
in Zürich die Bauunternehmung «Walo Bertschinger für Strassenbau
und Kanalisation».
275) Vgl. auch Ausführungen im Kapitel «Mitglieder» auf S. 52. Die
nach ihm benannte Baufirma spendete 1950/51 dem Historischen
Verein nochmals 500 Franken; vgl. JBL 51 (1951), Vereinschronik.
S. 266, hier als Spende des «Herrn Walo Bertschinger» angeführ t .
276) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 22. Januar 1945.
277) Protokoll der Vorstandssitzung vom 9. Februar 1949.
278) Vgl. Jahresrechnungen des Historischen Vereins in den ent-
sprechenden J a h r b ü c h e r n .
279) Ebenda. Die Firma lvoclar in Schaan spendete dem Verein
1992 nochmals 1 000 Franken, teilte jedoch mit, inskünftig von einer
Spende absehen zu wollen und stattdessen ein konkretes Projekt
oder eine Anschaffung zu finanzieren. Der Verein schlug daraufhin
die Finanzierung eines Prospekts für die Mitgliederwerbung vor (vgl.
Protokoll der Vorstandssitzung vom 7. Januar 1993), der indessen
bisher noch nicht realisiert wurde.
280) Ebenda. Geringere Steigerungen zwischendurch sind hier aus
Gründen der Übersichtlichkeit ausgeblendet. - Kleinere Spenden-
bei träge leistete in den f rühen 1950er Jahren auch die Bank in
Liechtenstein. Zweckgebundene grössere Beiträge spendete die Bank
in Liechtenstein dann auch in den spä te ren Jahren. Auch die Ver-
waltungs- und Privatbank engagierte sich in spä te ren Jahren mit
zweckgebundenen Geldern für den Historischen Verein.
281) Ebenda. 1984 spendete die Guido Feger-Stiftung nochmals
25 000 Franken zugunsten der Archäologie.
282) JBL 92 (1994), Jahresbericht, S. 402.
283) JBL 95 (1998), Jahresbericht, S. 308.
284) Ein Überblick zu diesen eingetroffenen Spenden ist in der
Jahresrechnung 1999 zu finden. In: JBL 99 (2000), S. 289.
285) JBL 91 (1992). Jahresbericht. S. 223.
286) Protokoll der Vorstandssitzung vom 6. November 1992.
287) Protokoll der Vorstandssitzung vom 16. Juni 1982.
268) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 10. Januar 1930. - JBL
41 (1941). Vereinschronik, S. 163. - Zur Erhöhung auf 1 000 Fran-
ken siehe JBL 74 (1974), Vereinschronik. S. 192.
71
täten im Bereich Forschung und Publikationen».
Der Vorstand beschloss sodann die Einrichtung
eines Sparkontos unter dem Titel «Historischer
Verein. Forschung und Publikationen». 2 8 8 Die Karl
Mayer-Stiftung liess 1989 dem Historischen Verein
eine Vergabung von 50 000 Franken, ebenfalls
zweckgebunden für diesen Fonds, zukommen. 2 8 9
Dieselbe Stiftung überwies 1991 für den Fonds
«Forschung und Publikationen» eine nochmalige
Spende, diesmal in Flöhe von 25 000 Franken.
Zweckgebunden für das Projekt «Die Liechtenstei-
ner Mundarten in Text und Ton» spendete dieselbe
Stiftung 1992 die Summe von 27 000 Franken. 2 9 0
Unterstützungsbeiträge aus diesem Fonds wur-
den geleistet 1989 an Roman Banzer für seine
Dissertation über die Mundart von Liechtenstein,
1990 und 1991 für den Arbeitskreis für Regionale
Geschichte, 1991 für die Forschungstätigkeit von
Rupert Quaderer, 1992 für das Forschungsprojekt
«Geschichte des Fürstentums Liechtenstein in der
Krisenzeit der Dreissigerjahre und im Zweiten
Weltkrieg» von Peter Geiger sowie 1992 und 1993
für die Publikation «Die Wiederherstellung von
Schloss Vaduz 1904 bis 1914» von Elisabeth
Castellani Zahir. 2 9 1 Ausgaben für das Projekt «Die
Liechtensteiner Mundarten in Text und Ton» wur-
den 1992 und 1993 geleistet.292
Zweckgebunden für die Publikation «Die Wie-
derherstellung von Schloss Vaduz 1904 bis 1914»
gingen 1993 Spenden der Stiftung «Pro Liechten-
stein» sowie der Guido Feger-Stiftung (50 000 Fran-
ken), der Gemeinde Vaduz (15 560 Franken) sowie
der Universität Basel (3 500 Franken) ein. Die ge-
samte Einnahmen- und Ausgabenrechnung dieses
zweibändigen Werks wurde über den Fonds «For-
schung und Publikationen» abgewickelt.2 9 3
Im Jahr 1999 spendete die Karl Danzer-Stiftung,
Vaduz, für den Fonds «Forschung und Publikatio-
nen» den Betrag von 50 000 Franken, zweckgebun-
den für den zusätzlichen Sachaufwand beim Pro-
jekt «Kunstdenkmäler». Eine Teilsumme dieser
Spende wurde im selben Jahr zur Einrichtung des
Arbeitsplatzes für die Projektleiterin Cornelia Herr-
mann eingesetzt.294
Der Fonds «Nach Amerika», zur Finanzierung
der erweiterten Neuausgabe der 1976 erschiene-
nen ersten Geschichte der liechtensteinischen Aus-
wanderung nach Amerika, wurde 1989 eingerich-
tet. Die erste Äufnung dieses Fonds folgte im selben
Jahr durch Einzahlung der Versicherungssumme
in Höhe von 22 500 Franken als Ersatz für die beim
Wasserschaden im Liechtensteinischen Gymnasi-
u m 2 9 5 erfolgte Zerstörung der eingelagerten Erst-
ausgabe von «Nach Amerika». Als in den Jahren
1997 und 1998 die Buchproduktion ins Rollen
kam, wurden namhafte Beiträge der öffentlichen
Hand 2 9 6 sowie von Stiftungen und privaten Donato-
ren geleistet.297 Die gesamte Einnahmen- und Aus-
gabenrechnung dieses zweibändigen Werks wurde
über den Fonds «Nach Amerika» abgewickelt.
REVISIONSSTELLE
Erster Rechnungsrevisor des Historischen Vereins
war seit 1901 Landeskassa-Verwalter Marzellin
Keller, Vaduz. Nach seinem Tod 1937 wurde Spar-
kassa-Direktor Eduard Batliner zum neuen Rech-
nungsrevisor des Vereins bestellt. Die Rechnung
des Jahres 1937 hatte interimsmässig der Spar-
kassa-Beamte Josef Hilti geprüf t . 2 9 8 Eduard Batli-
ner war von 1938 bis 1950 Rechnungsrevisor. Er
stellte sich daraufhin nicht mehr zur Wiederwahl.
An seiner Stelle wurde an der Jahresversammlung
1950 der Vaduzer Gemeindesekretär Emil Ospelt
zum neuen Rechnungsrevisor gewählt . 2 9 9 Er übte
dieses Amt bis 1983 aus. 3 0 0 Nach Emil Ospelt wur-
de Peter Lorenz, Mitarbeiter der Gemeindekasse
Vaduz, zum neuen Rechnungsrevisor gewählt. Er
nahm diese Aufgabe bis 1989 wahr. Seit 1990 ist
Georg Kieber, Mauren, mit der Prüfung der Jahres-
rechnung des Historischen Vereins beauftragt.3 0 1
72
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Prägende Persönlichkeiten
Der Vereinsvorstand an-
lässl ich der Jahresver-
sammlung 1978 i m Hotel
«Schlüss le» in Vaduz. H i n -
ten von links nach rechts:
Robert Allgäuer, Georg
M a l i n , Alexander Frick,
V e r e i n s p r ä s i d e n t Felix
Marxer, Kassier Josef Wolf,
S c h r i f t f ü h r e r Kar l Hart-
mann sowie Rudolf Rhein-
berger
VORSITZENDE
Die verstorbenen Vorsitzenden des Historischen
Vereins für das Fürstentum Liechtenstein werden
in einem gesonderten Beitrag an anderer Stelle in
diesem Jahrbuch vorgestellt und gewürdigt. Es
sind dies in chronologischer Reihenfolge ihrer Prä-
sidentschaft: Albert Schädler, Vorsitzender von
1901 bis 1922; Johann Baptist Büchel, 1922 bis
1927; Josef Ospelt, 1928 bis 1955; David Beck,
1955 bis 1966, sowie Felix Marxer, 1966 bis 1986.
Der Verfasser dieser separaten Arbeit über die ver-
storbenen Vereinsvorsitzenden ist Alois Ospelt. Er
war selbst Vereinsvorsitzender in den Jahren 1986
bis 1991. 3 0 2
288) Protokoll der Vorstandssitzung vom 24. Juni 1988. Der Liech-
tensteiner Germanist Roman Banzer erhielt einen ersten Förderbei-
trag in Höhe von 25 000 Franken für seine Dissertation «Die Mund-
art des Fürs ten tums Liechtenstein» aus diesem Fonds. Die Auszah-
lung erfolgte ratenweise und Roman Banzer musste alle drei Monate
über den jeweiligen Stand seiner Arbeit berichten.
289) JBL 89 (1991), Jahresbericht, S. 230.
2901 Vgl . Fondsrechnungen des Historischen Vereins in den jeweili-
gen Jahresberichten.
291) Ebenda.
292) Ebenda.
293) JBL 93 (1995), Jahresbericht, S. 357.
294) JBL 99 (2000), Jahresbericht, S. 292.
295) Zum verheerenden Wasserschaden im Liechtensteinischen
Gymnasium siehe: JBL 85 (1985), Vereinschronik, S. 313-315.
296) JBL 98 (1999), Fondsrechnungen auf S. 273. Das Land Liech-
tenstein steuerte 65 000 Franken bei, rund 100 000 Franken kamen
von den Gemeinden, die ihre Gönnerbei t räge im Verhältnis ihrer
Einwohnerzahlen entrichteten.
297) Vgl. J B L 97 (1999) und J B L 98 (1999), Fondsrechnungen auf
S. 255 respektive S. 273 f. - Stiftungen und private Gönner spende-
ten insgesamt rund 157 000 Franken.
298) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 9. September 1937.
299) Protokoll der Jahresversammlung vom 19. November 1950 in
Vaduz.
300) J B L 83 (1983), Vereinschronik, S. 238 und JBL 84 (1984),
Vereinschronik, S. 288.
301) J B L 89 (1991), Vereinschronik, S. 231 und J B L 90 (1991),
Vereinschronik, S. 346.
302) Ospelt, Alois: Die verstorbenen Vorsitzenden des Historischen
Vereins. In: JBL 100 (2001), S. 159-204.
73
VORSTANDSMITGLIEDER GARRIEL HIENER
KARL VON IN DER MAUR
Landesverweser Karl von In der Maur wurde am
16. Oktober 1852 in Wiener Neustadt geboren. In
der Maur studierte in Wien Rechts- und Staatswis-
senschaft und trat 1884 in die Dienste des Fürsten
von Liechtenstein. Als Landesverweser liess er sich
1896 in Vaduz nieder. Er hatte dieses Amt bis zu
seinem Tod am 11. Dezember 1913 inne. Im Jahr
1901 wurde er Gründungs- und Vorstandsmitglied
des Historischen Vereins. Er verfasste mehrere
Beiträge für das Jahrbuch des Historischen Ver-
eins, so zur Gründung des Fürstentums Liechten-
stein sowie über einzelne Fürsten des Landes.3"3
ALFONS FEGER
Alfons Feger, Gründungs- und Vorstandsmitglied
des Historischen Vereins, wurde am 5. April 1856
in Triesen geboren. Nach dem Besuch der Volks-
schule in Triesen und der Landesschule in Vaduz
absolvierte er das königliche katholische Lehrer-
seminar in Gmünd, Württemberg, welches er 1876
abschloss. Von 1876 bis 1885 war er Lehrer in
Eschen und von 1885 bis 1895 war er Schulleiter
der Primarschule Balzers. Von 1895 bis 1918 lehr-
te Alfons Feger an der Landesschule in Vaduz. Hier
betreute er von 1907 bis 1919 die Lehrerbiblio-
thek. Alfons Feger engagierte sich auch politisch:
Er war von 1902 bis 1918 Landtagsabgeordne-
ter und von 1922 bis 1928 auch Regierungschef-
Stellvertreter. Für das Jahrbuch des Historischen
Vereins verfasste Feger mehrere Beiträge, so auch
einen Überblick zu den ersten 25 Vereinsjahren im
Band 25. 3 0 4 Alfons Feger verstarb am 18. Juli 1933.
Eugen Nipp würdigte den Verstorbenen wie folgt:
«Von Anfang an versah er das Amt des Kassiers
und Bibliothekars mit vorbildlichem Eifer und sel-
tener Genauigkeit. Seine Bibliothek kannte Feger
wie keiner, und es war eine Freude, die muster-
hafte Ordnung bewundern zu können». 3 0 5
Der am 2. Mai 1854 in Bamberg geborene Gabriel
Hiener war ebenfalls Gründungsmitglied des His-
torischen Vereins. Gabriel Hiener war 1896 als
Landestechniker nach Vaduz gekommen. In dieser
Funktion beschäftigte er sich vor allem mit den
Rüfeverbauungen. Im Jahr 1904 wurde Hiener in
die Kommission berufen, welche die Restaurie-
rungsarbeiten von Schloss Vaduz begleitete. Im
Februar 1928 wurde er in den Vereinsvorstand
gewählt und betreute während mehrerer Jahre
die Vereinsbibliothek. Gabriel Hiener starb am 20.
Januar 1942.
In dem von Josef Ospelt verfassten Nachruf
heisst es über den Verstorbenen, der sich beson-
ders auch für die Geologie interessiert hatte; «Er
war ein grosser Bücherfreund und verfügte auch
über eine schöne private Büchersammlung, die von
seinen vielseitigen geistigen Interessen Kunde gibt.
Die Arbeiten des Historischen Vereins fanden bei
ihm lebhaftestes Interesse, und so weit immer
möglich versäumte er keine Versammlung und
nach seiner Wahl in den Vorstand keine Aus-
schusssitzung, bis das Nachlassen des Augenlichtes
ihm dies unmöglich machte. An den Beratungen
des Vorstandes nahm er regen Anteil und in man-
che Sitzung brachte er Gegenstände mit, die be-
sondere Aufmerksamkeit auf sich zogen». 3 0 6 Hiener
animierte selbst zu Studien. So regte er 1930 eine
Arbeit über die liechtensteinischen Kirchenglocken
an. 3 0 7 Für das Jahrbuch Band 10 hatte er zudem
einen Bericht über die Aufdeckung alamannischer
Gräber auf dem Areal des Kaspar Hilti in Schaan
verfasst. 3 0 8
EGON RHEINBERGER
Als Sohn des fürstlichen Hauptmanns und Landes-
technikers Peter Rheinberger und der Theres, ge-
borene Rheinberger, wurde Egon Rheinberger am
14. Januar 1870 in Vaduz geboren. Nach dem Be-
such der Volksschule in Vaduz trat er 1881 in das
Gymnasium in Feldkirch über. Im Anschluss an die
74
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Absolvierung des Untergymnasiums setzte er 1886
seine Ausbildung an der Kunstgewerbeschule in
München fort. Sein künstlerisches Talent ebnete
ihm den Weg in die königlich-bayerische Kunst-
akademie, an der er sich auf das Studium der Bild-
hauerei konzentrierte. Das letzte Ausbildungsjahr
1897 schloss er mit einer Studienreise nach Italien
ab. Ebenso wie Gabriel Hiener wurde Egon Rhein-
berger 1904 in die Kommission berufen, welche
die Restaurierung von Schloss Vaduz fachkundig
begleitete.309
Rheinberger war 1901 Gründungs- und Vor-
standsmitglied des Historischen Vereins und wurde
1912 dessen erster Konservator. Er zeigte nicht nur
ein künstlerisches und kunstgeschichtliches, son-
dern auch ein starkes archäologisches Interesse
und Engagement. Rheinberger war darum bemüht,
«keine Gelegenheit unbenutzt zu lassen, um früh-
geschichtliche Funde zu s ichern». 3 1 0 Er regte zahl-
reiche Ausgrabungen an, so 1927 auf den Maurer
Wiesen in Schaanwald, 1930 bis 1933 beim Burg-
hügel Gutenberg in Balzers sowie in den Jahren
303) Paul Vogt: Brücken zur Vergangenheit. Vaduz, 1990. S. 181. -
Beiträge von In der Maur finden sich in den J a h r b ü c h e r n Band 1
(1901): Die Gründung des Fürs t en tums Liechtenstein, hier S. 5-80,
Band 5 (1905): Feldmarschall Johann Fürs t von Liechtenstein und
seine Regierungszeit im Fürs ten tum, hier S. 149-216, und in Band 8
(1908): Johann II. Fürs t von Liechtenstein. Ein Gedenkblatt zum 50-
jähr igen Regierungsjubiläum. hier S. V-LVIII.
304) Vgl. JBL 25 (1925): Die ersten 25 Jahres unseres Vereins
1900-1925, S. 1-8; weitere Beiträge von Fegerwaren beispielsweise
in JBL 7 (1907): Bericht über Neuere Literatur (1902-1907), das
Fürs tentum Liechtenstein be rührend , hier S. 171-181 (chronologisch
fortgesetzt in JBL 15, S.109-127), sowie in J B L 22 (1922): Urteile
der Auslandspresse über die 20-jährige Tätigkeit des Historischen
Vereins für das Fürs ten tum Liechtenstein, hier S. 81-100.
305) J B L 33 (1933), S. 8.
306) JBL 41 (1941), S. 153 ff.
307) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 30. Juli 1930.
308) JBL 10 (1910): Bericht über die Aufdeckung anscheinend
alemannischer Gräber auf dem Grundstück des Maurermeisters
Kaspar Hilti in Schaan, hier S. 188-192.
309) Zum künst ler ischen Wirken Rheinbergers siehe auch den
Beitrag von Anton Wilhelm: Egon Rheinberger. Leben und Werk. In:
JBL 84 (1984), S. 101-262.
310) JBL 36 (1936), S. 10.
K a r l von In der M a u r Lehrer Alfons Feger
7f)
1935 und 1936 auf der prähistorischen Siedlungs-
stätte «Borscht» in Schellenberg. 3" Noch zwei Tage
vor seinem Tod, am 23. Juli 1936, hatte Egon
Rheinberger eine Führung durch die Ausgrabun-
gen auf dem «Borscht» geleitet.312 Für das Jahr-
buch des Historischen Vereins verfasste Rheinber-
ger mehrere Beiträge, so zum Beispiel über das
Schloss Vaduz sowie über Funde bei der Burg Gu-
tenberg. 3 1 3 Sichtbares Zeichen seines künstleri-
schen Engagements für den Historischen Verein ist
das heute noch gültige Vereinssignet. Sein eigentli-
ches grosses Lebenswerk war jedoch der Wieder-
aufbau der Burg Gutenberg in Balzers, die er 1905
von Fürst Johann II. erwerben konnte. Zuvor, im
Jahr 1901, hatte er das «Rote Haus» in Vaduz um
einen markanten Turm erweitert. 3 1 4
EUGEN NIPP
Eugen Nipp wurde am 1. August 1886 in Balzers
geboren. Nach der Matura in Schwyz studierte er
in Wien, wo er 1911 mit der Dissertation «Die
romanischen Orts- und Flurnamen im Fürstentum
Liechtenstein» promovierte. 1913 trat er in den
Dienst der Landesschule in Vaduz. Von 1920 bis zu
seiner Pensionierung 1952 stand er dieser Schule
als Direktor vor. 3 i r > Eugen Nipp war 1918 Grün-
dungsmitglied der Fortschrittlichen Bürgerpartei
(FBP) und von 1920 bis 1922 Landtagsabgeordne-
ter. Er arbeitete als Mitglied der Redaktionskom-
mission mit an der Verfassung von 1921, und jahr-
zehntelang war Eugen Nipp Mitglied des Obersten
Gerichtshofes.
Als Lehrer, Politiker und Wissenschaftler waren
ihm das Wohl der Heimat, die Erhaltung alten
Sprach- und Kulturgutes sowie der Schutz der
Pflanzen und Naturdenkmäler grosse Anliegen. Eu-
gen Nipp wurde 1912 Mitglied des Flistorischen
Vereins. Von 1922 bis 1955 war er Vorstandsmit-
glied und Schriftführer. Die Protokolle trug er fein
säuberlich und von Hand geschrieben in ein Proto-
kollbuch ein. Das Studium von altem Sprachgut so-
wie von Volkssagen und -brauchen beschäftigte Eu-
gen Nipp während seines ganzes Lebens. Für die
Jahrbücher des Historischen Vereins verfasste er
mehrere Beiträge zu diesen Themen. 3"'
1955 wurde Eugen Nipp Ehrenmitglied des
Historischen Vereins. Seine Verdienste wurden
auch vom Landesfürsten gewürdigt: 1918 erhielt
er den Ehrentitel eines Professors und 1936 wurde
ihm der Titel eines fürstlichen Studienrates ver-
liehen. Eugen Nipp starb am 20. Juni 1960.
ANTON FROMMELT
Am 14. März 1895 wurde Anton Frommelt in
Schaan geboren. Nach der Matura am Kollegium
St. Fidelis in Stans studierte er von 1916 bis 1920
Theologie am Priesterseminar St. Luzi in Chur.
Anschliessend arbeitete er bis 1922 als Zeichenleh-
rer am Kollegium Maria Hilf in Schwyz. Von 1922
bis 1933 wirkte Anton Frommelt als Pfarrer in
Triesen. Von 1928 bis 1945 war er Landtagsabge-
ordneter, in den Jahren von 1928 bis 1932 zugleich
Landesschulrat sowie von 1929 bis 1946 Schul-
kommissär. Anlässlich einer Regierungsumbildung
wurde Anton Frommelt im Juni 1933 zum Regie-
rungschef-Stellvertreter gewählt. Als nunmehriges
Mitglied der Regierung musste er die Pfarrerstelle
in Triesen aufgeben. Frommelt, überzeugter Geg-
ner des Nationalsozialismus, vermittelte erfolg-
reich beim nationalsozialistischen Putschversuch
von 1939. Beim Rücktritt der Gesamtregierung im
September 1945 schied Frommelt aus der Exekuti-
ve aus. Fortan widmete er sich künstlerischen und
historischen Studien, ausserdem der Aushilfsseel-
sorge bei der St. Josefskapelle in Vaduz. Anton
Frommelt starb am 7. Oktober 1975. 3 1 7
Anton Frommelt trat bereits 1917 als Theologie-
student dem Historischen Verein bei. 1930 wurde
er in den Vereinsvorstand gewählt, in dem er ab
1936 - in der Nachfolge von Egon Rheinberger -
das Amt des Konservators wahrnahm. 3 1 8
Frommelt war ein wichtiger Förderer der ar-
chäologischen Forschung in Liechtenstein. In den
1930er Jahren betätigte er sich als Ausgräber bei
der Burgruine Schalun oberhalb von Vaduz. 3 ' 1 '
Noch bedeutsamer aber waren seine Ausgrabun-
76
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
gen bei den Alamannenfriedhöfen von Schaan im
Jahr 1934 3 2 0 sowie von Eschen 3 2 ' in den Jahren
1953 und 1954. 3 2 2
Der vielseitig interessierte und begabte Anton
Frommelt förderte auch die geologische Erfor-
schung Liechtensteins und schenkte dem Histo-
rischen Verein im Jahr 1953 seine Sammlungen
auf diesem Gebiet. Sein Engagement für die Geo-
logie kam bereits 1933 zum Ausdruck, als er an der
Jahresversammlung über fossile Funde im Liech-
tensteiner Unterland berichtete. Er bezog sich da-
bei vor allem auf seine Beobachtungen und Funde
im Steinbruch «Limseneck» bei Ruggell. 3 2 3 Anton
Frommelt regte zur weiteren geologischen Erfor-
schung Liechtensteins an. Unter der Leitung von
Professor Joos Cadisch von der Universität Bern
arbeiteten dann drei junge Schweizer Geologen ab
1945 an Dissertationen über die Geologie Liechten-
311) Ebenda, S. 9 f. - Zu den genannten Ausgrabungss tä t ten vgl.
Ausführungen auf S. 108 f. in diesem Bericht.
312) Protokoll der Jahresversammlung vom 8. November 1936 in
Eschen.
313) JBL 4 (1904), S. 145-168 beziehungsweise JBL 14 (1914),
S. 11-17.
314) JBL 36 (1936), S. 5-12. - Etwas im Schatten dieser Tätigkeiten
steht Egon Rheinbergers weiteres öffentliches Wirken: Mehrere
Jahre war er Gemeinderat in Vaduz, ab 1907 Vorstandsmitglied des
Elektrizitätswerks in Vaduz sowie von 1914 bis 1918 Landtagsabge-
ordneter.
P r ä g e n d e Persönl ichke i ten
des Historischen Vereins.
Von l inks nach rechts:
Egon Rheinberger, Eugen
Nipp und Anton Frommelt
315) Felix Marxer: Prof. Dr. Eugen Nipp, Fürst l icher Studienrat
t 20. Juni 1960. In: JBL 60 (1960), S. I-VI.
316) So die Beiträge: Liechtensteiner Sagen. In: JBL 24 (1924),
S. 89-94 und: Alte Sprachüber res t e und fremdes Sprachgut in
Liechtenstein. In: J B L 24 (1924), S. 95-114.
317) Biographische Notizen zusammengefasst nach: Ralph Kellen-
berger, Martin Frommelt: Ein vis ionärer Realist. Anton Frommelt
1895-1975. Der Maler und Kunstvermittler. Vaduz. 1995, S. 12 f.
318) Vgl . auch Felix Marxer: Fürstl icher Rat Kanonikus Anton
Frommelt, Alt-Regierungschefstellvertreter, Alt-Landtagspräsident ,
t 7. Oktober 1975. In: J B L 75 (1975), S. X l - X V .
319) Zu dieser Ausgrabung siehe auch Bericht von Anton Frommelt:
Die Ruine Schalun. In: JBL 39 (1939), S. 5-32.
320) Anton Frommelt: A l e m a n n e n g r ä b e r in Schaan. In: JBL 34
(1934), S. 3-16. - Vom selben Autor: A lemannengräbe r Schaan. In:
J B L 38 (1938), S. 87-94.
321) Anton Frommelt: Alamannenfriedhof in Eschen. In: JBL 54
(1954), S. 49-58.
322) Zu diesen beiden Ausgrabungen siehe auch Ausführungen auf
S. 112-114.
323) Sein Referat ist abgedruckt im Jahrbuch Band 34 (1934),
S. 17-32.
77
Steins. Diese Arbeiten sind wichtige Grundlagen-
werke für die Geologie Liechtensteins.3 2 4
Für das Jahrbuch verfasste Anton Frommelt
mehrere Beiträge über römische und mittelalter-
liche Münzfunde. 3 2 5 Als Konservator des Histori-
schen Vereins legte Anton Frommelt zudem ein
Inventar der vereinseigenen Münzsammlung an.
Zusammen mit David Beck hatte Anton Frommelt
einen wesentlichen Anteil an der Einrichtung eines
Liechtensteinischen Landesmuseums, das 1954 im
ersten Stock des Landesbank-Gebäudes eröffnet
werden konnte. 3 2 6
Anton Frommelts künstlerische Fähigkeiten und
Interessen3 2 7 flössen auch ein in das Projekt der
Kunstdenkmäler-Inventarisierung Liechtensteins,
welches 1947 von Erwin Poeschel begonnen und
von Frommelt tatkräftig unterstützt und beratend
begleitet wurde. 3 2 8 In diesem Zusammenhang ver-
fasste Anton Frommelt für das Jahrbuch Band 52
einen Aufsatz über den Triesner Altarflüge] aus
dem Jahr 1455. Erwähnenswert ist an dieser Stelle
auch Frommelts ausführliche Würdigung des 1949
verstorbenen Liechtensteiner Künstlers Ferdinand
Nigg im Jahrbuch Band 50. 3 2 ' 1
Das Wirken von Anton Frommelt wurde in
mehrfacher Hinsicht ausgezeichnet: Fürst Franz
Josef II. verlieh Anton Frommelt den Titel eines
Fürstlichen Rats; Bischof Christianus Caminada
ernannte Frommelt zum Ehrendomherrn der Ka-
thedrale Chur. Bei seinem Rücktritt aus dem Ver-
einsvorstand wurde Anton Frommelt an der Jah-
resversammlung 1955 zum Ehrenmitglied des
Historischen Vereins ernannt. 3 3 0
FERDINAND NIGG
Am 31. Oktober 1893 wurde Ferdinand Nigg in
Vaduz geboren. Nach dem Besuch der Primar-
schule und der Landesschule trat er bereits im Jahr
1909 als Gerichtsschreiber in den liechtensteini-
schen Staatsdienst. 1911 wurde Ferdinand Nigg
Amtsschreiber bei der Regierung. Von 1923 bis
1945 amtete er als Regierungssekretär. Schliesslich
wurde Ferdinand Nigg im September 1945 Regie-
rungschef-Stellvertreter und in diesem Amt 1949
und 1953 bestätigt.
Im Jahr 1916 wurde er Mitglied des Histori-
schen Vereins. Zwanzig Jahre später, 1936, wurde
Ferdinand Nigg in den Vereinsvorstand gewählt. Er
ersetzte das verstorbene Vorstandsmitglied Egon
Rheinberger. Ferdinand Nigg. stand ab 1937 als
Hilfsbibliothekar dem Vorstandsmitglied und Bi-
bliothekar Gabriel Hiener zur Seite. 3 3 1 Nigg begann
1941 mit dem Ordnen der Vereinsbibliothek, 3 3 2 und
wurde 1942 - nach dem Tod Gabriel Hieners - neu-
er Bibliothekar des Historischen Vereins. Zusam-
men mit seinem Sohn Ernst Nigg erstellte Ferdi-
nand Nigg für die Jahrbücher Band 40 und 50
vollständige Verzeichnisse aller bis anhin erschie-
nenen Arbeiten mit Personen-, Orts- und Sach-
registern. 1955 wurde Ferdinand Nigg in der Nach-
folge von Eugen Nipp zusätzlich Schriftführer des
Historischen Vereins. Am 3. Juli 1957 verstarb Fer-
dinand Nigg in Vaduz. 3 3 3
ALEXANDER FRICK
Das langjährige Vorstandsmitglied Alexander Frick
wurde am 18. Februar 1910 in Schaan geboren.
Nach dem Besuch des Lehrerseminars Rickenbach
von 1925 bis 1929 stieg Frick jedoch nicht in den
Lehrerberuf ein, sondern nahm 1929 eine Anstel-
lung als Steuerbeamter an. Von 1936 bis 1945 war
er dann Leiter des fürstlich-liechtensteinischen
Steueramts. Im Jahr 1945 wurde Alexander Frick
Regierungschef von Liechtenstein. Er stand der
Regierung bis 1962 vor. Daneben nahm er andere
öffentliche Aufgaben wahr: Von 1962 bis 1969 war
Frick Präsident des Verwaltungsrates der Liechten-
steinischen Kraftwerke, von 1966 bis 1974 gehörte
er dem Landtag an, davon je vier Jahre als Land-
tagspräsident und als Landtagsvizepräsident. In
seiner Freizeit war Alexander Frick engagierter
Pfadfinder. Als es 1931 zur Gründung der ersten
Pfadfinderabteilung Liechtensteins in Schaan kam,
wurde Alexander Frick deren erster Leiter.
Dem Historischen Verein trat Alexander Frick
im Jahr 1935 bei. Zehn Jahre später, 1945, wurde
78
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
er in den Vereinsvorstand gewählt, dem er bis
1981 angehörte. Für das Jahrbuch des Histori-
schen Vereins verfasste Alexander Frick viele, zu-
meist kurze, volks- und namenkundliche Beiträge.
Gerade seine durch Privatstudium erworbenen
Kenntnisse des mittelhochdeutschen Sprachgutes
flössen in mehrere fundierte Berichte über die
Flurnamen Liechtensteins ein. 3 3 4 Für die «Berghei-
mat», die seit 1951 erscheinende Jahresschrift des
Liechtensteiner Alpenvereins, verfasste Alexander
Frick einige sprach- und volkskundliche Beiträge,
so über die Mundart als gefährdetes Kulturgut oder
über religiöses Brauchtum in der Alpenwelt. 3 3 5
Beiträge über die Mundart Liechtensteins erschie-
nen auch in den Liechtensteiner Zeitungen. Diese
und weitere Aufsätze von Frick wurden 1990
324) Protokoll der Jahresversammlung vom 11. November 1951 in
Vaduz. Zwei dieser Arbeiten waren Ende 1951 druckfertig. Die drei
Arbeiten wurden im Jahrbuch publiziert: - Henry Schaetti: Geologie
des Fürs ten tums Liechtenstein. 1. Teil. Geologie des östlichen Gebie-
tes. Samina-, Malbun- und Valorsch-Tal. In: JBL 51 (1951). S. 5-204.
- Rudolf Blaser: Geologie des Fürs ten tums Liechtenstein. 2. Teil. Geo-
logie des nördlichen Gebietes Schellenberg, Drei Schwestern-Gruppe
und Umgebung von Vaduz. In: JBL 52 (1952), S. 5-228. - Franz Alle-
mann: Geologie des Fürs ten tums Liechtenstein. 3. Teil. Geologie des
südlichen Gebietes Falknis, Lawena, Triesenberg. Unter besonderer
Berücksichtigung des Flyschproblems. In: JBL 56 (1956). S. 1-244.
325) Anton Frommelt: Römische Münzfunde in Liechtenstein. In:
JBL 37 (1937), S. 65-84 (ein Nachtrag dazu in: JBL 50, S. 83-91);
vom selben Autor: Münzfund Vaduz 1957. In: JBL 57 (1957). S. 5-46
(Nachtrag dazu in: JBL 59, S. 369-371).
Von links nach rechts:
Ferdinand Nigg und
Alexander Fr ick
326) Vgl . dazu Beitrag von Norbert W. Hasler über die Sammeltät ig-
keit des Iiistorischen Vereins an anderer Stelle in diesem Jahrbuch.
327) Anton Frömmel t machte sich einen Namen als Fotograf - siehe
hierzu die 1992 veröffentlichte eindrucksvolle Bildersammlung: Von
Wandel und Bestand (in der broschierten Ausgabe der treffendere
Titel «Sakristei und Dunkelkammer») . Fotografien aus der dörflichen
Welt Liechtensteins um 1930. Herausgegeben und kommentiert von
Rudolf Sagmeister und Kathleen Sagmeister-Fox. Vaduz, Zürich,
1992 - und auch als Maler, siehe hierzu die Publikationen: Anton
Frommelt 1895-1975. Schaan, o. J . (1978) sowie: Ralph Kellenber-
ger, Martin Frommelt: Ein vis ionärer Realist. Anton Frommelt
1895-1975. Der Maler und Kunstvermittler. Vaduz, 1995.
328) Zum Projekt «Kunstdenkmäler» siehe Ausführungen auf S. 131 f.
329) Anton Frommelt: Der Triesner Altarflügel von 1455. In: JBL 52
(1952), S. 229-241. - Anton Frommelt: Prof. Ferdinand Nigg. In:
J B L 50 (1950), S. 41-82.
330) JBL 55 (1955), Vereinschronik, S. 151.
331) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 26. Apr i l 1937.
332) J B L 41 (1941), Vereinschronik, S. 157.
333) David Beck: Ferdinand Nigg, Regierungschef-Stellvertreter
t l 3 . Juli 1957. In: JBL 57 (1957), S. I-V.
334) Zum Beispiel Alexander Frick: Unsere deutschen Orts- und
Flurnamen. (Ein Thema für Kurzberichte). In: JBL 51 (1951), S.
205-217, oder Alexander Frick: Unverstandenes mittelhochdeut-
sches Sprachgut in unseren Flurnamen. In: JBL 55 (1955), S. 75-95.
335) Alexander Frick: Unsere Mundart - ein gefährde tes Kulturgut.
In: Bergheimat, 1964, S. 11-27; Alexander Frick: Von Alpabfahrts-
herzchen und weiteren religiösen Bräuchen auf unseren Alpen. In:
Bergheimat, 1969. S. 45-74. - Vgl. auch das von Alois Ospelt zusam-
mengestellte Verzeichnis der Veröffentl ichungen von Alexander
Frick. In: Festgabe für Alexander Frick zum 75. Geburtstag. Sonder-
ausgabe der Bergheimat, Jahresschrift des Liechtensteiner Alpenver-
eins. Hrsg. und red. von Robert Allgäuer. Schaan, 1985, S. 292-310.
79
zusammengefasst im Buch «Die Mundarten von
Liechtenstein», das von der von Josef Wolf, zu-
gleich Vorstandsmitglied des Historischen Vereins,
präsidierten Liechtensteinischen Mundartstiftung
herausgegeben wurde. Die Beiträge von Alexander
Frick für diese Publikation wurden von Professor
Eugen Gabriel, dem Bearbeiter des Vorarlbergisch-
liechtensteinischen Sprachatlasses, redigiert.3 3 6 Das
Buch erschien aus Anlass von Alexander Fricks
80. Geburtstag.3 3 7 Alexander Frick zeigte auch star-
kes Interesse für archäologisches Fundgut. Für das
Jahrbuch Band 76 verfasste er beispielsweise eine
Abhandlung über die bei einem alamannischen
Frauengrab in Schaan im Jahr 1934 gefundene
durchbrochene Zierscheibe, die aus dem 7. Jahr-
hundert nach Christus datiert. 3 3 8
Bei seinem Rücktritt aus dem Vereinsvorstand
wurde Alexander Frick 1981 zum Ehrenmitglied
des Historischen Vereins ernannt. Zuvor, im Jahr
1960, war er bereits Ehrenmitglied des Liechten-
steiner Alpenvereins geworden. Sein vielseitiges
Wirken wurde schon 1961 mit der Verleihung der
Ehrendoktorschaft der Universität Freiburg gewür-
digt. Zudem erhielt Alexander Frick 1963 den Titel
eines Fürstlichen Rats. Alexander Frick starb am
31. Oktober 1991. 3 3 9
Im Folgenden seien noch drei weitere ehemalige
Vorstandsmitglieder kurz erwähnt, und zwar Ru-
dolf Rheinberger, Georg Malin und Robert Allgäuer.
Eine umfassende Würdigung ihres Wirkens für den
Historischen Verein soll indessen zu einem späte-
ren Zeitpunkt folgen. Es seien lediglich ein paar
Eckdaten genannt, ebenso im Überblick ihre be-
sonderen Verdienste im Einsatz für den Verein.
RUDOLF RHEINRERGER
Der Liechtensteiner Arzt Rudolf Rheinberger wur-
de am 10. April 1917 geboren. Er ist der dritte
Sohn von Egon Rheinberger 3 4 0 und von dessen
Frau Maria, geborene Schädler. Rudolf Rheinber-
ger trat 1945 dem Historischen Verein bei. Im Jahr
1955 wurde er in den Vereinsvorstand gewählt,
Von links nach rechts:
Rudolf Rheinberger, Georg
M a l i n und Robert Al lgäuer
dem er bis 1991 angehörte. Für das Jahrbuch des
Historischen Vereins verfasste er beachtenswerte
medizingeschichtliche Beiträge und Ärztepor-
t rä t s . 3 4 1 Zudem stellte er sporadisch Urkunden aus
dem Archiv der Familie Rheinberger im Jahrbuch
vor. 3 4 2 Im Jahr 1991 wurde Rudolf Rheinberger Eh-
renmitglied des Historischen Vereins.
GEORG MALIN
Der Historiker und Künstler Georg Malin, geboren
am 8. Februar 1926 in Mauren, wurde 1953 Ver-
einsmitglied und bereits zwei Jahre später, 1955, in
den Vereinsvorstand gewählt, dem er bis 1996 an-
gehörte. Seine Dissertation über «Die politische Ge-
schichte des Fürstentums Liechtenstein von 1800
bis 1815» wurde im Jahrbuch Band 53 publiziert. 3 4 3
Georg Malin machte sich später einen Namen als
Förderer der Archäologie 3 4 4 sowie als Bearbeiter
des Urkundenbuches. 3 4 5 1996 wurde Georg Malin
Ehrenmitglied des Historischen Vereins.
RORERT ALLGÄUER
Bibliothekar Robert Allgäuer, geboren am 17. Ja-
nuar 1937 in Eschen, wurde 1959 Mitglied des
Historischen Vereins. In den Vereinsvorstand wur-
de Robert Allgäuer 1965 gewählt. Er war bis 1996
80
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Vorstandsmitglied. Robert Allgäuer, von 1961 bis
1972 erster liechtensteinischer Landesbibliothekar
und -archivar, gab dem Historischen Verein und
dem kulturellen Leben in Liechtenstein zahlreiche
Anregungen und Ideen. Beispielsweise regte er
bereits 1965 die Ausstellung der Werke von Ferdi-
nand Nigg an. Niggs Bilder aus den Sammlungen
des Historischen Vereins wurden hierfür zur Ver-
fügung gestellt.3 4 b Für das Jahrbuch verfasste
Robert Allgäuer zunächst einen Beitrag zur Biogra-
phie Peter Kaisers sowie eine kleinere weitere
Arbeit. 3 4 7 Als Redaktor hat Robert Allgäuer dem
Jahrbuch des Vereins später Gehalt und Gestalt ge-
geben. Einem Impuls Allgäuers, der von Band 85
bis und mit Band 94 das Jahrbuch redaktionell
betreute, verdanken wir die graphische Neugestal-
tung des Buches, die mit dem Band 88 (1990) erst-
mals umgesetzt wurde. Seit 1996 ist Robert A l l -
gäuer Ehrenmitglied des Historischen Vereins. 3 4 8
336) Zum Sprachatlas siehe Ausführungen auf S. 136 f.
337) Alexander Frick: Die Mundarten von Liechtenstein. Bearbeitet
von Eugen Gabriel. Vaduz, Selbstverlag der Liechtensteinischen
Mundartstiftung. Vaduz, 1990. - Die Präsentat ion dieser Buchpubli-
kation, die eine Auflage von 1 000 Stück hatte, fand im Früh jah r
1990 statt. Die Kosten teilten sich der Historische Verein und die
Mundartstiftung.
338) Alexander Frick: Die durchbrochene Zierscheibe aus einem
alemannischen Frauengrab in Schaan. In: JBL 76 (1976),
S. 267-293.
339) Alois Ospelt: Fürstl icher Rat Dr. h.c. Alexander Frick Alt
Regierungschef 1910-1991 t . In: J B L 91 (1992), S. 1-6.
340) Zu Egon Rheinberger siehe Ausführungen auf S. 74-76.
341) Rudolf Rheinberger: Liechtensteiner Ärzte des 19. Jahrhun-
derts. In: JBL 89 (1991). S. 19-112. - Weitere Ärztepor t rä ts von
Rudolf Rheinberger sind zu finden in: JBL 91 (1992) über Wilhelm
Schlegel, in J B L 92 (1994) über Rudolf Schädler, in JBL 94 (1997)
über Albert Schädler und Peter Marxer sowie in J B L 95 (1998) über
Franz Xaver Gassner. Für das Jahrbuch Band 94 (1997) verfasste
Rheinberger zudem einen Überblick zur Medizin in Liechtenstein im
19. Jahrhundert.
342) So zum Beispiel: Rudolf Rheinberger: Ein Dokument aus der
Zeit der Franzosenkriege. In: JBL 97 (1999), S. 185-194.
343) Georg Malin: Die politische Geschichte des Fürs t en tums Liech-
tensteins 1800-1815. In: J B L 53 (1953), S. 5-178.
344) Dazu ausführ l icher im Kapitel «Ausgraben» auf S. 102-118.
345) Siehe dazu Kapitel «Urkundenbuch» auf S. 123-129.
346) Protokoll der Vorstandssitzung vom 2. Juli 1965.
347) Robert Allgäuer: Peter Kaiser (1793-1864). Beiträge zu einer
Biographie. In: JBL 63 (1964), S. 7-61. - Vom selben Autor: Die
Ehrenzeichen des Liechtensteinischen Mili tärkontingentes. In: JBL
64 (1965), S. 167-175.
348) Das Engagement Robert Allgäuers, der als Verleger den Scha-
lun-Verlag aufbaute und von 1985 bis 1994 auch Präsident des
Kulturbeirates der Regierung war, wurde von mehreren Seiten
gewürdigt . So erhielt er 1993 beispielsweise den Josef Gabriel von
Rheinberger-Preis, den Kulturpreis der Gemeinde Vaduz, verliehen.
81
Veranstalten
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ju ber auf
S o n n t a g Ben 11. September 1921
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Jatltesnetfamnolaiig ks liftor Mmm
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1 „Sit llatoiioifftnfiWt im §ü«Pt ber (Btföiditflforfijjiina."
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2. „ilnjinrieile Stift bic Tätigkeit bts porigen Pertine
fnt lias Judentum ficdglcaßein"
t>on Oberlehrer g e g « .
S)ie SDiitgliebet be§ SGeretnS roerben ju biefer SEagung freunblid)
eingelaben. — Sind) SiJidjtmitgltebet Ija6en freien 3"tntt.
609 p e r P e r e i n s o o r f t a n ö .
Inserat in den «Ober rhe i -
nischen Nach r i ch t en» vom
7. September 1921
JAHRESVERSAMMLUNGEN
Die ordentliche Jahresversammlung fand die er-
sten fünf Jahre jeweils im Frühling statt. Von 1906
bis 1973 wurde sie jeweils im Herbst, manchmal
sogar erst im Dezember, durchgeführt. Um die
Rechnungsführung zweckmässiger und aktueller
zu gestalten, wurde das Rechnungsjahr ab 1937
nicht mehr nach Kalenderjahr, sondern jeweils
vom 1. Juli bis 30. Juni geführt. Dieser Entscheid
wurde später wieder zurückgenommen und, gültig
ab dem 1. Januar 1975, das Rechnungsjahr wieder
mit dem Kalenderjahr in Einklang gebracht. 3 4 9 Die
Tätigkeitsberichte blieben indessen stets in Über-
einstimmung mit dem Kalenderjahr. An den Jah-
resversammlungen beschäftigten sich die Vereins-
mitglieder mit den statutenmässig festgelegten
Aufgaben wie Genehmigung von Jahresbericht und
Jahresrechnung, der Festsetzung des Mitglieder-
beitrags sowie «mit der Anhörung von Vorträgen
einzelner Mitglieder über Gegenstände der vater-
ländischen Geschichte und freier Diskussion über
dieselben.» 3 5 0 Die anlässlich der Jahresversamm-
lungen gehaltenen Vorträge erschienen zumeist als
schriftliche Beiträge in den darauffolgenden Jahr-
büchern.
Die Jahresversammlungen bildeten stets die
wichtigsten Veranstaltungen im Vereinsjahr. Die
nachfolgenden Ausführungen greifen lediglich ex-
emplarisch einzelne Versammlungen auf. Einen
Überblick zu allen Jahresversammlungen mit den
jeweiligen Referaten ist in einer Tabelle im Anhang
zu finden. Hier werden auch Versammlungsorte,
Referenten sowie die Themen der Vorträge ge-
nannt. In einer zweiten Tabelle sind ausserordent-
liche Referate und Veranstaltungen separat aufge-
listet. Ein Überblick zu Fest- und Jubiläumsveran-
staltungen ist im hier anschliessenden Kapitel mit
dem Titel «Besondere Anlässe» zu finden.
Die statutengemässe Mitgliederversammlung
des Jahres 1902 fand am 1. Juni in Vaduz statt. Es
erschienen mehr als 40 Mitglieder. 3 5 1 Der Zutritt
wurde jedoch auch Nichtmitgliedern gestattet, so
dass dem angekündigten Vortrag nahezu 100
Zuhörer beiwohnten. Johann Baptist Büchel refe-
82
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / K L A U S B I E D E R M A N N
rierte über den Schindelholzprozess, der im Jahre
1516 zwischen den Gemeinden Triesenberg und
Vaduz-Schaan stattgefunden hatte. «Der auf Quel-
lenmaterial sich stützende Vortrag, welcher vom
Vorsitzenden bestens verdankt wurde, gibt uns ein
interessantes Bild über das Gerichtswesen der
damaligen Zeit. Der Vortrag wird in etwas erwei-
terter Form in unserem historischen Jahrbuch
erscheinen, sobald es der Raum gestat tet». 3 5 2
Nachdem die ersten zwölf Jahresversammlun-
gen immer in Vaduz abgehalten worden waren,
entschied sich der Vereinsvorstand, für das Jahr
1913 erstmals von dieser Gewohnheit abzuwei-
chen. So trafen sich die Vereinsmitglieder am 26.
Oktober 1913 auf der Burg Gutenberg in Balzers,
wo sie von Egon Rheinberger, Vorstandsmitglied
und Konservator, zu einer Führung durch die
gerade erst wieder aufgebaute Burg eingeladen
waren. Die ordentliche Mitgliederversammlung fand
dann anschliessend im Gasthaus zur «Post» in Bal-
zers statt.353
An der Jahresversammlung 1915 referierte
Johann Baptist Büchel über die Ziele des Heimat-
schutzes, der - in den neuen Vereinssatzungen von
1912 verankert - eine wichtige ideelle Grundlage
für das weitere Wirken des Historischen Vereins
darstellte.3 5 4 Büchel machte in diesem Sinn auch an
der Jahresversammlung von 1917 die Anregung,
die Gemeinden zur Anpflanzung von Dorflinden zu
ermutigen. 3 5 5
Die Mitgliederversammlung des Jahres 1919
fand am 5. Oktober, dem Geburtstag des Fürsten
Johann IL, erstmals im Liechtensteiner Unterland,
und zwar in Mauren statt. Johann Baptist Büchel
referierte an dieser Versammlung über die Ge-
349) Protokoll der Vorstandssitzung vom 8. Februar 1974.
350) JBL 1 (1901), S. 272, Statuten von 1901, Paragraph 5.
351) JBL 2 (1902), Vereinschronik, S. 299.
352) Ebenda, S. 300.
353) JBL 13 (1913), Vereinschronik. S. 57.
354) Siehe die Ausführungen im Kapitel «Heimatschutz», S. 36-38.
355) JBL 17 (1917), Vereinschronik, S. 128.
Saßet, de,: Z O / UTK IS 2 /
Korrespondenzblatt des i m
Kuror t Gaflei weilenden
Vereinsvorsitzenden Albert
Schäd l e r an Vorstandsmit-
glied Alfons Feger vom
August 1921. Schäd le r bit-
tet Feger, d a f ü r zu sorgen,
dass die Ein ladung zur
Jahresversammlung recht-
zeitig i n beiden liechten-
steinischen Zeitungen ver-
öffent l icht w i rd .
83
-ä— •**
it&f X m ^ T >
x - - •-- * .
Der Bericht ü b e r die Jah-
resversammlung ist immer
wesentlicher Bestandteil
der Vereinschronik. Hand-
schriftliche Notizen von
Albert Schäd le r ü b e r die
Jahresversammlung vom
11. September 1921 in
Eschen
schichte des Eschnerbergs, wobei er einen gesamt-
haften Überblick von der Urzeit bis ins 19. Jahr-
hundert gab. 3 5 6
Infolge «des äusserst ungünstigen Wetters» war
die Jahresversammlung vom 19. September 1920
in Schaan nicht stark besucht. Der Vereinsvor-
sitzende Albert Schädler bemerkte indessen, dass
«unser Verein, dessen ideale Arbeiten, abseits von
allem Parteigetriebe, dem Vaterlande dienen wol-
len, [nun] befriedigt auf seine nun 20-jährige Tätig-
keit zurückblicken» könne . 3 5 7 Hofkaplan Alfons
Feger referierte anschliessend über Fürst Wenzel
von Liechtenstein. 3 5 8
An der darauffolgenden Jahresversammlung
1921 sorgte der Vereinsvorsitzende Johann Baptist
Büchel mit seinem Vortrag über «die Naturwis-
senschaft im Dienste der Geschichtsforschung» 3 5 9
für einen «schillernden Farbtupfer» - wie es Hans-
Jörg Rheinberger in seiner Festansprache zum
100-Jahr-Jubiläum des Vereins im Februar 2001
ausdrückte. Johann Baptist Büchel stellte neuere
naturwissenschaftliche Erkenntnisse in Frage, be-
zweifelte auch die zeitliche Abfolge von Steinzeit,
Bronzezeit und Eisenzeit und bezeichnete die Bibel
als «das älteste Urkundenbuch der Menschheit». 3 6 0
Büchel bewegte sich mit diesen Voten - diploma-
tisch gesagt - nicht auf wissenschaftlich erhärtetem
Gebiet, doch er erbrachte damit «in klarer und
volkstümlicher Darstellung interessante Aufklä-
rung» und «fand allgemeinen Beifall». 3 6 1
Die Mitgliederversammlung des Jahres 1924
fand am 12. Oktober auf der Burg Gutenberg statt.
Johann Baptist Büchel hielt einen «mit grossem
Beifall aufgenommenen» Vortrag über den Alp-
streit der Mälsner mit den Frastanzern. Im An-
schluss daran wurde «die Wechselrede ... eifrig ge-
pflegt, besonders, wie selbstverständlich, zwischen
den Balznern und Mälsnern ... Selten verlief eine
Generalversammlung so anregend wie die dies-
jährige auf dem schönen Schloss Gutenberg». 3 6 2
Des 25-jährigen Vereinsjubiläums wurde - eher
unspektakulär - anlässlich der Jahresversammlung
vom 25. Oktober 1925 im Gasthaus «Löwen» in
Bendern gedacht. Der Vereinsbibliothekar, Ober-
lehrer i . R. Alfons Feger, gab zwar eine Übersicht
84
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / K L A U S BIEDERMANN
EINLADUNG
I
V
zu efe/- om Sonntag, den 7. Oktober 1928,
nachmittags 21 2 tV/tr /m Gasthaus zum Löwen
in Vaduz stattfindenden Jahresversammlung
zugleich
FEST-VERSAMMLUNG
aus Anlaß des Jubiläums
der 70 jährigen Regierung
Seiner Durchlaucht des LandesfürsUn.
TAGESORDNUNG:
Vortrag des H. H. Hofkaplans Feger:
Fürst Johann II.
Verlesung des Piotoko/les der letzten Jahres-
versammlung.
Jahresbericht. g> Rechnungsbericht.
Festsetzung des Jahresbeitrages für 1928.
Freie Anträge.
Vaduz, 2. Oktober 1928.
Der Vorsitzende des historischen Vereins
für das Fürstentum Liechtenstein:
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3. Oicmnabl t>ce IVrfitKiitvn unt t»ct? Itofffart. V
SHc 'itorftanbfdjaft. ,}
(i
~~ _ »t*mj$i ii •• M M V M
zur Tätigkeit des Vereins in den ersten 25 Jahren
seines Bestehens, doch der einstündige Hauptvor-
trag von Eugen Nipp befasste sich mit einem völlig
anderen Thema: nämlich der Entstehung des
Rheintals, dessen Besiedlung sowie dem Kampf der
Bewohnerinnen und Bewohner «gegen den unge-
bärdigen Gebirgsstrom». 3 6 3
An der Jahresversammlung 1926 referierte Jo-
hann Baptist Büchel über den aus Ruggell stam-
menden Bischof Franz Anton Marxer. Jedoch nicht
nur wegen dem Thema des Referates fand die Ver-
sammlung in Ruggell statt, sondern auch in der
Hoffnung, «es mögen dem Verein recht viele Rug-
Mittels Zeitungsinseraten,
Karten und Rundschreiben
werden die Vereinsmitglie-
der und die Öffent l ichkei t
zu den Versammlungen
geladen. Die Beispiele zei-
gen Einladungen zur Fest-
versammlung zum 70. Re-
g ie rungs jub i l äum von Fürs t
Johann II. sowie zur or-
dentlichen Mitgliederver-
sammlung i m Jahr 1928.
356) JBL 19 (1919), Vereinschronik, S. 99. Das Referat von Johann
Baptist Büchel ist abgedruckt in: J B L 20 (1920), S. 5-36.
357) JBL 20 (1920), Vereinschronik, S. 85.
358) Ebenda, S. 87.
359) J B L 21 (1921), Vereinschronik, S. 134.
360) Johann Baptist Büchel: Die Naturwissenschaft als Quelle für die
Geschichtsforschung. In: J B L 22 (1922), S. 31-42, hier S. 39.
361) JBL 21 (1921), Vereinschronik, S. 134.
362) JBL 24 (1924), Vereinschronik, S. 116.
363) JBL 25 (1925), Vereinschronik, S. 128.
85
geller bei t reten». 3 6 4 Lehrer Alfons Kranz machte
anlässlich dieser Versammlung die Anregung, man
möge doch die im Anhang zur Arbeit über Bendern
gemachten Ausführungen über Ruggell zu einer
Ruggeller Dorfmonographie ausgestalten. Johann
Baptist Büchel lud daraufhin Lehrer Kranz zur Mit-
arbeit ein. Josef Ospelt regte generell die Erstellung
von Gemeindegeschichten in Liechtenstein an: «Be-
sonders die Herren Volksschullehrer wären dazu
berufen» und «Sonderabdrucke aus dem Jahrbuch
sollten in die Gemeinden hinaus. Junge Kräfte soll-
ten mehr mitarbeiten». Eugen Nipp verwies in die-
sem Zusammenhang auf die historisch belegte Ver-
bundenheit der links- und rechtsrheinischen Nach-
barschaft am Beispiel Ruggell-Rüthi. 3 6 5
Wegen der am 25. und 26. September 1927 er-
folgten Hochwasserkatastrophe in Liechtenstein
wurde die auf den 9. Oktober nach Triesen be-
stimmte Jahresversammlung abgesagt.366 Mittler-
weile war der Vereinsvorsitzende Johann Baptist
Büchel «ernstlich erkrankt» . 3 6 7 Er verstarb am 14.
November desselben Jahres. 3 6 8 Zum besonderen
Andenken an seinen verstorbenen Vorsitzenden
lud der Historische Verein auf den 26. Februar
1928 zu einer Erinnerungsfeier und ausserordent-
lichen Versammlung nach Triesen. 3 6 9
Am 7. Oktober 1928 fand dann die ordentliche
Jahresversammlung im Gasthaus «Löwen» in Va-
duz statt. Aus Anlass des Regierungsjubiläums von
Fürst Johann II. war der Saal «geschmückt mit der
von Girlanden geschmückten Büste des Landes-
fürsten». Stellvertretend für den Fürsten nahmen
Prinz Karl und seine Gemahlin am Festakt teil. Hof-
kaplan Alfons Feger referierte über die 70-jährige
Regierungszeit des betagten Fürsten. Der Vereins-
vorsitzende Josef Ospelt hob den Wunsch des Fürs-
ten hervor, «die Liechtensteiner möchten friedlich
zusammenleben». Es sei hier besonders auch der
Historische Verein, der «unpolitisch, auf das Frie-
densziel des Fürsten hinarbeite. Seine Durchlaucht
Prinz Karl möge dem Jubelfürsten diese Versiche-
rung und den Schwur der steten Treue übermit-
te ln». 3 7 0
Anlässlich der Ausschuss-Sitzung vom 5. Sep-
tember 1936 konnte das Datum für die kommende
Jahresversammlung noch nicht festgesetzt wer-
den, da die Gefahr der Kinderlähmung drohte. 3 7 1
Schliesslich konnte die Versammlung am 8. No-
vember 1936 abgehalten werden. An dieser Ver-
sammlung in Eschen hob der Vereinsvorsitzende
«die grosse Teilnahme aus der Lehrerschaft» lo-
bend hervor. 3 7 2
Am 26. September 1937 fand die Eröffnung des
Binnenkanals im Unterland statt, und folglich wur-
de die für dieses Datum angesetzte Jahresver-
sammlung auf den 11. Oktober verschoben. Aus
Anlass des 75-Jahr-Jubiläums der Verfassung von
1862 referierte der Vereinsvorsitzende Josef Ospelt
über die Verfassungsgeschichte.3 7 3
Lehrer Egon Kranz wies an der Jahresversamm-
lung 1938 auf Versteinerungen in Planken hin.
Ebenfalls plädierte er für die notwendige Erar-
beitung einer kurzgefassten Geschichte Liechten-
steins. 3 7 4
Fürst Franz Josef II. nahm 1939 erstmals an
einer Jahresversammlung des Historischen Vereins
te i l . 3 7 5 Der Landesfürst bekundete auch später
durch den oftmaligen Besuch der Jahresversamm-
lungen sein Interesse für die Aktivitäten des Histo-
rischen Vereins. 3 7 6
Im Gedenken an den 100. Geburtstag von Fürst
Johann II. würdigte der Vereinsvorsitzende Josef
Ospelt diesen Monarchen an der Jahresversamm-
lung vom 20. Oktober 1940. 3 7 7 Regierungschef
Josef Hoop ergänzte den Vereinsvorsitzenden:
«Wie wir immer zum Fürsten Zuflucht genommen
haben, wollen wir auch heute in diesen schweren
Tagen des Krieges vor das Grab des teuren Fürsten
treten und ihm versprechen, sein Erbe hoch zu
halten und ihn bitten, dass sein verklärter Geist
Fürst und Volk den rechten Weg weisen möge in
unseren schweren Tagen und einer glücklichen Zu-
kunft entgegen führen [möge]». 3 7 8 An dieser Jah-
resversammlung von 1940 wurde in Aussicht ge-
stellt, die kommenden Versammlungen in anderen
Gemeinden abzuhalten; doch gelte sonst die Regel,
jede fünfte Versammlung in Vaduz durchzufüh-
ren. 3 7 9 Der Vereinsvorsitzende schloss die Ver-
sammlung mit den Worten: «Möge der Verein auch
in Zukunft arbeiten im Sinne: Fürst, Heimat und
86
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT JAHRE DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS BIEDERMANN
Volk. Er lädt zur Mitarbeit ein. In anderen Gegen-
den sind die Vereine spezialisiert. Unser Verein hat
vielseitige Aufgaben. Zur besonderen Ehre gereicht
dem Verein die Würdigung seiner Arbeit vonseiten
unseres durchlauchtigsten Landesfürsten. Er for-
dert auf zum Hoch auf den Landesfürsten. Nach
Absingen der Volkshymne: Schluss 5'/z Uhr».
Anlässlich der Mitgliederversammlung vom 19.
November 1950 im Rathaussaal in Vaduz konnte
der Historische Verein auf die ersten 50 Jahre sei-
nes Bestehens zurückblicken. Diese Jubiläumsver-
sammlung kommt im folgenden Kapitel «Besonde-
re Anlässe» separat zur Sprache.
Aus Anlass der Eröffnung des Landesmuseums
begann die Jahresversammlung 1954 in den Räum-
lichkeiten des Museums im Landesbank-Gebäude
in Vaduz. Der geschäftliche Teil fand anschliessend
im Gasthof «Löwen» in Vaduz statt.38"
Als 1956 grössere Ausgrabungen beim römi-
schen Kastell in Schaan gemacht wurden, lud der
Historische Verein im Vorfeld der Jahresversamm-
lung zu einer Besichtigung der Grabung ein. Es
fanden sich über hundert Personen dazu ein. Zur
anschliessenden Geschäftsversammlung traf man
sich im Saal des Hotels «Linde» in Schaan. 3 8 1
Die Jahresversammlung 1960 wurde in Schel-
lenberg abgehalten. Die Vereinsmitglieder trafen
sich zuerst bei der Oberen Burg, damals noch Neu-
Schellenberg genannt, zur Besichtigung von durch-
geführten Ausgrabungsarbeiten. David Beck gab
einen kurzen Überblick zur Geschichte der Burg.
Zur Erledigung des geschäftlichen Teils der Ver-
sammlung trafen sich die Vereinsmitglieder an-
schliessend im Schellenberger Gemeindesaal. 3 8 2
Vier Jahre später, 1964, fand die Mitgliederver-
sammlung erneut in Schellenberg statt. Diesmal
konnten die Vereinsmitglieder die fertig konser-
vierte Obere Burg besichtigen. 3 8 3
Die für den 2. Dezember 1973 angesagte Jahres-
versammlung musste infolge des wegen der Ölkrise
erlassenen Autofahrverbotes auf den 8. Dezember,
verschoben werden. 1973 wurde des 50-jährigen
Bestehens des Zollvertrags mit der Schweiz ge-
dacht. Aus diesem Grund fand im Landesmuseum
eine Sonderausstellung statt und an der Jahresver-
sammlung des Historischen Vereins hielt der Feld-
kircher Stadtarchivar Gerhard Wanner einen Vor-
trag über das Thema «Die Auswirkungen der Kün-
digung des Zollvertrags Österreich-Liechtenstein
auf die Beziehungen zwischen Vorarlberg und
Liechtenstein zwischen 1919 und 1924». 3 8 4
Eine wichtige Neuerung zum Ablauf der Jahres-
versammlungen folgte dann in den späten 1980er
Jahren. Diese Veränderung trug dem Wunsch nach
einer konsequenten Aufteilung zwischen dem ge-
364) JBL 26 (1926), Vereinschronik. S. 135.
365) Protokoll der Jahresversammlung vom 3. Oktober 1926 in
Ruggell.
366) JBL 27 (1927). Vereinschronik, S. 135.
367) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 23. Oktober 1927.
368) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 14. Dezember 1927.
369) JBL 28 (1928), Vereinschronik, S. 178.
370) Protokoll der Jahresversammlung vom 7. Oktober 1928 im
«Löwen» in Vaduz.
371) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 5. September 1936.
372) Protokoll der Jahresversammlung vom 8. November 1936 in
Eschen.
373) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 9. September 1937.
374) Protokoll der Jahresversammlung vom 30. Oktober l 938 in
Schaan.
375) Protokoll der Jahresversammlung vom 12. November 1939 in
Vaduz.
376) Fürst Franz Josef II. nahm an den Mitgliederversammlungen
von 1940, 1945, 1948. 1950 bis 1953. 1955. 1957. 1959. 1960,
1962, 1963. 1967, 1968. 1971. 1976. 1980. 1981. 1983. 1984 sowie
1987 bis 1989 teil. Fürstin Gina wohnte den 1946 und 1976 stattfin-
denden Jahresversammlungen bei: vgl. Vereinschroniken in den
entsprechenden J a h r b ü c h e r n .
377) Protokoll der Jahresversammlung vom 20. Oktober 1940 in
Vaduz.
378) Ebenda.
379) Ebenda.
380) Protokoll der Jahresversammlung vom 14. November 1954 in
Vaduz.
38 I) J B L 56 (1956). Vereinschronik. S. 80 f.
382) JBL 60 (1960). Vereinschronik. S. 242 f.
383) JBL 64 (1965), Vereinschronik. S. 266.
384) Protokoll der Vorstandssitzung vom 30. Oktober 1973.
87
schäftlichen Teil und dem anschliessenden Referat
besser Rechnung. Im Anschluss an die Jahresver-
sammlung 1988 übten nämlich die Vorstandsmit-
glieder eine sogenannte «Manöverkritik»: Zwar
verlief die gut besuchte Versammlung zufrieden-
stellend, es wurden dennoch einige Verbesserungs-
vorschläge gemacht: 1. Die Versammlung fand an
einem Feiertag («Josefl»; 19. März) statt. Dies soll-
te in Zukunft vermieden werden. 2. Die nächste
Jahresversammlung sollte klar in zwei Teile geglie-
dert werden, nämlich in einen offiziellen vereinsin-
ternen Teil mit den üblichen Traktanden sowie in
einen zweiten öffentlichen Teil mit dem Vortrag.
Dazwischen müsste eine entsprechende Pause ein-
geschaltet werden. Eine solche Zweiteilung würde
eventuell Nichtmitglieder zum Besuch des Vortrags
animieren. Es wurden aber Bedenken geäussert,
ob nicht Vereinsmitglieder dann erst zum Vortrag
erscheinen würden. Der Vereinsvorstand beschloss
trotzdem, diese Zweiteilung in einer Versuchspha-
se ab darauffolgendem Jahr zu erproben. 3 8 5 - Diese
Zweiteilung wurde seither so gehandhabt und hat
sich bewährt.
BESONDERE ANLÄSSE
TEILNAHME AN DER LANDESAUSSTELLUNG
VON 1934 IN VADUZ
An der Ausschuss-Sitzung vom 30. November 1932
wurde die Teilnahme des Historischen Vereins an
der Liechtensteinischen Landesausstellung von
1934 beschlossen. Als Vertreter des Vereins wur-
den Josef Ospelt, Gabriel Hiener und Egon Rhein-
berger als Fachbeiräte in den Arbeitsausschuss
delegiert.3 8 6 An der Landesausstellung zeigte der
Historische Verein Versteinerungen - vornehmlich
vom Steinbruch «Limseneck» in Ruggell - , vor- und
frühgeschichtliche Funde, Münzfunde, darunter
Teile des Schellenberger Münzschatzfundes, Bü-
cher und alte Landkarten. Die Gestaltung der Aus-
stellung übernahm Egon Rheinberger, «gegen Be-
zahlung, da lange Zeit beanspruchend»; die prähis-
torische und geologische Sammlung wurde von An-
ton Frommelt und Egon Rheinberger aufgearbeitet
und Gabriel Fliener traf die Bücherauswahl . 3 8 7 Die
Landessausstellung fand vom 29. September bis
15. Oktober 1934 in Vaduz statt.3 8 8
600 JAHRE GRAFSCHAFT VADUZ
Der Vereinsausschuss befasste sich 1941 wieder-
holt mit der Gestaltung der auf den 3. Mai 1942
fallenden 600-Jahr-Feier zum Gedenken an die
Gründung der Grafschaft Vaduz. Man war sich ei-
nig, dieser Feier die nötige Aufmerksamkeit schen-
ken zu wollen. 3 8 9 Die Feier fand dann auch «trotz
des bescheidenen Rahmens, in welchem sie gehal-
ten wurde, sowohl in allen Kreisen unseres Landes
als auch im Auslande und besonders in der
Schweiz grossen Widerhall und freundlichste Be-
achtung». 3 9 0 Die Feier fand ein breites Echo in der
Presse, vor allem in der benachbarten Schweiz. 3 9 1
Die Festversammlung fand im Rathaussaal in
Vaduz statt. Mitwirkende waren die musikalischen
Vereine der Gemeinde Vaduz, die Pfadfinder und
Rover sowie eine Trachtengruppe. Das Original der
88
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / K L A U S B I E D E R M A N N
Urkunde vom 3. Mai 1342 wurde vom bischöf-
lichen Archiv in Chur dem Historischen Verein zur
Verfügung gestellt. Es konnte während der Festver-
sammlung, eskortiert von einer Ehrenwache von
Rovern, ausgestellt werden. 3 9 2 Nach Ansprachen
des Fürsten und des Regierungschefs wurde die
Landeshymne gesungen. Der äussere Rahmen wur-
de durch Ortsbeflaggung sowie ein Feuerwerk am
Abend vervollständigt. 3 9 3 Auf Anfrage des Liechten-
steiner Vaterlands und des Liechtensteiner Volks-
blatts wurde der Abdruck der Urkunde in jeweiligen
Festausgaben der Zeitungen gestattet.394
GEDENKFEIER FÜR PETER KAISER
Der 150. Geburtstag des Liechtensteiner Ge-
schichtsschreibers Peter Kaiser wurde am 3. Okto-
ber 1943 mit der Enthüllung einer Gedenktafel am
Geburtshaus, mit einer Ansprache von Regierungs-
chef Josef Hoop sowie mit einer anschliessenden
Festversammlung im Gasthof «Freihof» in Mauren
gefeiert. Die Feier wurde durch Mitwirkung mu-
sikalischer Vereine sowie durch die Anwesenheit
der Pfadfinder und Rover bereichert. 3 9 5
Die Festversammlung war zugleich die Mitglie-
derversammlung des Historischen Vereins für das
Jahr 1943. Der Vereinsvorsitzende Josef Ospelt
konnte zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland
385) Protokoll der Vorstandssitzung vom 15. Apr i l 1988.
3861 Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 30. November 1932.
3871 Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 8. Juni 1934.
388) Vgl. offizieller Katalog zur Landesausstellung von 1934 in
Vaduz.
389) JBL 41 (1941), Vereinschronik, S. 158.
390) JBL 42 (1942), Vereinschronik, S. 87.
391) Vgl. Sammlung diverser Presseausschnitte im Archiv des
Historischen Vereins.
392) JBL 42 (1942), Vereinschronik, S. 87 f.
3931 Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 18. Apr i l 1942.
3941 Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 29. Apr i l 1942.
395) JBL 43 (1943), Vereinschronik, S. 87.
k 2
Liechtensteinische
Landesausstellung
Vaduz
29. Sept. - 1934-15 .0k tob .
O F F I Z I E L L E R
K A T A L O G
Der Katalog zur Landes-
ausstellung vom Herbst
1934 en thä l t nebst Aufsät -
zen zur liechtensteini-
schen Land- und Volks-
wirtschaft auch eine Liste
mit allen Teilnehmerinnen
und Teilnehmern der Aus-
stellung. Die Liste en thä l t
auch Angaben zum gezeig-
ten Ausstellungsgut.
89
Die vom Historischen Ver-
ein 1942 mitorganisierte
Feier « 6 0 0 Jahre Graf-
schaft Vaduz» fand ein
grosses Echo, nicht nur in
den liechtensteinischen
Zeitungen sondern auch in
der Presse der benachbar-
ten Schweiz.
Einladung zur Festver-
sammlung, die aus Anlass
des 150. Geburtstags von
Peter Kaiser i m Herbst
1943 in Mauren stattfand
Einband des Jahrbuches
Band 50, welches als Jubi-
l ä u m s g a b e zum 50- jäh r i -
gen Bestehen des Histori-
schen Vereins 1950 er-
schien
'«ff
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TOic unfccc <^nse t i t o u r ö c n
-*• *•=* - Ä f »
(SUirtuHiuid; an Siedjtenftein.
m. 35er fdjmeiserifdje SSunbesprä f tben t , 35r.
«Philipp S t i e r richtete bei Slnlafe ber 600=3abr=
feter bes g ü t f t e n t u m s ß i e d j t e n f t e t n folgenbes
©lürf tDunfr f t te legramm an ben tegterenben 2an=
b e s f ü r f t e n g r a n j Sofef II. von Ctedjtenftetn.
„3 lm Xage, wo Sure 35urd)laurl)t inmi t t en
bes 2ied)ten[teiner SBolfes bas 6 0 0 j ä b t t g e 23e=
fteljen bes g ü r f t e n t u m s feterlttf) begeben, fdjlie=
rjen m i r uns i m Flamen bes 23unbesrates unb
bes Stt)trjeijerooIfes i n treuer freunbnadibat=
Hajer 23etbunbenb>tt ber geftesfreube an unb
entbieten 31)nen unfete Ijerj l idjften (51ücf=
roünjdje. 2 ß i r o e t f n ü p f e n bamit unjere beften
ffiünidje f ü r 3f)r per |önltr}jes SBob^Iergeben unb
bte 2BoI)lfaf)rt bes g ü t j t e n t u m s jorote f ü r bie
35auer ber jtotfdjen unferen beiben C ä n b e r n be=
ftetyenben engen 93e3iel)ungen.
«ßbtl ipp Gtter,
jd)rrjetäerijrf)er SSunbespräf tbent .
Le Liechtenstein feie
le 600 anniversaire
de sa fondation
V A D U Z , 3. — L a principaute du
Liechtenstein fete aujourd 'hui le
600me anniversaire de Ia fondation
du comte de Vaduz, qui fo rm« au-
jourd 'hui avec le domaine de Schel-
lenberg, l a principaute. A cette occa-
sion une ceremonie a eu lieu k la-
quelle prit part le prince Frangois-
Joseph. Une fete publique aura l ieu
le 16 aoüt , anniveraaire de la nais-
sance du prince.
90
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / K L A U S B I E D E R M A N N
f^ftotifdicr Betefn
füc bas Sütftcntum £icchtcnftcm
Vaduz, den 21. September 1943.
Wir beehren uns, Sie zu der am Sonntag, den
3. Oktober 1943 in Mauren stattfindenden
Srjtuctfammluncj
zur Erinnerung an die 150. Wiederkehr des Geburts-
tages des Liechtensteinischen Geschichtforschers
Peter. -Raifev
und zu der im Anschlüsse daran abzuhaltenden
ordentlichen Jahresversammlung unseres Vereines
höflichst einzuladen.
Der Vorsitzende
des Historischen Vereins für das
Fürstentum Liechtenstein
tDfpelt.
$ünf3igfter &anb
1901 Jubiläums-Ausgabe 1950
ü a b u j im Sclbftuctlagc bss Ucrcmcs 1950
begrüssen. Ebenso verlas er ein Telegramm der
Gemeinde Vignogn, deren Ehrenbürger Peter Kai-
ser war. Für den «vortrefflichen Vortrag», den Ru-
pert Ritter über Peter Kaiser hielt, bedankte sich
seitens der Historisch-Antiquarischen Gesellschaft
von Graubünden deren Präsident Friedrich Pieth.3'"'
Friedrich Pieth würdigte die Verdienste Kaisers
wie folgt: «1 . Peter Kaiser gewinnt immer mehr, je
mehr man sich mit ihm beschäftigt, er sei eine im
vollsten Sinne vertrauenswürdige Persönlichkeit.
2. Er ist ein Sohn der Liechtensteiner Erde trotz
der Bürgerrechtsangelegenheit. Keiner der bünd-
nerischen Schulmänner des vorigen Jahrhunderts
war so vom Geiste Pestalozzis durchdrungen. Die
bündnerische Geschichtsschreibung verdankt Kai-
ser viel: die Chronik ist ja zum grossen Teil Bünd-
ner Geschichte. Er hebt auch seine Wahrheitsliebe
und den angeborenen Takt hervor. Seine Bündner
Geschichte für das Volk wirkt heute noch nach.
Bünden ist Liechtenstein durch Kaiser zu grossem
Dank verpflichtet». 3 9 7
Zwölf Jahre später, am 26. Juni 1955, wurde bei
der Pfarrkirche in Mauren eine von Georg Malin
geschaffene Peter Kaiser-Büste enthüllt. Der Histo-
rische Verein bereicherte diese Feier mit einer
Kranzniederlegung.
JUBILÄUMSFEIER « 5 0 JAHRE
HISTORISCHER VEREIN»
Anlässlich der Jahresversammlung vom 19. No-
vember 1950 konnte der Historische Verein auf die
ersten 50 Jahre seines Bestehens zurückblicken.
«Ein gewaltiges Arbeitsgebiet hat der Jubilarverein
in diesen 50 Jahren beackert und reich ist die
Ernte, die der Verein eingebracht ha t» . 3 9 8 Beson-
ders die 50 Jahrbücher bezeugten die erfolgreiche
Vereinstätigkeit. Erwähnt seien aus dem Inhalt die-
396) Protokoll der Jahresversammlung vom 3. Oktober 1943 in
Mauren.
397) Ebenda.
398) LVaterland, 22. November 1950.
9 1
ser Jahrbücher 47 geschichtliche, 36 ur- und früh-
geschichtliche, sieben naturgeschichtliche sowie
fünf rechtsgeschichtliche Aufsätze und Arbeiten. 3 9 9
«Wenn man bedenkt, dass der Verein jedes Jahr
einen stattlichen Mitteilungsband herausgibt mit
Beiträgen zur Urgeschichte, Landesgeschichte,
Orts-, Kultur- und Kunstgeschichte, sowie Volks-
kunde, wenn wir vom Präsidenten vernahmen,
dass seit 1942 alljährlich ein stattliches Faszikel
des Urkundenbuches und zuletzt der schöne Band
der Kunstdenkmäler in der schweizerischen Reihe
erschienen ist, so ist man überrascht, ein wie reg-
sames Leben der kleine Historische Verein ent-
wickelt. Die anwesenden Bearbeiter des Urkun-
denbuches Herr Franz Perret (vom Staatsarchiv
St. Gallen) und Dr. Erwin Pöschel, der bewährte
Kunstinventarisator aus Chur, wurden gebührend
gewürdigt.
Die Seele des Vereins ist jedoch der fürstliche
Rat Joseph Ospelt, der seit 1928 mit Umsicht,
Energie und nie erlahmendem Impuls den Verein
Die H i n l a d u n g z u r 7 5 - 7 5 J A H R E
Jahr-Feier des Histori-
schen Vereins ist ge-
s c h m ü c k t mit einer Dar-
stellung der 1934 als
Grabbeigabe in Schaan
aufgefundenen alamanni-
schen Zierscheibe.
E I N L A D U N G
leitet und als einziger von den Gründern noch
unter den Lebenden weilt. Er wurde einstimmig
wieder als Präsident bestätigt. Der Festakt endete
mit einem dreifachen Hoch auf den Landesfürsten
Franz Josef, der mit zwei Mitgliedern des Fürs-
tenhauses der Jubiläumsversammlung die Ehre
gab.»4m
An dieser Jubiläumsversammlung hielt Anton From-
melt «in ausserordentlich dramatischer Weise und
sprachlicher Gewandtheit» einen Lichtbildervor-
trag über das Werk des Liechtensteiner Künstlers
Ferdinand Nigg, der 1949 verstorben war. 4 0 1 Zuvor
hatte Frommelt das damals gerade erschienene Buch
«Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechten-
stein», verfasst von Erwin Poeschel, den versam-
melten Vereinsmitgliedern sowie den Gästen aus
dem In- und Ausland vorgestellt.4 0 2
Im Anschluss an die offizielle Versammlung,
«beim schmackhaften z'Vesper in der Weinstube
Real, der Vorstand und Gäste vereinigte, floss der
Redestrom der Gratulanten fast so reichlich wie der
gute Vaduzer ... Die Gäste schieden im frohen Be-
wusstsein, bei den lieben Nachbarn im Fürstentum
eine schöne und gehaltvolle Jubiläumsfeier erlebt
zu haben .» 4 0 3
SONDERAUSSTELLUNG ZUM 60. GERURTSTAG
DES FÜRSTEN FRANZ JOSEF II.
Auf Anregung von Robert Allgäuer befürwortete
der Vereinsvorstand die Durchführung einer Son-
derausstellung aus Anlass des 60. Geburtstags von
Fürst Franz Josef II. 4 0 4 Es bildete sich ein Organisa-
tionskomitee, dem Georg Malin, Robert Allgäuer,
Louis Jäger und Otto Seger angehörten. 4 0"' Walter
Wächter stellte einen Dokumentarfilm über Fürst
Franz Josef II. zusammen.
In der am 31. Juli 1966 eröffneten Sonderaus-
stellung wurden bisher noch nie gezeigte Urkunden
und Dokumente aus der Geschichte des Fürstlichen
Hauses Liechtenstein vorgestellt. Gezeigt wurde
auch der Kaufvertrag der Grafschaft Vaduz aus
dem Jahr 1712. 4 0 6
92
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / K L A U S B I E D E R M A N N
Die unter dem Motto «Fürst und Fürstenhaus»
im Landesmuseum gezeigte Ausstellung war er-
folgreich-. Innerhalb von elf Tagen waren 1 500 Be-
sucher/innen und 100 Filmvorführungen zu ver-
zeichnen. 4 0 7
250 JAHRE FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN
Aus Anlass der 250-Jahrfeier des Fürstentums
Liechtenstein lud der Historische Verein seine Mit-
glieder und Freunde am 28. Juni 1969 zu einer
Festversammlung in die Aula der Realschule in Va-
duz ein. Vereinsmitglied Otto Seger hielt einen
Lichtbildervortrag zum Thema «250 Jahre Fürs-
tentum Liechtenstein, Werden und Weg unseres
Staates». In Verbindung mit dieser Festversamm-
lung wurde eine kleine Ausstellung mit Dokumen-
ten gezeigt, welche die Entstehung des Fürsten-
tums Liechtenstein nachzeichneten. 4 0 8
JUBILÄUMSFEIER « 7 5 JAHRE
HISTORISCHER VEREIN»
Diese Jubiläumsversammlung zum 75. Geburtstag
des Historischen Vereins fand - mit etwas Verspä-
tung - am 14. März 1977 in der Aula des Liechten-
steinischen Gymnasiums in Vaduz statt. Es war
gleichzeitig die Jahresversammlung für das Jahr
1976. Zur Vorbereitung der Feier wurde ein Komi-
tee bestellt, dem Felix Marxer, Robert Allgäuer und
Rudolf Rheinberger angehör ten . 4 0 9 An der Festver-
sammlung überbrachte Regierungschef Walter Kle-
ber ein Grusswort der Regierung. Vorstandsmit-
glied Alexander Frick berichtete in knapper Form
«aus der Vereinsgeschichte» und machte dabei
eine wichtige Anregung für die Sammeltätigkeit:
Alexander Frick plädierte für die Anlegung eines
«Wagenparks», in welchem alte Handwagen, aber
auch die (zumeist) von Tieren gezogenen Fuhrwer-
ke Platz finden müssten: «Ich glaube, dass uns als
den hiefür Verantwortlichen bald schwere Vorwür-
fe gemacht würden, wenn wir nicht jetzt noch,
sozusagen im letzten Moment je ein gutes Exem-
399) Ebenda.
400) Werdenberger Anzeiger, 24. November 1950.
401) Ebenda.
402) J B L 50 (1950), Vereinschronik, S. 200.
403) Werdenberger Anzeiger, 24. November 1950.
404) Protokoll der Vorstandssitzung vom 23. Februar 1966.
4051 Protokoll der Vorstandssitzung vom 17. Mai 1966.
406) J B L 66 (1967), Vereinschronik, S. 106.
407) Die Kosten der Ausstellung beliefen sich auf rund 30 000
Franken, der Film kostete zusätzliche 7 000 Franken. Diese Geld-
summen wurden unter «Aufwand Museum» verbucht. Der Aperitif
anlässlich der Ausste l lungseröffnung wurde vom Iiistorischen Verein
ü b e r n o m m e n : vgl. Protokoll der Vorstandssitzung vom 10. August
1966.
408) JBL 69 (1969), Vereinschronik, S. 292 f.
409) Protokoll der Vorstandssitzung vom 28. November 1975.
Schloss Vaduz. Bleistift-
zeichnung von Johann
Jacob Rietmann (1808-
1868). Geschenk des His-
torischen Vereins an F ü r s t
Franz Josef II. aus Anlass
seines 40. Regierungsju-
b i l ä u m s i m Jahr 1978
93
plar von jedem Gefährt sicherstellen. Es ist aber
höchste Zeit!». 4 1 0
40. REGIERUNGSJUBILÄUM VON
FÜRST FRANZ JOSEF IL
1978 konnte Fürst Franz Josef II. auf 40 Jahre Re-
gentschaft zurückblicken. Bei einem Gratulations-
empfang auf Schloss Vaduz überreichte der Histori-
sche Verein dem Landesfürsten als Geschenk eine
Bleistiftzeichnung «Schloss Vaduz» von Johann Ja-
cob Rietmann. In Zusammenarbeit mit Radio Zü-
rich wurde von einer Arbeitsgruppe, der auch Ver-
treter des Historischen Vereins angehörten, eine
Sendung «Liechtenstein - oder das Märchen vom
Operettenstaat» vorbereitet, die am 21. und am
28. Juli 1978 zur Ausstrahlung gelangte.
Ebenfalls zum Anlasse des Regierungsjubiläums
erschien in Zusammenarbeit mit dem Liechtenstei-
nischen Landesmuseum unter dem Titel «Archäo-
logie im Fürstentum Liechtenstein» eine Sonder-
nummer der helvetia archaeologica. Die Präsen-
tation und Übergabe des Werkes fand am 7. De-
zember 1978 im Liechtensteinischen Landesmuseum
statt.4"
FESTVERSAMMLUNG ANLÄSSLICH DES
50. REGIERUNGSJUBILÄUMS VON FÜRST
FRANZ JOSEF IL
Zehn Jahre später, 1988, konnte Fürst Franz Jo-
sef II. das 50. Regierungsjubiläum feiern. Zur Wür-
digung dieses seltenen Jubiläums hielt der Histo-
rische Verein am 23. September 1988 im Rathaus-
saal in Vaduz eine öffentliche Festversammlung ab.
Der Landesfürst sowie der Erbprinz befanden sich
unter der grossen Gästezahl, die den Saal bis auf
den letzten Platz füllte. Schwerpunkt des Pro-
gramms war ein Vortrag von Peter Geiger zum
Thema «Liechtenstein im Jahre 1938». Der Refe-
rent zeigte die schwierigen politischen Umstände
auf, unter denen Fürst Franz Josef II. seine Regent-
schaft in Liechtenstein begonnen hatte. 4 1 2
650 JAHRE GRAFSCHAFT VADUZ
Im Jahr 1992 konnte das Jubiläum «650 Jahre
Grafschaft Vaduz» gefeiert werden. Der Historische
Verein gelangte bereits am 4. Juli 1989 mit einem
Schreiben an die Regierung sowie an die Gemeinde
Vaduz und wies auf die historische Bedeutung des
Jahres 1342 hin. Ähnlich wie 1942 sollte auch im
Jahr 1992 dieses wichtigen Ereignisses - der Ent-
stehung der Grafschaft Vaduz - gedacht werden.
Der Historische Verein war zudem bereit, bei einer
aus Anlass dieses Jubiläums angeregten Ausstel-
lung mitzuwirken. Diese Ausstellung sollte die Ent-
stehung und Entwicklung des liechtensteinischen
Staatswesens im Verlaufe der Jahrhunderte auf-
zeigen. 4 1 3 Zur Gestaltung und Durchführung dieser
Ausstellung wurde ein Organisationskomitee be-
stellt, dem seitens des Historischen Vereins die
Vorstandsmitglieder Robert Allgäuer und Norbert
W. Hasler sowie seitens des Landesarchivs Paul
Vogt angehörten. Die geplante Ausstellung musste
abgesagt werden, da aufgrund der Aushubarbeiten
bei der benachbarten Liechtensteinischen Landes-
bank das Museumsgebäude stark beschädigt wur-
de und der Museumsbetrieb in der Folge eingestellt
werden musste.
Hingegen realisiert werden konnte im Herbst
1992 eine Festschrift mit dem Titel «1342 - Zeugen
des späten Mittelalters», die - ursprünglich als
Ausstellungskatalog konzipiert - nun eine breite
Palette an Beiträgen zur Geschichte und Kunst-
geschichte Liechtensteins im späten Mittelalter
beinhaltet. Zahlreiche Fachleute aus dem In- und
Ausland lieferten hierfür wertvolle Beiträge: «Ei-
nige der hier behandelten Themen werden hier in
dieser Form erstmals präsentiert; andere werden
unter aktuellen Gesichtspunkten und mit neuesten
Erkenntnissen wieder vorgestellt». 4 1 4
AUSSTELLUNG «FABRIKLERLEBEN»
Gerade die 1992 erzwungene Schliessung des Lan-
desmuseums brachte es mit sich, dass das Angebot
an Ausstellungsmöglichkeiten in Liechtenstein als
94
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT JAHRE DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Fabriklerleben
unbefriedigend empfunden wurde. So wurde auch
die Idee eines Industriemuseums für Liechtenstein
vom Vereinsvorstand im Herbst 1992 aufgegriffen
und diskutiert. 4 1 5 Für die Jahresversammlung vom
24. April 1993 gewann der Vereinsvorstand Rupert
Tiefenthaler, den Geschäftsführer des «Vereins Vor-
arlberger Wirtschaftsgeschichte», für ein Referat. 4 1 6
Doch unabhängig davon wollte der Vereinsvor-
stand eine Begehung der Spoerry-Fabriken in
Vaduz und Triesen organisieren. 4 1 7 Die Frage nach
der weiteren Verwendung dieser bedeutendsten
Gebäudeanlagen aus der Pionierzeit der Industria-
lisierung Liechtensteins wurde plötzlich aktuell, als
die Firma Jenny, Spoerry & Cie. ihren Spinnereibe-
Von August bis November
1994 wurde in der stillge-
legten Spinnerei Jenny,
Spoerry und Cie. In Vaduz
die Ausstellung «Fabr ik -
l e r l eben» gezeigt. Parallel
dazu erschien die Publika-
tion « F a b r i k l e r l e b e n » , in
welcher Aspekte zur F r ü h -
zeit der liechtensteini-
schen Industrialisierung
dargestellt werden.
410) JBL 75 (1975), 75 Jahre Historischer Verein für das Fürs ten tum
Liechtenstein, S. VII-XXXII1.
411) JBL 78 (1978), Vereinschronik, S. 275 f.
412) JBL 88 (1990). Jahresbericht, S. 207.
413) Protokoll der Vorstandssitzung vom 21. Apr i l 1989.
414) Einleitung des Herausgebers. In: Hansjörg Frommelt (Hrsg.):
1342 - Zeugen des späten Mittelalters. Festschrift «650 Jahre
Grafschaft Vaduz». Vaduz, 1992. hier S. 9. - Die Präsentat ion dieser
Festschrift fand am 17. Oktober 1992 statt. Der Verlag Bündner
Monatsblatt ü b e r n a h m einen Teil der Auflage in Kommission; vgl.
auch Protokoll der Vorstandssitzung vom 28. August 1992.
415) Protokoll der Vorstandssitzung vom 30. September 1992.
416) Rupert Tiefenthaler lud im Gegenzug den erweiterten Vereins-
vorstand zu einem Besuch des Wirtschaftsarchivs in Feldkirch ein.
Dieser Besuch fand am 10. März 1993 statt.
417) Protokoll der Vorstandssitzung vom 6. November 1992.
95
A n der Podiumsdiskussion
zum Gedenken an 1848.
Von links: Volker Rhein-
berger, Paul Vogt, Rupert
Quaderer, Helmut Konrad
und Peter Geiger
trieb in der Vaduzer Allmeind im Sommer 1993
einstellte.4 1 8
Unter der Projektleitung von Robert Allgäuer,
Hansjörg Frommelt und Hanspeter Gassner konnte
schliesslich im stillgelegten Spinnereibetrieb in der
Vaduzer Allmeind eine Ausstellung zur Industrie-
geschichte Liechtensteins auf die Beine gestellt
werden. Die unter der Trägerschaft von Histori-
schem Verein, Archäologie und Landesmuseum
stehende Ausstellung dauerte vom 13. August bis
2. November 1994. Sie stand unter dem Motto
«Fabriklerleben» und geleitete die Besucherinnen
und Besucher durch die Bereiche «Alltag», «Tech-
nik», «Arbeit» und «Tod» in den zentralen Ausstel-
lungsraum im ehemaligen Ballenlager, der den
Themen «Archäologie/Anthropologie» sowie «Me-
dizin- und Sozialgeschichte» gewidmet war. Ein
Kinoraum nebenan diente der laufenden Präsen-
tation von Filmen zur Thematik der Ausstellung.4 1 1'
In Ergänzung zur Ausstellung erschien 1994
auch ein Buch mit dem Titel «Fabriklerleben». Das
Team, das die Ausstellung plante, zeichnete auch
für die Herausgabe, Redaktion und Gestaltung des
Buches verantwortlich. 32 Autorinnen und Autoren
beleuchten darin auf über 400 Seiten in einer breit
gefächerten Themenwahl die Frühzeit der Indu-
strialisierung Liechtensteins und seiner Region.
Mehr als 6 500 Personen besuchten die Ausstel-
lung und fast die gesamte Auflage des Buches -
rund 1 500 Exemplare - wurde verkauft. Das be-
wog die Verantwortlichen, das Ausstellungs- und
Buchprojekt «Fabriklerleben» als Erfolg zu werten:
«Es scheint der Versuch annähernd gelungen zu
sein, ein Stück jüngerer Geschichte Liechtensteins
einem grösseren Publikum näher zu bringen und
gleichzeitig die vielfältigen Möglichkeiten kultu-
reller Nutzung der alten Fabrik in Vaduz aufzuzei-
gen» . 4 2 0
ZUM GEDENKEN AN DIE REVOLUTION
VON 1848
Aus Anlass des 150. Jahrestages der Revolution
von 1848 gelangte der Historische Verein für das
Fürstentum Liechtenstein zusammen mit der
Liechtensteinischen Akademischen Gesellschaft,
dem Historischen Lexikon und dem Liechtenstein-
Institut mit einem gemeinsamen Brief an den
Landtag. Angesichts der Tatsache, dass die Ereig-
nisse von 1848 für die Definition der Volksrechte
und die Stärkung der Volksvertretung von funda-
mentaler Bedeutung waren, wurde dem Landtag
vorgeschlagen, eine Festsitzung abzuhalten. Der
Landtag griff diese Idee auf, nahm jedoch Abstand
von einer Festsitzung.
Stattdessen lud er auf den 4. September 1998 zu
einer Veranstaltung in den Schaaner Rathaussaal
ein. Nach einem grundlegenden Referat von Peter
Geiger stellte sich der Referent zusammen mit den
Landtagsabgeordneten Volker Rheinberger, Helmut
Konrad und Paul Vogt unter der Moderation von
Rupert Quaderer einer Podiumsdiskussion. Das
Thema «Die Revolution von 1848» wurde auch
96
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS BIEDERMANN
an der Jahresversammlung des Historischen Ver-
eins am 21. März 1998 gewürdigt: Referentin war
Professorin Brigitte Mazohl-Wallnig von der Uni-
versität Innsbruck. Sie stellte die 1848er Ereignisse
in einen gesamteuropäischen Zusammenhang. 4 2 1
VORTRÄGE UND EXKURSIONEN
Der Historische Verein organisierte sporadisch
auch Vorträge und Exkursionen, die nicht in einem
Zusammenhang mit der Jahresversammlung stan-
den. Diese Anlässe führte er bisweilen im Allein-
gang durch, oft arbeitete er hier aber auch mit be-
freundeten Institutionen im In- und Ausland zu-
sammen. Die nun folgende Darstellung zeigt exem-
plarisch einige dieser Veranstaltungen auf. Weitere
(bedeutende) Veranstaltungen, die in Zusammen-
arbeit mit anderen Vereinigungen und Institutio-
nen organisiert wurden, finden sich im Kapitel
«Kontakte zu anderen Historischen Vereinen und
wissenschaftlichen Instituten» respektive im dorti-
gen Unterkapitel «Gemeinsame Veranstaltungen».
Besondere Anlässe waren oftmals die Präsen-
tationen verschiedener Buchpublikationen, die im
Selbstverlag des Historischen Vereins herausgege-
ben wurden. 4 2 2
Die erste vom Historischen Verein organisierte
Exkursion wurde 1905 durchgeführt. An der Jah-
resversammlung vom 29. Juni 1905 hatte nämlich
der Antrag, «demnächst das an historischen Merk-
würdigkeiten so reiche Chur zu besuchen, vielfa-
chen Beifall» erhalten. 4 2 3 An der daraufhin durch-
geführten «sehr gelungenen» Exkursion nahmen
20 Vereinsmitglieder, darunter sämtliche Vor-
standsmitglieder, teil. Zudem «wäre die Beteiligung
eine erheblich stärkere gewesen, wenn nicht das
eidgenössische Sängerfest, welches zu gleicher Zeit
in Zürich stattfand, eine Anzahl Vereinsmitglieder
nach diesem Sammelpunkt gelockt hä t te» . 4 2 4 Der
Aufenthalt in Chur wurde begleitet durch Alt-Re-
gierungsrat Dr. Placidus Plattner, gleichzeitig Ver-
treter der Historisch-Antiquarischen Gesellschaft
von Graubünden und durch die dem Historischen
Verein für das Fürstentum Liechtenstein ange-
hörenden Domherren Professor Georg Mayer und
Dr. Franz Joseph Kind. Nach den Besichtigungen
des bischöflichen Schlosses, der Kathedrale und
der Kirche St. Luzi folgte das Mittagessen in der
bischöflichen Hofkellerei. Mit dem Besuch des räti-
schen Museums am Nachmittag endete die Exkursi-
on, die «genussreich und zugleich belehrend [war]
und allen Teilnehmern in angenehmer Erinnerung
bleiben [wird]». 4 2 5
Zu einer gemeinsamen Tagung trafen sich die
Historischen Vereine von St. Gallen, Graubünden
und Liechtenstein am 14. Mai 1911 in Vaduz. Pro-
fessor Placidus Bütler aus St. Gallen hielt zu diesem
Anlass einen Vortrag über die Freiherren von
Brandis, der auch im Jahrbuch publiziert wurde.
Über die Tagung berichtet die Vereinschronik wie
folgt: «Eine so grosse Anzahl von Historikern, mehr
als hundert, sahen wir wohl noch nie in Liechten-
stein beisammen. ... Nach dem Vortrage habe ein
gemeinsames Mahl die Gäste mit uns vereint und
freundlicher Ideenaustausch uns mit den liebwer-
ten Nachbarn unterhalten. Eine Besichtigung des
Schlosses Vaduz, des Wahrzeichens unseres Lan-
des, das sich immer mehr zu einer Sehenswürdig-
keit ersten Ranges auswachse, habe dann unser
Zusammensein beschlossen». 4 2 6
Nachdem die ur- und frühgeschichtliche Erfor-
schung Liechtensteins in den 1930er und 1940er
Jahren viele neue Erkenntnisse zutage förderte,
418) Vgl. dazu auch Hansjörg Frömmelt : «Fabrikler leben», In: JBL
94 (1997), S, 277-298. In Frommelts Beitrag sind Vorgeschichte,
Konzept und Inhalt der gleichnamigen Ausstellung ausführl ich dar-
gestellt.
419) Ebenda, S. 284.
420) Ebenda. S. 298.
421) JBL 98 (1999). Jahresbericht. S. 261 f.
422) Vgl. hierzu die Aus führungen im Kapitel «Forschen und
publizieren» beziehungsweise im dortigen Unterkapitel «Verlags-
tätigkeit». S. 140 f.
423) JBL 5 (1905). Vereinschronik. S. 221.
424) Ebenda.
425) Ebenda, S. 222.
426) JBL 11 (1911), Vereinschronik. S. 173.
97
hielt Karl Keller-Tarnutzer, Sekretär der Schweize-
rischen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte,
am 11. März 1951 im Vaduzer Rathaussaal einen
Vortrag zu diesem Thema. Dazu eingeladen wur-
den auch die oberen Klassen der Landesschule so-
wie des Kollegiums Marianum, ebenso sämtliche
Lehrer dieser beiden Schulen. 4 2 7 Für den Vortrag
wurde keine Eintrittsgebühr verlangt. 4 2 8
Der Historische Verein organisierte sporadisch
zusätzliche Besichtigungsfahrten für seine Mitglie-
der und weitere interessierte Kreise. Die Beteili-
gung war unterschiedlich gross, doch grundsätz-
lich stiessen diese Exkursionen auf positives Echo.
Der Verein führte am 15. September 1963 für
seine Mitglieder eine Besichtigungsfahrt nach
Kempten durch. 4 2 9 44 Vereinsmitglieder beteiligten
sich an diesem Ausflug, der auf Einladung des Hei-
matvereins Kempten erfolgte. Es wurde auch Mem-
mingen und das Kloster Ottobeuren besucht. 4 3 0
Später noch einmal nach Kempten fuhr der Histo-
rische Verein im September 1998. Diesmal war es
eine Veranstaltung, die gemeinsam mit der Ar-
beitsstelle für Erwachsenenbildung durchgeführt
wurde. Unter der Führung des Kunsthistorikers
Bruno Roth fuhr man zuerst nach Isny. Dort wur-
den die katholische Stiftskirche sowie die evange-
lisch-lutherische Stadtkirche besucht. In Kempten
schliesslich folgte ein Stadtrundgang sowie eine
geführte Besichtigung der dortigen Ausstellung
«Bürgerlleiss und Fürstenglanz». 4 3 1
Im Frühjahr 1965 organisierte der Historische
Verein einen Ausflug nach Graubünden. Die Füh-
rung lag in den kompetenten Händen des Vaduzer
Pfarrers Ludwig Schnüriger. 4 3 2 Es wurden die Jo-
hanneskirche in Domat/Ems, die Kirche St. Georg
in Rhäzüns, die St. Martinskirche in Zillis sowie die
Seminarkirche St. Luzi in Chur besichtigt.4 3 3 Eine
ähnliche Exkursion mit Besichtigungen in Zillis
und Rhäzüns organisierte der Historische Verein
im September 1997, diesmal unter der Führung
von Hans Rutishauser, dem kantonalen Denkmal-
pfleger von Graubünden.
Oftmals - es wurde bereits angedeutet - bot eine
besondere Ausstellung Anlass für eine Besich-
tigungsfahrt. So führte im Juni 1997 ein Tages-
ausflug nach Konstanz zur dortigen Ausstellung
«Goldene Jahrhunderte - Die Bronzezeit in Süd-
westdeutschland». Im November 1997 machte der
Verein einen Ausflug nach Zürich. Ziel dieser Aus-
fahrt war der Besuch der «Alemannen»-Ausstel-
lung im Schweizerischen Landesmuseum. Ende
Mai 1999 schliesslich fuhren dreissig Personen aus
Liechtenstein nach St. Gallen. Dort fand eine Füh-
rung durch die Qumran-Ausstellung sowie durch
die Stiftsbibliothek statt.4 3 4
Besichtigungen in Liechtenstein selbst fanden -
wir haben es bereits gehört - oftmals in Verbin-
dung mit einer Jahresversammlung statt, oder der
Historische Verein organisierte Besichtigungen in
Liechtenstein und in der Region in Zusammen-
arbeit mit historischen Vereinigungen aus der
Nachbarschaft. 4 3 3 Als separate und exklusive Ver-
anstaltungen des Historischen Vereins waren Be-
sichtigungen in Liechtenstein bisher eher die Aus-
nahme. Ein Beispiel hierfür ist die Einladung an
die Vereinsmitglieder zu einer geführten Besich-
tigung der renovierten Pfarrkirche Mauren und der
archäologischen Ausgrabungen, die auf den 20.
Oktober 1988 angesetzt war. Diese gut besuchten
Führungen wurden von Hansjörg Frommelt, Ar-
chäologie und Grabungsleiter, dem Anthropologen
Hansueli Erter sowie vom künstlerischen Gestalter
Georg Mahn geleitet.4 3 6
Die vom Historischen Verein organisierten Vor-
träge, die nicht anlässlich einer Jahresversamm-
lung gehalten wurden, sind im Anhang am Schluss
dieser Arbeit im Überblick aufgelistet, und zwar in
der Tabelle «Zusätzliche vom Historischen Verein
organisierte Vorträge».
98
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Sammeln
ANFÄNGE DER SAMMELTÄTIGKEIT
Der einer österreichischen Adelsfamilie entstam-
mende Friedrich Stellwag von Carion, Landesver-
weser in Vaduz von 1892 bis 1896, widmete sich
in Liechtenstein auch der Altertumsforschung und
er legte ein Verzeichnis von Altertumsgegenstän-
den an. Er hatte sich damit das Verdienst erwor-
ben, den Grundstein für ein nationales historisches
Museum in Liechtenstein gelegt zu haben. 4 3 7 Wie
wichtig und wegweisend Stellwag von Carions
Bemühungen waren, zeigt der Umstand, dass noch
in der Zeit um 1900 wichtige Kulturgüter aus
Liechtenstein ins Ausland verkauft wurden oder
einfach abgingen. Es gab noch keine Vereinigung,
die sich um den Erhalt und die sachgemässe Pflege
der Kulturgüter kümmerte. Dies sollte sich mit der
Gründung des Flistorischen Vereins im Jahr 1901
grundsätzlich ändern. Den entscheidenden Anstoss
zur Ausgrabungs- und Sammeltätigkeit gab aber
erst Albert Schädler, der erste Vorsitzende des Hi-
storischen Vereins, im Jahr 1909. Dies fand auch
Eingang in die revidierten Vereinsstatuten von
1912. 4 3 8 Das spätere Landesmuseum ist eindeutig
ein «Kind des Historischen Vereins». Weitergehen-
de Ausführungen zur Sammeltätigkeit des Flistori-
schen Vereins sind in einem gesonderten Beitrag
von Museumsleiter Norbert W. Hasler an anderer
Stelle in diesem Jahrbuch zu finden.
GEFÄHRDETES V O L K S - UND KULTURGUT
Der Verein erhielt immer wieder Anregungen und
Ergänzungen für seine Sammlungen. Solche An-
stösse und Schenkungen kamen von Vereinsmit-
gliedern, erfolgten aber bisweilen auch von aussen.
Auf Anregung von Adolf Hild begann der Histori-
sche Verein beispielsweise 1937 mit dem Sammeln
von Gegenständen aus der Alpwirtschaft sowie von
alten Sennereibetrieben.4 3 9 Der Vereinsvorstand
regte 1958 an, alte Werkzeuge und Gebrauchsge-
genstände systematisch zu sammeln. Die Vor-
standsmitglieder Martin Risch und Rudolf Rhein-
berger wurden damit beauftragt.4 4 0
Der Triesenberger Pfarrer Engelbert Bucher, zu-
gleich Vereinsmitglied, gab in den 1950er Jahren
den Anstoss zur Einrichtung eines Walser-Heimat-
museums in Triesenberg. Der Historische Verein
stärkte dieses Vorhaben und suchte 1958 beim
Staat erfolgreich um eine finanzielle Unterstützung
hierfür an. Zuerst sah man das Triesenberger Hei-
matmuseum noch als Teil des Landesmuseums, 4 4 1
doch entwickelte es sich im Laufe der Zeit zu einer
eigenständigen Institution der Gemeinde Triesen-
berg. Aus Anlass der Eröffnung des Walsermu-
seums fand die Jahresversammlung 1961 am
29. Oktober in Triesenberg statt.442
Vereinsmitglied Otto Seger regte mit Schreiben
vom 16. Mai 1959 an den Historischen Verein an,
eine Ausstellung über «altes Kulturgut der Heimat»
427) Protokoll der Vorstandssitzung vom 7. Februar 1951.
428) Protokoll der Vorstandssitzung vom 1. März 1951.
429) Protokoll der Vorstandssitzung vom 28. August 1963.
430) JBL 63 (1964), Vereinschronik, S. 258 f.
431) JBL 98 (1999). Jahresbericht. S. 265 f.
432) Protokoll der Vorstandssitzung vom 2. Juli 1965.
433) JBL 65 (1966). Vereinschronik, S. 263.
434) JBL 97 (1999). Jahresbericht, S. 247 f.. respektive JBL 99
(2000). Jahresbericht, S. 285.
435) JBL 99 (2000). Jahresbericht, S. 285. In Zusammenarbeit mit
dem Historischen Verein Sarganserland und der Historisch-Heimat-
kundlichen Vereinigung des Bezirks Werdenberg beispielsweise
wurden 1999 drei Exkursionen zum Thema «Walser in Liechten-
stein. Sargans und Werdenberg» durchgeführ t : A m 19. Juni fand in
Triesenberg eine Führung durchs Walsermuseum und ein gut
erhaltenes Walserhaus statt. A m 14. August wies eine geführ te
Wanderung den Weg ins Weisstannental und am 18. September
folgte ein Rundgang durch die alte Walsersiedlung Palfries im Bezirk
Werdenberg.
436) JBL 88 (1990). Jahresbericht, S. 207.
437) Vgl. auch die Aus führungen im Kapitel «Ausgraben» auf
S. 102-118 sowie im Bericht von Norbert W. Hasler an anderer Stelle
in diesem Jahrbuch.
438) Ebenda.
439) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 9. September 1937.
440) Protokoll der Vorstandssitzung vom 18. Juni 1958.
441) Ebenda.
442) JBL 61 (1961), Vereinschronik. S. 228.
99
durchzuführen. Diese Anregung wurde vom His-
torischen Verein aufgegriffen und bereits am 22.
November 1959 konnte die Ausstellung anlässlich
der Jahresversammlung des Vereins im Vaduzer
Rathaussaal gezeigt werden. 4 4 3
Der Vereinsvorstand besichtigte im September
1967 «altes Kulturgut» im Pfarrhaus Triesen. Pfar-
rer Edwin Kaiser versprach dabei, dieses wert-
volle Kulturgut einem neu errichteten Landesmu-
seum als Leihgabe zur Verfügung zu stellen. Dies
wurde «besiegelt bei zwei Flaschen ausgezeich-
neten Triesner Weines». 4 4 4
BIBLIOTHEK
Lange vor der Eröffnung einer Liechtensteinischen
Landesbibliothek, die im Jahr 1961 erfolgte, war es
der Historische Verein für das Fürstentum Liech-
tenstein, der sich um den Aufbau einer Bibliothek
T t L E f O N N9 6?tl6
POSTSCHECK VII 53
RECHNUNG für Sr Hodivfürden Herrn r^dferibJ**^-^
Ala Fortsetzung! Porto
J
Hp.
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J SS
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ich liefere jedes irgendwo angezeigte Buch In kürzester Zeit zu Origlnalprelsen
Der Historische Verein
sammelt und kauft Werke
zur Geschichts- und Hei -
matkunde mit regionalem
Bezug. So wurde auch
1943 eine Lieferung des
«Schwe ize r i s chen Idioti-
kons» dem Historischen
Verein mit Rechnung
zugestellt.
mit Büchern zur Geschichts- und Heimatkunde
bemüht hatte. Der Historische Verein erhielt im
Rahmen eines Schriftentausches mit ähnlichen
Organisationen in der Nachbarschaft sowie in wei-
ter entfernten Gebieten zahlreiche Publikationen,
die in einer separaten Tauschschriften-Bibliothek
gesammelt wurden. 4 4 5
Im Jahrbuch Band 24 erschien das erste Mal ein
Bücherverzeichnis, in dem die bisherigen Anschaf-
fungen der Vereinsbibliothek aufgelistet wurden. 4 4 6
Der Historische Verein hatte 1923 zudem einen
Grundsatzentscheid gefällt, dass nur Bücher mit
einem Bezug zu Liechtenstein oder zur unmittel-
baren Region angeschafft werden sollten. 4 4 7
Erster Bibliothekar war das Vorstandsmitglied
Oberlehrer Alfons Feger. Dessen Nachfolger wurde
1928 Gabriel Hiener. Als Beihilfe für Bibliothekar
Hiener wurde vom Vereinsausschuss 1937 Regie-
rungssekretär Ferdinand Nigg gewählt . 4 4 8 Er be-
gann 1941 mit dem Ordnen eines Teils der Biblio-
thek. 4 4 9 Im Jahr 1940 war zudem beschlossen wor-
den, dass von jedem Historischen Jahrbuch je zwei
Exemplare für die Vereinsbibliothek «solid einge-
bunden» wurden. 4 5 0
Der Vereinsvorstand beschloss 1965, die in der
Vereinsbibliothek vorhandenen Bücher prinzipiell
der Landesbibliothek zur Ausleihung zur Verfü-
gung zu stellen. Die Werke sollten aber vorerst
unter fachkundiger Leitung eingeordnet werden.
Hierfür stand ein Student gegen Entschädigung zur
Verfügung. Verschiedene Bücher mussten neu
gebunden werden. 4 5 1
Die Vereinsbibliothek umfasste im Jahr 1965
rund 1 300 Bände. Grundsätzlich - so der Vereins-
vorstand im Dezember 1965 - sollten vermehrt
Bücher für die Vereinsbibliothek angekauft wer-
den. Es wurde daran gedacht, pro Jahr hierfür
zirka 2 000 bis 3 000 Franken zur Verfügung zu
stellen. 4 5 2
Im Jahr 1981 wurde eine Trennung von Mu-
seums- und Vereinsbibliothek eingeführt. Beide
Bibliotheken blieben jedoch im Verweserhaus in
Vaduz. Der Vereinsvorstand betrachtete es im sel-
ben Jahr als wünschenswert , dass die Vereins-
bibliothek nach modernen Grundsätzen katalogi-
100
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
siert würde. Der Vereinsvorsitzende und Landes-
bibliothekar Alois Ospelt sicherte die diesbezügli-
che Mitarbeit der Landesbibliothek zu . 4 5 3
Im Jahr 1991 erhielten der Historische Verein
und die von ihm betreuten Projekte Räumlichkeiten
im Gewerbehaus an der Messinastrasse in Triesen.
Arthur Brunhart, Chefredaktor des Historischen
Lexikons, regte an, die Vereinsbibliothek in das
Gewerbehaus nach Triesen zu verlegen, damit die
Vereinsprojekte besseren Zugriff auf die Bücher
hätten. Der Vereinsvorstand hiess diesen Vorschlag
gut. Im Gewerbehaus in Triesen gelangten so 1993
die Bücher des Historischen Vereins, nunmehr
rund 3 000 Bände, zur Aufstellung. Es wurde eine
Präsenzbibliothek 4 5 4 eingerichtet, katalogisiert von
der Landesbibliothek und betreut von der Ge-
schäftsstelle, die den Vereinsprojekten direkt zu-
gute kam. Einzig Doubletten und Reservata ver-
blieben beim Landesmuseum als Dauerleihgabe
des Vereins an das Museum. 4 5 5
DOKUMENTATION
Eine lückenlose Protokollführung der Ausschuss-
und Vorstandssitzungen des Historischen Vereins
gibt es erst seit 1923. Anlässlich der Ausschuss-
Sitzung vom 21. März 1923 wurde nämlich be-
schlossen, dass inskünftig über jede dieser Sitzun-
gen ein Protokoll zu führen sei . 4 5 6 Eine Kopie des
Protokolls - so wurde es 1965 festgelegt - sollte je-
weils denjenigen Vorstandsmitgliedern zugestellt
443) JBL 59 (1959), Vereinschronik, S. 385.
444) Protokoll der Vorstandssitzung vom 22. September 1967.
445) Vgl. dazu die Aus führungen auf S. 146-148.
446) J B L 24 (1924), S. 131-133.
447) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 21. März 1923.
448) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 26. Apr i l 1937.
449) JBL 41 (1941), Vereinschronik, S. 157.
450) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 29. Januar 1940.
451) Protokoll der Vorstandssitzung vom 2. Juli 1965.
452) Protokoll der Vorstandssitzung vom 3. Dezember 1965.
453) Protokoll der Vorstandssitzung vom 29. Apr i l 1981.
454) Obwohl die Ausleihe unter bestimmten Bedingungen gestattet
wird , ist die Bibliothek des Historischen Vereins bis heute in erster
Linie eine Präsenzbibl iothek geblieben.
455) Protokoll der Vorstandssitzung vom 17. Februar 1993.
456) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 21. März 1923.
Historischer Verein
für das Fürstentum Liechtenstein
An die Lohe Regierung
des y ü r s t e n t u n _iechter.3tein
5c*. r . l ieo. .* .cr .v. :oir i ö her.
In l.achhenge zu unseren n ö r d l i c h e n Ersuchen um
einen Beitrag zu den Kosten der Bearbeitung und Heraus-
gabe des l i e c L t . Crkui.der.tj-i.es beehren .vir uns ztitzu-
t e i l e i i , dass in Vereinsjahr 1947/46 ( von l . J u l l 1947
bi3 30. Juni 194£ ) f ü r des Urkundenbuch aufgewendet
-.Verden mussten:
a) An i.or.oraren f ü r die Bealte;
ret i n F.agaz und Landessrchivar Dr. :
i n Bredens
b) An Lruckkosten
zusammen
L l c .
-ber dies haben .vir f ü r das
des 1. Bandes des ürkundenbuc: .es
gehabt.
S i r gestatten uns angesicht
und angesichts der Tatsache, dass
beitrage nicht einnal die Hosten
die B i t t e tu s t e l l en , zu den vor;;
das Urkundenbuch einen Beitrag vo
zu wollen.
Herr Perret i s t f ü r das Bür.
und beatbeitet neben dieser T ä t i g
Urkundenbuch, Inden <
g l e i c h z e i t i g auch na»
die f ü r das H e c h t . 1
durch ergibt sich i n
sparun;- an Z e i t . Es i
eine Verlangsanung di
Perret zu veranlpssei
buch d ü r f t e n sich aui
ü h n l i c h e r . .-.ahnen hal'
Einbinden von loo Stück
'r . 47o.- zu bezahlen
betreffenden ArchivbestLnde
unden durchsieht und bearbeitet,
enbuch in Betracht korvnen. Da-
lchkeit eine wesentliche E l n -
s lch daher kaum enpfej.lec.
Der Vorsitzende
des historischen Vereins
f ü r das Fürstentum Liechtenstein
Im Vereinsarchiv befinden
sich nicht nur die Sit-
zungsprotokolle, sondern
auch alle vorhandenen
Korrespondenzschrif ten
des Historischen Vereins.
Hier i m Bi ld ein Schreiben
des Vorsitzenden Josef
Ospelt an die Regierung
mit der Bitte um G e w ä h -
l t 7
rung eines Unkostenbei-
trags zur Deckung der
Ausgaben f ü r das Liech-
tensteinische Urkunden-
buch, verfasst i m Septem-
ber 1948.
101
Ausgraben
werden, die an der Sitzung nicht teilnehmen konn-
ten. 4 5 7 Die Protokolle wurden im Zeitraum von
1923 bis 1957 handschriftlich in eigene Protokoll-
bücher eingetragen. Maschinengetippte Protokolle
tauchen, vorerst als Duplikate, erst ab zirka 1940
auf. Für den Schriftenverkehr hatte der Vereinsvor-
stand bereits 1930 beschlossen, «ein eigenes Kor-
respondenzformular mit Bild» anzufertigen. Egon
Rheinberger wurde mit der Gestaltung dieses Brief-
papiers beauftragt.4 5 8
An der Ausschuss-Sitzung vom 9. Mai 1928
wurden als «eiserner Bestand» für das Vereinsar-
chiv zehn Exemplare von jedem Jahrbuch festge-
legt.45'' Dieser Grundbestand wurde 1989 schliess-
lich auf fünf Exemplare reduziert, doch sollten
nicht nur die einzelnen Jahrbücher (im Original
und im Reprint), sondern auch die Separatdrucke
und weitere Vereinspublikationen in dieser Stück-
zahl aufbewahrt werden. 4 6 0
Gelegentlich erhielt der Verein auch Manu-
skripte sowie Bildmaterial aus Nachlässen und
Schenkungen. Vorstandsmitglied Anton Frommelt
regte deshalb 1933 an, ein Archiv von Manuskrip-
ten anzulegen, die dann später eventuell für Arbei-
ten verwertet werden könnten. 4 6 1 Den wohl bedeut-
samsten Nachlass erhielt der Historische Verein im
Jahr 1980 vom liechtensteinischen Familienfor-
scher Fridolin Tschugmell, der seit 1969 auch Eh-
renmitglied des Vereins war. Dieser übergab ge-
schenksweise dem Historischen Verein seine sämt-
lichen Unterlagen zur Familienforschung mit vielen
Urkundenabschriften, Notizen und ausgearbeiteten
Stammbäumen sowie eine Anzahl Bücher. 4 6 2
Nach seinem Rücktritt als Vereinsvorsitzender
im Jahr 1986 begann Felix Marxer mit der Sich-
tung und Ordnung des Vereinsarchivs. Er konnte
diese Ordnungs- und Registraturtätigkeit im Jahr
1993 abschliessen. 4 6 3 Felix Marxer leistete damit
wertvolle Vorarbeit für die weitere Erschliessung
des Archivs, denn ein vereinseigenes Archiv ist
wohl das wichtigste und verlässlichste «Gedächt-
nis» eines Vereins.
Ausgrabungen in Liechtenstein wurden schon vor
der Gründung des Historischen Vereins durchge-
führt. Oftmals handelte es sich dabei um Sondie-
rungen. Auch wurden bereits zahlreiche Zufalls-
funde gemacht. Ein frühes Beispiel für eine Sondie-
rung stellen die 1865 angestellten Forschungen des
aus Thüringen (Vorarlberg) stammenden John
Sholto Douglass 4 6 4 auf dem «Gupfenbühel» in Mau-
ren dar. Douglass wollte dort Spuren einer bronze-
zeitlichen Befestigung gefunden haben. 4 6 5 Ein Zu-
fallsfund, der grosses Aufsehen erregte, war die
Auffindung von zwei Römerhelmen, die im Jahr
1887 beim Bau einer Wasserleitung oberhalb von
Dux in Schaan ausgegraben wurden. Diese Helme
wie auch zahlreiche andere Fundgegenstände
wanderten ins Ausland. Grund hierfür war einer-
seits das Fehlen eines Vereins, der sich für den Ver-
bleib dieser wichtigen Kulturgüter im Land stark
gemacht hätte, andererseits waren Pläne des Lan-
desverwesers Friedrich Stellwag von Carion zum
Aufbau einer Museumssammlung erst im Jahr
1892 spruchreif. 4 6 6
Friedrich Stellwag von Carion veranlasste im
selben Jahr auf dem Areal des römischen Kastells
in Schaan Grabungen «nach Altertumsgegenstän-
den». Doch «von dieser Grabung gibt es ausser
einer Zeitungsnotiz weder eine Beschreibung noch
Pläne oder Fundgegenstände. Das alte Gemäuer in
Schaan hatte sein Geheimnis vorerst bewahrt». Die
Wissbegierde war damit aber geweckt. Stellwag
entdeckte 1893 die Fundamente einer römischen
102
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS BIEDERMANN
Besitzerinschrift und
Gesamtansicht des ins
Schweizerische Landes-
museum nach Zür ich
abgewanderten Römer -
helms aus Schaan. U m
solche A b g ä n g e zu verhin-
dern, erliess die liechten-
steinische Regierung 1888
eine Verordnung, die i n -
dessen wirkungslos blieb.
I I I .
betreffettb
antiqnoriidic gnnbt.
§ 1. ÜBetin ©egenita'nbe gefunben werben, iueld)e einen antu
quartieren ÜBeru) befigen, fo ift ber ginber »erpfltcbtet, binnen
3 Sagen fneüott an bie f. 9Jegierung bie Sinnige ju erftatten.
§ 2. Ofme ©enefjmigung ber f. ^Regierung bürfen berartige
gunbrjbjefte nicht in baZ 3tn3lanb ueräujjert tterben.
§ 3. ®ie Uebertretuttg uorftebenber Stnorbttungen wirb im
Simte ber beftebenben Sorfcbriften beftraft.
[ y ü v f t l . R e g i e r u n g .
S ö a b u j , gm 21. September 1888.
t>on Qfn ber SDiaur m p.
Sanbe3»eth>efer.
Villa in Nendeln und wertete die Befunde unter
fachlicher Beihilfe des Archäologen Samuel Jenny
aus Bregenz aus. Dies war die erste wissenschaft-
liche Grabung in Liechtenstein. 4 6 7
Dass ein Grossteil der Funde ins Vorarlberger
Landesmuseum ging, kann doch positiv bewertet
werden. So war Gewähr für eine sorgfältige Aufbe-
wahrung des Fundgutes gegeben; denn in Liech-
tenstein war man sich damals der Bedeutung die-
ser Gegenstände noch zuwenig bewusst.
Zwar wurde schon 1888 eine Regierungsver-
ordnung erlassen, die den Verkauf antiquarischer
Gegenstände ins Ausland bewilligungspflichtig mach-
te und ausserdem die Finder von «Altertümern»
verpflichtete, ihre Funde innert dreier Tage der Re-
gierung zu melden. Doch diese Verordnung blieb
relativ wirkungslos. 4 6 8
Die Gründung des Historischen Vereins für das
Fürstentum Liechtenstein im Jahr 1901 trug Ent-
scheidendes zur Förderung des Bewusstseins für
den Wert dieser Funde und Altertümer bei. Bemer-
kenswert ist jedoch, dass dies in den ersten Ver-
einsstatuten noch keinen direkten Niederschlag
fand. Die archäologische Erforschung unseres Lan-
des erhielt dann den entscheidenden Impuls erst
im Jahr 1909, als Albert Schädler an der Jahres-
versammlung über die Urgeschichte Liechtensteins
referierte. Schädler stellte vorgeschichtliche und
römische Funde vor und regte zugleich an, eine
wissenschaftliche Funddokumentation und Samm-
lung aufzubauen. Diese Anregung wurde schliess-
lich anlässlich der Statutenrevision von 1912 auf-
genommen und es war nun erklärtes Ziel des
Historischen Vereins, im Jahrbuch auch Berichte
über archäologische Funde und Erwerbungen zu
publizieren. 4 6 9
457) Protokoll der Vorstandssitzung vom 3. Dezember 1965.
458) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 19. Dezember 1930.
459) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 9. Mai 1928.
460) Protokoll der Vorstandssitzung vom 10. Oktober 1989.
461) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 18. September 1933.
462) J B L 80 (1980), Vereinschronik, S. 312.
463) J B L 93 (1995), Jahresbericht, S. 351.
464) Ursprünglich kam die Familie Douglass aus Schottland.
465) Vgl . dazu den Beitrag: Archäologie in Liechtenstein. Verfasst
von Felix Marxer. In: helvetia archaeologica. Heft 34/36. Basel/
Zürich, 1978, S. 77-88. Dieser Überblick bildet das Fundament für
die nachfolgenden Ausführungen zur Archäologie in Liechtenstein.
466) Vgl. dazu die Aus führungen von Norbert W. Hasler in seinem
Beitrag über die Sammeltät igkeit des Historischen Vereins an
anderer Stelle in diesem Jahrbuch, auf S. 243 auch ein Bild Stellwag
von Carions.
467) Felix Marxer: Archäologie in Liechtenstein. In: helvetia archae-
ologica. Heft 34/36. Basel/Zürich, 1978, S. 77.
468) Vgl. hierzu die Aus füh rungen im Kapitel «Denkmalschutz» auf
S. 39-42.
469) Vgl. auch Ausführungen im Kapitel «Zielsetzungen und Auf-
bau» aufS . 35; sowie Albert Schädler: Prähistorische und römische
Funde in Liechtenstein. Ein Beitrag zur Urgeschichte unseres
Landes. In: JBL 9 (1909), S. 5-25.
103
ORGANISATORISCHE STRUKTUREN
Bis zum Erlass des ersten Denkmalschutzgesetzes
1944 führte der Historische Verein in eigener Ver-
antwortung archäologische Ausgrabungen durch.
Seit 1944 erfolgten diese Ausgrabungen im Auftrag
der Regierung, wobei einzig der Historische Verein
berechtigt war, solche Grabungstätigkeiten durch-
zuführen . 4 7 0 Diese Bestimmung wurde in der Neu-
fassung des Denkmalschutzgesetzes im Jahr 1977
durch den Passus ersetzt: «Die Regierung kann den
Historischen Verein mit archäologischen Ausgra-
bungen und Untersuchungen beauft ragen.» 4 7 1 Da-
mit ist bereits die Entwicklung angedeutet, die die
Archäologie in den darauffolgenden Jahren nahm.
Die Grabungs- und Auswertungstätigkeit der Ar-
chäologie hatte im Laufe der Zeit ein Ausmass an-
genommen, das zuletzt nicht mehr vom Histori-
schen Verein alleine bewältigt und verantwortet
werden konnte. Schliesslich gab der Verein per
Ende 1998 die Trägerschaft für die Archäologie ab.
Sie ist seit 1999 neu innerhalb der Landesverwal-
tung dem Hochbauamt zugeordnet.4 7 2
Mehrere Vorstandsmitglieder des Historischen
Vereins widmeten sich ehrenamtlich der Aus-
grabungstätigkeit, oft unter Beizug von Fachleuten
aus dem Ausland. Zu nennen sind insbesondere
die Vorstandsmitglieder Egon Rheinberger, Anton
Frommelt, David Beck und Georg Malin, deren
Verdienste an anderer Stelle gewürdigt werden.
Hilfe von aussen leisteten insbesondere Adolf
H i l d , 4 " Benedikt F re i 4 7 4 und Hans-Rudolf Senn-
hauser. Dazu kamen Fachleute von Universitäten
und namhaften Museen, die bei Bedarf beigezogen
wurden. Vor allem in den Jahren zwischen 1928
und 1966, unter der Präsidentschaft von Josef
Ospelt und David Beck, war die archäologische
Forschung ein Hauptanliegen des Historischen Ver-
eins. David Beck, der sich durch regelmässige Teil-
nahme an universitären Fachkursen der Schweize-
rischen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte
aus- und weiterbildete, gilt als «Vater der Archäo-
logie» in Liechtenstein. 4 7 5
Unter der Präsidentschaft von Felix Marxer
begann die allmähliche Ablösung der archäologi-
schen Forschung vom Historischen Verein. Felix
Marxer widmete sich als Konservator in erster
Linie dem Landesmuseum. Im Gegensatz zu David
Beck betrieb Felix Marxer nicht in leitender Verant-
wortung archäologische Forschungen. Georg Malin
und Manfred Wanger traten zwar ein Stück weit in
die Fussstapfen von David Beck, leiteten auch meh-
rere Grabungen, konnten aber die Archäologie
nicht so intensiv wie David Beck betreuen und be-
gleiten. Um eine fachkundige Betreuung der ar-
chäologischen Forschung dennoch zu gewährlei-
sten, stellte der Verein 1982 erstmals in der Person
von Jakob Bill eine vom Schweizerischen Landes-
museum kommende Fachkraft an. 4 7 6 Bis zu seinem
Abgang 1985 betreute Jakob Bill hauptamtlich
mehrere Grabungen. Nach Bills Demission wurde
Felix Marxer provisorisch mit der Leitung der ar-
chäologischen Forschung betraut. Die Ernennung
Marxers erfolgte 1986 durch die Regierung im Auf-
trag des Historischen Vereins. Nach Felix Marxers
Pensionierung wurde 1987 - ebenfalls einver-
nehmlich zwischen Regierung und Verein - Eva
Helferich (später: verheiratete Pepic) neu mit der
Leitung und Koordination der archäologischen
Forschung in Liechtenstein beauftragt. Seit Früh-
jahr 1986 war zudem Hansjörg Frommelt, im Auf-
trag des Historischen Vereins, als Grabungsleiter
für die Archäologie tätig. Frommelt löste 1997 Eva
Pepic als Leiter der archäologischen Forschung in
Liechtenstein ab. Die definitive Trennung der Fach-
stelle Archäologie vom Historischen Verein konkre-
tisierte sich, wie eingangs erwähnt, in den 1990er
Jahren. Der Anstoss hierfür wurde vom Landtag
gegeben: Er hatte am 22. Juni 1995 einen fünf-
jährigen Verpflichtungskredit für die Archäologie
bewilligt mit der Auflage, diese Zeit zu nutzen, um
die rechtliche Stellung der Archäologie zu definie-
ren und ihre Organisation gesetzlich zu regeln. 4 7 7
104
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Die nachfolgenden Ausführungen erheben keiner-
lei Anspruch auf Vollständigkeit. Es werden viel-
mehr besonders wichtige Ausgrabungen und Fund-
gegenstände genannt, die unter der Leitung bezie-
hungsweise Trägerschaft des Historischen Vereins
durchgeführt beziehungsweise entdeckt wurden.
Der Schwerpunkt der getroffenen Auswahl liegt auf
den ur- und frühgeschichtlichen Ausgrabungsstät-
ten. Hier hat der Historische Verein, besonders
dank dem Engagement des Vorstandsmitglieds und
späteren Vereinsvorsitzenden David Beck, Pionier-
arbeit geleistet, und es wurden wichtige neue Er-
kenntnisse gewonnen. Ebenso werden Ausgrabun-
gen von Bau- und Kulturgut aus römischer und
frühmittelalterlicher Zeit kurz erwähnt, die beson-
ders bemerkenswert sind oder die aussergewöhn-
liches Fundgut zutage förderten.
RÖMISCHE BADEANLAGE IN SCHAANWALD
Die Ausgrabung der römischen Badeanlage in
Schaanwald sei vor allem deshalb genannt, weil
hier der Historische Verein in den Jahren 1927 und
1928 das erste grössere Ausgrabungsprojekt in
Angriff nahm.
Im Mai 1927 besichtigte der Vereinsvorstand
neu entdeckte Fundamente eines römischen Ge-
bäudes in Schaanwald. An der Ausschuss-Sitzung
vom 14. Dezember 1927 beschloss der Historische
Verein dann, dort weitere Ausgrabungen durchzu-
führen . 4 7 8 Eine Besichtigung der gemachten Aus-
grabungen in Schaanwald fand dann am 19. März
1928 statt. Neben den Vorstandsmitgliedern und
Regierungschef-Stellvertreter Alfons Feger nahmen
Adolf Hild und Viktor Kleiner daran teil. Adolf Hild
sprach sich für weitere Ausgrabungen aus, die
dann zur Aufdeckung von weiterem Mauerwerk
und eines römischen Strassenstücks führten. Eben-
so plädierte Adolf Hild für eine genaue Dokumenta-
tion des Gefundenen und, da eine Konservierung
zu kostspielig war, für eine Zuschüttung der Mauer-
fundamente. Dadurch könnte auch der Gefahr der
470) IX.Bl. 1944, Nr. 4: Gesetz vom 28. Februar 1944 betreffend den
Denkmalschutz.
471) LGB1. 1977, Nr. 39: Denkmalschutzgesetz vom 14. Juni 1977,
Artikel 5.
472) JBL 98 (1999), Archäologie: Tätigkeitsbericht 1998, Jahresbe-
richt, S. 276-281, hier S. 276.
473) Adolf Hild (* 1883; t 1954). von 1907 bis 1948 Konservator im
Dienst des Vorarlberger Landesmuseums in Bregenz, leistete vieles
in den Bereichen Heimat-, Museumskunde und Donkmalpflege,
besonders auf dem Gebiet der Ur- und Frühgeschichte . Adolf Hild
erwarb sich Verdienste durch Ausgrabungen in seiner Heimat, im
Walgau und im Rheintal, aber auch in Liechtenstein. Sein Wirken in
Liechtenstein begann im F r ü h j a h r 1928 mit der Ausgrabung einer
Badeanlage eines römischen Landhauses. Er leitete spä ter Ausgra-
bungen bei Gillenberg in Balzers sowie auf dem Eschnerberg. - Zu
Hild siehe auch Ausführungen von Elmar Vonbank: Museumsdirekor
i . R. Adolf Hild 70 Jahre alt. In: J B L 52 (1952), S. 243-249; ebenso
Elmar Vonbank: Adolf Hild (1883-1954). Nachruf. In: Jahrbuch des
Vorarlberger Landesmuseumsvereins. Jahresgabc zum 97. Vereins-
jahr. Bregenz, 1954, S. 177-178.
474) Benedikt Frei (*1904: t 1975), Sekundarlehrer in Mels SG, war
mit David Bock freundschaftlich verbunden. Er beteiligte sich, zu-
sammen mit Beck, an den Grabungen auf dem «Lutzongüetle». beim
Kastell in Schaan und auf dem Krüppel, ebenso bei den langjährigen
Grabungen auf dem «Borscht». Bei der Kirchengrabung in Bendern
wirkte er beratend mit. Frei, seit 1939 Mitglied des Historischen
Vereins, wurde 1959 Ehrenmitglied. 1966 wurde Benedikt Frei ers-
ter Kantonsarchäologe von St. Gallen. Für seine Verdienste um die
Erforschung der alpinen Frühbes iedlung erhielt er von der Univer-
sität Zürich das Ehrendoktorat: zu Frei siehe auch Felix Marxer:
Dr. b.c. Benedikt Frei. a .Kantonsarchäologe, t 3. Januar 1975. In:
JBL 75 (1975), S. V-IX.
475) Vgl. dazu Beitrag von Alois Ospelt über die verstorbenen Ver-
einsvorsitzenden an anderer Stelle in diesem Jahrbuch.
476) Protokoll der Vorstandssitzung vom 16. Juni 1982. Jakob Bill
hatte auf den 1. Juni 1982 beim Schweizerischen Landesmuseum in
Zürich gekündigt und stand dem Verein ab dem 15. August des
Jahres zur Verfügung. - Jakob Bil l wurde vom Historischen Verein
ab dem 1. September 19S2 für vier Jahre als Archäologe angestellt.
Dazu waren zusätzliche Aufwendungen von 90 000 Franken pro
Jahr erforderlich. In Absprache mit der Regierung verpflichtete sich
der Historische Verein zur Beibringung der hälftigen Kosten; vgl.
Protokoll der Vorstandssitzung vom 16. Juni 1982.
477) JBL 85 (1985). Vereinschronik. S. 290 f.; JBL 86 (1986), Vereins-
chronik, S. 400-402; JBL 87 (1987). Vereinschronik. S. 324-326;
JBL 95 (1998). Jahresbericht. S. 297; JBL 97 (1999). Jahresbericht.
S. 258 f
4781 Zuvor hatte der Landesfürs t 600 Franken gespendet, zweckge-
bunden für die Ausgrabungen in Schaanwald: vgl. Protokoll der
Ausschuss-Sitzung vom 14. Dezember 1927.
105
^rod-entr SÄ-nM 7-8-9-1»
Ausgrabungen von 1928
in Schaanwald. Oben links
eine hier aufgefundene
bronzene Appl ik in Pfau-
enform aus dem 2. oder
3. Jahrhundert nach Chris-
tus; oben rechts Planzeich-
nung von Grabungsleiter
.Adolf I lild mit dem Grund-
riss der Badeanlage. In
der Mitte Blick von Nord -
osten auf das ebenfalls
freigelegte Wirtschaftsge-
b ä u d e ; unten Ausgrabung
der Badeanlage, Ansicht
von Südos t en
106
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / K L A U S B I E D E R M A N N
Zerstörung durch Mutwilligkeit und Witterungsein-
flüsse entgegengewirkt werden. 4 7 9 Adolf Hild über-
nahm die Aufgabe, für das Jahrbuch Band 28 einen
Bericht zu schreiben. 4 8 0 Nach Abschluss der Aus-
grabungstätigkeit setzte der Verein einen Gedenk-
stein. 4 8 1
SPEKTAKULÄRE FUNDE A M BURGHUGEL
GUTENBERG IN BALZERS
An der Ausschuss-Sitzung vom 23. August 1930
wurde beschlossen, die von Vorstandsmitglied
Egon Rheinberger eingeleiteten Ausgrabungen auf
dem Hügelchen oberhalb der Balzner Kirche, am
Fusse der Burg Gutenberg, fortzusetzen. Als Ex-
perte und Berater war Professor Gero von Mer-
hart aus Marburg zweimal in Balzers anwesend;
die Grabungen wurden von Adolf Hild geleitet und
zum Teil selbst ausgeführt. Mitgeholfen haben zu-
dem Albert Vogt aus Balzers sowie Egon Rhein-
berger mit seinen Söhnen Peter und Hans. Die Fun-
de entstammen drei Kulturperioden: frühe Hall-
Fundgut vom Burghüge l
Gutenberg in Balzers aus
verschiedenen Zeitepo-
chen. Der ä l tes te Fund ist
eine spä tb ronzeze i t l i che
Pfeilspitze aus der Zeit um
1000 vor Christus (Nr. 21).
F rühe i senze i t l i che , der
Hallstatt-Kultur z u g e h ö r e n -
de A n h ä n g e r aus d ü n n e m
Bronzeblech (Nr. 4-12) und
Fibelformen (Nr. 1-3) sind
ebenso wie die vier Latene-
zeitlichen Glasringe
(Nr. 22-25) Teile dieser i m
Jahr 1932 p r ä s e n t i e r t e n
Fundzusammenstel lung.
Der mutmassl ich j üngs t e
Fund ist die aus dem
1. Jahrhundert vor Chris-
tus stammende Nauheimer
Fibe l (Nr. 14).
Eine ebenfalls am Burghü-
gel Gutenberg in Balzers
aufgefundene Vogelfibel
aus dem 5. oder 6. Jahr-
hundert nach Christus
479) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 19. März 1928 im A n -
schluss an die Besichtigung der Ausgrabungen in Schaanwald. - Vgl .
auch Protokoll der Jahresversammlung vom 7. Oktober 1928 im
«Löwen» in Vaduz, an welcher Adolf Hild die Zuschüt tung rechtfer-
tigte. Auch ein neu aufgefundener Römerkeller in Bregenz sei wieder
zugeschüttet worden.
480) Ebenda.
481) Vgl. JBL 79 (1979), Vereinschronik, S. 230.
107
statt-Zeit, La-Tene-Zeit und Römerzeit. Damit war
erstmals eindeutig der Nachweis der Siedlungskon-
tinuität auf Gutenberg von der Bronzezeit bis zur
Römerzeit erbracht. 4 8 2
Mit dieser Grabung hatte die systematische ur-
geschichtliche Erforschung Liechtensteins begon-
nen. Der Vereinsvorstand entschied sich für weite-
re Ausgrabungen in den Jahren 1931 bis 1934. Die
Jahresversammlung des Vereins für 1932 fand am
18. September auf der Burg Gutenberg statt. Nach
einer von Egon Rheinberger geführten Besichti-
gung der Ausgrabungsstellen hielt Eugen Nipp im
Schloss-Saal einen Vortrag über die Frühgeschichte
Liechtensteins.4 8 3 Anlässlich der Ausschuss-Sitzung
vom 12. April 1933 auf Gutenberg wurde in Anwe-
senheit Gero von Merharts festgestellt, dass bei die-
sen Ausgrabungen «die ganze prähistorische Kul-
turgeschichte Liechtensteins vorhanden sei» und
«das gemachte Fundgut rangiere mit den grossen
Fundplätzen in Südtirol». 4 8 4
Egon Rheinbergers Söhne hatten nämlich im
Dezember 1932 an der Südostflanke des Burg-
hügels neun Bronzefiguren gefunden - sieben
menschliche Darstellungen, einen Hirsch und ei-
nen Eber. Es war dies ein sensationeller Fund von
überregionaler Bedeutung. Professor Gero von
Merhart deutete die Gutenberg-Figuren als Votiv-
gaben. 4 8 5 Der Historische Verein liess später Bron-
zeabgüsse von drei Figuren erstellen: vom soge-
nannten «Mars von Gutenberg», dem Eber und
dem Hirsch.48*' So wurden diese Gutenberg-Figuren
sehr populär, und der Historische Verein wurde ge-
rade auch mit diesem Fundgut identifiziert: Der
Eber erschien 1976 auf einer Briefmarke zum
75-jährigen Jubiläum des Historischen Vereins,
währenddem der «Mars von Gutenberg» eine
Briefmarke zum 100-Jahr-Jubiläum des Vereins im
Jahr 2001 ziert.
Ein weiterer spektakulärer Fund wurde 1934
von Peter Rheinberger gemacht: Er fand eine
Anzahl Scherben der sogenannten «Rössener Kul-
tur», die sich zu einem Topf ergänzen liessen. Gu-
tenberg wurde damit zu dem am weitesten im
Süden gelegenen Fundplatz dieser Kultur aus dem
frühen Neolithikum. 4 8 7
Kurz darauf wurden auch auf dem Eschnerberg
im Liechtensteiner Unterland interessante Funde
gemacht. Der Eschnerberg bildet eine 7,5 Kilome-
ter lange, drei Kilometer breite und bis 698 Meter
über Meer sich erhebende hohe Rippenlandschaft,
die von Südwesten nach Nordosten verläuft. So-
wohl auf dem Eschnerberg wie auch auf dem Burg-
hügel Gutenberg - beides sind sogenannte «Insel-
berge» im Rheintal - konnten frühgeschichtliche
Siedlungsplätze nachgewiesen werden. Bereits an
der Jahresversammlung des Historischen Vereins
von 1934 wurde die Feststellung gemacht, die Fun-
de von Gutenberg stünden in einem Zusammen-
hang mit dem Fundgut am Eschnerberg. 4 8 8
Am 14. Apri l 1934 führte der Vereinsvorstand
eine Besichtigung der prähistorischen Siedlungs-
plätze auf dem «Malanser» und dem «Lutzengüet-
le» durch. 4 8 ' ' Daran nahmen auch Professor Oswald
Menghin aus Wien, der Vorarlberger Landesar-
chivar Viktor Kleiner sowie Konservator Adolf
Hild teil.4'"1 Nachdem Waldhirt Rudolf Hasler auf
Scherbenfunde beim «Borscht» hingewiesen hatte,
wurde dieser Siedlungsplatz ebenfalls besichtigt.
Professor Oswald Menghin vertrat die Ansicht,
dass auf dem «Borscht» eine umfangreiche prähis-
torische Wallburg stand, was von ihm als «sehr
lehrreich, ein direktes Schulbeispiel» bezeichnet
wurde. Folglich würden sich Ausgrabungen auf
dem «Borscht» lohnen. Hans Rheinberger fertigte
Skizzen von dieser Wallburg an und Waldhirt
Rudolf Hasler wurde beauftragt, die Kuppen des
Eschnerbergs abzusuchen.4'"
BORSCHT: BRONZEZEITLICHER
SIEDLUNGSPLATZ
Bereits im Frühjahr 1935 fand auf dem «Borscht»
eine erste Sondiergrabung statt. Diese von Egon
und Peter Rheinberger durchgeführte Grabung be-
stätigte die jungsteinzeitliche, bronze- und eisen-
zeitliche Besiedlung. Anlässlich ihrer Jahrestagung
vom 7. und 8. September 1935 in Liechtenstein
besuchte die Schweizerische Gesellschaft für Ur-
und Frühgeschichte auch die Ausgrabungen auf
108
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
IIISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Ausgrabungen auf dem
«Borscht» i n Schellenberg
i m Jahr 1947
A u f dem «Borscht» ergra-
bene Keramik aus der Ep i -
Rössene r Kultur, s p ä t e s
5. Jahrtausend vor Chris-
tus. Das Gefäss mit den in-
krustierten Verzierungen
diente vermutlich als
Trinkbecher.
dem «Borscht» in Schellenberg.4''- Dies unter-
streicht die Bedeutung dieser Siedlungsstätte. Im
Herbst 1935 übernahm Adolf Hild die Grabungslei-
tung.4'" Im September 1936 plädierte der Vereins-
ausschuss dafür, noch mehr in die Tiefe zu graben.
Es seien bereits sieben Kulturschichten bis hin zur
Jungsteinzeit entdeckt worden. Adolf Hild sollte an-
gefragt werden, die neuen Funde in die Vereins-
sammlung zu integrieren, nötigenfalls die Samm-
lung auch umzustellen.4'1 4
Unter der Leitung von David Beck wurden in
den Jahren 1947 bis 1951 weitere Ausgrabungen
durchgeführt. Während Rheinberger und Hild
die Südkuppe des «Borscht» untersuchten, kon-
zentrierte sich Beck auf das nördliche Hochplateau,
welches von einem Ringwall und zwei Vorwällen
umgeben war.4''"' Wichtigstes Ergebnis war, dass
die Kuppe mehrfach besiedelt worden ist: in der
Jungsteinzeit durch Bevölkerungsgruppen der Epi-
Rössener, der Pfyner und der Horgener Kultur, in
der Frühbronzezeit und - weniger intensiv - auch
in der Eisenzeit. Der Ringwall ist eisenzeitlich, Vor-
gängerbauten in dieser Art konnten nicht einwand-
frei nachgewiesen werden.4'"' An der Jahresver-
sammlung 1951 wurde über die abschliessenden
Ergebnisse der Ausgrabungen berichtet. Es wur-
den Funde von der Epi-Rössener Zeit bis zur jünge-
ren Eisenzeit geborgen.4''7
In der Nähe des «Borscht» liegt, auf Gampriner
Gemeindegebiet, das «Lutzengüetle», eine weitere
Höhensiedlung.
4821 Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 5. Oktober 1930.
483) JBL 32 (19321, Vereinschronik. S. 98.
4841 Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 12. Apr i l 1933.
4851 Felix Marxer: Archäologie in Liechtenstein. In: helvetia archae-
ologica. Heft 34/36. Basel/Zürich, 1978. S. 80.
486) Vgl. Protokolle der Vorstandssitzungen vom 1. Apr i l 1958 sowie
vom 1 I. Apr i l 1975. - Diese Figuren sollten jedoch nicht kommer-
ziellen Zwecken dienen, sondern als Geschenke bei ausserordentli-
chen Anlässen verwendet werden. Über die Verwendung als Ge-
schenk entschied der Vereinsvorstand; siehe auch Protokoll der
Vorstandssitzung vom 27. September 1974.
4871 Felix Marxer: Archäologie in Liechtenstein. In: helvetia archae-
ologica. Heft 34/36. Basel/Zürich, 1978, S. 80.
488) Protokoll der Jahresversammlung vom 16. September 1934 in
Mauren.
489) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 14. März 1934.
490) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 25. Apr i l 1934.
4911 Ebenda.
492) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 1, Mai 1935.
493) Magdalena Maczynska: Schellenberg-Borscht. Ein prähis tor i-
scher Siedlungsplatz im Fürs t en tum Liechtenstein. Vaduz, 1999.
Band I. S. 10.
494) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 5. September 1936.
495) Magdalena Maczynska: Schellenberg-Borscht. Ein prähistori-
scher Siedlungsplatz im Fürs ten tum Liechtenstein. Vaduz, 1999.
Band [, S. 21.
496) Ebenda, S. 87.
4971 Protokoll der Jahersversammlung vom 11. November 1951 in
Vaduz.
109
LUTZENGÜETLE: «DAS LIECHTEN-
STEINISCHE TROJA»
Erste Ausgrabungen auf dem «Lutzengüetle» führ-
te Adolf Hild unter Beihilfe von David Beck im Jahr
1937 durch. 4 9 8 Es liessen sich mehrere Siedlungs-
und Bauperioden feststellen: Jungsteinzeit, Bronze-
zeit, Hallstatt- und La-Tene-Zeit, auch spätrömi-
sche Funde sowie Gebäudereste aus dem 12. oder
13. Jahrhundert. Infolge der neuen politischen Ver-
hältnisse - Österreich war im März 1938 gewalt-
sam dem Deutschen Reich einverleibt worden -
konnte Adolf Hild nicht mehr für weitere Ausgra-
bungen nach Liechtenstein kommen. 4 9 9
Die Ausgrabungen auf dem «Lutzengüetle» wur-
den deshalb unter der Leitung von David Beck in
den Jahren 1942 bis 1945 fortgesetzt. Anlässlich
der Jahresversammlung von 1942 besichtigten 25
Vereinsmitglieder die Ausgrabungen. Über die Gra-
bungen berichtete schliesslich an der Versamm-
lung Benedikt Frei; «Er führt aus, dass Beck die
Ausgrabungen sehr gut geführt habe. Da gab es
keine Sucht nach Funden, sondern solide Fest-
stellungen.» 5" 0 Und David Beck konnte an der Jah-
resversammlung 1943 berichten: «Auf dem Lutzi-
gütle bei Eschen wurde eine jungsteinzeitliche
Siedlung gefunden, wie sie kaum in unseren Alpen
zu finden ist. ... Bei der heurigen Ausgrabung
wurden drei Perioden blossgelegt: Jungsteinzeit,
Bronzezeit und Eisenzeit und zwar Hallstatt und
Latene». 5 0 1
Es gelang David Beck, auf dem «Lutzengüetle»
zwei jungsteinzeitliche Kulturen voneinander abzu-
grenzen: die Michelsberger und die Horgener Kul-
tur. Zudem konnte auf dem «Lutzengüetle» eine «in
ihrer Klarheit einmalige Folge von Kulturschich-
ten» festgestellt werden, die bis in eine Tiefe von
vier Metern reichte. 5 0 2 Paläontologie-Professor Otto
Tschumi von der Universität Bern bezeichnete die
Ausgrabungsstätte auf dem «Lutzengüetle» als
«das liechtensteinische Troja». 5 ( " Diese Aussage ist
vielleicht doch etwas zu kühn, doch wollte Tschumi
damit auf die besondere Bedeutung des «Lut-
zengüetle» hinweisen. Die Wichtigkeit dieses prä-
historischen Siedlungsplatzes erkennend, spende-
ten 1943 die liechtensteinische Regierung 2 500
Franken und die Schweizerische Gesellschaft für
Ur- und Frühgeschichte 300 Franken zugunsten
der dortigen Grabungstätigkeit. 5 0 4
In Verbindung mit den Ausgrabungen auf dem
«Lutzengüetle» befasste sich 1944 der Vereins-
vorstand auch mit einer möglichen Zusammen-
arbeit mit dem Schweizerischen Landesmuseum in
Zürich. Diese sollte unter bestimmten Bedingungen
möglich sein: «Der Historische Verein hat die
Führung und Verantwortung. Die Veröffentlichun-
gen müssen zuerst im Jahrbuch des Historischen
Vereins erscheinen. ... Auch finanziell müsste das
Schweizerische Landesmuseum mittun. Wir erwar-
ten konkrete Vorschläge von Seiten des Schweize-
rischen Landesmuseums. Das Fundmaterial gehört
grundsätzlich uns; und wir bestimmen darüber,
was ins Schweizerische Landesmuseum kommt». 5 0 5
An der Jahresversammlung 1944 in Eschen be-
richtete der Vereinsvorsitzende Josef Ospelt über
die arbeitsintensiven Ausgrabungen, die zwar
«nicht jedermann zu würdigen scheine», die jedoch
- wie es das Interesse des Auslandes beweise -
«richtig» seien. Er würdigte David Beck, der seine
Ferien und die gesamte ausserschulische Freizeit
für die Grabungstätigkeit geopfert hatte. 5 0 6 David
Beck hielt an dieser Jahresversammlung einen Vor-
trag über die Ausgrabungen am «Lutzengüetle»
und betonte abschliessend, «dass wir der Vorse-
hung dankbar sein dürfen, dass wir jungen Leute
graben können, währenddem in anderen Staaten
die Jugend auf den Schlachtfeldern verblutet». 5 0 7
An der Vorstandssitzung vom 29. August 1945
berichtete David Beck über den bevorstehenden
Abschluss der Ausgrabungen auf dem «Lutzen-
güetle». 5 0 8 Diese abschliessenden Grabungen wur-
den gemeinsam mit Professor Emil Vogt vom
Schweizerischen Landesmuseum in Zürich durch-
geführ t . 5 0 9 Die oben vorgeschlagene Zusammen-
arbeit mit dem Schweizerischen Landesmuseum
in Zürich kam also zustande. 5 1 0 Bei den Ausgra-
bungen des Jahres 1945 konnte im Fundgut eine
lokale Ausprägung der «Schussenrieder Keramik»
festgestellt werden, die Emil Vogt veranlasste, den
Begriff «Lutzengüetle-Kultur» in die archäologische
110
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / K L A U S B I E D E R M A N N
498) Protokoll der Jahresversammlung vom 17. Oktober 1937 in
Vaduz.
499) Vgl . Protokolle der Ausschuss-Sitzungen vom 28. Mai 1938 und
vom 25. Juli 1938.
500) Protokoll der Jahresversammlung vom 8. November 1942 in
Gamprin.
501) Protokoll der Jahresversammlung vom 3. Oktober 1943.
502) Felix Marxer: Archäologie in Liechtenstein. In: helvetia archae-
ologica. Heft 34/36. Basel/Zürich, 1978, S. 80.
503) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 30. Juli 1944.
504) JBL 44 (1944), Vereinschronik, S. 112.
505) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 9. Oktober 1944.
506) Protokoll der Jahresversammlung vom 29. Oktober 1944 in
Eschen.
507) Ebenda.
508) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 29. August 1945. (Datum
gemäss maschinenschriftlichem Protokoll. Die entsprechenden
handschriftlichen Aufzeichnungen im Protokollbuch sind undatiert. 1
509) Protokoll der Jahresversammlung vom 11. November 1945 in
Vaduz.
510) Die liechtensteinischen Mitarbeiter bei den Ausgrabungen
mussten vom Historischen Verein bezahlt werden, die Entschädi-
gung für das Schweizer Personal erfolgte durch das Schweizerische
Landesmuseum; vgl. Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 29. A u -
gust 1945. (Datum gemäss maschinenschriftlichem Protokoll. Die
entsprechenden handschriftlichen Aufzeichnungen im Protokollbuch
sind undatiert.)
Ausgrabungen auf dem
«Lutzengüe t le» am Esch-
nerberg, Gemeinde Gam-
pr in , 1943 .Sehr s chön
erkennbar sind auf diesem
Bi ld die einzelnen Gra-
bungsschichten: 25 c m
Humus, 50 cm eisenzeitli-
che Schicht, 60 cm s p ä t e
Bronzezeit und 150 cm
Jungsteinzeit (Neolithi-
kum).
Feinkeramik vom «Lut-
zengüe t l e» aus der Zeit um
3900 vor Christus. Das
Gefäss zeigt charakteristi-
sche weiss inkrustierte
Verzierungen und gehö r t
zum wertvollsten f r ü h g e -
schichtlichen Fundgut in
Liechtenstein.
111
Fachsprache einzubringen. Auch an der Jahresver-
sammlung 1946 wurde die «hervorragende histo-
rische Bedeutung» der Grabungen auf dem «Lut-
zengüetle» gewürdigt. So konnten aus der Schus-
senrieder Schicht «schöne Gefässe» zusammenge-
setzt werden. 5 1 1
MALANSER: EIN WEITERER FRÜHGESCHICHT-
LICHER SIEDLUNGSPLATZ
Im Jahr 1946 begann David Beck mit Ausgrabun-
gen auf dem Hügel «Malanser», der auf dem Ge-
meindegebiet von Eschen liegt. Die von Waldhirt
Rudolf Hasler hier gemachten Streufunde hatten
David Beck auf diesen Platz aufmerksam gemacht.
Die Urnenfelderzeit schien sich als Schwerpunkt
der Besiedlungsgeschichte des «Malanser» heraus-
zukristallisieren. Spätere Grabungen förderten
Lochäxte zutage, die dem Inventar der Bandkera-
mik, folglich dem donauländischen Kulturkreis zu-
geordnet werden konnten. David Beck berichtete
an der Jahresversammlung 1953 über die Aus-
grabungen auf dem «Malanser». Anhand zahlrei-
cher Lichtbilder veranschaulichte er Fundstelle und
Funde. Die Siedlungsgeschichte dieses Ortes reicht
von der Bronzezeit bis in die späte Eisenzeit. Ein
Grossteil der Funde gehört indessen der rätischen
Melaunerkultur an, deren Beginn in die späte Bron-
zezeit (bis um 1000 vor Christus) datiert werden
kann. 5 1 2
SCHNELLER: EIN EISENZEITLICHER
BRANDOPFERPLATZ
Auf dem Hügel «Schneller», in unmittelbarer Nähe
zum «Malanser» und ebenfalls auf Eschner Ge-
meindegebiet gelegen, waren es ebenfalls Funde
des Waldaufsehers Rudolf Hasler, die den Anstoss
zu Grabungen gaben. Bei den folgenden Ausgra-
bungen, durchgeführt in den Jahren 1949 bis
1951, wurde eine dünne bronzezeitliche Schicht
sowie eine Schicht der Urnenfelderkultur fest-
gestellt.51'' Das hervorragende Fundmaterial des
«Schneller» ist jedoch die eisenzeitliche Keramik,
die von Benedikt Frei in einem speziellen Aufsatz
als besondere, aus der frühen La-Tene-Zeit stam-
mende Keramikgruppe des Rheintals bestimmt
wurde. Frei führte dadurch den Begriff «Schneller-
Keramik» in die Fachwelt ein. Er konnte in seinem
Aufsatz zudem nachweisen, dass diese Topfkera-
mik, in der Halspartie oft durch Wulste gegliedert
und auf der Schulter mit einfachem Stempelmuster
versehen, in einer Beziehung zur keltischen Kultur
vom Dürrnberg im salzburgischen Hallein steht.5 1 4
Diese «Schneller-Keramik» konnte später auch
bei Ausgrabungen auf Schaan-Krüppel sowie auf
Vaduz-Schloss und - regional - in Chur-Welsch-
dörfli nachgewiesen werden. 5 1 5 Das Fehlen von
Siedlungsspuren und Werkzeugen, besonders aber
der Fund zahlreicher verbrannter Tierknochen,
deuten indessen darauf hin, dass der «Schneller»
kein Siedlungsplatz, sondern vielmehr ein eisen-
zeitlicher Brandopferplatz war. 5 1 6
FRÜHMITTELALTERLICHE FRIEDHÖFE
IN SCHAAN UND IN ESCHEN
Im Jahr 1910 wurden bei einem Stallneubau in
der Nähe der alten Pfarrkirche St. Laurentius in
Schaan zehn alamannische Gräber freigelegt. Die
Arbeiter hatten auf eigene Faust gegraben, der
Historische Verein war nicht verständigt worden.
Vereinsmitglied Gabriel Hiener verfasste dennoch
einen Bericht für das Jahrbuch. 5 1 7Als aber dann im
Jahr 1934 die Landstrasse im Bereich des alten
Schaaner Friedhofs erweitert wurde, da wurden
weitere Gräber entdeckt. Bedeutendster Fund war
eine durchbrochene Zierscheibe, Grabbeigabe ei-
ner verstorbenen Frau. 5 1 8 Vorstandsmitglied Anton
Frommelt sichtete das gesamte Fundgut und
schrieb einen Bericht für das Jahrbuch. 5 1 9 Vier
Jahre später, 1938, wurden in diesem Areal wei-
tere Grabbeigaben, unter anderen Bronzeschnal-
len, gefunden. 5 2 0
Ein ähnlicher Friedhof, ebenfalls ins 7. Jahr-
hundert zurückreichend, wurde etwas oberhalb
des Dorfzentrums von Eschen entdeckt. Im Jahr
112
1953 wurden nämlich anlässlich der Verbreiterung
der Haidenstrasse in Eschen mehrere alamanni-
sche Gräber angeschnitten. Anton Frommelt be-
richtete über diese Gräberfunde sowie über das
Auffinden von Beigaben an der Jahresversamm-
lung 1953. 5 2 1 Weitere Gräber wurden in den Jah-
ren 1954, 1962 und schliesslich 2000 entdeckt und
freigelegt.5 2 2
Die Parallelen zwischen den beiden Friedhöfen
waren schon für Anton Frommelt offensichtlich. 5 2 3
Doch «ohne eine systematische Erforschung beider
Friedhöfe gestatten die bisherigen Funde noch kein
abschliessendes Urteil über den Beginn (Mitte des
6. Jahrhunderts?) und das Ende der Belegung.
Eines ist unzweifelhaft: Die Nekropolen setzen an
511) Protokoll der Jahresversammlung vom 20. Oktober 1946 in
Balzers.
512) Protokoll der Jahresversammlung vom 8. November 1953 in
Vaduz.
513) Protokoll der Jahresversammlung vom 11. November 1951 in
Vaduz.
514) Christian Zindel: Der Schneller und seine forschungsgeschicht-
liche Bedeutung für das Alpenrheintal. In: helvetia archaeologica.
Heft Nr. 34/36. Basel/Zürich. 1978, S. 145-150.
515) Ebenda.
516) Felix Marxer: Archäologie in Liechtenstein. In: helvetia archae-
ologica. Heft Nr. 34/36. Basel/Zürich, 1978, S. 77-88.
517) Gabriel Hiener: Bericht über die Aufdeckung anscheinend
alemannischer Gräber auf dem Grundstück des Maurermeisters
Kaspar Hilti in Schaan. In: J B L 10 (1910), S. 188-192.
518) Alexander Frick: Die durchbrochene Zierscheibe aus einem
alemannischen Frauengrab in Schaan. In: J B L 76 (1976),
S. 267-293.
519) Anton Frommelt. A lemannengräbe r in Schaan. In: J B L 34
(1934), S. 3-15.
520) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 25. Juli 1938.
521) Protokoll der Jahresversammlung vom 8. November 1953 in
Vaduz.
522) Rudolf Degen: Liechtenstein zwischen Antike und Spätmittelal-
ter. In: helvetia archaeologica. Heft Nr. 34/36. Basel/Zürich, 1978,
S. 202-222, hier S. 215. - Ebenso Einladung zur Vorstandssitzung
vom 28. September 2000. Der Vorstand des Historischen Vereins
besuchte an diesem Tag den Ausgrabungsplatz in F.schen.
523) Vgl. Protokoll der Jahresversammlung vom 8. November 1953
in Vaduz.
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / K L A U S B I E D E R M A N N
Im Jahr 1954 entdecktes
weibliches Skelett vom
Alamannenfr iedhof in
Eschen. Typisch f ü r diese
G r ä b e r in Eschen ist die
steinerne Grabeinfassung.
Die F rau wurde ohne
weitere Grabbeigaben
bestattet.
Aus einem M ä n n e r g r a b
vom selben Friedhof in
Eschen stammende Gürtel-
schnalle aus Eisen mi t
Silbertauschierung. Dieses
Grab aus der Mitte des
7. Jahrhunderts hatte als
Beigaben ein einschneidi-
ges Hiebschwert und eine
Gür te lgarn i tu r .
113
Ausgrabungen in der St.
Peterskirche in Schaan im
Jahr 1958. Im Vorder-
grund sind Grundmauern
der f rühchr i s t l i chen Kirche
aus dem 5. Jahrhundert
sowie ein Taufbecken zu
erkennen. Links, am Fuss
der nö rd l i chen Wand des
heutigen Kirchenschiffs ,
ist Mauerwerk vom römi -
schen Kastel! freigelegt.
beiden Orten alamannische Gehöfte voraus und
alamannische Siedlersippen, die inmitten des rae-
tischen Gebietes und seiner raeto-romanischen
Bevölkerung lebten». 5 2 4
Doch auch für diese raeto-romanische Bevölke-
rung konnte ein frühmittelalterlicher Friedhof
nachgewiesen werden: Anton Frommelt referierte
an der Jahresversammlung 1947 über die in der
Sax im südlichen Schaan aufgefundenen Gräber. Es
handelt sich hierbei um einen frühchristlichen
Friedhof, der aus derselben Zeit stammt wie der
Alamannenfriedhof in Schaan. Es siedelten in
Schaan im Süden die alteingesessenen christiani-
sierten Romanen, im Norden die nicht christlichen
Alamannen. Die frühchristlichen Gräber in der Sax
waren ohne Beigaben. 5 2 5
RÖMISCHES KASTELL UND FRÜHCHRISTLICHE
KIRCHE IN SCHAAN
der Zeit um 370 nach Christus errichtete Befes-
tigungsanlage diente vor allem zur Sicherung der
Verkehrswege. 5 2 h Gleichzeitig konnte nachgewie-
sen werden, dass auf den Mauern des verlassenen
Kastells bereits zu Beginn des 5. Jahrhunderts eine
erste christliche Kirche, dem heiligen Petrus ge-
weiht, errichtet worden war. Entdeckte Funda-
mentmauern eines frühchristlichen Taufbeckens
beweisen zudem, dass St. Peter in Schaan als frühe
Taufkirche des Bistums Chur im Gebiet des heuti-
gen Fürstentums Liechtenstein diente. 5 2 7
Ende November 1958 wurden die Mauern und
Anlagen des ausgegrabenen Kastells in Schaan
wieder zugedeckt, da ein Grossteil der ausgegrabe-
nen Teile auf einem Privatgrundstück liegt. Die
Fundamente des auf Gemeindegrund liegenden
nördlichen Torturms des Kastells wurden jedoch
konserviert und mit weiteren Teilen der Öffentlich-
keit zugänglich gemacht.
Von der Existenz von römischem Mauerwerk bei
der Kirche St. Peter in Schaan wusste man bereits
1847, doch erst unter der Leitung von David Beck
wurden in den Jahren 1956 und 1957 umfangrei-
che Ausgrabungen gemacht. Der Grundriss eines
spätrömischen Kastells konnte erstmals präzise
festgestellt werden. Es war eine annähernd qua-
dratische Anlage mit vier Ecktürmen und je einem
Torturm auf der Nord- und auf der Südseite. Die in
BURGRUINEN SCHELLENBERG
Mit der Schenkungsurkunde vom 9. August 1956
übergab Fürst Franz Josef II. die Burgruinen in
Schellenberg zusammen mit dem dazugehörigen
Grund dem Historischen Verein für das Fürstentum
Liechtenstein. 5 2 8 Ausgrabungspläne bei der Oberen
Burg mussten aufgrund der Ausgrabungstätigkeit
beim Schaaner Kastell vorerst zurückgestellt wer-
114
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
den. 5 2 9 1960 konnte jedoch mit der Ausgrabung be-
gonnen werden. Die von David Beck geleiteten
Konservierungs- und Wiederherstellungsarbeiten
dauerten bis 1964. Erste Sondierungsgrabungen,
1956 auf der Unteren Burg durchgeführt, deuteten
auf eine Besiedlung dieses Platzes bereits in der
Jungsteinzeit hin. 5 3 " Umfangreiche Ausgrabungen,
von Jakob Bill in den Jahren 1978 bis 1980 gelei-
tet,531 bestätigten diese Vermutung. Es zeigte sich
jedoch, dass das Gebäude der Unteren Burg - bis
dahin fälschlicherweise «Alt-Schellenberg» genannt
- jünger als die Obere Burg ist, die - ebenfalls zu
Unrecht - als «Neu-Schellenberg» bekannt war. 5 3 2
KIRCHHUGEL BENDERN
Umfassende Ausgrabungen in und bei der Kirche
in Bendern fanden in den Jahren 1969 bis 1977
unter der Leitung von Georg Malin statt. Sie beleg-
ten, dass der Kirchhügel Bendern seit der Bronze-
zeit besiedelt war. Ebenso wurde ein Hofgebäude
aus dem 6. Jahrhundert nachgewiesen. Ebenfalls
belegt wurden zehn Bauperioden der christlichen
524) Rudolf Degen: Liechtenstein zwischen Antike und Spätmittelal-
ter. In: helvetia archaeologica. lieft Nr. 34/36. Basel/Zürich. 1978,
S. 202-222, h ie rS . 215.
525) Protokoll der Jahresversammlung vom 9. November 1947 in
Schaan.
526) Hans-Jörg Kellner: Das Kastell Schaan und die Spätzeit der
römischen Herrschaft. In: helvetia archaeologica, Heft Nr. 34/36.
Basel/Zürich, 1978, S.187-201.
527) Rudolf Degen: Liechtenstein zwischen Spätantike und Mittelalter.
In: helvetia archaeologica, Heft Nr. 34/36. Basel/Zürich, 1978,
S. 202-222, h ie rS . 212.
528) JBL 56 (1956), Vereinschronik, S. 77.
529) JBL 58 (1958), Vereinschronik, S. 330.
530) JBL 56 (1956), Vereinschronik, S. 76.
531) Jakob Bil l : Schellenberg «Untere Burg». In: Ergrabene Geschich-
te. Die archäologischen Ausgrabungen im Fürs tentum Liechtenstein
1977-1984. Hrsg. Vom Historischen Verein. Vaduz, 1985, S. 22-33.
532) JBL 79 (1979), Vereinschronik, S. 228 f.
Grabung auf der Unteren
Burg Schellenberg im Jahr
1979; eine hier aufgefun-
dene g r ü n glasierte N i -
schen- und Kranzkachel
aus der Zeit um 1400
115
Kirche, die es auf diesem südlichen Ausläufer des
Eschnerbergs seit dem frühen Mittelalter gibt.5 : 1 3
RÖMISCHER GUTSHOF IN NENDELN
Die 1893 bis 1896 erfolgten ersten Grabungen bei
der römischen Villa in Nendeln wurden bereits ein-
gangs des Kapitels «Ausgraben» erwähnt. Kon-
servator Samuel Jenny aus Bregenz wertete die
damaligen Ergebnisse aus und liess auch Grund-
risszeichnungen anfertigen. 5 3 4 Eine erneute und
gründliche Grabung drängte sich 1973 auf, als
beim Aushub für den Neubau des Schulhauses in
Nendeln ein Trax auf römisches Mauerwerk stiess.
Unter der Leitung von Georg Malin wurden die
gesamten Grundmauern eines Hauptgebäudes und
zweier Nebengebäude freigelegt.5 3 5 Die Entste-
hungszeit des Gutshofes konnte, trotz Feststellung
mehrerer Bauperioden, nicht genau datiert wer-
den. Münzfunde stammen aus dem dritten nach-
christlichen Jahrhundert, doch dürfte der Gutshof
bereits im zweiten Jahrhundert erbaut und bis ins
vierte Jahrhundert bewohnt gewesen sein. Die
Fundamente des Gutshofes Nendeln wurden kon-
serviert und sichtbar gemacht. In Verbindung mit
der Jahresversammlung am 13. März 1977 lud der
Flistorische Verein die Öffentlichkeit zu einer von
Georg Malin geführten Besichtigung der römischen
Villa in Nendeln ein. 5 3 6
BURGHÜGEL GUTENBERG UND «RUNDER
BÜCHEL» IN BALZERS
Im Jahr 1979 konnte das Land Liechtenstein die
Burg Gutenberg in Balzers erwerben. Es wurde
daraufhin eine Kommission eingesetzt, die sich
Gedanken machte bezüglich Zweckbestimmung
und Renovation der Burg. 5 3 7 In der Folge wurde
das Gelände rund um die Burg - mit Einschluss des
«Runden Büchels» - archäologisch untersucht und
ergraben.
Eine erste Sondiergrabung auf dem «Runden
Büchel» fand 1980 unter der Leitung von Jakob Bill
statt. Es wurden 22 mittelalterliche Bestattungen
ohne Beigaben festgestellt.538
Bei den grossflächigen Ausgrabungen des Jah-
res 1981 wurde beim «Runden Büchel» neben
einem frühmittelalterlichen Gräberfeld mit 90 Be-
stattungen eine latenezeitliche Siedlung freigelegt.
Gefunden wurden zudem eine Lanze, eine Gürtel-
schnalle sowie Keramik. Die Grabungsstelle erhielt
damit nicht nur für die mittelalterliche, sondern
auch für die urgeschichtliche Besiedlung überre-
gionale Bedeutung.53<)
Im Jahr 1982 begann die archäologische und
baugeschichtliche Erforschung der Burg Guten-
berg. Es wurden dort ebenfalls zahlreiche frühmit-
telalterliche Grabstätten freigelegt. Die ältesten
Gräber stammen von einem Friedhof aus dem
8. Jahrhundert. Sie stehen in einem Zusammen-
hang mit den Gräbern auf dem «Runden Büchel».
Dass der Burghügel Gutenberg in Balzers -
ebenso wie mehrere Orte auf dem Eschnerberg -
als frühgeschichtliche Siedlungsstätte diente, konn-
te bereits anlässlich der Grabungen in den frühen
1930er Jahren festgestellt werden. Dass aber der
«Runde Büchel» ebenfalls prähistorischer Sied-
lungs- und Bestattungsort war, wurde erst anläss-
lich der Grabungskampagne von 1981 festgestellt.
Allein dieses Beispiel zeigt, dass die archäologische
Forschung vielleicht weniger mit raschen Resulta-
ten, aber durch kontinuierliche Grabungs- und
Auswertungstätigkeit immer wieder mit soliden
und oftmals überraschenden Forschungsergebnis-
sen aufwarten kann. Es ist dabei ein wesentliches
Verdienst gerade auch des Historischen Vereins,
dass die archäologische Forschung in Liechtenstein
immer wieder ermöglicht und gefördert wurde.
Nicht umsonst war der Verein mehr als 90 Jahre
lang Träger der Archäologie in Liechtenstein.
116
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS BIEDERMANN
ZUFALLSFUNDE
Eine Liste aller Zufallsfunde wäre ausserordentlich
lang. Zufallsfunde waren es oft, die den Anstoss
für weitere archäologische Grabungen und Unter-
suchungen gaben. So wurden - meist unfreiwillig -
beispielsweise bei Aushub- und Bauarbeiten Grab-
stätten, historische Gebäudereste und anderes
Fundgut entdeckt. Zwei Zufallsfunde, die jedoch
eine spezielle Würdigung verdienen, seien im Fol-
genden kurz angeführt.
DER MÜNZSCHATZFUND VOM
«SCHELLENBERGER WALD»
Im Winter 1930/31 fand Johann Kirschbaumer,
wohnhaft in Schellenberg, im Wald unterhalb der
Schellenberger «Unteren Burg» 13 alte Silbermün-
zen, die er mit nach Hause nahm. Bei privaten
Nachgrabungen fand Kirschbaumer 50 zusätzliche
Münzen. Als dann der Historische Verein weitere
Grabungen veranlasste, kamen nochmals 320 Sil-
bermünzen zum Vorschein. An einer Vorstandssit-
zung des Vereins wurde zudem festgehalten: Die
Fachleute «Kittelberger und Fussenegger aus Vor-
arlberg halten sie für wertvoll. Konservator Hild
hält es für richtig, eine Wertbegutachtung durch
diese Herren durchführen zu lassen .» 5 4 0 Der Verein
beschloss, Karl Kittelberger mit dieser Aufgabe zu
betrauen, der dann auch einen Bericht für das
Jahrbuch verfasste.5 4 1
Über diesen Münzschatzfund referierte Anton
Frommelt anlässlich der Jahresversammlung 1931
in Schellenberg. 5 4 2 Teile des Münzschatzfundes
konnten kurz darauf auch an der Liechtenstei-
nischen Landesausstellung von 1934 in Vaduz ge-
zeigt werden. 5 4 3
Rund ein Viertel des aufgefundenen Münzbe-
standes gelangte in Privatbesitz. Der gesamte
Umfang des Schellenberger Münzschatzfundes
konnte folglich erst vor wenigen Jahren erfasst und
bestimmt werden. 5 4 4
Mit der ausführlichen Darstellung dieses Ge-
samtbestandes, erarbeitet von Daniel Schmutz,
präsentierte und würdigte der Historische Verein
im Jahrbuch Band 99 erstmals den Münzschatz-
fund vollständig in Wort und B i l d . 5 4 5 Der Schellen-
berger Münzfund ist ein ausgesprochener Misch-
fund von hohem Wert, ein Hinweis auf regen Han-
del und Verkehr. Er erlaubt zudem interessante
Einblicke in die Währungsverhältnisse im Alpen-
rheintal des 14. und frühen 15. Jahrhunderts. 5 4 6
VADUZER MÜNZSCHATZFUND
Von noch grösserer Bedeutung als der Schellen-
berger Münzschatzfund ist indessen der Vaduzer
Münzschatzfund, der 1957 gemacht wurde:
«Am 17. März 1957 entdeckten Kinder auf einer
Baustelle in der Flur Schwefel in Vaduz, neben dem
Neubau des Hauses von Oskar Gassner, mehrere
533) Georg Malin: Ausgrabungen auf dem Kirchhügel Bendern. In:
helvetia archaeologica. Heft Nr. 34/36. Basel/Zürich, 1978.
S. 223-234.
534) Siehe auch Samuel Jenny: Römische Villa bei Nendeln. In:
JBL 3 (1903), S. 189-204.
535) Georg Malin: Römerzeit l icher Gutshof in Nendeln. In: JBL 75
(1975), S. 1-140; ebenso Anhang I von Hugo VV. Doppler: Die Mün-
zen aus der Grabung Nendeln, römischer Gutshof. In: JBL 75 (1975).
S. 141-143.
536) Protokoll der Vorstandssitzimg vom 9. Februar 1977.
5371 Protokolle der Vorstandssitzungen vom 19. November 1979
sowie vom 13. Februar 1 980. - Der Historische Verein war mit
Georg Malin in dieser Kommission vertreten.
538) Protokoll der Vorstandssitzung vom 5. November 1980.
539) Protokoll der Vorstandssitzung vom 19. Oktober 1981.
540) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 17. November 1931.
541) Ebenda. Vgl. auch Karl Kittelberger: Der Schellenberger
Münzschatzfund. In: JBL 31 (1931), S. 113-145.
542) Protokoll der Jahresversammlung vom 4. Oktober 1931 in
Schellenberg.
5431 Vgl. Ausführungen auf S. 88.
544) Daniel Schmutz: Der Münzschatzfund vom «Schellenberger
Wald», vergraben nach 1460. In: JBL 99 (2000). S. 37-138.
545) Ebenda.
546) Ebenda. S. 68.
117
Forschen und Publizieren
Goldmünzen und einige <ßlechlein>. Ohne deren Be-
deutung zu erkennen, spielten sie damit, nahmen
eine Anzahl mit nach Hause und verloren andere
wieder. Erst als der Schüler Hans Ospelt andern-
tags dem Lehrer einen Gefässboden und 82 Mün-
zen zeigte, erkannte dieser, dass die Kinder einen
Münzschatz entdeckt hatten, und. verständigte so-
fort den Lehrer und Archäologen David Beck, der
zu diesem Zeitpunkt auch Präsident des Histori-
schen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein
war».547
David Beck suchte daraufhin mit dem Schüler Hans
Ospelt und weiteren Helfern die Fundstelle ab. Sie
lasen im Laufe des Tages 2 095 Pfennige (Brak-
teaten), 23 Goldmünzen und 153 zweiseitige Sil-
bermünzen zusammen. Insgesamt konnten 2 432
Geldstücke geborgen werden. Beck meldete den
Münzfund sofort der Regierung, unterbreitete den
Schatz dem Konservator des Münzkabinetts am
Schweizerischen Landesmuseum in Zürich, Diet-
rich Schwarz, zur Begutachtung. Anfangs April
1957 übernahm ihn Anton Frommelt zur weiteren
Bearbeitung. Ein Grossteil der Münzen wurde in
der Zeit zwischen 1290 und 1335 geprägt . 5 4 8
Gemäss dem seit 1944 geltenden Denkmal-
schutzgesetz ging der Vaduzer Münzschatz in den
Besitz des Landes Liechtenstein über. Dieses
«Schlüsseldokument für die Münz- und Geldge-
schichte des Alpenrheintals» 5 4 9 wurde dem Histo-
rischen Verein zur Ausstellung im Landesmuseum
übergeben.
J A H R B U C H DES HISTORISCHEN VEREINS
FÜR DAS FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN
Das in den Statuten formulierte Ziel des Histori-
schen Vereins, «die vaterländische Geschichtskun-
de zu fördern», sollte erreicht werden durch die
Herausgabe eines «historischen Jahrbuches», das
folgenden Inhalt haben sollte: «Die Protokolle
über die Verhandlungen des Vereines», «grössere
und kleinere Aufsätze über die ältere, neuere
und neueste Geschichte des Landes und einzelner
liechtensteinischer Gemeinden» sowie «eine thun-
lichst vollständige Sammlung aller noch vorhande-
nen, unser Land und unsere Gemeinden betreffen-
den wichtigeren Urkunden von den ältesten Zeiten
a n . » 5 5 0 In den revidierten Statuten von 1912 - nun
«Satzungen» genannt - wurde ergänzt, dass das
vom Verein herausgegebene Jahrbuch auch Be-
richte über archäologische Funde und Erwerbun-
gen enthalten sollte. 5 5 1
Berichte über archäologische Funde und For-
schungsergebnisse sind denn auch zahlreich in
den Jahrbüchern zu finden. In der Pionierzeit der
Ausgrabungstätigkeit - im Zeitraum von 1930 bis
zirka 1960 - wurden Ausgrabungsberichte in der
Regel im Jahrbuch desselben Jahres, in dem die
jeweilige Ausgrabung stattfand, veröffentlicht. Die
Berichte erschienen also ziemlich bald, es waren
gleichermassen auch erweiterte Jahres- und Tätig-
keitsberichte des Vereins. Da die Auswertung von
Ausgrabungen aber zunehmend komplexer wurde
und nicht immer geeignete Fachleute für diese Ar-
beit zur Verfügung standen, dauerte es in späteren
Jahren manchmal länger bis ausführliche Berichte
im Jahrbuch erschienen. Auf manche Auswertungs-
berichte zu älteren Ausgrabungen - zmn Beispiel
zur Grabung beim römischen Kastell in Schaan -
warten wir auch heute noch im Jahr 2001.
Mit der statutarisch gewünschten Urkunden-
publikation begann der Historische Verein ab dem
Jahrbuch Band 42 (1942). Die einzelnen Lieferun-
gen des Urkundenbuches waren vorerst als An-
hang dem Jahrbuch beigeheftet. Infolge der For-
matänderung des Jahrbuches - ab Band 88 (1990)
- wurde entschieden, dass das Urkundenbuch ins-
118
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / K L A U S B I E D E R M A N N
^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ n
2 0
künftig als eigene, vom Jahrbuch losgelöste Publi-
kation erscheinen solle. 5 5 2
Eine überblicksmässige Darstellung und Wür-
digung der «Aufsätze über die ältere, neuere und
neueste Geschichte des Landes und einzelner liech-
tensteinischer Gemeinden» in den ersten 100 Bän-
den des Jahrbuches wird gegenwärtig erarbeitet.5 5 3
Die Jahrbücher von Band 1 bis und mit Band 18
wurden in der Druckerei J. Kuhn in Buchs-Werden-
berg hergestellt. Die Firma Ludwig Sausgruber in
Feldkirch druckte die Jahrbücher Band 19 bis und
mit Band 21. Für Band 22 und 23 fehlt die Angabe
Der Vorarlberger A l t -Lan -
desarchivar Viktor Kleiner
bedankt sich 1946 beim
Vereinsvorsitzenden Josef
Ospelt fü r die Zusendung
des Jahrbuches Band 45:
«Kein s c h ö n e r e s Neujahrs
G e s c h e n k » hä t t e ihm der
Verein machen k ö n n e n !
Das Jahrbuch, so Viktor
Kleiner, sei zudem «de r
beste Beweis f ü r die ziel-
bewusste und unverdros-
sene Arbei t des Vere ins» .
547) Schilderung der Auffindung des Vaduzer Münzscha tz fundes bei
Benedikt Zäch: Der Vaduzer Münzschatzfund als Quelle zum Geld-
umlauf im 14. Jahrhundert. In: «1342». Zeugen des späten Mittelal-
ters. Festschrift «650 Jahre Grafschaft Vaduz». Hrsg. von Hansjörg
Frommelt im Auftrag des Liechtensteinischen Landesmuseums.
Vaduz, 1992, S. 114-139.
548) Ebenda, S. 115 f. und S. 122.
549) Ebenda, S. 132.
550) JBL 1 (1901), S. 272. Statuten von 1901, Paragraph 2.
551) Vgl. dazu auch die Ausführungen im Kapitel «Zielsetzungen
und Aufbau», S. 35.
552) Zum Urkundenbuch siehe auch Ausführungen auf S. 123-129.
553) Der entsprechende Aufsatz soll in einem der nächs ten Jahr-
bücher erscheinen.
119
Die ersten 99 J a h r b ü c h e r
des Historischen Vereins
fü r das F ü r s t e n t u m Liech-
tenstein
der Produktionsfirma; ab Band 24 wurde das Jahr-
buch bei der Druckerei Fr. Kaiser in Vaduz ge-
druckt. Geschäftsnachfolger der Druckerei Kaiser
wurde in den 1930er Jahren Ulrich Goppel.
Die Produktion des Jahrbuches in derselben
Druckerei, in der auch der nationalsozialistische
«Umbruch» produziert wurde, veranlasste den
Verein 1941 zum Handeln: «Aufgrund des Erschei-
nens des <Umbruch> in der Druckerei Goppel und
veranlasst durch verschiedene Beschwerden von-
seiten der Mitglieder wird nach Erledigung des
diesjährigen Jahrbuches und nach Bereinigung der
Rechnung sämtliches Material des Vereins von dort
zurückgezogen». 5 5 4
Ab Band 41 war die Druckerei Lorenz Hilty in
Schaan für die Jahrbuch-Produktion verantwort-
l i ch . 5 5 5 Sie behielt diesen Auftrag bis und mit Band
85. Nach einer Neuausschreibung im Offertverfah-
ren erhielt die Druckerei Gutenberg in Schaan den
Auftrag für den Druck des Jahrbuches. Die Jahr-
bücher Band 95 bis und mit Band 100 hat wieder-
um die Druckerei Hilty hergestellt.
Die Auflage des Jahrbuches betrug in den ersten
zwei Jahrzehnten rund 300 Stück. Sie stieg parallel
zur Entwicklung der Mitgliederzahlen auf 700 Ex-
emplare in den späten 1950er Jahren an. 5 5 6 Bereits
in den 1960er Jahren erreichte die Jahrbuch-Auf-
lage die heutige Zahl von 1100 Exemplaren. 5 5 7
Die Firma Kraus-Thomson in Nendeln stellte
1973 Nachdrucke der Jahrbücher Band 1 bis Band
54 her. Von den älteren Jahrgängen waren kaum
noch Jahrbücher vorrätig gewesen. Für diese Re-
print-Ausgaben, die sowohl in einer gebundenen
wie auch in einer kostengünstigeren broschierten
Form hergestellt wurden, genehmigte die Regie-
rung ein Darlehen, 5 5 8 das vom Verein später mit
den Einnahmen aus den Buchverkäufen wieder
zurückbezahlt werden konnte. 5 5 9
Die Jahrbuch-Redaktion hatte jeweils der Ver-
einsvorsitzende inne, bis 1985 beschlossen wurde,
ein anderes Vorstandsmitglied mit dieser Aufgabe
zu betrauen. Gemäss einstimmigem Beschluss des
Vereinsvorstandes übernahm Robert Allgäuer - be-
ginnend mit Band 85 - die Redaktion des Jahrbu-
ches. 5 0 0 Allgäuer übte diese redaktionelle Tätigkeit
bis und mit Band 94 (1997) aus. Seither nimmt der
Geschäftsführer des Historischen Vereins, Klaus
Biedermann, die Jahrbuch-Redaktion wahr.
Das erste Jahrbuch kam noch gänzlich ohne Be-
bilderung aus, ab Band 2 gab es dann spärliche
Illustrationen, meist in Form von Graphiken; vor-
erst wurden kaum Fotos abgedruckt. Fotos waren
damals eine recht teure Angelegenheit. So wurden
1905 für den Druck des Jahrbuches 745.75 Kronen
aufgewendet, zusätzlich kamen aber noch 48.71
Kronen hinzu für die beiden Caches zu den Bildern
von Kaiser und von Hausen. 5 6 1
Das Jahrbuch Band 8 erschien in Würdigung
des 50. Jahrestages seit dem Amtsantritt von Fürst
Johann II. als «Fürsten-Jubiläums-Ausgabe» in
einer besonderen Ausstattung. Der Würdigungs-
bericht von Karl von In der Maur wurde illustriert
554) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 5. Februar 1941.
555) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 16. Oktober 1941.
556) Protokoll der Vorstandssitzung vom 12. Dezember 1958.
557) Für Band 66 (1967) wurde die Auflage auf 1 100 Stück
festgesetzt.
558) Protokoll der Vorstandssitzung vom 21. Februar 1973.
559) Protokoll der Vorstandssitzung vom 24. Juli 1974. - Vgl. auch
Jahresrechnungen des Historischen Vereins in den jeweiligen
J ah rbüche rn .
560) Protokoll der Vorstandssitzung vom 11. Apr i l 1986.
561) JBL 6 (1906), Vereinschronik, S. 156.
120
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
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121
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((Eingef.) Das 45. 3a6tBud> bes 6iFtoriJ4en 9?er*
eins in 93abus i>at aueb bieFes 3abr angenebm übet»
rafebt. (Es iFt etn Ftattlieber 33anb. ber Diel Arbei t
aetoHet bat unb F i * leben laFlen batf.
(Eine bebeutenbe Sunbgrube fü r ieben Ororfcber ift
bie im Slnbang bes SSucbes ettebienene bii t te 5ort=
fefeung be» liecbtenfteinifcben Urfunbenbuebes oon fii*
jentiat yfions bettet, eine a3eröffentltcbung oon Ur«
tunben tn ejtenfo aus bem Icbtoer äugänglicben bi=
fcbofltcben Sitebio in (Ebur. 8 ü r bie ßofalgetcbicbte
pon befonberet SBebeutung febeint Urfunbe 5?r. 150.
battert S e l b t i r * 7. SDcärs 1394, ju lein. £>ans SR u n g
Jon SKuggell, SBürger äu Öelbtitcb. unb lein Sobn
vetmontt; oettoufen Sans Soblet einen 3ins . Die
jJiogltcbfeit. ba6 bet Ortsname 5R u g g e I f oon bem
Bamiliennamen I R u g g abgeleitet rourbe. Idjetnt niebt
ausgelebloFFen ju (Sin, roie bies bei bem Ortsnamen
2/fauten, oon bem SRomane ÜJiautus (9. 3abtbun=
bett) be t t üb t enb , bet S a l i ijt.
ßeiebt oetFtänblicb unb Feit ausfübt l icb . begleitet
pon otelen 3eicbnungen unb moblgelungenen £itbt=
bi lbem. benebtet Sßrofeffor D t . fönt! 33ogt aus 3ü=
rieb, bet etnen l e i l bet Ausgrabungen FelbFt leitete,
über bie lefetiäbtigen SlusgrabungsergebniFte auf
bem ßueengü t l e bet (Efcben. Dabutcb tft aueb bem
Sßolfe ©elegenbeit geboten, Fieb über ben S i n n unb
3toeef ber Ausgrabungen äu orientieren. Die Ur=
geFcbtcbte ober w ä b i l t o t i e bes ß a n b e s . unter ber mir
bie alteren unb älteFten Abfchnitte bet 9Tieni<bbeits=
gefcbicbte unb ibter Ä u l t u t e n oerFteben. fanb bie=
burd) toieber eine toeitere ^Bereicherung; es finb bas
iene meit oor aller ©efctjicbte im gebtäuchlicben Sinne
bes SBortes liegenben Srübsei ten . über bie uns
feine Fchriftlicben SBertcbte Äunbe geben.
Der ajfaurer SBürger D r . Kuoert b i t te r bat es
oerftanben. unter bem l i t e l „Die Wrunbbauten in
äJcauren ' bie ßeibensgefebiebte bes Warrbof* unb
Äird jenbaues oon SJlauren su Triamteren, über bie
gnnse SBänbe gelcbrieben roerben tonnten. (Ertoöb*
nensroert bü r j t e noeb (ein. bafe roäbrenb ben naoo*
leoniltben Är tegsro i r ren ber neu erbaute spfarrhof
in SUcauren ben Sransofen als Quart ier biente, f ü r
beten Snftallierung, SBeleucbtung unb Unterhalt bie
ffiemeinbe SWauren au Forgen hatte.
3um Scblufe Fei noch bie Atbett oon fürTtlicbem SRat
3oFef Dfoelt genannt. (Es banbelt Ficb um bie aus«
sugsroetle Abfehrift oon stoei 2anbammann=9{ecbnun*
gen oon 1718 bis 1727 fü r bie untere unb oon 1785
bis 1789 fü r bie obere »et r fcbaf t . bie fü r s mit einer
(Einleitung unb einem ScbluStoott oerleben finb. ÜBte
ich aus angebrachten Sufmoten au erleben oermoebte,
lebeint bem SBerfafler ber Ausbrucf „mit Discretion
beaablt" niebt geläufig su Fein, toas nichts anberes
bet&en Fotlte, a ls „nacb ^Beliehen beaablt . Die 3ei»
ten finb auch ootüber , ba in guten Sßeinfahren in
3rtantreicn Afficben oor ben SReltautants hingen mit
ber Auffcbrif t : „*Pour 10 Sous oin ä biscretion".
roet aber biete noeb 8u „burcbtoFten" oermoebte. toeifj
beFttmmt beute not», toas „4 biscretion" beifjt.
Das SBerbtenFt. bog bie in ben leetgenannten sroei
arbeiten jitierten Stentamtstecbnungen, 33etb,b'tDro=
tofolle ufto. bem beutigen Sptlcber leimt äugeinglicb
gemaebt rourben, gebort vforr^SReRgnat f j t i b o l i n
Xtcbugmetl i n IrleFen. ber alle biete Slrcbioalien aus
olelen SBinleln. roobin Tie buraV ben umsug oom
alten inegietungsgebäube in ben ÜReubau (1905) MU
Ftreut rourben, äuiammengefucbt unb eingeorbnet bat.
ffi. SOiatt.
Besprechung des Jahrbu-
ches Band 45 im «Werden -
berger und Obertoggenbur-
ger» , Buchs, 18. Januar
1946
durch Bildtafeln von allen bisher regierenden
Fürsten sowie von zwei wichtigen Stammvätern. 5 6 2
Im Folgenden seien noch weitere Aspekte zum In-
halt und zur Gestalt des Jahrbuches erwähnt.
Grundsätzlich arbeiteten (und arbeiten) die Jahr-
buch-Autorinnen und Autoren ehrenamtlich. Klei-
ne Honorare werden aber für die an den Jahres-
versammlungen gehaltenen Referate, die später im
Jahrbuch erscheinen können, bezahlt.
Hofkaplan Alfons Feger warf 1928 die Frage auf,
ob der Beitrag zum 70. Regierungsjubiläum des
Fürsten Johann II. namentlich gekennzeichnet
werden müsse. Im Vereinsausschuss herrschte dies-
bezüglich die Meinung, dass bei sämtlichen Jahr-
buch-Artikeln die Autorschaft klar erkennbar sein
müsse . 5 6 3
Robert Allgäuer schlug 1987 vor, im Jahrbuch
inskünftig Buchbesprechungen zu Publikationen
über Liechtenstein und Umgebung zu veröffentli-
chen. Damit griff er eine alte Idee aus dem Jahr
1915 wieder auf. Damals hatte Oberlehrer Alfons
Feger erstmals Buchbesprechungen im Jahrbuch
veröffentlicht, die unter dem Titel «Literaturschau
1907-1914» erschienen. 5 6 4 Allgäuers Vorschlag
wurde vom Vereinsvorstand grundsätzlich be-
grüsst, es wurde jedoch Wert auf eine Kontinuität
dieser Besprechungen gelegt. Der Vereinsvorsit-
zende Alois Ospelt bemerkte in diesem Zusammen-
hang, dass im Jahrbuch unbedingt der Vermerk
vorhanden sein sollte, dass die jeweiligen Autorin-
nen und Autoren für den Inhalt ihrer Beiträge ver-
antwortlich seien. 5 6 5
Aufgrund zahlreicher Anregungen und Wün-
sche wurden schliesslich Ende der 1980er Jahre
Format und Erscheinungsbild des Jahrbuches
geändert. Als Vorbild für das neue A-4-Format
diente das Jahrbuch des Bernischen Historischen
Museums. 5 6 6 Zudem wollte der Vereinsvorstand
auch eine lesbarere und lebendigere Gestaltung für
das Jahrbuch finden. Robert Allgäuer war Initiant
dieser neuen Jahrbuch-Gestaltung, die von der
Graphikerin Silvia Ruppen ab Band 88 (1990) pro-
fessionell umgesetzt wird.
122
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS BIEDERMANN
URKUNDENBUCH
An der Jahresversammlung vom 26. Juli 1903 hielt
Albert Schädler einen Vortrag «über den Inhalt der
in unseren Gemeinde- und Genossenschaftsarchi-
ven befindlichen Urkunden». 5 1 ' 7 In der anschlies-
senden Diskussion betonte Karl von In der Maur
die Wichtigkeit solcher Gemeindeurkunden und
«[hielt] es für zweckdienlich, dass die interessan-
teren derselben nach und nach in unserem Jahr-
buche veröffentlicht werden» . 5 6 8
ZUSAMMENARBEIT MIT VORARLBERG
Auf Antrag von Adolf Helbok erging seitens des
Vorarlberger Landesmuseums-Vereins eine Einla-
dung an den Historischen Verein für das Fürsten-
tum Liechtenstein mit dem Vorschlag, eine histo-
rische Kommission zu gründen. Aufgabe dieser
Kommission wäre es, die Herausgabe eines ge-
meinsamen vorarlbergisch-liechtensteinischen Ur-
kundenbuches zu prüfen. Der Historische Verein in
Liechtenstein unterstützte diesen Vorschlag und
delegierte Johann Baptist Büchel als Kommissions-
mitglied. Am 3. Februar 1915 traf sich die Kom-
mission erstmals in Feldkirch. An dieser Sitzung,
an welcher auch der Vereinsvorsitzende Albert
Schädler teilnahm, berichtete Adolf Helbok über
die historische Quellenlage. Das Quellenmaterial
sollte nach einheitlichen Grundsätzen bearbeitet
und der Forschung zugänglich gemacht werden.
Nach dem Stand der bereits begonnenen Arbeiten
wäre es möglich, bald schon die Regesten des er-
sten Bandes der «Quellen zur Geschichte des Lan-
des Vorarlberg und des Fürstentums Liechten-
stein» zu publizieren. Dieser erste Band würde den
Zeitraum bis 1300 abdecken. Das Projekt wurde im
Jahresbericht 1914 vorgestellt und mit guten Wün-
schen begleitet: «Möge das Unternehmen, das auch
für die Geschichtsforschung unseres Landes von
weitgehender Bedeutung ist, rührig voranschreiten
und von glücklichem Erfolge begleitet se in». 5 6 9
Gemäss den 1917 angenommenen Statuten
gehörte es zur Aufgabe dieser gemeinsamen Kom-
mission, die Vergangenheit von Vorarlberg und
Liechtenstein in planmässiger Weise zu erforschen,
sich hierzu der jeweiligen zeitgemässen For-
schungsmethoden zu bedienen und alle in den bei-
den Ländern befindlichen und geeigneten Hilfs-
kräfte zu diesem Zweck heranzuziehen. Die Kom-
missionsveröffentlichungen sollten erscheinen un-
ter dem Titel «Quellen und Forschungen zur
Geschichte des Landes Vorarlberg und des Fürsten-
tums Liechtenstein». 5 7 0 An der Jahresversammlung
des Historischen Vereins 1917 betonte Johann
Baptist Büchel die Wichtigkeit der neugeschaffenen
Kommission sowie den enormen Stellenwert der
geplanten Publikationen für die Historiographie in
Liechtenstein, «zumal ... uns Urkunden aus alter
Zeit (vor 1300) meist fehlen und das Aufsuchen
einschlägiger Urkunden in den verschiedenen oft
weit entlegenen Archiven ... nur mit grosser Mühe
und Kosten durchgeführt werden kann» . 5 7 1
An der Jahresversammlung von 1920 würdigte
der Vereinsvorsitzende Josef Ospelt das bisherige
Wirken der Historischen Kommission für Vorarl-
berg und Liechtenstein. Dieselbe habe bereits vor
kurzem einen Teil des grossen Regestenwerkes von
Vorarlberg und Liechtenstein herausgegeben: «In
demselben finden wir in sehr schöner Ausstattung
562) Karl von Liechtenstein (* 1569: t 1627) und Gundaker von
Liechtenstein (* 1580; t 1658). Unter Karl von Liechtenstein wurde
das Geschlecht der Liechtensteiner 1608 in den Reichsfürs tens tand
erhoben, Gundaker von Liechtenstein ist der Stammvater der
heutigen regierenden Linie des Hauses Liechtenstein.
563) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 6. September 1928.
564) JBL 15 (1915). S. 108-127.
565) Protokoll der Vorstandssitzung vom 3. Juli 1987.
566) Protokoll der Vorstandssitzung vom 15. Februar 1989.
567) JBL. 3 (1903), Vereinschronik. S. 209.
568) Ebenda, S. 209 f.
569) JBL 14 (1914), Vereinschronik. S. 149.
570) Der Kommission gehör ten folgende Personen an: Dr. Adolf
Helbok, Bregenz. (Vorsitz); Dr. Haid, Abt des Klosters Mehrerau; P.
Josef Fischer, Feldkirch; Viktor Kleiner, Landesarchivar in Bregenz
(Schrif t führer und Kassier), sowie von liechtensteinischer Seite
Johann Baptist Büchel und Dr. Albert Schädler.
57 I) JBL 17 (1917), Vereinschronik, S. 125.
123
Fridol in Tschugmell
(1896-1981) ordnete
mehrere Archive in Liech-
tenstein und machte sich
einen Namen als Famil ien-
forscher. Infolge seiner
d iesbezüg l i chen Verdiens-
te wurde er 1969 Ehren-
mitglied des Historischen
Vereins. Das Bi ld zeigt den
katholischen Geistlichen
Fr idol in Tschugmell vor
der Kapelle in Steg, in
welcher er jahrelang den
Gottesdienst hielt.
die Regesten über die ältesten Urkunden vom Jah-
re 741 bis zum Jahr 1000. Die Einleitung des
grosszügig angelegten Werkes enthalte zwei mus-
tergültige Exkurse über die Formen und Sprache
der rätoromanischen Urkunde. Die Arbeiten der
historischen Kommission seien auch für uns von
besonderer Bedeutung, denn sie erleichtern und
fördern die Erforschung der älteren Vergangenheit
am gründlichsten». 5 7 2 Josef Ospelt selbst wurde im
Jahr 1920 Kommissionsmitglied. 5 7 3
An der Jahresversammlung 1925 wurde berich-
tet, dass die Historische Kommission für Vorarl-
berg und Liechtenstein beabsichtige, die Urbare
Vorarlbergs und Liechtensteins zu veröffentlichen.
Ein Gesuch der Kommission um finanzielle Unter-
stützung wurde von der Jahresversammlung ge-
nehmigt. Es wurde dem Vorstand überlassen, über
die Höhe der Unterstützungssumme zu entschei-
den. 5 7 4 Eugen Nipp wurde 1925 - neben Josef
Ospelt - als weiterer Vertreter des Historischen
Vereins in die Historische Kommission für Vorarl-
berg und Liechtenstein gewählt . 5 7 5
An der Jahresversammlung 1926 wurde zur
Kenntnis gebracht, das Egon Rheinberger als drit-
tes liechtensteinisches Mitglied in die Historische
Kommission gewählt wurde. 5 7 6 Die von der Kom-
mission vorbereitete Edition der Regesten von
Vorarlberg und Liechtenstein sollte durch die Ver-
öffentlichung der photographierten Urkunden er-
weitert werden. 5 7 7
Das Land Liechtenstein gewährte 1933 eine
Subvention von 150 Franken für die Historische
Kommission für Vorarlberg und Liechtenstein,
«falls der zweite Band der Regesten herauskommt
[und weil] der Konservator Hild uns bei den Aus-
grabungen so zur Seite s teht» . 5 7 8 Doch die Kommis-
sion, sicher bedingt auch durch die weitere poli-
tische Entwicklung in Vorarlberg, konnte keine
weiteren Publikationen mehr realisieren und stellte
in der Folge ihre Tätigkeit ein.
124
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
URKUNDENSAMMLUNG UND -ARCHIVIERUNG
Der Vereinsvorsitzende Johann Baptist Büchel hat-
te bereits an der Jahresversammlung vom 12. Ok-
tober 1924 in Balzers den Wert von Urkunden be-
tont und auf die Wichtigkeit der sicheren Auf-
bewahrung dieser Schriftstücke hingewiesen. 5 7 9 In
diesem Sinne setzte sich der Historische Verein
immer wieder für eine professionelle Archivierung,
Erfassung und Aufarbeitung von Urkunden ein.
Vorstandsmitglied Gabriel Hiener machte an-
lässlich der Ausschuss-Sitzung vom 7. März 1928
darauf aufmerksam, dass im Regierungsarchiv
jene Urkundenreste vorhanden seien, die bei der
Schlossrestaurierung anfangs des 20. Jahrhun-
derts von Egon Rheinberger aus dem Schutt geret-
tet und sorgfältig restauriert worden seien. Diese
Urkundenreste würden zum Teil interessante kul-
turhistorische Daten enthalten: «Es wäre [deshalb]
bei Gelegenheit zu trachten, diese Urkunden zu be-
arbeiten und die Regierung allenfalls zur Überlas-
sung an den Historischen Verein zu ersuchen». 5 8 0
An der Ausschuss-Sitzung vom 30. Januar 1929
wurde die Frage diskutiert, ob nicht die älteren
Bestände des Regierungsarchivs besser registriert
werden sollten. Dabei regte Gabriel Hiener an, die
bei der Schlossrestaurierung aufgefundenen Ur-
kunden für die Publikation im Jahrbuch zu verwen-
den. Diese Anregung wurde einhellig begrüsst und
Gabriel Hiener wurde ersucht, sich dieser Sache
anzunehmen. 5 8 1
Im Mai 1929 schlug der Ausschuss des Histo-
rischen Vereins zudem vor, die für die liechtenstei-
nische Landesgeschichte wichtigen Urkunden und
Quellen aus Archiven in Frankfurt, Stuttgart, Karls-
ruhe, Zürich und anderen Orten einzusehen und
auszuwerten. 5 8 2
In einem Schreiben an die Regierung wies der
Historische Verein 1936/37 darauf hin, dass die
liechtensteinischen Pfarrarchive geordnet und bes-
ser untergebracht werden sollten. Die Regierung
nahm sodann mit dem bischöflichen Ordinariat in
Chur Kontakt auf. Mit der Ordnung der Pfarrarchi-
ve wurde Fridolin Tschugmell beauftragt. Hierfür
genehmigte der Landtag einen Kredit in Höhe von
4 000 Franken. 5 8 3 Fridolin Tschugmell konnte diese
Arbeit bereits im Jahre 1938 abschliessen. 5 8 4
Gemäss Vorstandsbeschluss wurde zudem die Sich-
tung und Ordnung der Gemeindearchive angeregt,
soweit dies noch nicht geschehen war. 5 8 5 Die Regie-
rung betraute 1939 ebenfalls Fridolin Tschugmell
mit dieser Aufgabe. 5 8 6
Der Vereinsvorsitzende Josef Ospelt hatte 1929
mit Regierungschef Hoop darüber gesprochen,
dass zum Ordnen des Regierungsarchivs eine
geeignete Person im Nebenamt angestellt werden
sollte. 5 8 7 Gerard Batliner bemängelte noch an der
Jahresversammlung 1955 die Verhältnisse im
Regierungsarchiv. Der Historische Verein «sollte
einschreiten» zur Bestellung eines verantwortli-
chen Archivars. 5 8 8
Interessierte an der Förderung einer Landes-
bibliothek 5 8 9 strebten 1958 die Einsetzung eines
Landesarchivars und -bibliothekars an. Der Ver-
einsvorstand beschloss, in dieser Sache in befür-
572) JBL 20 0920), Vereinschronik. S. 85.
573) JBL 21 (1921), Vereinschronik, S. 134.
574) JBL 25 (1925), Vereinschronik, S. 128.
575) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 27. Juli 1925.
576) JBL 26 (1926), Vereinschronik, S. 136.
577) Ebenda.
578) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 22. März 1932.
579) JBL 24 (1924), Vereinschronik, S. 116.
580) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 7. März 1928.
581) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 30. Januar 1929.
582) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 13. Mai 1929.
583) JBL 37 (1937). Vereinschronik, S. 178.
584) JBL 38 (1938), Vereinschronik. S. 153.
585) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 4. November 1938.
586) JBL 39 (1939). Vereinschronik, S. 121.
587) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 7. August 1929.
588) Protokoll der Jahresversammlung vom 1.3. November 1955.
589) Es hatte sich 1956 ein diesbezügliches Initiativkomitee gebildet,
dem folgende Personen angehör ten : Hilmar Ospelt, Edwin Nutt,
Arthur Vogt, Herbert Hartmann und Walter Oehry; vgl. LVolksblatt,
27. September 1956.
125
fiiftorifchec Oeroin
f ü r Oos S ü c f t e n t u m l iert i tcnftein
Öabus, am
Franz Perret, der erste
Bearbeiter des Liechten-
steinischen Urkundenbu-
ches, wurde im Stunden-
lohn en t schäd ig t . Hier gibt
der Vereinsvorsitzende
Josef Ospelt im März 1943
Anweisung zur Auszah-
lung des vereinbarten
Honorars an Perret.
An
i-erra D a v i d 9 e ch , Lehrer,
Kassier des h i s t o r i s c h e n Vereins f.d.F.L.
V a d u z .
Wollen Sic
B e s c h u l
0rleuio4«
hochachtungsvoll
Der Vorsitzende des h i s t o r i s c h e n Vereins
für das Fürstentum Liechtenstein:
wortendem Sinn an die Regierung zu gelangen. 5 9 0
Schliesslich konnte 1961 die Liechtensteinische
Landesbibliothek eröffnet und in der Person von
Robert Allgäuer ein erster Landesbibliothekar und
-archivar bestellt werden. 5 9 1
LIECHTENSTEINISCHES URKUNDENBUCH
Anlässlich der Beratungen für den Landesvoran-
schlag für 1934 hatte der Landtagsabgeordnete Dr.
Wilhelm Beck die Anregung gemacht, einen Kredit
für die Veröffentlichung von wichtigen alten Akten,
die Geschichte Liechtensteins betreffend, zu be-
willigen. Diese Landesakten sollten im Jahrbuch
des Historischen Vereins publiziert werden. 5 9 2 Dar-
aufhin fasste der Landtag den Beschluss, hierfür
den jährlichen Betrag von 750 Franken zur Ver-
fügung zu stellen. Zur weiteren Durchführung die-
ses Anliegens wurde eine Kommission gebildet,
bestehend aus Eugen Nipp, dem Vorarlberger Lan-
desarchivar Viktor Kleiner und dem Vorsitzenden
des Historischen Vereins, Josef Ospelt. 5 9 3
Weitere Schritte konnten noch nicht gemacht
werden, da die Kommissionsmitglieder wegen der
Landesausstellung stark in Anspruch genommen
waren. 5 9 4 Es wurde aber beschlossen, künftighin
im Jahrbuch des Vereins in Form eines Anhanges
Urkunden zu veröffentlichen. Dieser Anhang sollte
später dann auch als selbständige Veröffentli-
chung gestaltet werden. Zusätzliche finanzielle Mit-
tel erhoffte man sich von den Landes- und den
Gemeindebehörden. 5 9 5
Betreffend die Veröffentlichung von Urkunden
wollte der Historische Verein 1935 nochmals mit
Regierungsrat und Landesarchivar Viktor Kleiner
in Verbindung treten. 5 9 6 «Die Urkundenausgabe er-
fordert Geduld. Die notwendigen Besprechungen
fanden statt», hiess es an der Jahresversammlung
vom November 1935. 5 9 7 Mit der Veröffentlichung
von Landesurkunden sollte definitiv 1936 begon-
nen werden. 5 9 8 Betreffend die Sammlung und Editi-
on von Urkunden beschloss der Vereinsausschuss
am 28. Oktober 1936 zudem die Kontaktaufnahme
mit Meinrad Tiefenthaler. 5 9 9
Die Veröffentlichung wichtiger Urkunden zur
liechtensteinischen Geschichte rückte im Jahr 1938
ein Stück näher. In der Person von Meinrad Tie-
fenthaler vom Vorarlberger Landesarchiv in Bre-
genz konnte eine wichtige Kraft gewonnen werden,
die sich für dieses Anliegen einsetzte.6 0 0
Durch Vermittlung der Fürstlichen Regierung
konnte der Vereinsvorsitzende Josef Ospelt vom 28.
August bis 3. September 1937 am VIII. Internatio-
nalen Kongress für Geschichtswissenschaft in
Zürich teilnehmen. An diese Tagung hatten zahl-
reiche Staaten ihre Vertreter geschickt, «ebenso
universell waren auch vielfach die behandelten
Themen aus den verschiedensten Zweigen der
Geschichtswissenschaft und deren Hilfswissen-
126
1901 BIS 2001: DIE E R S T E N HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Schäften. - Der Vertreter Liechtensteins benützte
mit Erfolg die Gelegenheit, im Staatsarchiv in
Zürich nach Urkunden über unser Land sich umzu-
sehen». 6 0 1
An der Ausschuss-Sitzung vom 5. Februar 1941
wurde beschlossen, an den St. Galler Stiftsarchivar
Franz Perret heranzutreten. Dieser solle «die ihm
in Chur in die Hände fallenden Urkunden» zur liech-
tensteinischen Geschichte «für uns bearbei ten». 6 0 2
In den darauffolgenden Jahren sichtete Perret das
bischöfliche Archiv in Chur. 6 0 3
Franz Perret schlug daraufhin vor, das Urkun-
denbuch in folgenden Teilen zu bearbeiten und zu
veröffentlichen: 1. Band: Urkunden aus Chur bis
1416, Urkunden aus St. Gallen bis 1416; 2. Band:
Chur nach 1416 sowie St. Gallen nach 1416. Dar-
aufhin sollten die Ergebnisse aus anderen Archiven
(z. B. Zürcher Archiv sowie Gemeindearchive) in
Buchform präsentiert werden. 6 0 4
In einer Eingabe an die Regierung vom 23. No-
vember 1948 nahm der Historische Verein wie folgt
Stellung zum Urkundenbuch:
«Für die Behandlung des Urkundenmaterials sind
wir in besonderer Weise angewiesen, die besten
Bearbeiter in Anspruch zu nehmen - wenn sie auch
in anderem Auftrag in den betreffenden Archiven
arbeiten; damit ersparen wir uns ganz wesentliche
Ausgaben für unsere Arbeit. Das ist in besonderer
Weise der Fall bei der derzeitigen Bearbeitung un-
seres Materials im Archiv in St. Gallen. Bei der An-
erkennung, die die Veröffentlichung der Urkunden
des ersten Bandes auch im Kreis der Behörden
gefunden hat, erübrigt es sich wohl, die Zweckmäs-
sigkeit der Weiterführung dieser Arbeit zu begrün-
den.»605
Für die Bearbeitung des Urkundenbuches ersuchte
der Historische Verein um einen jährlichen Beitrag
in Höhe von 2 500 Franken. Der Verein fuhr in sei-
nem Schreiben fort, dass gegenwärtig Franz Perret
in St. Gallen sowie Meinrad Tiefenthaler und Viktor
Kleiner in Bregenz für das Urkundenbuch arbeite-
ten und wies darauf hin: «Wenn auch diese Arbeit
nicht reichlich entlöhnt wird unsererseits, so ist sie
doch nicht unentgeltlich zuzumuten, weder einem
Vereinsmitglied noch viel weniger einem Ferner-
stehenden. Der Betrag kann nur so niedrig gehal-
ten werden, weil die genannten Herren <nebenamt-
lich> für uns arbei ten .» 6 0 6
Anlässlich einer Besprechung in Bregenz, an der
auch Josef Ospelt und David Beck teilnahmen,
erklärte Meinrad Tiefenthaler 1955, dass er seine
Mitarbeit am Liechtensteinischen Urkundenbuch
aus gesundheitlichen und beruflichen Gründen be-
enden müsse. Auch Franz Perret beendete 1955
seine Tätigkeit für das Urkundenbuch. 6 0 7 Der Vor-
arlberger Regierungsrat Elmar Grabherr, zugleich
Mitglied des Historischen Vereins für das Fürsten-
tum Liechtenstein, empfahl Professor Benedikt Bil-
geri zur weiteren Bearbeitung des Urkundenbu-
ches. Dieser sicherte 1958 dem Historischen Verein
590) Protokoll der Vorstandssitzung vom 18. Juni 1958.
591) Vgl. LVaterland und LVolksblatt, 21. November 1986: Beilage
zum 25-Jahr-Jubi läum der Lichtensteinischen Landesbibliothek.
592) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 10. Januar 1934.
593) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 25. Apr i l 1934.
594) Protokoll der Jahresversammlung vom 16. September 1934.
595) JBL 34 (1934). Vereinschronik, S. 139.
596) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 14. Juni 1935.
597) Protokoll der Jahresversammlung vom 3. November 1935.
598) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 10. Januar 1936.
599) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 28. Oktober 1936.
600) JBL .38 (1938), Vereinschronik. S. 153.
601) Ebenda.
602) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 5. Februar 1941.
603) JBL 44 (1944), Vereinschronik, S. 111.
604) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 7. Januar 1946.
605) Eingabe des Historischen Vereins an die Regierung, 23. Novem-
ber 1948.
606) Ebenda.
607) Vgl. Protokoll der Vorstandssitzung vom 5. Mai 1955. - Der St.
Galler Staatsarchivar Karl Schoenenberger hatte erklärt, dass eine
weitere Mitarbeit von Franz Perret am Liechtensteinischen Urkun-
denbuch problematisch sei, da dieser als fixbesoldeter Staatsbeam-
ter keine Nebenbeschäf t igungen mehr ü b e r n e h m e n dürfe .
127
Der Vorarlberger Arch iva r
und Professor Benedikt
Bilgeri arbeitete von 1958
bis 1993 f ü r das Liechten-
steinische Urkundenbuch;
auf Anfang 1998 wurde
der aus G r a u b ü n d e n stam-
mende Historiker Claudius
Gurt vom Historischen
Verein als Bearbeiter des
Liechtensteinischen Ur-
kundenbuches angestellt.
seine Mitwirkung zu und begann im selben Jahr
mit der Arbeit . 6 0 8 Benedikt Bilgeri setzte 1960 seine
Tätigkeit für das Urkundenbuch mit der Be-
arbeitung der Vorarlberger Archive fort. Nach sei-
nen Forschungen in Vorarlberger Archiven begann
Bilgeri 1961 bereits mit der Arbeit in den Inns-
brucker Archiven. 6 0 9 Es folgten bis 1993 Arbeiten
in weiteren Archiven, zunächst in Österreich und
in Deutschland, später - dazu ergänzend - auch in
der Schweiz. 6 1 0
Die Bearbeitung der Urkunden in liechtenstei-
nischen Archiven wurde 1962 an Georg Malin
übertragen. In diesem Zusammenhang befürwor-
tete der Vereinsvorstand eine Erhöhung des Stun-
denlohns für die Urkundenbearbeiter von acht auf
zwölf Franken. 6 1 1 Der von Georg Malin erarbeitete
Teil des Urkundenbuches umfasste 1965 rund 500
Seiten. Der Vereinsvorstand beschloss, diesen Teil
auf insgesamt fünf Jahrbücher zu verteilen. Bei den
Urbaren solle lediglich die kommentarlose Wieder-
gabe der Originaltexte erfolgen. 6 1 2
Wertvolle Arbeit in der Urkundenforschung
leistete 1961 auch Otto Seger, indem er aus ver-
schiedenen Archiven in Wien und aus dem Landes-
regierungsarchiv in Innsbruck bisher unerforsch-
tes Material zur liechtensteinischen Geschichts-
forschung in Photokopien und Mikrofilmaufnah-
men dem Historischen Verein zukommen liess. So
fand er in Innsbruck die alte Abschrift eines
Schutz- und Schirmbriefes von Kaiser Maximilian
vom 2. Mai 1505 und das Original der sogenannten
«Schlossöffnung» vom 3. Mai 1505. 6 1 3
Robert Allgäuer regte 1970 an, in Zukunft die
Drucklegung des Urkundenbuches vom Jahrbuch
getrennt vorzunehmen, um ein objektiveres Bild
von den Kosten des Jahrbuches zu erhalten. 6 1 4 Erst
mit der Neugestaltung des Jahrbuches ab Band 88
(1990) sollte diese Anregung verwirklicht werden.
Immerhin hatte der Vereinsvorstand bereits 1974
beschlossen, für das Jahrbuch und für das Urkun-
denbuch separate Rechnungen zu erstellen. 6 1 5
Für die Urkundendarstellung bis 1416 waren
insgesamt sechs Bände vorgesehen. Ein Zeitpunkt
für den Abschluss dieses sechsbändigen Werks war
1981 noch nicht absehbar. Archivar Alois Ospelt
128
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT JAHRE DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
vertrat die Ansicht, dass für die spätere Zeit die
Archive in Liechtenstein weitaus ergiebiger wären
und dass gerade bei Gemeindarchiven Gefahr von
Verlusten bestehe. Er schlug deshalb vor, das Lan-
desarchiv solle unabhängig vom Fortschritt des Ur-
kundenbuches Erhebungen vorbereiten. 6 1 6
Die Fortführung und die Herausgabe des Liech-
tensteinischen Urkundenbuchs blieb nach dem
überraschenden Tod von Benedikt Bilgeri 1993
vorerst stehen. Für die Weiterbearbeitung des
Werks konnte dann 1994 Professor Otto P. Clava-
detscher gewonnen werden. 6 1 7
Unter ihm wurde der I. Teil des Urkundenbu-
ches im Dezember 1996 abgeschlossen. Es ergab
eine stolze Reihe von sechs Bänden: Franz Perret
hatte Band 1 mit den Urkunden aus dem bischöfli-
chen Archiv Chur und aus dem Archiv der Abtei
Pfäfers in St. Gallen sowie Band 2 mit den
Urkunden aus den St. Galler Archiven bearbeitet.
Band 3 und Band 5 mit Urkunden aus Österreich
beziehungsweise aus Deutschland wurde von Be-
nedikt Bilgeri redigiert - zum Teil aufgrund der
Vorarbeiten Meinrad Tiefenthalers; Band 4 mit
Urkunden und Urbaren aus liechtensteinischen
Archiven besorgte Georg Malin und schliesslich
wurde Band 6 erarbeitet von Otto P. Clavadetscher
aufgrund von Vorarbeiten Benedikt Bilgeris. Dieser
abschliessende Band 6 enthält Urkunden aus bis-
her nicht erfassten Schweizer Archiven.
In seiner Sitzung vom 17. September 1997
gewährte der Landtag des Fürstentums Liechten-
stein mit grosser Mehrheit einen Verpflichtungs-
kredit in Höhe von 410 000 Franken für die Fort-
führung des Liechtensteinischen Urkundenbuchs.
Dies ermöglichte dem Historischen Verein auch die
Anstellung von Claudius Gurt ab 1. Januar 1998.
Claudius Gurt hatte bereits mit Professor Clavadet-
scher zusammengearbeitet und ist zudem ein aus-
gewiesener Kenner des liechtensteinischen Archiv-
bestandes. Gurt erhielt den Auftrag, die für die Ge-
schichte Liechtensteins wichtigen Urkunden aus
der Herrschaftszeit der Freiherren von Brandis
(1416-1510) zu bearbeiten und schliesslich in
transkribierter und kommentierter Form der Öf-
fentlichkeit zugänglich zu machen. 6 1 8
P E T E R KAISER: «GESCHICHTE DES
FÜRSTENTHUMS LIECHTENSTEIN»
An der Jahresversammlung vom 7. Oktober 1923
machte der Vereinsvorsitzende Johann Baptist
Büchel die Mitteilung, dass er die von ihm bear-
beitete zweite Auflage von Peter Kaisers «Geschich-
te des Fürstenthums Liechtenstein» dem Histo-
rischen Verein übermache. Landtagspräsident Wil-
helm Beck sprach dem Vorsitzenden «für diese
hervorragende Arbeit den Dank der Versammlung
aus». Zudem wurde der Antrag, dieses neue Werk
dem Landesfürsten zu widmen und eine Auflage
von 1 000 Stück herstellen zu lassen, einstimmig
angenommen. 6 1 9 Ein Prachtexemplar des Buches
sollte dem Landesfürsten überreicht werden, zehn
ebenfalls «besser eingebundene» Exemplare wa-
ren bestimmt für weitere Mitglieder des fürstlichen
Hauses sowie für den Bischof von Chur» . 6 2 0
Im Anschluss an diese Jahresversammlung be-
schäftigte sich der Vereinsausschuss in insgesamt
sieben Sitzungen mit Fragen zum Druck und Ver-
kauf der zweiten Auflage von Peter Kaisers Werk. 6 2 1
Rezensionsexemplare waren an die bekannteren
Zeitungen der Umgebung sowie an die liechtenstei-
608) Protokoll der Vorstandssitzung vom 18. Juni 1958.
609) JBL 61 (1961). Vereinschronik. S. 225.
610) Vgl. Vorwort zur Herausgabe des Liechtensteinischen Urkun-
denbuches, I. Teil, Band 6, hier S. VII.
611) Protokoll der Vorstandssitzung vom 4. Apr i l 1962.
612) Protokoll der Vorstandssitzung vom 2. Juli 1965.
613) JBL 61 (1961), Vereinschronik, S. 226.
614) Protokoll der Vorstandssitzung vom 2. Juni 1970.
615) Protokoll der Vorstandssitzung vom 8. Februar 1974.
616) Protokoll der Vorstandssitzung vom 18. November 1981.
617) JBL 94 (1997), Jahresbericht. S. 310.
618) JBL 97 (1999). Jahresbericht, S. 250.
619) JBL 23 (1923), Vereinschronik, S. 182.
620) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 20. Oktober 1923.
621) JBL 24 (1924), Vereinschronik, S. 115.
129
Der von Egon Rheinberger
entworfene Buchumschlag
der «Kaiser -Chronik» , die
von Johann Baptist Büchel
1923 beim Historischen
Verein herausgegeben
wurde. Das Werk ist eine
ü b e r a r b e i t e t e und erwei-
terte Version von Peter
Kaisers 1847 veröffent l ich-
ten «Geschichte des F ü r s -
tenthums Liech tens te in» .
nische Presse zu versenden. Das Titelbild des
Buches schuf Egon Rheinberger. Gedruckt wurde
das Buch bei der Dornbirner Verlagsanstalt.6 2 2
Den Buchvertrieb für Deutschland und Öster-
reich übernahm die Verlagsanstalt in Dornbirn. Sie
behielt zu diesem Zweck 50 Exemplare. 6 2 3 Je 100
Exemplare übernahmen der Landesschulrat und
der Landesfürst; für die Verteilung in Liechtenstein
sollte je eine Person pro Gemeinde, wenn möglich
der Ortsweibel, zuständig sein. 6 2 4 Das Buch kostete
beim Verkauf im Inland sechs Franken, beim Ver-
kauf im Ausland neun Franken. 6 2 5
Für seine Arbeit an der Zweitauflage von Peter
Kaisers «Geschichte des Fürstenthums Liechten-
stein» erhielt Johann Baptist Büchel ein Honorar in
Höhe von 600 Franken. Ebenfalls bekam er zehn
Freiexemplare. 6 2 6
Im Jahr 1930 wurde festgestellt, dass nur noch
36 Exemplare von Büchels Kaiser-Chronik beim
Verein in Liechtenstein vorrätig seien. 6 2 7 Der Fürst
sollte deshalb um Überlassung von 100 Stück, die
in Wien lagerten, an den Historischen Verein gebe-
ten werden. 6 2 8 In Wien waren jedoch nur noch we-
nige Exemplare vorhanden. Angesichts dessen wur-
de der Stückpreis für Private auf zehn Franken
erhöht . 6 2 9 Im Jahr 1935 schliesslich bewirkte An-
ton Frommelt, dass der restliche Vorrat an Kaiser-
Chroniken aus fürstlichem Besitz an den Histori-
schen Verein zurückging. 6 3 0
Der Vereinsvorstand diskutierte 1981 die Frage
einer Reprintausgabe. 6 3 1 Robert Allgäuer infor-
mierte dann im November 1985 den Vereins-
vorstand, dass die Peter Kaiser-Stiftung den Balz-
ner Historiker Arthur Brunhart beauftragt habe,
das Buch von Peter Kaiser hinsichtlich der Quellen
und der zeitgenössischen Literaturangaben aufzu-
arbeiten. 6 3 2 Die Neuausgabe von Peter Kaisers
Werk erschien schliesslich im Jahr 1989 und um-
fasste zwei Bände: Band 1 mit dem Text der Chro-
nik, Band 2 mit dem Quellenapparat.6 3 3 Band 2 hat
einen ganz besonderen Wert; nun ist erstmals das
wohl wichtigste Buch für die liechtensteinische Ge-
schichtsschreibung und -forschung wissenschaft-
lich erschlossen und damit als Arbeitsgrundlage
zugänglich geworden.
130
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
DIE KUNSTDENKMÄLER DES FÜRSTENTUMS
LIECHTENSTEIN
Einen ersten Anstoss für die Kunstdenkmäler-
Inventarisierung in Liechtenstein unternahm be-
reits im Jahr 1919 der Vorarlberger Landesarchi-
var und -konservator Viktor Kleiner. Ihm sind wir
bereits 1910 im Zusammenhang mit dem Thema
«Heimatschutz» begegnet. Damals, 1919, dachte
man noch daran, die Ergebnisse dieser Inventa-
risierung in der Buchreihe der «Österreichischen
Kunsttopographie» zu veröffentlichen. 6 3 4 Obwohl
finanzielle Zusagen für dieses Forschungs- und
Buchprojekt vorlagen und erste Vorarbeiten bereits
geleistet waren, 6 3 5 verlief das Unternehmen dann
wieder im Sand. 6 3 6
Im Jahr 1937 machte der damalige Vereinsvor-
sitzende Josef Ospelt einen erneuten Vorstoss und
schlug Vorstandsmitglied Anton Frommelt als
Autor eines Kunstdenkmäler-Buches vor, da From-
melt «beträchtliche künstlerische Anlagen [besitze]
und Interesse für die Sache [habe]». Doch erst
nach der erwähnten Verabschiedung des Denk-
malschutzgesetzes 1944 kam der Stein wieder ins
Rollen. Durch Vermittlung des Churer Bischofs
Christianus Caminada 6 3 7 konnte 1946 der aus
Deutschland stammende Kunsthistoriker Erwin
Poeschel für die Kunstdenkmäler-Inventarisierung
in Liechtenstein gewonnen werden. 6 3 8
An der Jahresversammlung 1947 wurden Regie-
rung und Landtag gelobt für ihre Förderung der
Kunstdenkmäler-Inventarisierung. Erwin Poeschel
habe bei seiner Arbeit bereits «interessante Fest-
stellungen» gemacht. Im Verlauf des Jahres 1948
werde diese Arbeit möglicherweise fertig sein. 6 3 9
Anton Frommelt referierte an der Jahresversamm-
lung 1947 über den Stand der Arbeiten bei der
Kunstdenkmäler-Inventarisierung. Dabei verurteil-
te er den «Schleichhandel mit alten Kulturgegen-
ständen». Der Historische Verein wolle nun «die-
sem Unfug» Einhalt gebieten. Frommelt gab der
Hoffnung Ausdruck, dass wir über die vorhande-
nen Kunstgegenstände aus dem 15. und 16. Jahr-
hundert doch «eine Brücke finden zur dunklen Zeit
vom 4. bis 11. Jahrhundert und weiter herauf».
Und er schloss: «Herr Dr. Poeschel wird ein Kultur-
bild schaffen aufgrund des vorhandenen Materials;
er gibt also nicht eine trockene Aufzählung der Ge-
genstände». 6 4 0
Erwin Poeschel hatte kurz zuvor die Inventari-
sierung in Graubünden abgeschlossen und war so-
mit für eine analoge Tätigkeit in Liechtenstein bes-
tens geeignet. Das Ergebnis seiner Forschungen
lag bereits 1950 in Buchform vor. Das Buch konnte
622) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 24. Januar 1924.
623) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 20. Dezember 1923.
624) Ebenda.
625) Ebenda. Dies wurde anlässlich der Ausschuss-Sitzung vom 13.
Mai 1929 bestätigt.
626) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 24. Januar 1924.
627) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 19. Dezember 1930.
628) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 5. Oktober 1930.
629) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 19. Dezember 1930.
630) Protokoll der Jahresversammlung vom 3. November 1935.
631) Protokoll der Vorstandssitzung vom 19. Oktober 1981.
632) Protokoll der Vorstandssitzung vom 6. November 1985.
633) Protokoll der Vorstandssitzung vom 21. Apr i l 1989.
634) Schreiben des Landesdenkmalamtes Bregenz, gezeichnet Viktor
Kleiner, vom 26. Februar 1919.
635) Vgl. Schreiben von Josef Ospelt an Landeskonservator Viktor
Kleiner in Bregenz. 22. Dezember 1931.
636) Anregungen gab es aber weiterhin, die das Thema aktuell
hielten: So wurde an der Jahresversammlung 1929 die Idee geäus-
sert, man solle Material sammeln für eine Arbeit über liechtensteini-
sche Gebäude. Zu diesem Zweck sollten Amateurphotographen
Aufnahmen machen. - Vgl. Protokoll der Jahresversammlung vom
6. Oktober 1929.
637) Caminada interessierte sich sehr für die Tätigkeit des Histori-
schen Vereins. Er übe r sand te dem Verein 1944 einige Sonderdrucke
seiner Arbeit «Tierkultur in Rätien». - Vgl . Protokolle der Ausschuss-
Sitzungen vom 6. Mai 1943 und vom 19. Januar 1944.
638) Vgl . Protokoll der Jahresversammlung vom 20. Oktober 1946. -
Zuvor war Gustav Wilhelm, fürst l icher Kabinettsdirektor, noch im
Gespräch gewesen als möglicher Autor einer liechtensteinischen
Kunstdenkmäler-Topographie (siehe beispielsweise Protokoll der
Ausschuss-Sitzung vom 6. Apr i l 1946).
639) Protokoll der Jahresversammlung vom 9. November 1947 in
Schaan.
640) Ebenda.
131
E r w i n Poeschel, Verfasser
der 1950 veröf fen t l i ch ten
«Kuns tdenkmä le r» -Pub l i -
kation
Der Autor des Liechten-
steiner Sagenbuches, Otto
Seger, i m G e s p r ä c h mit
Fürs t Franz Josef II.
innerhalb der Reihe «Die Kunstdenkmäler der
Schweiz» als Sonderband veröffentlicht werden.
«Der Poeschel» - wie er später im Volksmund ge-
nannt wurde - entwickelte sich zu einem Standard-
werk über die Kunst- und Kulturgeschichte unseres
Landes, ja sogar zu einem Klassiker, dessen Qua-
litäten auch heute noch anerkannt werden. Die
Kunstdenkmäler-Inventarisierung hatte den sehr
positiven Nebeneffekt, dass die liechtensteinische
Regierung im Jahr 1950 sämtliche in diesem Buch
behandelten Objekte unter Denkmalschutz stell-
te. 6 4 1 Erwin Poeschel wurde für seine ausgezeich-
nete Arbeit vom Historischen Verein gewürdigt und
an der Jahresversammlung 1959 zum Ehrenmit-
glied des Vereins ernannt. 6 4 2
Aufgrund zahlreicher neuer Erkenntnisse in Ar-
chäologie und Kunstgeschichte regte im Jahr 1983
das Vereinsmitglied Harald Wanger eine völlige
Neubearbeitung des «Poeschel» an, der seit den
späten 1960er Jahren vergriffen ist. 6 4 3 Der Vereins-
vorstand betrachtete eine Neufassung des Buches
von Poeschel als problematisch. Hingegen befür-
wortete er die Herausgabe eines Sonderbandes
über die jüngere Kunstgeschichte. Als Publikations-
plattform wurde die Reihe «Inventar der Neueren
Schweizer Architektur» (INSA) ins Auge gefasst.
Man dachte an die Möglichkeit eines diesbezügli-
chen Sonderbandes für Liechtenstein. 6 4 4
Die Neubearbeitung des «Poeschel» konnte
schliesslich im Herbst 1999 in Angriff genommen
werden als ein beim Historischen Verein angesie-
deltes Projekt. Zuvor hatte der Liechtensteinische
Landtag einen Verpflichtungskredit bewilligt, der
die Anstellung einer Fachkraft zur Kunstdenk-
mäler-Inventarisierung ermöglichte. In der Person
der Kunsthistorikerin Dr. Cornelia Herrmann konn-
te eine geeignete Projektleiterin gefunden wer-
den. 6 4 5
132
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT JAHRE DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
LIECHTENSTEINER SAGENBUCH
Bereits im Jahr 1858 erschien die Publikation «Die
Sagen Vorarlbergs» von Franz Josef Vonbun, die
auch Beiträge aus Liechtenstein enthält. Dieses
Buch wurde seither mehrere Male weiter bearbei-
tet und neu aufgelegt, so beispielsweise im Jahr
1950. 6 4 6 Der Historische Verein erklärte sich da-
mals bereit, für das Werk in Liechtenstein zu wer-
ben. 6 4 7 Der Verein hatte selbst in seinen Jahr-
büchern Beiträge zum Thema veröffentlicht. So
findet sich im Jahrbuch Band 16 ein Aufsatz von
Albert Schädler über liechtensteinische Volksbräu-
che und Volkssagen. 6 4 8 Diesem Beitrag liess Eugen
Nipp im Jahrbuch Band 24 die Darstellung «Liech-
tensteiner Sagen» folgen. 6 4 9
Eine von Professor Otto Seger edierte Sagen-
sammlung wurde schliesslich im Jahrbuch Band
65 publiziert. 6 5 0 Der Vereinsvorstand beschloss im
Herbst 1966, diese Sammlung auch als Sonder-
publikation zu veröffentlichen. Professor Josef
Seger aus Wien lieferte dazu 16 Illustrationen. Das
Werk mit den insgesamt 205 Sagen wurde vom
Historischen Verein verkauft. 6 5 1 Otto Seger lie-
ferte einen Nachtrag von 31 Sagen, der im Jahr-
buch Band 73 publiziert wurde. 6 5 2 Als eigentliches
«Liechtensteiner Sagenbuch» galt jedoch der Son-
derdruck, der sehr populär wurde.
Das Sagenbuch war bereits 1980 vergriffen. Die
Firma Kraus Thomson in Nendeln stellte einen
Nachdruck her, der jedoch bereits im Jahr 1984
ausverkauft war. Der Vereinsvorstand erwog einen
zweiten Nachdruck, wobei noch offen war, ob die
zusätzlichen von Otto Seger gesammelten Sagen
Eingang in eine erweiterte Neuauflage finden wür-
den. 6 5 3 Dazu kam es indessen nicht und das
Sagenbuch wurde zu einer gefragten Rarität.
Aufgrund einer Anfrage im Landtag 6 5 4 wurde
der Historische Verein 1998 von der Regierung
beauftragt, ein detailliertes Projekt für eine erwei-
terte Neubearbeitung des Werks von Otto Seger
auszuarbeiten. Zuvor hatte der Historische Verein
der Regierung gegenüber signalisiert, ein unver-
änderter Nachdruck komme nicht in Frage. Statt
dessen würde man einer wissenschaftlichen Neu-
bearbeitung den Vorzug geben. 6 5 5 Diese vom Ver-
ein empfohlene grundlegende Neubearbeitung des
«Liechtensteiner Sagenbuches» wurde aber bisher
noch nicht weiter konkretisiert.
641) Norbert W. Hasler: Kulturgut aus Liechtenstein - abgewandert
oder verloren. In: JBL 93 (1995), S. 403-420, hier S. 407.
642) JBL 59 (1959), Vereinschronik. S. 385 f.
643) Schreiben von Harald Wanger an den Vereinsvorstand.
16. März 1983.
644) Protokoll der Vorstandssitzungen vom 18. Mai 1983 sowie vom
28. September 1983.
645) JBL 99 (19991. Jahresbericht, S. 286 f.
646) Franz Josef Vonbun: Die Sagen Vorarlbergs mit Beiträgen aus
Liechtenstein. Auf Grund der Ausgabe von Hermann Sander (1889)
neu bearb. und hrsg. von Richard Beitl. Feldkirch: Montfort-Verlag.
1950. Diese dritte Ausgabe von 1950 hatte eine Auflage von 5 000
Stück.
647) Protokoll der Vorstandssitzung vom 10. Oktober 1949.
648) Albert Schädler: Liechtensteinische Volksbräuche und Volks-
sagen. In: JBL 16 (1916). S. 73-124.
649) Eugen Nipp: Liechtensteiner Sagen. In: JBL 24 (1924),
S. 89-94.
650) Otto Seger: Sagen aus Liechtenstein. In: JBL 65 (1966),
S. 13-175.
651) Protokoll der Vorstandssitzung vom 5. Oktober 1966.
652) Otto Seger: Nachtrag zur Sammlung «Sagen aus Liechtenstein».
In: JBL 73 (1973), S. 231-248.
653) Protokoll der Vorstandssitzung vom 27. September 1984.
654) Protokoll der Landlagssitzung vom 17. Juni 1998. Die kleine
Anfrage kam vom Triesenberger Landtagsabgeordneten Alois Beck.
655) Brief des Historischen Vereins an die Regierung betreffend eine
Neuaullage bzw. Neubearbeitung des Liechtensteiner Sagenbuches.
2. Juli 1998.
133
LIECHTENSTEINER NAMENBUCH
Vom 17. bis 21. September 1980 fand die Tagung
des Alemannischen Institutes von Freiburg im
Breisgau in Vaduz statt. Sie wurde - vom Landes-
fürsten finanziell unterstützt - vom Historischen
Verein betreut/'5 6 Einer der Tagungsreferenten war
Professor Hans Stricker, der in seinem Vortrag die
Ausarbeitung eines Namenbuches für Liechten-
stein anregte. Er verwies auf das Vorarlberger
Flurnamenbuch, von dem die ersten fünf Bände
mit dem südlichen Teil Vorarlbergs bereits veröf-
fentlicht werden konnten. Auch im Kanton St. Gal-
len werde an einem Namenbuch gearbeitet, und
zudem sei Graubünden seit der Publikation des
Rätischen Namenbuches von Robert von Planta
und Andrea Schorta einer der namenkundlich am
besten erforschten Räume. So sei hier in Liechten-
stein eine Forschungslücke entstanden, die es zu
schliessen gelte. 6 5 7
Der Vereinsvorstand beschloss im November
1980, das Referat von Professor Stricker zu stu-
dieren, den Referenten zu einer Aussprache ein-
zuladen und weitere Abklärungen über Finanzie-
rung, Bearbeiter usw. zu treffen. 6 5 8 Der Vorstand
entschied dann am 28. Januar 1981, die Träger-
schaft zur Schaffung eines Liechtensteiner Na-
menbuches zu übernehmen. Professor Hans Stri-
cker wurde mit der wissenschaftlichen Leitung des
Projektes betraut. 6 5 9 Als Mitarbeiter konnten stu-
dentische Hilfskräfte gewonnen werden. 6 6 0
Grundlegende Arbeiten wurden 1981 und 1982
geleistet mit der Durchsicht und Übertragung der
Namensammlung von Josef Ospelt, die im Jahr-
buch Band 11 erschienen war, ebenso mit der Aus-
wertung der 1911 fertig gestellten ungedruckten
Dissertation von Eugen Nipp «Die romanischen
Orts- und Flurnamen des Fürstentums Liechten-
stein». Zudem mussten sämtliche im Liechtenstei-
ner Urkundenbuch erwähnten Gelände- und Perso-
nennamen gesammelt werden. Für die Durchsicht
der liechtensteinischen Archive konnte im Früh-
jahr 1984 der Liechtensteiner Historiker Arthur
Brunhart vollamtlich angestellt werden, der diese
Tätigkeit bis Januar 1985 wahrnahm. Mit Claudius
Gurt konnte im März 1987 wieder ein Archiv-
bearbeiter für das Namenbuch gewonnen werden.
Er übte diese Tätigkeit bis 1995 aus.
Inzwischen waren die Feldaufnahmen in den
einzelnen Gemeinden voll im Gang. Für diese Feld-
arbeit galt es, zuerst ein Netz von geeigneten In-
formantinnen und Informanten aufzubauen, die
mittels vorbereiteter Interviews zu den Namen
«ihres» Gebietes zu befragen waren. Je grossflä-
chiger und vielgestaltiger eine Gemeinde ist, desto
höher muss die Zahl der zu befragenden Gewährs-
leute sein. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
welche die Feldaufnahmen durchführten, waren
mit Karte, Namenblock und Tonbandgerät unter-
wegs. 6 6 1
1983 begann Toni Banzer aus Triesen beim
Namenbuch mitzuarbeiten, 1987 gesellte sich Her-
bert Hübe aus Triesenberg dazu. Diese Mitarbeiter
bildeten in den späteren Jahren zusammen mit
dem Projektleiter, Professor Hans Stricker, das
Redaktionsteam, welches im Jahr 1999, nach 18-
jähriger intensiver Forschungs- und Auswertungs-
tätigkeit, den Abschluss des Werkteils I (Orts- und
Flurnamenbuch) bewerkstelligte.
Erste Ergebnisse der Namenforschung in Liech-
tenstein konnten jedoch bereits 1986 präsentiert
werden. Die erste von elf Flurnamenkarten samt
Begleitheft wurde für die Gemeinde Triesen pub-
liziert. In den darauf folgenden Jahren konnte von
sämtlichen Gemeinden eine Flurnamenkarte in
gleicher Form und Ausstattung veröffentlicht wer-
den. Am 22. Oktober 1991 wurde die letzte Flurna-
menkarte, jene von Gamprin, vorgestellt. Der Ver-
kauf dieser Karten läuft über die jeweiligen Ge-
meinden. 6 6 2
Das Liechtensteiner Namenbuch machte zudem
seinen Einfluss geltend bei der offiziellen Schreib-
weise von Ortsnamen in Liechtenstein: Mit den
von der Regierung am 22. April 1986 genehmig-
ten «Weisungen für die Erhebung und Schreib-
weise der Lokalnamen im Fürstentum Liechten-
stein» konnte die bis anhin offene Nomenklatur-
frage geklärt werden.
Das Namenbuch-Projekt wurde von Anfang an
vom Staat finanziell unterstützt, jedoch mit Gel-
134
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / K t A U S B I E D E R M A N N
Der Initiant und l ang jäh r i -
ge Projektleiter des Liech-
tensteiner Namenbuches,
Professor Hans Stricker
(links), mit seinen redak-
tionellen Mitarbei tern Toni
Banzer und Herbert Hübe
(rechts)
dern, die vom Landtag nur jeweils für ein Jahr
gesprochen wurden. Der Historische Verein beauf-
tragte deshalb 1991 Professor Hans Stricker, einen
«Bericht über Stand und Weiterentwicklung des
Liechtensteiner Namenbuches» zu erstellen, um
dem Projekt eine gesicherte finanzielle Basis zu
verschaffen. Schliesslich konnte die Regierung
einen entsprechenden «Bericht und Antrag» dem
Landtag vorlegen. In der Folge genehmigte der
Landtag 1992 für die Realisierung eines Orts-
namenbuches einen fünfjährigen Verpflichtungs-
kredit. 6 6 3
Das Namenbuch betrieb auch Öffentlichkeits-
arbeit, so durch die im Laufe des Jahres 1995
erfolgte Publikation von kurzen Beiträgen über
ausgewählte Flurnamen in den beiden Tageszei-
tungen «Liechtensteiner Vaterland» und «Liechten-
steiner Volksblatt». Diese Beiträge konnten im
April 1996 in Buchform herausgegeben werden.
Diese Broschüre mit dem Titel «Flur und Name»
wurde von der Regierung vorfinanziert und von
der Geschäftsstelle des Historischen Vereins ver-
kauft. 6 6 4
Parallel zur Erarbeitung des Ortsnamenbuches
wurden bereits wesentliche Vorarbeiten für den
Werkteil II, die Schaffung eines Personennamen-
buches, geleistet. Dies kam schon bei der Durch-
sicht von Archivquellen und der Literatur zum Tra-
gen, als sowohl Orts- wie auch Personennamen
exzerpiert wurden. Der Landtag hiess 1996 auch
einen Verpflichtungskredit zur Schaffung eines
Personennamenbuches gut. Dabei wurde festge-
legt, dass dieses bis 2002 fertiggestellt werden
müsse . 6 6 5
Schliesslich konnte der erste Werkteil mit der
Präsentation des sechsbändigen Werks «Die Orts-
und Flurnamen des Fürstentums Liechtenstein» im
Dezember 1999 abgeschlossen werden. Der Ver-
trieb und Versand der Bücher erfolgt über die Ge-
schäftsstelle des Historischen Vereins. - Das Werk
über die Orts- und Flurnamen Liechtensteins fand
in der Fachwelt ein sehr positives Echo. 6 6 6
Verzögerungen bei der Fertigstellung des sechs-
bändigen Ortsnamenbuches hatten zur Folge, dass
man mit den Vorarbeiten für den Werkteil II - die
Erarbeitung des Personennamenbuches - ebenfalls
656) Protokoll der Vorstandssitzung vom 13. August 1980.
657) Vgl . Hans Stricker, Toni Banzer und Herbert Hübe: Die Orts-
und Flurnamen des Fürs t en tums Liechtenstein. Vaduz, 1999. Band
6, S. 99-228: Aus der Werkgeschichte des Namenbuches. Auf diese
Werkgeschichte stützen sich die folgenden Ausführungen .
658) Protokoll der Vorstandssitzung vom 5. November 1980.
659) Protokoll der Vorstandssitzung vom 28. Januar 1981.
660) Hans Stricker, Toni Banzer und Herbert Hübe: Die Orts- und
Flurnamen des Fürs t en tums Liechtenstein. Vaduz, 1999. Band 6.
S. 99-228: Aus der Werkgeschichte des Namenbuches. Ein Verzeich-
nis aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Laufe der Jahre
für das Liechtensteiner Namenbuch tätig waren, findet sich hier auf
S. 130.
661) Ebenda, S. 136-138: Liste der Gewährs leute in den einzelnen
Gemeinden.
662) Vorstandsmitglied Robert Allgäuer kritisierte in der Vorstands-
sitzung des Llistorischen Vereins vom 16. Oktober 1991 das fehlende
Interesse der zus tändigen Gemeindebehörden am Verkauf der
Karten und forderte eine Abgabe der einzelnen Karten en bloc, an
zentraler Stelle und zu einem günstigen Preis; vgl. Protokoll der
entsprechenden Vorstandssitzung.
663) Vgl . Protokoll der Vorstandssitzung vom 3. Juli 1992.
664) JBL 96 (1998), Jahresbericht, S. 322.
665) Protokoll der Landtagssitzung vom 30. Oktober 1996.
666) Eine Sammlung von Rezensionen und schriftlichen Stellung-
nahmen zum Werk befindet sich im Archiv des Historischen Vereins.
135
im Rückstand war. Die Projekt-Trägerschaft, der
Historische Verein, entschied daraufhin nach Ab-
sprache mit den redaktionellen Bearbeitern Toni
Banzer und Herbert Hübe, dass bis zum Jahr 2002
eine verkleinerte Fassung des Personennamen-
buches erarbeitet werden soll. Der Schwerpunkt
soll auf die Erfassung der Familien- und Sipp-
schaftsnamen gelegt werden. Leider stand der bis-
herige Projektleiter, Professor Hans Stricker, für
diese redimensionierte Version des Personenna-
menbuches nicht mehr zur Verfügung und schied
im Jahr 2000 als Projektleiter aus. 6 6 7
Professor Eugen Gabriel ,
Autor des Vorarlberger
Sprachatlasses, welcher
auch das Gebiet des Fü r s -
tentums Liechtenstein
miteinschliesst
VORARLBERGER SPRACHATLAS
MIT EINSCHLUSS DES FÜRSTENTUMS
LIECHTENSTEIN
Vorbild für die Erarbeitung eines Sprachatlasses
für Vorarlberg und Liechtenstein war der von
Rudolf Hotzenköcherle herausgegebene «Sprachat-
las der deutschen Schweiz», dessen erster Band
im Jahr 1962 erschienen war. Der aus Vorarlberg
stammende Eugen Gabriel, Dozent und später Pro-
fessor am Deutschen Seminar in Freiburg im Breis-
gau, nahm im Jahr 1964 die Arbeit am Sprachatlas
für Vorarlberg und Liechtenstein auf. Kurz nach
Beginn der Feldaufnahmen wurde beschlossen,
das Untersuchungsgebiet geographisch auf das Al l -
gäu und auf Westtirol auszudehnen. Diese Erwei-
terung hatte, so Eugen Gabriel, «ausschliesslich
sachliche Gründe. Liechtenstein bildet wie Vor-
arlberg sprachlich kein abgegrenztes Gebiet, im
Gegenteil: Unsere Aufnahmearbeit hat deutlich
gemacht, dass die heutigen, relativ jungen politi-
schen Grenzen dialektgeographisch ohne Bedeu-
tung sind; das heutige lautliche Bild hat sich ganz
sicher schon im Hochmittelalter herausgebildet, als
es noch keine fest abgegrenzten Flächenstaaten
gab» . 6 6 8
Der Sprachatlas ist überwiegend ein Projekt des
Landes Vorarlberg, an dem Liechtenstein aller-
dings mitbeteiligt ist. Gemäss festgelegtem Vertei-
lungsschlüssel bezahlt Liechtenstein jährlich einen
im Voranschlag festgelegten fixen Betrag, der -
analog der Anzahl der gesamthaft untersuchten
Ortschaften - rund elf Prozent der Gesamtkosten
umfasst. Liechtenstein erhält im Gegenzug 55 Ex-
emplare der in einer Auflage von 500 Stück
erscheinenden Teillieferungen des Sprachatlasses.
Für das Land Liechtenstein hat der Historische
Verein die Mitträgerschaft für den Sprachatlas
übernommen.
Materialgrundlage für den Sprachatlas bildeten
die Feldaufnahmen (Erhebungen), die mittels eines
umfangreichen Fragebuches erfolgten. Sehr detail-
liert wurde nach dem gesamten bäuerlichen Ar-
beits- und Lebensumfeld der vormechanisierten
Zeit gefragt. Dazu kamen auch mehr allgemeine
136
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Fragen, wie nach den Benennungen der Körper-
teile, nach Witterungserscheinungen, Frauenarbei-
ten, Verwandtschaftsgraden usw. Auch Fragen zur
mundartlichen Grammatik (Einzahl- und Mehr-
zahlbildung, Konjugation usw.) fehlten nicht. Die
Aufnahmen in einer Ortschaft dauerten rund eine
Woche. Eugen Gabriel führte die Befragungen in
den elf liechtensteinischen Gemeinden im Jahr
1964 durch, ergänzt durch abschliessende Auf-
nahmen im Jahr 1982. 6 6 9
Wie schon der Name «Sprachatlas» besagt, wird
das Material in Form von Sprachkarten publiziert.
Analog zum eingangs erwähnten «Sprachatlas der
deutschen Schweiz» geschieht dies punktuell mit
Hilfe von Symbolzeichen, die in einer Legende er-
läutert werden: «Diese Darstellungsweise hat sich
heute allgemein durchgesetzt im Gegensatz zu der
früher üblichen Darstellung mit Hilfe von Sprach-
grenzen, wo die Aufnahmeorte nicht sonderlich
berücksicht werden und die Gefahr besteht, dass
auf einen Ort beschränkte Besonderheiten nicht in
Erscheinung t re ten» . 6 7 0
Die Publikation der ersten Kartenlieferungen
erfolgte 1985. Das Konzept sah vor, den Sprach-
atlas in einem sechsbändigen Gesamtwerk zu ver-
öffentlichen. Die inzwischen vorliegenden Bände I
und II behandeln «Kurzvokale und Positionsdeh-
nungen» (Band I) beziehungsweise «Langvokale,
Diphthonge, Silbendehnungen» (Band II). Band III
liegt teilweise vor und behandelt den Konsonan-
tismus sowie die Morphologie (Formveränderun-
gen von Wörtern). 6 7 1 Der ebenfalls abgeschlossene
Band IV ist dem Bereich (vergleichende) «Wort-
geographie» gewidmet, und zwar den Nord-Süd-
Gegensätzen mit Einschluss der romanischen
Lehnwörter. Von Band V, der auch diesem Thema
gewidmet ist (mit den West-Ost-Gegensätzen), liegt
das Manuskript vor, das von Eugen Gabriels
langjährigem Mitarbeiter, dem Germanisten Dr.
Hubert Klausmann aus Ellwangen, erarbeitet wur-
de. Auf die Realisierung eines geplanten sechsten
Bandes wird voraussichtlich verzichtet, so dass das
Projektende in die Nähe rückt. Im Jahr 2006 soll
der Sprachatlas vollständig in gedruckter Form
vorliegen. 6 7 2
Zu den einzelnen Lieferungen des Sprachatlas-
ses erscheinen Kommentar- und Abbildungshefte.
Gerade weil viele Gegenstände (Geräte, Geschirre,
Gefährte), nach denen gefragt wurde, längst nicht
mehr in Gebrauch und der jüngeren Generation
unbekannt sind, bestand hier ein Bedarf, eine Aus-
wahl davon im Bild darzustellen und sprachliche
Verwendungen dafür in einem Kommentarheft zu
erläutern.
Der Sprachatlas dient - wie auch das Namen-
buch - dazu, vom Verschwinden bedrohtes Sprach-
und Namengut zu dokumentieren und der Nach-
welt zu erhalten.
667) JBL 100 (2001). Jahresbericht, S. 330.
668) Eugen Gabriel: Der Vorarlberger Sprachatlas mit Einschluss
des Fürs t en tums Liechtenstein, Westtirols und des Allgäus. Unpubli-
ziertes Manuskript.
669) Protokoll der Vorstandssitzung vom 16. Juni 1982.
670) Eugen Gabriel: Der Vorarlberger Sprachatlas mit Einschluss
des Fürs ten tums Liechtenstein, Westtirols und des Allgäus. Unpubli-
ziertes Manuskript.
671) Die Morphologie ist die Wissenschaft von den Formveränderun-
gen, denen die Wörter durch Deklination und Konjugation unterlie-
gen.
672) Vgl. Gutachten von Professor Arno Ruoff, Tübingen, zum
Sprachatlas, datiert vom 29. Juli 2000. Professor Ruoff begleitet die
Arbeit von Professor Eugen Gabriel inhaltlich.
137
HISTORISCHES LEXIKON FÜR DAS
FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN
Die Erarbeitung eines liechtensteinischen biogra-
phischen Lexikons hatte der Historiker Arthur
Brunhart aus Balzers bereits im Jahr 1983 ange-
regt. Im diesbezüglichen Schreiben an den Vereins-
vorstand verwies er auf mögliche Vorbildfunktio-
nen des «Österreichischen Biographischen Lexi-
kons» und des «Historisch-Biographischen Lexi-
kons der Schweiz». 6 7 3
Die schweizerische Akademie der Geisteswissen-
schaften trieb dann 1986 das Projekt eines neuen
zwölfbändigen «Historischen Lexikons der Schweiz»
(HLS) voran. Sie ersuchte den Historischen Verein,
Möglichkeiten abzuklären, wie Liechtenstein in ein
solches Unternehmen einbezogen werden könnte.
Nach Auffassung des Vereins solle für das Fürs-
tentum ein eigenes liechtensteinisches Werk ge-
schaffen werden.
Als Verfasser des Vorberichts zum «Historischen
Lexikon für das Fürstentum Liechtenstein» erläu-
Arthur Brunhart , Initiant
und erster Chefredaktor
des Historischen Lexikons,
an läss l ich einer geschicht-
l ichen F ü h r u n g in Chur
terte Arthur Brunhart dieses Projekt dem Vereins-
vorstand am 4. Dezember 1987. Gleichzeitig gab
er Präzisierungen und Ergänzungen weiter, die
aufgrund einer Besprechung mit dem Chefredak-
tor des HLS, Dr. Marco Jorio, gemacht worden
waren. Der Vereinsvorstand begrüsste einhellig
das geplante Unternehmen. Es bestand ein Kon-
sens, dass dadurch eine wichtige Aufgabe für das
Land Liechtenstein in Angriff genommen werde.
Der Vereinsvorstand verwies insbesondere auf die
staatsbürgerliche Bedeutung dieses Werks, welches
entscheidend mithelfen könnte, liechtensteinisches
Staatsbewusstsein sowie Identifikation mit der
liechtensteinischen Geschichte zu fördern und zu
stärken. Ebenso könnte das Historische Lexikon
einen wesentlichen Beitrag für ein positives Liech-
tenstein-Bild im Ausland leisten. 6 7 4
Anlässlich einer ausserordentlichen Mitglieder-
versammlung des Historischen Vereins stellte
Arthur Brunhart am 6. Juni 1988 im Vaduzer
Rathaussaal seinen Bericht und das Lexikonprojekt
vor. Der Vereinsvorstand wurde ermächtigt, bezüg-
lich der Finanzierung an die Regierung heranzu-
treten und die nötigen Verhandlungen zu führen . 6 7 5
Die Regierung begrüsste die Schaffung des Lexi-
kons insbesondere auch aus nationalen Gründen
und unterbreitete dem Landtag in der Folge einen
entsprechenden Bericht und Antrag.
Nachdem Regierung und Landtag Ende 1988
das Lexikonprojekt genehmigt und einen entspre-
chenden Kredit 6 7 6 bewilligt hatten, ging es 1989
darum, die rechtlichen und organisatorischen Vor-
aussetzungen zu schaffen. Arthur Brunhart wurde
vom Historischen Verein als Redaktor angestellt.6 7 7
Seit 1990 verfügt das Historische Lexikon für das
Fürstentum Liechtenstein (HLFL) über Büroräum-
lichkeiten im neuen Mehrzweckgebäude in Triesen.
Mit der Stiftung «Historisches Lexikon der
Schweiz» konnte der Historische Verein bereits im
September 1989 einen Vertrag abschliessen. 6 7 8
Im Jahr 1990 konstituierte sich der Wissen-
schaftliche Beirat des HLFL unter dem Vorsitz von
Rupert Quaderer.6 7 9 Dieser Beirat erörterte die vom
Redaktor vorgelegten Sachfragen und befasste sich
138
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT JAHRE DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
dabei vor allem mit dem Entwurf des wissenschaft-
lichen Konzepts für das Lexikon.
Mehrere Male wurde das Projekt eines Histo-
rischen Lexikons der Öffentlichkeit vorgestellt,
auch an einer eigens veranstalteten Pressekonfe-
renz am 25. Oktober 1991. Die Vorarbeiten für die
Datenbank des HLFL wurden 1992 abgeschlossen,
so dass nun die konkrete Planung und Produktion
der Lexikonartikel in Angriff genommen werden
konnte. Im Jahr 1993 sind die wissenschaftlichen
Konzepte für alle fünf Artikelkategorien des HLFL
abgeschlossen und genehmigt worden. Diese fünf
Artikelkategorien umfassen die Bereiche Familie,
Biographien, Familien der Landesherrschaft, Orte
sowie thematisch definierte Sachstichwörter. Die
Erarbeitung der Stichwortlisten wurde nun in An-
griff genommen. Erste Autorinnen und Autoren
konnten 1994 vertraglich verpflichtet werden und
die Artikelproduktion begann.
Arthur Brunhart schlug bereits 1991 vor, dem
Historischen Lexikon über Seminare und Tagungen
zu liechtensteinischen Themen neue Forschungs-
wege zu erschliessen. Das Vorhaben wurde vom
Vereinsvorstand begrüsst . 6 8 0 Es gelang Arthur Brun-
hart in der Folge, in Zusammenarbeit mit mehreren
Universitäten in Österreich und in der Schweiz
wichtige Grundlagenforschungen für die liechten-
steinische Geschichte in die Wege zu leiten, die dem
Projekt des Historischen Lexikons zugute kamen
und auch der Erforschung der liechtensteinischen
Geschichte neue Impulse gaben. Diese Seminare
hatten den positiven Nebeneffekt, dass zusätzliche
Autorinnen und Autoren für das HLFL gewonnen
werden konnten.
Erste Ergebnisse von Tagungen und Seminaren,
die das Historische Lexikon initiierte, liegen seit
1996 in Buchform vor. Damals erschien der Sam-
melband «Historiographie im Fürstentum Liech-
tenstein. Grundlagen und Stand der Forschung im
Überblick», beinhaltend 18 Kurzreferate von der
ersten liechtensteinischen Historischen Tagung, die
am 18. Februar 1995 in Triesen stattfand.6 8 1 Im
Jahr 1999 konnte das dreibändige Werk «Baustei-
ne zur liechtensteinischen Geschichte» vorgestellt
werden, welche Studien und studentische For-
schungsbeiträge enthält, die an Seminaren zur Ge-
schichte Liechtensteins an den Universitäten
Zürich, Salzburg und Innsbruck erarbeitet worden
waren. 6 8 2 Und schliesslich erschien im Jahr 2000
das Buch «Liechtenstein und die Revolution von
1848», Ergebnis einer historischen Tagung, die
vom Historischen Lexikon 1998 durchgeführt wor-
den ist. 6 8 3
Die Trägerschaft des HLFL ging auf Anfang 2001
vom Historischen Verein auf das Land Liechten-
stein über. Damit einher ging auch eine Neustruk-
turierung des HLFL, die nach der Kündigung des
ersten Chefredaktors Arthur Brunhart notwendig
geworden war. Dank eines vom Landtag gespro-
chenen Ergänzungskredits konnte das HLFL im
Herbst 2000 finanziell auf eine neue gesicherte Ba-
673) Vgl . Protokoll der Vorstandssitzung vom 28. September 1983.
674) Protokoll der Vorstandssitzung vom 4. Dezember 1987.
675) Protokoll der ausserordentlichen Mitgliederversammlung vom
6. Juni 1988.
676) Vgl . Protokoll der Vorstandssitzung vom 25. November 1988:
Der Landtag genehmigte in seiner Sitzung vom 15. November 1988
einen Kredit in Gesamthöhe von 2 737 700 Franken für das Lexikon-
Projekt. Für das Jahr 1989 stand ein Teilkredit von 200 000 Franken
zur Verfügung.
677) Protokoll der Vorstandssitzung vom 15. Februar 1989.
678) Protokoll der Vorstandssitzung vom 15. September 1989.
679) Dem Wissenschaftlichen Beirat, der 1995 bestätigt wurde,
gehör ten folgende Personen an: Claudia Heeb-Fleck, Schaan; Martin
Bundi. Chur; Kar l Heinz Burmeister, Bregenz; Heinz Dopsch, Salz-
burg: Marco Jorio, Bern; Rupert Quaderer, Schaan, sowie Werner
Vogler, St. Gallen.
680) Protokoll der Vorstandssitzung vom 4. Dezember 1991.
681) Arthur Brunhart (Hrsg.): Historiographie im Fürs ten tum
Liechtenstein. Grundlagen und Stand der Forschung im Überblick.
Zürich: Chronos-Verlag, 1996.
682) Arthur Brunhart (Hrsg.): Bausteine zur liechtensteinischen
Geschichte. Studien und Forschungsbei t räge . Band 1: Vaduz und
Schellenberg im Mittelalter. Band 2: Neuzeit: Land und Leute. Band
3: 19. Jahrhundert: Modellfall Liechtenstein. Zürich: Chronos-Verlag,
1999. - Vgl. dazu die Rezension von Herbert Hübe. In: JBL 99
(2000), S. 268 f.
683) Arthur Brunhart (Hrsg.): Liechtenstein und die Revolution von
1848. Umfeld - Ursachen - Ereignisse - Folgen. Zürich: Chronos-
Verlag, 2000. - Vgl. dazu die Rezension von Jürgen Schremser. In:
JBL 99 (2000), S. 275-278.
139
sis gestellt werden. Die Redaktionsstelle wurde von
100 auf 200 Prozent aufgestockt und auf wenig-
stens zwei bis drei Personen aufgeteilt. Im Jahr
2001 wird das HLFL mit der Anstellung neuer
Fachkräfte seine Tätigkeit fortführen. Anlässlich
des 200. Geburtstags der staatlichen Unabhängig-
keit Liechtensteins im Jahr 2006 wird das HLFL in
Buchform erscheinen.
VERLAGSTÄTIGKEIT
Seit 1901 gibt der Historische Verein für das Fürs-
tentum Liechtenstein ein Jahrbuch im Selbstverlag
heraus. In dieser Form und Kontinuität ist der Ver-
lag des Historischen Vereins der älteste Buchverlag
in Liechtenstein. Die Buchpublikation im Eigen-
verlag beschränkte sich vorerst auf das Jahrbuch,
woraus einzelne Beiträge auch als Sonderdrucke
und Spezialausgaben erschienen. Das von Otto Se-
ger in den 1960er Jahren zusammengestellte Liech-
tensteiner Sagenbuch kann hier als Beispiel für
eine frühe Sonderpublikation dienen.
Ein weiteres Beispiel ist die aus Anlass des 200-
jährigen Unabhängigkeitstages der Vereinigten
Staaten von Amerika durch Norbert Jansen erar-
beitete Geschichte der liechtensteinischen Auswan-
derung nach Amerika. Die unter dem plakativen
Titel «Nach Amerika!» 1976 erschienene Sonder-
publikation, auch im Jahrbuch Band 76 enthalten,
verkaufte sich - wie schon das Sagenbuch - ziem-
lich gut. 6 8 4 Eine inhaltlich wesentlich erweiterte
Neuausgabe von «Nach Amerika!» - bewerkstelligt
von Norbert Jansen und Pio Schurti - erschien
dann in zwei Bänden 1998 als Gemeinschaftspro-
duktion im Verlag des Historischen Vereins und im
Chronos Verlag in Zürich. 5 8 5
Weitere Buchpublikationen, die vom Verlag des
Historischen Vereins zusammen mit einem ande-
ren Verlag herausgegeben wurden, waren 1993 die
zweibändige Dissertation «Die Wiederherstellung
von Schloss Vaduz 1904 bis 1914» von Elisabeth
Castellani Zahir (zusammen mit dem Konrad
Theiss-Verlag in Stuttgart),686 1994 die Publikation
«Fabriklerleben. Industriearchäologie und Anthro-
pologie» (gemeinsam mit dem Chronos Verlag,
Zürich) sowie 1997 die Forschungsarbeit von Peter
Geiger «Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissi-
gerjahren 1928-1939» 6 8 7 (ebenfalls eine Koproduk-
tion mit dem Chronos Verlag, Zürich).
Der aus Anlass des Jubiläums «300 Jahre Liech-
tensteiner Unterland» 1999 publizierte «Kaufver-
trag der Herrschaft Schellenberg 1699» erschien
indessen nur im Verlag des Historischen Vereins. 6 8 8
Dies galt auch für die 1999 und 2000 veröffent-
140
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
lichten Publikationen «Die Orts- und Flurnamen
des Fürstentums Liechtenstein» und die von Mag-
dalena Maczynska verfasste Darstellung «Schellen-
berg - Borscht. Ein prähistorischer Siedlungsplatz
im Fürstentum Liechtenstein».
Der Verlag des Historischen Vereins begann in
den letzten Jahren auch Publikationen aus an-
deren Verlagen zu vertreiben, sofern sie einen
Bezug zur Geschichte und Landeskunde Liech-
tensteins haben. So übernahm der Verein für die
von Arthur Brunhart im Selbstverlag der Peter Kai-
ser-Stiftung herausgegebene Neu-Edition von Peter
Kaisers «Geschichte des Fürstenthums Liechten-
stein» (1847) den Verkauf und den Versand. Diese
Tätigkeit nimmt der Verein auch wahr für die von
Arthur Brunhart verfasste und 1993 im Schalun-
Verlag erschienene Peter Kaiser-Biographie.6 8 9 Auch
kann beispielsweise das 1990 im Selbstverlag der
Liechtensteiner Mundartstiftung erschienene Buch
«Die Mundarten von Liechtenstein», verfasst von
Alexander Frick, beim Historischen Verein bestellt
werden.
In einem Fall war der Historische Verein Mither-
ausgeber einer Publikation, die jedoch von einem
anderen Verlag vertrieben wurde. Für die Heraus-
gabe einer Publikationsreihe «Quellen und Studien
zur Geschichte des Fürstenhauses Liechtenstein»
wurde 1983 ein Vertrag mit dem Böhlau-Verlag in
Graz abgeschlossen. Demzufolge übertrugen die
Fürstlichen Sammlungen und der Historische Ver-
ein für das Fürstentum Liechtenstein als Herausge-
ber dem Böhlau-Verlag das alleinige Verlags- und
Vertriebsrecht an dieser Publikationsreihe. Für den
Historischen Verein entfiel dadurch die ursprüng-
lich vorgesehene Drucküberwachung, Lagerung
und der Vertrieb dieser Werke. 6 9 0
Auf Anfrage des Liechtenstein-Verlags nahm der
Historische Verein 1972 erstmals an der Frankfur-
ter Buchmesse teil. An einem liechtensteinischen
Gemeinschaftsstand konnte der Verein sein Jahr-
buch auflegen. 6 9 1 Diese Teilnahme an der Frankfur-
ter Buchmesse zeitigte bezüglich der Nachfrage
nach den vom Historischen Verein verlegten Bü-
chern keine Ergebnisse. Der Vorstand vertrat des-
halb die Ansicht, auf eine weitere Teilnahme zu
verzichten. 6 9 2 Erst ab 1990 nahm der Historische
Verein mit seinen Publikationen wieder am Liech-
tenstein-Stand an der Frankfurter Messe teil, im
Wissen, dass damit auch ein nicht zu unterschät-
zendes Stück Öffentlichkeitsarbeit geleistet wird.
Damit kann der Historische Verein mit seinen
Büchern auch ein Stück Image-Werbung für Liech-
tenstein betreiben. 6 9 3
684) Protokoll der Vorstandssitzung vom 9. Februar 1977.
685) Vgl. JBL 98 (1999), Jahresbericht, S. 263 f.
686) Buchpräsenta t ion am 20. Juni 1993 im Rathaussaal in Vaduz.
687) Buchpräsenta t ion am 30. November 1997 im Rathaussaal in
Schaan.
688) Die Edition des Kaufvertrags besorgte Claudius Gurt, Mitarbei-
ter dos Liechtensteinischen Urkundenbuches. Das vom Liechten-
stein-Institut in nummerierter Auflage von 600 Stück im Verlag des
Historischen Vereins herausgegebene Buch wurde am 12. März
1999 im Kapitelsaal des Pfarrhauses in Bendern der Öffentlichkeit
vorgestellt.
689) Arthur Brunhart: Peter Kaiser 1793-1864. Vaduz, 1993. Zweite
durchgesehene Auflage, hrsg. gemeinsam mit dem Chronos-Verlag
Zürich, im Jahr 1999.
690) Protokoll der Vorstandssitzung vom 18. Mai 1983.
691) Vgl. Protokoll der Vorstandssitzung vom 1. Februar 1972.
692) Protokoll der Vorstandsssitzung vom 21. Febraur 1973.
693) JBL 90 (1990), Vereinschronik, S. 340. - Der Hinweis auf die
Image-Werbung für Liechtenstein wurde vom Autor ergänzt .
141
Kontakte zu anderen
historischen Vereinen und
wissenschaftlichen Instituten
Gemeinsame Veranstal-
tung der Historischen Ver-
eine und Gesellschaften
von Liechtenstein, St. Gal-
len, Sargans-Wartau und
G r a u b ü n d e n im Herbst
1933 auf dem Burghüge l
Gutenberg in Balzers
Die Forschungstätigkeit des Historischen Vereins
brachte es von selbst mit sich, dass der Gedanken-
austausch und die Zusammenarbeit mit ähnlichen
Vereinen und Organisationen in den Nachbarlän-
dern und darüber hinaus gesucht und gefunden
wurde. Zudem begann der Historische Verein
bereits früh, mit solchen Organisationen auch in
einen Schriftentausch zu treten. Der Verein schick-
te das Jahrbuch und erhielt im Gegenzug die Pub-
likation der Partnerorganisation.
Frühes Fundgut aus Liechtenstein wanderte bei-
spielsweise ins Vorarlberger Landesmuseum nach
Bregenz ab, da es in Liechtenstein noch keine ähn-
liche Institution gab. So waren manche Kontakte,
gerade zur Nachbarschaft, naturgemäss bereits
vorgegeben. Auf die intensive Zusammenarbeit mit
142
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS BIEDERMANN
der Schweizerischen Gesellschaft für Ur- und Früh-
geschichte sowie mit dem Schweizerischen Lan-
desmuseum in Zürich, gerade im Zusammenhang
mit den Ausgrabungen in Liechtenstein, wurde be-
reits im Kapitel «Ausgraben» hingewiesen.
Der Historische Verein war 1986 Gründungs-
mitglied des Liechtenstein-Instituts. Der Vorstand
beschloss 1987 einstimmig, dem Liechtenstein-In-
stitut sämtliche Jahrbücher des Historischen Ver-
eins - soweit verfügbar - als Geschenk zu überge-
ben. 6 9 4 Es ist Bestandteil der Statuten des Liech-
tenstein-Instituts, dass vom Institut abgenommene
Forschungsbeiträge nach Möglichkeit bei wissen-
schaftlichen Verlagen, folglich auch beim Verlag
des Historischen Vereins, veröffentlicht werden. 6 9 r >
Eine erste Frucht dieses Zusammenwirkens zwi-
schen Liechtenstein-Institut und dem Historischen
Verein ist das 1997 erschienene zweibändige Werk
«Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissigerjahren
1928-1939», das von Peter Geiger als Forschungs-
beauftragter am Institut erarbeitet wurde und im
Verlag des Historischen Vereins erschien. Beim
1999 im Verlag des Historischen Vereins publi-
zierten «Kaufvertrag der Herrschaft Schellenberg
1699» fungierte das Institut als Herausgeber.
Der Historische Verein für das Fürstentum
Liechtenstein war 1989 Gründungsmitglied des
Arbeitskreises für Regionale Geschichte, welcher in
Feldkirch seinen Sitz hat. 6 9 6 Der Arbeitskreis ver-
stand sich jedoch nicht als neuer Verein, sondern
sah seinen Zweck in der Zusammenarbeit beste-
hender Vereine der alten Region Churrätien im
Hinblick auf die Erforschung der regionalen Ge-
schichte, wobei die Erforschung der Zeitgeschichte
- mit Beginn der Aufklärung und Industrialisierung
im 18. Jahrhundert - im Mittelpunkt stehen sollte.
Weitere Ziele dieses Arbeitskreises, der auch heute
noch existiert, sind u. a. der Austausch von Infor-
mationen, Vorträge, Publikationen, geschichtsdidak-
tische Zusammenarbeit usw. Nach Möglichkeit
nimmt der Vereinsvorsitzende oder eine andere
Vertretung des Vereins an den Sitzungen und Ver-
anstaltungen des Arbeitskreises teil.
GEMEINSAME VERANSTALTUNGEN
Die Zahl von gemeinsamen Veranstaltungen und
gegenseitigen Einladungen ist gross. Der Histori-
sche Verein nahm immer wieder Angebote wahr,
bei Versammlungen und weiteren Aktivitäten von
befreundeten Vereinen teilzunehmen. Andererseits
waren wiederholt auch ausländische Vereinigun-
gen, besonders aus den benachbarten Staaten, in
Liechtenstein zu Gast. Die folgende Auflistung sol-
cher Anlässe im Überblick zeigt auch, dass die
Tätigkeiten des Historischen Vereins in der Nach-
barschaft und im weiteren Ausland auf ein gutes
Echo stiessen.
Auf Einladung des Historischen Vereins St. Gal-
len nahmen mehrere Vorstandsmitglieder an des-
sen Jahresversammlung von 1913 in Buchs teil.
Nach einem Vortrag über die Freiherren von Sax
zu Hohensax fand eine geführte Besichtigung von
Schloss Werdenberg statt.6 9 7
Die Historisch-Antiquarische Gesellschaft von
Graubünden lud auf den 10. Juni 1923 den Histori-
schen Verein für das Fürstentum Liechtenstein zur
Teilnahme an ihrer Tagung ein. Nach einer Exkur-
sion auf die Höhen des Fläscherberges hielt Oberst-
korpskommandant von Sprecher, zugleich Mitglied
des Historischen Vereins für das Fürstentum Liech-
tenstein, im Schloss Brandis in Maienfeld einen
Vortrag über die Festung St. Luzisteig, der «ein gut
Stück liechtensteinischer Landesgeschichte» bein-
haltete. 6 9 8
Auf Anregung des katholischen Pfarrers Paul
Diebolder von Azmoos, Vorsitzender der Histori-
schen Sektion Sargans-Wartau und zugleich Mit-
glied des Historischen Vereins für das Fürstentum
Liechtenstein, fand am 13. Juli 1930 auf der Burg
694) Protokoll der Vorstandssitzung vom 4. Dezember 1987.
695) Liechtenstein-Institut, Statut von 1986, Artikel 16.
696) JBL 89 (1991), S. 223.
697) Alfons Feger: Die ersten 25 Jahre unseres Historischen Vereins
1900/1925. In: JBL 25 (1925). S. 3.
698) Ebenda.
143
Gutenberg in Balzers eine gemeinsame Tagung
statt. An der gut besuchten Veranstaltung hielt Karl
Minst aus Triesen einen Vortrag über die Geschich-
te der Burg Gutenberg. 6 9 9 Ebenfalls einer Initiative
von Paul Diebolder ist eine weitere gemeinsame
Tagung der beiden Nachbarvereine zu verdanken,
die im Juni 1932 in Trübbach stattfand. 7 0 0
Die Alpenländische Forschungsgemeinschaft tag-
te vom 17. bis 19. September 1932 in Vaduz. Die-
ser Anlass führte «eine beachtenswerte Zahl Ge-
lehrter, darunter mehrere von grossem Rufe», nach
Liechtenstein. Die Tagungsteilnehmer «beehrten
am 18. September auch die Versammlung des his-
torischen Vereins ... mit ihrem Besuche». 7 0 1
Am 8. Oktober 1933 fand eine gemeinsame
Veranstaltung des Historischen Vereins von St. Gal-
len, der Historischen Sektion Sargans-Wartau und
der Historisch-Antiquarischen Gesellschaft von
Graubünden zusammen mit dem Historischen
Verein für das Fürstentum Liechtenstein statt.702
Die Vereine trafen sich zu gut besuchten Versamm-
lungen auf Gutenberg in Balzers sowie in Vaduz.
Auf Gutenberg hielt Reallehrer Felder aus St. Gal-
len einen Vortrag zur Geschichte der Burg. 7 0 3
Die Historisch-Antiquarische Gesellschaft von
Graubünden lud auf den 4. Oktober 1936 den
Historischen Verein von St. Gallen, den Heimat-
bund Sargans-Wartau sowie den Historischen Ver-
ein für das Fürstentum Liechtenstein zu einer
gemeinsamen Herbstfahrt nach Fläsch, Fläscher-
berg, St. Luzisteig und Maienfeld ein. Der liechten-
steinische Verein war durch acht Mitglieder vertre-
ten. Der Vorsitzende der einladenden Gesellschaft,
Professor Friedrich Pieth, hielt einen Vortrag über
alte Verkehrswege rund um den Fläscherberg und
über die Geschichte der St. Luzisteig, währenddem
W. Burkart aus Chur über die hier jüngst erfolgten
Ausgrabungen berichtete. Anschliessend folgte ei-
ne Führung durch das Schloss Salenegg in Maien-
feld. Dort wurde auch das Mittagessen eingenom-
men. 7 0 4 An der Jahresversammlung 1936 in Eschen
wurde hierzu ergänzend festgehalten: «Solche ge-
meinsame Tagungen können für unsere Zwecke
nur fördernd sein; auch das Ansehen des Landes
kann dadurch nur gewinnen». 7 0 5
Am 26. Juni 1938 feierte der Heimatbund Sar-
ganserland sein zehnjähriges Bestehen. Damit ver-
bunden war die Eröffnung eines Heimatmuseums
in Flums. Auf Einladung nahm an diesem Festakt
auch eine Vertretung des Historischen Vereins
tei l . 7 0 6 Eine gemeinsame Tagung von Heimatbund
Sarganserland und Historischem Verein war für
den Juli 1939 in Vaduz geplant, musste jedoch aus
seuchenpolizeilichen Rücksichten unterbleiben. 7 0 7
Die Schweizerische Gesellschaft für Ur- und
Frühgeschichte lud im Sommer 1945 den Histori-
schen Verein zu einer Besichtigung einer grösseren
Pfahlbaugrabung nach Arbon ein. Dieser Einla-
dung leisteten 20 Personen Folge. 7 0 8
Die Vereinigung für Familienkunde von St. Gal-
len und Appenzell führte am 29. September 1946
eine Tagung in Vaduz durch. Die Mitglieder des
Historischen Vereins wurden über die Presse zur
Teilnahme eingeladen. 7 0 9 Durch diesen Anlass er-
hielt die Familienforschung neue Impulse; David
Beck referierte über den Stand der liechtenstei-
nischen Familienforschung.
Vom 2. bis 5. August 1951 fand eine Tagung des
internationalen Burgenforschungsinstituts in Bad
Ragaz, Sargans und Vaduz statt. Die liechtensteini-
sche Regierung delegierte Vorstandsmitglied Eugen
Nipp vom Historischen Verein zur Teilnahme an
dieser Veranstaltung. 7 1 0
Am 7. Juni 1953 besuchte eine Vertretung der
Historisch-Antiquarischen Gesellschaft des Kan-
tons Graubünden Liechtenstein. David Beck führte
die Besuchergruppe durch die Ausgrabungsstätte
auf dem «Borscht» in Schellenberg. 7 1 1
An der in Feldkirch abgehaltenen Jahresver-
sammlung des Vereins für Geschichte des Boden-
sees und seiner Umgebung nahmen 1955 drei Vor-
standsmitglieder des Historischen Vereins tei l . 7 1 2
Vom 12. bis 16. Juni 1957 tagte in Bregenz der
Verband der West- und Süddeutschen Vereine für
Altertumskunde. Anlässlich der Exkursion am 15.
Juni besuchten die Teilnehmer auch die Ausgra-
bungen beim Kastell in Schaan und das Liechten-
steinische Landesmuseum. 7 1 3
Am 28. und 29. September 1963 fand in St. Gal-
len die Jahresversammlung der Schweizerischen
144
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT JAHRE DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte statt. Vor-
standsmitglied Josef Wolf nahm in Vertretung des
Vereins teil. Die Teilnehmer besuchten dann am
30. September das römische Kastell und die Kirche
St. Peter in Schaan. Sie wurden von Georg Malin
geführ t . 7 1 4
Der Verein für Geschichte des Bodensees und
seiner Umgebung hielt am 9. und 10. September
1967 seine Jahresversammlung in Vaduz ab. 7 1 5 Die
Veranstaltung wurde vom Historischen Verein be-
treut. Georg Malin referierte auch für diese Gäste
über das römische Kastell in Schaan. 7 1 6
Die Allgemeine Geschichtsforschende Gesell-
schaft der Schweiz hielt am 16. und 17. Oktober
1971 ihre Jahresversammlung in Vaduz ab. Georg
Malin informierte die Gäste auf dem Kirchhügel in
Bendern über die dortigen Ausgrabungen. 7 1 7
Auf Einladung des Historischen Vereins hielt die
Schweizerische Gesellschaft für Ur- und Frühge-
schichte vom 24. bis 26. Juni 1972 ihre Jahresver-
sammlung in Vaduz ab. Am Samstag, 24. Juni, fand
die eigentliche Generalversammlung im «Wald-
hotel» in Vaduz statt. Für den Sonntag, 25. Juni,
war eine Exkursion mit Besichtigung des Kastells
in Schaan, der Kapelle St. Mamerten in Triesen so-
wie der Burg Gutenberg in Balzers angesagt. Diese
historischen Gebäude wurden von Georg Malin und
Architekt Hans Rheinberger vorgestellt. Am Mon-
tag, 26. Juni, fand eine Begehung des Eschner-
bergs mit Besichtigung von «Borscht», «Lutzen-
güetle», «Malanser» und «Oberer Burg» in Schel-
lenberg statt. Diese historischen Stätten wurden
von Elmar Vonbank, Felix Marxer, Manfred Wan-
ger und Werner A. Graf vorgestellt. Georg Malin
führte abschliessend durch die Ausgrabungen bei
der Pfarrkirche in Bendern. 7 1 S
Als Vertreter des Historischen Vereins beteilig-
ten sich Felix Marxer und Gustav Wilhelm vom
1. bis 5. Oktober 1973 am Österreichischen Histori-
kertag in Bregenz. Anlässlich dieser Veranstaltung
wurde vom Historikertag auch das neu eingerich-
tete Liechtensteinische Landesmuseum in Vaduz
besucht.7 1 9
Am 18. und 19. September 1976 fand die Jah-
resversammlung der Schweizerischen Gesellschaft
für Volkskunde in Vaduz statt. Zwei Mitglieder des
Historischen Vereins hielten an dieser Versamm-
lung Vorträge: Engelbert Bucher berichtete über
«Theodulssagen», Florin Frick orientierte über
«Zeichen und Inschriften in unseren Alpen». 7 2 0
Am 28. April 1981 fand in Triesenberg die Ta-
gung der Vereinigung Schweizerischer Kirchen-
geschichte statt. Kurz darauf, am 8. und am 9. Mai
1981, tagte auf Einladung des Historischen Vereins
die Vereinigung des archäologisch-technischen
Personals der Schweiz im Schulhaus Ebenholz in
Vaduz. Felix Marxer hielt einen Lichtbildervortrag
über die Archäologie in Liechtenstein. Otto Seger
699) Protokoll der Jahresversammlung vom 18. September 1932 in
Balzers.
700) JBL 32 (1932). Vereinschronik. S. 97.
701) Ebenda, S. 99.
702) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 4. Oktober 1933.
703) JBL 33 (1933), S. 143.
704) JBL 36 (1936), Vereinschronik, S. 99.
705) Protokoll der Jahresversammlung vom 8. November 1936 in
Eschen.
706) JBL 38 (1938). Vereinschronik, S. 154.
707) JBL 39 (1939), Vereinschronik, S. 121.
708) Protokoll der Jahresversammlung vom 11. November 1945 in
Vaduz: JBL 45 (1945). Vereinschronik. S. 173.
709) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 7. September 1946.
710) Protokoll der Jahresversammlung vom 11. November 1951 in
Vaduz.
711) JBL 53 (1953), Vereinschronik, S. 221.
712) JBL 55 (1955). Vereinschronik, S. 148.
713) JBL 57 (1957), Vereinschronik, S. 286.
714) JBL 63 (1964), Vereinschronik. S. 258.
715) Protokolle der Vorstandssitzungen vom 26. Oktober 1966 und
vom 13. Apr i l 1967.
716) JBL 67 (1967). Vereinschronik, S. 213.
717) Protokoll der Vorstandssitzung vom 1. Oktober 1970.
718) Protokoll der Vorstandssitzung vom 5. Mai 1972.
719) Protokoll der Vorstandssitzung vom .30. Oktober 1973.
720) JBL 76 (1976), Vereinschronik, S. 351.
145
gab einen Überblick zur Geschichte des Fürsten-
tums Liechtenstein.7 2 1
Vom 19. bis 22. September 1984 fand in Vaduz
die 8. Arbeitstagung der alemannischen Dialek-
tologen statt. Die Tagung stand unter der wissen-
schaftlichen Leitung von Professor Eugen Gabriel.
Das Patronat hatte der Historische Verein über-
nommen. Organisiert wurde die Veranstaltung vom
Liechtensteiner Schulamt. Zwei der Referenten be-
handelten auch Liechtenstein-spezifische Themen:
Professor Eugen Gabriel sprach über «Die Mundart
von Triesenberg und der Vorarlberger Walser» und
gab einen Arbeitsbericht zum Vorarlberger Sprach-
atlas mit Einschluss Liechtensteins. Professor Hans
Stricker bot einen Überblick zur Tätigkeit des Liech-
tensteiner Namenbuches. 7 2 2
Ein Historisches Seminar der Universität Tübin-
gen zur Geschichte Liechtensteins fand vom 2. bis
6. September 1984 in Vaduz statt. An dieser Ta-
gung im Hotel «Schlüssle» nahmen 26 Professoren,
Assistenten und Studenten teil. Geleitet wurde das
Seminar von den Professoren Volker Press und
Dietmar Willoweit. Fürst Franz Josef II. spendete
5 000 Franken, die Guido Feger-Stiftung 3 000
Franken an die Tagungskosten. Den Rest in Höhe
von rund 7 000 Franken übernahm der Historische
Verein. 7 2 3 Die Früchte dieses Historischen Semi-
nars konnten schliesslich 1987 in Buchform prä-
sentiert werden. Die entsprechende Publikation mit
dem Titel «Fürstliches Haus und staatliche Ord-
nung» wurde am 17. August 1987 im Vaduzer Rat-
haussaal der Öffentlichkeit vorgestellt.7 2 4
Der Vereinsvorstand besuchte am 19. April 1988
den Vortrag seines Vorsitzenden Alois Ospelt im Pa-
lais Liechtenstein in Feldkirch. Ospelt sprach über
das Thema «Liechtenstein im österreichischen Zoll-
verband». 7 2 5 Ebenfalls im Palais Liechtenstein refe-
rierte Peter Geiger am 19. Oktober 1989 zum The-
ma «Gefahr der nationalsozialistischen Machter-
greifung 1938/39 in Liechtenstein». 7 2 6
SCHRIFTENTAUSCH
Die Bemühungen des Vereinsvorstandes, «mit
einer Anzahl von historischen Vereinen und wis-
senschaftlichen Anstalten, deren jährliche Veröf-
fentlichungen mitunter auch für unsere Landes-
geschichte von Interesse sind, in Schriftentausch zu
treten», hatten schon früh Erfolg. Damit erfuhr
auch das Liechtensteiner Jahrbuch über die Lan-
desgrenze hinaus Beachtung, wo es von der Presse
durchwegs günstig beurteilt wurde. 7 2 7
In den Jahresberichten 1902 und 1903 wurden
erstmals Verzeichnisse jener historischen Vereine
und wissenschaftlichen Institute aufgeführt, mit
welchen der Historische Verein für das Fürstentum
Liechtenstein einen Schriftentausch begonnen hat-
te. Ein regionaler Austausch fand statt mit dem
k. u. k. Staatsgymnasium und der «Stella Matutina»
in Feldkirch, dem Vorarlberger Museums-Verein
in Bregenz (ab 1902) sowie mit der Historisch-
Antiquarischen Gesellschaft von Graubünden in
Chur. Mit 19 weiteren Institutionen, davon sieben
in der Schweiz, drei in Österreich und neun in
Deutschland, unterhielt der Historische Verein be-
reits im Jahr 1902 einen Schriftentausch. 7 2 8
Im Jahr 1904 wurde ein Schriftentausch mit
dem Verein für Geschichte des Bodensees und sei-
ner Umgebung in Friedrichshafen vereinbart. 7 2 9 Ab
1910 folgte ein Schriftentausch mit dem Verein für
christliche Kunst und Wissenschaft in Vorarl-
berg. 7 3 0 Bereits seit 1905 stand der Historische
Verein für das Fürstentum Liechtenstein in einem
Tauschschriften-Verkehr mit dem historischen Ver-
ein des Kantons St. Gallen. 7 3 1
Der Historische Verein vereinbarte 1923 einen
Schriftentausch mit der «Societad raeto-romont-
scha» in Chur.
Ein früher Hinweis, dass der Tauschschriften-
Verkehr nicht immer reibungslos funktionierte,
stammt aus dem Jahr 1923: Alfons Feger wurde
nämlich damit beauftragt, jene Gesellschaften an-
zuschreiben, die ihre Austauschexemplare «längst
nicht mehr schicken oder überhaupt auch jene, mit
denen man früher im Verkehr s tand» . 7 3 2
146
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Im Jahr 1925 pflegte der Historische Verein für
das Fürstentum Liechtenstein Schriftentausch mit
55 Partnervereinen und wissenschaftlichen Insti-
tutionen. Jedoch «[konnten] infolge der Geldnot
manche Vereine kein Jahrbuch mehr oder höchs-
tens einen kurzen Jahresbericht herausgeben. Es
soll [zudem] bemerkt sein, dass unsere Gabe im
Verhältnis zur Gegenleistung mehrerer Vereine
eine bescheidene ist». Und dennoch: «Dass unser
Jahrbuch in über 100 Exemplaren im Auslande be-
kannt ist, hat für unser Ländchen zweifelsohne
mehrfache Bedeutung». 7 3 3
Das Lehrerseminar Tisis bat 1928 um Zusen-
dung der seit 1904 erschienenen Jahrbücher. Da
zahlreiche Liechtensteiner Schüler dieses Seminar
besuchten, schickte der Historische Verein die
Bücher kostenlos. Im Gegenzug bat der Verein aber
das Lehrerseminar um Übermittlung seiner jeweili-
gen Jahresberichte. 7 3 4
Im Jahr 1929 wurde neu ein Schriftentausch
vereinbart mit der «Internationalen Markenbörse
Liechtenstein) » in Dornbirn sowie mit dem Rhein-
museum in Koblenz. Dem letzteren ist der regie-
rende Fürst Franz I. von Liechtenstein als Patron
beigetreten, wobei er gleichzeitig verfügte, dass der
jeweilige Vorsitzende des Historischen Vereins ihn
im Rheinmuseum vertrete.7 3 5 Damit waren sämtli-
che an den Rhein angrenzenden Länder Mitglieder
des Rheinmuseums. 7 3 6 Das Rheinmuseum Koblenz
führte 1935 seine Jahrestagung in Chur und in Va-
duz durch. 7 3 7 Leider war die Tagung «nur schwach
besucht», «die reichsdeutschen Vertreter fehlten
aus Devisengründen». 7 3 8
Die Zahl der Vereine und Institutionen, mit
denen der Historische Verein für das Fürstentum
Liechtenstein Schriftentausch pflegte, erhöhte sich
bis ins Jahr 1930 auf 65. Der Bericht desselben
Jahres hielt dazu fest: «Es ergibt sich hieraus jedes
Jahr eine wertvolle Bereicherung der Bücherei.
Diese Bücherei steht selbstverständlich sämtlichen
Mitgliedern zur Benützung offen und wolle man
sich wegen Ausleihen von Büchern an den Bib-
liothekar, Herrn fürstl. Oberingenieur Gabriel Hie-
ner in Vaduz wenden» . 7 3 9
Der Historische Verein beschloss 1932 einen
Schriftentausch mit der Universität Uppsala (Schwe-
den). 7 4 0 Neu in einen Schriftentausch trat der Histo-
rische Verein 1933 mit dem Verein zum Schutze
der Alpenpflanzen in München, welcher im Sep-
tember desselben Jahres seine ordentliche Jahres-
versammlung in Vaduz abhielt. 7 4 1
Ab 1936 mussten die Tauschgeschäfte mit
Deutschland bei der Schweizerischen Verrech-
nungsstelle angemeldet werden. 7 4 2 Und anlässlich
der Jahresversammlung 1936 wurde festgehalten:
721) JBL 81 (1981). Vereinschronik, S. 237.
722) Protokoll der Vorstandssitzung vom 27. September 1984. -
Ebenso JBL 84 (1984), Vereinschronik, S. 284.
723) Protokoll der Vorstandssitzung vom 27. September 1984.
724) Protokoll der Vorstandssitzung vom 3. Juli 1987.
725) Protokoll der Vorstandssitzung vom 15. Apri l 1988.
726) Protokoll der Vorstandssitzung vom 10. Oktober 1989.
727) JBL 2 (1902), S. 299.
728) JBL 3 (1903), S. 214.
729) JBL 4 (1904). Vereinschronik, S. 243.
730) JBL 10 (1910), Vereinschronik. S. 185.
731) JBL 5 (1905). Vereinschronik. S. 219.
732) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 21. März 1923.
733) Alfons Feger: Die ersten 25 Jahre unseres Historischen Vereins
1900/1925. In: JBL 25 (1925), S. 8.
734) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 7. März 1928.
735) JBL 29 (1929). Vereinschronik, S. 159. «Bei der diesjährigen
Versammlung des Rheinmuseums in Bonn am 15. September 1929
ist der Beitritt Seiner Durchlaucht mit grossem Beifall aufgenommen
worden und ist der Vorsitzende unseres Vereins in den Vorstand des
Rheinmuseums gewählt worden .»
736) Protokoll der Jahresversammlung vom 6. Oktober 1929 in
Triesen.
737) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 1. Mai 1935.
738) Protokoll der Jahresversammlung vom 3. November 1935.
739) JBL 30 (1930), Vereinschronik, S. 110.
740) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 3. Oktober 1932.
741) JBL 33 (1933), Vereinschronik. S. 140.
742) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 28. Oktober 1936.
147
«Der Verkehr mit dem Ausland von Verein zu Ver-
ein ist schwierig». 7 4 3
Für die Aufstellung der zahlreichen und wertvol-
len Tauschschriften fehlte dem Verein 1941 noch
der nötige Raum: «Es ist dies umso bedauerlicher,
als unter diesen Tauschschriften viele sind, deren
Benützungsmöglichkeit manchmal sehr erwünscht
wäre» . 7 4 4
Professor Otto Seger ordnete die Tauschschriften
in der Vereinsbibliothek. Er führte diese Arbeit
vom Oktober 1945 bis Januar 1946 aus. Anschlies-
send wurde er mit der Katalogisierung betraut.7 4 5
Im Herbst 1946 wurde das Verzeichnis der Tausch-
vereine durchgegangen und es wurde beschlossen,
einige Organisationen, von denen noch auf längere
Zeit keine Tauschstücke zu erwarten waren, zu
streichen. 7 4 6
Seit dem Jahr 1946 konnte die Vorarlberger
Zeitschrift «Montfort» im Rahmen eines Schriften-
tausches künftig regelmässig bezogen werden. 7 4 7
Der Vereinsvorstand beschloss 1949, dem Bun-
desgymnasium in Feldkirch die fehlenden Jahr-
bücher ab Band 45 zuzuschicken; es fehlten dort
aber alle Bücher ab Band 38, die offenbar während
dem Krieg nicht geliefert werden konnten. Das
Bundesgymnasium wurde gleichzeitig gebeten, als
Gegenleistung seine Jahresberichte wieder dem
Historischen Verein zuzuschicken. Auch an die
Österreichische Nationalbibliothek in Wien wurden
Jahrbücher nachgeliefert, und zwar die Jahrgänge
1944 bis 1946. 7 4 8
Nur selten wurde ein Angebot zum Schriften-
tausch, das an den Verein herangetragen wurde,
abgelehnt. Sei es, weil die Gegengabe zu beschei-
den war oder aus politischen Gründen. Zwei Bei-
spiele seien exemplarisch genannt.
Der Vereinsausschuss beantragte 1944 bei der
Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte
einen Schriftentausch, 7 4 9 der sodann bestätigt
wurde. 7 5 0 Der Historische Verein für das Fürsten-
tum Liechtenstein erklärte jedoch, dass er mit der
Zusendung des Geschäftsberichtes nicht zufrieden
sei, weshalb die Gesellschaft für Schweizerische
Kunstgeschichte in der Folge nicht auf den Tausch-
verkehr eintrat.7 5 1
Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) Vorarlberg
bemühte sich 1949 um einen Schriftentausch mit
dem Historischen Verein. Für das Jahrbuch aus
Liechtenstein hätte die Partei als Gegengabe politi-
sche Schriften geschickt. Dieses Ansuchen wurde
vom Historischen Verein abgelehnt.7 5 2
Heute steht der Historische Verein mit rund 140
Vereinen und Institutionen in einem Schriften-
tausch. Ein Grossteil dieser Organisationen befin-
det sich im deutschsprachigen Ausland. Aber auch
an Institutionen in Belgien, Frankreich, Italien, Kro-
atien, Luxemburg, Polen, Rumänien, Schweden,
Slowakei, Slowenien, Ukraine, Ungarn sowie in
den Vereinigten Staaten von Amerika wird heute
das Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürs-
tentum Liechtenstein geschickt. Das Jahrbuch ist
damit auch zu einem Werbeträger für das Land
Liechtenstein im Ausland geworden. Das Buch
stellt derart nicht nur eine gelungene Visitenkarte
für den Verein, sondern auch für das ganze Land
dar.
148
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT J A H R E DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
Schlussbetrachtung
Der Rückblick auf die ersten 100 Jahre seines Be-
stehens zeigt, dass der Historische Verein für das
Fürstentum Liechtenstein vieles angeregt und ver-
wirklicht hat, das aus dem heutigen kulturellen Le-
ben Liechtensteins nicht mehr wegzudenken ist: so
etwa das Landesmuseum, die archäologische For-
schung, die Impulse zum Aufbau des Archiv- und
Bibliothekswesens, die Bemühungen um den Kul-
turgüterschutz sowie um den Landschafts- und Na-
turschutz. Manche dieser Bereiche gehörten von
Anfang an zu den Kernaufgaben des Vereins. An-
dere Aufgaben sind dem Historischen Verein im
Laufe der Jahre zugefallen. Einige dieser Tätig-
keitsbereiche konnte der Verein allmählich an an-
dere, neu gegründete Organisationen abtreten.
Augenscheinliche Pionierarbeit leistete der Hi-
storische Verein im Bereich des Publikations- und
Verlagswesens. Die Herausgabe des Jahrbuches ist
zentraler Bestandteil der an der Gründungsver-
sammlung im Jahr 1901 beschlossenen Vereinssta-
tuten. Die darin festgelegte Bestimmung, dass das
Jahrbuch Aufsätze zur liechtensteinischen Ge-
schichte und Landeskunde enthalten soll, ist auch
heute noch gültig und aktuell. Die Jahrbuch-Reihe
mit den mittlerweile 100 Bänden stellt in ihrer Ge-
samtheit das bedeutendste Werk zur Geschichte
Liechtensteins dar. Sie legt nicht nur Rechenschaft
ab über das geschichtliche Forschen und über die
allgemeine Vereinstätigkeit. Mit dem Aufbau und
der Weiterführung dieser Publikationsform sichert
der Historische Verein darüber hinaus auch den
Fortbestand des ältesten Buchverlags im Fürsten-
tum Liechtenstein.
Ein zweiter wichtiger Aufgabenbereich liegt in
der Sammlung und Publikation von Urkunden. Die-
se für die Landesgeschichte relevanten Schrift-
stücke wurden während mehreren Jahrzehnten je-
weils als Anhang zum Jahrbuch veröffentlicht. Seit
den 1990er Jahren erscheint diese Urkunden-
sammlung, das sogenannte Liechtensteinische Ur-
kundenbuch, als eigenständige Publikationsform,
veröffentlicht im Verlag des Historischen Vereins.
Die Verlagstätigkeit erfuhr im Laufe der Zeit eine
zusätzliche Ausweitung, indem mehrere Monogra-
phien und Forschungsarbeiten, die den Umfang ei-
nes Jahrbuches überstiegen, als eigenständige
Buchpublikationen erschienen sind. Manche dieser
Forschungsarbeiten, besonders diejenigen von
überregionalem Interesse, wurden gleichzeitig im
Verlag des Historischen Vereins und in einem aus-
ländischen Zweitverlag veröffentlicht. Damit schuf
sich der Historische Verein ein Renommee als För-
derer und Publizist wichtiger historischer For-
schungsarbeiten, die im In- und Ausland Beach-
tung finden.
Entscheidend für das Wirken des Historischen
Vereins war die an der Jahresversammlung von
1912 beschlossene Ergänzung der Vereinsstatuten.
Die Zielsetzungen des Vereins wurden dabei um
wesentliche Elemente erweitert: Der Heimatschutz
sowie der Landschaftsschutz sind seither Bestand-
teile der Vereinsaufgaben. Gleichzeitig entschieden
die Vereinsmitglieder, dass das Jahrbuch inskünftig
auch Berichte über archäologische Funde und Er-
werbungen beinhalten solle. Damit wurde die drei
Jahre zuvor vom Vereinsvorsitzenden Albert
Schädler gemachte Anregung zur archäologischen
Erforschung Liechtensteins sowie zum Aufbau ei-
ner Sammlung von historisch wichtigen Gegen-
ständen und Objekten auch statutarisch festgesetzt.
Im Bereich des Heimatschutzes engagierte sich der
Verein immer wieder für den Erhalt historisch be-
deutsamer Gebäude und verwies dabei auch auf
die Schutzwürdigkeit gesamter Dorfbilder. Der Ver-
einsvorstand hatte entscheidenden Anteil an der
Erarbeitung des ersten Denkmalschutzgesetzes,
743) Protokoll der Jahresversammlung vom 8. November 1936 in
Eschen.
744) JBL 41 (1941), Vereinschronik. S. 158.
745) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 19. Oktober 1945: eben-
so: Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 7. Januar 1946.
746) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 7. September 1946.
747) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 18. Juni 1946.
748) Protokoll der Vorstandssitzung vom 9. Februar 1949.
749) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 3. September 1944.
750) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 30. November 1944.
751) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 22. Januar 1945.
752) Protokoll der Vorstandssitzung vom 12. Mai 1949.
149
das im Jahr 1944 in Kraft trat. Aufgrund dieses Ge-
setzes wurde eine Liste der schützenswerten Bau-
ten und Objekte erstellt, welche als Grundlage für
die spätere Kunstdenkmäler-Inventarisierung dien-
te. Dass die «Kunstdenkmäler des Fürstentums
Liechtenstein» 1950 in Buchform dargestellt wer-
den konnten, ist (auch) dem Engagement des Histo-
rischen Vereins zu verdanken. Das Anliegen des
Vereins, auch dem Schutz ganzer Gebäude-Ensem-
bles und Ortsbilder das nötige Augenmerk zu
schenken, floss dann in die 1977 erfolgte Revision
des Denkmalschutzgesetzes mit ein.
Das Engagement für den Landschaftsschutz um-
fasste nicht nur Bemühungen um den Erhalt von
Bau- und Kunstdenkmälern sowie Ortsbildern, son-
dern auch den Einsatz für den «thunlichsten
Schutz der Naturdenkmäler» (Paragraph 2, Absatz
2c der Vereinssatzungen von 1912). Der Histori-
sche Verein arbeitete mit bei der Schaffung eines
Naturschutzgesetzes, das im Jahr 1933 verabschie-
det wurde. Im Jahrbuch erschienen auch Aufsätze
mit naturhistorischem und naturwissenschaftli-
chem Inhalt, und der Verein engagierte sich immer
wieder im Bereich des Natur- und Umweltschutzes.
Seit den 1970er Jahren wurde der Verein in dieser
Aufgabe von anderen Organisationen, vornehmlich
von der neu gegründeten Liechtensteinischen Ge-
sellschaft für Umweltschutz, abgelöst.
Archäologische Ausgrabungen und die Anlegung
einer Sammlung von Fundgegenständen bildeten
seit 1912 - es wurde schon erwähnt - zentrale Ver-
einsanliegen. Im Bereich der Archäologie erwarb
sich der Verein grosse Verdienste, besonders bei
der ur- und frühgeschichtlichen Erforschung Liech-
tensteins. Federführend war hier während dreier
Jahrzehnte Lehrer David Beck, der sich durch den
Besuch von universitären Fachkursen in der
Schweiz die notwendigen Kenntnisse erworben
hatte. Besonders fruchtbringend war die Zusam-
menarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft für
Ur- und Frühgeschichte, mit dem Vorarlberger
Landesmuseum in Bregenz und dem Schweizeri-
schen Landesmuseum in Zürich. Das archäologi-
sche Fundgut, aber auch das weitere gesammelte
Kulturgut bildete die Basis für die Einrichtung ei-
nes vereinseigenen Museums. Dieses Museum war
in den 1930er Jahren auf Schloss Vaduz sowie in
den 1950er und 1960er Jahren im Gebäude der
Landesbank in Vaduz untergebracht. Seit 1972 ist
es - als Landesmuseum nunmehr eine eigene, vom
Historischen Verein losgelöste Institution - in der
ehemaligen herrschaftlichen Taverne im Städtli
von Vaduz untergebracht. Auch die Archäologie,
deren Grabungs- und Auswertungstätigkeit immer
grössere Ausmasse angenommen hatte, löste sich
in den 1990er Jahren vom Historischen Verein ab.
Sie ist seit 1999 innerhalb der Landesverwaltung
dem Hochbauamt angegliedert.
Lange Zeit vor der Gründung der Liechtensteini-
schen Landesbibliothek im Jahr 1961 war es der
Historische Verein gewesen, der eine landeskundli-
che Bücherei eingerichtet hatte. Der Verein sam-
melte, gemäss einem Grundsatzentscheid aus dem
Jahr 1923, das für die historische Forschung wich-
tige Schriftgut mit einem Bezug zu Liechtenstein
und zur Region. Über den Schriftentausch-Verkehr
mit zahlreichen ähnlichen Vereinen und Organisa-
tionen im Ausland konnte der Historische Verein
sein Jahrbuch für weitere Kreise bekannt und zu-
gänglich machen, und es erwuchs ihm im Gegen-
zug über den Erhalt der Schriften dieser Vereini-
gungen eine interessante historische und archäolo-
gische Fachbibliothek. Das 1901 erklärte Vereins-
ziel, für die liechtensteinische Geschichte relevante
Urkunden zu sammeln, ist mittlerweile zu einer
Aufgabe des ebenfalls 1961 gegründeten Liechten-
steinischen Landesarchivs geworden. Schon viele
Jahre vor dieser Archivgründung hatte der Histori-
sche Verein wiederholt eine sichere und sorgfältige
Aufbewahrung des Urkundengutes angemahnt.
Der Historische Verein hat in den ersten 100
Jahren seines Bestehens verschiedene Anliegen
und Projekte angeregt und (mit)initiiert. Viele die-
ser Vorhaben wurden später vom Staat oder von ei-
ner anderen Vereinigung übernommen bezie-
hungsweise weitergeführt. Im Bereich der landes-
kundlichen Forschung regte der Historische Verein
etwa die Erarbeitung eines Liechtensteiner Namen-
buches oder auch die Herausgabe eines Histori-
schen Lexikons an. Der Verein übernahm für diese
150
1901 BIS 2001: DIE ERSTEN HUNDERT JAHRE DES
HISTORISCHEN VEREINS / KLAUS B I E D E R M A N N
beiden langfristigen Projekte auch die Träger-
schaft. Während das Namenbuch - wichtige For-
schungsergebnisse liegen mit der abgeschlossenen
Aufarbeitung der Orts- und Flurnamen bereits vor
- weiterhin ein Vereinsprojekt ist, trat der Verein
auf Ende 2000 die Trägerschaft für das Historische
Lexikon an den Staat ab. Dass der Historische Ver-
ein immer wieder Aufgaben für das Land Liechten-
stein wahrgenommen hat, zeigt sich auch in der
stets gewährten finanziellen Unterstützung durch
die öffentliche Hand. Ohne Mitfinanzierung seiner
Arbeit durch den Staat und die Gemeinden wäre es
dem Verein nicht möglich gewesen, seine Tätigkei-
ten in dieser Form zu entfalten.
Der Historische Verein kann im zweiten Jahr-
hundert seines Bestehens weiterhin eine wichtige
Rolle spielen. Altes Kulturgut ist in Liechtenstein
gefährdeter denn je. Der Verein muss sich in Zu-
sammenarbeit mit der Arbeitsstelle Archäologie
und dem Landesmuseum um den Erhalt oder we-
nigstens um die Dokumentation dieses Kulturgutes
bemühen; denn dieses Kulturgut trägt zur Iden-
titätsfmdung bei, und gerade ein Kleinstaat wie
Liechtenstein muss auf Schaffung und Bewahrung
seiner Identität bedacht sein. Nicht umsonst heisst
es deshalb auch im Protokoll der Gründungsver-
sammlung von 1901: «Durch das Studium der Ver-
gangenheit lernen wir die Gegenwart begreifen
und damit eröffnet sich ein Blick in die Zukunft».
151
Anhang
JAHRESVERSAMMLUNGEN UND V O R T R A G E
SEIT 1901
Datum Ort
10. Feb. 1901 Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
01. Jun i 1902 Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
26. Jul i 1903 Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
17. Ju l i 1904 Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
29. Jun i 1905 Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
14. Okt. 1906 Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
15. Dez. 1907 Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
28. Sept. 1908 Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
05. Dez. 1909 Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
I L Dez. 1910
10. Dez. 1911
20. Okt. 1912
26. Okt. 1913
2 4 . J a n . 1915
24. Okt. 1915
31. Dez. 1916
11. Nov. 1917
Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
Balzers, Burg
Gutenberg;
Gasthaus «Post»
Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
Vaduz, Gasthaus
«Ki rch tha le r»
Vaduz, Gasthaus
«Löwen»
Referent/Referentin
Albert Schäd l e r
Johann Baptist Büchel
Johann Baptist Büchel
Albert Schäd le r
Johann Baptist Büchel
Albert Schäd l e r
Johann Baptist Büchel
Albert Schäd le r
Johann Baptist Büchel
Albert Schäd l e r
Josef Ospelt
Johann Baptist Büchel
Albert Schäd le r
Egon Rheinberger
Johann Baptist Büchel
Johann Baptist Büchel
Johann Baptist Büchel
Josef Ospelt
Wi lhe lm Beck
Thema
V e r e i n s g r ü n d u n g
Die Herren von Schellenberg
Schindelholzprozess von 1516 zwischen Triesen-
berg und Vaduz-Schaan
Inhalt der in unseren Gemeinde- und Genossen-
schaftsarchiven befindlichen Urkunden
«Meine Verö f fen t l i chungen i m historischen Jahr-
buch und die an denselben von dem k. k. Schulrate
Her rn Professor Josef Z ö s m a i r geüb te Krit ik»
Die alten Rechtsgewohnheiten und Landsord-
nungen der Grafschaft Vaduz und der Herrschaft
Schellenberg
Rebbau und Torkelordnungen f r ü h e r e r Zeit
Politische Ereignisse in Liechtenstein 1848 und
1849
Besitzerwerbungen des Klosters Al t St. Johann
i m Thur ta l in Liechtenstein
Die Urgeschichte unseres Landes mit Bezug-
nahme auf die praehistorischen und r ö m i s c h e n
Funde in Liechtenstein
Die liechtensteinischen Orts- und F lurnamen
Graf Wi lhe lm von Montfort , A b t von St. Gallen
Einige interessante Urkunden aus der letzten
Hohenemser Zeit
F ü h r u n g durch die Burg
Die Geschichte von Gutenberg
Die Burgen Liechtensteins
Heimatschutz
Volkssprüche
Einiges aus der Verfassungsgeschichte
Liechtensteins
152
1901 BIS 2001: DIE E R S T E N H U N D E R T J A H R E DES
HISTORISCHEN V E R E I N S / K L A U S B I E D E R M A N N
Datum
29. Dez. 1918
05. Okt. 1919
19. Sept. 1920
11. Sept. 1921
08. Okt. 1922
07. Okt. 1923
12. Okt. 1924
25. Okt. 1925
03. Okt. 1926
09. Okt. 1927
26. Feb. 1928
07. Okt. 1928
06. Okt. 1929
12. Okt. 1930
04. Okt. 1931
18. Sept. 1932
05. Nov. 1933
16. Sept. 1934
03. Nov. 1935
Ort
Vaduz
Mauren , Gast-
haus «Rössle»
Schaan, Gast-
haus «Post»
Referent/Referentin
Albert Schäd l e r
Johann Baptist Büche l
Alfons Feger
Eschen, Gasthaus Johann Baptist Büchel
«Kreuz»
Alfons Feger
Schaan, Gast-
haus «Post»
Vaduz, Gasthaus
«Löwen»
Balzers, Burg
Gutenberg
Bendern,
Gasthaus
«Löwen»
Ruggell, Gasthaus
« S t e r n e n »
Eugen Nipp
Josef Ospelt
Johann Georg Marxe r
Johann Baptist Büche l
Eugen Nipp
Thema
Das Hunger jahr 1817 i n Liechtenstein
Die Geschichte des Eschnerberges
F ü r s t Josef Wenzel von und zu Liechtenstein
Die Naturwissenschaft i m Dienste der Geschichts-
forschung
Presseurteile ü b e r die Tät igkei t des
Historischen Vereins
Unsere Orts- und F lu rnamen
Der Auszug des Liechtensteiner Bundes-
kontingentes i m Jahr 1866
Ki rchenbau in Vaduz
Der Alpstrei t der M ä l s n e r mit den Frastanzern
(zuerst w a r ein Vortrag ü b e r den Balzner Kirchen-
bau vorgesehen 7 5 3 )
Die Entstehung des Rheintals, dessen Besiedelung
und der K a m p f der Rheintaler gegen den unge-
b ä r d i g e n Gebirgsstrom
Johann Baptist Büchel Bischof Franz An ton Marxe r aus Ruggell
Triesen, Gasthaus (Johann Baptist Büchel)
« S o n n e »
Vaduz, Gasthaus Eugen Nipp
«Löwen»
Vaduz, Gasthaus
«Löwen»
Triesen, Gast-
haus «Sonne»
Vaduz, Gasthaus
«Löwen»
Schellenberg,
Gasthaus «Krone»
Balzers, Burg
Gutenberg
Schaan, Gasthaus
«Post»
Hofkaplan Alfons Feger
K a r l Josef Mins t
Paul Diebolder
Anton Frommel t
Eugen Nipp
Anton Frommelt
Mauren, Gasthaus Leo Jutz
«Rössle»
Vaduz, Gasthaus Paul Diebolder
«Löwen»
(Die E inwanderung der Walliser) Die Versammlung
wurde infolge Ü b e r s c h w e m m u n g grosser Teile
Liechtensteins abgesagt 7 5 4
Die Einwanderung der Walliser (Referat von Johann
Baptist Büchel , vorgetragen von Eugen Nipp)
Nachruf auf Johann Baptist Büche l
Festrede z u m 7 0 - j ä h r i g e n R e g i e r u n g s j u b i l ä u m von
F ü r s t Johann II.
Aus der Geschichte von Triesen
Das kulturelle Leben i m Kloster P fä fe r s unter
besonderer Be rücks i ch t igung der Beziehungen zu
Liechtenstein
Der M ü n z f u n d i n Schellenberg
Kurze E i n f ü h r u n g i n die vorgeschichtliche Zeit
unseres Landes
Die Fossi lfunde i m Unter land
Aus den bisherigen Ergebnissen der Erforschung
unserer Mundar ten
Graf Heinr ich I. von Werdenberg-Sargans zu Vaduz
753) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 28. Juli 1924.
754) Protokoll der Ausschuss-Sitzung vom 25. August 1927.
153
Datum Ort
08. Nov. 1936 Eschen, Gasthaus
«E in t r ach t»
17. Okt. 1937
30. Okt. 1938
Vaduz, Gasthaus
«Löwen»
Schaan,
Gasthaus «Dux»
12. Nov. 1939 Vaduz, Gasthaus
«Löwen»
20. Okt. 1940 Vaduz,
«Waldhote l»
09. Nov. 1941 Triesenberg,
Gasthaus
« S a m i n a »
08. Nov. 1942 Gampr in ,
Gasthaus
01 . Okt. 1943
29. Okt. 1944
«Waldeck»
Mauren, Gasthaus
«Fre iho f»
Eschen, Gasthaus
« E s c h n e r b e r g »
11. Nov. 1945 Vaduz,
«Waldhote l»
20. Okt. 1946 Balzers, Gasthaus
«Engel»
09. Nov. 1947 Schaan, Hotel
«Linde»
07. Nov. 1948 Vaduz,
«Waldhote l»
Referent/Referentin
Mar t in Risch
Paul Diebolder
Josef Ospelt
Josef Hoop
Josef Ospelt
Anton Frommelt
Josef Ospelt
Eugen Nipp
Anton Frommelt
David Beck
David Beck
Rupert Ritter
David Beck
David Beck
David Beck
Adol f S c h ä p p e r
David Beck
Anton Frommelt
Anton Frommelt
E r w i n Poeschel
06. Nov. 1949 Vaduz, Gasthaus Alexander Fr ick
«Löwen»
19. Nov. 1950 Vaduz,
Rathaussaal
Anton Frommelt
Anton Frommelt
11. Nov. 1951 Vaduz, Gasthaus Franz Perret
«Löwen»
David Beck
16. Nov. 1952 Vaduz, Gasthaus Eugen Nipp
«Löwen»
08. Nov. 1953 Vaduz, Gasthaus Anton Frommelt
«Löwen» David Beck
Benedikt F re i
14. Nov. 1954 Vaduz, Gasthaus Benedikt F r e i
«Löwen»
13. Nov. 1955 Vaduz, Gasthaus Georg M a l i n
«Löwen»
Thema
Todesursachenstatistik der Gemeinde Triesen
Graf Har tmann II. von Werdenberg-Sargans,
Bischof von Chur
Zur Verfassungsgeschichte Liechtensteins
Nachruf auf F ü r s t F ranz I.t
Huldigung an F ü r s t F ranz Josef II.
Die Ruine Schalun «Wildschloss» in Vaduz
Z u m 100. Geburtstag von F ü r s t Johannes II.
Die 4 0 - j ä h r i g e Tät igkei t des Historischen Vereins
f ü r das F ü r s t e n t u m Liechtenstein
Die geologische und die geschichtliche Seite des
Eisenerzvorkommens i m Valorsch
Die Hauszeichen unter besonderer Berücks ich t i -
gung jener von Triesenberg
Die Ausgrabung am «Lutzengüe t le»
Peter Kaiser (1793-1864)
Die Ausgrabungen am «Lutzengüe t le» 1943
Die Ausgrabungen am «Lutzengüe t le» i m Sommer
1944
Die Ausgrabungen a m «Lutzengüe t l e»
Sinn und Zweck der Famil ienforschung
Die Ausgrabung am «Borsch t»
Der G r ä b e r f u n d i n der «Sax» i n Schaan
Der Stand der Inventarisierung der D e n k m ä l e r
unseres Landes
Bericht ü b e r die Inventarisierung der liechten-
steinischen D e n k m ä l e r
Der Schwabenkrieg
K u n s t d e n k m ä l e r des F ü r s t e n t u m s Liechtenstein
Professor Ferd inand Nigg
Das Werden und die Entwicklung der Jahrzeit-
b ü c h e r unter besonderer Be rücks i ch t igung des
Jahrzeitbuches der Pfarre i Eschen
Die Ausgrabungen am «Borsch t» und am
«Schne l le r»
Leben und Verdienst des H o c h w ü r d i g s t e n P rä l a t en
Canonicus Johann Baptist Büchel
Die Funde aus den A l a m a n n e n - G r ä b e r n i n Eschen
Die Ausgrabung auf dem « M a l a n s e r »
Die Grabung am Montl ingerberg
Die Ausgrabung auf dem Montl ingerberg 1953
Die S o u v e r ä n i t ä t Liechtensteins
154
1901 BIS 2001: DIE E R S T E N H U N D E R T J A H R E DES
HISTORISCHEN V E R E I N S / K L A U S B I E D E R M A N N
Datum Ort Referent/Referentin Thema
11. Nov. 1956 Schaan, Hotel
«Linde»
Hercl i Bertogg
Ingbert Ganns
Die alten Rä t e r
Liechtensteinische G e s c h i c h t s d e n k m ä l e r
10 Nov. 1957 Schaan, Hotel
«Linde»
Rudolf Laur-Belart Die Bedeutung des Kastells Schaan i m spä t -
r ö m i s c h e n Defensivplan
23. Nov. 1958 Schaan, Hotel
«Linde»
Hans-Rudolf
Sennhauser
F r ü h e s Christentum im Alpengebiet
22. Nov. 1959 Vaduz, Rathaus-
saal
Otto Seger S inn und Zweck der Ausstel lung «Altes Kulturgut
der H e i m a t »
30. Okt. 1960 Schellenberg,
Gemeindesaal
Georg M a l i n
Engelbert Bucher
Zur Geschichte der Burg und Landschaft Schellen-
berg
Entstehung und Zweck des Heimatmuseums
Triesenberg
29. Okt. 1961 Triesenberg,
Hotel «Kulm»
Benedikt Fre i Der Königshof Schaan und die Insel Ufenau
28. Okt. 1962 Schaan, Hotel
«Linde»
Christ ian Padrutt Der Schwabenkrieg 1499, mit besonderer Berück-
sichtigung der Kriegsereignisse i n unserer Gegend
17. Nov. 1963 Schaan, Hotel
«Linde»
Kornel ius Riedmil ler Leben und Wi rken des F ü r s t a b t e s von Kempten
08. Nov. 1964 Schellenberg,
Gemeindesaal
K a r l Har tmann
Walter W ä c h t e r
Die Konservierungsarbeiten an der Burgruine
Neuschellenberg
V o r f ü h r u n g des Museumsf i lms
07. Nov. 1965 Vaduz,
«Waldhote l»
David Beck
Benedikt Frei
Georg M a l i n
Die Untersuchungen in der Marienkapelle in
Triesen
Der karolingische Klosterplan von St. Gallen
Die Urkunden Liechtensteins bis 1416
04. Dez. 1966 Balzers, Hotel
«Post»
Georges Deicha Die Entstehung der Kristalle
03. Dez. 1967 Triesen, Gasthaus
« S o n n e »
Heinr ich Schmidinger Kaiser M a x i m i l i a n I. und seine Zeit
O l . Dez. 1968 Eschen, Gasthaus
« E s c h n e r b e r g »
Walter Wäch te r F i l m v o r f ü h r u n g e n zum Thema
« S t e r b e n d e s H a n d w e r k »
07. Dez 1969 Schaan, Hotel
«Linde»
Georg M a l i n Die Grabungen in der Pfarrkirche Bendern
06. Dez 1970 Balzers, Hotel
«Riet»
Walter Walch Landschaft und Siedlung i n Liechtenstein
05. Dez. 1971 Vaduz, Hotel
«Fa lkn is»
Felix Marxer Über die Notwendigkeit eines Landesmuseums
10. Dez. 1972 Nendeln, Hotel
« L a n d h a u s »
Manf red Wanger
Mar io Broggi
Die Grabungen beim « S ä g a w e i h e r » i n Nendeln
vom Herbst 1972
Der historische H ö h e n w e g auf dem Schellenberg
08. Dez. 1973 Triesen, Gasthaus
« S o n n e »
Ingbert Ganns Erfolgreicher Naturschutz am Beispiel « S c h w a b -
b r ü n n e n »
23. Feb. 1975 Vaduz, Gasthaus
«Falknis»
Manf red Wanger
Georg M a l i n
Die Ergebnisse der Ausgrabungen beim «Säga-
w e i h e r » in Nendeln
Die Notgrabungen in Bendern und beim neuen
Schulhaus in Nendeln
14. März 1976 Vaduz, A u l a
des Liechten-
steinischen
Gymnasiums
Hans Rheinberger
Gustav Wi lhe lm
Walter Kieber
Alexander Fr ick
Z u m Denkmalschutzjahr 1975
Die Reise des F ü r s t e n Josef Wenzel von Liechten-
stein nach Parma i m Jahre 1760
Z u m J u b i l ä u m des Historischen Vereins f ü r das
F ü r t e n t u m Liechtenstein
Aus der Vereinsgeschichte
155
Datum
13. März 1977
12. März 1978
11. M ä r z 1979
23. März 1980
22. März 1981
21. M ä r z 1982
22. M ä r z 1983
Ort
Nendeln, Saal
im Schulhaus
Vaduz, Hotel
«Schlössle»
Balzers, Hotel
«Riet»
Eschen,
Gemeindesaal
Schellenberg,
Schulsaal
Triesenberg,
Hotel «Kulm»
Ruggell,
Gemeindesaal
Referent/Referentin
Georg M a l i n
Silvio Bucher
Otto Seger
Georg Mal in
Jakob B i l l
Jakob Bi l l
Alo is Ospelt
Jakob B i l l
Hansueli Etter
18. März 1984 Schaan, Freizeit- Alois Ospelt
Zentrum
Jakob Bi l l
Georg M a l i n 31. M ä r z 1985 Vaduz,
Rathaussaal
19. März 1986 Gampr in ,
Gemeindesaal
21. März 1987 Mauren ,
Gasthaus
«Fre ihof»
Jakob B i l l
Paul Vogt
Hermann Fetz
H a n s j ö r g Frommelt
19. März 1988 Schaan, Singsaal Rupert Quaderer
Resch
08. A p r i l 1989 Balzers, Hotel
«Riet»
31. März 1990
13. A p r i l 1991
16. M a i 1992
24. A p r i l 1993
16. A p r i l 1994
29. A p r i l 1995
25. M a i 1996
26. A p r i l 1997
Vaduz, Hotel
«Löwen»
Eschen,
Gemeindesaal
Vaduz,
Rathaussaal
Schellenberg,
Gemeindesaal
Vaduz,
Rathaussaal
Ruggell,
Gemeindesaal
Planken,
Hotel «Sa ro ja»
Triesenberg,
Hotel «Kulm»
Hans Stricker
Peter Alber t in
Roger Sablonier
Roger Sablonier
Rupert Tiefenthaler
H a n s j ö r g Frommelt;
Hansuel i Etter
Peter Geiger
Eva Pepic-Helferich
Toni Banzer
Rupert Tiefenthaler
Thema
Die Erforschung, Konservierung und historische
Bedeutung der r ö m i s c h e n Bauten in Nendeln
Die Pest in der Ostschweiz und auf dem Gebiete
des heutigen F ü r s t e n t u m s Liechtenstein
F ü r s t a b t Rupert Bodman von Kempten und seine
Bedeutung f ü r Liechtenstein
Die 1 5 0 0 - j ä h r i g e Geschichte der alten Pfarrkirche
von Eschen
Die Ausgrabungen bei der Unteren Burg in
Schellenberg
Die a r c h ä o l o g i s c h e n Ausgrabungen auf dem
« R u n d e n Büchel» in Balzers
F r ü h e E n t w ä s s e r u n g s p r o j e k t e i m Liechtensteiner
Unterland
Das a r c h ä o l o g i s c h e Jahr 1982
Historische Anthropologie anhand von G r ä b e r n in
Balzers
Die goldene Boos, Sage und geschichtliche Wirk -
lichkeit
Das a r chäo log i s che Jahr 1983
Vor 2000 Jahren - Beginn der römi schen Herrschaft
Die a r c h ä o l o g i s c h e n Grabungen i m Jahr 1985
Siegel in den liechtensteinischen Arch iven
Die Grabungen in Balzers
Die Grabung an läss l i ch der Renovation der Maurer
Pfarrkirche
Die Rekrutierung f ü r das Liechtensteinische
Mi l i t ä rkon t ingen t 1836-1848
Der Komponis t als Lexikograph. Josef Rhein-
bergers unve rö f fen t l i ch te s W ö r t e r b u c h des liech-
tensteinischen Dialekts
Baugeschichte und Renovation des Gasthofs
«Löwen» in Vaduz
Die Innerschweiz um 1300
«Graf Har tmann soll ze tail werden Vadutz» : Der
Werdenberger Teilungsvertrag von 1342
Der «Verein Vorarlberger Wi r t s cha f t sge sch i ch t e»
Stand der Erkenntnisse der a r c h ä o l o g i s c h e n
Grabung in der St. Florinsgasse in Vaduz
Kriegsende 1945 i m F ü r s t e n t u m Liechtentein
Stand der a r c h ä o l o g i s c h e n Forschung i n Liechten-
stein
Sprachwandel in der Triesenberger Mundar t
Das Leben der Karo l ina Lampert (geborene
Schädle r ) aus Triesenberg
156
1901 BIS 2001: DIE E R S T E N H U N D E R T J A H R E DES
HISTORISCHEN V E R E I N S / K L A U S B I E D E R M A N N
Datum Ort Referent/Referentin Thema
21. März 1998 \ /a H11 "7
VcttlUz,,
Rathaussaal
RrirTi++ci N/ftivr^Vil D l l g l l i e IVldZOIll VVdlllllg u i e n e v o i u L i o i i von 104-0
27. März 1999 Gampr in ,
Gemeindesaal
Ar thu r Brunhar t 1799 - Die Franzosen i n Liechtenstein
25. M ä r z 2000 Triesen, A u l a der
W e i t e r f ü h r e n d e n
Schulen
Doris Klee
Peter Alber t in
Zwei f r ü h n e u z e i t l i c h e Herrschaftsurbare der
Grafschaft Vaduz
Baugeschichtliche Untersuchung und Dokumenta-
tion der H ä u s e r g r u p p e « im Höfle N o r d » in Balzers
09. Juni 2001 Mauren , A u l a der
Pr imarschule
Klaus Biedermann 100 Jahre Historischer Verein f ü r das F ü r s t e n t u m
Liechtenstein
ZUSÄTZLICHE V O M HISTORISCHEN VEREIN
ORGANISIERTE VORTRÄGE
Datum Ort Referent/Referentin Thema
14. M a i 1911 Vaduz Placidus Büt ler Die Freiherren von Brandis
25. Juni 1969 Vaduz, A u l a der
Realschule
Otto Seger 250 Jahre F ü r s t e n t u m Liechtenstein
23. Sept. 1988 Vaduz,
Rathaussaal
Peter Geiger Liechtenstein i m Jahre 1938. Festvortrag a n l ä s s -
lich des 5 0 - j ä h r i g e n R e g i e r u n g s j u b i l ä u m s von
F ü r s t Franz Josef II.
17. Nov. 1988 Vaduz,
Musikschule
Volker Press F ü r s t F ranz I. von und zu Liechtenstein 1853-1938
21. Sept. 1989 Vaduz, A u l a der
Oberschule
Claudia Heeb-Fleck Frauenarbeit und Frauenrolle i n Liechtenstein in
der Zwischenkriegszeit 1924 bis 1939
05. Okt. 1990 Vaduz,
Rathaussaal
Peter Geiger F ü r s t Johann II. von und zu Liechtenstein
1840-1929
15. Dez. 1991 Vaduz, A u l a der
Primarschule
«Äule»
Rupert Quaderer Das liechtensteinische S c h a r f s c h ü t z e n kontingent
i m sozialen und polit ischen All tag.
07. Nov. 1993 Bendern,
Kapitelsaal
i m Pfarrhaus
Rupert Quaderer 7. November 1918. Staatsstreich - Putsch - Re-
volution oder politisches Spektakel i m Kleinstaat
Liechtenstein
02. Nov. 1994 Vaduz, Spoerry-
Fabr ik
Peter Alber t in ;
Silvio Marogg
Baugeschichte, U m b a u und Renovation der Hof-
s tä t t e 46/47 i n Triesen.
24. Sept. 1995 Vaduz,
Rathaussaal
Rupert Quaderer « E r k e n n e man doch die f lammenden Zeichen der
Zeit» - Die Schlossabmachungen von 1920
157
BILDNACHWEIS
S. 32/33, 46, 48, 52, 62,
64, 66, 68, 69, 83, 84, 85,
91, 92, 100 ,101, 103
rechts, 119, 121 unten,
126, 130: Arch iv des
Historischen Vereins fü r
das F ü r s t e n t u m Liechten-
stein, Triesen
S. 34, 40, 75, 79 links, 81,
128 oben, 132 rechts, 142:
Liechtensteinisches Lan-
desarchiv, Vaduz
S. 38: Nachlass Ernst
Sommerlad (im Liechten-
steinischen Landesarchiv,
Vaduz)
S. 41: Gemeindearchiv
Eschen
S. 43: Silvia Ruppen,
Mauren
S. 58: Gemeindearchiv
Vaduz
S. 60: Liechtensteinische
Landesbank, Vaduz
S. 61, 73, 77, 103 links,
124, 132 links: Liechten-
steinisches Landesmuse-
um, Vaduz
S. 79 rechts: Privatbesitz
Marie-Theres Frick,
Schaan
S. 80: Privatbesitz Rudolf
Rheinberger, Vaduz
S. 82: Oberrheinische
Nachrichten, 7. September
1921
S. 89: Gemeindearchiv
Schaan
S. 90 oben, 120/121:
Heinz Preute, Vaduz
S. 90 unten links: Gossau-
er Zeitung, Gossau, 4. M a i
1942
S. 90 unten rechts: Feuille
d'avis du Neuchä te l , Neu-
enburg, 4. M a i 1942
S. 93: Fürs t l iche Samm-
lungen, Vaduz
S. 95: Liansjörg Frommelt ,
Archäolog ie FL , Triesen
S. 96: LVolksblatt, 5. Sep-
tember 1998
S. 102, 106, 107, 109,
111, 113, 114, 115: A r -
chäologie F L , Triesen
S. 121 oben rechts: Barba-
ra Keel , LVolksblatt
S. 122: Werdenberger und
Obertoggenburger, Buchs,
18. Januar 1946
S. 128 unten: Privatbesitz
Claudius Gurt, Zol l ikon
S. 135: Klaus Schädler ,
Triesenberg
S„ 136: Privatbesitz Eugen
Gabriel , Wangen i m Allgäu
S. 138: Nikolaus Walter,
Feldkirch
ANSCHRIFT DES AUTORS
lic. phi l . Klaus Biedermann
St. Josefsgasse 3
FL-9490 Vaduz
158
Z U M G E D E N K E N A N
DIE VERSTORBENEN
VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN
VEREINS
FÜNF BIOGRAPHISCHE SKIZZEN
ALOIS OSPELT
Inhalt
Einleitung, Vorbemerkung 161
Dr. Albert Schädler, 1848 bis 1922
- Vereinsvorsitzender 1901 bis 1922 162
Kanonikus Johann Baptist Büchel,
1853 bis 1927
- Vereinsvorsitzender 1922 bis 1927 171
Josef Ospelt, 1881 bis 1962
- Vereinsvorsitzender 1928 bis 1955 177
Dr. h.c. David Beck, 1893 bis 1966
-Vereinsvorsitzender 1955 bis 1966 185
Felix Marxer, 1922 bis 1997
- Vereinsvorsitzender 1966 bis 1986 194
Schluss 203
160
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
Einleitung, Vorbemerkung
Die Satzungen des Historischen Vereins sehen eine
Reihe von Aktivitäten vor, um den Vereinszweck
der Förderung der vaterländischen Geschichtskun-
de und der Erhaltung der natürlichen und ge-
schichtlich gewordenen Eigenart zu erreichen. Es
sind die Mitglieder, die diese Aktivitäten entfalten
und die Arbeiten leisten müssen. Die Vorsitzenden
des Vereins spielen dabei eine entscheidende und
herausragende Rolle. Sie bestimmen massgebend
die Ausrichtung seines Wirkens.
Die verstorbenen Vorsitzenden haben, je auf
ihre Art, mit ihrer Persönlichkeit, ihren besonde-
ren Fähigkeiten, Vorlieben, Forschungsinteressen
und persönlichen Beziehungen, dem Vereinsleben
eine eigene Prägung gegeben. Sie verfolgten, wie
Zeit und Umstände es geboten, die in den Statuten
gesetzten Ziele.
Der folgende Beitrag ist zum 100-jährigen Ver-
einsjubiläum verfasst worden. Eine Jubiläumsfeier
bedeutet weder Anfang noch Ende, sie ist ein Akt
der Besinnung; Anlass, einen Blick zurück zu tun
auf den Weg, den der Verein gegangen ist; willkom-
mene Gelegenheit, an die Gründer, an die vielen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und an alle Mit-
glieder zu denken, die ihm durch all die Jahre die
Treue gehalten haben. Ihnen allen gebührt Dank
für ihr Mitwirken und Mitgestalten im Dienste des
Vereins. Besonderen Dank und Würdigung ihrer
Verdienste um den Verein haben dessen Vorsitzen-
de verdient. Ihnen kommt in der Vereinsgeschichte
eine besondere Stellung zu.
Die Abhandlungen in den Jahrbüchern, die der
Verein im Verlaufe seiner hundertjährigen Ge-
schichte herausgegeben hat, spiegeln ein überaus
weites Feld der historischen Forschung. Ihr Gegen-
stand ist Landeskunde im weitesten Sinne. Eines
ist allen Darstellungen gemeinsam: die Auseinan-
dersetzung mit dem Lebensraum Liechtenstein, mit
seinem Volk und seinem Staat. Das Gemälde ent-
schwundener Zeiten, wie Peter Kaiser es nannte,
ist nie vollendet. In den Jahrbüchern sind viele
Forschungsergebnisse zusammengetragen, gleich-
sam farbige Steine, gelegt zu einem grossen histori-
schen Mosaik. Es bleibt uns und weiteren Genera-
tionen überlassen, dieses weiter auszugestalten.
Methoden und Gegenstände der Geschichtsforschung
haben sich laufend geändert. Geblieben ist das
Kernziel aller historischer Forschung: das Streben
nach dem Wissen, wie es eigentlich war, die Aus-
einandersetzung mit der in Gegenwart und Zukunft
hineinwirkenden Vergangenheit. Auch dies belegt
eindrücklich ein Vergleich der unzähligen Jahr-
buchbeiträge.
Die Hauptarbeit des Vereins findet nicht in der
grossen Öffentlichkeit statt. Er liefert nicht den
Stoff für kurzlebige Sensationen des Tages und po-
litische Erfolge. Frucht seines Wirkens sind vor al-
lem die Publikationen in den Jahrbüchern. Sie lie-
fern die Grundlage für die von jeder Gesellschaft
und Kultur geforderten und existenznotwendigen
Rechenschaft über die eigene Vergangenheit. In
den Jahrbüchern hat auch das Schaffen der Ver-
einsvorsitzenden deutliche Spuren hinterlassen.
Die publizierten Jahresberichte, Vereinschroniken
und Forschungsbeiträge sind auch die wichtigsten
Quellen für die hier vorgelegten kurzen biographi-
schen Skizzen der verstorbenen Präsidenten. Die
Unterlagen im Vereinsarchiv boten wenig zusätz-
liche Informationen. Grössere, abgeschlossene
schriftliche Nachlässe der verstorbenen Vorsitzen-
den liegen gar nicht oder nur in Bruchstücken vor.
Es war weder möglich noch beabsichtigt, umfas-
sende Lebensbilder dieser Persönlichkeiten zu
zeichnen. In einem Fall ist dies bereits geschehen:
Rudolf Rheinberger hat Leben und Wirken von Dr.
Albert Schädler eingehend dargestellt.1 Er hat dazu
jahrelang Quellen gesammelt und ist in vielen pri-
vaten und öffentlichen Archiven allen nur denkba-
ren Spuren nachgegangen, die sich über diese Per-
sönlichkeit finden. Im folgenden geht es lediglich
darum, die wichtigsten Lebensdaten der Vereins-
vorsitzenden, insbesondere ihr Wirken für den His-
torischen Verein für das Fürstentum Liechtenstein,
aufzuzeigen und Verzeichnisse ihrer Veröffentli-
chungen vorzulegen.
1) Rheinberger, Rudolf: Dr. med. Albert Schädler, 1848-1922. Arzt,
Politiker, Historiker. In: JBL 94 (1997), S. 101-150.
161
Dr. Albert Schädler
1848 BIS 1922
VEREINSVORSITZENDER 1901 BIS 1922
Der erste Vorsitzende des
Historischen Vereins, Dr.
Albert Schädler, gehörte
dem Vorbereitungskomitee
an, welches 1912 die 200-
Jahr-Feier des Übergangs
der Grafschaft Vaduz an
das fürstliche Haus Liech-
tenstein organisierte. Das
Bild zeigt dieses Festkomi-
tee, dem von links nach
rechts folgende Personen
angehörten: Regierungsse-
kretär Josef Ospelt, Forst-
meister Julius Hartmann,
Landtagsabgeordneter
Lorenz Kind, der Vaduzer
Bürgermeister Adolf Real,
Dr. Rudolf Schädler, Prälat
Johann Baptist Büchel,
Karl von In der Maur,
Egon Rheinberger, Dr.
Albert Schädler und Ober-
lehrer Alfons Feger.
KURZER LEBENSLAUF
Albert Schädler wurde am 24. Dezember 1848 als
zweiter Sohn des Dr. med. Karl Schädler (1804 bis
1872; Landesphysikus, Präsident des Verfassungs-
ausschusses 1848, Vertreter Liechtensteins in der
Deutschen Nationalversammlung 1849, Präsident
des Landrates 1849, Landtagspräsident 1862 bis
1871) und der Katharina geb. Walser in Vaduz ge-
boren. Nach der Volksschule absolvierte er Gym-
nasialstudien in Feldkirch, Mehrerau und am Col-
legium Mariahilf in Schwyz, wo er 1867 maturier-
te. Es folgten zwei Semester Theologiestudium am
Priesterseminar in Mainz und anschliessend das
Medizinstudium an den Universitäten Wien, Zürich
162
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
und dessen, wo er 1871 promovierte. Ab 1872
übte er den Arztberuf in Vaduz und Bad Ragaz aus.
Im gleichen Jahr heiratete er Albertine Berl, Toch-
ter des Postmeisters Eduard Berl in Feldkirch. Von
1882 bis 1886 und 1890 bis 1919 gehörte Albert
Schädler dem Landtag an und übte das Präsiden-
tenamt aus. Er gehörte 1901 zu den Gründern des
Historischen Vereins, den er als erster Vorsitzender
bis 1922 leitete. Auch ausserhalb des Historischen
Vereins förderte er das kulturelle und gesellschaft-
liche Leben in Liechtenstein nach Kräften. In jun-
gen Jahren schrieb er Lyrik. Er war sehr musika-
lisch und unterstützte das Sängerwesen. So wirkte
er mit bei der Organisation des 1. liechtensteini-
schen Sängerfestes 1879 und hielt die Festanspra-
che. Auch bei vielen anderen öffentlichen Anlässen
trat er als Redner auf.2 Schädler setzte sich aktiv
ein für die öffentliche Wohlfahrt. 1916 errichtete er
eine «caritative Stiftung für eine praktische Ausbil-
dung junger Töchter des Volkes» und spendete
40 000 Kronen für eine Haushaltungsschule.3
Albert Schädler starb im Alter von 74 Jahren am
17. Juni 1922 in München. Am 22. Juni wurde er
in Vaduz beerdigt. In den zeitgenössischen Nachru-
fen wird er gewürdigt als tüchtiger und wohltätiger
2) Rheinberger, Rudolf: Dr. med. Albert Schädler, 1848-1922. Arzt,
Politiker, Historiker. In: JBL94(1997) , S. 101-150, h ie rS . 112-116.
3) Ebenda, S. 118.
163
Dr. Albert Schädler, erster
Vorsitzender des Histori-
schen Vereins bis 1922,
war zusammen mit Prälat
Johann Baptist Büchel die
treibende Kraft bei der
Vereinsgründung von
1901 gewesen.
164
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
Arzt, als «ein Mann von grosser Geistesschärfe,
umfassendem Wissen, festem Charakter, tiefer reli-
giöser Gesinnung und edlem Gemeinsinn», als ein-
sichtsvoller, uneigennütziger Staatsmann, als fähi-
ger und wohlmeinender Volksvertreter, als «Seele
des Landtags». 4 Der Aufschwung, den Liechten-
stein in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg
in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht genom-
men hatte, wird zu einem guten Teil seinem öffent-
lichen Wirken zugeschrieben. Auch aus grösserer
zeitlicher Distanz betrachtet darf zu Recht festge-
halten werden, dass Albert Schädler zusammen
mit seinen Brüdern Rudolf und Karl massgeblichen
Einfluss auf das politische, wirtschaftliche und kul-
turelle Leben in Liechtenstein genommen hat.3
A R Z T
Nach klinischen Kursen in Wien führte Albert
Schädler ab 1872 mit seinem Bruder Rudolf in Va-
duz eine gemeinsame ärztliche Praxis in dem an-
stelle des «Tschaggaturms» erbauten so genannten
«Schädlerhaus». Von 1874 bis 1890 wirkte er je-
weils im Sommerhalbjahr als «Badearzt in Ragaz-
Pfäfers». In dieser Funktion verfasste er die 1886
in grosser Auflage erschienene Schrift «Ragaz-Pfä-
fers, die Heilwirkung seiner Therme, Lage und Kl i -
ma». 6 In den Jahren als Kurarzt unternahm er ver-
schiedene grössere und kleinere Reisen in Europa
und knüpfte Kontakte mit der medizinischen Fach-
welt. Mehrmonatige Studienaufenthalte verbrachte
er 1879 in Lyon und Paris sowie 1887 in London.
Nach seiner Tätigkeit als Kurarzt ab 1890 führte er
wieder gemeinsam mit seinem Bruder die Arztpra-
xis in Vaduz. Schädler war ein gesuchter und ge-
wissenhafter Arzt. In seiner Berufstätigkeit lernte
er die wirtschaftlichen Nöte der Bevölkerung ken-
nen und übte stille Wohltätigkeit. 1911 wurden sei-
ne Verdienste als Arzt von höchster Stelle ausge-
zeichnet: Fürst Johann IL verlieh ihm den Titel ei-
nes Fürstlichen Sanitätsrats.
POLITIKER
Albert Schädler war zeitlebens sehr engagiert in öf-
fentlichen Angelegenheiten. Er hatte weite Interes-
sen und zeigte einen aussergewöhnlichen Einsatz
für die Landeswohlfahrt im eigentlichen Sinn des
Wortes. 1882 wurde er in den Landtag gewählt,
dem er mit kurzer Unterbrechung bis 1919 an-
gehörte, und in dem er durch 34 Jahre den Vorsitz
führte. Als Mitglied von Kommissionen und deren
Berichterstatter war er auf fast allen Gebieten der
Gesetzgebung wesentlich beteiligt und leistete, aus-
gestattet mit breitem, umfangreichem Wissen,
grundlegende Arbeit. In seiner Festrede zur Eröff-
nung der Landesausstellung 1895 verwies er auf
den wirtschaftlichen und sozialen Aufschwung
Liechtensteins im Gefolge und auf der Grundlage
der Verfassung von 1862. Er nannte diese «die
Magna Charta unserer Freiheit, die Grundlage der
selbständigen Rechte unseres Volkes und von des-
sen Vertretern» und verglich sie mit einem starken
Baum, der reiche Früchte trage, weil er seine Wur-
zeln im Mark des Volkes habe.7
Obwohl ein Mann konservativer Prägung, gab
Albert Schädler, weltgewandt und weitgereist, der
liechtensteinischen Landespolitik doch manche
fortschrittliche Impulse. Der politische Umbruch
nach dem Ersten Weltkrieg zwang ihn zur Resigna-
tion. In der Landtagssitzung vom 7. November
1918 erklärte er die erzwungene Abdankung von
Landesverweser von Imhof als verfassungswidrig.
Am 19. Mai 1919 legte er sein Abgeordnetenman-
dat nieder, verliess das Land und nahm Wohnsitz
in München. Am Schluss seines Berichts über die
Tätigkeit des liechtensteinischen Landtags 1912 bis
1919, seiner letzten Arbeit im Jahrbuch des Histo-
rischen Vereins 1921, findet sich gleichsam sein
4) LVolksblatt, 21. und 24. Juni 1922.
5) Vgl . die umfassende biographische Darstellung: Rheinberger,
Rudolf: Dr. med. Albert. Schädler, 1848-1922. Arzt, Politiker, Histori-
ker. In: JBL 94 (1997), S. 101-150.
6) Vgl. Verzeichnis der Veröffentlichungen, S. 169.
7) LVolksblatt. 1. November 1895.
165
politisches Testament: «Das Heil aber liegt nicht in
der im Lande schon allzu lange wirkenden Zerris-
senheit, welche diese geschilderten Zustände her-
vorrief, sondern in der Wiederherstellung des inne-
ren Friedens, welcher unser früher ruhiges und
glückliches Volk beseelte, und in der energischen
Arbeit einer starken, von Parteihader und von
Volkslaunen unabhängigen Regierung. - Mögen die
Zwistigkeiten und der Unfriede, die durch die Par-
teiwirren in unserem Ländchen entstanden, nun
endlich zu Grabe getragen werden und friedliche
Zustände wiederkehren.» 8
HISTORIKER
Dr. Albert Schädler gehörte dem vorbereitenden
Komitee der konstituierenden Sitzung des Histori-
schen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein am
10. Februar 1901 an. 9 Er war wohl zusammen mit
Johann Baptist Büchel die treibende, führende
Kraft im Kreise der Initianten. Schädler und Büchel
waren geschichtlich interessiert und gebildet, mit-
einander befreundet über ihre enge Zusammenar-
beit im Landtag und verwandt in ihrer politischen
Gesinnung. Schädler leitete die Gründungsver-
sammlung, hielt die Begrüssungsansprache und
erörterte Ziele und Statuten des Vereins. Dieser sol-
le in dem nun begonnenen neuen Jahrhundert ins
Leben treten und sei berufen, die Geschichte unse-
res Heimatlandes und unserer Vorfahren in den
vergangenen Jahrhunderten zu erforschen, erklär-
te Schädler. Er umschrieb bereits recht umfassend
das Aufgabenspektrum des Vereins und dessen Be-
deutung für den Staat Liechtenstein. Er betonte die
eigenartige geschichtliche Entwicklung Liechten-
steins «durch Walten der Vorsehung» und sah die
Geschichte auch als Lehrmeisterin des liechtenstei-
nischen Volkes. Die umfassende kulturgeschichtli-
che Forschung und Sammlung der dazu erforderli-
chen Quellen erachtete er als Hauptaufgabe des zu
gründenden Vereins. Dr. Albert Schädler wurde zu
dessen erstem Vorsitzenden gewählt . 1 0
Und sogleich entfaltete Dr. Schädler eine rege
Tätigkeit. Dem Verein wendete er seine ganze
Energie und Liebe zu. Für ihn brachte er auch
manche finanzielle Opfer. Gewandt leitete er Jah-
resversammlungen und Vorstandssitzungen. Er
war es vor allem, der durch sein hohes Ansehen
und seine vielen Verbindungen über die Landes-
grenzen hinweg den Schriftentausch mit zahlrei-
chen ausländischen historischen Vereinen und wis-
senschaftlichen Institutionen in die Wege leitete.
Eine erste Exkursion des Historischen Vereins
1905 nach Chur, verbunden mit einem Empfang
durch den Bischof und Alt-Regierungsrat Dr. Placi-
dus Plattner, Mitbegründer der Historisch-Antiqua-
rischen Gesellschaft Graubündens, belegt beispiel-
haft die durch Schädler geknüpften guten Kontak-
te.1 1 Die vom Landesmuseumsverein Vorarlbergs
und vom Historischen Verein 1915 ins Leben geru-
fene Historische Kommission für Vorarlberg und
Liechtenstein war ein weiteres Beispiel einer nun
institutionalisierten grenzübergreifenden Zusam-
menarbeit auf dem Gebiet der historischen For-
schung. Die Vergangenheit beider Länder sollte
durch die Kommission «in planmässiger Weise» er-
forscht und in der Publikationsreihe «Quellen und
Forschungen zur Geschichte des Landes Vorarl-
berg und des Fürstentums Liechtenstein» gesam-
melt werden. Albert Schädler und Johann Baptist
Büchel wurden als liechtensteinische Vertreter Mit-
glieder der Kommission. Schädler wurde deren Vi-
zepräsident. 1 2
Albert Schädler war zusammen mit seinem
Freund Kanonikus Johann Baptist Büchel der gei-
stige Vater des historischen Jahrbuchs. Beide pu-
blizierten darin zahlreiche wertvolle geschichtliche
Beiträge. 1 3 Schädler befasste sich besonders mit
der Sammlung und Edition von historischen Quel-
len, und bearbeitete Biographien, vor allem von
Mitgliedern des Fürstenhauses. Er widmete sich
auch der Volkskunde und verfasste zeitgeschichtli-
che Studien. Zu letzteren zählen seine Beschrei-
bung der Tätigkeit des liechtensteinischen Land-
tags und der neueren Geschichte des Landes. Über
die Ergebnisse seiner Forschungsarbeiten berich-
tete er zuerst meist an den Jahresversammlungen.
Anschliessend wurden die Arbeiten dann im Jahr-
buch veröffentlicht. So referierte Schädler in der
166
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
Jahresversammlung 1903 über den Inhalt der in
Gemeinde- und Genossenschaftsarchiven befindli-
chen Urkunden. 1 4 In jahrelanger Arbeit hatte er
Unterlagen in den Archiven gesichtet und in Rege-
sten erschlossen, die er später publizierte. An der
Versammlung 1904 berichtete er über die in aus-
ländischen Fachschriften besprochenen archäolo-
gischen Funde in Liechtenstein. In der archäologi-
schen Forschung sah er eine wichtige Aufgabe des
Historischen Vereins. 1 5 1905 stellte er die im glei-
chen Jahrbuch publizierte Arbeit über die alten
Rechtsgewohnheiten und Landsordungen der Graf-
schaft Vaduz und der Herrschaft Schellenberg vor
und «Hess eine Anzahl wertvoller Urkunden und
Landsbräuche ... unter den Anwesenden kursie-
ren» . 1 6 1907 hielt er einen Vortrag über «die in den
Jahren 1848 und 1849 in Liechtenstein vorgefalle-
nen politischen Ereignisse» und wertete diese «als
Vorgänger und Vorbereiter» der Verfassung von
1862. Seine Ausführungen basierten auf einer be-
deutenden Akten- und Urkundensammlung, die er
von seinem 1872 verstorbenen Vater übernommen
und selbst weiter ergänzt hatte. Zu dieser Samm-
lung legte er Regesten an, publiziert in Band 7 des
Jahrbuchs. 1 7 Schon zu Lebzeiten übergab Schädler
8) JBL 21 (1921), S. 48.
9) Zur Gründungsversammlung eingeladen hatte ein Dreierkomitee,
bestehend aus Dr. Albert Schädler, Kanonikus Johann Baptist Büchel
und Landesverweser Kar l von In der Maur. (Rheinberger, Rudolf: Dr.
med. Albert Schädler, 1848-1922, Arzt, Politiker, Historiker. In: J B L
94 (1997), S. 137.)
10) Vgl . Bericht über die Gründungsversammlung . In: JBL 1 (1901),
S. 271-274.
11) Vereinschronik. In: JBL 5 (1905), S. 221.
12) Vereinschronik. In: J B L 14 (1914). S. 148 f.
13) Vgl. Verzeichnis der Veröffentl ichungen, S. 169 und 174 f., sowie
kommentierte Auswahlbibliographie von Rheinberger, Rudolf: Dr.
med. Albert Schädler, 1848-1922. Arzt, Politiker, Historiker. In: JBL
94 (1997), S. 101-150, hier S. 144-150.
14) Vereinschronik. In: JBL 3 (1903), S. 209.
15) Vereinschronik. In: JBL 4 (1904), S. 238 f.
16) Vereinschronik. In: JBL 5 (1905), S. 220.
17) Vereinschronik. In: JBL 7 (1907), S. 186.
* 4 * * « < i V C A B I H E T - K A R T E
Ein Vierteljahrhundert vor
der Vereinsgründung: Dr.
Albert Schädler um 1875
zusammen mit seiner früh
verstorbenen Frau Alberti-
ne, geborene Berl (t 1899)
167
einige alte Urkunden aus der Sammlung ins Regie-
rungsarchiv. Auf seinen Wunsch wurde nach sei-
nem Tod der ganze restliche Bestand durch seine
Tochter Elwine Hinkelbein dem Regierungsarchiv
übergeben. Er wird heute unter der Bezeichnung
«Schädler-Akten» im Liechtensteinischen Landes-
archiv verwahrt und bildet ein für das Land Liech-
tenstein überaus bedeutsames Vermächtnis. 1 8 An
der Jahresversammlung 1909 referierte Schädler
über die Urgeschichte des Landes, prähistorische
und römische Funde in Liechtenstein. Er erkannte
die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Fund-
dokumentation und Sammlung. Denn auf seine An-
regung hin erteilte die Versammlung dem Vereins-
vorstand den Auftrag, «sich mit der fürstlichen Re-
gierung ins Benehmen zu setzen, dass die Samm-
lung liechtensteinischer Altertümer von anderen
Sammlungen getrennt und dem Vereine in beson-
dere Obhut übergeben werde.» Die Funde sollten
geordnet und registriert, ein Konservator bestellt
werden, «der auch in Fällen, wo bei gelegentlichen
Grabungen von Wasserleitungen, bei Grabungen
für Neubauten etc., Funde erhofft werden können,
zu intervenieren hätte.» Die Aufgabe eines Konser-
vators wurde in der Folge dem Vorstandsmitglied
Egon Rheinberger übertragen. 1 9 Dieser berichtete
an der Jahresversammlung 1911 zusammen mit
Schädler über die Ausgrabung von Resten einer rö-
mischen Villa in Triesen. 2 0 An der Jahresversamm-
lung 1918 schilderte Schädler aus Anlass des 60-
jährigen Regierungsjubiläums des Fürsten die ge-
schichtliche Entwicklung Liechtensteins in dieser
Zeit und hielt zudem einen Vortrag über das Hun-
gerjahr 1817 in Liechtenstein.2 1
Auf Albert Schädler ist eine wesentliche Erwei-
terung der Zielsetzung des Historischen Vereins
zurückzuführen. Als an der Jahresversammlung
1910 die Gründung eines Vereins für Heimatschutz
in Liechtenstein angeregt wurde, beantragte
Schädler, diese Aufgabe dem Historischen Verein
zu übertragen. «Die Heimat in ihrer natürlichen
und geschichtlich gewordenen Eigenart zu schüt-
zen», sollte als zusätzlicher Vereinszweck in die
Statuten aufgenommen werden. Die Erweiterung
des Aufgabenfeldes sollte umfassen «Verhütung
von Verunstaltungen der Natur und des Dorfbildes,
Einflussnahme bei Erstellung öffentlicher Bauten,
Erhaltung alter schöner Heimstätten, Fortbildung
der überlieferten ländlichen Bauweise und Pflege
der Volkskunst auch auf dem Gebiete der bewegli-
chen Gegenstände», weiters Erforschung von «Sit-
ten, Gebräuchen, Sagen, Legenden, Sprichwörtern
und Volkstrachten». Die Versammlung beauftragte
den Vereinsvorstand, eine entsprechende Statu-
tenänderung vorzubereiten. 2 21912 wurde diese bis
heute wohl bedeutendste programmatische Ergän-
zung der Statuten beschlossen.2 3
Besonders ausgeprägt war bei Dr. Albert Schäd-
ler die Verbindung von Politik und historischer For-
schung. Er war überzeugt, dass ein Volk, das seine
Vergangenheit nicht kennt, auch sein Vaterland
nicht lieben könne. In der Liebe zur Heimat sah er
den Nährboden für das staatliche Leben, aus dem
der Zusammenhalt wachse. Das Wissen um diese
Zusammenhänge war ihm Ansporn für seine
schöpferische Tätigkeit als Geschichtsforscher und
Vorsitzender des Historischen Vereins. Dies gab er
auch gegen Ende seiner Amtszeit zu erkennen, als
er an der Jahresversammlung 1920 Rückschau auf
die vergangenen 20 Jahre Tätigkeit des Vereins
hielt und meinte, dessen ideale Arbeiten sollten ab-
seits von allem Parteigetriebe dem Vaterlande die-
18) Rheinberger, Rudolf: Dr. med. Albert Schädler, 1848-1922. Arzt,
Politiker, Historiker. In: JBL 94 (1997), S. 101-150, hier S. 143.
19) Vereinschronik. In: JBL 9 (1909) S. 136 f.
20) Vereinschronik. In: JBL 1 1 (1911), S. 174-179.
21) Vereinschronik. In: J B L 18 (1918), S. 79. 81.
22) Vereinschronik. In: JBL 10 (1910). S. 187 f.
23) Vereinschronik. In: JBL 12 (1912), S. 144-147.
24) Vereinschronik. In: JBL 20 (1920), S. 85.
168
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
QUELLEN UND
LITERATUR
Rheinberger, Rudolf:
Dr. med. Albert Schädler,
1848-1922. Arzt, Politiker,
Historiker. In: JBL 94
(1997), S. 101-150.
Ein verdienter Liechten-
steiner. In: LVolksblatt,
24. Juni 1952.
Nachruf für Herrn Sani-
tätsrat Dr. Albert Schädler.
In: JBL 22 (1922), S. 5-7.
Nachruf für Sanitätsrat
Dr. Albert Schädler. In:
ON, 24. Juni 1922.
Nachruf für Sanitätsrat
Dr. .Albert Schädler. In:
LVolksblatt, 24. Juni 1922.
Vereinschroniken und
Jahresberichte. In: JBL 1
(1901) bis 22 (1922).
VERZEICHNIS DER
VERÖFFENTLICHUNGEN
VON A L B E R T SCHÄDLER
DRUCKSCHRIFTEN
Ragatz-Pfäfers. Die Heil-
wirkung seiner Therme,
Lage und Klima. St. Gal-
len, 1886.
Ragatz-Pfäfers. The Cura-
tive Properties of the
Baths. St. Gallen, 1886.
Ragatz-Pfäfers. Actions et
proprietes therapeutiques
de ses thermes. St. Gallen,
1886.
Die Thätigkeit des liech-
tensteinischen Landtages
im 19. Jahrhunderte (nach
den Akten dargestellt und
mit historischen Rück-
blicken versehen). 1. Folge.
Die Periode von
1862-1873. In: JBL 1
(1901), S. 81-176.
Die Tätigkeit des liechten-
steinischen Landtages im
19. Jahrhunderte. II. Fol-
ge. Die Periode von
1873-1889. In: JBL 3
(1903) , S. 5-100.
Die Tätigkeit des liechten-
steinischen Landtages im
19. Jahrhunderte. III. Fol-
ge. Die Periode von
1890-1900. In: JBL 4
(1904) , S. 5-111.
Die alten Rechtsgewohn-
heiten und Landsordnun-
gen der Grafschaft Vaduz
und der Herrschaft Schel-
lenberg, sowie des nach-
herigen Fürstentums
Liechtenstein. In: JBL 5
(1905) , S. 39-85.
Karl Freiherr Haus von
Hausen (1823-1889). In:
JBL 6 (1906), S. 5-17.
Regesten zu meiner
Sammlung liechtensteini-
scher Urkunden
(1395-1859). In: JBL 7
(1907), S. 103-169.
Regesten zu den Urkunden
der liechtensteinischen
Gemeindearchive und
Alpgenossenschaften. In:
JBL 8 (1908), S.105-170.
Prähistorische und römi-
sche Funde in Liechten-
stein (Beitrag zur Urge-
schichte unseres Landes).
In: JBL 9 (1909). S. 5-25.
Huldigungs-Akte bei dem
Übergang der Herrschaft
Schellenberg und Graf-
schaft Vaduz an die Fürs-
ten von Liechtenstein. In:
JBL 10 (1910), S. 5-30.
Die Tätigkeit des liechten-
steinischen Landtages in
der Periode von 1901-
1911. In: JBL 12 (1912),
S.5-79.
Sach-Register zu der im L,
III., IV. und XII. Jahrbuche
erschienenen Geschichte
des liechtensteinischen
Landtages von der Grün-
dung der Verfassung im
J.fahre] 1862 bis Ende
1911. In: JBL 13 (1913),
S. 5-29.
Karl von in der Maur. In:
JBL 14 (1914), S. 5-10.
Liechtensteinische Volks-
bräuche und Volkssagen.
In: JBL 16 (1916),
S. 73-124.
Beiträge zur Geschichte
der Pfarrei Eschen. In: JBL
17 (1917), S. 25-60.
Das Hungerjahr 1817 in
Liechtenstein. In: JBL 18
(1918), S. 9-25.
Die geschichtliche Ent-
wicklung Liechtensteins
mit besonderer Berück-
sichtigung der neueren
Zeit. In: JBL 19 (1919),
S. 5-72.
Die Tätigkeit des liechten-
steinischen Landtages in
der Periode von 1912 bis
1919. In: JBL 21 (1921),
S. 5-56.
HANDSCHRIFTEN
Memorabilia of Dr. Albert
Schädler in London 1887.
In englischer Sprache.
Gedichte. (Mainz); (Vaduz)
etc. (1868-1897).
«Politische Memorabilien
und Notizen.» (1877 bis
um 1900).
Familienchronik; (Nach-
trag von Elwine Hinkel-
bein). (Vaduz); (München).
Von Albert Schädler abge-
schlossen am 7. Juli 1921
(S. 97), Nachträge bis
1943.
169
170
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
Kanonikus
Johann Baptist Büchel
1853 BIS 1927
VEREINSVORSITZENDER 1922 BIS 1927
KURZER LERENSLAUF
Johann Baptist Büchel wurde am 1. Juni 1853 in
Balzers-Mäls geboren. Seine Eltern, Johann Baptist
und Katharina Büchel, waren Bauers- und Ge-
werbsleute und hatten das Gasthaus «Zur Traube»
inne. Nach der Volksschule in Balzers absolvierte
er die Gymnasialstudien in Feldkirch, Brixen und
Schwyz und studierte nach der Matura Theologie
am Priesterseminar in Chur. Dort empfing er 1876
die Priesterweihe.
Nach einem kurzen Aufenthalt in Freiburg i . Ue.
wirkte er von 1876 bis 1884 als Professor und Prä-
fekt am Kollegium Maria Hilf in Schwyz. Anschlies-
send war er bis zu seinem Tod in Liechtenstein in
der Seelsorge und im Schulwesen tätig. Dabei hatte
er jeweils über längere Zeiträume leitende Funk-
tionen inne.
Während zwei Perioden gehörte er dem Landtag
an, 1890 bis 1906 als vom Volk gewählter, 1918 bis
1920 als vom Fürsten ernannter Abgeordneter.
1890 bis 1906 war er Landtagsvizepräsident. Nach
der Landtagssitzung vom 7. November 1918 und
der erzwungenen Abdankung von Landesverweser
von Imhof legte er sein Mandat nieder.
Büchel gehörte 1901 zusammen mit Dr. Albert
Schädler und Landesverweser Karl von In der
Maur zu den Gründern des Historischen Vereins,
dessen Vorsitz er 1922 bis 1927 inne hatte. Neben
zahlreichen historischen Forschungsarbeiten ver-
öffentlichte er auch ein historisches Festspiel
(1912), Gedichte und Reiseerzählungen. 2 5 1920 trat
Büchel wegen Schwerhörigkeit in den Ruhestand.
Er verbrachte seine letzten Lebensjahre auf dem
Kirchhügel zu Bendern im ehemaligen Kloster, wo
er sich neben etwas Aushilfe in der Seelsorge vor
allem der Geschichtsforschung widmete. Johann
Baptist Büchel starb am 14. November 1927 im 75.
Lebensjahr.
Schon zu Lebzeiten stand Büchel in hohem An-
sehen. Seine ausserordentlichen Leistungen und
Verdienste wurden öffentlich ausgezeichnet. 1966
Johann Baptist Büchel
widmete 1924 dieses per-
sönliche Bild dem Fürstli-
chen Rat Josef Ospelt,
seinem späteren Nachfolger
als Vereinsvorsitzender.
25) Vgl. Verzeichnis der Veröffentlichungen, S. 175 f.
171
wurde ihm vor der Pfarrkirche in Balzers eine Ge-
denkstätte errichtet. Das Denkmal, Schriftstein und
Säule, vierfach ausstrahlend, wurde von Dr. Georg
Malin geschaffen. Der Schriftstein, versinnbildet als
Buch die vier Hauptkapitel seines Lebens: Priester,
Erzieher, Heimatdichter und Historiker. Auch eine
1967 herausgegebene Gedenkmarke ehrt sein ver-
dienstvolles Schaffen.
PRIESTER
Johann Baptist Büchel war in erster Linie Seelsor-
ger. In seinem familiären Umfeld waren offensicht-
lich gute Voraussetzungen für seine Entscheidung
zum Priesterberuf gelegt. Aus der Familie Büchel
gingen nämlich neben ihm drei weitere Priester
hervor: seine Onkel Johann Baptist Büchel der Äl-
tere (1824 bis 1907; Pfarrer in Triesenberg und Va-
duz) und Josef Büchel (1842 bis 1902; Pfarrer in
Samnaun und Schaan), sowie sein Bruder Vinzenz
(1866 bis 1891; Pfarrer in Ruggell). Johann Baptist
Büchel wirkte nach seiner Weihe zum Priester am
6. August 1876 bis 1884 als Präfekt und Professor
am Kollegium Maria Hilf in Schwyz. Auf seinen
Wunsch wies ihm der Bischof dann einen neuen
Wirkungskreis als Seelsorger in seiner liechtenstei-
nischen Fleimat zu. Er war 1884/85 als Pfarrprovi-
sor in Mauren, 1885 bis 1887 als Hofkaplan in Va-
duz und 1887 bis 1910 als Pfarrer in Triesen tätig.
Er galt als guter Prediger, bescheiden und mit-
fühlend, mit einem ernsten, strengen Amtsver-
ständnis. 1897 wurde er zum nichtresidierenden
Domherrn des Churer Domkapitels, 1898 zum
bischöflichen Landesvikar und damit Vorsitzenden
des liechtensteinischen Priesterkapitels ernannt.
Diese Funktion hatte er bis 1923 inne. Für sein
priesterliches Wirken wurde er 1919 mit dem
fürstlichen Titel eines Geistlichen Rats und 1923,
an seinem 70. Geburtstag, mit dem Titel eines
päpstlichen Hausprälaten ausgezeichnet. Die Ge-
meinde Triesen verlieh ihm 1910 das Ehrenbürger-
recht.
ERZIEHER
1876 bis 1884 als Professor am Kollegium Maria
Hilf in Schwyz, unterrichtete Johann Baptist Büchel
Religion, Deutsch, Latein und Griechisch. Während
seiner Zeit als Hofkaplan in Vaduz unterrichtete er
an der dortigen Landesschule. 1891 wurde er zum
Landesschulkommissär und Inspektor der liechten-
steinischen Schulen ernannt. Dieses Amt hatte er
bis 1920 inne. Von 1910 bis 1919 gehörte er dem
Landesschulrat an. Er zeichnete verantwortlich für
die Reform der Landesschule, als deren Direktor er
1910 bis 1920 wirkte. Auch das Volksschulwesen
wurde in seiner Amtszeit2'' gründlich erneuert. Er
war an der Herausgabe verschiedener Schulbücher
beteiligt und steuerte selbst zahlreiche Texte bei.
HEIMATDICHTER
Johann Baptist Büchel hat eine grössere Zahl von
Gedichten und Liedern verfasst. Sie drücken seine
Liebe zur Heimat aus und lassen seine Vorliebe für
historische Stoffe erkennen. Die 1912 erschienene
Sammlung «Liechtensteiner Lieder» entstammt
grösstenteils seiner Feder. 1926, anlässlich seines
50-jährigen Priesterjubiläums, gab er einen eige-
nen Gedichtband heraus und widmete ihn seinen
Freunden. Das wohl bekannteste seiner Gedichte
mit dem Titel «An meine Heimat» wurde von Josef
Rheinberger vertont. Für die 200-Jahrfeier des
Übergangs der Grafschaft Vaduz an das Haus
Liechtenstein schrieb er 1912 ein Festspiel, das auf
einer Freilichtbühne vor dem Schloss Vaduz aufge-
führt wurde. Im Feuilleton «Von St. Mamerten nach
Süden» schildert er seine italienische Reise, unter
dem Titel «Von Vaduz nach dem schottischen
Hochlande» seine Reiseerlebnisse im Norden.
HISTORIKER
Wohl seine bedeutendsten Leistungen erbrachte Jo-
hann Baptist Büchel als Forscher und Förderer der
liechtensteinischen Geschichte. Er war 1901 Mitbe-
172
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
gründer des Historischen Vereins. Zusammen mit
Dr. Albert Schädler, mit dem er persönlich befreun-
det und über gemeinsame Interessen und gleicharti-
ge politische Gesinnung verbunden war, hatte er die
Initiative zur Vereinsgründung ergriffen. An der
Gründungsversammlung vom 10. Februar 1901
wurde er als Schriftführer in den Vereinsvorstand
gewählt und hielt einen Vortrag über die Geschichte
der Herren von Schellenberg.2 7
In der Folge entfaltete Büchel eine ausserge-
wöhnliche historische Forschungs- und Publikati-
onstätigkeit. Mit Feuereifer und Fleiss sammelte und
edierte er historische Quellen und wertete diese in
zahlreichen geschichtlichen Darstellungen aus. In
fast jedem der bis zu seinem Tod erschienenen 27
Bände des Jahrbuchs finden sich Beiträge aus seiner
Feder. Drei bereits vorbereitete Arbeiten wurden
nach seinem Tod publiziert. Die Schwergewichte
seiner Forschungsarbeit lagen im Bereich der Samm-
lung und Edition von historischen Quellen, der Be-
arbeitung von Biographien aus dem Fürstenhaus und
anderer Persönlichkeiten, der Gemeinde-, Pfarrei-
und Kirchengeschichte, sowie der Walserforschung.28
In den ersten Jahrbüchern veröffentlichte er in
mehreren Folgen zunächst Regesten zur Geschich-
te der Herren von Schellenberg und anschliessend
dazu eine historische Studie. An der Jahresver-
sammlung 1902 hielt er einen Vortrag über den
Schindelholzprozess zwischen Triesenberg und
Schaan/Vaduz im Jahre 1516. 2 9 Seine den Band 2
des Jahrbuchs fast zur Gänze füllende Arbeit über
die Geschichte von Triesen fusste auf Quellen und
Materialien, die er in mehrjähriger Sammeltätig-
keit zusammengetragen hatte. Es war dies die erste
umfassende und fundierte Ortsgeschichte unseres
Landes. 3 0 An der Jahresversammlung 1903 stellte
Büchel eine Regestenedition von Urkunden der
Pfarrarchive in Aussicht, Grundlage für mehrere in
späteren Jahren publizierte lokalgeschichtliche
Beiträge. 3 1
Im Wechsel mit Dr. Albert Schädler referierte Jo-
hann Baptist Büchel an den Jahresversammlungen
des Vereins: 1906 über Rebbau und Torkelordnun-
gen früherer Zeit, 3 2 1908 über die Besitzungen des
Klosters St. Johann im Thurtal in Liechtenstein,3 3
1911 über Graf Wilhelm von Montfort, Abt von
St. Gallen, 3 4 1913 über die Geschichte von Guten-
berg 3 5 und 1914 über die Burgen Liechtensteins.3 6
Weitere Themen seiner Vorträge waren 1915 der
Heimatschutz,3 7 1919 die Geschichte des Eschner-
berges,3 8 1921 die Naturwissenschaft im Dienst der
Geschichtsforschung.3 9 Auch nachdem Büchel an
der Jahresversammlung vom 8. Oktober 1922 zum
Vereinsvorsitzenden gewählt worden war, stand er
weiter als Referent zur Verfügung. 1924 referierte
er über einen Alpstreit der Mälsner mit den Fra-
stanzern in den Jahren 1693 bis 1704. Dabei ver-
wies er auch auf den besonderen Wert der Urkun-
den und die Wichtigkeit einer sicheren Aufbewah-
rung derselben.4 0 1925 anlässlich des 25-jährigen
Jubiläums des Vereins schilderte er dessen Grün-
dung und Entwicklung. 4 1 Sein letzter Vortrag an
der Jahresversammlung 1926 galt der Biographie
Bischof Franz Anton Marxers aus Ruggell. 4 2 Alle
Vorträge Büchels waren Vorläufer späterer Jahr-
buchbeiträge.
26) Vgl. Verzeichnis der Veröffentl ichungen. S. 175 f.
27) Vgl. Bericht über die Gründungsver sammlung . In: JBL 1 (1901).
S. 271-274.
28) Vgl. Verzeichnis der Veröffentl ichungen, S. 175 f.
29) Vereinschronik. In: J B L 2 (1902), S. 299 f.
30) Vereinschronik. In: J B L 2 (1902). S. 300, und In: JBL 3 (1903).
S. 208.
31) Vereinschronik. In: J B L 3 (1903). S. 210.
32) Vereinschronik. In: J B L 6 (1906). S. 156-159.
33) Vereinschronik. In: JBL 8 (1908). S. 177-179.
34) Vereinschronik. In: JBL 11 (1911). S. 179.
35) Vereinschronik. In: JBL 13 (1913), S. 57.
36) Vereinschronik. In: JBL 14 (1914), S. 147.
37) Vereinschronik. In: JBL 15 (1915), S. 131-135.
38) Vereinschronik. In: JBL 19 (1919). S. 99 f.
39) Vereinschronik. In: JBL 21 (1921), S. 134.
40) Vereinschronik. In: JBL 24 (1924), S. 116.
41) Vereinschronik. In: JBL 25 (1925), S. 127.
42) Vereinschronik. In: J B L 26 (1926). S. 136.
173
Bereits als Gründungs-
und Vorstandsmitglied des
Historischen Vereins
entfaltete Johann Baptist
Büchel eine breite For-
schungs- und Publikati-
onstätigkeit. Er war in der
Nachfolge Albert Schädlers
von 1922 bis 1927 der
zweite Vereinsvorsitzende.
Als geschichtliches Hauptwerk Büchels galt
seine Überarbeitung und Erweiterung von Peter
Kaisers «Geschichte des Fürs tenthums Liech-
tenstein nebst Schilderungen aus Churrät iens
Vorzeit». Büchel übe rmach te dieses Werk dem
Historischen Verein. Es wurde auf Beschluss der
Jahresversammlung 1923 dem Fürsten gewidmet
und in einer Auflage von 1 000 Exemplaren he-
rausgegeben. 4 3 Kurz vor seinem Tod überliess
Johann Baptist Büchel dem Verein testamenta-
risch eine grössere Zahl von Büchern und mehre-
re Manuskripte unveröffentlichter historischer
Arbeiten. 4 4
Büchel war auch an der regionalen historischen
Forschungszusammenarbeit beteiligt. Zusammen
mit Dr. Albert Schädler wurde er zum Mitglied der
1915 konstituierten Historischen Kommission für
Vorarlberg und Liechtenstein bestellt.45 Er gehörte
eine Reihe von Jahren dieser Kommission an und
arbeitete eng mit dem Bearbeiter des von ihr her-
ausgegebenen Regestenwerks «Quellen zur Ge-
schichte des Landes Vorarlberg und des Fürsten-
tums Liechtenstein» zusammen.
43) Vereinschronik. In: JBL 23 (1923), S. 182.
44) Vereinschronik. In: JBL 28 (1928), S. 177 f.
45) Vereinschronik. In: JBL 14 (1914), S. 148 f.
174
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
QUELLEN UND
LITERATUR
Johann Baptist Büchel
zum 40. Todestag. In:
LVolksblatt, 14. Novem-
ber 1967.
Denkmaleinweihung
Prälat Johann Baptist
Büchel, 1853-1927. Hrsg.
Gemeinde Balzers. Bal-
zers, 1966.
Steger, Gregor: Balzers:
«...wo ihr Geist lebendig
ist». Ansprache an der
Denkmalenthüllung für
Johann Baptist Büchel in
Balzers. In: LVolksblatt,
18. Oktober 1966.
Kranz, Alfons: Ich grüsse
sie von meinen stillen
Höhn. Zur Enthüllung
eines Denkmals für Prälat
Joh. Baptist Büchel in
Balzers. In: LVolksblatt,
15. Oktober 1966.
Am 100. Geburtstag von
Prälat Baptist Büchel. In:
LVolksblatt, 3. Juni 1953.
Nipp, Eugen: Prälat Jo-
hann Baptist Büchel.
Vortrag. In: LVolksblatt,
20. und 22. November
1952.
Johann Baptist Büchel.
Am 20. Todestag. In:
LVolksblatt, 18. November
1947.
Nipp, Eugen: Prälat Jo-
hann Baptist Büchel. In:
JBL 27 (1927), S. 3-10.
Monsignore Johann Bap-
tist Büchel. (Nachruf). In:
Neue Zürcher Nachrich-
ten, 22. November 1927.
Prälat J. B. Büchel. (Nach-
ruf). In: LVolksblatt,
17. November 1927.
(Johann Baptist Büchel) 50
Jahre Priester. In: LVolks-
blatt, 4. August 1926.
Vereinschroniken und
Jahresberichte. In: JBL 1
(1901) bis 28 (1928).
VERZEICHNIS DER
VERÖFFENTLICHUNGEN
VON JOHANN BAPTIST
BÜCHEL
Geschichte des Gebietes
des heutigen Fürstentums
Liechtenstein, für Schule
und Haus erzählt, o. 0.
(Triesen), 1894. (Einsie-
deln: Eberle, Kälin 8i Cie).
Über den Geographieun-
terricht auf der Sekundär-
schule, o. 0., o. J. (1895).
Regesten zur Geschichte
der Herren von Schellen-
berg. I. Folge. In: JBL 1
(1901) , S. 177-268.
Geschichte der Pfarrei
Triesen. In: JBL 2 (1902),
S. 1-296.
Geschichte der Pfarrei
Triesen. o. 0. (Vaduz), o. J.
(1902) .
Regesten zur Geschichte
der Herren von Schellen-
berg. II. Folge. In: JBL 3
(1903) , S. 101-164.
Regesten zur Geschichte
der Herren von Schellen-
berg. III. Folge. In: JBL 4
(1904) , S. 169-224.
Regesten zur Geschichte
der Herren von Schellen-
berg. IV. Folge. In: JBL 5
(1905) , S. 87-148.
Regesten zur Geschichte
der Herren von Schellen-
berg. V. Folge. In: JBL 6
(1906) , S. 69-152.
Zwei Urbarien der alten
Grafschaft Vaduz. In: JBL
6 (1906), S. 19-67.
Geschichte der Herren von
Schellenberg (Auf Grund
der in den Jahrbüchern I,
III, IV, V und VI veröffent-
lichten Regesten verfasst)
(I. Teil). In: JBL 7 (1907),
S. 3-101.
Geschichte der Herren von
Schellenberg (Auf Grund
der in den Jahrbüchern I,
III, IV, V und VI veröffent-
lichten Regesten verfasst)
(II. Teil). In: JBL 8 (1908),
S. 1-98.
Geschichte der Herren von
Schellenberg (Auf Grund
der in den Jahrbüchern I,
III, IV, V und VI veröffent-
lichten Regesten verfasst)
(III. Teil, Schluss). In: JBL
9 (1909), S. 27-99.
Einiges zur Walliserfrage.
In: JBL 9 (1909), S. 101-
111.
Bücher-Verzeichnis der
alten bis anhin zur Tries-
ner Cooperaturpfründe
gehörenden Bibliothek. In:
JBL 9 (1909), S. 113-132.
Bilder aus der Geschichte:
dramatisch vorgeführt am
Jubiläums-Feste zur 200.
Wiederkehr des Jahresta-
ges der Übergabe der
Graffschaft [sie] Vaduz an
das fürstliche Haus Liech-
tenstein: 1712-1912. o. 0.
(Triesen), o. J. (1912).
Geschichte des Fürsten-
tums Liechtenstein, o. 0.
(Vaduz), o. J. (1912).
(Buchs: J. Kuhn).
Von Vaduz nach dem
schottischen Hochland:
eine Reiseskizze, o. 0.,
1912. (Buchs: J. Kuhn).
Die Urkunden des Pfarr-
archivs zu Bendern. In:
JBL 12 (1912), S. 81-139.
175
Liechtensteinische Hymne
(Noten): zur Zentenarfeier
1912, für Männerchor
komponiert von Felix
Kircher; Worte von J. B.
Büchel, o. 0., o. J. (1912).
Gutenberg Balzers: II. Ge-
schichte der Feste und
Herrschaft Gutenberg. In:
JBL 14 (1914), S. 18-98.
Graf Wilhelm v. Montfort-
Feldkirch, Abt von St. Gal-
len (1281-1301). In: JBL
14 (1914), S. 117-143.
Bilder aus der Geschichte
von Mauren. I. In: JBL 15
(1915) , S. 75-107.
Bilder aus der Geschichte
von Mauren. II. In: JBL 16
(1916) , S. 5-71.
Einiges aus der vaterländi-
schen Geschichte. In: JBL
17 (1917), S. 5-24.
Urkunden aus dem Urbar
des Klosters St. Johann im
Thurtal, soweit sie unser
Gebiet betreffen. In: JBL
18 (1918), S. 27-63.
Die Pfarrbücher Liechten-
steins: I. Balzers. In: JBL
18 (1918), S. 65-74.
Geschichtliches über die
Burgen unseres Landes.
In: JBL 19 (1919),
S. 73-98.
Geschichte des Eschner-
berges. In: JBL 20 (1920),
S. 5-36.
Liechtensteiner Fürsten-
lied. (Noten, für 3 Ober-
stimmen, von G. Schmid v.
Grüneck; Text von Joh. B.
Büchel, o. 0., o. J. (ca.
1920). (Chur: Casanova).
Liechtenstein im Prättigau-
er Krieg (1619-1624). In:
JBL 22 (1922), S. 9-29.
Die Naturwissenschaft als
Quelle für die Geschichts-
forschung: Vortrag, gehal-
ten bei der Jahresver-
sammlung des Histori-
schen Vereins in Eschen
1921. In: JBL 22 (1922),
S. 31-42.
Peter Kaisers Geschichte
des Fürstentums Liechten-
stein nebst Schilderungen
aus Churrätiens Vorzeit.
2., verb. Aufl. Vaduz,
1923.
Die Geschichte der Pfarrei
Bendern. In: JBL 23
(1923) , S. 5-180.
Geschichte des Balzner
Kirchenbaues. (Aus der
Blütezeit des unheiligen
Bürokratius: 1795-1835).
In: JBL 24 (1924), S. 5-37.
Die Mälsener und Frastan-
zer im Streit wegen der
Alp Guschgfiel: 1693-
1704. (Aus den Akten des
Vorarlberger Landesarchi-
ves). In: JBL 24 (1924),
S. 77-88.
Regesten zur Geschichte
der Herren von Schellen-
berg, o. 0. (Vaduz), o. J.
(1924) .
Bilder aus der Geschichte
des fürstlichen Hauses von
und zu Liechtenstein. (Aus
den Urkunden ausge-
wählt). In: JBL 25 (1925),
S. 9-115.
Geschichte der Pfarrei
Eschen. In: JBL 26 (1926),
S. 5-109.
Gedichte: alte und neue,
o. 0., o. J. (1926).
Geschichte der Pfarrei
Schaan. In: JBL 27 (1927),
S. 15-134.
Die Einwanderung der
Walliser. In: JBL 28 (1928),
S. 121-136.
Bischof Franz Anton
Marxer: 1703-1775. In:
JBL 28 (1928), S. 137-146.
Auszug aus der Chronik
des Jakob Heibert. In: JBL
29 (1929), S. 65-138.
Auszüge aus Protokollen
des Hofgerichts der Graf-
schaft Vaduz aus der Zeit
der Hohenemser Grafen.
Ein Beitrag zur Kulturge-
schichte des 17.Jahrhun-
derts. Aus dem Gerichts-
protokollbuch des Regie-
rungsarchivs ausgewählt.
(Die Eintragungen in das
Protokollbuch beginnen
mit 1640). In: JBL 38
(1938), S. 107-149.
176
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
Josef Ospelt
1881 BIS 1962
VEREINSVORSITZENDER 1928 BIS 1955
KURZER LERENSLAUF
Josef Ospelt wurde am 9. Januar 1881 in Vaduz als
Sohn des Julius und der Maria geb. Seger geboren.
Nach dem Besuch der Volks- und Landesschule trat
er in den Staatsdienst ein und arbeitete unter Lan-
desverweser Karl von In der Maur als Regierungs-
kanzlist. Im Jahre 1911 wurde er zum Regierungs-
sekretär bestellt. Fünf Jahre später, 1916, heiratete
er Mathilde Ospelt aus Vaduz.
Josef Ospelt gehörte 1918 zu den Gründern der
Fortschrittlichen Bürgerpartei und war später
langjähriger Verwalter und Vorsitzender des Pres-
severeins «Liechtensteiner Volksblatt». Am 23.
März 1921 wurde er vom Fürsten zum Nachfolger
von Landesverweser Dr. Josef Peer und gleichzeitig
zum fürstlichen Rat ernannt. Nach Inkrafttreten
der neuen Verfassung vom 5. Oktober 1921, an de-
ren Ausarbeitung er beteiligt war, wurde er auf
Vorschlag des Landtags zum Regierungschef er-
nannt. Er war also in dieser Übergangszeit der letz-
te Landesverweser und der erste liechtensteinische
Regierungschef. Nach seinem Rücktritt am 27.
April 1922 aufgrund der veränderten politischen
Mehrheitsverhältnisse zog er mit seiner Familie für
kurze Zeit nach Wien. 1918 bis 1922 besorgte er
als Rentmeister auch die fürstliche Domänenver-
waltung. Dann gründete er eine Rechts- und Versi-
cherungsagentur in Vaduz. Ab 1925 hatte er die
Repräsentanz der «Zürich-Versicherungen» inne.
Nach dem erneuten politischen Umschwung 1928
bekleidete Josef Ospelt zumeist über mehrere Man-
datsperioden verschiedene bedeutende öffentliche
Ämter und engagierte sich stark in sozialen und
kulturellen Belangen. Er gehörte zu den Grün-
dungsmitgliedern des Historischen Vereins, den er
1928 bis 1955 als Vorsitzender leitete. Viele Jahre
wirkte er auch im Vorstand der Vaduzer Winzerge-
nossenschaft. Josef Ospelt starb am 1. Juni 1962
im 82. Lebensjahr.
IN ÖFFENTLICHEN ÄMTERN
In Josef Ospelts kurze Amtszeit als Landesverweser
und Regierungschef fiel der Erlass der neuen Lan-
desverfassung von 1921, die seine Unterschrift
trägt. Er war als Mitglied der vorberatenden Kom-
mission an der Ausarbeitung der Verfassung betei-
ligt und führte insbesondere die Verhandlungen
mit dem Bischof von Chur über die Regelung des
Verhältnisses von Kirche und Staat, dessen Ausge-
staltung in Einzelheiten nicht unerhebliche Schwie-
rigkeiten bereitete. Von 1928 bis 1932 war Josef
Ospelt Landtagsabgeordneter. 1928 wurde er Prä-
sident des Verwaltungsrates der Sparkassa für das
Fürstentum Liechtenstein, der Vorläuferin der heu-
tigen Landesbank. Er bekleidete diese Funktion bis
1953. Danach wirkte er bis 1957 für dieses Bankin-
stitut als Präsident des Aufsichtsrats. 1930 wurde
er Präsident des neu errichteten Staatsgerichtsho-
fes. Dieses hohe Staatsamt hatte er bis 1955 inne.
Für sein öffentliches Wirken wurde Josef Ospelt
von Fürst Franz I. 1937 das Komturkreuz des
liechtensteinischen Verdienstordens verliehen.
SOZIALES UND KULTURELLES ENGAGEMENT
Josef Ospelt war einer der Initianten des 1923 ge-
gründeten liechtensteinischen Caritasvereins und
bis 1960 als Kassier und Verwalter auch dessen
treibende Kraft. Die Gründung des Liechtensteiner
Volksvereins im Jahre 1924 war ebenfalls wesent-
lich sein Verdienst. Diese erste katholische Er-
wachsenenbildungseinrichtung in Liechtenstein
stand bis anfangs der 1940er Jahre unter seiner
Leitung. 1960 zeichnete Papst Johannes XXIII. sein
Wirken im Caritasverein mit der Goldenen Ver-
dienstmedaille «Bene Merente» aus.
177
Der Vorstand des Histori-
schen Vereins im Sommer
1933 auf dem Burghügel
von Gutenberg in Balzers
anlässlich einer Besichti-
gung der aktuellen Aus-
grabungen.
Von links nach rechts: die
Vorstandsmitglieder Eugen
Nipp, Egon Rheinberger,
Anton Frommelt, Gabriel
Hiener, der Vereinsvorsit-
zende Josef Ospelt sowie
der als Experte und Bera-
ter beigezogene Professor
Gero von Merhart von der
Universität Marburg
178
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
IM HISTORISCHEN VEREIN
Josef Ospelt nahm 1901 als junger Mann an der
Gründungsversammlung des Historischen Vereins
teil. An der Jahresversammlung 1910 hielt er einen
Vortrag über liechtensteinische Orts- und Flurna-
men, der später im Liechtensteiner Volksblatt und
dann als umfassende Studie im Jahrbuch des Ver-
eins veröffentlicht wurde. 4 6 An der Jahresver-
sammlung vom 29. Dezember 1918 wurde er an-
stelle des ausscheidenden Landesverwesers Baron
von Imhof in den Vereinsvorstand gewählt. 4 7 Die
Versammlung vom 11. September 1921 bestellte
den «fürstlichen Rat und Landesverweser Josef Os-
pelt» zum Mitglied der Flistorischen Kommission
für Vorarlberg und Liechtenstein.4 8 Im Jahr darauf
berichtete er der Jahresversammlung über die
Tätigkeit und die neuen Statuten der Kommissi-
on. 4 9 1923 hielt er einen Vortrag über den Auszug
des Liechtensteiner Bundeskontingents im Jahre
1866. 5 0 1924 referierte er über die Wichtigkeit der
Flurkarten für praktische und wissenschaftliche
Zwecke,5 1 1925 über einige dem Verein überlasse-
ne Fundstücke 5 2 und 1926 über Ergebnisse von
Grabungen in Vanola oberhalb Schaan. 5 3
Durch seinen Einsatz für den Verein und seine
Vorträge und Jahrbuchbeiträge war Josef Ospelt
nach dem Tode von Johann Baptist Büchel prä-
destiniert, die Vereinsleitung zu übernehmen und
das Werk seiner Vorgänger fortzusetzen. Am 26.
Februar 1928 wurde er zum Vereinsvorsitzenden
gewählt. 5 4 28 Jahre leitete er sodann mit grosser
Umsicht den Verein und widmete ihm den grössten
Teil seiner Freizeit. Er besorgte die Vereinsgeschäf-
te mit der ihm eigenen Genauigkeit und Pünktlich-
keit. Er entfaltete eine vielseitige Tätigkeit, beteilig-
te sich an der Redaktion und Herausgabe des Jahr-
buchs und betrieb selbst intensive historische For-
schungsarbeit. Hauptsächlich war er tätig im
Bereich der Sammlung und Edition von histori-
schen Quellen, der Volks- und Familienkunde, der
politischen Geschichte, der Bearbeitung von Bio-
graphien aus dem Fürstenhaus, von Landammän-
nersiegeln und der Namenforschung. Insgesamt 24
Beiträge im Jahrbuch entstammen seiner Feder.
Seine umfangreichste und wohl verdienstvollste
Arbeit ist die bereits 1911 erschienene Sammlung
liechtensteinischer Orts- und Flurnamen. 5 5 Alle sei-
ne historischen Arbeiten zeugen von einer starken
Fleimatverbundenheit. Sein Vortrag an der Jahres-
versammlung 1937 zur liechtensteinischen Verfas-
sungsgeschichte,56 vor allem aber sein Vortrag an
der 600-Jahrfeier der Gründung der Grafschaft Va-
duz am 3. Mai 1942 5 7 zeigen politische Beweggrün-
de seiner historischen Forschungsarbeit und sind
auch als Manifestation der Eigenstaatlichkeit in ei-
ner Zeit der äusseren Bedrohung zu werten.
Josef Ospelt bemühte sich selbst um die Samm-
lung von Quellen zur liechtensteinischen Geschich-
te in ausländischen Archiven. So eruierte er
1928/29 die Liechtenstein betreffenden Akten des
ehemaligen Kammergerichts des alten Deutschen
Reiches, besorgte Abschriften und publizierte sie
auszugsweise.5 8 1938 als Vertreter Liechtensteins
am 8. Internationalen Kongress für Geschichtswis-
senschaft in Zürich suchte er im dortigen Staatsar-
chiv nach Urkunden über unser Land und erstellte
46) Vereinschronik. In: JBL 10 (1910). S. 188.
47) Vereinschronik. In: JBL 18 (1918), S. 81.
48) Vereinschronik. In: JBL 21 (1921). S. 134.
49) Vereinschronik. In: JBL 22 (1922). S. 105.
50) Vereinschronik. In: JBL 23 (1923), S. 183.
51) Vereinschronik. In: JBL 24 (1924), S. 1 16.
52) Vereinschronik. In: JBL 25 (1925), S. 128.
53) Vereinschronik. In: JBL 26 (1926), S. 136.
54) Vereinschronik. In: J B L 28 (1928), S. 178.
55) Vgl. Verzeichnis der Veröffentlichungen, S. 183 f.
56) Vereinschronik. In: JBL 37 (1937), S. 179. Ospelt, Josef: Zur
Liechtensteinischen Verfassungsgeschichte. In: JBL 37 (1937).
S. 5-50.
57) Vereinschronik. In: J B L 42 (1942), S. 87-90. Ospelt, Josef: Die
Gründung der Grafschaft Vaduz, nebst kurzer Geschichte der
vorausgegangenen Zeit. In: JBL 41 (1941). S. 5-69.
58) Vereinschronik. In: JBL 29 (1929), S. 158 und in: JBL 34 (1934).
S. 137. Ospelt, Josef: Aus den Akten des Reichskammergerichtes des
alten Deutschen Reiches. In: J B L 35 (1935), S. 39-93.
179
Fürstlicher Rat Josef
Ospelt war in den Jahren
1928 bis 1955 der dritte
Vereinsvorsitzende. Unter
seiner Präsidentschaft
begann der Verein mit der
Erarbeitung des Liechten-
steinischen Urkundenbu-
ches. Ausserdem wurden
in Josef Ospelts Amtszeit
die Sammlungen des
Historischen Vereins
wesentlich erweitert und
konnten erstmals in einem
Museum der Öffentlichkeit
gezeigt werden.
Regesten.34 Nachdem der Landtag 1933 über An-
trag von Dr. Wilhelm Beck sich grundsätzlich für
die Finanzierung der Veröffentlichung wichtiger
historischer Quellen ausgesprochen hatte, konnten
die Arbeiten am Liechtensteinischen Urkunden-
buch beginnen. 6 0 Dieses wohl bedeutendste For-
schungsunternehmen des Historischen Vereins war
Josef Ospelt ein Herzensanliegen. Er förderte die
entsprechenden Arbeiten nach Kräften. 1942 be-
gann mit der ersten Lieferung die Drucklegung des
Urkundenbuchs, an dem bis heute ununterbrochen
gearbeitet wird. Die ersten beiden Bände wurden
in der Amtszeit Josef Ospelts abgeschlossen.61
In engem Zusammenhang mit dem Urkunden-
buchprojekt standen die Bemühungen um die Ord-
nung der Gemeinde-, Pfarrei- und Genossen-
schaftsarchive in Liechtenstein. Die jahrelangen
Ordnungsarbeiten wurden über Antrag des Ver-
einsvorstandes von Pfarrresignat Fridolin Tschug-
mell im Auftrag der Regierung 1937 begonnen. Jo-
sef Ospelt unterstützte Tschugmell nach Kräften
und erstellte in enger Zusammenarbeit mit diesem
ein Verzeichnis der Landammänner samt Wieder-
gabe ihrer Siegel, gezeichnet von Eugen Verling. 6 2
Die von Verling angelegte zweibändige Sammlung
liechtensteinischer Siegel wurde 1942 für den Ver-
ein erworben. 6 3 Mit Tschugmell verband Ospelt
auch sein reges Interesse für dessen familienge-
schichtliche Forschungen.
Über all die Jahre war Josef Ospelt bestrebt, die
Sammlungen des Vereins zu mehren und sie in ge-
eigneten Räumen zu verwahren und auszustellen.
Es gelang ihm, Fürst Franz I. zu bewegen, dem Hi-
storischen Verein Platz für die Sammlungen im
Schloss Vaduz zu überlassen. 1930 konnte ein er-
ster Raum bezogen werden. 1933 stellte der Fürst
zusätzliche Räume im Schloss zur Verfügung, in
dem 1934 auch die Bücherei und das Archiv des
Vereins untergebracht wurden. 6 4 Im gleichen Jahr
beteiligte sich der Historische Verein an der Liech-
tensteinischen Landesausstellung und stellte im Va-
duzer Rathaus eine Auswahl seiner Sammlungs-
stücke aus. Er wurde dafür mit einem Ehrendiplom
ausgezeichnet.65 Aufgrund der Wohnsitznahme von
Fürst Franz Josef II. 1938 auf Schloss Vaduz muss-
180
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
ten die Sammlungen des Vereins in ein Zimmer im
Rathaus Vaduz überführt werden.''6 Später wurden
Teile des Fundgutes im Schulhaus Ebenholz depo-
niert. 6 7 In dieser Zeit wurde verstärkt der Ruf nach
einem Landesmuseum laut. Es war wesentlich Jo-
sef Ospelt zu verdanken, dass im oberen Stockwerk
des neu errichteten Sparkassa-Gebäudes (heute
Landesbank) ein solches Museum eingerichtet wer-
den konnte. Zu seiner grossen Freude wurde das
völlig neu gestaltete Landesmuseum noch in seiner
Präsidentschaft an Pfingsten 1954 eröffnet und für
den Publikumsbesuch freigegeben.6 8
Bereits 1929 regte Josef Ospelt die fotografische
Aufnahme der «bemerkenswerteren älteren Ge-
bäude des Landes» an. 6 9 Er vermittelte 1933 den
Kauf der Ruine Schalun durch die Gemeinde Va-
duz. 7 0 In Fortsetzung früherer Bestrebungen des
Vereins wurde 1943 das erste Denkmalschutzge-
setz des Landes vom Vorstand behandelt und der
Regierung zur Vorlage an den Landtag übergeben.
Nach dessen Inkraftsetzung 1944 wurde Josef Os-
pelt als Vertreter des Historischen Vereins in die
Denkmalschutzkommission bestellt.71 Er war es,
der 1945 die ersten Schritte zur Inventarisierung
der Kunstdenkmäler einleitete und über die Ver-
mittlung von Bischof Caminada von Chur Dr. Erwin
Poeschel für diese Aufgabe gewinnen konnte. 7 2 Be-
reits 1948 stellte Poeschel an der Jahresversamm-
lung das Ergebnis seiner Arbeit vor. 7 3 1950, zum
50. Vereinsjubiläum, erschien sein Werk und wur-
de als Festgabe verbilligt an die Mitglieder abgege-
59) Vereinschronik. In: J B L 38 (1938), S. 153.
60) Vereinschronik. In: JBL 34 (1934). S. 139.
61) Liechtensteinisches Urkundenbuch. I. Teil. Lieferungen zu Band
1 herausgegeben In: JBL 42 (1942) bis 47 (1947); Lieferungen zu
Band 2 herausgegeben In: JBL 48 (1948) bis 53 (1953).
62) Vereinschronik. In: J B L 38 (1938), S. 153 und in: JBL 39 (1939)
S. 121 f. - Ospelt, Josef: Landammänner-Verze ichnis und Landam-
männer-Siegel. In: JBL 40 (1940), S. 37-67.
63) Vereinschronik. In: JBL 42 (1942), S. 94.
64) Vereinschronik. In: JBL 30 (1930), S. 110, und in: JBL 33 (1933),
S. 142, und in: JBL 34 (1934), S. 137.
65) Vereinschronik. In: JBL 34 (1934), S. 136.
66) Vereinschronik. In: J B L 40 (1940), S. 338.
67) Vereinschronik. In: JBL 49 (1949), S. 114.
68) Vereinschronik. In: JBL 52 (1952), S. 269f., und in: JBL 53
(1953), S. 218 f., und in: JBL 54 (1954), S. 135.
69) Vereinschronik. In: J B L 29 (1929), S. 159.
70) Vereinschronik. In: J B L 33 (1933), S. 142.
71) Vereinschronik. In: JBL 43 (1943). S. 86. und in: JBL 44 (1944),
S. 113.
72) Vereinschronik. In: J B L 45 (1945), S. 172, und in: JBL 46 (1946),
S. 89 f., und in: JBL 47 (1947), S. 110.
73) Vereinschronik. In: J B L 48 (1948), S. 106.
Der Initiant der Ausstel-
lung «Altes Kulturgut der
Heimat», Professor Otto
Seger (links), zusammen
mit dem Ehrenpräsidenten
des Historischen Vereins,
Josef Ospelt (rechts), an-
lässlich der Ausstellungs-
eröffnung im November
1959
181
ben. 7 4 In der Folge wurde auf Initiative des Histori-
schen Vereins von der Denkmalschutzkommission
ein Verzeichnis der von der Regierung unter Schutz
gestellten Gebäude und Gegenstände erstellt.75 Jo-
sef Ospelt war 1952 als Vorsitzender auch an der
Organisation der ersten Kunstausstellungen in Va-
duz beteiligt.7 6
Josef Ospelt wirkte auch massgeblich mit an der
Vorbereitung eines Gesetzes zum Schutz der Natur.
Er bearbeitete 1932 im Auftrag der Regierung den
zwei Jahre zuvor entstandenen Gesetzesentwurf.77
Anlässlich seiner Jahresversammlung, die der Ver-
ein zum Schutz der Alpenpflanzen, München, in
Vaduz abhielt, wurde das neue liechtensteinische
Gesetz zum Schutz der Natur besonders gewür-
digt. 7 8 Im Zusammenhang mit dem naturkundli-
chen Tätigkeitsbereich des Historischen Vereins ist
auch die in den 1950er Jahren erfolgte Druckle-
gung des Werks «Geologie des Fürstentums Liech-
tenstein» und der damit gekoppelten geologischen
Kartenwerke zu sehen.7 9 Später erlebte der im
Schosse des Historischen Vereins entwickelte Na-
turschutzgedanke eine Ausweitung. Er wurde
durch andere Kreise und Vereine aufgegriffen und
weiter gepflegt.
Ganz dem eigenen Forschungsinteresse Josef
Ospelts entsprach seine Mitwirkung am vorarlber-
gisch-liechtensteinischen Wörterbuch. Er begleite-
te bereits zu Beginn der 1930er Jahre die entspre-
chenden Arbeiten von Universitätsprofessor Dr.
Leo Jutz in Liechtenstein.8 0 Diese wurden durch
den Zweiten Weltkrieg unterbrochen. Jutz konnte
die Bearbeitung des Wörterbuchs erst 1946 wieder
aufnehmen und Jahre später abschliessen.81 Ver-
wandt mit diesem Forschungsprojekt waren die
1955 begonnenen Arbeiten des Phonogrammarchivs
der Universität Zürich zur Aufnahme der Mundar-
ten aller Gemeinden des Landes. 8 2 Josef Ospelt hat-
te diese Aufnahmen schon früher ins Auge gefasst
und vorbereitet. Als Mitglied der Nomenklaturkom-
mission leistete er auch einen wichtigen Beitrag bei
der Herausgabe amtlicher Kartenwerke.
In der Amtszeit Josef Ospelts wurden die ur- und
frühgeschichtlichen Forschungen in Liechtenstein
wesentlich ausgeweitet. In den 1930er Jahren be-
gannen die Grabungen im Borscht und auf dem
Lutzengüetle mit über die Landesgrenzen hinaus
bedeutsamen Forschungsergebnissen. Die Jahres-
tagung der Schweizerischen Gesellschaft für Ur-
und Frühgeschichte fand 1935 nicht zufällig in un-
serem Land statt.83 1937 stellte erstmals David
Beck, Vorstandsmitglied und späterer Nachfolger
Ospelts als Vorsitzender, seine Zeit und Kraft selbst-
los in den Dienst der Ausgrabungen am Lutzen-
güetle. 8 4 Auf Wunsch des Vorstandes liess sich Beck
in der Folge für die fachgemässe Ausführung von
archäologischen Grabungen ausbilden und besuch-
te Kurse für Forschungen auf vorgeschichtlichem
Gebiet, in dem er später für seine Leistungen inter-
nationale Anerkennung erlangen sollte.8 5
An der Jahresversammlung 1955 verzichtete Jo-
sef Ospelt alters- und gesundheitsbedingt auf eine
Wiederwahl als Vorsitzender. Der langjährige Vor-
sitzende, der sich im kulturellen und politischen
Leben des Landes grosse Verdienste erworben hat-
te, wurde zum Ehrenpräsidenten des Vereins ge-
wählt . 8 6 Unter seiner Leitung hatte sich das Tätig-
keitsfeld des Vereins stetig erweitert. Die Jahr für
Jahr reichhaltiger gewordenen Jahrbücher bezeu-
gen dies deutlich.
74) Vereinschronik. In: JBL 50 (1950), S. 198.
75) Vereinschronik. In: JBL 52 (1952), S. 271.
76) Vereinschronik. In: JBL 52 (1952). S. 272.
77) Vereinschronik. In: JBL 30 (1930), S. 111, und in: JBL 32 (1932).
S. 97 f.
78) Vereinschronik. In: JBL 33 (1933), S. 140.
79) Vereinschronik. In: JBL 51 (1951), S. 263 f.
80) Vereinschronik. In: JBL 32 (1932), S. 97.
81) Vereinschronik. In: JBL 46 (1946), S. 90. - Jutz. Leo: Vorarlber-
gisches Wör te rbuch mit Einschluss des Fürs ten tums Liechtenstein.
Wien, 1957-1965.
82) Vereinschronik. In: JBL 55 (1955), S. 148.
83) Vereinschronik. In: JBL 35 (1935), S. 140.
84) Vereinschronik. In: JBL 37 (1937), S. 177.
85) Vereinschronik. In: JBL 38 (1938), S. 153. - Zu David Beck vgl.
S. 185-193.
86) Vereinschronik. In: JBL 55 (1955), S. 150 f.
182
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
QUELLEN UND
LITERATUR
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Rat Joseph Ospelt a. Regie-
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In: JBL 62 (1962), S. V-XII.
Frick, Alexander: Ab-
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In: LVolksblatt, 9. Juni
1962.
Fürstlicher Rat Josef
Ospelt. (Nachruf). In:
LVaterland, 6. Juni 1962.
Fürstl. Rat Joseph Ospelt,
a. Regierungschef. (Nach-
ruf). In: LVolksblatt, 5. Juni
1962.
Zur Erfüllung des 80. Le-
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(Josef Ospelt). 25 Jahre
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VERZEICHNIS DER
VERÖFFENTLICHUNGEN
VON JOSEF OSPELT
Zur liechtensteinischen
Ortsnamenkunde: Vortrag
gehalten bei der Jahres-
versammlung des histori-
schen Vereins für das
Fürstentum Liechtenstein
in Vaduz am 11. Dezem-
ber 1910. Vaduz, 1911.
Sammlung liechtensteini-
scher Orts- und Flurna-
men. In: JBL 11 (1911),
S. 5-141.
Vaduzer Sprüche. In: JBL
17 (1917), S. 61-105.
Nachtrag zur Sammlung
liechtensteinischer Orts-
und Flurnamen. In: JBL
20 (1920), S. 61-84.
Kindersprüche aus dem
Liechtensteinischen. In:
Heimat. Bregenz. Jg. 3
(1922), H. 5, S. 37-40.
Entgegnung auf den Re-
chenschaftsbericht der
fürstlichen Regierung an
den Landtag vom 12. Okto-
ber 1922. Vaduz, 1923.
Der 1866er Felclzug des
fürstlich liechtensteini-
schen Bundeskontingen-
tes: mit kurzer Lebensbe-
schreibung des Haupt-
manns und Landestechni-
kers Peter Rheinberger. In:
JBL 24 (1924), S. 39-75.
Ausführliche Regesten aus
den Urkunden des fürst-
lich liechtensteinischen
Regierungsarchivs. In: JBL
25 (1925), S. 117-125.
Ausführliche Regesten aus
den Urkunden des fürst-
lich liechtensteinischen
Regierungsarchivs. In: JBL
26 (1926), S. 110-134.
Spruch und Brauch im
menschlichen Leben. In:
JBL 28 (1928), S. 165-175.
Schloss Vaduz. In: Fürs-
tentum Liechtenstein.
München, 1929, S. 15-19.
Huldigung an Seine Durch-
laucht den Landesfürsten
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S. 5-10.
Das Legerbuch oder Steu-
erbuch vom Jahre 1584.
In: JBL 30 (1930), S. 5-43.
P. Ildefons, Prinz Georg
von und zu Liechtenstein,
t 14. April 1931. In: JBL
31 (1931), S. 13-22.
Schloss Vaduz. In: Feier-
abend. Wochenbeilage
zum «Vorarlberger Tag-
blatt». Dornbirn, Jg. 14
(1932) , F. 9, S. 129-131.
Prinzessin Henriette von
und zu Liechtenstein, t
24. Dezember 1931. In:
JBL 32 (1932), S. 5-14.
Schloss Vaduz. In: Fürs-
tentum Liechtenstein.
Vaduz, 1933, S. 13-18.
Und in: Festschrift zur 70.
Gründungsfeier der Har-
moniemusik Vaduz. Vaduz,
1933, S. 13-18.
Von alten Burgen. In: Das
Fürstentum Liechtenstein.
Festschrift zur 59. Haupt-
versammlung des Deut-
schen und Österreichi-
schen Alpenvereins in
Vaduz, 22. bis 24. Septem-
ber 1933. Wien, 1933,
S. 31-38.
Schloss Vaduz. In: Cosmos
Post. Paxvale. Jg. 25
(1933) , 9, S. 3-8.
Regesten von Urkunden
des ehemaligen Archives
im Schloss Vaduz. In: JBL
33 (1933), S. 55-120.
Geschichtliches über die
Währungs- und Kreditver-
hältnisse im Fürstentum
Liechtenstein. Vaduz,
(1933).
Aus den Akten des Reichs-
kammergerichtes des alten
Deutschen Reiches. In: JBL
35 (1935), S. 39-93.
Egon Rheinberger, t 25.
Juli 1936. In: JBL 36
(1936) , S. 5-11.
Aus der Geschichte und
der Entwicklung der
Sparkasse für das Fürsten-
tum Liechtenstein, Liech-
tensteinische Landesbank.
In: 75. Geschäftsbericht
für das Jahr 1936 / Spar-
kasse für das Fürstentum
Liechtenstein. Vaduz,
1937, S. 25-72.
Zur Liechtensteinischen
Verfassungsgeschichte. In:
JBL 37 (1937), S. 5-50.
Die Versicherung gegen
Feuerschaden im Fürsten-
tum Liechtenstein. 70
Jahre «Generali» in Liech-
tenstein, in: Mitteilungen
der Assicurazioni Genera-
li, Allgemeine Assekuranz,
Direktion für Österreich an
ihre Mitglieder. Wien, Jg. 4
(1937) , Nr.1/2, Sonderfol-
ge, S. 22-24.
Huldigung an Seine Durch-
laucht den Landesfürsten
Franz Josef II. In: JBL 38
(1938) , S. 5-10.
Sammlung liechtensteini-
scher Familiennamen. In:
JBL 39 (1939), S. 63-117.
183
Erinnerungsblatt zum
hundertsten Geburtstage
des Fürsten Johann IL In:
JBL 40 (1940), S. 5-17.
Landammänner-Verzeich-
nis und Landammänner-
Siegel. In: JBL 40 (1940),
S. 37-67.
Die Gründung der Graf-
schaft Vaduz, nebst kurzer
Geschichte der vorausge-
gangenen Zeit. In: JBL 41
(1941), S. 5-69.
Gabriel Hiener, fürstl.
Oberingenieur, t 20. Jän-
ner 1942. In: JBL 41
(1941), S. 151-155.
Die Ämterbesetzung in der
letzten Zeit der Landam-
mannverfassung. In: JBL
42 (1942), S. 5-53.
Eine Schuldenregelung der
Grafschaft Vaduz von
1700. In: JBL 44 (1944),
S. 53-65.
Zwei Landschaftsrechnun-
gen aus dem 18. Jahrhun-
dert. In: JBL 45 (1945),
S. 5-51.
Aus der Rentamtsrech-
nung für 1786. In: JBL 48
(1948), S. 5-51.
Fünfzig Jahre Historischer
Verein für das Fürstentum
Liechtenstein. In: JBL 50
(1950), S. 5-39.
Prinz Karl von und zu
Liechtenstein: t 20. Juni
1955. In: JBL 56 (1956),
S. VII-X1V.
Aus Schaanwalds alten
und neuen Tagen. In:
LVolksblatt, 5., 7., 10., 12.,
14., 17., 19. Dezember
1957.
Aus Schaanwalds alten
und neuen Tagen. Nach
dem Manuskript «Ge-
schichtliches von der Ort-
schaft Schaanwald» von
Joseph Ospelt u. nach an-
deren Quellen u. Angaben
bearb. v. Joseph Jäger.
Bregenz, (1957).
184
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
Dr. h.c. David Beck
1893 BIS 1966
VEREINSVORSITZENDER 1955 BIS 1966
KURZER LERENSLAUF
David Beck wurde am 10. Mai 1893 als Sohn des
Baumeisters Gottlieb und der Maria Beck, gebore-
ne Bühler, in Triesenberg geboren. Nach dem
Volksschulabschluss in Triesenberg war er zu-
nächst im väterlichen Landwirtschaftsbetrieb tätig.
1915 trat er als Spätberufener ins Lehrerseminar
Feldkirch ein, das er 1919 mit dem Lehrerpatent
abschloss. In der Folge unterrichtete er als Primar-
lehrer bis 1938 in Triesenberg und dann bis zu sei-
ner Pensionierung 1961 in Vaduz, Ebenholz. 1924
verheiratete er sich mit Emma Ospelt aus Vaduz.
Neben seinem Lehrerberuf hatte David Beck in ver-
schiedenen Vereinen leitende Funktionen inne und
stellte sich für öffentliche Ämter zur Verfügung. Er
war 1935 bis 1953 Mitglied des Staatsgerichtshofes
Die archäologische Erfor-
schung Liechtensteins
bildete einen Schwerpunkt
der Vereinstätigkeit unter
der Präsidentschaft von
David Beck. Hier leitet
David Beck (in der Bild-
mitte mit Papierrolle) im
Herbst 1960 eine geführte
Besichtigung der Ausgra-
bungen auf der Oberen
Burg in Schellenberg. Im
Vordergrund sind links
Vorstandsmitglied Alexan-
der Frick und Fürstin Gina
sowie rechts Fürst Franz
Josef II. zu sehen.
185
sowie 1942 bis 1957 Mitglied des Gemeinderats
von Vaduz. 1955 bis 1966 stand er dem Histori-
schen Verein vor und betreute nebenamtlich des-
sen Sammlungen im Landesmuseum.
David Beck widmete sich in seinen nebenberufli-
chen Studien vor allem der Volkskunde und betei-
ligte sich an der internationalen Walserforschung.
Seine grössten Erfolge erzielte er auf dem Gebiet
der Urgeschichtsforschung. Die Universität Basel
verlieh ihm für seine volkskundlichen und urge-
schichtlichen Studien 1963 das Ehrendoktorat. Dr.
David Beck starb nach schwerer Krankheit am 21.
Mai 1966 im 74. Lebensjahr.
LEHRER UND ERZIEHER
Seinen Lehrerberuf übte David Beck in Triesenberg
und Vaduz aus. Er galt als guter Lehrer und ernster
Erzieher. Er verstand es ausgezeichnet, seine Schü-
lerinnen und Schüler zu packen. Auf Exkursionen
und Wanderungen zeigte er ihnen die Schönheit
und Besonderheiten der Heimat, mit der er tief ver-
bunden war. Er erkannte schon früh den Wert des
Bildes für den Unterricht und fotografierte viel. Die
Fotodokumentation setzte er vor allem auch für
seine volkskundlichen und archäologischen For-
schungen ein. 1945 wurde David Beck zum Ober-
lehrer ernannt. Von 1946 bis 1958 war er Präsi-
dent des liechtensteinischen Lehrervereins.
VEREINSMITGLIED UND -REGRÜNDER
In seiner Heimatgemeinde Triesenberg wirkte Da-
vid Beck 1923 bis 1938 als Organist und Kirchen-
chordirigent. Er war 1933 beteiligt an der Grün-
dung des Skiclubs und 1934 Gründermitglied und
erster Präsident des Verkehrsvereins Triesenberg.
David Beck war 1949 Mitbegründer des Liechten-
steiner Alpenvereins und redigierte von 1951 bis
1961 dessen Jahresschrift «Bergheimat». Der Leh-
rerverein, der Alpenverein und die Liechtensteini-
sche Akademische Gesellschaft verliehen ihm die
Ehrenmitgliedschaft.
IM HISTORISCHEN VEREIN
Seine grössten und wertvollsten Dienste erbrachte
David Beck jedoch für den Flistorischen Verein,
dessen Mitglied er 1919 wurde. 1930 wurde er als
Beisitzer in den Vereinsvorstand gewählt , 8 7 in dem
er 36 Jahre unermüdlich tätig war. 1931 bis 1955
hatte er das Amt des Vereinskassiers inne. Die Jah-
resversammlung vom 13. November 1955 wählte
ihn als Nachfolger Josef Ospelts zum Vorsitzen-
den. 8 8 Durch seine Arbeit im Vorstand, seine volks-
kundlichen und urgeschichtlichen Forschungen so-
wie seine guten persönlichen Beziehungen zu wei-
ten Fachkreisen hatte er sich für dieses Amt be-
stens qualifiziert.
Schon lange vor seiner Wahl zum Vorsitzenden
hatte sich David Beck neben Beruf und Familie mit
grosser Leidenschaft und zähem Fleiss in das Wis-
sensgebiet der Ur- und Frühgeschichte vertieft und
als Konservator die Betreuung der Sammlungen
des Historischen Vereins übernommen. Er war es
auch, der 1953 die Sammlungen in das Gebäude
der Sparkassa (heute Landesbank) überführ te , 8 9
dort das erste Landesmuseum sachkundig einrich-
tete, weit beachtete Ausstellungen gestaltete und
den Museumsbetrieb im Nebenamt leitete. Die Aus-
stellung «Altes Kulturgut der Heimat» i960 , 9 0 ins-
besondere aber die Sonderausstellung 1965/66
«Fürst und Fürstenhaus» bildeten Höhepunkte die-
ser Tätigkeit, die auch im Ausland Anerkennung
fanden. Das Landesmuseum machte einen bedeu-
tenden Teil des Lebenswerks David Becks aus. Den
dornenvollen Weg des Museums, 1966 beginnend
mit der Aussiedlung aus dem Landesbankgebäude
und der provisorischen Verlegung in Ersatzräume,
musste er nicht mehr mitbegleiten. Krankheit und
Tod nahmen ihm diese Sorgen. 9 1
87) Vereinschronik. In: JBL 30 (1930), S. 113.
88) Vereinschronik. In: JBL 55 (1955). S. 151.
89) Vereinschronik. In: JBL 53 (1953). S. 218.
90) Vereinschronik. In: JBL 60 (i960), S. 238f.
91) Vereinschronik. In: JBL 66 (1967), S. 106 f.
186
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
Dank seines persönlichen Das Bild zeigt David Beck
Einsatzes bei Ausgrabun- mit der Kirche St. Peter in
gen und einer intensiven Schaan im Hintergrund.
Aus- und Weiterbildung Hier wurde bei umfassen-
auf diesem Gebiet machte den Ausgrabungen in den
sich David Beck einen Jahren 1956 und 1957
Namen als «Vater der erstmals der vollständige
Archäologie» in Liechten- Grundriss des spätrömi-
stein. sehen Kastells festgestellt.
187
Die Unterstützung der 1958 von Pfarrer Engel-
bert Bucher eingeleiteten Initiative zur Schaffung
eines Heimatmuseums in Triesenberg durch den
Historischen Verein lag ganz im Sinne von David
Beck. 9 2 Für das 1961 eröffnete Museum hatte er
sich tatkräftig eingesetzt.93 Er war an den Be-
mühungen um eine Fortsetzung des Liechtensteini-
schen Urkundenbuchs wesentlich beteiligt,9 4 eben-
so an der Realisierung des Projekts für Tonaufnah-
men der liechtensteinischen Dialekte durch das
Phonogrammarchiv der Universität Zürich. 9 5 Die
Mundartaufnahmen wurden 1960/61 auf Schall-
platten über t ragen. 9 6 Auch für die vom Histori-
schen Verein unterstützten Bestrebungen zur Er-
richtung einer Landesbibliothek und das in der
Jahresversammlung 1958 eingebrachte Postulat ei-
nes nach modernen Grundsätzen geordneten und
für die Forschung zugänglichen Archivs setzte er
sich ein. 9 7 Die durch Dr. Eugen Gabriel 1964 begon-
nenen Aufnahmen für den Vorarlbergisch-liechten-
steinischen Sprachatlas fanden seine Unterstüt-
zung und Begleitung.9 8 Viele Jahre war David Beck
Redaktor des Jahrbuchs und vertrat den Histori-
schen Verein in der Naturschutzkommission.
FORSCHUNGSTATIGKEIT
Als junger Lehrer zeigte David Beck zunächst be-
sonderes Interesse für die Botanik und die Geologie
der Bergwelt. Dann entwickelte er eine Vorliebe für
die Geschichte. Als Spross einer uralten Walserfa-
milie beteiligte er sich zusammen mit Pfarrer En-
gelbert Bucher an der Walserforschung. Er erkann-
te im raschen wirtschaftlichen Wandel nach dem
Zweiten Weltkrieg eine Zeitenwende und suchte die
verschwindende Lebensweise seines Heimatdorfes
zu beschreiben, sie in Wort und Bild für die Nach-
welt festzuhalten. Er war einer der ersten, der die
Geschichte und das Leben des Walserdorfes Trie-
senberg fotografisch dokumentierte und eine rei-
che Bildsammlung mit Aufnahmen seiner Mitbe-
wohnerinnen und Mitbewohner, ihrer Eigenheiten
und Lebensweise, anlegte. Die Sammlung ist heute
teilweise im Landesarchiv vorhanden. Zu seinen
188
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
wichtigsten ortsgeschichtlichen Arbeiten zählen die
Publikation über die Hauszeichen und seine Auf-
zeichnungen zur Familiengeschichte von Triesen-
berg." 1946 referierte er an der Herbsttagung der
Vereinigung für Familienkunde St. Gallen-Appen-
zell über den Stand der liechtensteinischen Famili-
enforschung. 1 0 0
Von 1928 bis 1938 besorgte David Beck im Auf-
trag des Landes die Niederschlagsmessungen.
1938 mit seinem Umzug nach Vaduz wurde auch
die Regenmessstation dorthin verlegt und von ihm
bis 1960 betreut.
Die schönsten wissenschaftlichen Erfolge erziel-
te David Beck bei der Erforschung der Ur- und
Frühgeschichte. Er wurde zum Vater der liechten-
steinischen Archäologie. Die ersten Anregungen er-
hielt er vom Vorarlberger Landesmuseumsdirektor
Adolf Hild, der mit Grabungen auf Gutenberg und
auf dem Borscht grundlegende Vorarbeiten leistete.
David Beck nahm an diesen Grabungen teil und
entdeckte darin ein neues Betätigungsfeld, das sein
späteres Leben bestimmte. 1937 stellte er seine
Freizeit und Kraft ganz in den Dienst der begonne-
nen Ausgrabung am Lutzengüetle. Er erklärte sich
auf Wunsch des Vereinsvorstandes bereit, eine
Ausbildung zur fachgemässen Ausführung von
Grabungen und für Forschungen auf urgeschichtli-
chem Gebiet zu absolvieren. 1 0 1 Ab 1938 besuchte
er regelmässig universitäre Fachkurse der Schwei-
zerischen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte
und nahm an deren Jahresversammlungen sowie
an Ausgrabungen in der Schweiz teil.
1942 setzten unter der Leitung von David Beck
die Ausgrabungen am Lutzengüetle wieder ein. Sie
dauerten bis 1945. David Beck unterzog sich der
grossen und verantwortungsvollen Aufgabe mit
voller Hingabe. Er opferte dafür nicht nur den
grössten Teil seiner Ferien, sondern auch viele Wo-
chen seiner nicht durch den Beruf in Anspruch ge-
nommenen Zeit. Die Grabungen am Lutzengüetle
fanden Beachtung in der Schweiz. Becks Arbeiten
wurden bekannt und anerkannt. Mehrere Fachwis-
senschaftler besuchten die Grabungsstelle.1 0 2 1946
wurden Sondierungen auf dem Malanser durchge-
führt. 1 1 1 3 1947 nahm David Beck die 1935 von Adolf
92) Vereinschronik. In: J B L 58 (1958), S. 331.
93) Vereinschronik. In: JBL 61 (1961), S. 228.
94) Vereinschronik. In: JBL 57 (1957). S. 284.
95) Vereinschronik. In: JBL 58 (1958), S. 331 f.
96) Vereinschronik. In: J B L 61 (1961), S. 226 f.
97) Vereinschronik. In: J B L 58 (1958), S. 331.
98) Vereinschronik. In: J B L 64 (1965), S. 264.
99) Vgl . Verzeichnis der Veröffentl ichungen, S. 192 f.
100) Vereinschronik. In: J B L 46 (1946), S. 90.
101) Vereinschronik. In: JBL 37 (1937), S. 177 und in: JBL 38
(1938), S. 153.
102) Vereinschronik. In: JBL 42 (1942), S. 91 f. und in: JBL 43
(1943), S. 87 und in: JBL 44 (1944), S. 111 f. und in: JBL 45 (1945),
S. 171 und in: JBL 46 (1946), S. 89.
103) Vereinschronik. In: JBL 46 (1946), S. 92.
David Beck 1961 bei der
prähistorischen Begräb-
nisstätte am «Weissen
Stein» oberhalb von Rug-
gell, oben zusammen mit
Ingenieur Hermann Wild
aus Vaduz, unten mit Dr.
Walter Oehry aus Bendern
In seiner Funktion als
Museumsleiter eröffnet
David Beck 1959 die
Ausstellung «Altes Kultur-
gut der Heimat»; im Hin-
tergrund das im Jahre
1612 geschaffene Fasten-
tuch von Bendern.
189
Hild begonnenen Grabungen am Borscht wieder
auf. 1 0 4 Sie dauerten bis 1951 und wurden von ver-
schiedenen Fachleuten und -gesellschaften aus
dem Ausland besichtigt. In der gleichen Zeit setzte
er den Spaten auch auf dem Schneller an. 1 0 5 Es
folgten Grabungskampagnen auf dem Malanser, so-
wie Sondierungen, Grabungen und Konservie-
rungsarbeiten an den Burgruinen Schellenberg, die
mit Unterbrüchen bis 1964 dauerten. 1 0 5 Der Lan-
desfürst schenkte 1956 die beiden Burgruinen
samt Umschwung dem Historischen Verein. Nach
den verschiedenen archäologischen Untersuchun-
gen auf dem Schellenberg bildete die 1956 begon-
nene Ausgrabung des spätrömischen Kastells bei
St. Peter in Schaan einen weiteren Höhepunkt der
archäologischen Forschungstätigkeit David Becks. 1 0 7
Wieder besuchten zahlreiche prominente ausländi-
sche Fachleute und verschiedene historische Ge-
sellschaften die Grabungen. Die hohe Bedeutung
der unter der Leitung von David Beck durchgeführ-
ten Forschungen wurde allgemein anerkannt. Wie
bei all seinen früheren Grabungsarbeiten blieben
die Ergebnisse der Forschungen beim Römerkas-
tell nicht in der Schublade. David Beck legte seine
Resultate und Wertungen in vorbildlichen Gra-
bungsberichten im Jahrbuch vor und stellte sie der
Wissenschaft zur Diskussion. An den Jahresver-
sammlungen des Vereins berichtete er jeweils über
den Fortgang und die Ergebnisse der Grabungen.
Soweit möglich wurden einzelne Objekte im Muse-
um ausgestellt. Das Fundmaterial wurde laufend
gereinigt, konserviert und inventarisiert. Auch die-
se enorme Arbeitsleistung wurde grösstenteils
durch David Beck erbracht. Die letzte archäologi-
sche Grabung führte er 1962/63 auf dem Krüppel
oberhalb von Schaan aus. l 0 s Mit seinem Tod 1966
ging eine Epoche zu Ende, die Liechtenstein ins
Blickfeld der internationalen archäologischen For-
schung gerückt hatte.
Durch gezielt gepflegte Kontakte zur Fachwis-
senschaft verstand es David Beck, vertiefte Kennt-
nisse zu gewinnen. Es gelang ihm, die Urge-
schichtsforschung der benachbarten Länder für
seine Ausgrabungen in Liechtenstein zu interessie-
ren. Viele der dazu unternommenen Spezialunter-
suchungen sind dem Entgegenkommen ihm be-
freundeter Fachleute im Ausland zu verdanken. Er
nahm an Tagungen ausländischer Fachverbände
und an internationalen Kongressen teil und refe-
rierte dort über seine Forschungsarbeiten. 1954
wurde er zum korrespondierenden Mitglied des
Deutschen Archäologischen Instituts in Frankfurt
am Main gewählt . 1 0 9 1956 wurde Liechtenstein in
die Reihe der Mitgliedstaaten der «Union Interna-
tionale des Sciences prehistoriques» aufgenom-
men. David Beck wurde als Mitglied in dessen per-
manentes Komitee gewählt. Es war dies eine be-
sondere Auszeichnung seiner Forschungsleistung.110
1959 trat der Flistorische Verein dem West- und
Süddeutschen Verband für Altertumsforschung
bei ." 1 David Beck nahm regelmässig an dessen Jah-
restagungen teil.
Auch an Ausstellungen im Ausland war die liech-
tensteinische Urgeschichtsforschung durch einzel-
ne Exponate vertreten. An der Schweizerischen
Landesausstellung 1939 in Zürich war der Mars von
Gutenberg ausgestellt,112 und an der Weltausstel-
lung in Brüssel 1958 wurden einige Sammlungsob-
jekte des Vereins gezeigt.1 1 3
Die urgeschichtlichen Forschungsarbeiten und
Publikationen David Becks fanden weite Beachtung
und internationale Anerkennung. 1958 wurde er
Ehrenmitglied der Schweizerischen Gesellschaft
für Ur- und Frühgeschichte. 1963 würdigte der
Landesfürst seine Verdienste und verlieh ihm den
Titel eines Fürstlichen Studienrats. Am Dies Acade-
micus der Universität Basel am 22. November 1963
wurde er von der philosophisch-historischen Fa-
kultät zum Ehrendoktor ernannt. In der Laudatio
wurde er folgendermassen gewürdigt: «David
Beck, der, ganz sich seinem Volke widmend, die
noch lebendigen heimatlichen Bräuche sorgfältig
beobachtet hat und mit besonderer Hingabe den in
der Erde verborgenen Spuren der Vergangenheit
nachgegangen ist; der seine Entdeckungen nicht
nur behutsam gesichert, sondern auch eingehend
beschrieben und vor allem die Kleinfunde im
Liechtensteinischen Landesmuseum wohlgeordnet
zusammengestellt hat; der sich mit seiner Redlich-
keit bei seinen Mitbürgern das höchste Ansehen er-
190
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
werben hat und weit über die Grenzen seines Lan-
des hinaus zum bewunderten Vorbild eines durch
sein Wesen nicht weniger als durch sein Wissen
ausgezeichneten Gelehrten geworden is t .»" 4
104) Vereinschronik. In: JBL 47 (1947). S. 109.
105) Vereinschronik. In: JBL 49 (1949), S. 111 u. 11 3 und in: JBL 51
(1951), S. 264 f.
106) Vgl. Vereinschroniken 1953 bis 1964. In. JBL 53 (1953) bis
JBL 64 (1965).
107) Vereinschronik. In: JBL 56 (1956). S. 77.
108) Vereinschronik. In: JBL 61 (1961) S. 22S und in: JBL 63 (1964),
S. 256 f.
109) Vereinschronik. In: JBL 54 (1954), S. 142.
110) Vereinschronik. In: JBL 56 (1956), S. 76.
111) Vereinschronik. In: JBL 59 (1959). S. 382.
112) Vereinschronik. In: JBL 39 (1939). S. 121.
113) Vereinschronik. In: JBL 56 (1956). S. 76 und in: JBL 58 (1958).
S. 331.
114) Zil ien nach: Fürstl. Studienrat Dr. David Beck t . (Nachruf) in:
LVolksblatt, 24. Mai 1966.
QUELLEN UND
LITERATUR
Der Vater der liechtenstei-
nischen Archäologie:
David Beck (1893-1966).
In: LVolksblatt, 21. Mai
1991.
[David Beck]. In: Bucher,
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Bd. 1,S.260-263 und
Bd. 2, S. 38-58.
Frei, Benedikt: Fürstl.
Studienrat Dr. Ii. c. David
Beck, *1893, t 1966. In:
Jahrbuch des Vorarlberger
Landesmuseumsvereins
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S. 315-317.
Frick, Alexander: Fürstli-
cher Studienrat Dr. h. c.
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1966. (Nachruf). In: JBL
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Frick, Alexander: Ab-
schied von Studienrat Dr.
David Beck. Grabrede. In:
LVolksblatt, 26. Mai 1966.
Fürstlicher Studienrat Dr.
h. c. David Beck t. In:
LVaterland, 24. Mai 1966.
Fürstl. Studienrat Dr.
David Beck f. (Nachruf).
In: LVolksblatt, 24. Mai
1966.
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(1919) bis 66 (1967).
191
VERZEICHNIS DER
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VON DAVID BECK
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Festschrift zur 59. Haupt-
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Geschichtliches über die
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Die Hauszeichen von
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(1940), S. 69-100.
Die Alprechtshölzer oder
Beigla der Alpgenossen-
schaft Grosssteg in der
Gemeinde Triesenberg. In:
JBL 42 (1942), S. 55-72.
Ausgrabung auf dem
Eschner-Lutzengüetle
1942. In: JBL 42 (1942),
S. 73-84.
Ausgrabung auf dem
Eschner Lutzengüetle
1943. In: JBL 43 (1943),
S. 71-83.
Ausgrabung auf dem
Eschner Lutzengüetle
1944. In: JBL 44 (1944),
S. 93-109.
Neue prähistorische Funde
auf dem Eschnerberg.
(Ergebnisse zweier Son-
dierungen). In: JBL 46
(1946), S. 81-88.
Quellen und Stand der
liechtensteinischen Famili-
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steiner Volksblatt, Nr. 115
(5. Oktober) u. Nr. 116 (8.
Oktober) 1946.
Ausgrabung auf dem
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(1947) , S. 27-47.
Liechtenstein. Wanderfüh-
rer. Bearb. u. hrsg. v. Hans
Gassner; (mit Beiträgen v.
David Beck u.a.). Vaduz,
1948.
Ausgrabung auf dem
Borscht 1948. In: JBL 48
(1948) , S. 79-100.
Ausgrabung auf dem
Borscht 1949. In: JBL 49
(1949) , S. 85-100.
Vor 150 Jahren. (Kurzbe-
richt). In: JBL 49 (1949),
S. 105-106.
Prähistorische Funde in
Gamprin (Oberbühl).
(Kurzbericht). In: JBL 49
(1949), S. 106-107.
Römische Funde von
Schaan, Triesen und
Gamprin. (Kurzbericht).
In: JBL 49 (1949),
S. 107-110.
Untersuchungen am Vor-
wall der Höhensiedlung
Borscht. In: JBL 50 (1950),
S. 113-129.
Bericht über neue römi-
sche Funde in Schaan und
Triesen. (Kurzbericht). In:
JBL 50 (1950), S. 133-135.
Ausgrabung Schneller
1949/50 (vorläufiger
Bericht). (Kurzbericht). In:
JBL 50 (1950), S. 135-136.
Die Höhensiedlung
Borscht auf dem Eschner-
berg (Liechtenstein). In:
Ur-Schweiz, 14. Jg. 1950,
Nr. 1, S. 6-10.
Der Hügel Schneller auf
dem Eschnerberg. Ein
prähistorischer Fundplatz.
(Grabungs-Fundbericht).
In: JBL 51 (1951),
S. 219-255.
Fortsetzung der Untersu-
chungen am Vorwall der
Höhensiedlung Borscht im
Jahre 1951. (Kurzbericht).
In: JBL 51 (1951),
S. 257-259.
Rund um die Pfälzerhütte.
In: Bergheimat 1951,
S. 28-38, und in: Berghei-
mat 1978, S. 27-30.
Walserdeutsche Flurna-
men. (Kurzbericht). In:
JBL 52 (1952), S. 261-266.
Mittelalterliche Funde und
Baureste in Triesen. (Kurz-
bericht). In: JBL 52 (1952),
S.266-267.
Die Wildmannli. In: Lese-
buch für das vierte Schul-
jahr der Liechtensteini-
schen Volksschulen. Lan-
desschulrat des Fürsten-
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1953, S. 225.
Malanser Ausgrabung
1953. In: JBL 53 (1953),
S. 189-206.
Prähistorische Funde bei
der Burgruine Alt-Schel-
lenberg. In: JBL 53 (1953),
S. 207-210.
Walserdeutsche Flurna-
men. (Kurzbericht). In:
JBL 53 (1953), S. 214-217.
Die walserdeutschen
Flurnamen des Malbunta-
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S. 48-55.
Malanser Ausgrabung
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S. 79-100.
Burghügel Altschellenberg.
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Malanser Ausgrabung
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Der Burghügel Altschellen-
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tensteiner Volksblatt, Nr.
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land, Nr. 24 vom 28. Mai
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das fünfte Schuljahr der
Liechtensteinischen Volks-
schulen. Landesschulrat
des Fürstentums Liechten-
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die Kartoffeln in unser
Land kamen (S. 137 f.). Im
Maiensäss (S. 196 f.).
Malbun (S. 214-216). Die
Höhlenbärenjäger der
Altsteinzeit (S. 243 f.). Die
Rentierjäger (S. 244 f.). Die
ersten Bauern (S. 245 f.).
Eine neue Zeit bricht an -
Bronze und Eisen (S. 247
f.). Was uns Bodenfunde
erzählen (S. 248-250).
192
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
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Unser Rheintal 13 (1956),
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Gaflei. Aus der Geschichte
der Alpe und des Kurhau-
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Rund um den Schönberg
im Winter. In: Bergheimat
1956, S. 61-64.
Ferdinand Nigg, Regie-
rungschef-Stellvertreter: t
13. Juli 1957. In: JBL 57
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S. 273-276.
Bronzezeit. (Fundbericht).
In: JBL 57 (1957),
S. 277-278.
Römische Zeit. (Fundbe-
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Mittelalter. (Fundbericht).
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Römerzeit. (Fundbericht).
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Triesenberg). In: Heimeli-
ge Zeiten (z. T. auch harte
Zeiten) 1 (1983), S. 2.
Bim Stäg dinna. In:
Heimelige Zeiten 2 (1984),
S. 11-13.
D Sähati. In: Heimelige
Zeiten 2 (1984), S. 9-10
(Titel: D Zähati).
Us miira Buabaziid: Dr
Trischschalfink. (= Aus
meiner Bubenzeit: Der
Trischelfink). In: Heimelige
Zeiten 2 (1984), S. 14-15.
Van ünschm Schualwäg.
In: Heimelige Zeiten 2
(1984), S. 16-18. (Titel: Va
n ünscham Schualwäg).
193
Felix Marxer
1922 BIS 1997
VEREINSVORSITZENDER 1966 BIS 1986
KURZER LERENSLAUF
Felix Marxer wurde am 28. Mai 1922 als Sohn des
Wagners Albert Marxer und der Mathilde, gebore-
ne Hassler in Nendeln geboren. 1927 erkrankte er
an Kinderlähmung, deren schlimme Folgen ihn
zeitlebens begleiteten. Nach der Volksschule in
Nendeln und der Realschule in Vaduz besuchte er
dort das Collegium Marianum, das er mit der Matu-
ra abschloss. Darauf absolvierte er an der Univer-
sität Fribourg die Ausbildung zum Sekundarlehrer
sprachlich-historischer Richtung. Seine fachspezifi-
sche Ausbildung ergänzte er durch den Besuch von
Vorlesungen in Kunstgeschichte und Journalistik.
Nach einer ersten einjährigen Tätigkeit an der Klo-
sterschule in Disentis (GR) wirkte er ab Herbst
1947 bis 1972 als Reallehrer in Vaduz. 1949 heira-
tete er Melitta Kaiser aus Schaanwald. 1973 wurde
er zum hauptamtlichen Konservator des neu er-
richteten Liechtensteinischen Landesmuseums be-
stellt, für dessen Leitung er nebenamtlich schon
seit 1966 als Nachfolger von David Beck zuständig
gewesen war.
Felix Marxer widmete sich neben seiner berufli-
chen Tätigkeit als Lehrer und Museumskonserva-
tor und neben seinem langjährigen Engagement im
Historischen Verein vor allem der Musik, der Volks-
kunde und der Mundart. Nach seinem Eintritt in
den Ruhestand im Jahre 1987 entfaltete er sein
journalistisches Können als Mitbegründer des Se-
nioren-Presseteams und als Autor zahlreicher Zei-
tungsbeiträge zu Brauchtum, geschichtlichen und
kirchlichen Ereignissen. Für sein Wirken in Kultur
und Wissenschaft verlieh ihm Fürst Franz Josef II.
das Komturkreuz mit Stern des Fürstlich-liechten-
steinischen Verdienstordens und den Titel eines
Fürstlichen Studienrats. Am 29. November 1997
starb Felix Marxer in seinem 76. Lebensjahr.
ENGAGEMENT FÜR DIE MUSIK
Die Musik bedeutete Felix Marxer viel. Er bezeich-
nete sich selbst als Musik-Amateur und Amateur-
Musiker. Er spielte Violine, Gitarre und lernte in
späteren Jahren Handharmonika. An der Real-
schule in Vaduz erteilte er auch Gesangsunterricht.
Er war Mitbegründer der 1963 eröffneten Liech-
tensteinischen Musikschule. Er stellte das Initiativ-
komitee für deren Gründung zusammen, erarbeite-
te konkrete Vorschläge und verfasste Eingaben an
die Behörden. Bis 1966 war er erster Leiter der
Musikschule und dort auch als Lehrer für Gesang
und Gitarre tätig. Danach war er bis 1973 Präsi-
dent des Musikschulrates. Dass die Musikschule
damals im Geburtshaus des Komponisten Josef
Rheinberger eine Heimstätte erhielt, ist wesentlich
seiner Initiative zu verdanken.
KONSERVATOR DES LANDESMUSEUMS
Felix Marxer hatte bereits David Beck in dessen
Funktion als Museumsleiter unterstützt und die
Einrichtung und den Betrieb des Museums im Lan-
desbankgebäude begleitet. Nach dem Tod David
Becks 1966 übernahm Felix Marxer dessen Funk-
tionen als Vorsitzender des Historischen Vereins
und als Konservator der Sammlungen. 1 1 5 Im Jahr
darauf musste das Museumsgut aus dem Landes-
bankgebäude in verschiedene von der Gemeinde
Vaduz provisorisch bereitgestellte Räume ausgela-
gert werden. Die erste und wichtigste Aufgabe für
Felix Marxer war nun die Neuerrichtung des Lan-
desmuseums. Er leitete die Vorbereitungsarbeiten
für die Neuerrichtung im historischen Haus im
Städtli in Vaduz und hatte den Vorsitz in der dazu
gebildeten Museumskommission. Zusammen mit
dem beauftragten Architekten Hans Rheinberger
klärte er die baulichen Fragen und entwarf ein zeit-
gemässes Museumskonzept. 1 1 6 Nicht nur mit Pro-
1 15) Vereinschronik. In: JBL 66 (1967), S. 108
116) Ebenda, S. 107 und Vereinschronik. In: JBL 67 (1967), S. 212 f.
194
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
Nach dem Tod von David
Beck wurde Felix Marxer
im Dezember 1966 zum
neuen Vorsitzenden des
Historischen Vereins
gewählt. Er übte diese
Funktion bis 1986 aus.
Noch bis zur Schaffung
einer vereinseigenen
Geschäftsstelle oblag die
gesamte administrative
Arbeit dem Vereinsvor-
stand, wobei naturgemäss
der jeweilige Vorsitzende
des Historischen Vereins
den Grossteil der Schreib-
arbeiten zu erledigen
hatte.
195
blemen der Ausstellungstechnik und Museumsein-
richtung sondern auch mit Fragen der rechtlich-or-
ganisatorischen Stellung des Museums befasste
sich Felix Marxer. Die Beziehungen zwischen Re-
gierung, Historischem Verein und Landesmuseum
mussten definiert werden. Das verstreut deponier-
te Museumsgut musste gesichtet und inventarisiert
werden." 7 Schliesslich wurde am 15. April 1972
das Museum im restaurierten und umgebauten hi-
storischen Gebäude einer ehemaligen herrschaftli-
chen Taverne feierlich eröffnet, und mit Gesetz
vom 9. Mai 1972 das Liechtensteinische Landes-
museum als selbständige Stiftung öffentlichen
Rechts errichtet. " s
An der Jahresversammlung des Historischen
Vereins vom 5. Dezember 1971 hatte Felix Marxer
das Programm seiner Museumsarbeit umrissen. Er
sah das Museum als eine moderne Bildungs- und
Forschungsstätte, die im ständigen Kontakt mit
den geistigen Strömungen des täglichen Lebens
alle Alters- und Gesellschaftsschichten zum Mit-
denken und Miterleben führt. Das Museum sollte
mit der Präsentation von historischen Objekten aus
Liechtenstein Zusammenhänge zeigen und geistige
Brücken schlagen. Durch seine Tätigkeiten und An-
gebote sollte es eine geistige Fleimat für die liech-
tensteinische Bevölkerung werden und zur Vertie-
fung des Staatsbewusstseins beitragen." 9
Diese Leitgedanken prägten in der Folge die Ar-
beit Felix Marxers als Museumsleiter. Bis zu seiner
Pensionierung 1987 gestaltete er mehr als 30 Son-
derausstellungen. Aufgeschlossen und gegenwarts-
bezogen suchte er das kulturelle Erbe der Vergan-
genheit zu verwalten und im Dienste der Öffentlich-
keit ein fundiertes und wahrheitsgetreues Liech-
tensteinbild zu vermitteln. 1 2 0 Er leitete 1982 die
Vorarbeiten und Planung für eine Erweiterung des
Landesmuseums durch Verwendung des Verweser-
hauses ein. Das Vorhaben zögerte sich dann leider
lange hinaus und steht erst heute vor der Ver-
wirklichung. 1 2 1 Der Wasser einbrach vom 9. Juni
1985 in die Zivilschutzräume des Liechtensteini-
schen Gymnasiums verursachte schwere Schäden
und Verluste. Davon betroffen waren auch die vom
Landesmuseum betreuten Sammlungen, insbeson-
dere das archäologische Fundgut und volkskundli-
che Objekte. Ein wildes Chaos war zu bewältigen.
Nach einer Schadensanalyse mussten Sofortmass-
nahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung ge-
troffen werden. Die Neuinventarisierung und künf-
tige sichere Unterbringung der Sammlungen in ge-
eigneten Kulturgüterschutzräumen war in die
Wege zu leiten. Felix Marxer stellte sich tatkräftig
den enormen Herausforderungen des Schadenser-
eignisses und bewältigte erfolgreich die damit zu-
sammenhängenden ausserordentlichen Aufgaben. 1 2 2
Er hatte auch am Aufbau und an der Neugestaltung
des Walser Heimatmuseums in Triesenberg we-
sentlichen Anteil und beriet die Gemeinden bei der
Sammlung und Pflege von örtlichem Kulturgut und
Brauchtum.
IM HISTORISCHEN VEREIN
Felix Marxer wurde 1947 Mitglied des Historischen
Vereins. Nachdem er 1950 aktiv an der Gründung
der Liechtensteinischen Akademischen Gesell-
schaft beteiligt gewesen war, wurde er 1955 in den
Vereinsvorstand gewählt. Er übernahm das Amt
des Kassiers, das er bis 1965 ausübte . 1 2 3 Dann
wollte er sich eigentlich aus dem Vorstand zurück-
ziehen und sich für andere Aufgaben, insbesondere
für den Aufbau der Liechtensteinischen Musikschu-
le, frei machen. Als jedoch der Verein am 21. Mai
1966 durch den Tod von Dr. David Beck seinen Vor-
sitzenden verloren hatte, sah man in Felix Marxer
den geeigneten Nachfolger. Er erklärte sich auf Bit-
ten der Vorstandsmitglieder bereit, dieses Amt zu
übernehmen und wurde an der Jahresversamm-
lung vom 4. Dezember 1966 zum Vorsitzenden ge-
wähl t . 1 2 4 Er übernahm im Vorstand auch die Funk-
tion des Konservators und kümmerte sich tatkräftig
um die Neuerrichtung des Landesmuseums. Auch
die Redaktion des Jahrbuchs lag in seinen Händen.
Nachdem er die Leitung des 1972 als selbständige
Institution gegründeten Liechtensteinischen Lan-
desmuseums im Vollamt übernommen hatte, blieb
dieses vornehmlich über seine Person eng mit dem
Historischen Verein verbunden. Die Administration
196
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
des Vereins erfolgte im Landesmuseum. Dort hatte
der Verein seinen Sitz und seine Heimat.
Als Vereinspräsident und Museumskonservator
betrieb Felix Marxer zwar nicht mehr wie sein Vor-
gänger David Beck in leitender Verantwortung
selbst archäologische Forschungen. Er organisierte
und überwachte aber die verschiedenen unter der
Trägerschaft des Historischen Vereins durchge-
führten Grabungskampagnen und archäologischen
Forschungen. Dazu gehörten die Grabungen im
Winkel in Balzers (1967), bei der Kapelle auf St.
Mamerten (1967/68), bei der Kapelle St. Peter in
117) Vereinschronik. In: JBL 69 (1969), S. 292, und in: JBL 70
(1970), S. 526 f.
118) Vereinschronik. In: JBL 72 (1972), S. 429 f.
119) Geistige Heimat. Felix Marxer über das neue Landesmuseum.
In: LVolksblatt, 11. Dezember 1971.
120) Interview mit Felix Marxer. In: LVolksblatt, 9. März 1985.
121) Vereinschronik. In: JBL 82 (1982), S. 276.
122) Vereinschronik. In: JBL 85 (1985). S. 293.
123) Vereinschronik. In: JBL 55 (1955), S. 150-152, und in: JBL 65
(1966), S. 263 f.
Wie schon sein Vorgänger
David Beck war Felix
Marxer sowohl Vereins-
vorsitzender wie auch
Museumsleiter. Im 1972
neu eingerichteten Lan-
desmuseum konnte Felix
Marxer zahlreiche Sonder-
ausstellungen organisie-
ren. Doch gab es auch
Unerfreuliches zu bewälti-
gen: Das obige Bild zeigt
Museumsleiter Felix Mar-
xer 1985 bei der Sichtung
und Bergung von Sammel-
gut, das durch einen
Wassereinbruch in die
Depoträume beschädigt
worden war.
124) Vereinschronik. In: JBL 66 (1967), S. 108.
197
Mals (1968 bis 1970), in und bei der Kirche von
Bendern (1968 bis 1979), beim Sägaweiher ob
Nendeln (1972 bis 1975), die Freilegung und Kon-
servierung der Mauerreste der römischen Villa in
Nendeln (1973 bis 1976) sowie die Untersuchun-
gen bei den Pfrundbauten und auf dem Terrain der
alten Pfarrkirche und des Friedhofs von Eschen
(1974 bis 1978), beim ehemaligen Bad Vogelsang
in Triesen und bei der Kapelle St. Georg in Schel-
lenberg (1980), sowie beim alten Vaduzer Pfarr-
haus (1981). 1 2 5
Die aus der archäologischen Forschungstätigkeit
für den Vereinspräsidenten anfallenden Aufgaben
nahmen ständig zu. Nachdem das Land Liechten-
stein die Burg Gutenberg angekauft hatte, erwuch-
sen der archäologischen Forschung durch die an-
gestrebte Restaurierung der Burg und die geplante
Bepflanzung des Runden Büchels mit Reben neue
Aufgaben, die ohne Verzug gelöst werden mussten.
Der Historische Verein stellte daher für die fach-
männische Durchführung der Bodenforschungen
ab 1. September 1982 Dr. Jakob Bill vom Schweize-
rischen Landesmuseum in Zürich für vier Jahre an.
Es war dies die erste feste Anstellung im Aufgaben-
bereich der Archäologie in Liechtenstein. 1 2 6 Bill
hatte aushilfsweise bereits Sondierungen und Gra-
bungen im Nordrondell von Schloss Vaduz (1977)
und auf der Unteren Burg Schellenberg (1978 bis
1982) durchgeführt, sowie mit Ausgrabungen auf
dem Runden Büchel in Balzers (1980/81) und auf
der Ruine Wildschloss in Vaduz (1981) begon-
nen. 1 2 7 Bis zu seinem vorzeitigen Abgang im Herbst
1985 brachte Bill die Grabungen auf Gutenberg
und beim Wildschloss zu einem vorläufigen Ab-
schluss. 1 2 8
Auch wenn die Archäologie in den letzten Amts-
jahren Felix Marxers durch eine Fachkraft haupt-
amtlich betreut wurde, verblieb ihm als Vorsitzen-
den des Vereins und Vertreter der verantwortlichen
Trägerschaft ein umfangreiches Aufgabenpensum.
Neben der Archäologie waren die langjährigen
Forschungsprojekte des Vereins, «Liechtensteini-
sches Urkundenbuch» sowie «Sprachatlas für Vor-
arlberg und Liechtenstein», zu betreuen und admi-
nistrativ zu begleiten. Dazu kamen die Vertretung
des Vereins in der Landesdenkmalschutzkommissi-
on, aber auch verschiedene neue Aufgaben. So un-
terstützte Felix Marxer tatkräftig die von Walter
Wächter 1968 im Auftrag des Kulturbeirats begon-
nene fotografische und filmische Aufzeichnung al-
ter Berufe und aussterbenden Handwerks. Er half
mit bei der Vorbereitung der verschiedenen Film-
produktionen und wirkte als Textautor.1 2 9 Auch an
den Aktivitäten zum Denkmalschutzjahr 1975 und
am Projekt des im gleichen Jahr eröffneten histori-
schen Höhenwegs auf dem Eschnerberg war er we-
sentlich beteiligt. 1 3 0 Neben der Redaktion der Jahr-
bücher arbeitete er mit an der Herausgabe ver-
schiedener Sonderpublikationen. Dazu zählten der
Nachdruck der vergriffenen Jahrbücher und Ur-
kundenbücher 1 3 1 sowie der Publikation «Sagen aus
Liechtenstein» von Otto Seger,1 3 2 das Buch «Nach
Amerika! - Geschichte der liechtensteinischen Aus-
wanderung nach den Vereinigten Staaten», 1 3 3 die
Sondernummer «Archäologie im Fürstentum Liech-
tenstein» in der Reihe «helvetia archaeologica» 1 3 4
und die wissenschaftliche Serie «Quellen und Stu-
dien zur Geschichte des Fürstenhauses Liechten-
ste in». 1 3 5 1978 nahm Felix Marxer an der Tagung
«20 Jahre St. Galler Namenbuch» teil. Er erachtete
ein solches Forschungsunternehmen auch für
Liechtenstein als wünschenswert, zumal schon be-
deutende namenkundliche Vorarbeiten vorhanden
waren. 1 3 6 1981 beschloss der Vereinsvorstand, die
Trägerschaft für die Schaffung eines Liechtenstei-
ner Namenbuchs zu übernehmen. Die wissen-
schaftliche Leitung übernahm Dr. Hans Stricker. 1 3 7
Jeweils eine besondere Flerausforderung für den
Vereinsvorsitzenden bedeutete die Vorbereitung
und Organisation von grösseren wissenschaftlichen
Tagungen unter dem Patronat des Vereins: 1980
die Jahrestagung des Alemannischen Institutes
Freiburg und Tübingen, 1 3 8 1984 eine Studienwoche
des Oberseminars der Universität Tübingen und
eine Arbeitstagung alemannischer Dialektologen in
Liechtenstein. 1 3 9
Neben der vollberuflichen Tätigkeit als Konser-
vator und dem weiten Arbeitsfeld als Vereinsvorsit-
zender blieb Felix Marxer nur wenig Zeit für eigene
Forschungen. Er verfasste zahlreiche kurze Fund-
198
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
berichte, treffende Nachrufe und Artikel für Aus-
stellungskataloge des Landesmuseums, die er eben-
falls redigierte. 1 4 0 Felix Marxer sah seine Hauptauf-
gabe darin, im Rahmen des Vereins Geschichtsfor-
schung zu ermöglichen. Einsatz für die Schaffung
von finanziellen und organisatorischen Vorausset-
zungen, administrative Betreuung, Vertretung ge-
genüber Behörden und Öffentlichkeit, das waren
seine uneigennützigen Dienste an der historischen
Wissenschaft.
Nach dreissigjähriger Mitgliedschaft im Vereins-
vorstand demissionierte Felix Marxer als Vorsit-
zender. An der Jahresversammlung vom 19. März
1986 wurde Dr. Alois Ospelt zu seinem Nachfolger
gewählt. Felix Marxer wurde für sein langjähriges
verdienstvolles Wirken für den Verein die Ehren-
mitgliedschaft verliehen. 1 4 1
125) vgl. Vereinschroniken 1967 bis 1981. In: JBL 67 (1967) bis
JBL 81 (1981).
126) Vereinschronik. In: JBL 82 (1982), S. 274.
127) Vgl . Vereinschroniken 1977 bis 1981. In: JBL 77 (1977) bis
JBL 81 (1981).
128) Vgl. Vereinschroniken 1982 bis 1985. In: JBL 82 (1982) bis
JBL 85 (1985).
129) Vereinschronik. In: JBL 68 (1968), S. 241, und in: JBL 79
(1979), S. 232.
130) Vereinschronik. In: JBL 74 (1974), S. 188-191, und in: JBL 75
(1975), S. 479.
131) Vereinschronik. In: JBL 73 (1973), S. 286.
132) Vereinschronik. In: JBL 80 (1980). S. 312.
133) Vereinschronik. In: JBL 76 (1976). S. 349.
134) Vereinschronik. In: JBL 78 (1978). S. 275 f.
135) Vereinschronik. In: JBL 83 (1983). S. 234.
136) Vereinschronik. In: JBL 78 (1978), S. 276.
137) Vereinschronik. In: JBL 81 (1981), S. 236.
138) Vereinschronik. In: JBL 80 (1980), S. 312.
139) Vereinschronik. In: JBL 84 (1984). S. 283 f.
140) Vgl. Verzeichnis der Veröffentlichungen, S. 201 f.
141) Vereinschronik. In: JBL 86 (1986), S. 397 f.
Im Jahre 1986 trat Felix
Marxer als Vereinsvorsit-
zender zurück, und ein
Jahr später demissionierte
er auch als Museumsleiter.
Anlässlich seiner Verab-
schiedung als Museumslei-
ter erhält Felix Marxer
(links) von Professor Dr.
Elmar Vonbank (rechts),
Mitglied der Museums-
kommission, ein Geschenk
überreicht.
199
Felix Marxer (rechts) und
sein Nachfolger als Mu-
seumsleiter Norbert W.
Hasler (links) bei der
Begutachtung einer Pietä
aus dem 16. Jahrhundert,
die das Liechtensteinische
Landesmuseum als Ge-
schenk der Stiftung fürstl.
Kommerzienrat Guido
Feger 1986 entgegenneh-
men durfte.
Mit dem Rücktritt Felix
Marxers als Vorsitzender
des Historischen Vereins
endete 1986 die Personal-
union zwischen Vereins-
vorsitz und Museumslei-
tung. Die enge Verbindung
zwischen Verein und
Museum blieb indessen
gewährleistet, u.a. durch
die Einsitznahme des
neuen Museumsleiters im
Vorstand des Historischen
Vereins.
Felix Marxer hatte eine besondere Vorliebe für die
Volkskunde und die Mundart. Der Ausbau der
volkskundlichen Sammlung des Landesmuseums
war ihm ein Herzensanliegen. Nach seiner Pensio-
nierung fand er vermehrt Zeit, sich seinen Liebha-
bereien zu widmen. Er beschäftigte sich intensiv
mit Mundartfragen, sammelte Sprüche und Re-
densarten, schrieb eigene Mundarttexte und trug
sie vor. Er verstand es hervorragend, anhand von
aufgezeichneten Redewendungen und Anekdoten
auf humorvolle Art die reizvolle Eigenart des Dia-
lekts aufleben zu lassen. Seine Geschichten und
Episoden aus seinem Leben, in denen er treffend
das bäuerliche Leben, Charaktere, kirchliche und
weltliche Ereignisse, Brauchtum und Geschichte
des Dorfes seiner Kindheit und Jugend schilderte,
fanden aufmerksames Publikum bei vielen Anläs-
sen. Manche seiner Gedichte und Erzählungen in
Mundart, die er anregend und in unverwechselba-
rer Art vorzutragen wusste, wurden als Text- und
Tondokumente veröffentlicht.
200
VORLIEBE FÜR VOLKSKUNDE UND MUNDART
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
QUELLEN UND
LITERATUR
Quaderer, Rupert: Fürstli-
cher Studienrat Felix Mar-
xer. 1922 bis 1997. In:
JBL 97 (1999), S. 1-6.
Hasler, Norbert: Rückblick
auf die Sonderausstellun-
gen im Landesmuseum
1973 bis 1987, durchge-
führt von Fürstlichem
Studienrat Felix Marxer,
damaliger Leiter des
Liechtensteinischen Lan-
desmuseums. In: JBL 97
(1999), S. 293-313.
Das Senioren-Presseteam
würdigt sein langjähriges
Mitglied Felix Marxer t.
In: LVolksblatt, 26. Febru-
ar 1998.
Zum Gedenken. Felix
Marxer, Vaduz t- (Nach-
ruf). In: LVolksblatt, 29.
Januar 1998.
Bewahrung des Vergange-
nen als Dienst am Heute.
Felix Marxer, Konservator
des Liechtensteinischen
Landesmuseums, ist am
Ende des Monats aus dem
Dienst geschieden. In:
LVaterland, l. Juni 1987,
S. 3-4, und In: JBL 87
(1987), S. 429-439.
Felix Marxer nimmt Ab-
schied von «seinem Lan-
desmuseum». Interview
mit dem in Pension treten-
den langjährigen und
verdienstvollen Konserva-
tor des Liechtensteini-
schen Landesmuseums in
Vaduz. In: LVolksblatt,
30. Mai 1987, S. 3.
Frühere Bodenlünde
werden inventarisiert und
restauriert. Interview mit
Felix Marxer, dem zurück-
getretenen Präsidenten
des Historischen Vereins.
In LVolksblatt, 5. April
1986.
Ein weites und anspruchs-
volles Arbeitsfeld. Nach
20jähriger Tätigkeit trat
Felix Marxer als Präsident
des Historischen Vereins
zurück. In: LVolksblatt, 21.
März 1986.
Vereinschroniken und
Jahresberichte. In: JBL 47
(1947) bis 86 (1986).
VERZEICHNIS DER
VERÖFFENTLICHUNGEN
VON FELIX MARXER
Liechtensteins Schulwe-
sen. In: Das Fürstentum
Liechtenstein im Wandel
der Zeit und im Zeichen
der Souveränität. Vaduz,
1956, S. 123-125.
Liechtenstein von A bis Z.
Ein kleines Lexikon.
(1957).
Prof. Dr. Eugen Nipp,
Fürstl. Studienrat. t 20.
Juni 1960. In: JBL 60
(1960), S. I-VI.
Liechtenstein von A bis Z.
Ein kleines Lexikon.
(1960).
Liechtenstein de A ä Z.
Petit dictionnaire. (1963).
Liechtenstein. (Filmmate-
rial) Text: Felix Marxer;
Produktion: Walter Wäch-
ter, Schaan.Schaan, 1965.
Bronze-Kamm. (Fundbe-
richt). In: JBL 67 (1967),
S.205-207.
Liechtenstein de A ä Z.
Petit dictionnaire. (1967).
Sterbendes Handwerk. In:
JBL 68 (1968), S. 103-128.
Fürstlicher Sanitätsrat Dr.
Martin Risch. t 5. Januar
1970. In: JBL 70 (1970),
S. I-IV.
Die Zisterne unter dem
Specki-Brunnen. In: JBL
70 (1970), S. 523.
Liechtenstein de A ä Z.
Petit dictionnaire. (1973).
Liechtenstein von A bis Z.
Ein kleines Lexikon.
(1973).
Liechtenstein. What you
might like to know. (1973).
Das Fastentuch von Ben-
dern. In: JBL 74 (1974),
S. 131-152.
Die Wappenscheiben des
Grafen Karl Ludwig von
Sulz und der Gräfin Barba-
ra von Sulz, geborene
Freiin zu Staufen. (Kurz-
bericht). In: JBL 74 (1974),
S. 177-183.
Dr. h. c. Benedikt Frei, a.
Kantonsarchäologe, t 3.
Januar 1975. In: JBL 75
(1975), S. V-1X.
Fürstlicher Rat, Kanonikus
Anton Frommelt, Alt-
Regierungschefstellvertre-
ter, Alt-Landtagspräsident,
t 7. Oktober 1975. In: JBL
75 (1975), S. XI-XV.
Ein Skelettfund auf Krüp-
pel, Schaan. (Kurzbericht).
In: JBL 77 (1977), S. 241.
Eine alte Strasse bei
Schloss Vaduz. (Kurzbe-
richt). In: JBL 77 (1977),
S. 237-239.
Archäologie im Fürsten-
tum Liechtenstein. Zum
40. Regierungsjubiläum
Seiner Durchlaucht Franz
Josef II. von und zu Liech-
tenstein (mit Beiträgen v.
Felix Marxer u.a.). Basel,
1978.
Beschauliche Begegnung
mit der Vergangenheit.
Das neue Walser Heimat-
museum in Triesenberg.
In: Terra plana 4 (1981),
S. 19-21.
Fridolin Tschugmell, Pfarr-
Resignat. t 9. September
1981. In: JBL 81 (1981),
S. 7-12.
201
Fürstlicher Studienrat
Prof. Otto Seger. t 8. März
1988. (Nachruf) in: JBL 88
(1988), S. 217-225.
Moriz Menzinger: 1832-
1914. Landschaftsaquarel-
le. Jubiläumsausstellung
zur 150. Wiederkehr des
Geburtstages des Malers
Moriz Menzinger. Liech-
tensteinisches Landesmu-
seum, Vaduz, 13. August
1982 bis 19. September
1982. (Hrsg. Liechtenstei-
nisches Landesmuseum)
(Red.: Norbert W. Hasler,
Felix Marxer). Vaduz,
1982.
Fürstentum Liechtenstein
um 1900. 100 Ansichts-
karten aus Liechtenstein
um die Jahrhundertwen-
de. (Hrsg.: Liechtensteini-
sches Landesmuseum)
(Red.: Norbert W. Hasler,
Felix Marxer). Vaduz,
1983.
Liechtenstein von A bis Z.
Ein kleines Lexikon.
(1983).
Bäuerliche Grussformeln
in Liechtenstein. In: Fest-
gabe für Alexander Frick.
Schaan, 1985,S.252-259.
Das Liechtensteinische
Landesmuseum. In: Kultur
(Dornbirn) Nr. 3 (1987),
S.4-6.
Die Gründung der Liech-
tensteinischen Musikschu-
le. Ein Beitrag vom
1. Schulleiter der Musik-
schule. In: LVolksblatt,
18. April 1988, Sonderbei-
lage, und In: LVaterland,
22. April 1988, Sonderbei-
lage.
Dichtung im Walserdialekt
vom Triesenberg. (Ton)
(Mitw.: Felix Marxer u.a.).
1990.
«... erfüll froh deine
Pflicht». Der Alltag in den
Schilderungen von Fabrik-
arbeiterinnen und Fabrik-
arbeitern. In.- Fabriklerle-
ben. Industriearchäologie
und Anthropologie. Trie-
sen, 1994, S. 409-414.
Geschichten in Mundart.
(Ton) (Sprecher: Felix
Marxer). Mauren, 1996.
202
ZUM GEDENKEN AN DIE VERSTORBENEN VORSITZENDEN
DES HISTORISCHEN VEREINS / ALOIS OSPELT
Schluss
Die vorgelegten biographischen Skizzen haben es
gezeigt: Die Amtszeiten der Vorsitzenden wiesen
unterschiedliche Forschungsschwerpunkte auf.
Dies hatte zu tun mit Wandel und Entwicklung in
der Wissenschaft, aber auch mit persönlichen Vor-
lieben. Die Anforderungen an die Vereinsleitung
wurden mit der Zeit immer grösser. Neue Aufgaben
stellten sich mit der Übernahme der Trägerschaft
grösserer langjähriger wissenschaftlicher Projekte.
Zunächst suchte der Vorstand den wachsenden An-
forderungen durch vermehrte Aufgabenteilung ge-
recht zu werden. Später wurden bisher vom Verein
wahrgenommene Aufgaben durch andere Körper-
schaften ganz oder teilweise übernommen. So ha-
ben Institutionen im Bereich von Natur- und Land-
schaftsschutz, Brauchtums-, Ortsbild- und Denk-
malpflege, Kunstgeschichte, Museums-, Archiv-
und Bibliothekswesen, sowie Naturkunde und Ar-
chäologie, ihre Anfänge im Schosse des Histori-
schen Vereins. Er hatte sich zuerst und als einzige
Institution des Landes dieser Aufgaben angenom-
men und war in der Folge die wichtigste Triebkraft
der staatlichen Gesetzgebung auf diesen Gebieten.
Was die so unterschiedlichen Persönlichkeiten
der verstorbenen Vereinsvorsitzenden verbindet,
ist ihre selbstlose Arbeit in Tag- und Nachtstunden,
ihre Liebe zur Heimat und ein auf Erhaltung ihres
Kulturgutes ausgerichtetes Schaffen. Die vom Hi-
storischen Verein publizierten Abhandlungen sind
überaus zahlreich und inhaltlich breit gestreut. Sie
gehören alle zum unverlierbaren geistigen Besitz-
tum, auf das die liechtensteinische Geschichts-
schreibung und Gesellschaft angewiesen sind, auf
das sie immer wieder zurückgreifen werden. Frü-
her wie heute sieht der Verein seine Hauptaufgabe
in der historischen und naturwissenschaftlichen
Erforschung Liechtensteins. Er will Vergangenheit
mit Zukunft verbinden. Seine Tätigkeit ist von allen
Vorsitzenden auch wesentlich als Dienst am Staat,
als politischer Beitrag im weitesten Sinne verstan-
den worden. Die Vorsitzenden waren auf ihre Art
ausnahmslos auch politische Persönlichkeiten. Sie
hatten zumeist über längere Zeit wichtige öffentli-
che politische Mandate inne und beeinflussten den
Werdegang der Geschichte des Landes. Sie erach-
teten die ständige Auseinandersetzung mit dessen
Vergangenheit als unverzichtbar für die Standort-
bestimmung in der Gegenwart. Geschichte im um-
fassendsten Sinne werteten sie als das prägende
Element unserer staatlichen Eigenart. Die Zielset-
zung des Vereins hatte für sie immer auch eine we-
sentlich staatspolitische Ausrichtung. Es bleibt zu
hoffen, dass die verantwortlichen politischen Re-
präsentanten in Liechtenstein diesen Dienst an
Staat und Gesellschaft, den der Historische Verein
auch heute und morgen erbringt, gebührend be-
achten.
203
BILDNACHWEIS
S. 162 f., 167, 170, 178,
185,187, 188: Liechtenstei-
nisches Landesarchiv,
Vaduz
S. 164, 174, 180, 195, 199:
Liechtensteinisches Landes-
museum, Vaduz
S. 181, 189: Walter Wäch-
ter, Schaan
S. 197: Eddy Risch, Schaan
S. 200: Brigitt Risch,
Schaan
ANSCHRIFT DES AUTORS
Dr. phil. Alois Ospelt
Meierhofstrasse 45
FL-9490 Vaduz
204
NATURWISSEN-
SCHAFTLICHE UND
NATURHISTORISCHE
BEITRÄGE IM JAHR-
BUCH DES HISTO-
RISCHEN VEREINS
HANS-JÖRG RHEINBERGER
Inhalt
Die Anfänge 207
Botanische Forschung 208
Geologie 210
Paläobiologie und Paläoanthropologie 212
Zoologische Forschung 215
Geschichte der Natur- und Kulturlandschaft 217
Medizingeschichte 218
Schlussbemerkung 219
206
NATURWISSENSCHAFTLICHE UND NATURHISTORISCHE
BEITRÄGE IM JAHRBUCH / HANS-JÖRG RHEINBERGER
Obwohl die naturkundliche und naturhistorische
Erforschung des Landes nie einen ausdrücklichen
Schwerpunkt in der Arbeit des Historischen Ver-
eins darstellte, verstand er sich aufgrund des Feh-
lens einer naturforschenden Vereinigung doch lan-
ge Zeit als Wahrer diesbezüglicher Interessen. So
stellt das Jahrbuch denn auch so etwas wie einen
Spiegel der Aktivitäten dar, die sich im Zusammen-
hang mit der Natur- und Landschaftsgeschichte
Liechtensteins im Laufe des vergangenen Jahrhun-
derts entwickelt haben. Die Paläontologie nimmt
im Rahmen der Ausgrabungstätigkeit vor allem
nach dem Zweiten Weltkrieg einen zunehmend
breiteren Raum ein. Eine mehr oder weniger chro-
nologische Übersicht, in die sich jedoch systemati-
sche Gesichtspunkte mühelos einpassen, mag am
besten erfassen, was in den verschiedenen Jahr-
zehnten Aufmerksamkeit beanspruchte und in wel-
cher Weise das Jahrbuch unter den aufeinanderfol-
genden Präsidentschaften die Entwicklung der na-
turbezogenen Forschung in Liechtenstein doku-
mentiert. Bei grosszügiger Erfassung können im
Jahrbuch über 50 Artikel naturkundlich-naturhis-
torischen und naturwissenschaftlichen Inhalts ge-
zählt werden, immerhin fast zehn Prozent der in
der Reihe erschienenen Aufsätze. Als Ergänzung
zu dieser Übersicht haben auch die wissenschafts-
und medizinhistorischen Arbeiten Erwähnung ge-
funden.
DIE ANFÄNGE
Das Jahr 1922 ist in unserem Zusammenhang in
mancher Hinsicht ein bemerkenswertes Jahr. Im
Juni starb der langjährige erste Präsident des Ver-
eins, Dr. Albert Schädler. Sein Nachfolger wurde der
Geistliche Rat Kanonikus Johann Baptist Büchel.
Das erste unter seiner Federführung erschienene
Jahrbuch Band 22 druckte seine auf der Jahresver-
sammlung des Historischen Vereins in Eschen 1921
gehaltene Philippika über «Die Naturwissenschaft
als Quelle für die Geschichtsforschung». Es ist dies
ein schillernder Farbtupfer im Jahrbuch des Histo-
rischen Vereins, der erste Artikel, in dem die Natur-
wissenschaften zitiert werden, und es sollte zu-
gleich der letzte dieser besonderen Art religiösen
Kulturkampfes bleiben. Kanonikus Büchel Hess es
sich angelegen sein, gegen die von ihm als «Affen-
theoretiker» (S. 41) beschimpften «Darwinianer»
insbesondere und gegen den «Materialismus» im
allgemeinen zu Feld zu ziehen. In scharfer Ableh-
nung der «Hypothesen» über eine Millionen Jahre
dauernde Abstammungsgeschichte des Menschen
vom Affen beharrte er auf den «festen Tatsachen»
der Geschichtsforschung, die für ihn durch die bibli-
sche Schöpfungsgeschichte mit ihrem Zeithorizont
von 6 000 Jahren umschrieben waren. Selbst die
zeitliche Aufeinanderfolge von Steinzeit, Bronzezeit
und Eisenzeit in der Geschichte der Menschheit
hielt er mit einem nicht näher genannten Gewährs-
mann für einen «Schandfleck der heutigen Archäo-
logie» (S. 39). Der ein Jahr später von Rom zum
päpstlichen Hausprälaten ernannte Kanonikus focht
noch Anfang der 1920er Jahre auf einem Schlacht-
feld, das seit Büchels Studienjahren vor einem hal-
ben Jahrhundert die grosse Mehrheit der Naturwis-
senschaftler längst verlassen hatte.
207
Das Maurer Riet zur Zeit
von Josef Murr, 1926 BOTANISCHE FORSCHUNG
Zeitungsausschnitt aus
dem Liechtensteiner
Volksblatt, Jahrgang 1921
Das gleiche Jahrbuch von 1922 bringt aber auch
einen ersten wissenschaftshistorischen Beitrag des
regional bekannten Botanikers Josef Murr über die
«Geschichte der botanischen Erforschung Liech-
tensteins». Murr trat 1906 seinen Dienst als Gym-
nasiallehrer am Staatsgymnasium in Feldkirch an
und setzte die Tradition naturkundlicher Erfor-
schung Liechtensteins aus der österreichischen
Nachbarstadt fort, die am Beispiel der Orchideen
Liechtensteins näher beschrieben worden ist.1 In
der Nachfolge des Feldkircher Jesuitenpaters Gott-
fried Richen machte Murr in den folgenden zwei
Jahrzehnten die botanische Erforschung Liechten-
steins zu einem Schwerpunkt seiner systemati-
schen und pflanzensoziologischen Arbeit. Richens
erste Monographie über die Pflanzen Liechten-
steins aus dem Jahre 1897 2 fand ihre Fortsetzung
in Murrs «Neuer Übersicht über die Farn- und Blü-
tenpflanzen von Vorarlberg und Liechtenstein», die
zwischen 1923 und 1926 beim Vorarlberger Lan-
desmuseum erschien.3 Das Vorarlberger Landes-
museum besass eine naturwissenschaftliche Kom-
mission, in deren Sonderschriftenreihe das Kom-
208
NATURWISSENSCHAFTLICHE UND NATURHISTORISCHE
BEITRÄGE IM JAHRBUCH / HANS-JÖRG RHEINBERGER
3m Stedjienfteinet Stieb.
SBcm 5)r. Söf. Wtutt,
@ortfe|uiig.)
Sie glora unfcrer »eil igen tieferen 50?o o t -
teiche ift fefjr eintönig: 2)ichtgebrängte3 ©blä t t -
riges £aid)fraut, iiberntl burd)fefct Bon feinen aus
bem SBaffet wenig herDorragenben grünen SSlüten-
ähren nnb dermifdjt mit einjelnen grofjcit SBIatf-
fpretten ber SBeifjen ©eetofe unb bem bicfjten © e -
roirre beä Zeigen §aarblättrigen SBafferfyrhnen-
fufjeS.
SRcidjer ift bie glora ber SD! cor g r a b e n , bie
fidj mit »ielerlei ftutenben Safferpftnnjen erfüllen :
bem ©idjtblättrigen imb bem feegraSähnlidjen Siei-
nen ßaidjfraur, bem Quilligen unb Stetigen ;5Enu-
fcnbblatt, bem bicfjtfdjttieifigett jEatmenroebel, bem
SBreitblättrigen unb bem ^rübJingä-SBafferftern,
bem S?ernacf»Iä|figten SBafferfdjlaitcb mit feinen
jarteit bottergelbcu SHadjettblüten, ben »erfdjiebe-
nen Strien beä fdjadjtelbalmartigen SIrinleudjtcrä
(Ghara sp.). Sie ruhigere SBafferftüdje bcbectt ftd)
rote im SDcoorfnmpf mit bem tiellgrünen leppidje
ber (Semeineti SSafferlinfe. Sin ben 3?anbern ber
@rä'6en bidjte SBeftänbe beä ©efattetcu ©üfjgrafeä,
beä letlgrünen fdjarfblattrigen SEilben ^Reifes (Ler-
eia), ber doriierjmlidj in roarmen Sommern feine
fünft in ben SSlattfcfjeibett eingefcfjloffenen hellgelben
fRifpen entfaltet, ber tjorjeit ßrjpergraläljntictjen ©egge
mit bieten, gelbgrünen, ftadjligen gntctjtäfircn, beä
heftigen unb beä (äinfadjett SgelfüIbenS, in bidjt-
gebrängter Saat bie faftigen gieberblatter ber
fflrunuetttreffe unb beä fefjr ät)nlicfjen SBaffermerfä
(Berula), nereinjelte ©ruppen beä ffleigrifpigen
$rofdjlöffeIä unb ber Heineren ©eegrünen jteidj-
binfe. (Scirpus Tabernaemontani).
S)ie ©mbenriinber begleiten weiterhin ber griht-
öfjrige SBafferpfeffer, ber SBeiberidj, baä glanm-
rjaarifle unb baä ©umpf-SBeibenröäcfjen, ber 2BoIf§-
fufj, bie Quirlige unb bie SBaffer-SJiinje, Berein-
^elteä blaublütigcä §e tmftaut , bie © e p g e l t e 2ßa[-
ferbraunrourj, baä Sumpf-Sabfraut, ber Echte S3at-
brian, ber Scicfenbe unb ber breiteilige groeiäafjn,
jwei tieine Slbbilber unb SJerrounbte ber Sonnen-
blume, bereu Samen fidj maffenhaft an bie Kleiber
beä Soriiberldjreitenben tjängert.
SSerrjälfrtiämn^ic} feljr arm ift roieberum bie glora
ber gröSereu S a n d l e , oft einjig au? ftBtenben
gormen beä ©d)roimmenben SaidjfrauteS, beä hefti-
gen unb beä Sieinen 3geIfoIbenä unb beä ©efal-
teten ©üfjgrafeä befteijenb, betten ftcf) etroa nodj
ber SBaffer-tScjrenpreiS ober ber 9}ojjfdjroeif juge-
fetlen.
dagegen bilben gerabe bie f[einen © e i t e n -
unb S S i e f e n g r ä b e n ben legten fjuffudjtäori auä-
fterbenber ©umpfpftanäen, Bornehmlidj ber heraigen
fieinblütigen gorm unferer SBeifjen ©eerofe. j)te
gelbe SEeidjrofe fanb id) tjeuer nodj in einem fol-
gen ©eitengraben bei ©djaanroalb, in nod) fleine-
ren, faft Perroadjfenen ©räbdjen bortfelßft baä § a a r -
förmige unb baä ©raäähnltdje Saidjfraut, unter-
halb SJcauren baä Untergetauchte Hornblatt.
Sllä ©egenfag }u ben Bielen auäfterbenben Sitten
beherbergen unfere Stiebe aud) neue © i n r o a n b e -
r e r , burdjroegä Stnfömtnlinge auä 32orbamerifa.
3d) meine bamit nicht fo fet)t bie fjroeijäljrige SKacbt-
ferje mit ihrer anjehididjen golbigen SBIütenfrone,
ober bnS fleinfbpfige fianabifdje unb baä anmutige
ÜKajjltebdjenblütige S3eruf£raut, roeldje bereits
aUentbjalbett aud) in unfete ÜDioote urtb SKiebe »or-
bringen, foubern ournehmltcb, jroei urfprünglidje
©artenblumen, bie Sanabifdje unb bie fahle, fonft
faft gleiche ©pätblühenbe ©olbrute, Don benen
bie erftere an ber 53a[)n gegen ©djaanroalb mehrere
öon weitem fidjtbare Solonteu im ©treueriebe be-
fi^t, roähtcnb bie Ie t̂ere in bichter golbblutiger
SOiaffe, jebeS anbere ©eroadjä anäfchliefseub, einjelne
SWoorttiefen bei SOJaurcn erfüDt. Sludj bie in ber
SMbe beä ©eeä in 23regeuj bereit« ebeufo maffig
auftretenbe SBeibenblättrige Stfter (Aster coiicin-
tn e
nur
meh
oerf
ß
roeli
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fid)
fßer
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mef)
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ian
gen
ian
red;
Iret
bic
«Ol
Stbt
lid)
ged
neu
fett,
Sei
fd)e
pendium gedruckt wurde. Die im Jahrbuch er-
schienene Arbeit ist als historiographisch an-
spruchslose, aber dokumentarisch interessante L i -
teratur-Vorstudie zu diesem umfassenden systema-
tischen und pflanzengeographischen Werk anzuse-
hen. Für ein halbes Jahrhundert blieb Murrs
Übersicht das Standardwerk zur Botanik Liechten-
steins. Systematik und Pflanzengeographie haben
jedoch im Jahrbuch des Historischen Vereins in der
Folge keinen wesentlichen weiteren Nachhall ge-
funden. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang
aber immerhin die etwa zehn Jahre später erschie-
nene «Flora der Habichtskräuter (Hierazien) des
Fürstentums Liechtenstein», die von Hans Schack
aus Leipzig und Johann Schwimmer aus Bregenz -
einem Botanikerfreund Murrs - zusammengestellt
und vom führenden Hierazienkenner seiner Zeit,
Hermann Zahn, begutachtet wurde, bevor sie in
Band 34 des Jahrbuchs veröffentlicht wurde. Es ist
dies die erste umfassende Gattungsmonographie
für Liechtenstein. Sie weist aufgrund der Kleinräu-
migkeit des bearbeiteten Gebietes jene Vollständig-
keit auf, deren exemplarischer Charakter und Wert
auch in späteren Studien dieser Art über Liechten-
stein immer wieder betont wird. Es sollten zwei
weitere Jahrzehnte vergehen, bis Wilhelm Ganss,
Gymnasiallehrer am Collegium Marianum in Va-
duz, im 54. Band des Jahrbuchs seine kleine Mono-
graphie über die «Orchideen Liechtensteins» publi-
zierte. Die Arbeit ist jedoch eher im Plauderton ge-
halten und erhebt weder in systematisch-taxono-
mischer noch in ökologischer Hinsicht besonderen
wissenschaftlichen Anspruch.
1) Hans-Jörg Rheinberger. Barbara Rheinberger, Peter Rheinberger
und Kurt Walser (Fotos): Orchideen. Naturkundliche Forschung im
Fürs ten tum Liechtenstein, Band 13. Zweite verbesserte und nachge-
führ te Auflage. Vaduz, 2000, besonders S. 15-20.
2) Gottfried Richen: Die botanische Durchforschung von Vorarlberg
und Liechtenstein. 6. Jahresbericht des öffentlichen Privatgymnasi-
ums an der Stella Matutina zu Feldkirch, 1897, S. 3-90.
3) Josef Murr: Neue Übersicht übe r die Farn- und Blütenpflanzen
von Vorarlberg und Liechtenstein. 1.-3. Heft. Kommissionsverlag
F. Unterberger. Bregenz, 1923-1926.
209
GEOLOGIE
Wenden wir uns nun der Geologie zu. Auf der Jah-
resversammlung des Historischen Vereins im Jahre
1933 in Schaan hielt Pfarrer Anton Frommelt,
Landtagspräsident, Regierungschef-Stellvertreter
und Vorstandsmitglied des Vereins, einen Vortrag
über den «Steinbruch Limseneck, Ruggell», der im
Jahr darauf, 1934, im Jahrbuch redigiert als Bei-
trag veröffentlicht wurde. Es handelte sich, wie
Frommelt betonte, um die «erstmalige, eingehen-
dere Aufsammlung von paläontologischem Materi-
al in unserer Heimat und für unsere Heimat»
(S. 19). Im Ruggeller Steinbruch waren zum Teil gut
erhaltene Versteinerungen fossiler Schalentiere,
unter anderem spektakuläre Ammoniten aus der
Kreidezeit zum Vorschein gekommen. Frommelt,
selbst «nicht vom Fach» (S. 19), wie er freimütig
bekannte, gab eine vorläufige Gesteinsbeschrei-
bung und stellte eingehendere Untersuchungen in
Aussicht. Für die Begutachtung des Gesteinsprofils
und die in den einzelnen Schichten vorkommenden
Versteinerungen hatte er sich des fachkundigen
Rates zweier Experten versichert: Arnold Heim aus
Zürich und Otto Seitz von der Geologischen Lan-
desanstalt in Berlin halfen bei der Sichtung und er-
sten Bestimmung des Materials. Damit war der
Grundstein gelegt für eine Sammlung naturge-
schichtlicher Dokumente, die später in das Landes-
museum eingegliedert wurde.
Programmatisch formulierte Frommelt bei die-
ser Gelegenheit in der Einleitung zu seinem Bei-
trag: «Die folgenden Ausführungen ... möchten die
Aufmerksamkeit sowohl des Fachmannes als auch
der Allgemeinheit auf diesen Gegenstand hinwei-
sen und hoffen, damit, und besonders durch die
angelegte Aufsammlung des Materials, eine Vorar-
beit im Dienste der heimatlichen Naturgeschichte
zu leisten. Der Historische Verein für das Fürsten-
tum Liechtenstein beschränkt seine Aufgaben nicht
auf rein Menschengeschichtliches, sondern zieht
auch, wie besonders dieser Jahrgang dartut, Na-
turgeschichtliches in seinen Bereich. Es ist dies zu
begrüssen, weil eine besondere Vereinigung mit
naturwissenschaftlichen Aufgaben für unser Gebiet
fehlt» (S. 19). Der zweite naturkundliche Beitrag
dieses Jahrgangs war die bereits erwähnte Hierazi-
en-Arbeit von Schack und Schwimmer. Es mag in
diesen Worten Frommelts auch eine Neubewertung
der Naturwissenschaft anklingen, die im Verein
nach dem Tode von Prälat Büchel im Jahre 1927
und der Übernahme des Vorsitzes durch den Fürst-
lichen Rat Joseph Ospelt deutlicher artikuliert wur-
de. Jedenfalls braucht man nicht tief zwischen den
Zeilen zu lesen, um die abschliessende Bemerkung
Frommelts als eine späte Replik auf Büchels
Eschner Rede von 1921 zu verstehen. Man werde
durch «diese wunderbaren Zeugen alten, längst
ausgestorbenen Lebens» angeregt, darüber nach-
zudenken, «wie lange wohl diese Lebewesen schon
im Stein geborgen liegen mögen, wie sie einst ge-
lebt und den Meeresgrund bevölkert, wie lange es
gedauert, bis endlich die Krone der materiellen
Schöpfung - der denkende Mensch - auftrat, diese
210
NATURWISSENSCHAFTLICHE UND NATURHISTORISCHE
BEITRÄGE IM JAHRBUCH / HANS-JÖRG RHEINBERGER
steinernen Zeugen aufhob und grübelte nach ver-
gangenen Welten» (S. 30). Obwohl er es vermied,
Zahlen zu nennen, liess Frommelt keinen Zweifel
daran, dass auch der Mensch in den Prozess der
naturgeschichtlichen Entwicklung einbezogen war.
Damit war ein Anfang gemacht, der sich jedoch
als ein langer Anlauf erweisen sollte. Aufgrund
mangelnder einheimischer Arbeiten sorgte Anton
Frommelt 1938 für den Abdruck einer Arbeit aus
dem Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt
Österreichs, die sich auch auf Liechtenstein bezog.
Es handelte sich um die «Geologischen Bewegungs-
bilder vom Westende des Rätikons» von Otto Amp-
ferer, dem ehemaligen Direktor der Geologischen
Bundesanstalt in Wien, dessen Lebensarbeit das
geologische Kartenwerk der Ostalpen bildete. Die
Feldaufnahmen, die Ampferers «Bewegungsbildern»
der Gesteinsschichten zugrunde lagen, waren zwi-
schen 1935 und 1937 erfolgt und sollten die Her-
ausgabe des Blattes «Bludenz-Vaduz» der Ost-
alpen-Karte vorbereiten. Besonderen Wert legte
Frommelt in seinem Vorwort auf die Feststellung,
dass Ampferers Darlegungen hohe Wissenschaft-
lichkeit mit Allgemeinverständlichkeit verbanden,
ein Hinweis, welcher das pädagogische Interesse
der publizistischen Tätigkeit des Historischen Ver-
eins dokumentiert.
Noch während des Krieges und kurz nach dem
Krieg erschienen in den Jahrbüchern 44 und 46
zwei geologische Studien von Karl Gunz, einem
ehemaligen Professor am Staats- und später am
Bundesgymnasium in Feldkirch und ehemaligen
Kollegen Josef Murrs, eine Studie über den «Liech-
tensteiner See» und eine «Geomorphologische Skiz-
ze von Liechtenstein». Beide Aufsätze beschränken
sich jedoch vorwiegend auf die Kompilation ge-
druckter Quellen und sind nicht als Beiträge zur
heimischen geologischen Forschung im engeren
Sinne anzusehen. Die postum veröffentlichte zwei-
te Skizze erweist dem 1938 von den Nazis als «po-
litisch unzuverlässig» in den Ruhestand versetzten
Gunz die letzte Ehre.
Den Höhepunkt der geologischen Aufsatzserie
im Jahrbuch des Flistorischen Vereins bilden zwei-
fellos die in den Jahrbüchern 51, 52 und 56 er-
Frastanzer Sand
3 Sch western
Ansicht des Gehänges
von Westen 1̂ .5
gig. 16.
1 = SBuntjanbftein 7 = £>auptbolomit
2 = SRauf|rcia<fe 8 = glnfcb,
3 = Söiufdjeltal! 9 = SBürm ©runbmoränen bes
4 = ^5arlnad,fcf)icf)t Sttjeingletfcfjers
5 = atl6erg|djid)t 10 = 2ofaIgIeifcf)et
6 = 9taiblct|d,id)t 11 = Slocfroerf aus ÜHufcfielfalt
gig. 20.
1 = SJIufdjeltalt
2 = <Partnad)(d)id)t
3 = ärlbergfd)id>t
4 = ffiips ber 3?aiblerjd)iä)t
5 = f)auptboIomtt
6 = Suläflubfalt unb Couches rouges
7 — SBergfturämaffen
a = Äeil non Suntianbfteirc
b = Äeile non Sjauptbolomit
c = glnjd) bes SBargeHajodjes
x — gelsriff aus (Sojaubreccien
Otto Ampferer von der
Geologischen Bundesan-
stalt in Wien erstellte
zahlreiche geologische
Bewegungsbilder vom
Raum Vorarlberg-Liech-
tenstein, die auch im
Jahrbuch des Historischen
Vereins veröffentlicht
wurden.
Die beiden Beispiele zei-
gen einen Ausschnitt des
Drei-Schwestern-Massivs
sowie die Gebirgsland-
schaft oberhalb von Vaduz
und Triesenberg.
211
schienenen drei Teilberichte über die «Geologie
des Fürstentums Liechtenstein» von Henry Schaet-
ti, Rudolf Blaser und Franz Allemann aus Bern.
Diese Arbeiten waren das Ergebnis einer grossan-
gelegten, geologischen Neuaufnahme des Landes,
die 1945 vom Landtag unter seinem Präsidenten
Anton Frommelt und der Regierung unter Regie-
rungschef Alexander Frick genehmigt wurde. Zu
ihrer Durchführung konnte der Geologe Joos Ca-
disch von der Universität Bern gewonnen werden.
Die Feldarbeiten auf der Basis der 1945 neu her-
ausgegebenen Landeskarte 1:10 000 besorgten die
Doktoranden Schaetti, Blaser und Allemann zwi-
schen 1945 und 1950. Letzterer zeichnete auch die
geologische Karte Liechtensteins (1:25 000), die
1952 veröffentlicht wurde. Stolz konnte Alexander
Frick im Vorwort zu Henry Schaettis 1951 publi-
ziertem Teil über das Sambia-, Malbun- und Va-
lorschtal feststellen: «Durch die vorliegenden
gründlichen und wohlfundierten Arbeiten wird
Liechtenstein mit einem Schlage zu einem der geo-
logisch intensivst bearbeiteten Länder» (S. 10). Der
Redakteur des Gesamtwerkes, Professor Cadisch,
widmete die Veröffentlichung dem 1947 verstorbe-
nen Otto Ampferer, der bereits im Jahrbuch 1938
zu Wort gekommen war, in Anerkennung seiner
«Pionierarbeit, die er als Erforscher des Rhätikon-
gebirges und der ganzen Ostalpen geleistet hat»
(S. 12). Der von Rudolf Blaser bearbeitete Teil über
den Schellenberg, die Drei Schwestern-Gruppe und
die Umgebung von Vaduz folgte 1952, Franz Alle-
manns Teil über den Falknis, Lawena und Triesen-
berg schloss die Serie 1956 ab. Mit dieser bis heute
vorbildlich gebliebenen Erfassung der geologischen
Verhältnisse Liechtensteins endet die geologische
Forschung im Fürstentum Liechtenstein, soweit sie
im Jahrbuch des Historischen Vereins dokumen-
tiert ist.
PALÄOBIOLOGIE UND PALÄOANTHROPOLOGIE
Bereits in Band 37 des Jahrbuchs finden wir eine
erste paläozoologische Arbeit, die im Rahmen der
von Konservator Adolf Hild aus Bregenz am
Borscht in Schellenberg geleiteten Ausgrabung
durchgeführt wurde. Mit der Auswertung der
«Fauna der Wallsiedlung im Borscht» wurde Emil
Kuhn vom Zoologischen Institut und Museum der
Universität Zürich betraut. Das Ergebnis der sich
bewusst - wie der Autor 1937 betonte - aller «theo-
retischen Erörterungen und Schlußfolgerungen»
(S.139) enthaltenden Arbeit war insofern bemer-
kenswert, als das Fundmaterial aus dem Endneo-
lithikum bis zur La Tene-Zeit nur Haustier- (Hund,
Schwein, Ziege, Schaf, Rind und Pferd), jedoch kei-
ne Wildtierknochen aufwies. Auch die von David
Beck zwischen 1949 und 1951 am Schneller auf
dem Eschnerberg durchgeführten Grabungen erga-
ben nur Haustierreste, wie wiederum Kuhn am
Museum in Zürich als ihr Bearbeiter feststellte
(«Die Tierreste der prähistorischen Siedelungen
vom Schneller», Band 51, S. 249-254).
Unter der Vereinspräsidentschaft von David
Beck, die 1955 begann, wurde die Auswertung der
tierischen Knochenfunde aus einer ganzen Reihe
von Ausgrabungen systematisch fortgesetzt. Hans-
peter Hartmann-Frick untersuchte die dem Zoolo-
gischen Museum der Universität Zürich übergebe-
nen Knochenreste aus der von Beck zwischen 1942
und 1945 geleiteten Ausgrabung am Lutzengüetle.
Die 1959 unter dem nunmehrigen Direktor des Mu-
seums Emil Kuhn veröffentlichte Arbeit über «Die
Tierwelt des prähistorischen Siedlungsplatzes auf
dem Eschner Lutzengüetle, Fürstentum Liechten-
stein» schloss an seine frühere Arbeit an, Hart-
mann-Frick wies nun aber aus dem reichhaltigen
Material von annähernd 5 000 Knochen einen im-
merhin etwa zehnprozentigen Anteil an Wildtier-
knochen aus. So konnte das Bild über Jagd, Haus-
tierhaltung und Ernährungsgewohnheiten zwi-
schen Neolithikum und La Tene am Eschnerberg
wesentlich ergänzt werden. Aufgrund einer vertief-
ten und erweiterten Analyse von Material aus Gra-
bungen von David Beck zwischen 1947 und 1951
212
NATURWISSENSCHAFTLICHE UND NATURIIISTORISCHE
BEITRÄGE IM JAHRBUCH / HANS-JÖRG RHEINBERGER
kam Hartmann-Frick nun auch für die «Fauna der
befestigten Höhensiedlung auf dem Borscht»
(Band 63) zu dem Ergebnis eines zwar geringen,
aber signifikanten Wildtier-Knochenanteils. Auch
die später von Hartmann-Frick untersuchten «Tie-
rischen Reste der beiden latenezeitlichen Häuser
auf dem Runden Büchel in Balzers» (Band 83) wie-
sen Wildtierknochen auf. Bereits 1958 hatte Fried-
rich Würgler über die «Knochenfunde aus dem
spätrömischen Kastell Schaan» berichtet, und
1965 folgte die Untersuchung der «Tierknochen-
funde von der Burg Neu-Schellenberg» von Huber-
tus Schülke, eine Dissertation aus dem Institut für
Palaeoanatomie, Domestikationsforschung und Ge-
schichte der Tiermedizin an der Universität Mün-
chen (Band 64). Bären waren, wie diese Arbeit
zeigt, im Mittelalter noch häufig, obwohl der Wild-
anteil insgesamt ausserordentlich niedrig ausfiel.
Zusammengenommen ergeben diese Arbeiten ein
ziemlich lückenloses Bild der Entwicklung von
Haustierhaltung, Jagd und tierischer Ernährung in
unserer Gegend vom Neolithikum bis zum Mittelal-
ter. Sie zeigen ebenso wie die geologischen Arbei-
ten, dass der Verein erfolgreich Sachverstand aus
Instituten und Museen umliegender Universitäten
mobilisierte.
Es fällt auf, dass bei der stattlichen Anzahl
früherer Berichte über Gräberfunde im Jahrbuch
anthropologische Untersuchungen über ein halbes
Jahrhundert hinweg ausblieben, einschliesslich der
Zeit des Nationalsozialismus mit seinem Rassen-
wahn. Erst in Band 64 findet sich eine erste paläo-
anthropologische Arbeit. Durch Vermittlung von
Dr. Hans-Jörg Kellner, dem Direktor der Prähistori-
Bei Kanalbauarbeiten
wurde 1932 in Balzers ein
Skelett ausgehoben, das
später Ausstellungsgegen-
stand in den Sammlungen
des Historischen Vereins
war. Anthropologische
Untersuchungen ergaben
schliesslich 1982, dass es
sich hier um die sterbli-
chen Überreste einer
romanischen Frau aus
dem 4. Jahrhundert han-
delt, die im Alter von rund
30 Jahren verschied.
213
sehen Staatssammlung München erhielt damals
der deutsche Anthropologe Kurt Gerhardt von der
Universität Freiburg im Breisgau den Auftrag, «Die
menschlichen Überreste der spätrömischen Höhen-
siedlung auf <Kriippel> ob Schaan» zu untersu-
chen.4 Bei Gerhardts Bericht handelte es sich um
die Untersuchung eines Einzelfundes, der insofern
dann auch nicht entscheidend dazu beitragen
konnte, die vom Verfasser beklagten «geradezu
ärmlich(en) ... anthropologischen Kenntnisse über
die Bevölkerungen Rätiens aus der spätrömischen
Kaiserzeit» (S. 127) entscheidend zu verbessern.
Ein 1932 bei Kanalarbeiten in Balzers ausgeho-
benes Skelett, das von kompaktem grauem Lehm
eingefasst war, wurde damals von Egon Rheinber-
ger und seinen Söhnen in Gips gebettet und ist
dank dieser Massnahme in situ erhalten geblieben
(vgl. Egon Rheinberger, «Neue Funde aus der Rö-
merzeit», Band 32). Das «Valentin» genannte Ske-
lett war seinerzeit in den Sammlungen des Histori-
schen Vereins ausgestellt, wurde aber erst 50 Jahre
später von Hansueli Etter und Jakob Bill anthropo-
logisch untersucht {«Ein spätrömisches Grab aus
Balzers», Band 82). Valentin entpuppte sich als
eine romanische Frau aus dem 4. Jahrhundert, die
im Alter von etwa 30 Jahren starb. Etter und Bill
werteten auch die Gräberfunde vom Runden
Büchel in Balzers anthropologisch aus, die bei ei-
ner von Jakob Bill vom Schweizerischen Landes-
museum geleiteten Grabung 1980 und 1981 zum
Vorschein gekommen waren. Diesmal handelte es
sich um frühmittelalterliche Gräber einer alaman-
nischen Bevölkerungsgruppe (Jakob Bill und Han-
sueli Etter, «Das frühmittelalterliche Gräberfeld
vom <Runden Bücheb in Balzers», Band 81). Ske-
lettmaterial von insgesamt 91 Individuen gelangte
zur Untersuchung, so dass auch Überlegungen de-
mographischer Art, etwa über Lebensdauer und
Gesundheitszustand, angestellt werden konnten. In
neuerer Zeit sind noch anthropologische Auswer-
tungen von Einzelfunden eines wahrscheinlich
bronzezeitlichen Schädels aus Mauren (Hansjörg
Frommelt und Hansueli Etter, «Ein Schädelfrag-
ment aus dem Maurer Riet», Band 87) und zweier
frühmittelalterlicher Skelette aus Triesen (Marian-
ne Lörcher und Ulrike Mayr, «Skelettfunde an der
Lindengasse in Triesen», Band 94) hinzugekom-
men.
An dieser Stelle sind des weiteren drei paläobo-
tanische Arbeiten zu würdigen. Die beiden ersten
stehen im Zusammenhang mit der Erforschung des
Ruggeller Rietes. Im Jahrbuch 93 (1995) berichtete
Flansjörg Frommelt über einen «Fund von Eichen-
stämmen im <Ruggeller Riet>». Die gut erhaltenen
Baumstämme stammen aus dem dritten Jahrtau-
send vor Christus. Ebenfalls im Jahrbuch 93 (1995)
stellten Anna Merz, Denise Iskandar, Laurent van
der Plaetsen, Christian Orcel und Alain Cura «Zwei
Pollenanalysen aus Liechtensteiner Riedland-
schaften» vor. Die Auswertung erfolgte im Labora-
toire Romand de Dendrochronologie in Moudon
und gibt Einblicke in die Entwicklung der Feucht-
gebiete und Waldzonen des Rheintales und die
Ausbreitung des Ackerbaus vom späten Neolithi-
kum bis zur Römerzeit. Es ist dies die erste Arbeit
in unserem naturkundlich-naturwissenschaftlichen
Zusammenhang, an der Frauen als Autorinnen be-
teiligt sind. Im Jahrbuch 96 (1998) schliesslich be-
richteten Ulrike Mayr (FL Landesverwaltung, Ar-
chäologie) und Marlu Kühn (Botanisches Institut
und Botanischer Garten der Universität Basel, La-
bor für Archäobotanik) über «Mittelalterliche Bir-
nenfunde aus der <Unteren Burg> in Schellenberg».
Die verkohlten Birnen von der Unteren Burg in
Schellenberg gehen auf eine Grabung aus dem
Ende der 1970er Jahre zurück und stammen aus
dem mittelalterlichen 13. oder 14. Jahrhundert.
Die ältesten Funde kultivierter Birnen in unserem
Gebiet, so berichten die Autorinnen, datieren aller-
dings aus der Römerzeit.
214
NATURWISSENSCHAFTLICHE UND NATURHISTORISCHE
BEITRÄGE IM JAHRBUCH / HANS-JÖRG RHEINBERGER
ZOOLOGISCHE FORSCHUNG
Erste rezent-zoologische Studien finden sich im
Jahrbuch erst ab Mitte der fünfziger Jahre. Unter-
stützt vom Vogelkenner Prinz Hans von Liechten-
stein begann Ernst von Lehmann vom Zoologi-
schen Forschungsinstitut «Alexander Koenig» in
Bonn 1953, Material zur Säugetierfauna von Liech-
tenstein zu sammeln. In seiner ersten Arbeit, «Et-
was über die Kleinsäugetierfauna im Fürstentum
Liechtenstein» in Band 55 des Jahrbuchs hielt er
fest, Liechtenstein sei «ein mammologisch über-
haupt noch nicht bearbeitetes Gebiet» (S. 119).
Zielstrebig schuf er diesem Mangel in den folgen-
den Jahren Abhilfe. Ergänzende Mitteilungen zu
seiner ersten Arbeit erschienen im Jahrbuch 61,
und 1962 legte er mit den «Säugetieren des Fürs-
tentums Liechtenstein» eine umfassende Gebiets-
monographie vor, die im Kern auf der Auswertung
von 650 eigenen Funden beruhte und 43 gegen-
wärtig wildlebende Säugetierarten in Liechtenstein
nachwies. Besondere Aufmerksamkeit schenkte von
Für das Jahrbuch des
Historischen Vereins Band
62 verfasste Ernst von
Lehmann eine umfassende
Studie über die Säugetiere
in Liechtenstein. Ein
gesonderter Beitrag des-
selben Autors im Jahrbuch
Band 69 ist der alpinen
Gelbhalsmaus von Silum
(links) gewidmet. Dass von
Lehmann in seinen Unter-
suchungen auch zahlrei-
che andere Kleinsäuger
belegen konnte, veran-
schaulicht das Bild rechts,
auf dem der Mauser Theo-
dor Frick aus Schaan um
1960 mit einer artenrei-
chen Fangbeute zu sehen
ist.
4| Der 1938 mit einer Arbeit «Zur Frage Braehykephalie und Schä-
delform» promovierte Gerhardt (1912-1992) gehörte zu den letzten
Schülern von Eugen Fischer am Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthro-
pologie, menschliche Frblehre und Eugenik und wurde von Otmar
von Verschuer, 1942 bis 1945 Direktor am selben Institut, an dessen
neugegründetes Institut für Humangenetik nach Münster geholt, als
dieser 1951 dort wieder einen Lehrstuhl bekam. 1956 kam Gerhardt
nach Freiburg. Nachruf von I. Schwidetzky und J . Wahl in: Homo.
Zeitschrift für vergleichende Biologie des Menschen 44 (1993),
S. 1-4.
215
Lehmann der vertikalen Verbreitung der Kleinsäu-
ger, wobei der nun als Professor am Forschungsin-
stitut und Museum «Alexander Koenig» in Bonn
wirkende Zoologe der hochmontanen Feldmaus
vom Sareis und der alpinen Gelbhalsmaus von Si-
lum 1967 und 1969 noch je einen Nachtrag widme-
te. Nicht vorenthalten werden soll dem Leser dieser
Übersicht auch der Hinweis, dass «S. D. der Regie-
rende Fürst, Franz Joseph II. ... das mehrfache
Durchsuchen der in Frage kommenden Räume des
Schlosses nach Fledermäusen» (S. 161) grosszügig
gestattete.
Die im Jahrbuch Band 62
veröffentlichte Studie des
deutschen Zoologen Ernst
von Lehmann über die in
Liechtenstein vorkommen-
den Säugetiere beschreibt
auch das Murmeltier,
einen charakteristischen
Bewohner der Alpenwelt.
Das Bild zeigt ein Murmel-
tier auf der Vaduzer Alp
Pradamee.
Unter der Ägide von Felix Marxer als Vereins-
präsident (seit 1966) setzte der 1969 als Forstinge-
nieur und Naturschutz-Experte ins Land gekomme-
ne ETH-Absolvent Mario F. Broggi die Berichte
über die faunistische Erforschung Liechtensteins
mit einer Monographie über die «Amphibienfauna
von Liechtenstein» fort. Obwohl der Kern der im
Jahrbuch 71 erschienenen Arbeit aus einem Arten-
katalog besteht, ist bei Broggi nun eine deutliche
Ausrichtung auf ökologisch wirksame Schutzmass-
nahmen und die Erhaltung beziehungsweise Ver-
besserung der naturräumlichen Lebensbedingun-
gen bedrohter Arten festzustellen. Im Rückblick
kann eine kleine Notiz über das Aussterben der
Flussmuscheln in Liechtenstein von Alexander
Frick im 50. Band des Jahrbuchs als frühes Signal
umweltbewusster Naturbeobachtung gewertet wer-
den. Unter massgeblicher Beteiligung von Broggi
entstand im europäischen Naturschutzjahr 1970
die Botanisch-Zoologische Gesellschaft Liechten-
stein-Sargans-Werdenberg, die seit dieser Zeit
auch ihre eigenen Berichte herausgibt,5 und 1973
die Liechtensteinische Gesellschaft für Umwelt-
schutz. Eine erste Frucht der von diesen neu ge-
gründeten Gesellschaften energisch vorangetriebe-
nen Studien bildete Heinrich Seitters umfassende
Flora des Fürstentums Liechtenstein von 1977. 6
Aufgrund dieser Entwicklungen konnte das Jahr-
buch des Historischen Vereins seine Pionierrolle
auf diesem Gebiet beenden. Seit dieser Zeit er-
scheinen die an Umfang beträchtlich zunehmenden
naturkundlichen Arbeiten vor allem in den Berich-
ten der Botanisch-Zoologischen Gesellschaft Liech-
tenstein-Sargans-Werdenberg und seit dem Anfang
der 1980er Jahre auch in der vom Forstamt be-
treuten Reihe «Naturkundliche Forschung» bei der
Regierung des Fürstentums Liechtenstein.7 Eine
Ausnahme bilden die in Band 80 des Jahrbuchs er-
schienenen «Pilze am Holz im Fürstentum Liech-
tenstein» des Grazer Mykologen Dr. Stefan Plank
vom Institut für Umweltwissenschaften und Natur-
schutz der Österreichischen Akademie der Wissen-
schaften. Es ist dies die letzte Arbeit dieser Art in
den Jahrbüchern.
216
NATURWISSENSCHAFTLICHE UND NATURHISTORISCHE
BEITRÄGE IM JAHRBUCH / HANS-JÖRG RHEINBERGER
GESCHICHTE DER NATUR- UND
KULTURLANDSCHAFT
Ebenfalls auf Mario Broggi gehen eine Reihe von
kulturhistorischen Jahrbuch-Veröffentlichungen mit
Naturbezug aus den 1970er und frühen 1980er
Jahren zurück. Sie befassen sich mit der Geschich-
te heute in Liechtenstein ausgerotteter Wildtiere
(Schwarzwild 1974, Luchs 1979), der Verlustbilanz
der Feuchtgebiete Liechtensteins (1976) sowie mit
dem Vorkommen von Tiernamen, Pflanzennamen
und Namen mit Wasserbezug in Flurbezeichnun-
gen (freilebende Fauna 1973, Pflanzenwelt 1978,
Wasser 1981). Letztere schlössen an eine Arbeit
von Alexander Frick über «Wald und Gebüsch in
5) Der erste «Berieht» erschien 1971. Seit 1981 werden diese
Publikationen veröffentlicht als «Berichte der Botanisch-Zoologi-
schen Gesellschaft Liechtenstein-Sargans-Wordenberg».
6) Heinrich Seilten Die Flora des Fürs tens tums Liechtenstein.
Botanisch-Zoologische Gesellschaft Liechtenstein-Sargans-Werden-
berg. Vaduz, 1977.
7) Naturkundliche Forschung im Fürs ten tum Liechtenstein. Heraus-
gegeben von der Regierung des Fürs ten tums Liechtenstein. Der erste
Band, eine Rote Liste gefährde te r Gefässpflanzen, erschien 1984.
Hektar
2250
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Mit seinen illustrierten
Beiträgen in den Jahr-
büchern dokumentiert
Mario Broggi die fort-
schreitende Veränderung
und Zerstörung von Natur-
landschaften in Liechten-
stein. Das Bild links zeigt,
wie durch das Einschalen
von Gewässern der Le-
bensraum von Amphibien
zunichte gemacht wurde.
Die Graphik rechts belegt
den starken Rückgang des
Streuelands beziehungs-
weise der Flachmoore in
der liechtensteinischen
Rheintalebene.
217
Die medizingeschichtli-
chen Aufsätze von Rudolf
Rheinberger beinhalten
auch Abbildungen von
Arbeitsinstrumenten,
welche von Liechtenstei-
ner Ärzten des 19. Jahr-
hunderts verwendet wur-
den. Hier im Bild zwei
Zinnspritzen aus dem
Besitz von Dr. Ludwig
Grass (1789-1860)
unseren Flurnamen» von 1969 an. Manche dieser
Arbeiten verstehen sich eher als Anstösse und ha-
ben weniger den Charakter erschöpfender Unter-
suchungen. Den Höhepunkt der kulturhistorischen
Beschäftigung mit der Veränderung des Natur-
raums der Rheintal-Landschaft aus ökologischer
und raumplanerischer Perspektive bildet Broggis
Dissertation über den «Landschaftswandel im Tal-
raum des Fürstentums Liechtenstein», die in Band
86 des Jahrbuchs erschien. Sie fasst die Ergebnisse
einer 15-jährigen Begegnung mit Liechtensteins
kulturgeformter Natur zusammen, die den Autor
«in jeden Winkel des Kleinstaates» (S. 9) führte und
wesentliche Grundlagen für den modernen Natur-
schutz in Liechtenstein legte.
MEDIZINGESCHICHTE
Ich möchte diesen Überblick nicht ausklingen las-
sen, ohne wenigstens noch mit einem Blick die Me-
dizingeschichte gestreift zu haben. Dr. Martin Risch
war der erste, der 1936 eine medizinhistorische
Arbeit im Jahrbuch des Historischen Vereins veröf-
fentlichte, und zwar über die «Todesursachen-Sta-
tistik der Gemeinde Triesen von 1831 bis 1930». Es
sollte fast ein halbes Jahrhundert dauern, bis mein
Vater Dr. Rudolf Rheinberger den medizinge-
schichtlichen Faden wieder aufgriff und in einer
Serie von Biographien viel Wissenswertes über
Liechtensteins Ärzte aus dem 18. und vor allem
dem 19. Jahrhundert zusammentrug. Dem Porträt
«Zum 200. Geburtstag von Landesphysikus Geb-
hard Schaedler» das besonders auf dessen Leis-
tungen als Pionier der Pockenschutzimpfung im
Land einging (Band 76), folgten die «Liechtenstei-
ner Ärzte des 19. Jahrhunderts» (Band 89), die teil-
weise ins 20. Jahrhundert hineinreichenden Bio-
graphien «Dr. med. Wilhelm Schlegel, Arzt und Po-
litiker (1828 bis 1900)» (Band 91), «Dr. med. Ru-
dolf Schädler. 1845 bis 1930. Seine Tätigkeit als
Arzt und sein Wirken im Dienste der Öffentlich-
218
NATURWISSENSCHAFTLICHE UND NATURHISTORISCHE
BEITRÄGE IM JAHRBUCH / HANS-JÖRG RHEINBERGER
keit» (Band 92), «Dr. med. Albert Schädler 1848 bis
1922. Arzt, Politiker, Historiker» und «Dr. med. Pe-
ter Marxer 1850 bis 1885» (beide Band 94) sowie
als Nachtrag «Dr. med. Franz Xaver Gassner.
1721/22 bis 1751» (Band 95). Ein Manuskriptfrag-
ment mit «Bemerkungen über den Sogenannten
Milzbrand», das ein Referat des bereits in Band 76
gewürdigten Landesphysikus Gebhard Schädler vor
dem Graubündner Ärzteverein aus dem Jahre
1822 behandelt, erschien schliesslich vergangenes
Jahr (Band 99). Für das Erscheinen dieser Arbeiten
hat sich vor allem Robert Allgäuer unter dem Vor-
sitzenden Alois Ospelt (seit 1986) eingesetzt. Die
Beiträge geben einen umfassenden Einblick über
den Transfer medizinischen Wissens aus den uni-
versitären Zentren Deutschlands und Österreichs
in eine ländlich-bäuerlich geprägte Umgebung
über zwei Jahrhunderte hinweg. Bis spät ins
19. Jahrhundert hinein blieben in Liechtenstein die
Ärzte die einzigen, die naturwissenschaftliches
Wissen direkt ins Land brachten und es auch in hy-
gienische und präventive Massnahmen - wie etwa
die Pockenschutzimpfung - umsetzten. Hof gab es
keinen im Land, höhere Schulen auch nicht, und
der Klerus glänzte in Liechtenstein keineswegs
durch die Verbreitung naturwissenschaftlichen
Wissens.
SCHLUSSBEMERKUNG
Diese Situation hat sich aufgrund vieler Faktoren
im 20. Jahrhundert grundlegend verändert. Daran
hat der Historische Verein mit so manchem Artikel
in seinen Jahrbüchern und den von seinem Vor-
stand angeregten Forschungen einen gewichtigen
Anteil. Meist bot er ein publizistisches Forum,
manchmal griff er auch gestaltend ein. Die naturhi-
storisch-naturkundliche Arbeit ist heute dank der
in diesem Bericht geschilderten Aktivitäten vor al-
lem seit den 1970er Jahren in Liechtenstein zur ak-
zeptierten kulturellen Daueraufgabe geworden. Na-
turwissenschaftliche Forschung im engeren Sinne -
also nicht als Hilfswissenschaft im Auftrag der Ar-
chäologie an auswärtigen Universitäten erledigte
Forschung - wird allerdings im Land selbst erst seit
dem Ende des Zweiten Weltkrieges in den Labors
unserer grösseren Industriebetriebe durchgeführt.
Diese Arbeit vollzieht sich bis heute jedoch weitge-
hend unbemerkt von der Öffentlichkeit. Es wäre zu
wünschen, dass demnächst einmal von einem In-
dustrie- und Wissenschaftshistoriker eine grössere
Arbeit über die Geschichte der Industrieforschung
in Liechtenstein einschliesslich ihrer Anfänge in
den 1930er und 1940er Jahren in Angriff genom-
men werden könnte. Eine solche Arbeit würde das
Jahrbuch des Historischen Vereins im neuen Jahr-
tausend mit einer weiteren, bisher unbearbeiteten
Facette der Liechtenstein-Forschung bereichern.
219
BILDNACHWEIS ANSCHRIFT DES AUTORS
S. 208, 209: Natur- und
Landschaftsgeschichte der
Gemeinde Mauren. Spuren.
Eine Schriftenreihe der
Gemeinde Mauren.
Nr. 3/2000, S. 70 f.
S. 210: Heinz Preute, Vaduz
S. 211: Jahrbuch des Histo-
rischen Vereins für das
Fürstentum Liechtenstein,
Band 38 (1938), S. 57 und
62
S. 213: Archäologie FL,
Triesen
S. 215, 216: Liechtensteini-
sches Landesmuseuni,
Vaduz
S. 217 links: Mario F. Brog-
gi, Triesen
S. 217 rechts: Louis Jäger,
Vaduz
S. 218: Heinz Preute, Atelier
Walter Wächter, Schaan
Prof. Dr. Hans-Jörg
Rheinberger
Max-Planck-Institut für
Wissenschaftsgeschichte
Wilhelmstrasse 44
D-10117 Berlin
220
DER HISTORISCHE
VEREIN UND
DAS VORARLBERGER
LANDESARCHIV
KARL HEINZ BURMEISTER
Gedrucktes Rundschreiben
der Feldkircher Verlags-
buchhandlung Unterber-
ger, in welchem diese auf
das 1906 in ihrem Verlag
erscheinende Buch «Vor-
arlberg und Liechtenstein.
Land und Leute» aufmerk-
sam macht. Das von Jakob
Christoph Heer verfasste
Werk, herausgegeben vom
Verband für Fremdenver-
kehr in Vorarlberg und
Liechtenstein, hatte als
Zielpublikum besonders
die Mitglieder des Deut-
schen und Österreichi-
schen Alpenvereins, die
durch den Kauf des Bu-
ches auch zum Besuch der
beiden Länder animiert
werden sollten.
<B!tid)Sei!rg oerfanhle i& nadjfidjenlws Sunöfrfjreiben:
Ifiiltc rToc«mber 6i«f«s 3a!?res erfdjemt tr, m.incm Vedaqe:
Uorarlbcrii und Cicchicnsicin
Lui und Lerne
Von 3. <t. % « t v -
3Uuflri«t Don « . C CemptOfl, p . ö a l j « * ünb -f. 4><f?V«m«>f.
tStoßpffificip 19" Stilen mit 127 Ctrl-^Uuftmlioneti unb 6 farbigen DoUHIbern naij ilquarelleti
pre is elegant t>rofdfiert IH. 5.50 o r ö . . CTl. 2.63 n c , Irt. 2.15 bar; in gern} Ceinen <
m. 1.Ö0 o r ö . , Z1T. 3.38 no.. Hl. 3.15 bar . Freiexemplare l.5/\2.
infdjrififl.ll". «rfud, Deifndfl jidj im Doriiegtnäf n tDerTt nidjt jum trftttim
ntn IPerTf Sitftt Sidjtung ( , j r i i l t f l ' , Silbtr mm
Unb miebtt l)al jid; |(S*r in [in Eanb am Sobtnf« t
untn. RIET'S 5d)ilbtrongtn txrraltn auf jtbtr Stilt btn 2
tt£ft*i nnb btltndjltt. 3n ftintn BtrSoxinbtningtn Hingt!
cnb: lUit tilgt ihm bit rlatnr bts Btrgpülft fo ojftn, nrii
5. « . * t t r , b" allbtfanntt S i
5dfi[b«ret oon Ecnb nnb Eruttn. Sdjon (tin
(et, unb , 8 l a u » (Tage*) fanbtn btatifttrlt Hnfnabm
bas u b(t iDifbubolUn St(nd?tn (tnnrrt i t l t m l nnb litbgi
(djciftfttlltt, Set iif matfrit oon-[(otjttn 5tan4pnnftt an* f
DOO Wad}l u'nS Kraft, an (tintn „König 6tr Sertiino" tri
tr ibtt Dtnftrtijt. iljtt alttjergtbradiftn 5iii(n(
Sa ifi »s Stnn nidjt 311 ecimuittern, B o 6 <r »*it tntftr.it bleibt oon trorfintr Siilbtmng. id§ bat Sndj nielmtfjr
3a tintm t)oh(n Ei«b« miti iooti btr S a b r i l itt Sttgt. iet ©riginolitfli i bm SuDot^tr. ICit räum (in anbtitr, gtrjt
^e r r bin Ktgun^tn btr Dolrsftdt nud), or.J finbtt m itjr i i * tDotiel. JUS btr ÄtbrnoaV nnb Sitltn fo fifcotit Sletm gttriibcn.
Ton jimft [jant. grlüfcii, inrd)(irtiftn mit Pu ra rU i t i i j uns T t t d l l m B t h i com Soitnftt Mi JB bin öMitidftm
Sir 5ilp>rrto, bigltil« nun Silbtin fjtimifdjtT Wn"fHrr, frir änrd) bin urnialtn lHaltr btr Sugr £ . 1. Itomptim nnlir.
(lälji cuibcn. — • D i l It>rrf ift btjtjülb, mit Touin tin onbtrfS. btmftn,
allen Umbwn Reer s eine willkommene tUeirmacbtsgabe
zu sein.
Dorati bii mitglitbd in Dtuifcbtn ant Ö(l««i<Öi(cptrt !l!]><nDtreins,
6« ,E*ipji9« 3Uu|lri(ltn g.itnng", i.ntri ^BEr's .ßJiltermartl nodf in frifdfn
btt Hii(tnb(n, bi« btirit DorarlSiirj nn6 Eiidjttnjiein iljrdi tP(g nadj b(t
jät bas rtJttf, Jöt ttt 3u?tnb- unb Doif;bibliotb,rf«n bat tin fo'tingtbir.b« Dni
Iitiittntl»in fai«t)cc qtie^. Ip.jwH bit ilbfd(nit!(, bit Sas fltint foorttant JSif t :
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Oit fttrrtn Xolltgtn in Bnabadj , Huffaburfl . S a r m B a M , ^eiTJEltrtrß,. J n ü n i t p i fB , Simaant , fimij-
tni i f j , Ttntisii. S f r a f l l i u r s i /S . i Slttliflart, Ulm unb SPitobalrEn niadjt id) onf bo5 ITtif btfonbtrs au(mtr[[am, bj
ibtt UlrtnrtiiTni.Stfjiontn tigtne £}£t:tn in Dororlbtig obtr b.f|tn nÖdffter Uli,i fjabtn.
^nbtin id) mi<b Jljrit laifräfiiotn Unitrpgnno wifidjtrt baitt, jtidjne id) mid;
tjocbadjiuc »in
Sclbfircf; (Dorarlbcrg).
— j n —
222
DER HISTORISCHE VEREIN UND DAS VORARLBERGER
LANDESARCHIV / KARL HEINZ BURMEISTER
Grenzüberschreitende Tätigkeiten in der Liechten-
steinischen Geschichtsforschung sind vor der Jahr-
hundertwende kaum zu beobachten. Keine oder
nur ganz wenige Liechtensteiner zählten vor 1900
zu den Mitgliedern des Landesmuseumsvereins
für Vorarlberg (gegründet 1857)1 oder des Vereins
für Geschichte des Bodensees und seiner Umge-
bung (gegründet 1868).2 Umgekehrt jedoch interes-
sierten sich frühzeitig die in Vorarlberg wirkenden
Archäologen für Objekte in Liechtenstein, so etwa
John Sholto Douglas (1838 bis 1874) oder Dr. Sa-
muel Jenny (1837 bis 1901), die wiederholt in den
Jahresberichten des Vorarlberger Museumsver-
eins darüber berichtet haben. 3 Hippolyt von Klen-
ze (1850 bis 1892), Mitverfasser von «Der Mittel-
berg» (1891), eines der ersten Heimatbücher Vor-
arlbergs, veröffentlichte 1879 die Abhandlung «Die
Alpwirthschaft im Fürstenthume Liechtenstein». 4
Es bestand mithin schon vor 1900 in Vorarlberg
ein starkes Interesse für die liechtensteinische
Landeskunde.
Um die Jahrhundertwende zeichneten sich neue
Entwicklungen ab. So wurde bereits im Jahre 1900
der beide Länder umfassende «Verband für Frem-
denverkehr in Vorarlberg und Liechtenstein» ins
Leben gerufen.5 Schon vorher hatte der Schriftstel-
ler Ludwig Steub (1812 bis 1888) in seinen «Streif-
zügen durch Vorarlberg» eine Wanderung «Von St.
Luziensteig in den vordem Walgau» beschrieben,
die ihn über Balzers und Vaduz nach Feldkirch
1) Die Mitgliederliste in: Jahres-Berichte des Landes-Museumsver-
eins für Vorarlberg (künftig: JBLMV) 1907/08 (1909), S. 363, zählt
nur zwei Mitglieder in Vaduz: den Landesverweser Kar l von In der
Mauer und den akademischen Kunstmaler Egon Rheinberger; beide
waren zu dieser Zeit Vorstandsmitglieder des Historischen Vereins.
2) Vgl. Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees 29
(1900), S. 239.
3) Vgl. die zusammenfassenden bibliographischen Hinweise in
J B V L M 39 (1900), S. 104-106.
4) Vorarlberger Landesbibliothek, Signatur: GSF - 915 - Klenz.
5) Herbert Sohm: Zur Geschichte des Fremdenverkehrs in Vorarl-
berg. Bregenz, 1984, S. 165.
Die Wappen Vorarlbergs
und Liechtensteins in
freundschaftlicher Ein-
tracht vereint. Diese Gra-
phik ziert den Einband des
landeskundlichen Buches
von Jakob Christoph Heer
über die beiden Nachbarn,
die - wie es im einleiten-
den Text heisst - «durch
Natur, gemeinsame ge-
schichtliche Schicksale
und die Stammverwandt-
schaft der Bevölkerung
eng verbunden sind».
223
IUI Die liecktennteiTiiscIic Bergwelt. 10.5
Die Publikation von Jakob
Christoph Heer über
Vorarlberg und Liechten-
stein widmet zwei Kapitel
dem Fürstentum, eines
davon allein der liechten-
steinischen Bergwelt. Die
Liechtenstein-Kapitel sind
illustriert mit Bildern des
Künstlers Peter Balzer
(1855 bis 1916). Die obi-
gen Beispiele zeigen von
links nach rechts: das
Kurhaus Samina auf
Rotaboda, die Walsersied-
lung auf Masescha, das
Haus «Waldi» bei Mase-
scha sowie den Höhenku-
rort Gaflei.
führte . 6 Es wurde üblich, die Reiseführer für Vor-
arlberg und Liechtenstein zusammenzufassen: so
zum Beispiel Jakob Christoph Heer, «Vorarlberg
und Liechtenstein» (1906), dann «Vorarlberg und
Liechtenstein» (1908), «Sommer- und Winterstati-
onen in Vorarlberg und Liechtenstein» (1908),
«Vorarlberg und Liechtenstein» (1912), Karl W. Dalla
Torre, «Tirol, Vorarlberg und Liechtenstein» (1913).
Viele Vorarlberger liebten es, im Herbst zum Ge-
nuss des Susers nach Liechtenstein zu fahren. 7 Das
Interesse für das Nachbarland war in Vorarlberg
immer sehr stark. So widmete das «Vorarlberger
Tagblatt» 1932 dem Fürstentum Liechtenstein
ein Sonderheft8 und 1938 unter dem Titel «Landes-
kunde des Fürstentums Liechtenstein» ein weiteres,
von Dr. Wilhelm Fach verfasstes, Sonderheft. 9
Zu Beginn des Jahres 1901 wurde der Histori-
sche Verein für das Fürstentum Liechtenstein ge-
gründet. Die Gründungsmitglieder sahen sich, wie
sie selbst aussagen, zu diesem Zeitpunkt am Be-
ginn eines neuen, nämlich des 20. Jahrhunderts,
und sie hielten die Zeit für gekommen, sich ver-
mehrt der Geschichte zu widmen, um über das Stu-
dium der Vergangenheit die Gegenwart besser ver-
stehen zu lernen. 1 0
224
DER HISTORISCHE VEREIN UND DAS VORARLBERGER
LANDESARCHIV / KARL HEINZ BURMEISTER
Der Historische Verein für das Fürstentum
Liechtenstein verstand sich damals als ein ausge-
sprochen patriotischer Verein. Sein Zweck ist nach
den Statuten die Förderung der «vaterländischen
Geschichtskunde». Der Landtag bewilligte dem neu
gegründeten Verein eine jährliche Landessubventi-
on im Hinblick «auf dessen patriotischen Zweck».
Der Verein kannte zunächst keine grenzüber-
schreitende Aspekte, liess aber immerhin Auslän-
der als Mitglieder zu. Und über diese Ausländer
aus dem benachbarten Vorarlberg gelangten solche
grenzüberschreitende Aspekte, die heute eine Selbst-
verständlichkeit geworden sind, schon sehr früh
ins Blickfeld.
Es war von Anfang an klar, dass es mit Rück-
sicht auf die Jahrhunderte lange gemeinsame dy-
nastische Geschichte Liechtensteins und Vorarl-
bergs (Montforter, Werdenberger, Hohenemser) gar
nicht möglich war, sich in Liechtenstein auf eine
enge vaterländische Geschichtsforschung einzu-
schränken. Hinzukam, dass in Vorarlberg eine
ganze Reihe von Vereinen durchaus gleichartige
Ziele und Interessen verfolgt haben, aus denen sich
beinahe zwangsläufig eine grenzüberschreitende
Zusammenarbeit ergeben musste: Der Vorarlber-
ger Landesmuseumsverein in Bregenz (1857), der
Wissenschaftliche Club von Vorarlberg in Feldkirch
(gegründet 1892)", der Verein für christliche Kunst
6) Ludwig Steub: Streifzüge durch Vorarlberg. Hrsg. von Hans
Nägele. München, 1908, S. 126-135, hier besonders S. 127 f.
7) Grete Gulbransson: Vaduzer Suserrausch. In: Feierabend. Wo-
chenbeilage zum Vorarlberger Tagblatt, 12 (1930), S. 330; Konstan-
tin Obendorf: Hymne an Liechtenstein (Zur Suserzeit). In: Feier-
abend 14 (1932), S. 119.
8) Feierabend 14 (1932), S. 107-157.
9) Feierabend 20 (1938). S. 555-596.
10) JBL 1 (1901), S. 271.
11) Vgl . auch die Festschrift: 40 Jahre Wissenschaftlicher Landes-
verein für Vorarlberg 1892-1932. Beilage zur Vorarlberger Landes-
Zeitung. Bregenz, 1932. Der Verein führ te zahlreiche Vorträge zu
den verschiedensten Themen durch. Wiederholt wurden auch
Liechtensteinische Themen behandelt; so hielt Prof. Dr. Eugen Nipp
(1886-1960) Vorträge zu den Themen «Vom Rheintal bis zum
Bodensee», «Fremde Sprachenüber re s t e in Liechtenstein», «Besied-
lungsverhältnisse Liechtensteins und Vorarlbergs von den ältesten
Zeiten bis auf unseren Tag» (ebenda. S. 5); die vom Verein durchge-
führ ten Exkursionen führ ten wiederholt nach Liechtenstein, so
beispielsweise 1932 (ebenda. S. 7, mit Abbildung der Reisegruppe
im Schlosshof von Vaduz).
225
und Wissenschaft in Bregenz (gegründet 1902)1 2, ja
sogar der Verein der Vorarlberger in Wien (gegrün-
det 1868). Alle diese Vorarlberger Vereine traten
mit dem neu gegründeten Historischen Verein in
Vaduz schon sehr bald in einen Schriftenaustausch
oder traten ihm als Mitglieder bei: der Vorarlberger
Museumsverein 1903, der Verein für christliche
Kunst und Wissenschaft 1910, der Verein der Vor-
arlberger in Wien 1911, der Wissenschaftliche Club
von Vorarlberg 1918.
Noch früher ist die Zusammenarbeit des Histori-
schen Vereins mit den in der Geschichtsforschung
besonders aktiven Institutionen gewesen. So gab es
vom Beginn der Vereinsgründung an eine sehr
enge Zusammenarbeit mit dem Vorarlberger Lan-
desarchiv in Bregenz und den führenden höheren
Schulen des Landes, dem k.u.k. Staatsgymnasium
in Feldkirch und der Stella Matutina in Feldkirch,
die seit jeher auch Schüler aus Liechtenstein be-
treut haben. Der Schriftenaustausch ist für alle drei
Institutionen seit 1903 bezeugt; er wird bis in die
Gegenwart fortgeführt, auch wenn diese Institutio-
nen heute teilweise ein anderes Gesicht bekommen
haben.
Die wohl stärkste und dauerhafteste Bindung
wurde zwischen dem Historischen Verein und dem
Vorarlberger Landesarchiv eingegangen. Diese
Bindung hat vor allem zwei Ursachen: sie liegt ein-
mal in der Person des Vorarlberger Landesarchi-
vars Viktor Kleiner begründet, zum andern in der
Gründung des Landesarchivs, die fast gleichzeitig
mit jener des Historischen Vereins erfolgt ist. Das
Vorarlberger Landesarchiv wurde 1898 gegründet
und nahm 1899 seinen Betrieb auf. 1 3 Als eine da-
mals noch sehr junge und dynamische Institution
war das Landesarchiv in der Aufbauphase an Kon-
takten mit verwandten Einrichtungen brennend in-
teressiert. Und so ist es auch erklärlich, dass der
Landesarchivar Viktor Kleiner nicht nur 1901
Gründungsmitglied des Historischen Vereins für
das Fürstentum Liechtenstein1 4 und 1940 dessen
Ehrenmitglied 1 5 wurde, sondern dass er auch mit
eigenen Ideen auf die Vereinsarbeit Einfluss ge-
nommen hat (Stichwort: Heimatschutz), so wie er
andererseits auch seit 1897 Mitglied des internatio-
nalen «Vereins für Geschichte des Bodensees und
seiner Umgebung» war und 1921 massgeblich be-
teiligt war an der Gründung des «Vereins für Hei-
matkunde des Westallgäus». 1 6 Viktor Kleiner stand
hinsichtlich einer grenzüberschreitenden regiona-
len Geschichtsforschung unserer heutigen Zeit in
keiner Weise nach.
Das Vorarlberger Landesarchiv wurde in seiner
Gründungszeit auch von Geschichtsforschern aus
Liechtenstein frequentiert. Zu den frühen Benut-
zern des Landesarchivs gehörten Johann Baptist
Büchel (1853 bis 1927) und Schulinspektor Josef
Gassner (1858 bis 1927), die hier von Viktor Klei-
ner betreut wurden. 1 7
Einen Schatten auf dieses gedeihliche Zusam-
menwirken der liechtensteinischen und Vorarlber-
ger Geschichtsforschung warf ein «Historiker-
streit» zwischen den Vorarlbergern Dr. Albert Rit-
ter (1872 bis 1931) und Professor Dr. Josef Zösmair
(1845 bis 1928) einerseits und Johann Baptist
Büchel andererseits. Ritter hatte Büchels «Ge-
schichte der Pfarrei Triesen» im «Vorarlberger
Volksfreund» kritisiert, worauf Büchel im «Vorarl-
berger Volksblatt» vom 2. September 1903 eine
Antwort gab.
Zösmairs Kritik an den «Regesten der Herren
von Schellenberg» und an der «Geschichte der
Pfarrei Triesen», ebenfalls im «Vorarlberger Volks-
freund» erschienen, wies Büchel in einem Vortrag
auf der Jahresversammlung am 17. Juli 1904 in Va-
duz zurück. 1 8 Die Hintergründe dieser Angriffe lie-
gen wohl zu einem guten Teil auch im Politischen
und Weltanschaulichen begründet. Der Publizist
Dr. Albert Ritter war ein Deutschnationaler, der
sich in Wort und Schrift vehement für eine Vorherr-
schaft Deutschlands in Europa einsetzte; er hatte
daher wenig Sinn für Kleinstaaten, die mit Hilfe der
Geschichte ihre Eigenständigkeit verteidigten.
Der LIistoriker Josef Zösmair vertrat politisch ei-
nen «grosstirolischen» und zudem antiklerikalen
Standpunkt, dem die Aktivitäten Viktor Kleiners su-
spekt waren. Aber auch zwischen Kleiners und
Büchels Verständnis der Geschichtsforschung und
Geschichtsschreibung und jenem Zösmairs lagen
Welten. Zösmair vertrat als Historiker einen streng
226
wissenschaftlichen Standpunkt; er war Positivist.
In seinen Augen musste der Priester und Lehrer
Büchel, der keine fachspezifische Ausbildung hatte,
als Hobbyhistoriker erscheinen, der für eine lokal
begrenzte Leserschaft publizierte und dabei nicht
immer die hohe Schule kritischer historischer Me-
thodik einhielt und auch gar nicht einhalten konnte
oder wollte. Zösmairs an Formalien aufgezogene
kleinliche und überhebliche Kritik wirkte nicht nur
auf Büchel verletzend, sondern auch auf die Mit-
glieder des Historischen Vereins schlechthin, für
die Büchel eines der aktivsten Mitglieder in dieser
Zeit gewesen ist. Viele sahen in ihm den zweiten
Peter Kaiser. «Was Peter Kaiser mit seiner (Chro-
nik) begonnen, das führte Prälat Büchel in nimmer-
müder Arbeit fort». 1 9 Die Jahresversammlung
nahm denn auch die Entgegnung Büchels mit Bei-
fall auf.
Wenig später wandte sich Zösmair mit seiner
Polemik auch gegen Viktor Kleiner, der sich nach
einer Bäckerlehre als Autodidakt weitergebildet
hatte. Kleiner hatte mit einem Aufsatz die Bestre-
bungen des Landeshauptmanns Adolf Rhomberg
historisch untermauert, Vorarlberg als eigenes
Kronland aus Tirol herauszulösen. Zösmair wies in
12) Vgl. dazu Josef Wolf: Gesamt-Bericht über die Tätigkeit des
Vereines für christliche Kunst und Wissenschaft in Vorarlberg,
1902-1912. In: Veröffentlichungen des Vereines für christliche Kunst
und Wissenschaft in Vorarlberg 5 und 6. Feldkirch, 1912, S. 71-89;
diesem Verein gehör ten auch einige Liechtensteiner an: Pfarrer
Gregor Jussel (Schellenberg), Pfarrer Martin Kloo (Ruggell), Altlehrer
Franz Joseph Ritter (Mauren); alle drei waren auch Mitglieder des
Historischen Vereins für das Fürs ten tum Liechtenstein.
13) Vgl. dazu Ulrich Nachbaur: Das Vorarlberger Landesarchiv -
Gründung und Aufbau 1898-1920. In; Kar l Heinz Burmeister, Alois
Niederstät ter (Hrsg.): Archiv und Geschichte. 100 Jahre Vorarlberger
Landesarchiv (Forschungen zur Geschichte Vorarlbergs, NF 3).
Konstanz, 1998, S. 9-98.
14) JBL 1 (1901), S. 275.
15) JBL 40 (1940), S. 26.
16) Westallgäuer Heimatblät ter 1 (1921), S. 9-14.
17) JBL 4 (1904), S. 235.
18) Ebenda, S. 228-238.
19) Eugen Nipp: t Prälat Johann Baptist Büchel. In: JBL 27 (1927).
S. 3-10 (hier S. 8).
DER HISTORISCHE VEREIN UND DAS VORARLBERGER
LANDESARCHIV / KARL HEINZ BURMEISTER
Viktor Kleiner (1875 bis
1950) wurde anfangs 1899
erster Vorarlberger Lan-
desarchivar und war 1901
Gründungsmitglied des
Historischen Vereins für
das Fürstentum Liechten-
stein. Er gab dem Histori-
schen Verein entscheiden-
de Impulse und forcierte
die Zusammenarbeit
zwischen Vorarlberg und
Liechtenstein.
227
polemischer Form die Ausführungen Kleiner als
pseudowissenschaftlich zurück; er trat in mehreren
Artikeln in den «Innsbrucker Nachrichten» vom
23. April und 27. April 1907 den Vorarlberger Se-
parationswünschen entgegen, wobei er es auch an
persönlichen Untergriffen gegen Kleiner nicht feh-
len liess-. Kleiner, den man von einem Bäckerjun-
gen zum Landesarchivar emporgeschnellt habe, sei
als Historiker einfach überfordert. 2" Die Invektiven
Zösmairs gegen Kleiner tragen einiges dazu bei,
uns auch seine überzogene Kritik an Büchel ver-
ständlicher zu machen.
Wie schon angedeutet, nahm Viktor Kleiner
auch direkt Einfluss auf den Historischen Verein.
Kleiner hatte sich 1910 in Bregenz vergeblich da-
rum bemüht, den Heimatschutz in die Statuten
des Vorarlberger Landesmuseumsvereins einzufüh-
ren; 2 1 in Liechtenstein hatte er hingegen mit die-
sem Anliegen Erfolg. Auf der Jahresversammlung
des Historischen Vereins in Vaduz am 11. Dezem-
ber 1910 teilte der Vorsitzende mit, «dass von dem
k.k. Konservator und Archivar Viktor Kleiner in
Bregenz, der auch Mitglied unseres Vereins sei und
für die Heimatkunde Vorarlbergs eine rührige
Tätigkeit entfalte, die Gründung eines Vereins für
Heimatschutz in Liechtenstein angeregt worden
sei». Der Vereinsvorstand unterbreitete der Jahres-
versammlung den Vorschlag, zwar keinen eigenen
Verein zu gründen, wohl aber «die Pflege des Hei-
matschutzes unter die Bestrebungen des bestehen-
den historischen Vereins einzureihen». 2 2 Dieser
Antrag wurde angenommen und der Heimatschutz
damit in den Statuten festgeschrieben. Neben die
Förderung der vaterländischen Geschichtskunde
trat nun als weiterer Vereinszweck, «zur Erhaltung
der natürlichen und geschichtlich gewordenen liech-
tensteinischen Eigenart den Heimatschutz zu
pflegen». 2 3
Die Beziehungen zwischen der Vorarlberger und
der liechtensteinischen Geschichtsforschung wur-
den seit 1914 durch die damals gegründete Histori-
sche Kommission für Vorarlberg und Liechtenstein
auf eine neue Grundlage gestellt. Die Initiative kam
von Adolf Helbok (1883 bis 1968)2 4, einem promo-
vierten (1910) und später auch habilitierten (1919)
Historiker, dem es gelang, den LIistorischen Verein
für das Fürstentum Liechtenstein mit dem Vorarl-
berger Landesmuseumsverein zusammenzuführen,
gleichzeitig aber auch das Vorarlberger Landesar-
chiv in diese künftige gemeinsame Arbeit zu inte-
grieren. Damit wurde einmal ein höheres Niveau
der landesgeschichtlichen Forschungen angestrebt;
denn es sollten nicht nur politische und weltan-
schauliche Gräben überwunden werden, wie sie in
dem Konflikt Zösmairs gegen Büchel und Kleiner
ans Licht gekommen waren; vielmehr sollte auch
durch ein solides Konzept die Arbeit der histori-
schen Vereine und Institutionen konzentriert und
professionalisiert werden. Durch die geistige Füh-
rung eines habilitierten Historikers sollte zudem ein
gewisser Ausgleich dafür geschaffen werden, dass
beide Länder über keine Universität verfügt haben.
Die Historische Kommission wurde auf liechtenstei-
nischer Seite vor allem durch Johann Baptist Büchel
und Dr. Albert Schädler gefördert . 2 5
Adolf Helbok stellte in einer Versammlung des
Vorarlberger Landesmuseums am 18. Juli 1914 in
Bregenz den Antrag auf Errichtung einer Histori-
schen Kommission für Vorarlberg und Liechten-
stein, um mit deren Hilfe die geschichtswissen-
schaftliche Forschung beider Länder zu konzentrie-
ren und über grössere Projekte der Landesfor-
schung bestimmte Ziele zu setzen.2 6 Helbok legte
auch bereits Grundzüge für die Statuten dieser
Historischen Kommission vor, die in Jahresfrist wei-
ter ausgearbeitet und den Generalversammlungen
der beiden Vereine zur Billigung vorgelegt werden
sollten. In den Arbeitsausschuss wurden neben
Adolf Helbok der Feldkircher Jesuit Wilhelm Maria
Peitz (1876 bis 19 5 3) 2 7 und Johann Baptist Büchel
berufen.
Wie geplant erfolgte dann die Gründung der His-
torischen Kommission für Vorarlberg und Liechten-
stein. Am 3. Februar 1915 fand in Feldkirch die ers-
te Sitzung der Kommission statt.28 Adolf Helbok
schreibt, «sie wurde von mir im Jahre 1915 gegrün-
det, um die landesgeschichtliche Forschung beider
Länder durch Herausgabe der grundlegenden Quel-
len und Erforschung wichtiger Einzelfragen zu för-
dern». 2 ' 1
228
DER HISTORISCHE VEREIN UND DAS VORARLBERGER
LANDESARCHIV / KARL HEINZ BURMEISTER
Die Satzungen der Historischen Kommission*0
bestimmen in Paragraph 1, dass die Vergangenheit
beider Länder in planmässiger Weise zu erforschen
sei, wobei man sich zeitgemässer Forschungsme-
thoden zu bedienen habe und alle geeigneten Hilfs-
kräfte zu diesem Zwecke heranzuziehen seien. Pa-
ragraph 2 bezeichnet den Landesmuseumsverein
für Vorarlberg und den Historischen Verein für das
Fürstentum Liechtenstein als die Gründer der Kom-
mission, der nach Paragraph 3 bis zu acht ordentli-
che und bis zu sechs ausserordentliche Mitglieder
angehören sollten. Der Landesmuseumsverein für
Vorarlberg ernennt, vier ordentliche Mitglieder, der
Historische Verein für das Fürstentum Liechten-
stein drei, der Vorarlberger Landesarchivar gehört
als weiteres ordentliches Mitglied der Kommission
an (Paragraph 4). Alle ordentlichen Mitglieder müs-
sen eine fachliche Qualifikation mitbringen. Die aus-
serordentlichen Mitglieder ernennt die Kommission
fallweise selbst (Paragraph 5).
Am 16. Juli 1917 wurde die Kommission endgül-
tig bestellt. Dr. Adolf Helbok wurde Vorsitzender,
Dr. Albert Schädler aus Vaduz dessen Stellvertreter,
der Landesarchivar Viktor Kleiner war satzungs-
gemäss Schriftführer und Kassier, weitere Mitglie-
der wurden Kanonikus Johann Baptist Büchel, der
Abt der Mehrerau P. Dr. Kassian Haid (1879 bis
1949) und P. Josef Fischer SJ (1858 bis 1944). Zu-
gleich wählte die Kommission eine Reihe bekannter
Historiker zu Ehrenmitgliedern: Pfarrer Josef Grab-
herr (1856 bis 1921) aus Satteins, Prof. Gerold Mey-
er von Knonau (1843 bis 1931) in Zürich, Regie-
rungsrat Hermann Sander (1840 bis 1919) in Inns-
bruck, Hermann Wartmann (1835 bis 1929) in
St. Gallen und Schulrat Josef Zösmair in Innsbruck.3 1
Die Finanzierung der Historischen Kommission
sollte aus den Zinsen der Friedensgedächtnisstif-
tungen beider Länder erfolgen, aus den Erträgnis-
sen des Buchhandels sowie aus Beihilfen gelehrter
Gesellschaften, Behörden und Privater (Paragraph
17). Die bereits im Juli 1916 beschlossene Grün-
dung einer Landesfriedensstiftung,3 2 die auf den
Betrag von 100 000 Kronen geplant war, konnte bis
zum April 1917 den Betrag von 66 000 Kronen zu-
sammenbringen.3 3 Der Landesmuseumsverein für
Vorarlberg widmete der Kommission 1917 500
Kronen; weitere Spenden gewährten der Vorarl-
berger Landesausschuss (1 000 Kronen) und meh-
rere Gemeinden, besonders die Städte (Bregenz
500 Kronen, Feldkirch 200 Kronen, Bludenz 100
Kronen, Blons 10 Kronen). 3 4 In Liechtenstein be-
willigte der Landesfürst eine Gabe von je 200 Kro-
nen für drei Jahre, die gleiche Subvention kam auch
vom Liechtensteinischen Landtag. Der Historische
Verein zahlte 1917 an die Friedensgedächtnisstif-
tung zur Erforschung der Vergangenheit Vorarl-
bergs und Liechtensteins eine Subvention von 200
Kronen, 3 5 der gleiche Betrag wurde auch für 1918
und 1919 zugesagt. Nach dem Ersten Weltkrieg ge-
währte der Historische Verein der Kommission
1921 und 1922 einen Betrag von je 50 Franken. 3 6
20) Zu dem Streit vgl.: Klaus Plitzner. in: Klaus Plitznor und Wolf-
gang Scheffknecht (Hrsg.). Engelbert Kessler, ein kaiserlicher Rat aus
dem Kleinen Walsertal, 1834-1922 (Schriften des Vorarlberger
Landesarchivs, 6). Biegenz, 1991. S. 168-175. •
21) Nachbaut'. Landesarchiv. S. 93.
22) JBL 10 (1910). S. 187.
23) JBL 12 (1912), S. 145.
24) Über ihn vgl. Anneliese Garschagen: Univ.-Prof. Dr. Adolf Helbok.
In: Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins 1957/2,
S. 360-374; Arnulf Häf'ele: Univ.-Prof. Dr. Adolf Helbok t. In: Jahr-
buch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins 1970. S. 149-153.
25) JBL 27 (1927). S. 8.
26) Archiv für Geschichte und Landeskunde Vorarlbergs (künftig:
AGL) 10 (1914). S. 80 f.
27) Über ihn vgl. Beitrag: Zum Gedenken an Pater Wilhelm Maria
Peitz t . In: Aus der Stella Malutina 1954, Bd. 8, Heft 77. S. 397-400.
28) AGL 1 1 (1915). S. 25 f.
29) Adolf Helbok: Vorarlberger Heimatforschung. Ihre Aufrichtung
und ihr Sinn. Wien/Leipzig. 1935, S. 23.
30) Wortlaut der Satzungen bei Helbok. Heimatforschung. S. 46-48.
31) Vierteljahresschrift für Geschichte und Landeskunde Vorarlbergs
(künftig: VGL) 1 (1917). S. 34 f.
32) A G L 12(1916). S. 80.
33) VGL 2 (1918). S. 48.
34) JBL 17 (1917). S. 125; VGL 1 (1917), S. 34.
35) JBL 18 (1918). S. 81.
36) JBL 22 (1992), S. 104 (Rechnung für I 921) und JBL 23 (1923).
S. 183 (Rechnung für 1922),
229
Der Paragraph 15 der Satzungen sieht zwei Pu-
blikationsreihen vor: die «Quellen zur Geschichte
Vorarlbergs und Liechtensteins» und die «For-
schungen zur Geschichte Vorarlbergs und Liech-
tensteins». Es ist kein Zufall, dass die Quellen an
erster Stelle genannt werden; denn Helbok trug
sich seit einigen Jahren mit dem Gedanken eines
Vorarlberger Urkundenbuches. Und so erschien
denn auch als erster Band der Quellen die von ihm
bearbeiteten «Regesten von Vorarlberg und Liech-
tenstein bis zum Jahre 1260» (Innsbruck 1920/25).
Bedeutete diese Publikation in der Tat einen Mark-
stein in der Erforschung der Landesgeschichte bei-
der Länder, so ist doch - ungeachtet der bestehen-
den Pläne - kein weiterer Band dieser Reihe er-
schienen.
Es war unter anderem daran gedacht, dass
Viktor Kleiner einen weiteren Quellenband mit
den Chroniken Vorarlbergs und Liechtensteins be-
arbeiten sollte;3 7 dieser Band kam jedoch ebenso-
wenig zustande wie der geplante Quellenband mit
den Urbaren. Auf der Jahresversammlung des His-
torischen Vereins war am 25. Oktober 1925 in
Bendern - nach Abschluss der Regesten - die Idee
dieser Edition der Urbare Vorarlbergs und Liech-
tensteins wieder aufgegriffen worden. Ein Gesuch
der Historischen Kommission um finanzielle Unter-
stützung wurde ebenfalls genehmigt, über deren
Höhe zu entscheiden der Vorstand ermächtigt wur-
de. 3 8 Dieser gewährte dann eine Subvention von
100 Franken. 3 9
Man spürt hier deutlich, dass der als Motor wir-
kende Adolf Helbok nicht mehr voll hinter der
Kommission stand. Helbok hatte sich die Kommis-
sion für sein eigenes Anliegen geschaffen, nämlich
die Herausgabe der Regesten. Nach der Beendi-
gung dieser epochalen Arbeit und seiner Ernen-
nung zum ausserordentlichen Professor an der
Universität Innsbruck schwand augenscheinlich
sein Interesse an der Zusammenarbeit mit dem Hi-
storischen Verein für das Fürstentum Liechten-
stein. So weit gespannt die Interessen Helboks für
die Geschichte und Volkskunde auch immer gewe-
sen sind, so hat er sich selbst eigentlich nie mit ei-
nem spezifischen Thema der liechtensteinischen
Geschichte befasst,4 0 wenn man von dem Regesten-
werk einmal absieht.
Etwas langlebiger zeigte sich die zweite Publika-
tionsreihe der Historischen Kommission, die For-
schungen zur Geschichte Vorarlbergs und Liech-
tensteins. Diese Reihe begann mit dem heute noch
unentbehrlichen Werk von Pater Anton Ludewig SJ
«Vorarlberger an in- und ausländischen Hochschu-
len vom Ausgang des XIII. bis zur Mitte des XVII.
Jahrhunderts» (Bregenz/Bern/Stuttgart 1920). Die
Liechtensteiner Studenten waren in dieses Werk
nicht eingebunden; so zeigt etwa das Ortsregister
keinen liechtensteinischen Ortsnamen an. Aller-
dings haben viele Liechtensteiner Studenten ihre
Herkunft mit «Feldkirch» angegeben, so dass
tatsächlich - wenn auch eher ungewollt - doch
zahlreiche Studierende aus Liechtenstein in dem
Verzeichnis enthalten sind.
Auf das Buch von Pater Anton Ludewig folgten
die (meist Innsbrucker) Dissertationen von Paula
Geist 4 1, Anton Brunner 4 2, Ludwig Welti 4 3, Oskar
Baldauf 4 4 und Karl Hans Ganahl 4 5, denen sich zu-
letzt wiederum eine Arbeit von Ludewig über das
Feldkircher Lyzeum im 17. und 18. Jahrhundert
anschloss. Ähnlich wie bei den Quellen entsteht
auch bei den Forschungen der Eindruck, dass
diese ein Publikationsorgan für die vorwiegend
von Adolf Helbok betreuten Dissertationen waren
(Brunner, Welti).
Keine Publikation der Historischen Kommission,
aber von dieser inspiriert, war das monumentale
Werk des im Vorarlberger Landesarchiv tätigen
Kirchenarchivars Andreas Ulmer «Die Burgen und
Edelsitze Vorarlbergs und Liechtensteins» (Dorn-
birn 1925). Ulmer begründete die Einbeziehung
Liechtensteins zunächst sachlich mit der gemeinsa-
men Herrschaftsgeschichte, nahm aber ausdrück-
lich auch auf die Arbeit der Kommission Bezug. 4 6
Darin zeigt sich, dass die Idee dieser grenzüber-
schreitenden Kommission und deren Geist weithin
akzeptiert wurde.
Zu nennen sind auch zwei monumentale germa-
nistische Arbeiten grenzüberschreitender Art, die
zwar nicht dem Vorarlberger Landesarchiv zuzu-
rechnen sind, aber diesem doch - schon durch die
230
DER HISTORISCHE VEREIN UND DAS VORARLBERGER
LANDESARCHIV / KARL HEINZ BURMEISTER
Verwendung der Quellen - sehr nahestehen. Im
Jahre 1927 erhielt Leo Jutz (1889 bis 1962) 4 7 von
der Österreichischen Akademie der Wissenschaf-
ten den Auftrag für sein «Vorarlbergisches Wörter-
buch mit Einschluss des Fürstentums Liechten-
steins». Auch dieses Werk scheint auf den ersten
Blick den Geist der Historischen Kommission zu at-
men, zumal diese in Verbindung mit ihren geplan-
ten Quelleneditionen von Anfang auch eine sys-
tematische Sammlung der Flurnamen (beider Län-
der Vorarlberg und Liechtenstein) projektiert hatte.
Auch sollten bei allen Veröffentlichungen der Kom-
mission «Historiker und Philologen mit ihren Wün-
schen in gleicher Weise zum Rechte kommen». 4 8
Leo Jutz hatte sich bereits in seiner Dissertation in
grenzüberschreitender Weise mit dem Thema «Die
Mundart von Südvorarlberg und Liechtenstein» be-
fasst, zu welcher der regierende Fürst eine Druck-
beihilfe gewährt hat. 4 9 1934 veröffentlichte er, in-
zwischen Professor an der Universität Innsbruck,
37) VGL 1 (1917), S. 35.
38) JBL 25 (1925), S. 128.
39) JBL 26 (1926), S. 137 (Rechnung für das Jahr 1925).
40) Eine Ausnahme bildet die Artikelserie «Vorarlbergs geschichtli-
che Beziehungen zu seinen Nachbarn» in: Feierabend 1 (1919),
S. 5 ff.
41) Geschichte Vorarlbergs im Jahre 1848/49. Ein Beitrag zur
politischen Entwicklung des Landes Vorarlberg im 19. Jahrhundert.
Bregenz, 1922.
42) Die Vorarlberger Lands tände von ihren Anfängen bis zum
Beginn des 18. Jahrhunderts. Innsbruck, 1929.
43) Geschichte der Reichsgrafschaft Hohenems und des Reichshofes
Lustenau. Innsbruck, 1930.
44) Das Karolingische Reichsgut in Unterrät ien. Innsbruck, 1930.
45) Studien zur Verfassungsgeschichte der Klosterherrschaft
St. Gallen. Innsbruck, 1931.
46) Andreas Ulmer: Die Burgen und Edelsitze Vorarlbergs und
Liechtensteins. Dornbirn, 1925, S. 4.
47) Über ihn vgl. Gerhard W. Baur: Mundar twör t e rbüche r im
alemannischen Sprachraum. In: Montfort 27 (1975), S. 194-248
(hier besonders S. 229-235).
48) A G L 11 (1915), S. 25.
49) Leo Jutz: Die Mundart von Südvorar lberg und Liechtenstein
(Germanische Bibliothek, 1. Reihe, Bd. 15). Heidelberg, 1925, S. VIII.
Der ebenfalls im Vorarl-
berger Landesarchiv tätige
Kirchenhistoriker Dr.
Andreas Ulmer (1880 bis
1953) ist Verfasser einer
weiteren, beide Länder
umfassenden Publikation:
Seiner Feder entstammt
das 1925 erschienene
umfangreiche Werk «Die
Burgen und Edelsitze
Vorarlbergs und Liechten-
steins».
231
auch einen Beitrag «Aus der Geschichte der liech-
tensteinischen Mundarten» ' 0 im Jahrbuch des His-
torischen Vereins für das Fürstentum Liechten-
stein. Dennoch ist das Vorarlbergische Wörterbuch
nicht als eine Initiative der Historischen Kommissi-
on zu sehen, vielmehr war die Einbeziehung Liech-
tensteins von der Natur der Sache her geboten. Das
«Schweizerische Idiotikon» und das «Schwäbische
Wörterbuch» hatten einen beträchtlichen Teil des
südwestlichen Sprachgebietes des Alemannischen
abgedeckt, in dem jedoch Vorarlberg und Liechten-
stein ausgespart waren. Es lag also nahe, diese bei-
den Länder zusammenfassend in einem Wörter-
buch darzustellen, um damit die noch bestehende
Lücke zu schliessen.51 Nach langer Bearbeitungs-
zeit erschien das Wörterbuch 1960/65 in zwei Bän-
den. Auf liechtensteinischer Seite beteiligten sich
an der Sammlung des örtlichen Wortbestandes
Hugo Büchel in Balzers und Lorenz Eberle in Trie-
senberg5Z, weiters Oberlehrer David Beck in Trie-
senberg, Lehrer Willibald Heeb in Ruggell, Lehrer
Ferdinand Hoop in Schaan, Lehrer Egon Meier in
Gamprin, Oberlehrer Johann Meier in Mauren, der
Beamte Oskar Mündle in Mauren, der Fürstliche
Rat Josef Ospelt in Vaduz, Dr. Karl Schlegel in Va-
duz und Dr. Jakob Vetsch-Hübscher in Triesen-
berg, schliesslich auch noch Direktor Dr. Eugen
Nipp in Vaduz. 5 3
An dieses Vorarlbergische Wörterbuch schloss
sich nach dem Zweiten Weltkrieg der «Vorarlber-
ger Sprachatlas mit Einschluss des Fürstentums
Liechtenstein, Westtirols und des Allgäus» von Eu-
gen Gabriel an. 5 4 Professor Eugen Gabriel 5 5, der be-
reits an den letzen Lieferungen von Jutzens Wör-
terbuch beteiligt war, setzte im Sprachatlas die
grenzüberschreitende Sprachgeographie fort. In-
zwischen liegen über 400 Karten in vier Bänden
vor, an einem Band V arbeitet Gabriels langjähriger
Mitarbeiter Dr. Hubert Klausmann. Der Sprachat-
las wird vom Land Liechtenstein mit 11,33 Prozent
mitfinanziert. 5 0
Gabriel und Klausmann haben wiederholt wis-
senschaftliche Beiträge zur liechtensteinischen
Sprachgeschichte veröffentlicht. Zu erwähnen ist in
diesem Zusammenhang von Eugen Gabriel «Die
liechtensteinische Mundarten» (1965)57, «Die Mund-
art von Liechtenstein» (1981)58, «Die Schaaner
Mundart» (1985)59 oder «Die Mundart von Triesen-
berg und der Vorarlberger Walser» (1987)611, von
Hubert Klausmann «Von der Wiese zur Bünt - Über
die Umstrukturierung des Wortfeldes Grasboden -
offener Boden in Vorarlberg und Liechtenstein»
(1996).61
Mit dem Hinweis auf diese beiden grossen
sprachlichen Werke wurde den Ereignissen vorge-
griffen. Kehren wir daher noch einmal in die Zeit
Viktor Kleiners zurück. Seine Ära im Vorarlberger
Landesarchiv endete mit seinem Eintritt in den Ru-
hestand 1939. 1940 war er, wie schon gesagt, zum
Ehrenmitglied des Historischen Vereins für das
Fürstentum Liechtenstein geworden, für den er in
vier Jahrzehnten sehr viel geleistet hat. Die Vereins-
chronik für 1950 hat des Todes von Viktor Kleiner
gedacht.6- Die aus den Jahren 1930 bis 1940 erhal-
tenen Benützerblätter des Vorarlberger Landesar-
chivs enthalten keine Angaben über Archivbesu-
cher aus dem Fürstentum Liechtenstein, was auch
für die Benützerbücher der Kriegsjahre gilt.
Mit Kleiners Nachfolger Meinrad Tiefenthaler
(1902 bis 1987) begann eine neue Ära. Tiefenthaler
studierte in Innsbruck Geschichte, Germanistik
und Volkskunde und wurde nach seiner Promotion
1926 Assistent bei Adolf Helbok. Am 1. Mai 1928
trat er ins Vorarlberger Landesarchiv ein. Als
Nachfolger Viktor Kleiners leitete er vom Mai 1939
bis 30. November 1963 das Vorarlberger Landes-
archiv, an dem er wie sein Vorgänger fast vier
Jahrzehnte wirkte. Als Archivar und Landeshistori-
ker erwarb er sich bleibende Verdienste, nicht zu-
letzt auch mit seinem grenzüberschreitenden En-
gagement im Verein für Geschichte des Bodensees,
im Alemannischen Institut, auf dem Südwestdeut-
schen Archivtag und nicht zuletzt auch im Histori-
schen Verein für das Fürstentum Liechtenstein,
dem er 1938 beigetreten ist und dem er - ähnlich
wie Kleiner - fast 50 Jahre lang bis zu seinem Tod
im Jahre 1987 die Treue bewahrt hat. 6 3
Die Verhältnisse hatten sich freilich während
und nach dem Zweiten Weltkrieg grundlegend ge-
wandelt. Von der Aufbruchstimmung des Jahres
232
DER HISTORISCHE VEREIN UND DAS VORARLBERGER
LANDESARCHIV / KARL HEINZ BURMEISTER
1901 oder dem Geist der Historischen Kommission
der Jahre 1915 ff. war nicht mehr viel übrig geblie-
ben. Äussere politische Zwänge und die Devisenbe-
wirtschaftung erschwerten zeitweise die grenz-
überschreitende Arbeit oder machten sie gänzlich
unmöglich. Und dennoch zeigt allein schon Tiefen-
thalers lange Zugehörigkeit zum Historischen Ver-
ein ein Element der Kontinuität und tut die Absicht
kund, trotz der veränderten Umstände in den Spu-
ren Viktor Kleiners weiter zu wandeln. Meinrad
Tiefenthaler hatte schon vor seinem Beitritt zum
Historischen Verein für dessen Jahrbuch 1935 ei-
nen Beitrag über «P. Gabriel Reinhard, Prior zu
St. Johann in Feldkirch, Administrator des Für-
stentums Liechtenstein» verfasst.6 4
Sehr viel mehr Beiträge zur liechtensteinischen
Geschichte stammen aus der Feder von Ludwig
50) JBL 34 (1934), S. 41-59.
51) Leo Jutz: Vorarlbergisches Wör te rbuch mit Einschluss des
Fürs ten tums Liechtenstein, Bd. 1. Wien, 1960, S. III (künftig: Jutz,
Wörterbuch) .
52) Jutz, Wörterbuch, B d . l , S. IV.
53) Ebenda, S. VI f.
54) Vgl. dazu Arno Ruoff: Eugen Gabriel und der Vorarlberger
Sprachatlas. In: Montfort 49 (1997), S. 9-13.
55) Ober ihn vgl. Grenzüberschre i tende Sprachgeographie. Eugen
Gabriel zum 60. Geburtstag. In: Montfort 49 (1997), S. 5-90; Arno
Ruoff: Laudatio für Eugen Gabriel anlässlich der Verleihung des
Wissenschaftspreises des Landes Vorarlberg am 28. Apr i l 20Ü0 zu
Bregenz. In: Montfort 52 (2000), Heft 3, S. 247-249.
56) JBL 98 (1999), S. 268.
57) JBL 65 (1966), S. 177-205.
58) In: Wolfgang Müller (Hrsg.): Das Fürs ten tum Liechtenstein. Ein
landeskundliches Porträt (Veröffentlichungen des Alemannischen
Instituts Freiburg i . B r , 50). Bühl/Baden, 1981, S. 175-196.
59) In: Festgabe für Alexander Frick zum 75. Geburtstag. Schaan,
1985, S. 122-142.
60) Eugen Gabriel und Hans Stricker (Hrsg.): Probleme der Dialekt-
geographie. Bühl/Baden, 1987, S. 18-38.
61) In: Montfort 48 (1996), S. 91-104.
62) JBL 50(1950), S. 199.
63) JBL 87 (1987), S. 321.
64) JBL 35 (1935), S. 115-128.
Nachfolger von Viktor
Kleiner als Vorarlberger
Landesarchivar in Bregenz
war Dr. Meinrad Tiefent-
haler (1902 bis 1987). Im
Jahre 1938 wurde Tiefen-
thaler Mitglied des Histori-
schen Vereins und er
arbeitete auch mit beim
Liechtensteinischen Ur-
kundenbuch.
233
Dr. Ludwig Welti (1904 bis
1971) war neben Meinrad
Tiefenthaler als zweiter
Landesarchivar in Bregenz
tätig. Welti verfasste grös-
sere Arbeiten über die
Grafen von Hohenems
sowie mehrere Beiträge
mit spezifisch liechtenstei-
nischen Themen, die
zumeist in Vorarlberger
Publikationen erschienen.
Einen Beitrag schrieb
Ludwig Welti auch für das
Jahrbuch des Historischen
Vereins.
Welti (1904 bis 1971), der 1947 bis 1969 als Lan-
desarchivar neben Meinrad Tiefenthaler tätig war.
Im Gegensatz zu Tiefenthaler war er nicht Mitglied
des Historischen Vereins. Neben seinen grossen
Werken über die Hohenemser Grafen - hierher
gehören neben seiner Dissertation die beiden Mo-
nographien über Graf Jakob Hannibal 6 5 und über
Graf Kaspar 6 6, die wahre Fundgruben für die Ge-
schichte Liechtensteins sind - verfasste Welti auch
mehrere Beiträge über liechtensteinische Themen:
«Tolle Vaduzer Streiche» (1956)6 7, Artikel «Liech-
tenstein» im Lexikon für Theologie und Kirche
(1961)6 8, «Georg Wilhelm Gressner aus Messkirch,
der Maler des Hochaltarblattes in der Liebfrauen-
kapelle zu Triesen und das Schicksal seiner Tochter
Anna Katharina» (1962)6 y, «Ottobeuren, Vorarlberg
und Liechtenstein» (1964)7 0. Einzelne Mitteilungen
trug Welti auch zu den Kunstdenkmälern des Fürs-
tentums Liechtenstein von Erwin Poeschel bei
(Basel 1950) 7 1.
Trotz der schwierigen Nachkriegszeit entwickel-
ten sich die Beziehungen zwischen dem Vorarlber-
ger Landesarchiv sehr positiv. Regierungsrat Dr. El-
mar Grabher (t 1987), der die Vorarlberger Lan-
desverwaltung in den Jahrzehnten nach dem Zwei-
ten Weltkrieg entscheidend geprägt hat, wurde
bereits 1948 7 2 Mitglied des Historischen Vereins in
Vaduz und förderte die gegenseitigen Beziehungen.
Im 3. Jahrgang (1948) der neu gegründeten Zeit-
schrift «Montfort», als deren Herausgeber das Vor-
arlberger Landesarchiv und als deren Schriftleiter
Landesarchivar Dr. Meinrad Tiefenthaler fungierte,
erschien ein Aufsatz von Alexander Frick «Welches
sind die eigentlichen Drei Schwestern?». 7 3 Im Juli
1949 organisierte und führte Dr. Meinrad Tiefen-
thaler für den Historischen Verein eine Exkursion
zu bedeutenden älteren Kirchen in Vorarlberg
(Bartholomäberg, Bludesch-Zitz, St. Viner in Nüzi-
ders, Frommengärsch bei Schlins u.a.).7 4 Bei einer
am 1. Juni 1950 eröffneten Ausstellung des Vorarl-
berger Landesarchivs (Dokumente zur Vorarlber-
ger Landesgeschichte75) erscheint an der Spitze der
Ehrengäste der Fürstliche Rat Ospelt (Vorsitzender
des Historischen Vereins); ihm folgte am 20. Juni
1950 eine Gruppe von 20 Liechtensteiner Lehrern
234
DER HISTORISCHE VEREIN UND DAS VORARLBERGER
LANDESARCHIV / KARL HEINZ BURMEISTER
unter der Führung von Schulleiter David Beck (Kas-
sier des Historischen Vereins). 7 6 Die Verhältnisse
hatten sich wieder normalisiert.
Seit 1959 bearbeitete Dr. Benedikt Bilgen, der
1964 bis 1983 als Landeshistoriker dem Vorarlber-
ger Landesarchiv zur Dienstleistung zugewiesen
wurde, den 3. Band des Liechtensteinischen Ur-
kundenbuches «Aus den Vorarlberger Archiven». 7 7
Diesem Band schloss sich später der 5. Band des
Urkundenbuches «Aus deutschen Archiven» an,
den Bilgeri in insgesamt 12 Lieferungen in den
Jahren 1976 bis 1987 bearbeitet hat.™
Nach einem mehrjährigen Provisorium in der
Leitung des Vorarlberger Landesarchivs begann
1970 mit der Bestellung von Karl Heinz Burmeister
zum Direktor eine neue Epoche. Die Gesamtsituati-
on in der Archivarbeit und in der historischen For-
schung hatte sich grundsätzlich durch ein neues
Berufsbild des Archivars entscheidend verändert.
Archivarische und historische Arbeit wurden jetzt
stärker getrennt, wiewohl mangels einer Univer-
sität im Lande der Landesarchivar als Landeshisto-
riker weiterhin gefragt war. Eine weitere neue Ent-
wicklung war, dass auf der Ebene unterhalb des
Landes gut organisierte und sehr erfolgreich wir-
kende historische Vereine wie beispielsweise die
Rheticus-Gesellschaft in Feldkirch ihre Arbeit auf-
genommen haben. Die Rheticus-Gesellschaft war
schon von ihrer geographischen Lage her prädesti-
niert, die grenzüberschreitenden Kontakte intensiver
zu pflegen als es dem Vorarlberger Landesarchiv
möglich war. Weiters wurden die grenzüberschrei-
tenden Kontakte des Vorarlberger Landesarchivs
durch die Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer
institutionalisiert: die Staatsarchive der Länder Ba-
den-Württemberg, Bayern, Salzburg, Tirol und
Vorarlberg, der Kantone Graubünden, St. Gallen
und Tessin sowie der Provinzen Südtirol, Trentino
und Lombardei führten regelmässig gemeinsame
Archivtage und Historikertage durch. Da sich das
Fürstentum Liechtenstein als souveräner Staat in
eine solche Organisation von Gliedstaaten nicht
einbinden liess, hatte es keinen Anteil an der über-
aus erfolgreichen Arbeit der Arge-Alp, die in vielen
Publikationen ihren Niederschlag gefunden hat.
Ein erheblicher Teil der grenzüberschreitenden Ar-
beit des Vorarlberger Landesarchivs führte auf die-
se Weise an Liechtenstein vorbei.
Dennoch stellte sich das Vorarlberger Landesar-
chiv im Hinblick auf die grenzüberschreitenden
Aktivitäten weiterhin in die Tradition der nicht
mehr existierenden Historischen Kommission, in-
dem es 1970 die «Forschungen zur Geschichte Vor-
arlbergs» mit dem Band 1 einer neuen Folge wie-
der begründete, der sich aber als «Der ganzen Rei-
he 8. Band» und damit als Fortsetzung der Publika-
tionsreihe der Kommission ausgab. Obwohl der
Vorarlberger Landesarchivar nicht Mitglied des Hi-
storischen Vereins wurde, pflegte er in besonderem
Masse die traditionellen grenzüberschreitenden
Beziehungen mit Liechtenstein, insbesondere im
Vorstand des Vereins für Geschichte des Bodensees
und seiner Umgebung (Felix Marxer, Paul Vogt, Ar-
thur Brunhart) und in der Honorablen Sozietät der
Bodenseearchivare (Dr. Alois Ospelt, Paul Vogt). Die
Beziehungen verdichteten sich durch seine Zu-
gehörigkeit zum Beirat des Historischen Lexikons
für das Fürstentum Liechtenstein, für das er zahl-
reiche Artikel verfasst hat. Er lieferte auch eine
6s) Graf Jakob Hannibal I. von Hohenems, 1530-1587. Innsbruck.
1954.
66) Graf Kaspar von Hobcnoms. 1573-1640. Innsbruck. 1963.
67) Vorarlberger Volkskalendcr 1956. S. 167-170.
68) Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 6, Freiburg i . Br. 1961.
Sp. 1046 f.
69) In: JBL 62 (1962), S. 103-111.
70) In: Montfort 16 (1964), S. 11-24.
71) Hier S. 178, S. 206.
72) JBL 48 (1948), S. 108.
73) Montfort 3 (1948). S. 144-153.
74) Vorarlbcrger Landesarchiv, Archivregistratur 89/1949.
75) Vgl. dazu Vorarlberger Landesarchiv. Archivregistratur
I I 7/1950.
76) Vorarlberger Landesarchiv, Benützerbuch 1943-1950, suh dato.
77) JBL 59 (1959), S. 1-120; J B L 60 (1960), S. 121-240; JBL 61
(1961). S. 243-307; JBL 62 (1962). S. 311-383.
78) JBL 76 (1976) bis JBL 87 (1987).
235
Reihe von Beiträgen zu Themen der Liechtenstei-
ner Geschichte: «Johannes Pedioneus Rhetus (ca.
1520 bis 1550): Biographie, Werkverzeichnis, Briefe»
(1971)79, «Die Herkunft des Dichters und Humani-
sten Johannes Pedioneus» (1971)S0, «Der Notar Ge-
org Vaistli aus Vaduz (t 1491)» (1973)81, «Johannes
Pedioneus Rhetus (t 1550) und sein dichterisches
Werk» (1975)82, «Das Vogelrecht in Vorarlberg und
Liechtenstein» (1975)83, Artikel «Liechtenstein» im
Lexikon zur Geschichte der Kartographie (1986)84,
«Liechtenstein als Zufluchtsort der aus Sulz vertrie-
benen Juden 1745/47» (1986)85, «Die jüdische Ge-
meinde am Eschnerberg» (1991)86, «Die Grafen
von Werdenberg - Sargans - Vaduz» (1992)87,
«Vorläufiges Verzeichnis von Archivalien im Vor-
arlberger Landesarchiv mit Bezug auf Liechten-
stein» (1996)88, «Der kaiserliche Notar Johannes
Dieprecht von Bendern (t 1468)» (1997)89, «Käs-
fahrten: Sargans - Vaduz - Bregenz, Mehrerauer
Einkünfte in Liechtenstein» (1999)9", «Maßnahmen
gegen eine mögliche Geldfiebergefahr in Balzers
1804/05» 9 1 , «Versuch zur Einführung der Seiden-
raupenzucht in Vorarlberg und Liechtenstein»
(2000)92 «Repräsentation und Erbhuldigung im
Haus Hohenems im 17. Jahrhunder t» 9 3 .
Universitätsdozent Dr. Alois Niederstätter, seit
1981 am Vorarlberger Landesarchiv tätig, hat im
Sommersemester 1995 an der Universität Inns-
bruck eine Vorlesung mit dem Titel «Geschichte
Vorarlbergs und Liechtensteins, Eine Region - zwei
Wege», durchgeführt. Im Rahmen einer Veranstal-
tung des Historischen Vereins hat Alois Niederstät-
ter am 24. September 1999 in Balzers einen Vor-
trag «Der Schwaben- oder Schweizerkrieg 1499»
gehalten, als Aufsatz erschienen unter dem Titel
«Der <Schweizer-> oder <Schwabenkrieg> von 1499.
Ursachen, Verlauf und Auswirkungen» im Jahr-
buch des Historischen Vereins Band 99 (2000).94
Zudem hat Niederstätter eine Reihe von Artikeln
für das «Historische Lexikon» verfasst.
Zusammenfassend darf festgehalten werden,
dass es von der Gründung des Historischen Vereins
im Jahre 1901 bis heute eine kontinuierliche
grenzüberschreitende Zusammenarbeit der lan-
deskundlichen Forschung in Liechtenstein mit dem
Vorarlberger Landesarchiv gegeben hat, die reiche
Früchte getragen hat. Diese Früchte bestehen nicht
nur aus einer Vielzahl von Aufsätzen, Lexikonarti-
keln oder Monographien, sondern sie zeigt sich vor
allem auch in grundlegenden Werken wie dem Re-
gestenwerk von Adolf Helbok, dem Burgenbuch
von Andreas Ulmer, dem Vorarlbergischen Wörter-
buch von Leo Jutz, im 3. Band des Liechtensteini-
schen Urkundenbuches von Benedikt Bilgeri oder
im Sprachatlas von Eugen Gabriel. Auch für die Zu-
kunft scheint diese Zusammenarbeit in Grosspro-
jekten gesichert: hier sei als Beispiel erwähnt die
im Vorarlberger Landesarchiv im Entstehen be-
findliche Datenbank «Verzeichnis der Studenten
aus Vorarlberg und Liechtenstein», dessen Umfang
im Ausdruck auf 500 Seiten angewachsen ist.
79) In: Humanistica Lovaniensia 20 (1971). S. 121-166.
80) JBL 71 (1971). S. 101-112.
81) JBL 73 (1973). S. 215-230.
82) J. Ijsewijn/E. Kessler (Hrsg.): Acta Conventus Neo-Latini Lovani-
ensis. Louvain/München, 1973, S. 125-132.
83) In: Louis Carlen/Fritz Steinegger: Festschrift Nikolaus Grass.
Innsbruck/München. 1975, S. 31-41.
84) Hier: Bd. 1/C 1, Wien 1986. S. 446-447.
85) JBL 86 (1986), S. 327-345.
86) JBL 89 (1991), S. 153-176.
87) In: Frommelt, Hansjörg (Hrsg.): 1342. Zeugen des späten Mittel-
alters. Vaduz, 1992, S. 34-43.
88) In: Arthur Brunhart (Hrsg.): Historiographie im Fürs tentum
Liechtenstein. Grundlagen und Stand der Forschung im Überblick.
Zürich, 1996. S. 91-114.
89) In: JBL 94 (1997). S. 220-224.
90) In: Hans-Peter Meier-Dallach (Hrsg.): Augenblicke der Ewigkeit.
Zeitschwellen am Bodensee. Lindenberg, 1999. S. 89-92.
91) Balzner Neujahrsblä t ter 1999, S. 23-24.
92) In: Gerhard Ammerer/Christian Rohr/Alfred Stefan Weiss
(Hrsg.): Tradition und Wandel. Beiträge zur Kirchen-, Geseilschafts-
und Kulturgeschichte. Festschrift für Heinz Dopsch. München/Wien.
2000.
93) In: Arthur Brunhart (Hrsg.): Repräsentat ion und Herrschaft.
Adeliges Prestige, Repräsentat ion der Staatsgewalt und Einbindung
der Untertanen in die Landesherrschaft am Beispiel Liechtensteins.
Publikation in Vorbereitung.
94) JBL 99 (2000), S. 139-158.
236
DER HISTORISCHE VEREIN UND DAS VORARLBERGER
LANDESARCHIV / KARL HEINZ BURMEISTER
BILDNACHWEIS
S. 222: Archiv des Histori-
schen Vereins für das
Fürstentum Liechtenstein,
Triesen
S. 223, 224, 225: Jakob
Christoph Heer: Vorarl-
berg und Liechtenstein.
Land und Leute. Feldkirch.
1906, S. 104 f. und 108 f.
S. 227, 231, 233, 234:
Vorarlberger Landes-
archiv, Bregenz
ANSCHRIFT DES AUTORS
Hofrat Univ.-Prof. DDr.
Karl Heinz Burmeister
Direktor des Vorarlberger
Landesarchivs
Kirchstrasse 28
A-6901 Bregenz
237
DIE SAMMELTÄTIG-
KEIT DES HISTORI-
SCHEN VEREINS
UND DES LIECHTEN-
STEINISCHEN
LANDESMUSEUMS
N O R B E R T W. H A S L E R
Inhalt
Einleitung 241
Vorgeschichte 243
Von der V e r e i n s g r ü n d u n g 1901 bis
zur E r ö f f n u n g des Landesmuseums 1954 248
Von der E r ö f f n u n g des Landesmuseums
1954 bis zur Err ichtung der öffent l ich-
rechtlichen Stiftung 1972 267
Seit 1972: Liechtensteinisches Landes-
museum - eine Stiftung des Öffent l ichen
Rechts 272
Ausblick 276
240
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
Einleitung
Aus Anlass des E i n h u n d e r t - J a h r j u b i l ä u m s des His-
torischen Vereins fü r das F ü r s t e n t u m Liechten-
stein, das i m Jahre 2001 begangen werden kann,
befasst sich diese Arbei t mit dem Aspekt der Sam-
mel tä t igkei t des Historischen Vereins und dem
Werden des Liechtensteinischen Landesmuseums,
das ebenfalls in diesem Jahr der Zeitenwende vor
einem epochalen Neubeginn steht. Entstehung und
Geschichte des Liechtensteinischen Landesmu-
seums sind untrennbar mit dem Engagement des
Historischen Vereins verbunden und v e r k n ü p f t . In
erster Linie aber waren es engagierte und uner-
müdl ich tät ige Persön l i chke i t en , allesamt Mitglie-
der des Vereinsvorstandes, die als Vorsitzende,
Schr i f t führer , Konservatoren oder Beisitzer i m Lau-
fe der Jahrzehnte sich einem kontinuierl ichen
Sammlungsaufbau und -erhalt gewidmet haben.
Die M ä n n e r der ersten Stunde waren Dr. Alber t
Schädler , Kanonikus Johann Baptist Büchel und
Egon Rheinberger, s p ä t e r folgten Fürs t l . Rat Josef
Ospelt, Pfarrer und L a n d t a g s p r ä s i d e n t Kanonikus
Anton Frommelt , Lehrer Dr. h.c. David Beck und
Fürs t l i cher Studienrat Felix Marxer, denen Samm-
lungserhalt und Landesmuseum teilweise zur Le-
bensaufgabe wurden. In Dankbarkeit sei aber auch
an alle jene erinnert - meist Mitglieder und G ö n n e r
des Historischen Vereins - die nach und nach wert-
volles Kulturgut in die Sammlungen einbrachten.
Es herrschte begeisterte Aufbruchs t immung an
der Jahrhundertwende, als 79 Geschichtsinteres-
sierte 1901 dem neu g e g r ü n d e t e n Historischen
Verein fü r das F ü r s t e n t u m Liechtenstein als Mit -
glieder beitraten. Von Beginn an waren dem Verein
die Anerkennung und U n t e r s t ü t z u n g seitens der
B e h ö r d e n wie auch des F ü r s t e n h a u s e s Liechten-
stein gewiss. So zäh l te bei der V e r e i n s g r ü n d u n g
der damalige Landesverweser und Fürs t l i che Kab i -
nettsrat Carl von In der M a u r zu den Vorstandsmit-
gliedern. Schon 1902 waren der damalige F ü r s t Jo-
hannes II. und vier weitere A n g e h ö r i g e des Für-
stenhauses Mitglieder des jungen Vereins; 1906
zähl te er 119 Mitglieder. Obwohl die Jahresrech-
nung ü b e r das erste Vereinsjahr bereits eine Jah-
res-Subvention aus der Landeskassa i n Flöhe von
200 Kronen und eine Jahres-Subvention von S.D.
dem L a n d e s f ü r s t e n in gleicher H ö h e enthielt,
schloss die Jahresrechnung dennoch mit einem De-
fizit von 91.72 Kronen . 1
Vordringlichere Aufgaben hatte sich der Verein
anfangs zum Ziel gesetzt; die eigentliche Sammel-
tä t igkei t sollte erst einige Jahre s p ä t e r zu einem
zentralen Anl iegen des Historischen Vereins wer-
den, was 1954 mit der E r ö f f n u n g des Landesmu-
seums i m Obergeschoss des neu errichteten Liech-
tensteinischen L a n d e s b a n k - G e b ä u d e s ihren ersten
H ö h e p u n k t fand. Die Irrwege der Sammlungen des
Historischen Vereins sind aber auch ein Synonym
fü r die Odyssee des Museums, die i n Kürze mit der
N e u e r ö f f n u n g des Liechtensteinischen Landesmu-
seums i m Zentrum von Vaduz - so bleibt zu hoffen
- ihren Abschluss f inden w i rd .
Wenngleich die unentwegte Sammel t ä t igke i t von
historischem und kulturhistorischem Kulturgut un-
seres Landes durch den Historischen Verein und
seine jeweil igen Vertreter g röss t e Anerkennung
und W e r t s c h ä t z u n g verdient, so ist aus heutiger
Sicht der Sammlungsverwaltung mit grossem Be-
dauern festzustellen, dass grundlegende Aufze ich-
nungen und Verzeichnisse ü b e r die Herkunft , H i n -
t e r g r ü n d e und Z u s a m m e n h ä n g e der einzelnen
Funde und Objekte - aus heutiger professioneller
museologischer Sicht u n v e r s t ä n d l i c h und unab-
dingbar - weitestgehend fehlen. 2 Wesentliche Hin -
weise in Bezug auf einzelne Sammlungsobjekte,
wie insbesondere auf die Sammel t ä t igke i t des His-
torischen Vereins von der G r ü n d u n g bis in das Jahr
1972, f inden sich - wenn auch teilweise nur sum-
mar i sch erfasst - neben gelegentlichen Notizen in
den Sitzungsprotokollen oder den recht l ü c k e n h a f t
1) JBL 2 (19021, S. 299 f. (JBL = Jahrbuch des Historischen Vereins
für das Fürs tentum Liechtenstein).
2) Erst um 1940/41 - Kanonikus Anton Frommelt hatte mittlerweile
die Aufgaben des Konservators im Vorstand ü b e r n o m m e n - wurde
damit begonnen, ein Inventar der Sammlung anzulegen. Vgl. JBL 41
(1941). S. 157. «Das Bestandsbuch der Sammlung des Historischen
Vereins» - im Wesentlichen ein Verzeichnis archäologischer Funde -
wurde nach Anton Frömmelt leider nicht mehr wei tergeführt . Das
Bestandsbuch wird im Archiv des Liechtensteinischen Landesmu-
seums aulbewahrt.
241
g e f ü h r t e n oder erhaltenen Korrespondenzakten,
vor allem in den jeweiligen Jahresberichten bzw.
Jahresrechnungen. Diese bi lden auch die Grundla-
gen der vorliegenden Arbeit . Das Fehlen von
Sammlungsverzeichnissen läss t sich sicher zum
Teil daraus e rk l ä r en , dass der Verein seine Aufga-
ben stets nur im Milizsystem wahrnehmen und
sich auf keine professionell g e f ü h r t e n Stellen ab-
s tü t zen konnte. Durch die stets herrschende p r e k ä -
re Raumnot und die damit verbundenen unzäh l i -
gen r ä u m l i c h e n Verschiebungen der Sammlungen
sind auch zahlreiche Verluste eingetreten; ein
Grossteil des Sammlungsbestandes kann auch heu-
te nur dank gelegentlicher Hinweise in Korrespon-
denzen oder Rechnungsbelegen zugeordnet wer-
den, vieles davon wiederum bewegt sich i m hy-
pothetischen Bereich. Was den a r c h ä o l o g i s c h e n
Bestand, den wohl a u s g e p r ä g t e s t e n Teil der Samm-
lungen des Historischen Vereins, betrifft, k ö n n e n
Funde meist nur nach den G r a b u n g s t a g e b ü c h e r n
zugeordnet werden. Dies wiederum betrifft aber
nur die offiziellen, durch den Verein d u r c h g e f ü h r -
ten a r c h ä o l o g i s c h e n Untersuchungen. Was von pr i -
vater Seite eingebracht wurde, liegt meist ohne
konkrete z u s a m m e n h ä n g e n d e Daten und Angaben
vor. Erst nach dem verheerenden Wasserschaden
von 1985 i n den damaligen D e p o t r ä u m e n des Lan-
desmuseums i m Liechtensteinischen Gymnas ium
wurde in akribischer Kleinarbeit mit der grundle-
genden Neubearbeitung, Konservierung und Neu-
inventarisierung durch a r chäo log i s ches Fachper-
sonal begonnen; eine Arbeit , die bis heute noch
nicht abgeschlossen ist. Das Liechtensteinische Lan-
desmuseum f ü h r t seit 1981 ein lückenloses E i n -
gangsverzeichnis ü b e r neue S a m m l u n g s z u g ä n g e ,
erarbeitet ein Sammlungsinventar und ist eben da-
bei, einen geschlossenen EDV-Sammlungskatalog
zu erstellen. Viele ungek l ä r t e Altlasten werden
aber auch in Zukunft noch bestehen bleiben.
Die Sammlungen des Historischen Vereins, in
jahrzehntelanger Tät igkei t zusammengetragen und
mit Vertrag vom 11. A p r i l 1989 als Dauerleihgabe
der Stiftung Liechtensteinisches Landesmuseum
ü b e r t r a g e n , bi lden dabei das He rz s tück der Aus-
stellungen und Sammlungen des Liechtensteini-
schen Landesmuseums.
242
Vorgeschichte
Als sich am 10. Februar 1901 auf Ein ladung des
vorbereitenden Komitees unter der F e d e r f ü h r u n g
von Dr. Albert S c h ä d l e r 45 Geschichtsfreunde des
Landes i m ehemaligen Gasthaus «Ki rch tha l e r»
(heute Vaduzerhof) in Vaduz zur G r ü n d u n g s v e r -
sammlung des Historischen Vereins f ü r das F ü r s -
tentum Liechtenstein einfanden und dabei auch die
Statuten des Vereins genehmigten, war vom Auf-
bau einer landeskundlichen Sammlung i m eigentli-
chen Sinne noch nicht die Rede. Zwar wollte der
Verein die « v a t e r l ä n d i s c h e G e s c h i c h t s k u n d e » för -
dern und zu diesem Zweck ein «h i s to r i sches Jahr-
b u c h » herausgeben, welches enthalten soll: «e ine
thunlichst vol ls tändige Sammlung aller noch vor-
handenen, unser Land und unsere Gemeinden be-
treffenden wichtigeren Urkunden von den ä l t e s ten
Zeiten a n » . So hiess es in den ersten Vereinstatuten
unter Paragraph 2, Absatz c. 3 Es ging also i n erster
Linie um Sichtung und Erschliessung von wich-
tigem Urkunden- und Aktenmater ia l . Der eigent-
liche A u f b a u einer kulturhistorischen, landeskund-
lichen Sammlung w a r f ü r die G r ü n d e r v ä t e r des
Historischen Vereins noch kein e rk l ä r t e s Anliegen,
wenngleich schon rund zehn Jahre vorher der da-
malige Landesverweser F r i e d r i c h Stel lwag von
Carion auf eine derartige Notwendigkeit hingewie-
sen hatte. Dieser fasste bereits 1892, kurz nach sei-
nem Amtsantritt , den Plan, «in den f r ü h e r e n K a -
se rn loka l i t ä t en auf Schloss Vaduz ein Museum ein-
zurichten, das aus einer Abtei lung von An t iqu i t ä t en
und Rar i t ä ten , einer naturhistorischen Abtei lung
und einer Ausstel lung von Erzeugnissen der hier-
l ä n d i s c h e n Industrie und des Gewerbefleisses be-
stehen soll». E r hatte erkannt, dass unser Land
schon lange ein begehrtes Tät igkei ts fe ld f ü r A n -
t i q u i t ä t e n h ä n d l e r geworden war, wodurch vieles
an altem und wertvollem Kulturgut spurlos und un-
wiederbringl ich verloren gegangen ist. E r stellte
besorgt fest: «Das Aus land erwirbt f ü r seine
Sammlungen eine Zierde nach der anderen, das
F ü r s t e n t u m selbst aber verliert nach und nach alle
Zeugen seiner dereinstigen historischen und kultu-
3) JBL 1 (1901), S. 272.
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
Friedrich Stellwag von
Carion (* Hermannstadt/
Sibiu, Siebenbürgen,
1852; t Vaduz, 1896).
Wirkte von 1892 bis zu
seinem Tode im Jahre
1896 als Landesverweser
in Vaduz. Er widmete sich
in seiner kurzen Amtszeit
in Liechtenstein u.a. der
Altertumsforschung und
begann mit der Errichtung
einer Sammlung histori-
scher Altertümer für ein
künftiges Landesmuseum.
243
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Verzeichnis der für das
fürstliche Landesmuseum
in Vaduz erworbenen
Objekte, vermutlich um
1894 von Friedrich Stell-
wag von Carion angelegt.
Unter Position 22 der
Sammlung für «die Anti-
ken und Raritäten Abthei-
lung» wird angeführt:
«22. Flasche aus blauem
Glas, ein phantastisches
Thier darstellend, XVIII.
Jahrhundert».
rellen Entwicklung und Bedeutung und bleibt da-
durch hinter allen zivil isierten L ä n d e r n zu rück ,
welche keine M ü h e und keine Kosten scheuen, u m
sie zu e r w e r b e n » . 4 Eine Regierungsverordnung aus
dem Jahre 1888, die den Verkauf antiquarischer
G e g e n s t ä n d e ins Aus land an eine Bewil l igung band
und die Finder von A l t e r t ü m e r n verpflichtete, in -
nert drei Tagen der Regierung Anzeige zu erstat-
ten, habe an der Sachlage nichts g e ä n d e r t , i m Ge-
genteil: W ä h r e n d f r ü h e r die Bauern die H ä n d l e r
mit leidig be läche l t en , die f ü r eine wurmstichige
Truhe so viel bezahlten, wie eine neue kostete,
s ä h e n sie jetzt die Möglichkeit , durch solche Ver-
käu fe zu einem s c h ö n e n Stück Geld zu kommen,
und Funde w ü r d e n geheimgehalten.
A m 18. Oktober 1893 hatte von Car ion die Gele-
genheit, seine P läne F ü r s t Johannes II. bei einer
Audienz in Wien vorzutragen, und er fand beim
F ü r s t e n , der stets f ü r kulturelle Anl iegen sehr inter-
essiert war, volles V e r s t ä n d n i s und die Bereitschaft
zur F ö r d e r u n g . Es wurde nicht nur die Unterbr in-
gung des zu g r ü n d e n d e n Museums i m Schloss be-
244
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
willigt, sondern F ü r s t Johannes sagte sogleich die
finanzielle U n t e r s t ü t z u n g zu und widmete einen
ersten Betrag von 1 000 Gulden f ü r Einr ichtung
und A n k ä u f e des Museums. Angespornt durch die-
se Anerkennung gab von Car ion seiner G r ü n d u n g
den Namen «Fürs t l i ches L a n d e s m u s e u m » und ging
mit neuem Eifer ans Werk. Im A p r i l 1894 erfolgte
der erste g r ö s s e r e A nka u f aus der Sammlung von
Professor Ferd inand Nigg u m den Preis von 440
Gulden. Zinnkannen aus dem 18. Jahrhundert , alte
Talgleuchten waren darunter und vor allem 33 Tei-
le von Landestrachten. Fü r s t Johannes schenkte
eine aus dem Rennhof stammende Renaissancetru-
he, eine Augsburger Arbei t . In berechtigtem Stolz
ü b e r s a n d t e der Landesverweser dem F ü r s t e n
schon zwei Monate s p ä t e r ein Verzeichnis der bis-
her erworbenen Objekte. Ausser den genannten
G e g e n s t ä n d e n waren es Bodenfunde aus p r ä h i s t o -
rischer und r ö m i s c h e r Zeit, eine recht beachtliche
Zahl von M ü n z e n , einzelne Waffen, alter Hausrat
und f ü r die naturhistorische Abtei lung ausgestopfte
heimische Tiere sowie eine Schmetterlings- und
eine K ä f e r s a m m l u n g . Die G e g e n s t ä n d e kamen ins
Schloss, aber der G r ü n d e r erlebte die eigentliche
E r ö f f n u n g seines Museums nicht mehr, denn er
starb schon 1896 i m Alter von 44 Jahren.
Das Landesmuseum besitzt ein zwölfse i t iges
handgeschriebenes «Verze ichnis der fü r das fürs t l i -
che Landesmuseum i n Vaduz erworbenen Objek-
t e » . 5 Es handelt sich dabei u m das 1894 verfasste
Verzeichnis der Museumssammlung von Carions.
Es ist unterteilt in «a) f ü r die Ant iken- und Rar i tä -
ten Abtheilung, und b) f ü r die naturhistorische A b -
the i lung». Unter Position 22 der Ant iken- und Ra-
r i t ä t en Abthei lung nennt es eine «F la sche aus blau-
em Glas. E i n phantastisches Tier darstellend,
XVIII. J a h r h u n d e r t » . Die Herkunft w i r d nicht ge-
nannt. Neben zahlreichen a r c h ä o l o g i s c h e n Funden
und M ü n z e n werden auch die «Trach tens te i l e» (Po-
4) Norbert W. Hasler: Zur Geschichte des Liechtensteinischen
Landesmuseums. In: Kunstagenda 1994. Hrsg. von der Liechtenstei-
nischen Staatlichen Kunstsammlung, Vaduz, 1994.
5) Archiv des Liechtensteinischen Landesmuseums.
Die im Verzeichnis ange-
führte «Blaue Flasche».
Schloss Vaduz vor der
Renovation. Xylographie
von A. Bachmann, 1896.
Fürst Johann II. gestattete
von Carion, die gesammel-
ten Altertümer in Räum-
lichkeiten von Schloss
Vaduz auszustellen und sie
der Öffentlichkeit zugäng-
lich zu machen.
245
Am 19. Oktober 1904,
kurz vor Beginn der Reno-
vationsarbeiten von
Schloss Vaduz, übersandte
der Fotograph Johann
Fetzer aus Bad Ragaz eine
insgesamt 28 Aufnahmen
umfassende Fotodoku-
mentation der Innenräume
des Schlosses an Kabi-
nettsrat In der Maur nach
Vaduz. Darunter befindet
sich eine Aufnahme mit
der Beschriftung: «Fo-
tostandpunkt 26. Mittleres
Museum III. Stock» (Ober-
geschoss des Kapellentrak-
tes). Später wurde hier die
fürstliche Jagdwaffenkam-
mer eingerichtet. Blick in
das erste Museum in
Liechtenstein.
sition 41, a-f) sowie die «Hölze rne T r u h e » (Position
42) e r w ä h n t . F ü r die « n a t u r h i s t o r i s c h e Abthei -
lung» sind neben 21 T i e r p r ä p a r a t e n « 1 5 0 Schmet-
te r l inge» (Position 22) und « 6 5 0 Käfe r» (Positon
23) a u f g e f ü h r t .
Bei Jakob Chris toph Heer ist nachzulesen: «In
den zum Teil restaurierten Z i m m e r n des nicht
mehr bewohnten Schlosses, das bis 1866 als K a -
serne der liechtensteinischen Minia turarmee dien-
te, fesseln uns mittelalterliche geschnitzte Decken
und s c h ö n e s Tä fe lwerk . In einem der G e m ä c h e r
befindet sich der Anfang eines landeskundlichen
Museums des F ü r s t e n t u m s . Da steht der einzige
liechtensteinische Soldat, den es noch gibt, doch ist
er aus Wachs; sehr h ü b s c h ist die Waffensammlung
mit Prachtexemplaren alter Hellebarden; aus Nen-
deln sind r ö m i s c h e Reste da, ein gotischer Al ta r mit
El igiusbi ld reizt unsere Aufmerksamkei t , und na-
turkundliche Stücke g e w ä h r e n ein artiges Bi ld , was
sich an Tierleben zu Berg und Tal i m L ä n d c h e n
t u m m e l t » . 6
6) Jakob Christoph Heer: Vorarlberg und Liechtenstein. Land und
Leute. Feldkirch, 1906, S. 95.
246
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
Vor Beginn der Renova-
tionsarbeiten von Schloss
Vaduz (1904/05) mussten
die Sammlungen evakuiert
werden. Vorgesehen war
ein Raum im neuen Regie-
rungsgebäude, ursprüng-
lich für die Aufnahme der
«Lehrerbibliothek» vorge-
sehen. Erdgeschoss, Raum
links des Eingangs, der in
den Grundrissplänen des
Architekten Gustav von
Neumann die Bezeichnung
«Histor. Verein» und
«Landes Museum» erhielt.
247
Von der Vereinsgründung 1901
bis zur Eröffnung des Landes-
museums 1954
Im Jahre 1905 wurde die grundlegende Renova-
tion von Schloss Vaduz in Angr i f f genommen, und
die M u s e u m s g e g e n s t ä n d e wurden i m neuen Regie-
r u n g s g e b ä u d e untergebracht, zuerst i m Gerichts-
saal, dann in einem anderen Raum, und schliess-
l ich waren sie in einfachen Vi t r inen i m Gang des
R e g i e r u n g s g e b ä u d e s im zweiten Stock zu sehen.
Anläss l ich der Jahresversammlung vom 26. Ju l i
1903 teilt der Vorsitzende Dr. Albert Schäd le r mit,
dass Seine Durchlaucht Pr inz Franz von Liechten-
stein, der f r ü h e r e ö s t e r r e i c h i s c h - u n g a r i s c h e Bot-
schafter in St. Petersburg (und nachmaliger F ü r s t
F ranz I.) in den fü r s t l i chen Arch iven in Wien eine
aus dem Jahre 1721 stammende, daher wohl die
ä l tes te Karte des F ü r s t e n t u m s und verschiedene,
i m n ä m l i c h e n Jahre aufgenommene P läne des
Schlosses Vaduz entdeckt habe. E r habe «vorzügl i -
che photographische Kopien davon anfertigen las-
sen und dieselben dem Vereine z u m Geschenke ge-
m a c h t » . 7 Es handelt sich dabei um die Karte des
Lindauer Kartographen Johann Jacob Heber und
dessen Grund- und A u f r i s s p l ä n e von Schloss Va-
duz. Damit war der Grundstein fü r die kulturhisto-
rische Sammlung des Historischen Vereins gelegt.
In der folgenden Jahresversammlung (1904)
k a m der Vorsitzende Dr. Alber t Schäd le r auf die
bisherigen Verö f fen t l i chungen ü b e r a r chäo log i sche
Funde in Liechtenstein zu sprechen. E r f ü h r t e aus,
« d a s s wir, um ü b e r die Urgeschichte unseres Lan-
des etwas zu erfahren, den Spuren aus p r ä h i s t o r i -
schen Epochen und aus der Römerze i t nachgehen
m ü s s e n . Solche Reste ä l t e s te r und alter Vergangen-
heit seien in unserem Lande schon mehrfach ge-
funden worden und gestatten uns, einen Blick in
alte fernabliegende Zeiten zu tun. ... Es g e h ö r e zu
den Aufgaben des Vereins, seine Forschungen auch
auf dieses Gebiet auszudehnen. Die bisherigen
Funde seien fast ausschliesslich in a u s w ä r t i g e n
Zeitschriften besprochen w o r d e n » . 8
Damit hatte er eine der nachhaltigsten Aufgaben
des Historischen Vereins angesprochen, die ar-
chäo log i sche Erforschung Liechtensteins, die bis
Ende des Jahres 1998 in der Obhut des Vereins lag.
A n der Jahresversammlung, die a m 29. Juni 1905
stattfand, legte Egon Rheinberger, der seit der
G r ü n d u n g dem Vereinsvorstand a n g e h ö r t e , «e ine
A u s w a h l von interessanten F u n d s t ü c k e n , die man
i m letzten Winter bei dem A u s r ä u m e n der beiden
Rondelle des Schlosses Vaduz zu Tage g e f ö r d e r t
ha t t e» vor. «Die F u n d s t ü c k e erwiesen sich zumeist
als Reste alter ornamentaler Kache lö fen vom 15.
bis 18. Jahrhundert aus den Stilperioden der Gotik
248
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
und R e n a i s s a n c e » . 9 A n der selben Versammlung
teilte der Vorsitzende mit, « d a s s das vor einigen
Jahren z i rka 100 Meter oberhalb der Schaaner
Baumschule aufgefundene Steinbeil - der erste
steinzeitliche Fund in Liechtenstein - durch cand.
phi l . Albert S c h ä d l e r dem bekannten Anthropolo-
gen Professor Johannes Ranke in M ü n c h e n vorge-
zeigt worden sei, welch letzterer das Bei l als echt
e rk lä r t h a b e » . 1 0
A m 5. Dezember 1909 fand in Vaduz die achte
Jahresversammlung des Historischen Vereins statt,
an der Dr. Alber t S c h ä d l e r einen Vortrag ü b e r die
Urgeschichtes unseres Landes mit Bezugnahme auf
die p r ä h i s t o r i s c h e n und r ö m i s c h e n Funde in Liech-
tenstein hielt. «Ansch l i e s send an den Vortrag be-
merkt der Redner, dass seine Arbei t nur als Beitrag
zur Urgeschichte unseres Landes aufzufassen sei.
Manches sei auf diesem Gebiete noch zu tun, aber
es sei gewiss w ü n s c h e n s w e r t gewesen, die bisheri-
gen Berichte ü b e r gemachte a r chäo log i s che Funde
zu sammeln und zu e r g ä n z e n , und die Ergebnisse
in F o r m eines Referates mitzuteilen. Be i dieser Ge-
legenheit m ö c h t e er zugleich anregen, den Vereins-
vorstand zu beauftragen, sich mit der fü r s t l i chen
Regierung ins Benehmen zu setzen, dass die
Sammlung liechtensteinischer A l t e r t ü m e r von an-
deren Sammlungen getrennt und dem Verein in be-
sondere Obhut ü b e r g e b e n werde. Es sei notwendig,
7) JBL 3 (1903). S. 207.
8) JBL 4 (1904), S. 238-239. Er führ te u.a. an: Spuren einer römi-
schen Villa und Funde römischer Münzen in Triesen; das römische
Kastell bei der St. Peterskapelle in Schaan; der Fund von zwei
römischen Bronze-Helmen im Wald oberhalb von Schaan; eine
römische Villa und Fund eines Bronzebeils in Nendeln; Spuren einer
sehr alten primitiven Befestigung keltischen oder rä t ischen Ur-
sprungs auf dem Gupfenbühl in Mauren; ferner Funde von Bronze-
gegenständen; im Torfgrund zwischen Ruggell und Nofels Fund einer
grösseren Anzahl von Römermünzen aus der Zeit zwischen 313 und
340 n. Chr.; ferner im Schellenberger Riet Fund eines weissen
Glasringes aus der La Tene-Zeit. Von einer Sammlung archäologi-
scher Funde beim Historischen Verein kann hier noch nicht die Rede
R U M P E C T VON A L L E N Ä I T E N Ä E S F Ü M T LI C H F. M SCHLOß £S
H O C H E M L I E C H T E I I Ä T E I M
•
Fotolithogravüren der
Pläne von Schloss Vaduz
von Johann Jacob Heber
(1721), die sich im Origi-
nal im Fürstlichen Haus-
und Hofarchiv in Wien
befanden, waren die
ersten Sammlungseingän-
ge des 1901 gegründeten
Historischen Vereins für
das Fürstentum Liechten-
stein; eine Schenkung des
Prinzen Franz von Liech-
tenstein, 1903, des nach-
maligen Fürsten Franz I.
9) JBL 5 (1905), S. 219.
10) Ebenda. S. 221. Hier heisst es unter A n m . 1: «Das interessante
Fundstück aus prähis tor ischer Zeit wurde jüngst von der fürst l ichen
Regierung für unser Landesmuseum erworben» .
249
die bisherigen Funde zu ordnen und genau nach
der Fundstelle und den andern n ä h e r e n U m s t ä n -
den zu registrieren. Zu diesem Zwecke empfehle es
sich, einen Konservator zu bestellen. ... E r glaube
i m vollen E i n v e r s t ä n d n i s s e der Versammlung zu
handeln, wenn er unser Vereinsmitglied Egon
Rheinberger, der sich f ü r die Stelle eines Konserva-
tors vorzügl ich eigne, vorschlage. Kabinettsrat von
In der M a u r b e g r ü s s t diese Anregung und erk lä r t ,
dass die fürs t l i che Regierung gewiss gerne i n dieser
Angelegenheit entgegenkommen werde. - Darauf
wi rd den A n t r ä g e n des Vorsitzenden durch einstim-
migen Applaus der Versammlung z u g e s t i m m t . » 1 1
Anläss l ich der Jahresversammlung vom 20. Ok-
tober 1912 wurde der Ant rag des Vorstandes auf
E r g ä n z u n g der Statuten einst immig angenommen.
Die Satzungen des Historischen Vereins fü r das
F ü r s t e n t u m Liechtenstein beinhalten nun neu un-
ter Paragraph 2, Absatz III: «Der Verein w i r d die
seiner Obsorge anvertraute Sammlung liechtenstei-
nischer Al ter tümer , f ü r welche er einen Konserva-
tor aufstellt, mögl ichs t zu erweitern s u c h e n » . 1 2 Da-
mit war - elf Jahre nach der V e r e i n s g r ü n d u n g -
eine weitere zentrale Aufgabe des Historischen
Vereins, n ä m l i c h eine kulturhistorisch landeskund-
liche Sammlung aufzubauen, erstmals auch sta-
tutarisch festgeschrieben. Dies bedeutete die Grund-
steinlegung fü r ein künf t iges Liechtensteinisches
Landesmuseum.
In einem beherzten Vortrag zum Thema «Hei-
m a t s c h u t z » wandte sich 1915 Kanonikus Johann
Baptist Büchel an die versammelten Vereinsmit-
glieder. E r beklagte den nach wie vor herrschenden
Verlust am architektonischen Erbe wie an heimi-
schem Kulturgut. So f ü h r t e er aus:
«Der Heimatschutz soll auch noch erhalten, was
an Kunstgegenständen noch vorhanden ist, beson-
ders in Kirchen und Kapellen, aber auch im Privat-
besitz. Leider ist schon sehr vieles davon ins Aus-
land gewandert. Was aber noch da ist, sollte in ein
Museum gesammelt werden können. In dieser Hin-
sicht wünsche ich also, dass: 1. ein Gesetz geschaf-
fen wird, das die Veräusserung von Kunstgegen-
ständen und Altertümern ins Ausland verbietet,
und 2. zur Aufbewahrung von solchen Gegenstän-
den im Lande ein Museum eingerichtet werde. Für
Aufstellung von kirchlichen Gegenständen Hesse
sich vielleicht die jetzt leerstehende alte Pfarrkir-
che von Balzers verwenden».13 Der noch junge Ver-
ein hatte nicht nur um finanzielle Mittel,14 sondern
auch um geeignete Räumlichkeiten zur Unterbrin-
gung der Sammlungen zu kämpfen. An der Jahres-
versammlung vom 5. Oktober 1919, die erstmals in
Mauren stattfand, berichtete der Vorsitzende
«über ein Angebot der Gemeinde Balzers, dem Ver-
eine die alte Kirche zur Aufbewahrung historischer
Gegenstände gegen dem zu überlassen, dass Erhal-
tung und Reparaturen der Kirche vom Vereine ge-
tragen werden und die Kirche dabei Eigentum der
Gemeinde bleibe. Die Vereinsvorstandschaft konnte
jedoch auf dieses Angebot nicht eingehen, weil da-
mit voraussichtlich unsere Vereinsmittel viel zu
sehr beansprucht würden. Ilingegen nahmen wir in
Aussicht, nach Möglichkeit anschliessend an unser
historisches Vereinszimmer Raum zu schaffen, um
vorläufig besonders interessante alte kirchliche
Gegenstände geeignet aufbewahren zu können. Es
sind noch manche derartige Sachen vorhanden, es
sei nur an alte Holzfiguren, Altarstücke u.s.w., auch
an das alte Hungertuch in Bendern erinnert».15
Nach Abschluss der Renovationsarbeiten (1914)
bis zum Jahre 1938 w a r Schloss Vaduz Denkmal ,
Museum und gelegentliche Residenz des F ü r s t e n .
«Von den wieder hergestellten historischen Räu-
men waren einige Fluchten f ü r den gelegentlichen
Aufenthalt des F ü r s t e n und seines Hofstaates re-
serviert, die ü b r i g e n standen den Museumsbesu-
chern offen. Die R ä u m e waren mit Kunstwerken
und kunstgewerblichen G e g e n s t ä n d e n aus der
fü r s t l i chen Sammlung ausgestattet, vor allem aber
hatte die umfangreiche Waffensammlung, die zu-
vor auf verschiedene Sch lösse r verteilt gewesen
war, auf der wiederhergestellten Burg einen ange-
messenen Rahmen g e f u n d e n » . 1 ' ' Dies war jedoch
nicht das Landesmuseum mit den Sammlungen des
Historischen Vereins, sondern vielmehr eine Prä -
sentation der fü r s t l i chen Schä tze .
Nach wie vor sind es vor allem a r chäo log i s che
Funde, die in die Sammlung des Historischen Ver-
eins eingebracht werden. So berichtet die Vereins-
250
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
chronik f ü r das Jahr 1923: « B a u m e i s t e r Josef H i h i
i n Schaan ü b e r l ä s s t dem Vereine geschenkweise 3
r ö m i s c h e M ü n z e n und 2 Stück Hufeisen, welche
beim Strassenneubau zum Tanzplatz in Schaan i n
einer Tiefe von 2 Meter gefunden wurden. Bruch-
s tücke eines p r ä h i s t o r i s c h e n Topfes (Fundstelle ob
Iraggell in Vaduz) wurden ebenfalls der Sammlung
e inve r l e ib t» . 1 7 Immer wieder w i r d seitens des Vor-
standes darauf hingewiesen, « F u n d e dem Histor i -
schen Verein zur Kenntnis zu bringen und nicht ins
Aus land zu v e r k a u f e n » . 1 8 M e h r und mehr ist nun
auch von « S c h e n k u n g e n » an den Verein die Rede.
So w i r d beispielsweise f ü r das Jahr 1927 berichtet:
«An Schenkungen gingen dem Vereine zu: Von Herrn
Rechtsagent David Büh le r in Mauren eine gut er-
haltene kleine Bleifigur, darstellend Napoleon L ,
gefunden in Mauren beim Hause Nr. 111 bei einer
11) JBL 9 (1909), S. 136-137.
12) JBL 12 (1912), S. 145. Die behördl iche Genehmigung der neuen
Vereinssatzungen erfolgte am 14. Oktober 1912 durch die fürst l iche
Regierung.
13) JBL 15 (1915), S. 133.
14) Der Mitgliederbeitrag wurde an der Jahresversammlung vom
19. September 1920, die in Schaan abgehalten wurde, für das Jahr
1920 auf drei Franken festgelegt. Das Vereinsguthaben wird mit
520.34 Kronen beziehungsweise 42.20 Franken ausgewiesen. Vgl.
JBL 20 (1920), S. 87. Der Verein zählte einen Mitgliederstand von
rund 170 Personen.
15) JBL 19 (1919), S. 99 f. Weiter heisst es: «Das Vereinsmitglied
Stadtarzt Dr. Jos. Batliner in Feldkirch teilte mit, dass er in Feldkirch
2 liechtensteinische Trachtenbilder, welche in den 40er Jahren von
Gauermann (vermutlich Friedrich Gauermann, 1807-1862) gemalt
worden seien, gesehen habe. Auf Anfrage des Vorsitzenden erbietet
er sich gerne, betreffend allfälliger Erwerbung vermitteln zu wol-
len». Ein Ankauf kam allerdings nicht zustande.
16) Elisabeth Castellani Zahir: Schloss Vaduz um 1900 - Traum und
Realität. Eine Burgenrenaissance zwischen Historismus und Moder-
ne. In: Unsere Kunstdenkmäler . Mitteilungsblatt der Gesellschaft fü r
Schweizerische Kunstgeschichte, 43. Jahrgang, 1992, Heft 2, S. 207.
17) JBL 23 (1923), S. 181.
18) JBL 26 (1926), S. 136. Der Verein versuchte auch durch Ankauf
archäologische Funde für seine Sammlung zu erwerben, vgl. Jahres-
rechnung für 1925, Pos. 9: «An Entschädigung für einen Fund
(Messer): Franken 10.—»; in: J B L 26 (1926), S. 137. Ebenso findet
sich ein Eintrag in der Rechnung für das Jahr 1926: Ausgaben:
«5. Entschädigung für 2 Funde (Steinbeil und Dolch) Franken 40.—»,
vgl. JBL 27 (1927), S. 136.
Bleifigur, Napoleon Bona-
parte. Massstab: 1:1
251
Grabung; die Figur verlor offenbar i m Franzosen-
krieg ein f r a n z ö s i s c h e r S o l d a t » . 1 9
In der Vereinschronik 1930 konnte der Vorsit-
zende, Fürs t l i cher Rat Josef Ospelt, folgendes be-
richten: «Seine Durchlaucht der Landes fü r s t Franz I.
haben i m Herbste 1929 gnäd igs t sich bereit er-
klärt , dem Vereine f ü r seine Sammlung i m Schloss
Vaduz einen geeigneten Raum zur Ve r fügung zu
stellen, welches Anerbieten dankbar angenommen
wurde. Die Ü b e r t r a g u n g der Sammlung dorthin er-
folgte i m Früh l ing 1930 durch den Konservator
Her rn Egon Rheinberger. ... Weiter haben Seine
Durchlaucht der L a n d e s f ü r s t . . . zu v e r f ü g e n geruht,
dass von den Eintrittsgeldern f ü r Besichtigung der
Sammlungen i m Schlosse Vaduz 10 Prozent dem
historischen Vereine z u f l i e s s e n » . 2 0 Der Historische
Verein k n ü p f t e damit wieder an die seinerzeitigen
B e m ü h u n g e n des Landesverwesers Fr iedr ich Stell-
wag von Carion an. A u f Schloss Vaduz waren -
wenn auch i n bescheidenem Rahmen - «his tor i -
sche A l t e r t ü m e r » zur Kultur- und Landesgeschichte
Liechtensteins wieder zugängl ich . Die Jahresrech-
nung fü r das Jahr 1930 weist erstmals einen «Bei-
trag aus Sch losse in t r i t t sge lde rn» in Höhe von
301.69 Franken aus. 2 1
Zu den Hauptaufgaben des Vereins zäh l t en ne-
ben der Herausgabe des Jahrbuches nach wie vor
die D u r c h f ü h r u n g a r c h ä o l o g i s c h e r Untersuchun-
gen. So w i r d ebenfalls in der Vereinschronik 1930
berichtet: «Die erfolgreichste Arbei t war wohl die
ü b e r Anregung des Her rn Egon Rheinberger am
Fusse des Gutenberger Burghüge l s oberhalb der
neuen Pfarrkirche in Balzers auf Gemeindeboden
a u s g e f ü h r t e Ausgrabung. ... Die Ausgrabung för-
derte eine sehr interessante S ied lungss tä t t e zu
Tage, i n welcher Funde aus der Hallstattzeit, aus
der La Tene-Zeit und aus der r ö m i s c h e n Zeit ge-
macht wurden. ... Die Funde werden den Samm-
lungen des historischen Vereins einverleibt und
werden diese zusammen mit dem bereits dort vor-
handenen sehr beachtenswerten Stoff nicht allein
f ü r die Geschichte unseres Landes, sondern fü r die
der ganzen weiteren Gegend d a r s t e l l e n » . 2 2
A u c h andere Teile der Sammlungen wuchsen,
und so w i r d festgehalten: «An Widmungen sind
dem Vereine i m Berichtsjahre 1930 zugegangen:
Von Her rn Jakob Walder-Rahn, Privatier in Vaduz:
Guler von Weineck, Rätia; Sprecher von Berneck,
Rhetische Chronik; ein Stich mit dem Bilde des
Grafen K a r l Ludwig zu Sulz; von h o c h w ü r d i g e m
Pfarrer Tschugmell in Mauren: eine Karte der
Schweiz von 1798, ein Siegelabdruck und eine alte
Kanonenkugel; von Her rn Egon Rheinberger auf
Gutenberg ein Model l des Schlosses Vaduz aus der
Zeit vor der Restaurierung; von H e r r n Altvorsteher
Gustav Ospelt in Vaduz: eine alte Wage, zum Teil
aus Holz gefertigt und eine Matr ize f ü r ein Wap-
p e n s c h i l d » . 2 3
Im folgenden Jahr (1931) konnte ü b e r den be-
merkenswerten M ü n z s c h a t z f u n d von Schellenberg
berichtet werden:
«In einem am Westabhange des Schellenberges
gelegenen Waldteile der Gemeinde Ruggell wurde
i m F r ü h h e r b s t ein bedeutender Fund an mittelalter-
lichen S i l b e r m ü n z e n gemacht. Herr Johann Ki r sch-
baumer in Schellenberg ist i m letzten Winter be im
Holzsammeln auf einige dieser M ü n z e n gestossen
und hat dann heuer weiter dort nach M ü n z e n ge-
sucht und dankenswerterweise Meldung von dem
Funde e r s t a t t e t » . 2 4 Ebenso w i r d i m Bericht fest-
gehalten: «Die Sammlungen sind i n dem von Sei-
ner Durchlaucht dem L a n d e s f ü r s t e n i m Schloss
Vaduz zur Ve r fügung gestellten Z immer aufge-
s te l l t» . 2 5 In einem eigenen Kapi te l der Vereinschro-
nik w i r d ü b e r « W i d m u n g e n an den Historischen
Verein f ü r das F ü r s t e n t u m Liechtenstein seit Okto-
ber 1 9 3 0 » berichtet. Neben Schenkungen fü r die
Vereinsbibliothek w i r d e r w ä h n t : «Egon Rheinber-
ger auf Gutenberg ü b e r l ä s s t laut seiner in der Aus-
schusssitzung vom 19. Dezember 1930 abgegebe-
nen E r k l ä r u n g die auf Seite 108 des 1930er Jahrbu-
ches abgebildeten und dort beschriebenen Funde
dem historischen Verein fü r seine S a m m l u n g » . 2 6
A n der Jahresversammlung vom 18. September
1932, die auf der Burg Gutenberg stattfand, wurde
der Beschluss gefasst, «als erstes f ü r einen Fonds
zur Beschaffung eines Museums einen Betrag von
800 Franken aus dem V e r e i n s v e r m ö g e n auszu-
scheiden. Zuwendungen zu diesem Zwecke w ü r d e n
dankbarst b e g r ü s s t » . 2 7 Die Versammlung schloss
252
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
mit einem eindringlichen Appel l seitens der Ver-
einsleitung: «Zum Schluss m ö c h t e n wi r unsere Mit -
glieder noch besonders bitten, von etwaigen Fun-
den, die da und dort gemacht werden, der Vereins-
leitung sofort Mittei lung zu machen. Ferner wolle
mit allem Nachdruck dahin gewirkt werden, dass
niemand Ausgrabungen e i g e n m ä c h t i g vornimmt.
Solche e i g e n m ä c h t i g e n Ausgrabungen sind geeig-
net, wichtige Schlüsse in Bezug auf die Geschichte
zu vereiteln. A u c h haben die Funde, die dabei etwa
gemacht werden, meist einen sehr geringen Geld-
wert, w ä h r e n d sie zur Vor- und F r ü h g e s c h i c h t e
sehr wichtige Bausteine bieten k ö n n t e n . Es sei
auch darauf hingewiesen, dass nach Ar t ike l 445
des liechtensteinischen Sachenrechtes A l t e r t ü m e r
von erheblichem wissenschaft l ichem Werte i n das
Eigentum des Staates gelangen. Das Behalten sol-
cher Funde durch den Finder ist also nicht gestat-
tet. Wer aber solche gelegentlichen Funde bei der
Regierung oder dem historischen Vereine abliefert,
leistet der Erforschung der Heimat einen wert-
vollen Dienst und hat ü b e r d i e s Anspruch auf die i m
Gesetze vorgesehene V e r g ü t u n g » . 2 8
Im Bereich der Sammlungen konnte der Histori-
sche Verein f ü r die Jahre 1931/32 einen beachtli-
chen Zuwachs der numismatischen Abtei lung ver-
ze ichnen. 2 9
Im folgenden Jahr durfte die Mitgliederver-
sammlung folgende Mittei lung zur Kenntnis neh-
men: « N a c h d e m die Sammlungen des Vereins in -
folge der erfolgreichen Grabungen der letzten Jah-
re einen beachtenswerten Umfang angenommen
haben, d r ä n g t e die Frage der entsprechenden U n -
terbringung dieser Sammlung zu einer Lösung . Die
gefundene Lösung darf als eine glückl iche bezeich-
net werden: Seine Durchlaucht der L a n d e s f ü r s t ha-
ben gnäd igs t im Schlosse Vaduz das Bibliotheks-
z immer und die zwei nörd l i ch davon gelegenen
R ä u m e f ü r diese Sammlungen zur Ve r fügung zu
stellen geruht. . . . » . 3 0
Dass nach wie vor wertvolles Kulturgut aus dem
Lande abwanderte, der Historische Verein sich
aber redlich um dessen R ü c k f ü h r u n g b e m ü h t e ,
zeigt folgende Mittei lung: «Durch besonderes Ent-
gegenkommen der Leitung des Vorarlberger L a n -
desmuseums konnten zwei s c h ö n e Bronzenadeln,
die in Schellenberg in der N ä h e der Grenze gefun-
den, aber ins Aus land verbracht wurden, zu güns t i -
gen Bedingungen erworben w e r d e n » . 3 1 F ü r viele
aber war der Historische Verein die geeignete Stel-
le zur Aufbewahrung von a r c h ä o l o g i s c h e n Funden.
So erhielt der Verein beispielsweise von Rudolf
Hasler, Waldaufseher von Gampr in , 1933 eine
g r ö s s e r e A n z a h l von Streufunden aus dem Lut-
zengüe t l e , Malanser und Schneller, von Altregie-
rungsrat Alois Fr ick, Balzers, ein Bronzedolchfrag-
ment, gefunden auf der Letzi bei Vaduz, oder von
Franz Joseph Büchel , Balzers, eine Knochennadel
aus einer Flöhle a m Hahnenspie l . 3 2
1934 war f ü r den Vereinsvorstand, was die
Sammlungen betrifft, ein sehr bewegtes und ar-
19) JBL 28 (1928). S. 181.
20) JBL 30 (1930). S. 110.
21) JBL 31 (1931), S. 155. Die Rechnung für das Jahr 1930 weist
auch einen Ausgabeposten «Schaukäs ten-Repara tur und Transport
aufs Schloss» in Höhe von 61 Franken auf.
22) JBL 30 (1930). S. 111 f.
23) Ebenda. S. 112.
24) JBL 31 (1931). S. 152.
25) Ebenda, S. 152.
26) Ebenda. S. 156.
27) JBL 32 (1932). S. 99.
28) Ebenda. S. 99 f. Im Jahre 1931 wurden für «Anschaffungen zur
Ant iqui tä ten-Sammlung» 26.60 Franken verwendet, die Einnahmen
aus «Schlosseintr i t tsgeldern» beliefen sich auf 240.90 Franken: vgl.
JBL 32 (1932), S. 100 f.
29) Vgl. JBL 32 (1932). S. 101 f.: ... c) Widmungen an den Histori-
schen Verein für das Fürs ten tum Liechtenstein seit Oktober 1931.
Ebenso bemerkenswert ist der Hinweis auf die geologischen Funde
im Steinbruch bei Ruggell, an verschiedenen Orten am Eschnerberg
und bei Bendern, um die sich besonders Pfarrer Anton Frommelt
bemühte ; vgl. JBL 32 (1932). S. 96.
30) JBL 33 (1933), S. 142. Die Jahresrechnung für 1932 weist
Einnahmen aus Schlosseintrittsgeldern in Höhe von 271.43 Franken
und Ausgaben für Anschaffungen zur Ant iqui tä tensammlung von
47.50 Franken sowie eine Überweisung an den Museumsfonds von
800 Franken aus; vgl. JBL 33 (1933). S. 144.
31) JBL 33 (1933), S. 142.
32) Ebenda. S. 143.
253
1929 gestattete Fürst
Franz L, die Sammlungen
des Historischen Vereins
erneut auf Schloss Vaduz
auszustellen, wo sie neben
Teilen der Fürstlichen
Sammlungen bis 1940 zu
sehen waren.
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254
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
Im Jahre 1934 beteiligte
sich der Historische Verein
auch an der Liechtenstei-
nischen Landesausstellung
in Vaduz.
beitsreiches Jahr. So heisst es in der Vereinschro-
nik: « F ü r dieses Jahr musste von weiteren Ausgra-
bungen abgesehen werden, we i l die Beschaffung
der S c h r ä n k e f ü r die Aufstel lung der bisher gebor-
genen Funde namhafte Mittel und die Durch-
f ü h r u n g der Aufstel lung viel Arbei t erforderte. Die
Aufstellung der Versteinerungen und der M ü n z e n -
sammlung besorgte H o c h w ü r d e n Herr Landtags-
p r ä s i d e n t Frommelt , jene der vor- und f r ü h g e -
schichtlichen Funde Egon R h e i n b e r g e r » . 3 3 Ebenso
wurde mitgeteilt: «Die geologischen, vorgeschicht-
lichen und geschichtlichen Sammlungen sind nun
in den von Seiner Durchlaucht dem L a n d e s f ü r s t e n
i m Schloss Vaduz huldvollst zur V e r f ü g u n g gestell-
ten stimmungsvollen R ä u m e n untergebracht und
werden in Bälde dort der Öffent l ichkei t zur Besich-
tigung offenstehen. A u c h die Büche re i und das A r -
chiv des Historischen Vereins werden in einen der
genannten R ä u m e des Schlosses Vaduz ü b e r t r a -
g e n » . 3 4 1934 w a r auch das Jahr der grossen Liech-
tensteinischen Landesausstellung, an der sich der
Historische Verein mit seinen Sammlungen betei-
ligte und mit Stolz berichten konnte: «Die Samm-
lungen konnten in einem besonderen, von der Ge-
meinde Vaduz zur V e r f ü g u n g gestellten Z i m m e r
des Rathauses nebst wertvol lem kartographischem
Material und geschichtlicher Literatur in den Rah-
men der Landesausstellung einbezogen werden
und wurden von den Ausstellungsbesuchern viel
beachtet sowie von der Ausstel lung mit dem E h -
rendiplom a u s g e z e i c h n e t » . 3 5 Gezeigt wurden «Ver-
steinerungen, besonders solche aus der helveti-
schen Kreide in Ruggell, vor- und f r ü h g e s c h i c h t -
liche Funde, M ü n z f u n d e (unter besonderer Be-
r ü c k s i c h t i g u n g des Schel lenberger M ü n z f u n d e s ) ,
Schrif t tum und K a r t e n » . 3 6
Zahlreiche S a m m l u n g s z u g ä n g e konnten wieder-
u m verzeichnet werden, von denen hier nur einige
e r w ä h n t seien: «Die fü r s t l i che Regierung hat uns
ferner zur Betreuung ü b e r g e b e n : sechs r ö m i s c h e
M ü n z e n aus dem 3. Jahrhundert n. Chr., zwei klei-
ne Kettenglieder und ein Glassplitter, Funde, die
Johann Kirschbaumer auf dem Lutzengüt le ausge-
graben und heuer a m 3. August der fü r s t l i chen Re-
gierung abgeliefert hat. Rudolf Hasler, Waldaufse-
her i n Gampr in , ü b e r g a b i m Winter, F r ü h l i n g und
Herbst eine g r ö s s e r e A n z a h l von Tonscherben,
Steinwerkzeugresten, Kris ta l len und R ö m e r m ü n -
zen, die er auf dem Lutzengüt le , i m Malanser und
am Schellenberg geborgen hat. Jakob Näscher ,
Haus-Nr. 16, Gampr in , widmete am 27. J ä n n e r
1934 eine St. Gallische S i l b e r m ü n z e , die er bei A b -
bruch einer S t ü t z m a u e r in der N ä h e des Hauses Nr.
43 i n Gampr in gefunden hat. Dr. Nipp ü b e r g i b t ei-
nen Kaufver t rag aus Mauren vom 27. August 1768.
33) JBL 34 (1934), S. 136. Die Jahresrechnung für 1934 beinhaltet
u.a. folgende Ausgaben: Anschaffungen zur Ant iqui tä tensammlung
(einschliesslich der Vergütung für die Funde in Schaan und für die
Funde in Schellenberg): 116.30 Franken; Anschaffungen zur Münz-
sammlung: 62 Franken; Auslagen anlässlich der Landesausstellung:
159.92 Franken. Unter den Einnahmen sind die Beträge aus Schloss-
eintrittsgeldern in Höhe von 295.97 Franken verbucht. Der Muse-
umsfonds belief sich per 31. Dezember 1934 auf 866.45 Franken;
vgl. JBL 35 (1935), S. 143 f.
34) J B L 34 (1934), S. 137.
35) Ebenda, S. 136.
36) Liechtensteinische Landesausstellung, 29. September bis 15. Ok-
tober 1934. Offizieller Katalog, S. 107.
255
Die Bronzefiguren von
Gutenberg gelangten 1935
in die Sammlungen des
Historischen Vereins. Sie
zählen auch heute noch zu
den hervorragendsten
archäologischen Funden
Liechtensteins.
H o c h w ü r d e n Herr Pfarrer Tschugmell übe r l i e s s
dem Historischen Verein einen Bronze-Dolch und
Reitersporen (letztere neuzeitlich). F inder des Dol-
ches ist Herr Eduard Münd le , Haus-Nr. 129 i n
Mauren . Für s t l i che r Oberingenieur Gabriel Hiener
endlich widmete dem Historischen Verein ein auf
Glas gemaltes Bi ld , den h l . Petrus darstellend, das
i h m von den Erben nach Wegmacher N ä s c h e r in
Eschen ü b e r g e b e n wurde. Schlossverwalter Ewa ld
Ospelt schenkte eine Zeichnung vom Schloss von
Peter Rheinberger sei.; Josef Boss, Müller in Vaduz,
ü b e r g a b drei M ü n z e n aus dem ersten Viertel des
19. J a h r h u n d e r t » . 3 7
Das 35. Vere ins jahr 3 8 w i r d i n der Vereinschronik
i n « m e h r als in einer Hinsicht zu den fruchtbareren
f ü r den Vere in» gezähl t , dies obwohl Europa mehr
und mehr von den Ereignissen des Zweiten Welt-
krieges ü b e r s c h a t t e t wurde. E i n m a l w i r d mit Zu-
friedenstellung festgehalten: Die Gutenberger Bron-
zefiguren und der ebenfalls auf Gutenberg gefunde-
ne sogenannte Rössene r top f sind « d u r c h güt igs te
Mi tw i rkung der fü r s t l i chen Regierung nun f ü r die
Sammlungen des Historischen Vereins erworben
w o r d e n » . 3 9 Diese F u n d g ü t e r z ä h l e n heute zu den
eindrucksvollsten Exponaten des Liechtensteini-
schen Landesmuseums. A n gleicher Stelle w i r d
aber auch die grosse Sorge u m abgewandertes und
g e f ä h r d e t e s Kulturgut festgehalten: «Bekann t l i ch
war in den Privatsammlungen der Famil ie von
Schwerzenbach in Bregenz ein prachtvoller r ö m i -
scher He lm, der Ende der 1880er Jahre i m Wisse-
ler oberhalb Dux von Lorenz Frommel t sei. bei
256
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
Wasserleitungsarbeiten gefunden w u r d e . 4 0 Dieser
LIelm wurde heuer im M a i in Zür ich nebst den
üb r igen B e s t ä n d e n der von Schwerzenbach'schen
Sammlungen zum Verkaufe angeboten. Zwei Vor-
standsmitglieder unseres Vereins besuchten diese
Aukt ion, u m wenn mögl ich dieses seltene, viel be-
achtete Stück fü r unsere Sammlungen zu erwer-
ben. Nebst dem Schweizerischen Landesmuseum
in Zür ich und uns, hat sich um den Helm auch ein
Amer ikaner beworben und ist letzterer der E i -
g e n t ü m e r desselben geworden. Damit ist nun die-
ses s chöne Stück leider wohl f ü r immer fü r unser
Land verloren. E i n zweites Stück, aber nicht so gut
erhalten, befindet sich i m Vorarlberger Landesmu-
seum. Dieses Stück stammt von der gleichen Fund-
s te l le» . 4 1 Mit Datum vom 20. A p r i l 1935 ging ein
Schreiben der Fürs t l i chen Regierung in dieser Sa-
che an die fürs t l i che Kabinettskanzlei in Wien mit
folgendem Inhalt:
«Sehr geehrter Herr Kabinettsdirektor!
Beiliegend erhalten Sie einen Auktionskatalog der
nächsthin in Zürich stattfindenden Auktion über
die Waffensammlung von Schwerzenbach in Bre-
genz. In dieser Auktion kommt ein für Liechten-
stein äusserst wichtiges und wertvolles Stück (Rö-
mischer Helm, Abbildung letzte und vorletzte Seite
485) zum Verkaufe. Das Stück wurde seinerzeit in
Schaan gefunden bei der Legung der Wasserlei-
tung, dann von Schwerzenbach aufgekauft und in
seinen Privatbesitz genommen. Es ist eines der
schönsten Stücke dieser Art, die überhaupt je ge-
funden worden sind und es wäre äusserst bedauer-
lich, wenn dieses Stück für immer aus der Gegend
verschwinden müsste. Seinerzeit bemühten sich
Durchlaucht der verstorbene Fürst Johannes um
den Erwerb des Objektes. Die Forderungen waren
aber damals, wie es in der Zeit lag, äusserst hohe.
Heute dürfte die Sache zu ganz annehmbaren Prei-
sen erstanden werden können. Der Historische
Verein hätte Interesse, seinerseits zu tun, was er
nur kann, um das Stück zurück zu erwerben. Die
Mittel des Vereines sind jedoch derart beschränkt,
dass es ohne grosse Geldaufnahme neben den lau-
fenden Ausgrabungs- und Vereinskosten unmöglich
ist, den Kauf von sich aus zu leisten. Wir ersuchen
Sie daher, sehr geehrter Herr Kabinettsdirektor,
die Angelegenheit ehestens Seiner Durchlaucht zu
unterbreiten, um den Landesfürsten für die Ange-
legenheit zu interessieren. Ich betone nochmals, es
wäre sehr schade, wenn dieses prachtvolle Stück
für die liechtensteinische Geschichte abhanden
kommen müsste. Heute dürfte sich der Preis auf
schätzungsweise Fr. 5000 stellen, während vor
Jahren vielleicht mit Fr. 25000 und noch mehr
Tausenden zu rechnen war. Ich muss Sie, sehr ge-
ehrter Herr Kabinettsdirektor, bitten, die Angele-
genheit möglichst rasch behandeln zu wollen, weil,
wie Sie aus dem Katalog ersehen können, die Auk-
tion am 7. Mai in Zürich stattfinden soll und wir
bis dahin nicht nur den Bescheid haben sollten,
sondern unsere Vorkehrungen treffen müssten,
was von Seite des Historischen Vereins und evtl.
von Seite der Regierung und des Landes getan wer-
den könnte.
Für Ihre Bemühungen recht herzlichst dankend,
entbiete ich Ihnen für die kommenden Feiertage
die ergebensten Grüsse und Wünsche.
Fürstliche Regierung».42
(Es folgt die Unterschrif t von Anton Frommelt) .
A m 26. A p r i l 1935 k a m die Antwort aus Wien , ge-
richtet an: Seiner H o c h w ü r d e n , Flerrn Landtags-
p r ä s i d e n t e n Anton Frommelt , fürs t l . Regierungs-
chef-Stellvertreter, Vaduz, mit folgendem Inhalt:
«Euer Hochwürden! Verehrter Landtagspräsi-
dent und Regierungschef-Stellvertreter!
37) JBL 34 (1934), S. 138 f.
38) Die Jahre 1934/35 betreffend, denn die Vereinsjahre sind nicht,
unbedingt identisch mit dem jeweiligen Kalenderjahr.
39) JBL 35 (1935), S. 139.
40) Die beiden Helme wurden noch am selben Tage um vier Gulden
weiterverkauft, fanden kurze Zeit spä ter für je fünf Gulden einen
neuen Käufer und gelangten schliesslich in den Besitz des Bregenzer
Fabrikanten Carl von Schwerzenbach; vgl. Rudolf Degen: Der Beginn
der römischen Herrschaft im Rheintal und die f rührömischen Helme
von Schaan, in: helvetia archaeologica. 9/1978. 34/36, S. 171.
41) JBL 35 (1935), S. 139.
42) Kopie des Schreibens im Archiv des Liechtensteinischen Landes-
museums.
257
Ich bedauere unendlich, dass ich in der Angele-
genheit einer Erwerbung des römischen Helmes
aus Schaan unter den obwaltenden Verhältnissen -
wie Herr Landtagspräsident aus angeschlossener
Kopie gütigst ersehen wollen - nichts beitragen
konnte. Seine Durchlaucht der Landesfürst geruh-
ten mich zu beauftragen, Euer Hochwürden noch
mitzuteilen, dass Seiner Durchlaucht nur die Wahl
bliebe, nichts für die Armen von Liechtenstein zu
tun, was für den Fürsten noch unendlich härter
wäre. Ferner ob nicht die Gemeinden, welche für
Einbürgerungen Einnahmen haben, für die Sache
beisteuern könnten?
In treuer Ergebenheit.» (Nachschrift: Im Höchs-
ten Auftrag - eben telephonisch erhalten - gestatte
ich mir noch beizufügen, dass es für den histori-
schen Verein natürlich von Interesse ist, über den
Verkauf des Helmes etc. am laufenden zu bleiben.
Seine Durchlaucht geruhten noch beizufügen, dass
derselbe vielleicht billiger zu haben wäre. Ich bitte
sehr um gef. Bekanntaga.be nach durchgeführter
Auktion zwecks Meldung an den Landesfürsten,
um welchen Preis der Helm verkauft wurde und
wer denselben erworben hat. Euer Hochwürden er-
gebenster ,/.»43
Dem Schreiben ist angefüg t : «An die fü r s t l i che Re-
gierung, Vaduz.
A u f F / G vom 20. d. M . beehrt sich die Kabinetts-
kanzlei , wie folgt zur Kenntnis zu bringen:
Seine Durchlaucht der Landesfürst geruhten in
einem Schreiben an den Gefertigten mitzuteilen,
dass es unter den gegenwärtigen so schwierigen
wirtschaftlichen Verhältnissen, mit welchen auch
die fürstliche Vermögensverwaltung sehr zu rech-
nen hat, zum aufrichtigen Bedauern Seiner Durch-
laucht leider nicht möglich ist, bei der in Zürich
stattfindende?! Auktion über die Waffensammlung
Schwerzenbach in Bregenz den römischen Helm,
welcher seinerzeit in Schaan gefunden wurde, die-
ses so wertvolle Unikum, zu kaufen oder zum Kau-
f e beizutragen. Der anher gelangte Katalog wird
unter einem als Drucksache rückgemittelt.
Wien, am 26. April 1935. Der Kabinettsdirektor:
J. Martin m.p.»44
Im Protokoll der Ausschuss-Sitzung des Vereins-
vorstandes vom 14. Jun i 1935 auf Schloss Vaduz
w i r d unter Punkt 4 festgehalten: «Der Schaaner
Helm wurde bei der Auk t ion in Zür ich f ü r 6 700 Fr.
+ 15% verkauft, wahrscheinl ich an einen Amer ika -
ne r !» Der L e g i o n ä r s h e l m des r ö m i s c h e n Soldaten
Publius Clavdius Felix aus der Centurie des Gaius
Petronius, aus der f r ü h e n Kaiserzeit s tammend
und 1886 in Schaan gefunden, ging also vorerst i n
amerikanischen Besitz, gelangte dann erneut in
den A n t i q u i t ä t e n h a n d e l und konnte 1940 durch
das Schweizerische Landesmuseum in Zür ich er-
worben werden, wo er sich noch heute befindet . 4 3
Der Historische Verein war ebenfalls i n Sorge
ü b e r die Zukunft und den Erhal t der Al tä re aus der
alten Kapelle St. Sebastian und Rochus in Nendeln.
« N a c h d e m in der Ortschaft Nendeln eine neue K a -
pelle heuer gebaut wurde und f ü r diese die Al tä re
aus der alten Kapelle nicht verwendet werden,
wurden Schritte wegen Erhal tung der alten Al täre ,
besonders des Flochaltares, eingeleitet, die aber
noch nicht zu einer endgül t igen Lösung g e f ü h r t ha-
b e n » 4 6 . Es handelt sich dabei um ein LIauptwerk
des Feldkircher Bildschnitzers Ignaz Joseph B i n
(1659 bis 1697) . 4 7 Letztl ich waren es wieder die
stets p r e k ä r e n P la t zve rhä l tn i s se , welche die Ver-
antwortl ichen hinderten, die g e f ä h r d e t e n Al tarwer-
ke fachgerecht einzulagern und zu konservieren.
Die Hauptf iguren, M a r i a mit K i n d , St. Sebastian
und Rochus sowie einige Putti wurden 1956 (!) zur
Aufbewahrung und Konservierung in die Samm-
lungen des Flistorischen Vereins ü b e r n o m m e n . 4 8
Erst viele Jahre s p ä t e r konnten zahlreiche Frag-
mente des einstmals grossartigen Altarwerkes
nach m ü h s a m e n Recherchen durch das Liechten-
steinische Landesmuseum entdeckt und sicherge-
stellt werden.
Die 1930er und 1940er Jahre waren gekenn-
zeichnet durch eine rege a r chäo log i s che Grabungs-
tät igkeit , vorerst meist unter fachlicher Leitung des
Konservators Adol f Flild vom Vorarlberger Landes-
museum Bregenz; 4 9 so 1930 und 1932/33 bei Gu-
tenberg in Balzers mit den Funden der Votivfiguren,
wenig s p ä t e r am Eschnerberg, Lutzengüt le , Ma lan -
ser und Schneller. Die Folge w a r eine ganze Flut an
258
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
Funden, die i m Laufe der Zeit in die Sammlungen
Eingang fanden. A b e r auch andere Sammlungsge-
biete wurden stetig ausgebaut. So heisst es in der
Vereinschronik 1936: «Aus Balzers hat unser Vor-
standsmitglied H o c h w ü r d e n Herr L a n d t a g s p r ä s i -
dent Frommelt einen Stein, auf dem sich verschie-
dene Zeichen befinden, geborgen; die f r ü h e r e
Zweckbest immung des Steines ist noch nicht klar-
gestellt. - H o c h w ü r d e n LIerr Frommelt hat die von
ihm angelegte Sammlung von Versteinerungen aus
dem Steinbruch am Limseneck bei Ruggell durch
prachtvolle Stücke e r g ä n z t und erweitert. Ferner
wurde der Grundstein zu einer Sammlung von
Versteinerungen aus der Trias angelegt. Die Stücke
dieses Teiles der Sammlungen stammen von Bar-
ge l l a -S i lum». 5 0 In der folgenden Jahresversamm-
lung gelangte der Vorstand mit einem neuen Auf-
ruf an seine Mitglieder: «Weil beabsichtigt ist, die
Sammlungen unseres Vereines a l lmähl ich zu er-
weitern, w ü r d e n mit besonderem Danke auch Ge-
g e n s t ä n d e entgegengenommen, welche zum Bei -
spiel in vergangenen Zeiten dem täg l ichen Gebrau-
che gedient haben oder sonstwie im Leben des
Volkes von Bedeutung waren, heute aber entweder
nicht mehr oder nur mehr selten verwendet wer-
den. Wi r denken dabei nicht zuletzt an Gebrauchs-
g e g e n s t ä n d e der Milchwir tschaf t in den Dorf- und
Alpensennereien, wie der Landwirtschaft ü b e r -
haupt und der alteingesessenen Gewerbsarten. Die
E igen tümer solcher G e g e n s t ä n d e werden hiermit
gebeten, uns Mittei lung zu m a c h e n » . 5 1
Die Zuwendungen und A n k ä u f e fü r die mittler-
weile vielfält igen Sammlungen h ä u f t e n sich nun
stetig; so wurden 1939 unter anderem sechs Ble i -
stiftzeichnungen mit Darstellungen aus Vaduz,
Schellenberg, Schaanwald und Bendern von K a r l
August Kayser (1813 bis 1874), angeboten durch
Konservator Adol f Hi ld aus Bregenz, f ü r 200 Fran-
ken durch die fü r s t l i che Regierung angekauft und
dem Verein ü b e r g e b e n . 5 2
Im Zuge der Ereignisse des Zweiten Weltkrieges
verlegte die Fürs t l i che Famil ie 1938 ihren s t änd i -
gen Wohnsitz auf das Schloss Vaduz. So musste der
Vorstand an der Mitgl iederversammlung i m «Wald-
hotel» in Vaduz vom 20. Oktober 1940 mitteilen:
«Die Sammlungen des Vereins f ü r das F ü r s t e n t u m
Liechtenstein sind i m heurigen Sommer vom
Schloss Vaduz i n das Rathaus der Gemeinde Vaduz
ü b e r t r a g e n worden, nachdem die bezüg l i chen Räu-
me des Schlosses fü r andere Zwecke benöt ig t wer-
den. Seiner Durchlaucht dem L a n d e s f ü r s t e n wurde
fü r die bisherige R a u m g e w ä h r u n g und fü r die
Ü b e r n a h m e der Ü b e r s i e d l u n g s k o s t e n der aufr ich-
tigste Dank a u s g e s p r o c h e n » . 5 3
Die Sammlungen waren also von Schloss Vaduz
ins Rathaus weitergezogen und der seinerzeitige
A u f r u f nach Auswei tung der S a m m l u n g s b e s t ä n d e
musste - wenigstens teilweise - z u r ü c k g e n o m m e n
werden. Der Vorstand teilte 1944 mit: «Den da und
dort g e ä u s s e r t e n W ü n s c h e n , der Historische Verein
43) Kopie des Schreibens im Archiv des Liechtensteinischen Landes-
museums.
44) Kopie des Schreibens im Archiv des Liechtensteinischen Landes-
museums.
45) Vgl. Rudolf Degen: Der Beginn der römischen Herrschaft im
Rheintal und die f rührömischen Helme von Schaan. In: helvetia
archaeologica, 9/ 1978. 34/36. S. 167-180. Ebenso: Norbert W. Has-
ler: Kulturgut aus Liechtenstein - abgewandert oder verloren. In:
JBL 93 (1995), S. 408 f.
46) JBL 35 (19351, S. 139.
47) Vgl. Norbert W. Hasler: Der Hochaltar der ehemaligen Kapolle
St. Sebastian und Rochus in Nendeln. In: JBL 91 (1992), S. 257-278.
48) Vgl. JBL 56 (1956), S. 76.
49) 1938 teilte der Vereinsvorstand mit: «Die Vorstandschaft unseres
Vereines strebt an, allmählich eines seiner Mitglieder für die fach-
gemässe Ausführung von Ausgrabungen heranzubilden; in diesem
Sinne hat Herr Lehrer [David] Beck über unser Ersuchen im Septem-
ber 1938 in Ölten einen Kurs für Forschungen auf vorgeschichtli-
chem Gebiete mitgemacht. Lehrer Beck hat bekanntlich auch bei den
Ausgrabungen im Lutzengütle 1937 mitgearbeitet»; vgl. JBL 38
(1938). S. 153. In spä te ren Jahren wurden vor allem Dr. Emil Vogt.
Universi tätsprofessor und Konservator am Schweizerischen Landes-
museum in Zürich, sowie Universi tätsprofessor Dr. Elmar Vonbank,
Direktor des Vorarlberger Landesmuseums Bregenz, als Fachexper-
ten beigezogen.
50) JBL 36 (1936), S. 97 f.
51) JBL 37 (1937), S. 181.
52) JBL 39 (1939), S. 122.
53) JBL 40 (1940), S. 338. Die Umzugskosten für Sammlungen und
Bibliothek vom Schloss ins Rathaus beliefen sich auf 130 Franken;
vgl. JBL 41 (1941), S. 163.
259
m ö c h t e sich auch der Sammlung und dem Ankaufe
von alten G e b r a u c h s g e g e n s t ä n d e n usw. mehr wid -
men, k ö n n e n wi r leider so lange nicht in dem
w ü n s c h b a r e n Masse Rechnung tragen, als uns
nicht mehr Raum fü r die Unterbringung unserer
Sammlungen zur Ve r fügung steht. Der von der Ge-
meinde Vaduz in ih rem Rathause uns einstweilen
in dankenswerter Weise ü b e r l a s s e n e s c h ö n e Raum
bietet knapp Platz fü r die geologischen und einen
Teil der p r ä h i s t o r i s c h e n Funde, sowie der Münz-
sammlung und fü r einen Teil der Bibliothek. Doch
hoffen wir, in absehbarer Zeit ü b e r mehr Raum
v e r f ü g e n zu k ö n n e n , und dann w i r d man sich auch
der Sammlung von A l t e r t ü m e r n entsprechend wid -
men k ö n n e n » . 5 4 Diese Hoffnung wurde aber noch
fü r weitere zehn Jahre auf die Probe gestellt.
Unentwegt suchte der Verein nach geeigneten
Räuml ichke i t en fü r seine Sammlungen. A n der
Jahresversammlung vom 11. November 1945 teilte
der Vorsitzende mit: «Über Ersuchen unseres Ver-
eines und ü b e r Ant rag der fü r s t l i chen Regierung
hat der Landtag beschlossen, in dem vom Lande
erworbenen Hause in Vaduz Nr. 18 (sogenanntes
E n g l ä n d e r h a u s ) ein Stockwerk f ü r die Sammlungen
unseres Vereines beziehungsweise des künf t igen
Landesmuseums zur Ver fügung zu stellen, doch
wi rd es noch etwa vier Jahre dauern, bis diese
R ä u m e fü r die gedachten Sammlungen verwendet
werden k ö n n e n . Ein kleinerer Raum im Erdge-
schoss des gleichen G e b ä u d e s konnte indessen
dank Entgegenkommens der fü r s t l i chen Regierung
in Verwendung genommen werden, um dort einen
Teil der Büchere i und bereits vorhandene Samm-
lungss tücke zu verwahren.
Etliche Stücke von G e b r a u c h s g e g e n s t ä n d e n aus
den letzten Jahrhunderten sind auch 1945 erwor-
ben w o r d e n » . 5 5 Anläss l ich dieser Jahresversamm-
lung wurde erstmals Regierungschef Alexander
Fr ick in den Vorstand gewäh l t , dem weiterhin
Fürs t l i cher Rat Josef Ospelt als Vorsitzender, David
Beck als Kassier, Pfarrer und Al t -Land tagsp rä s i -
dent Anton Frommelt als Konservator, Regierungs-
chef-Stellvertreter Ferdinand Nigg als Bibliothekar,
Fürs t l i cher Studienrat Dr. Eugen Nipp als Schrift-
f ü h r e r und Fürs t l i che r Landesphysikus Dr. Mar t in
Risch a n g e h ö r t e n . Der Verein zäh l te 342 Mitglie-
der. Der 1932 mit 800 Franken eingerichtete «Mu-
s e u m s f o n d s » betrug Ende 1944 insgesamt 901.05
F ranken! 5 6 Der n e u g e w ä h l t e Vorstand verfolgte
nun zielstrebig die Verwirk l ichung eines Museums,
etwa wenn er sagte: «Die Grabung am Eschner Lut-
zengüt le w i r d in der Geschichte unseres Vereins
zweifellos eine hervorragende Stelle einnehmen,
und die Funde von dort werden eine besonders be-
achtenswerte Gruppe i n unserem künf t i gen Muse-
u m d a r s t e l l e n » . 5 7
Trotz dieser B e m ü h u n g e n setzen verschiedene
Aussagen immer wieder in Erstaunen, wenn es
beispielsweise i m Jahresbericht von 1947 heisst:
«Die Verarbeitung und Verteilung der Funde vom
Lutzengüt le i m (Schweizerischen) Landesmuseum
hat grosse Fortschritte gemacht, und es befindet
sich ein g r ö s s e r e r Teil dieser Funde nun wieder in
Vaduz. Wi r hoffen, durch eine Umstellung in unse-
rer Sammlung einige der interessantesten Ergeb-
nisse der Grabungen am Lutzengüt le i m Rathaus in
Vaduz aufstellen zu k ö n n e n . In Hinsicht darauf,
dass die letzten Ausgrabungen am Lutzengüt le un-
ter Mi twi rkung des schweizerischen Landesmu-
seums in Zür ich erfolgt sind, wurden entsprechen-
de F u n d s t ü c k e diesem Museum ü b e r l a s s e n , und
diese werden dort zur Aufstel lung g e l a n g e n » . 5 8 Im
Schlusswort der Jahresversammlung 1947 wies
der damalige Vorsitzende Fürs t l i che r Rat Josef
Ospelt darauf h in , « d a s s die Arbei t des histori-
schen Vereins unserem Heimat land und der Ge-
schichtsforschung gelte, dass die Arbei t des Ver-
eins nicht Selbstzweck sei und dass w i r erwarten
d ü r f e n , in wenigen Jahren wertvolle Sammlungen
als Landesmuseum der Öffent l ichkei t zur Verfü-
gung zu s t e l l e n » . 5 9
Schon 1946 wurden ü b e r Vermitt lung des Chu-
rer Bischofs Dr. Christ ianus Caminada Kontakte zu
Dr. E r w i n Poeschel, Zür ich , dem Inventarisator der
K u n s t d e n k m ä l e r des Kantons G r a u b ü n d e n , ge-
knüpf t , der sich bereit e rk l ä r t e , die Kunstdenk-
m ä l e r des F ü r s t e n t u m s Liechtenstein zu inventari-
s ieren . 6 0 Damit wurde ein Werk initiiert, das mehr
als fün fz ig Jahre seine Gültigkeit haben sollte.
Schon 1948 hielt der Vorstand fest: «Mit grosser
260
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
Befriedigung und lebhaftestem Interesse wurde die
Arbei t an der Inventarisierung der liechtensteini-
schen D e n k m ä l e r durch Her rn Dr. E r w i n Poeschel
aus Zür ich verfolgt und mit Genugtuung festge-
stellt, dass diese Arbei t Vieles zu Tage fö rder t , was
den allerwenigsten bis jetzt bekannt w a r » . 6 1 Bereits
1949 lag das Manuskr ipt ü b e r die K u n s t d e n k m ä l e r
des F ü r s t e n t u m s Liechtenstein « a n n ä h e r n d druck-
fertig v o r » . 6 2
Betreffend die Sammlungen wurde 1949 e rwähn t :
«Her r a. K a m m e r s e k r e t ä r Guido Feger schenkte
dem Verein eine Bleistiftskizze von 1865 mit einer
Teilansicht von Vaduz» , und weiter unten: «Die
letztes Jahr angeregte Sammlung von Ansichtskar-
ten hatte sehr guten Erfolg, und es ist Aussicht auf
Erweiterung und Vervo l l s t änd igung der Samm-
l u n g » . 6 3 Letztere ist - wie so manches aus den
Sammlungen - leider zwischenzeit l ich verschollen.
Im Jahresbericht von 1949 ist die herrschende
Raumproblematik erneut ein Thema: «Je l ä n g e r je
mehr zeigt sich das B e d ü r f n i s nach mögl ichs t bal-
diger Schaffung geeigneter R ä u m e f ü r die zweck-
m ä s s i g e Unterbringung des ur- und f r ü h g e s c h i c h t -
l ichen Fundmaterials, der geologischen Sammlung,
der M ü n z s a m m l u n g und einer Reihe weiterer vor-
handener S a m m l u n g s g e g e n s t ä n d e . Es k ö n n t e n
dann auch eine Reihe von Sachen, die bisher nicht
gesammelt und nicht entsprechend untergebracht
werden konnten, f ü r das neue Museum gesammelt
und dort w ü r d i g aufgestellt werden. Auch fü r die
Büchere i w ä r e ein geeigneter Raum dringend not-
wendig. Dieser sollte mögl ichs t mit den Sammlun-
gen verbunden werden k ö n n e n . Die Hof fnung er-
scheint nicht unberechtigt, dass die z u s t ä n d i g e n
B e h ö r d e n der Schaffung eines Landesmuseums die
entsprechende Aufmerksamkei t zuwenden wer-
den» , und weiter unter w i r d festgehalten: « Z u m
Schlüsse dieses Berichtes sei noch kurz d a r a u f h i n -
gewiesen, dass ein Teil der Sammlungen des Histo-
rischen Vereins in einem Zimmer des Rathauses
der Gemeinde Vaduz aufgestellt ist, w ä h r e n d der
andere Teil des Fundgutes i m Schulhause i n Eben-
holz sich b e f i n d e t » . 6 4
1950 war die Rede von einer Vergabe S. D. Pr inz
Hans von und zu Liechtenstein an den Historischen
Verein. Diese beinhaltete « v e r s c h i e d e n e Bilder,
Zeichnungen und anderes, das er von einer Jagd-
reise aus Abess in ien m i t b r a c h t e » . Ebenso wurde
«ein A l b u m mit Bi ldern ü b e r die Kriegsereignisse
von 1945 an unserer G r e n z e » e r w ä h n t , 6 5 das Ba-
ron von Fa lz -Fe in in die Vereinssammlungen übe r -
gab. A l l dies ist heute wie so manches leider nicht
mehr auffindbar. Aus dem Nachlass des verstorbe-
nen Professors Ferdinand Nigg konnte eine Reihe
von G e g e n s t ä n d e n sowie mehrere Werke von Nigg
durch die fü r s t l i che Regierung fü r das künf t ige
Landesmuseum erworben werden . 6 6 Ein aus Schaan
stammendes, sogenanntes Limogeskreuz, das sich
i n privatem Besitz in der Schweiz befand, wurde
dem Verein zum Kaufe angeboten, konnte aber we-
gen des sehr hohen Preises nicht erworben wer-
den. Es gelangte 1951 in die Sammlungen des
54) JBL 44 (1944), S. 113.
55) JBL 45 (1945), S. 172.
56) Ebenda, S. 174 und 177.
57) JBL 46 (1946). S. 89.
58) JBL 47 (1947), S. 109.
59) Ebenda, S. 113.
60) Erwin Poeschel: Die Kunstdenkmäler des Fürs ten tums Liechten-
stein. Basel. 1950.
61) JBL 48 (1948), S. 106.
62) JBL 49 (1949). S. 111.
63) JBL 48 (1948). S. 107.
64) Ebenda, S. 112 und 114.
65) JBL 50 (1950), S. 197.
66) JBL 51 (1951), S. 267: «Besonders hervorgehoben sei. dass über
Anregung des Historischen Vereins che fürstl iche Regierung in aner-
kennenswerter Weise beschlossen hat, aus dem Nachlass des Prof.
Ferdinand Nigg sei. die wichtigsten kulturgeschichtlichen Objekte zu
ü b e r n e h m e n und sie der Sammlung des Historischen Vereins für das
künftige Landesmuseum zu übergeben. Es handelt sich hierbei um
wertvolles altes Kunstgut aus verschiedenen Gemeinden des Landes,
besonders aus der alten Kirche in Triesen und um einen charakteris-
tischen Bestand aus dem eigenen Kunstschaffen des Verstorbenen:
Zeichnungen, Entwürfe und gestickte Wandbehänge» .
261
Schweizerischen Landesmuseums in Zür ich . Die
Herkunft aus Schaan ist nicht belegbar, ü b e r die
Echtheit gibt es zudem berechtigte Zwe i f e l . 6 7
1951 konnten die Grabungen auf dem Schneller
abgeschlossen werden, jene auf dem Borscht wur-
den von David Beck und Benedikt F re i weiterge-
füh r t . «Die Funde aus der p r ä h i s t o r i s c h e n Zeit ha-
ben wieder sehr beachtenswerte Bereicherung er-
fahren, und es ist ausserordentlich zu b e g r ü s s e n ,
dass diese Funde, wie auch die ü b r i g e n vorhande-
nen Sammlungen, voraussichtlich nun i n n ä h e r e r
Zeit in geeigneten M u s e u m s r ä u m e n untergebracht
und aufgestellt werden k ö n n e n . E in solches Muse-
um w i r d zweifellos von Einheimischen, wie auch
vielen Besuchern unseres Landes mit besonderem
Interesse besichtigt werden. Wenn entsprechende
R ä u m e endlich vorhanden sein werden, kann auch
an die Erweiterung der Tät igkei t des Vereines
durch Sammlung von A l t e r t ü m e r n und Gebrauchs-
g e g e n s t ä n d e n aus den vergangenen Jahrhunderten
geschritten w e r d e n » , heisst es i m entsprechenden
Jahresbericht . 6 8 Im Schulhaus von Schellenberg
wurde eigens eine Sonderausstellung mit urge-
schichtlichen Funden von verschiedenen Ausgra-
bungen auf dem Borscht, dem Lutzengüet le und
anderen Stellen d u r c h g e f ü h r t . 6 9
Im folgenden Jahr war man einer Lösung h in-
sichtlich geeigneter Museums- und Sammlungs-
r ä u m l i c h k e i t e n n ä h e r gekommen. So konnte i m
Jahresbericht 1952 festgehalten werden: «Erf reu l i -
cherweise konnte sich der Vereinsvorstand nun
endlich in positiver Weise mit der Schaffung und
Eintei lung der R ä u m e fü r das kommende Landes-
museum befassen. Durch eine Vereinbarung z w i -
schen der fü r s t l i chen Regierung und dem Verwal-
tungsrate der Sparkasse fü r das F ü r s t e n t u m Liech-
tenstein (heute Liechtensteinische Landesbank) sind
die i m oberen Stockwerke des neuen Sparkassa-
G e b ä u d e s gelegenen R ä u m e f ü r das Landesmuse-
um gesichert, und es ist eine entsprechende bauli-
che Eintei lung im Einvernehmen mit unserem Ver-
eine getroffen worden. W i r d ü r f e n woh l erwarten,
dass i m Jahre 1953 das Landesmuseum in den ge-
nannten R ä u m e n untergebracht und der Öffentl ich-
keit zugängl ich gemacht werden kann. F ü r die E i n -
r ichtung der S a m m l u n g s r ä u m e w i r d der Rat eines
erfahrenen Fachmannes e i n g e h o l t » . 7 0
Aus den hinreichend bekannten G r ü n d e n muss-
te der Verein immer wieder interessante Angebote
ausschlagen, so auch 1952: «Die Gemeinde Eschen
hat dem Historischen Vereine eine Feuerspritze mit
Handbetrieb angeboten, w o r ü b e r die Ü b e r n a h m e
dieser Spritze f ü r den Zeitpunkt in Aussicht genom-
men wurde, i n welchem der geeignete Platz f ü r die
Aufsstel lung vorhanden w ä r e . Inzwischen ist aber
diese Spritze durch die Gemeinde nach a u s w ä r t s
verkauft w o r d e n » . 7 1 Ebenso bedenklich - aus heuti-
ger sammlungspoli t ischer wie konservatorischer
Sicht - ist folgender Hinweis zu betrachten: «Die
Landesschule i n Vaduz hat das Ansuchen um Über-
lassung p r ä h i s t o r i s c h e n Materials f ü r Unterrichts-
zwecke gestellt, und es ist beschlossen worden,
diesem Ansuchen zu e n t s p r e c h e n » . 7 2
Die Einr ichtung des künf t i gen Museums i m Ge-
b ä u d e der Sparkasse wie die Ü b e r s i e d l u n g der
Sammlungen aus dem Rathaus Vaduz, wo sie
w ä h r e n d f ü n f z e h n Jahren ausgestellt waren, ge-
staltete sich schwieriger als u r s p r ü n g l i c h ange-
nommen. Die Arbei ten lagen f e d e r f ü h r e n d in den
H ä n d e n von Oberlehrer David Beck und Kanonikus
Anton Frommelt . Sie wurden dabei u n t e r s t ü t z t von
Architekt Hans Rheinberger. So musste der Vorsit-
zende mitteilen: « W e n n w i r l ä n g e r e Zeit glaubten,
die heurige Jahresversammlung (1953) mit der
E r ö f f n u n g des Landesmuseums verbinden und Sie
durch die neu eingerichteten Sammlungen f ü h r e n
zu k ö n n e n , so hat sich also diese Hof fnung leider
nicht erfül l t . Im kommenden Jahr werden w i r aber,
so hoffen wi r zuversichtlich, diese E r ö f f n u n g durch-
67) Vgl . Harald Wanger und Hanspeter Lanz: Ein Limoges-Kreuz aus
Schaan? In: 1342. Zeugen des späten Mittelalters. Festschrift 650
Jahre Grafschaft Vaduz. Hrsg. von Hansjörg Frommelt im Auftrag
des Liechtensteinischen Landesmuseums. Vaduz, 1992, S. 242-247.
68) JBL 51 (1951), S. 265.
69) Ebenda. S. 264.
70) JBL 52 (1952), S. 269 f.
71) Ebenda, S. 271.
72) Ebenda. S. 272.
262
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
263
f ü h r e n und Sie dazu einladen zu k ö n n e n » . 7 1 Der
seinerzeit eigens eingerichtete Museumsfonds hat-
te 1953 einen Stand von 1178.90 Franken erreicht.
Das Jahr 1954 war ein Meilenstein in der Ge-
schichte des Historischen Vereins f ü r das F ü r s t e n -
tum Liechtenstein wie f ü r das Landesmuseum.
A n Pfingsten des Jahres 1954 fand die E r ö f f n u n g
des Landesmuseums «ohne besondere äus se r e Feier-
lichkeiten durch Freigabe des Besuches der Samm-
lungen s t a t t » . 7 4 Im entsprechenden Jahresbericht
w i r d ein Überbl ick ü b e r die Sammlungen gegeben,
der gleichzeitig einen ersten F ü h r e r durch das neu
errichtete Landesmuseum darstellt: «Die Sammlung
wi rd eingeleitet mit einer topographischen Darstel-
lung des Landes in F o r m eines Reliefs und einem
kurzen erdgeschichtlichen Überbl ick. Das Relief ist
erstellt worden von Prof. Dr. Schallert in Feldki rch ,
wurde von der fü r s t l i chen Regierung erworben und
der Sammlung zur Ver fügung gestellt. Grundlage fü r
das Relief bilden die neuen K a r t e n b l ä t t e r 1:10 000
mit dem Schnitt der H ö h e n k u r f e n in Äqu id i s t anz
von zehn Metern. Dadurch ist eine weitgehende Ge-
l ä n d e g e s t a l t u n g e rmögl ich t .
Die geologische Sammlung umfasst die erdge-
schichtlichen Entwicklungsstufen unseres Landes:
Neuzeit, Flysch, Kreide und Trias. Aufgelegt sind
die typischen Gesteinsbildungen, besonders die
fossile Fauna und Flora mit Ausschluss der Mik ro -
formen, also die mit blossem Auge sichtbaren ver-
steinerten Formen der ehemaligen Tier- und Pflan-
zenwelt und Kristallstufen. Das Mater ial ist i n jahre-
langer Arbei t durch F lochwürden Herrn Kanonikus
Frommelt zusammengebracht und vom Histor i -
schen Verein fü r die Sammlungen ü b e r n o m m e n
worden. Die Sammlung umfasst nur F u n d s t ü c k e
aus dem Landesgebiet und w i l l das Ve r s t ändn i s f ü r
den heimatlichen Boden vertiefen und zugleich das
Ver s t ändn i s der geologischen Karte des Landes
veranschaulichen.
Die p r ä h i s t o r i s c h e Sammlung im Landesmuse-
um ist so aufgestellt, dass fü r die wichtigen Statio-
nen und Fundstellen je eine der grossen Vitr inen
gewidmet ist. So en thä l t die erste Vitrine die besten
Funde des Siedlungsplatzes Lutzengüt le , wo in
s c h ö n e r Schichtenfolge drei Kulturabschnitte der
Jungsteinzeit (Schussenrieder, Michelsberger und
Llorgener Kultur) in s c h ö n e n Funden festgestellt
werden konnten. Abe r auch noch i n den s p ä t e r e n
Perioden, in der Bronzezeit und in der f r ü h e n und
s p ä t e n Eisenzeit war der Platz besiedelt.
Die zweite Vitr ine e n t h ä l t die Funde der Statio-
nen Schneller (Urnenfelderkultur um 1000 v. Chr.
und spä t e Eisenzeit ca. 400 v. Chr. bis zur R ö m e r -
zeit) und Malanser, wo Siedlungsreste aus der
Jungsteinzeit (3. Jahrtausend v. Chr.), dann aber
auch ganz besonders aus der Mitt leren und s p ä t e n
Bronzezeit ( H ü g e l g r ä b e r b r o n z e z e i t und Melauner
Kultur) gefunden wurden.
In der dritten Grossvitrine s ind die Funde von
Gutenberg-Balzers ausgestellt. Besondere Beach-
tung f inden hier die eigenartigen Bronzefiguren,
die irgendwie kultische Bedeutung haben und in
der s p ä t e n Eisenzeit (La Tene) mit Beginn um etwa
400 v. Chr. entstanden sind. A u c h die Bronzezeit
und die Melaunerkul tur mit ihrer eigenartigen Ke-
ramik sind hier gut vertreten.
F ü r die wichtige H ö h e n s i e d l u n g Borscht am
Schellenberg sind einige Wandvi t r inen reserviert
worden. Vom Borscht s ind Funde ausgestellt aus der
Jungsteinzeit (Rössener und Michelsberger Kultur),
aus der mittleren Bronzezeit und aus der Eisenzeit.
Eine gute Einsicht in die Sch ich tve rhä l tn i s se auf
dem Lutzengüt le bietet das i m Schweizerischen
Landesmuseum p r ä p a r i e r t e Schichtprofi l .
In mehreren Kleinvi t r inen sind an den W ä n d e n
e r g ä n z t e Gefässe ausgestellt. Besonders beachtens-
werte Stücke sind hier der R ö s s e n e r Topf von Gu-
tenberg und der Schussenriederkrug vom Lut-
zengüt le .
Die Wandvi t r inen auf der Ostseite enthalten
Stücke vom Lutzengüt lekopf und Streufunde, be-
sonders Bronzen aus dem ganzen Lande.
F ü r die s c h ö n e n Alemannenfunde von Schaan
und Eschen und f ü r die Römerze i t ist eine grosse
Wandvitr ine vorhanden.
Eine Herdstelle vom Lutzengüt le und ein Grab
aus der R ö m e r z e i t f inden ebenfalls g e b ü h r e n d e Be-
achtung.
Die nicht ausgestellten Funde sind im Depot-
raum übers ich t l i ch geordnet.
264
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
Der südl iche Teil des Saales ist f ü r die neuere
Geschichte und fü r die volkskundliche Sammlung
vorgesehen. Dieser Teil unseres <Heimatmuseums>
soll in Bälde weiter ausgebaut werden. Eine durch
die fürs t l iche Regierung von Herrn Reallehrer H u -
bert Bühle r i n Eschen erworbene Sammlung von
T ü r s c h l ö s s e r n und -Besch lägen findet in diesem
Teil des Museums besondere Beachtung. Durch
Ü b e r l a s s u n g von Leihgaben durch die Herren
Rheinberger vom Roten Haus in Vaduz konnten die
bereits vorhandenen Stücke einer Abtei lung l i e c h -
tensteinisches Militär) e r g ä n z t werden. Die Glei-
chen haben auch die viel beachtete Metallschale
von Gutenberg als Leihgabe zur V e r f ü g u n g gestellt.
... Auch andere Leihgaben waren sehr wi l lkom-
men.
Die Beschrif tung der ausgestellten G e g e n s t ä n d e
zum besseren Ver s t ändn i s der Besucher wi rd bald-
mögl ichs t d u r c h g e f ü h r t werden.
Für den kunstgeschichtlichen Teil der Samm-
lung steht bei dem b e s c h r ä n k t e n Raum leider nur
eine kleine Schauwand zur Ver fügung . Sie bietet ei-
nen kleinen Überbl ick aus dem i m Lande vorhan-
denen Kunstgute. Das Hauptgewicht liegt auf den
zeitlich ä l t e ren Resten: Thronende Madonna mit
K ind ca. 1350 aus dem Nachlass von Professor Fer-
dinand Nigg, St. Wolfgang, kleinere Bildtafel ca.
1400, B r u c h s t ü c k e eines alten Al tarf lügels von
1450 mit der Darstellung der Marter der Zehntau-
send, vom Lande aus dem Nachlass Ferd inand
Niggs gekauft und von Professor Heischeck in Wien
f a c h g e m ä s s restauriert, zwei Altarf lügel mit der
Darstellung der Verkünd igung vom Altar der St. M a -
mertuskapelle 1492 . 7 5 ... Ferner f inden sich vor:
zwei Relieffiguren aus einem Al tar von St. F lor in in
Vaduz, ein h l . Sebastian und zwei kleine Kr ippenf i -
guren von Kern ca. 1630, aus dem Nachlass von
Professor Nigg. Als Beispiel neuzeitlicher Kunst
zeigt sich ein kleiner Wandteppich mit der Weih-
nachtsdarstellung, ein Eigenwerk von Professor F.
Nigg. ... W i r hoffen, den kunstgeschichtlichen Teil
der Sammlung weiter ausgestalten zu k ö n n e n und
setzen gerne voraus, dass auch andere Gemeinden
dem löbl ichen Beispiel von Triesen folgen und das
eine oder andere Stück, das nicht mehr in prakti-
scher Verwendung steht, der Sammlung zur Verfü-
gung stellen werden.
In dem an den grossen Saal anstossenden Raum
befindet sich eine M ü n z e n s a m m l u n g , die den soge-
nannten Schellenberger M ü n z f u n d mit mittelalter-
lichen M ü n z e n , eine Reihe von M ü n z e n des fürst l i -
chen Hauses, sowie sämt l i che L a n d e s m ü n z e n ent-
häl t . Die letztere Gruppe, n ä m l i c h die der Landes-
m ü n z e n , wurde in diesem Jahre noch durch eine
W i d m u n g der Sparkasse f ü r das F ü r s t e n t u m Liech-
tenstein, Liechtensteinische Landesbank, vervoll-
s tänd ig t . ... Im gleichen R ä u m e sind auch die Zei-
chen des fürs t l i ch liechtensteinischen Verdienst-
ordens und des Verdienstkreuzes a u s g e s t e l l t » . 7 6
Eine erste Besucherstatistik wi rd veröffent l icht :
«Bis A n f a n g November [1954] wurde das Landes-
museum von bei läuf ig 1 3 0 0 Personen besucht.
Nach dem aufliegenden Gäs t ebuch waren unter
diesen Besuchern 221 aus Deutschland, 121 aus
der Schweiz, 88 aus England, 33 aus Nordamerika ,
gleichviel aus Frankre ich und weitere Besucher
aus verschiedenen anderen e u r o p ä i s c h e n L ä n d e r n ,
sowie solche aus Ägyp ten und der Türke i . Mehrere
Mitglieder des fü r s t l i chen Hauses beehrten das M u -
seum mit ihrem B e s u c h » . 7 7
Der Historische Verein hatte damit ein m ü h s a m
verfolgtes Ziel erreicht, die Sammlungen hatten -
so schien es zumindest - einen definitiven Platz
und das F ü r s t e n t u m Liechtenstein ein « L a n d e s m u -
s e u m » erhalten. Sammlungs- und Museumsbetreu-
ung war wei terhin Aufgabe des Historischen Ver-
eins. Schon bald stellte sich aber heraus, dass auch
diese Lösung nur von mittelfristiger Dauer sein
sollte und i m nachhinein nur als ein weiteres,
wenn auch entscheidendes Etappenziel betrachtet
werden kann.
73) JBL 53 (1953). S. 218.
74) JBL 54 (1954), S. 135.
75) Der spätgotische Flügelaltar aus St. Mamertus wurde im Mai
1994 zurückgeforder t und wird seitdem als Chorretabel in der
Pfarrkirche Triesen verwendet.
76) JBL 54 (1954). S. 135-138.
77) Ebenda. S. 138.
265
Mit dem Münzschatzfund
von Vaduz, der insgesamt
2432 Gold- und Silber-
münzen und Pfennige
(Brakteaten) umfasst, kam
ein weiterer bedeutender
Fundus in die Sammlun-
gen des Historischen
Vereins.
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
Von der Eröffnung des Landes-
museums 1954 bis zur Errich-
tung der öffentlich-rechtlichen
Stiftung 1972
Das Landesmuseum - noch immer ein Museum des
Historischen Vereins fü r das F ü r s t e n t u m Liechten-
stein - wurde laufend adaptiert und e rgänz t . So
wurde an der S ü d w a n d des Museumssaales «die
alte Grabplatte aufgestellt, die ab 1608 als Al ta r -
tisch in der Heil igkreuz-Kapelle auf Rofaberg dien-
te und mit einer Relieffigur aus dem 15. Jahrhun-
dert versehen i s t » . 7 8 Besagte Grabplatte gelangte
s p ä t e r nach Eschen zurück , konnte dann in den
1990er Jahren erneut durch das Liechtensteinische
Landesmuseum ü b e r n o m m e n werden und befindet
sich heute gesichert in den Depotsammlungen. Bei
den Pfrundbauten in Eschen konnte eine durch das
Landesmuseum angefertigte Kopie angebracht
werden.
E i f r ig und mit neuem Elan wurde weitergesam-
melt: « H o c h w ü r d e n Herr Kanonikus F r ö m m e l t hat
der geologischen Abtei lung wieder einige s c h ö n e
Versteinerungen be igefügt . Vom fürs t l . Forstamt
wurde eine Steinsammlung aus unserem Lande
dem Museum ü b e r g e b e n , die s p ä t e r e r g ä n z t und
neu aufgestellt werden soll. ... Das Arch iv des L a n -
desmuseums erfuhr eine wertvolle Bereicherung
durch alte Karten und Pläne , die bisher be im fürs t -
l ichen Bauamt und beim fü r s t l i chen Geometeramt
aufbewahrt und ü b e r Veranlassung der fü r s t l i chen
Regierung unseren Sammlungen ü b e r g e b e n wur-
d e n » . 7 9 Die meisten dieser «Kar ten und Pläne» sind
spä t e r dem Liechtensteinischen Landesarchiv übe r -
geben worden, vermutl ich ebenso die gesamte A n -
sichtskartensammlung.
Neben zahlreichen Besuchen von Schulklassen
aus dem Lande konnte das Museum in der Zeit vom
15. Oktober 1954 bis zum 15. Oktober 1955 insge-
samt 1035 Besuche verzeichnen, davon 160 E i n -
zelbesuche aus Liechtenstein. 8 0 Anläss l ich der Jah-
resversammlung des Historischen Vereins, die am
13. November 1955 in Vaduz stattfand, wurden
erstmals Dr. Georg Mal in , Reallehrer Felix Marxer
und Dr. Rudolf Rheinberger i n den Vorstand ge-
wähl t . Oberlehrer David Beck, Vorsitzender, Regie-
rungschef Alexander Fr ick, Regierungschef-Stell-
vertreter Ferdinand Nigg und Landespyhsikus Dr.
Mar t in Risch wurden f ü r fünf weitere Jahre i m A m t
bes tä t ig t . 8 1
Von einem bedeutenden Zuwachs ist 1957 die
Rede. Es handelt sich dabei u m den i m März 1957
entdeckten grossen M ü n z s c h a t z f u n d von Vaduz,
der dem Historischen Verein zur Ausstellung i m
Landesmuseum ü b e r g e b e n wurde . 8 2
Das Museum des Historischen Vereins beteiligte
sich nun auch mehr und mehr mit Leihgaben aus
seinen Sammlungen an Ausstellungen ausserhalb
des Landes, so 1957 an der Sonderausstellung
«Kuns t und Kultur der Kel ten» i m Museum Al ler -
heiligen i n Schaffhausen mit den Bronzef iguren
von Gutenberg, an der Ausstellung «Die Schweiz
zur Römerze i t» in Basel mit Funden aus der Gra-
bung beim Kastel l i n Schaan . 8 8 1958 wurde auf
Wunsch des liechtensteinischen Organisationsko-
mitees f ü r die Weltausstellung in Brüsse l eine A n -
zahl G e g e n s t ä n d e aus dem Landesmuseum, teils
Originale, teils Nachbildungen, i m Liechtensteiner
Pavi l lon gezeigt. 8 4
Das Museum selber wurde 1957 « b e s o n d e r s den
Sommer ü b e r von vielen Fremden b e s u c h t » ,
w ä h r e n d « d e r Besuch aus dem Lande selbst immer
noch zu w ü n s c h e n ü b r i g l ä s s t » 8 5 und auch fü r 1958
wurde d iesbezüg l ich festgehalten: « W ü n s c h e n s -
wert w ä r e immer noch ein vermehrtes Interesse
von Seiten unserer Bevö lke rung und besonders der
S c h u l e n » . 8 6
Im F r ü h j a h r 1959 machte Professor Otto Seger
die Anregung, eine Ausstel lung «Altes Kulturgut
78) JBL 55 (1955), S. 146.
79) Ebenda. S. 146-147.
80) Ebenda. S. 147-148.
81) Ebenda, S. 151.
82) Vgl. JBL 57 (1957), S. 284 f.; siehe auch Benedikt Zach: Der
Vaduzer Münzschatzfund von 1957 als Quelle zum Geldumlauf im
14. Jahrhundert. In: 1342. Zeugen des späten Mittelalters. Fest-
schrift 650 Jahre Grafschaft Vaduz. Hrsg, von Hansjörg Frommelt im
Auftrag des Liechtensteinischen Landesmuseums. Vaduz. 1992,
S. 114-139.
83) JBL 57 (1957), S. 286.
84) JBL 58 (1958), S. 331.
85) JBL 57 (1957), S. 286.
86) JBL 58 (1958), S. 332.
267
1958 wurden Teile der
Sammlungen des Histori-
schen Vereins im Liechten
stein-Pavillon an der Welt-
ausstellung in Brüssel
gezeigt.
der H e i m a t » d u r c h z u f ü h r e n , «e ines te i l s , u m ein-
m a l zu zeigen, was an altem historisch und küns t -
lerisch wertvol lem Kulturgut noch vorhanden ist
und andernteils k ö n n t e der Sinn d a f ü r geweckt und
die V e r ä u s s e r u n g alter wertvoller Gegens t ände hint-
angehalten w e r d e n » . 8 7 Wertvolle Vorarbeit dazu
hat E r w i n Poeschel mit dem Inventarband «Die
K u n s t d e n k m ä l e r des F ü r s t e n t u m s Liech tens te in»
geleistet. Die Ausstel lung wurde am 22. November
1959 i m Landesmuseum an läss l i ch der Jahresver-
sammlung des Historischen Vereins in Anwesen-
heit S. D. des L a n d e s f ü r s t e n Franz Josef II. eröff-
net. Professor Otto Seger betonte i n seinem Vortrag
zur E r ö f f n u n g der Ausstellung, « d a s s zum Schluss
so viel zusammen kam, dass eine Auslese getroffen
werden konnte. Die Ausstel lung sei ein Versuch;
aber es sei gelungen, eine Vielfalt s c h ö n e n , alten
Kulturgutes vom Kostbarsten bis z u m Einfachsten
zusammenzubringen. ... G r ö s s e r noch und ein-
drucksvoller k ö n n t e aber unsere Schau sein, wenn
auch das noch da w ä r e , was aus unserem Lande
u m s c h n ö d e s Geld den Weg ins Aus land gefunden
hat oder aus U n v e r s t ä n d n i s b e s c h ä d i g t oder sogar
vernichtet wurde. M a n m ü s s e sagen, dass das, was
w i r noch zeigen k ö n n e n , nur ein Rest des einstigen
Reichtums sei. E i n Zweck dieser Schau sei es nun,
zur Verpfl ichtung aufzurufen, diesen Rest zu h ü t e n
als etwas Kostbares, U n w i e d e r b r i n g l i c h e s » . 8 8 Die
Ausstellung, die bis M ä r z 1960 dauerte, hat ein be-
achtliches Echo gefunden; viele der zusammenge-
tragenen und ausgestellten Objekte haben schliess-
l ich Eingang in die Sammlungen gefunden. «Im Be-
268
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
Am 22. November 1959
wurde in den Räumlich-
keiten des damaligen
Landesmuseums in Anwe-
senheit von Fürst Franz
Josef II. und Regierungs-
chef Alexander Frick durch
den Museumsleiter und
Vereinspräsidenten David
Beck die vielbeachtete
Ausstellung «Altes Kultur-
gut der Heimat» eröffnet.
sucherbuch haben sich w ä h r e n d der Ausstel lung
ü b e r 1 500 Personen eingetragen. Dazu kommen
noch verschiedene Schulen mit zusammen ü b e r
500 Schü le rn . Die Mehrzah l der Besucher waren
Liechtensteiner, und so wurde der Hauptzweck er-
reicht, n ä m l i c h e inmal zu zeigen, was sich an al -
tem, s c h ö n e m und wertvollem Kulturgut noch i m
Lande befindet . . . » . 8 9
Das Museum des Historischen Vereins hatte
mittlerweile einen hohen Stellenwert in Liechten-
stein erhalten, in allen Bereichen der vielfäl t igen
Sammlungen konnten laufend wertvolle N e u z u g ä n -
ge von offizieller wie privater Seite wie auch durch
A n k ä u f e 9 0 verzeichnet werden. Nach wie vor hoch
w a r dabei der Eingang an Funden aus der aktuel-
len a r c h ä o l o g i s c h e n Grabungs t ä t i gke i t des Histor i -
schen Vereins . 9 1
«Durch Legat von Her rn Phil ipp Bauer und des-
sen Ehef rau Julie i n Triesen, beide verstorben i m
Dezember 1963, erhielt das Landesmuseum eine
Sammlung von 31 Ölgemälden . Darunter befinden
sich drei Bilder unbekannter f l ä m i s c h e r Meister,
ferner mehrere G e m ä l d e des deutschen Malers und
Radierers Amandus Faure [geboren 1874 in H a m -
burg, gestorben 1931 in S tu t t ga r t ] » . 9 2 Einige dieser
Gemä lde wurden beim Wasserschaden in den De-
pots des Landesmuseums 1985 unwiederbr ingl ich
zers tör t .
Aus Anlass des 60. Geburtstages S. D. F ü r s t
F ranz Josef II. wurde 1966 i m Landesmuseum
die Sonderausstellung « F ü r s t und F ü r s t e n h a u s »
d u r c h g e f ü h r t . «Dank g ros szüg ige r Leihgaben Sei-
ner Durchlaucht des regierenden F ü r s t e n konnten
in einer kleinen Schau neben G e m ä l d e n , Stichen
etc. noch nie gezeigte Urkunden und Dokumente
aus der Geschichte des Hauses Liechtenstein ge-
zeigt w e r d e n » . 9 3
Dann kam - nach z w ö l f j ä h r i g e m musealem Auf-
schwung - unvermittelt das vorzeitige Aus f ü r des
Museum des Historischen Vereins in den Räuml ich-
keiten der Liechtensteinschen Landesbank: «Der
Vorstand des Historischen Vereins n immt mit gros-
sem Bedauern zur Kenntnis , dass die Liechtenstei-
nische Landesbank infolge akuter Raumnot, der
Für s t l i chen Regierung den Mietvertrag ü b e r die
R ä u m e des Landesmuseums gekünd ig t hat. Der
Vorstand hat die Bedeutung des Landesmuseums
mehrfach dargelegt und vor Unterbr ingung in un-
zu läng l i chen R ä u m e n gewarnt. Professoren und
Museumsdirektoren des Auslandes wiesen i n Gut-
achten auf die Qual i tä t und die Bedeutung des
87) J B L 59 (1959), S. 384.
88) Ebenda, S. 387.
89) JBL 60 (1960), S. 238.
90) In der Jahresrechnung 1963 des Historischen Vereins wird
letztmals der «Museumsfonds» mit einem Stand von Ende 1962 in
Höhe von CHF 1522.80 nachgewiesen; vgl. J B L 63 (1964), S. 263.
91) Vgl . JBL 60(1960), S. 240.
92) JBL 64 (1965), S. 265.
93) JBL 66 (1967), S. 106.
269
Zum 60. Geburtstag von
Fürst Franz Josef IL fand
1966 die letzte Sonderaus-
stellung in den ehemaligen
Räumlichkeiten des Lan-
desmuseums statt: «Fürst
und Fürstenhaus». An der
Eröffnung nahmen Fürst
Franz Josef IL, Fürstin
Gina, das zukünftige
Erbprinzenpaar sowie
weitere Mitglieder der
Fürstlichen Familie teil.
Liechtensteinischen Landesmuseums h i n » , heisst
es i m Jahresbericht des Vereinsvorsi tzenden. 9 4 Als
Z w i s c h e n l ö s u n g w i r d a n g e f ü h r t : «Die Sammlun-
gen, die bisher i m Estr ich der Landesbank aufbe-
wahrt worden sind, s ind in den letzten Tagen in ei-
nen g e r ä u m i g e n Estr ich eines Privathauses i n Va-
duz (Haus Rudolf Schädle r ) umgesiedelt worden.
Das eigentliche Landesmuseum soll, wenigstens
teilweise, i m F r ü h l i n g 1967 ins Mutualhaus (Eng-
l ä n d e r b a u ) in Vaduz übe r s i ede l t werden. ... Es w i r d
allerdings kaum mögl ich sein, das bisherige Muse-
u m i n derselben F o r m zu zeigen. Es soll aber ver-
sucht werden, in thematisch abgegrenzten kleinen
Ausstellungen periodisch alle vorhandenen Expo-
nate zu z e i g e n » . 9 5
Aus diesem Anlass rief Dr. Georg M a l i n an der
Jahresversammlung die Mitglieder zu folgender
Resolution auf: «Weil die jetzigen M u s e u m s r ä u m e
wegen nachgewiesenem Raummangel der Liech-
tensteinischen Landesbank g e r ä u m t werden m ü s -
sen, entsteht f ü r das Liechtensteinische Landesmu-
seum die ernste Gefahr - e inmal i n Depots unterge-
bracht - von der Öffent l ichkei t vergessen, dem
Dienst i m Geschichtsunterricht der Schulen entzo-
gen und den Geschichtsfreunden und der For-
schung u n z u g ä n g l i c h zu werden. Die Jahresver-
sammlung ersucht Landtag und Regierung sowie
alle verantwortl ichen Stellen, f ü r eine baldige und
w ü r d i g e Wiederinstandstellung des Museums i m
Hinbl ick auf seine grosse Bedeutung f ü r ganz
Liechtenstein zu s o r g e n » . 9 6 Die Resolution wurde
einst immig angenommen.
A n der Jahresversammlung von 1966 wurde
Reallehrer Felix Marxer, s p ä t e r l a n g j ä h r i g e r Leiter
des Liechtensteinischen Landesmuseums, als Nach-
folger des a m 21. M a i 1966 verstorbenen Dr. h.c.
David Beck zum Vereinsvorsitzenden g e w ä h l t . 9 7
270
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
Es sollte nun aber weitere sechs Jahre dauern,
bis eine N e u e r ö f f n u n g des Liechtensteinischen
Landesmuseums in Sicht stand.
Der Auszug" aus den R ä u m l i c h k e i t e n der Liech-
tensteinischen Landesbank erfolgte anfangs August
1967. Die Sammlungen wurden in der alten Volks-
schule in Vaduz deponiert, f ü r Büro und Bibliothek
des Vereins stellte die Gemeinde Vaduz ein Schul-
z immer in der neuen Volksschule zur V e r f ü g u n g . 9 8
Doch dann fiel bald e inmal die Entscheidung:
«Die Sorge u m die Neuerrichtung unseres Lan-
desmuseums hat den Vereinsvorstand den gan-
zen Sommer ü b e r beschäf t ig t . Es wurden ver-
schiedene L ö s u n g e n ins Auge gefasst und mit den
z u s t ä n d i g e n B e h ö r d e n durchberaten. Die Fürs t -
liche Regierung nahm die Gelegenheit wahr, das
historische Haus Dr. Batl iner i n Vaduz f ü r den
Staat zu erwerben, mit der Absicht , nach entspre-
chendem U m b a u und stilgerechter Restauration
dort das Landesmuseum einzurichten. Das ge-
nannte Haus bietet vorerst g e n ü g e n d Platz fü r
unsere Sammlungen. Die Vorbereitungsarbeiten
zur Neuerrichtung sind bereits i m Gange. Einer zu
diesem Zwecke gebildeten Museumskommiss ion
g e h ö r e n folgende Mitglieder an: Dr. Bruno Meyer,
Staatsarchivar, Frauenfeld, Univ.-Dozent Dr. E lmar
Vonbank, Direktor des Vorarlberger Landesmu-
seums, Bregenz, Dr. Georg M a l i n , Mauren , A r c h i -
tekt Hans Rheinberger, Vaduz und der Vorsitzende
(Fehx M a r x e r ) » . 9 9
Schon an der folgenden Jahresversammlung
konnte den versammelten Mitgliedern mitgeteilt
werden: «Die Kommiss ion arbeitete detaillierte
Vorschläge f ü r die Eintei lung der Ausstellungen
und fü r die Unterbringung des Museumsgutes i n
den Depots aus, so dass nach der Fertigstellung des
Baues die Einrichtungsarbeiten sofort beginnen
k ö n n e n . Erstklassige Fachleute haben uns ihre Mit -
arbeit zugesichert, und wi r sind ü b e r z e u g t , dass
mit dem Landesmuseum eine neues Kul turzent rum
für Liechtenstein entstehen w i r d . Es ist h ö c h s t e
Zeit, dass die Irrfahrten unseres Museums zu Ende
gehen und dass es sich endlich seinen eigent-
lichen vielfält igen kulturellen Aufgaben zuwenden
k a n n » . 1 0 0
1970 waren die Bauarbeiten f ü r das Liechten-
steinische Landesmuseum weitgehend abgeschlos-
sen. Die Zeit d r ä n g t e auch, denn: «Da die Gemein-
de Vaduz auf einen Abbruch der alten Volksschule
d r ä n g t e , mussten die Sammlungen, die dort depo-
niert waren, ebenfalls ins M u s e u m s g e b ä u d e übe r -
siedelt w e r d e n » . 1 0 1
Der Vorstand des Historischen Vereins machte
sich aber bereits jetzt, zwei Jahre vor der Neueröff-
nung, Gedanken ü b e r die künf t ige rechtliche Stel-
lung des Landesmuseums. «In einem diesbezügl i -
chen Statutenentwurf hat der Vorstand des Histori-
schen Vereins der fü r s t l i chen Regierung vorge-
schlagen, eine Stiftung öf fen t l ichen Rechts mit
Namen l iech tens te in i sches Landesmuseum> zu
g r ü n d e n . Der Entwurf macht Vorschläge zur Rege-
lung der Beziehungen des Landesmuseums zum
Historischen Verein und zur Für s t l i chen Regierung,
die den Staat v e r t r i t t » . 1 0 2 Bereits jetzt war den Ver-
antwortl ichen klar, dass das künf t ige Liechtenstei-
nische Landesmuseum eine e igens t änd ige kulturel-
le Institution sein werde mit eigenem Gesetz und
Statuten. «Die Verhä l tn i s se des Historischen Ver-
eins zum Landesmuseum sollen i n einer gesonder-
ten Vereinbarung geordnet w e r d e n » . 1 0 8 A u c h w i r d
eine der zentralen Museumsaufgaben ins Auge ge-
fasst: «Die Ordnung und Katalogisierung der
Sammlungen, die i m Depot liegen, w i r d nach der
E r ö f f n u n g des Museums in Angr i f f genommen wer-
d e n » . 1 0 4
94) Ebenda, S. 107.
95) Ebenda.
96) Ebenda, S. 108.
97) Ebenda.
98) Vgl. JBL 67 (1967). S. 212.
99) Ebenda, S. 213.
100) JBL 68 (1968), S. 244.
101) JBL 70 (1970), S. 527.
102) Ebenda. S. 527.
103) JBL 71 (1971), S. 192.
104) Ebenda.
271
Seit 1972: Liechtensteinisches
Landesmuseum - eine Stiftung
des Öffentlichen Rechts
A m 5. Oktober 1971 - fün fz ig Jahre nach Erlass
der Liechtensteinischen Staatsverfassung - besuch-
ten der Landes fü r s t , die Landtagsabgeordneten zu-
sammen mit der Fürs t l i chen Regierung das i m Auf -
bau begriffene Landesmuseum, i n dem auch Doku-
mente zur konstitutionellen Entwicklung aufgelegt
w a r e n . 1 0 5 Im Mittelpunkt der Jahresversammlung
vom 5. Dezember 1971 stand ein Vortrag des Vor-
sitzenden Felix Marxer zum Thema: «Über die Not-
wendigkeit eines L a n d e s m u s e u m s » . 1 0 6
A m 15. A p r i l 1972 fand in Anwesenheit S. D. Fü r s t
Franz Josef II. von und zu Liechtenstein und I. D.
F ü r s t i n Gina die Feier zur W i e d e r e r ö f f n u n g des
Liechtensteinischen Landesmuseums statt. 1 0 7
Vom Tag der E r ö f f n u n g bis zum 1. Dezember
1972 zäh l te das Museum bereits 10 422 Besucher.
«Mit Gesetz vom 9. M a i 1972 wurde die Stiftung
Liechtensteinisches Landesmuseum errichtet, das
damit eine s e lb s t änd ige Institution ist. In einer Ver-
einbarung zwischen der Fü r s t l i chen Regierung,
welche die Stiftung vertritt, und dem Historischen
Verein werden die Bes i t zve rhä l tn i s se geregelt und
die Rechte abgegrenzt. Die Sammlungen und die
Bibliothek des Vereins werden dem Landesmuse-
u m als Dauerleihgabe zur V e r f ü g u n g g e s t e l l t » . 1 0 8
Die Sammel t ä t i gke i t des Vereins war w ä h r e n d
einiger Jahre zum Erl iegen gekommen, nun aber
richtete der Vereinsvorsitzende und Museumsleiter
Felix Marxer einen A u f r u f an die versammelten
Mitglieder, « d e m Landesmuseum beim Ausbau sei-
ner Sammlungen zu helfen. Gesucht werden vor al-
lem G e g e n s t ä n d e aus der Volkskunde, wie alte Mö-
bel, Gerä t e der Landwir tschaf t und der h ä u s l i c h e n
Textilverarbeitung, altes Geschirr, alte Bilder,
Bücher , Photographien, geschichtliche Dokumente,
Teile von alten Trachten und G e g e n s t ä n d e des rel i-
g iösen B r a u c h t u m s » . 1 0 9 Die eigentliche Sammel-
tä t igkei t des Historischen Vereins war aber mit der
Err ichtung des Liechtensteinischen Landesmu-
seums zu Ende. Sie wurde nun - ebenso wie die
Auss te l lungs tä t igke i t - zu einer zentralen Aufgabe
des Landesmuseums selbst. Der LIistorische Verein
setzte sich wei terhin f ü r den Ausbau der Sammlun-
gen ein. So auch i m Jahre 1976, als er sich zusam-
men mit den Liechtensteinischen Kunstsammlun-
gen und dem Liechtensteinischen Landesmuseum
darum b e m ü h t e , «e ine Abwanderung der wertvol-
len privaten Kunstsammlung von Guido Feger zu
verhindern und sie f ü r die landeseigenen Kunst in-
stitute zu e r w e r b e n » , und: «In Zusammenarbeit
mit dem Liechtensteinischen Bauamt hat der Ver-
ein den Abguss der g e f ä h r d e t e n alten Grenztafel
bei Bangs veranlasst. Das Original wurde i m Lan-
desmuseum deponiert. A n seiner Stelle wurde eine
Kopie a u f g e s t e l l t » . 1 1 0
272
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
Bereits ein Jahr nach E r ö f f n u n g fanden zwei
Sonderausstellungen i m Liechtensteinischen Lan-
desmuseum statt: vom 21. A p r i l bis 15. Jun i 1973
zum Thema « Z e i c h n u n g e n und Stiche vor 1900 von
Liechtenstein und U m g e b u n g » , und vom 14. A u -
gust bis Mitte Oktober die Ausstel lung « 5 0 Jahre
Zollvertrag mit der Schweiz» , die ü b e r 8 000 Besu-
cher z ä h l t e . 1 1 1 Es sollten - bis zur erneuten
zwangsbedingten Schliessung des Liechtensteini-
schen Landesmuseums i m Jahre 1992 - ü b e r fünf-
zig Sonderausstellungen werden.
Trotz N e u e r ö f f n u n g und e i g e n s t ä n d i g e m jur is t i -
schem Status bildeten der Historische Verein f ü r
das F ü r s t e n t u m Liechtenstein und das Liechten-
steinische Landesmuseum nach wie vor eine ein-
heitliche Schicksalsgemeinschaft. Dies e rk l ä r t s ich
zum Teil daraus, dass Vereinsvorsitz und M u -
seumsleitung in Personalunion g e f ü h r t wurden,
und zeigt sich unter anderem auch darin, dass die
Berichte ü b e r die Museums tä t i gke i t nach wie vor
Bestandteil des Jahresberichts des Historischen
Vereins bildeten. 1975 w i r d erstmals ein e igens t än -
diger « J a h r e s b e r i c h t Liechtensteinisches Landes-
m u s e u m » i m Jahrbuch des Historischen Vereins
f ü r das F ü r s t e n t u m Liechtenstein publ iz ie r t , 1 1 2 wo
105) Ebenda, S. 193.
106) Ebenda, S. 194.
107) «Die vollständige Neueinrichtung der Ausstellungen nach
modernen Richtlinien nahm nach dem Umbau des Hauses fast zwei
Jahre in Anspruch»; vgl. JBL 72 (1972), S. 429.
108) JBL 72 (1972), S. 430.
109) Ebenda, S. 431.
110) JBL 76 (1976), S. 350. 1979 heisst es in der Vereinschronik:
«Über Vermittlung des Historischen Vereins erwarb der Staat die
Kunstsammlung des verstorbenen Fürstl. Kommerzienrates Guido
Feger, Vaduz, zu Händen des Liechtensteinischen Landesmuseums.
Die neu erworbenen Kunstwerke wurden der Öffentlichkeit in einer
über die Weihnachtstage dauernden Ausstellung vorgestellt»; vgl.
JBL 79 (1979), S. 230.
111) JBL 73 (1973), S. 287; vgl. auch Norbert W. Hasler: Rückblick
auf die Sonderausstellungen im Landesmuseum 1973 bis 1987.
Durchgeführt von Fürst l ichem Studienrat Felix Marxer, damaliger
Leiter des Liechtensteinischen Landesmuseums. In: JBL 97 (1999),
S. 293-312.
Felix Marxer, Leiter des
Landesmuseums und
Präsident des Historischen
Vereins während der
Eröffnungsansprache
Das Durchlauchte Fürsten-
paar und weitere Gäste
beim Rundgang durch das
neue Liechtensteinische
Landesmuseum
Fürst Franz Josef II. und
Fürstin Gina tragen sich in
das Museumsgästebuch
ein.
112) Vgl. JBL 75 (1975), S. 505-508.
273
er auch heute noch u n e i n g e s c h r ä n k t e s Gastrecht
geniesst. Aber auch in personeller Hinsicht s ind die
Kontakte zwischen Historischem Verein und Liech-
tensteinischem Landesmuseum gegeben. Ar t ike l 6
des Statuts der Stiftung Liechtensteinisches Lan-
desmuseum besagt: «Der Vorstand des Histori-
schen Vereins hat das Recht, der Regierung drei
Personen als S t i f tungs rä te v o r z u s c h l a g e n » . Ande-
rerseits ist - nach bestehendem Gewohnheitsrecht
- der Museumsleiter i m Vorstand des Historischen
Vereins vertreten. Ebenso sind die Zweckbest im-
mungen in den Satzungen des Historischen Vereins
wie im Statut der Stiftung Liechtensteinisches Lan-
desmuseum nahezu identisch: « S a m m l u n g , Erha l -
tung und Ausstellung liechtensteinischen Kul tur-
gutes sowie die F ö r d e r u n g des V e r s t ä n d n i s s e s fü r
die Landeskunde und Geschichte Liechten-
s t e i n s » . 1 1 3 Vorstand und Mitglieder des Histor i -
schen Vereins nahmen von Anbeginn an regen A n -
teil an den Akt ivi tä ten und Veranstaltungen des
Liechtensteinischen Landesmuseums. Auch die Sor-
gen und Probleme der Museumsleitung wurden
durch den Verein stets wahrgenommen und mitge-
tragen. So w i r d beispielsweise im Jahresbericht
des Vereins von 1982 a n g e f ü h r t : «Zu be rücks ich t i -
gen ist, dass die jetzt zur Ve r fügung stehenden
Räuml ichke i t en i m Liechtensteinischen Landesmu-
seum fü r die Studiensammlung und fü r den Muse-
umsbetrieb u n g e n ü g e n d und dass die p r e k ä r e n
Raumverhä l t n i s s e einer Weiterentwicklung des M u -
seums hinderlich s i n d » . 1 1 4
Dies waren jedoch nicht die einzigen Sorgen fü r
die Museumsverantwortl ichen; es sollten i n den
1980er und 1990er Jahren i m Jahrhundert der
G r ü n d u n g des Historischen Vereins noch ganz an-
dere Probleme auf das Liechtensteinische Landes-
museum und seine Sammlungen zukommen. A m
9. Juni 1985 verursachte ein verheerender Wasser-
einbruch i n den damaligen D e p o t r ä u m e n des Lan-
desmuseums i m Liechtensteinischen Gymnas ium
weitreichende S c h ä d e n an den eingelagerten
S a m m l u n g s b e s t ä n d e n . Nahezu das gesamte ar-
chäologische Fundgut war davon betroffen. Die ge-
samten Sammlungen wurden geborgen und zur
Konservierung und Aufarbei tung in freistehenden
Räuml ichke i t en der ehemaligen Weberei Spoerry
in Triesen untergebracht . 1 1 5 Drei Jahre später , in
der Nacht vom 29. September 1988 kam es i n den
darunterliegenden R ä u m e n zu einem Brandfal l .
Obwohl die Räuml ichke i t en , in denen die Samm-
l u n g s b e s t ä n d e eingelagert waren, nicht direkt vom
Feuer betroffen waren, hat sich die Rauch- und
Giftgasentwicklung mit entsprechender s äu reha l t i -
ger Russablagerung erneut verheerend auf das ge-
lagerte Mater ia l ausgewirk t . " 6 Es bestand nun aku-
ter Handlungsbedarf nach Erstel lung eines geeig-
neten D e p o t g e b ä u d e s f ü r die sachgerechte Unter-
bringung der ä u s s e r s t g e f ä h r d e t e n Sammlungen
des Liechtensteinischen Landesmuseums. Nach
verschiedenen Z w i s c h e n l ö s u n g e n in angemieteten
b e h e l f s m ä s s i g e n R ä u m l i c h k e i t e n in Triesenberg
und Balzers konnte endlich 1991 das neuerbaute
M e h r z w e c k g e b ä u d e an der Messinastrasse in Trie-
sen bezogen werden, wo neben z w e c k m ä s s i g e n ,
zum Teil kl imatisierten D e p o t r ä u m e n auch Labor-,
W e r k s t ä t t e n - und B ü r o r ä u m e zur Ve r fügung stan-
den. Es dauerte also genau neunzig Jahre, bis die
durch den Historischen Verein und in der Folge
durch das Liechtensteinische Landesmuseum i n
u n e r m ü d l i c h e r Arbei t eingebrachten Sammlungs-
b e s t ä n d e verantwortbar und konservatorisch ver-
tretbar untergebracht werden konnten. Doch damit
nicht genug, es konnte nun nicht mit der kontinu-
ierl ichen Aufarbei tung begonnen werden, als be-
reits im folgenden Jahr 1992 das Liechtensteini-
sche Landesmuseum von einem ungeahnten Ereig-
nis betroffen wurde, diesmal nun nicht mit seinen
Depotsammlungen, sondern mit seinen Ausstel-
lungsexponaten im M u s e u m s g e b ä u d e in Vaduz.
Und wieder e inmal spielte die Liechtensteinische
Landesbank schicksalhaft in die Geschicke des
Liechtensteinschen Landesmuseums. 1 1 7
1986 gab Felix Marxer das A m t des Vereinsvor-
sitzenden ab, das er seit 1966 g e f ü h r t hatte. Sein
Nachfolger wurde Dr. Alois Ospelt. 1987 trat Felix
Marxer, seit M a i 1973 Konservator und Leiter des
Liechtensteinischen Landesmuseums, in den Ruhe-
stand. Nachfolger wurde lic. phi l . Norbert W. Pläs-
ier. Damit endete erstmals auch die Personalunion
zwischen Vereinsvorsi tzendem und Museumsleiter.
274
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
Zwei Jahre s p ä t e r kam es schliesslich zur Unter-
zeichnung der Vereinbarung zwischen der Regie-
rung des F ü r s t e n t u m s Liechtenstein, dem Histor i -
schen Verein und der Stiftung Liechtensteinisches
Landesmuseum betreffend der Sammlungen des
Historischen Vereins. A m 11. A p r i l 1989 unter-
zeichneten Regierungschef Hans Brunhart , der
Vorsitzende des Historischen Vereins Dr. Alois Os-
pelt sowie der S t i f t u n g s r a t s p r ä s i d e n t lic. ph i l . Paul
Vogt den Ver t r ag , 1 1 8 i n dem «die vor 1972 angeleg-
ten volkskundlichen und historischen Sammlungen
sowie alle seither und künf t ig i n den Besitz des Ver-
eins gelangenden Erwerbungen, Einzelfunde und
Sammlungen, deren Erhal tung und Betreuung in
den Aufgabenbereich des Landesmuseums fa l len» ,
Blick in die Depotsamm-
lung des Liechtensteini-
schen Landesmuseums
113) Statut der Stiftung Liechtensteinisches Landesmuseum, Artikel 2.
114) JBL 82 (1982). S. 277.
115) JBL 85 (1985), S. 293 sowie S. 313-315.
116) JBL 88 (1990), S. 210-211 sowie S. 232.
117) Vgl . Norbert W. Hasler: Das Liechtensteinische Landesmuseum
Vaduz. Ein Beitrag zum 20-Jahr-Jubi läum 1972-1992. In. JBL 92
(1994), S. 433-446.
118) RB 1484/4/89. Vertragskopie im Archiv des Liechtensteinischen
Landesmuseums.
275
Ausblick
als Dauerleihgabe in die Obhut des Liechtensteini-
schen Landesmuseums ü b e r g e b e n werden. Damit
endete die jahrzehntelange Sammel t ä t igke i t des
Historischen Vereins f ü r das F ü r s t e n t u m Liechten-
stein endgül t ig .
1992 war - wie oben e r w ä h n t - ein Schicksalsjahr
in der Geschichte des Liechtensteinischen Landes-
museums. Die Err ich tung der Zusatzbauten der
benachbarten Liechtensteinischen Landesbank führ -
ten zu gravierenden baulichen S c h ä d e n am M u -
s e u m s g e b ä u d e , was die Schliessung der Ausstel-
lungen und die vol l s tändige Evakuierung der Aus-
stellungsexponate zur Folge hat te . 1 1 9
Im M a i 1998 konnte der Architekturwettbewerb
« E r w e i t e r u n g und Renovation Liechtensteinisches
L a n d e s m u s e u m » abgeschlossen werden. A m 28.
September 1999 fand der Spatenstich statt und i m
Oktober gleichen Jahres wurde mit den Bauarbei-
ten begonnen. Die N e u e r ö f f n u n g des Liechtenstei-
nischen Landesmuseums ist auf F r ü h j a h r 2003
vorgesehen.
Die durch den Flistorischen Verein begonnene
S a m m e l t ä t i g k e i t l iechtensteinischen Kulturgutes
blieb in al l den Jahren - trotz teilweise widriger
U m s t ä n d e - stets eine zentrale Aufgabe des Lan-
desmuseums. Kont inuier l ich und mit grossem Auf-
wand wurde die Aufgabe z u m Erhal t und zur Pfle-
ge des kulturellen Erbes Liechtensteins aufrecht er-
hal ten und w e i t e r g e f ü h r t . So kann das Landes-
museum f ü r die Jahre 1975 bis 1999 einen
Sammlungszuwachs von weit mehr als 3 000 Ob-
jekten - a r c h ä o l o g i s c h e Neufunde sowie Fotografi-
en, B i ld - und Archivmat ie r ia l nicht mitgerechnet -
verzeichnen.
Nach der Translozierung des Hauses Nr. 12
(ehemals Haus Biedermann) in Schellenberg in den
Jahren 1992/93 - eines der ä l tes ten noch weitge-
hend i m Originalzustand erhaltenen H o l z w o h n h ä u -
ser Liechtensteins - und dessen Einr ichtung als
b ä u e r l i c h e s Wohnmuseum konnte das Liechten-
steinische Landesmuseum 1994 seine erste Zweig-
stelle e r ö f f n e n . 1 2 0
Bleibt zu hoffen, dass das Landesmuseum als le-
bendige kulturelle Stät te der Begegnung seine zen-
tralen Aufgaben im Dienste Liechtensteins und sei-
ner Bevö lke rung im neuen Jahrtausend besser
wahrnehmen und verwirk l ichen kann als dies in
der Vergangenheit der Fa l l war.
Die Aufgaben und Verpfl ichtungen des Histori-
schen Vereins werden aber f ü r die kommenden
276
DIE SAMMELTÄTIGKEIT DES HISTORISCHEN VEREINS UND DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N. W. HASLER
Jahre und Jahrzehnte, wie sie in seinen Statuten
festgelegt sind, i m Grundsatz die gleichen bleiben.
Eine breit abgesicherte Verankerung und Unter-
s tü t zung w i r d es ihm e rmög l i chen , den an ihn ge-
stellten Anforderungen gerecht zu werden und die
unter seiner T r ä g e r s c h a f t laufenden wissenschaft l i-
chen Projekte w e i t e r z u f ü h r e n und abzuschlies-
s e n . m
119) Michael Pattyn und Norbert W. Hasler: Das Liechtensteinische
Landesmuseum vor dem Neubeginn. Renovation und Erweiterung
Liechtensteinisches Landesmuseum. In: JBL 98 (1999), S. 307-317.
120) Vgl. Norbert W. Hasler: Bäuerl iches Wohnmuseum in Schellen-
berg. Haus Biedermann - Aussonstelle des Liechtensteinischen
Landesmuseums. In: JBL 94 (1997). S. 351-371.
121) Vgl. Kulturbericht 2000. Bericht und Antrag der Regierung an
den Landtag des Fürs ten tums Liechtenstein betrelTend Zielsetzungen
und Prioritäten der Liechtensteinischen Kulturpolitik (Nr. 11/2000,
15. Februar 2000), S. 127.
277
BILDNACHWEIS ANSCHRIFT DES AUTORS
S. 266: Bruno de Boni,
Schaan
S. 243-245, 247, 249,
251, 254 oben und 254
unten links: Paul Frick,
Liechtensteinisches
Landesmuseum, Vaduz
S. 275: Norbert W. Hasler,
Liechtensteinisches
Landesmuseum, Vaduz
Übrige Abbildungen:
Bildarchiv des Liechten-
steinischen Landes-
museums, Vaduz
lic. phil. Norbert W. Hasler
Liechtensteinisches
Landesmuseum
FL-9490 Vaduz
278
«MUT H A B E N ,
ANREGEN, DISKUSSIO-
N E N A N F A N G E N ,
DAS SIND SCHON AUF-
G A B E N DES HISTORI-
SCHEN VEREINS»
IM GESPRÄCH MIT DEM VEREINSVORSTAND
UND DEM GESCHÄFTSFÜHRER
ISOLDE MARXER UND MATHIAS OSPELT
«MUT H A B E N , A N R E G E N , DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
VORWORT
Aus Anlass des hundertjährigen Bestehens des Hi-
storischen Vereins wurden die Filmrealisatorin
Isolde Marxer und der Autor Mathias Ospelt vom
Vereinsvorstand gebeten, für den Jubiläumsband
100 des Historischen Jahrbuches mit den Vor-
standsmitgliedern und dem Geschäftsführer Inter-
views für eine entsprechende Publikation im vorlie-
genden Buch durchzuführen.
Marxer und Ospelt entschlossen sich, diese Ge-
spräche mit Zweiergruppen durchzuführen, deren
Zusammenstellung durch eine jeweilige themati-
sche Vorgabe erfolgte. So diskutierten sie mit dem
Vereinspräsidenten Dr. Rupert Quaderer und dem
Vorstandsmitglied Veronika Marxer u. a. über
«Frauen in der Geschichte des Historischen Ver-
eins», mit dem Geschäftsführer Klaus Biedermann
und dem Vorstandsmitglied Helmut Konrad u. a.
über «Geschichte und Geschichtsvermittlung», mit
den Vorstandsmitgliedern Dr. Marie-Theres Frick
und Dr. Volker Rheinberger sowie mit Alfred Goop
und Norbert W. Hasler u. a. über «Tradition» res-
pektive «Identität». Als Einstieg in die jeweiligen
Diskussionen wurden die Vorstandsmitglieder ge-
beten, einen Gegenstand oder ein Bild mitzubrin-
gen, der/das für sie von besonderer, persönlicher
Bedeutung im Zusammenhang mit Geschichte im
allgemeinen und dem Historischen Verein im be-
sonderen sind. (Die Abbildungen dieser Gegenstän-
de oder Reproduktionen der Bilder finden sich in
diesem Beitrag.)
Im Verlauf der Gespräche wurde schnell deut-
lich, dass sich der Historische Verein genau hun-
dert Jahre nach seiner Gründung in einer entschei-
denden Übergangsphase befindet und dass dies
von den Vorstandsmitgliedern auch dahingehend
registriert wird. Um nun den Lesenden und, wenn
man so will, der «Nachwelt», den Charakter der
Momentaufnahme - den «100-Jahre-danach»-Ef-
fekt - aber auch die Authentizität des durch die
Vorstandsmitglieder Gesagten zu erhalten, wurde
von Marxer und Ospelt darauf geachtet, bei der
Präsentation so nah wie möglich am Dokumentari-
schen der Gespräche zu bleiben und so eine eigent-
liche historische Quelle für die folgenden Jahrzehn-
te zu schaffen.
Die Wiedergabe der vier Interviews ist jeweils in
vier Blöcke aufgeteilt. Zwei Blöcke beinhalten die
persönlichen Erläuterungen zu den von den Inter-
viewten mitgebrachten Objekten, in den beiden an-
deren Blöcken kommen der Historische Verein an
sich sowie das vorgegebene Thema zur Sprache.
Übertitelt sind die Blöcke mit einem Zitat aus dem
Gesprächstext. Die beiden Gesprächsleiter Marxer
und Ospelt halten sich in den Texten bewusst her-
aus.
Die vier Gespräche fanden innerhalb einer Woche
statt und zwar in der Woche nach der offiziellen Ju-
biläumsfeier vom 17. Februar 2001. Drei Ge-
spräche wurden in der Bibliothek des Historischen
Vereins an der Messinastrasse in Triesen durchge-
führt, eines im Besinnungsraum der Pfarrkirche in
Schellenberg.
Isolde Marxer und Mathias Ospelt
281
7^L(l ? ^A
«Wir wollen in Zukunft als
Bürger und nicht als Un-
terthanen behandelt se in» .
Handschrif t l iche Bemer-
kung von Peter Kaiser i n
einer Adresse an den
L a n d e s f ü r s t e n 1848
282
«MUT H A B E N , A N R E G E N , DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
WIE ANNO 1926 DAS VOLK UND SEINE
VERTRETER SELBSTBEWUSST A U F G E T R E T E N
SIND
Rupert Quaderer: Der eine Text stammt aus der
Mitte des 19., der andere aus dem ersten Viertel
des 20. Jahrhunderts. Diese zwei Teile stellen in
verschiedener Weise und zu verschiedenen Zeiten
ein Grundproblem dar, welches für mich bis heute
ein wichtiges Thema bedeutet. Das ist die Entwick-
lung in Richtung demokratischer Rechte, also mehr
Mitspracherecht des Volkes. Grundsätzlich sehe ich
schon, dass die Waagschale sich immer mehr in
Richtung Volksrechte neigt. Die Waagschale geht
aber nicht gleichmässig auf die eine Seite, sondern
es gibt immer wieder ein Innehalten der Waag-
schale, vielleicht sogar die Gefahr, dass sie zurück
geht. Aber grundsätzlich glaube ich daran, dass
diese Entwicklung auf die Dauer nicht aufgehalten
werden kann.
Die eine Aussage ist von Peter Kaiser (1793 bis
1864): «Wir wollen in Zukunft als Bürger und nicht
als Unterthanen behandelt sein». Dieser Satz
stammt aus einer von Peter Kaiser verfassten
Adresse an den Fürsten und ist im Umfeld der
1848er Revolution zu sehen. In dieser Auseinan-
dersetzung ging es um mehr Volksrechte: ein
Zurückbinden der Rechte des Fürsten und eine
Ausweitung der Rechte des Volkes. Mir scheint die
Aussage, dass man vom Untertanen zum Bürger
wird, der entscheidende Schritt zu sein. Untertan
sein heisst, jemanden über sich zu haben, der sagt
- vielleicht gut gemeint - was richtig ist für die Un-
tergebenen. Dies war die Auffassung im aufgeklär-
ten Absolutismus. Bürger sein, heisst mitreden.
Das heisst natürlich auch Heraustreten aus der Ab-
hängigkeit, aber auch ein Übernehmen von Verant-
wortung. Man setzt sich gewissen Risiken aus und
muss selbst entscheiden.
Vom Untertan zum Bürger, das ist ein Begriff,
der 1848 sehr wichtig war. Es ist damals noch
nicht gelungen, diesen Schritt auch tatsächlich zu
tun. Darum ging der Kampf weiter. In der 1921er
Verfassung wurde ein weiterer Schritt getan; des-
halb lautet die zweite Aussage: «Nun, freies Liech-
dtitft, freiem
£ied)f enfteteer
Stöger i>e£ &taat$tviUcn$t
Erteile fel&fi!
tft fein 6d)itffan
Flugblatt von 1926 der
damaligen Regierung unter
Regierungschef Gustav
Schäd l e r
283
tensteiner Volk, Träger des Staatswillens: Urteile
selbst! - Des Volkes Wille ist sein Schicksal!» Im
Jahr 1926 wurde diese Aussage gemacht! Erstaun-
lich und für mich ab und zu fast ein bisschen trau-
rig ist es, wenn ich sehe, wie anno 1926 das Volk
und seine Vertreter selbstbewusst aufgetreten sind.
Wenn ich es mit der heutigen Zeit vergleiche, dann
würde ich sagen, zumindest sind wir nicht weiter
gekommen. Es sind mehr Ängste vorhanden.
Aus meiner Perspektive hängt das mit dem
Wohlstand zusammen, den man nicht mehr aufs
Spiel setzen will. Ich befürchte, viele denken, dass
es uns ja materiell gut geht, also will man nicht zu
sehr an diesem Zustand rütteln. Da früher weniger
Wohlstand gegeben war, hatten die Leute auch
mehr Hoffnung auf eine positive materielle Verän-
derung. Heute kann sich kaum mehr eine materiel-
le Verbesserung einstellen.
Veronika Marxer: Ich habe das Bedürfnis, noch ein
drittes Blatt dazu zu legen, denn ein Teil des Volkes
fehlt.
Wer ist dieser Bürger, wer ist dieses Volk? Die
Frauen haben in Liechtenstein erst 1984 das
Stimm- und Wahlrecht erlangt. Wenn man von ih-
rer Geschichte ausgeht, wurde erst 1984 das Volk
zum «Träger des Staatswillens». Vorher handelte
es sich ausschliesslich um den männlichen Teil der
Bevölkerung und dieser Teil definierte und defi-
niert bis heute auch den «Staatswillen». Müsste
man also nicht noch eine dritte Aussage dazu le-
gen, die den Schritt der Frauen von der politischen
Bevormundung zur gleichberechtigten Teilnahme
am öffentlichen Geschehen dokumentiert?
Rupert Quaderer: In der erwähnten Zeit war der
Begriff sicher so gemeint, wie er da steht, männlich
ausgerichtet. Von der Bürgerin war 1848 nicht die
Rede, und auch 1926 war dieses Denken noch
nicht gegeben. Aber von heute aus kann ich sagen,
dass für mich im Begriff «Volk» alle Menschen ent-
halten sind. Ich meine schon, dass wir in Sachen
Gleichstellung der Geschlechter noch einiges aufzu-
arbeiten haben; dies kommt etwa zum Ausdruck,
wenn wir die aktuellen Ergebnisse der Landtags-
wahlen 2001 anschauen: von den 25 Parlaments-
mitgliedern sind lediglich drei Frauen.
Jene, welche die Macht haben, geben die Macht
von sich aus nicht her. Das würde ich als Leitsatz
einmal so sagen. Die Machtlosen mussten den
Mächtigen entgegentreten, auch wenn diese den
Beinamen «der Gute» (Fürst Johannes IL, 1858 bis
1929) hatten. Das Volk musste in der Vergangen-
heit für die Erweiterung seiner Rechte kämpfen,
und das wird weiterhin der Fall sein. Ich gehe nicht
von der Hoffnung aus, dass die Mächtigen freiwillig
etwas von ihrer Macht abgeben. Die Männer haben
ihre Privilegien auch nicht von sich aus abgegeben.
Veronika Marxer: Das ist für mich der Faden, der
durchgeht: die Frage nach der Herrschaft, nach der
Macht. Das drückt sich in der Verfassung aus, wo
es um die Rechte der Bürgerinnen und Bürger geht.
Und es drückt sich auch im Verhältnis der Ge-
schlechter aus. Auch dort geht es um Macht. Dass
dieses Verhältnis noch lange nicht ausgeglichen ist,
zeigen tatsächlich die jüngsten Landtagswahlen.
... UND HAT DANN AUCH EIN GANZ ANDERES
GESCHICHTSBILD ZUR FOLGE
Rupert Quaderer: Was kann die Wirkung des Histo-
rischen Vereins sein in Bezug auf die Darstellung
der Rolle der Frauen in der Geschichte? Dass die
Frauen in der Geschichtsschreibung eine geringe
Beachtung gefunden haben, ist Ausdruck der
männlich dominierten politischen Geschichts-
schreibung, wie sie bis vor wenigen Jahren - viel-
leicht Jahrzehnten - betrieben wurde. Die politi-
sche Geschichte wird von Männern dominiert und
darum finden die Frauen darin kaum Beachtung.
Sie haben politisch keine Rolle gespielt; sie waren
politisch unbedeutend in der Vergangenheit.
Veronika Marxer: Die Frage ist einfach, wieso?
Rupert Quaderer: Das ist ein Faktum.
284
«MUT H A B E N , A N R E G E N , DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
Veronika Marxer: Die Frauen haben sich nicht frei-
willig hinter dem Herd verkrochen. Sie sind aus der
Öffentlichkeit verdrängt worden. Es handelt sich
hierbei um einen komplizierten Prozess, der mit
der Etablierung des Bürgertums im 19. Jahrhun-
dert zusammenhängt. Die Ideologie des Bürger-
tums schrieb den Frauen den Innenbereich zu. Sie
standen für das «Private», das heisst für Familie,
Haushalt und Atmosphäre. Der Mann war für den
Aussenbereich zuständig und damit auch für all
das, was mit «Öffentlichkeit» zu tun hatte. Die Frau
galt als Ergänzung des Mannes, oder genauer als
dessen Zudienerin. Sie wurde nicht als eigenstän-
diges Subjekt betrachtet. Diese Ideologie steckt
heute noch in vielen Köpfen. Das schlechte Resultat
der Frauen bei den letzten Landtagswahlen hat mit
diesen Vorstellungen zu tun. Man darf sich nicht
einfach mit dem Hinweis auf die fehlende Tradition
begnügen. Man muss schon genauer hinschauen.
In welchem Interesse wurden die Frauen aus der
Öffentlichkeit verdrängt? Wer war beteiligt? Wel-
che Umstände haben diesen Prozess ermöglicht?
Die Geschichtswissenschaft kann da durchaus Ant-
worten geben. Besonders die Geschlechterge-
schichte hat da schon einiges geleistet. Es ist hier
in Liechtenstein einfach die Frage, wieweit die Er-
gebnisse von der Forschung auch rezipiert werden.
Wichtig scheint mir auch, dass man sich als For-
scherin oder Vermittlerin von Geschichte bewusst
ist, dass man von der eigenen Person nicht abstra-
hieren kann. Die Herkunft, das Alter, das Ge-
schlecht, all dies prägt den Blick auf ein bestimm-
tes Thema. Dies gilt natürlich auch, wenn die for-
schende Person ein Mann ist. Die sogenannte allge-
meine Geschichte, die bis vor wenigen Jahrzehnten
ausschliesslich von Männern geschrieben wurde,
kann unter diesen Voraussetzungen gar keine all-
gemeine Geschichte sein. Sie ist eine Geschichte,
die das Selbstverständnis des Mannes ausdrückt
und die Sicht des Mannes auf die Welt. Das scheint
mir, ist so.
Rupert Quaderer: Man könnte sich bemühen, eine
Verbesserung oder Veränderung in dem Sinne her-
beizuführen, dass man ein Problembewusstsein zu
schaffen versucht. Man sollte sich der Problematik
mindestens bewusst sein oder stärker bewusst
werden, wenn man als Mann an die Behandlung ei-
ner historischen Frage herangeht. Man sollte sich
klar darüber sein, dass man seine Person ein-
bringt. Im Grunde genommen müsste weder eine
Männergeschichte noch eine Frauengeschichte re-
sultieren, sondern eine Menschengeschichte, die
alle Bedingungen umfasst, unter denen wir leben.
Das wäre dann auch sozialgeschichtlich wichtig. Es
ist ja nicht nur so, dass die Frauen nicht vorkom-
men, es kommen ja auch gewisse Schichten nicht
oder nur am Rande vor, zum Beispiel soziale Unter-
schichten. Die früheren Geschichtsdarstellungen
sind vielfach Herrschergeschichte oder Kriegsge-
schichte.
Veronika Marxer: Man darf eines nicht vergessen:
In der Geschichtsschreibung stand lange Zeit die
politische Geschichte im Vordergrund und dies
nicht nur in Liechtenstein. In den 1960er und
1970er Jahren kam dann die Sozial- und Wirt-
schaftsgeschichte dazu und erstmals wurde auch
von Frauengeschichte gesprochen. Aus dieser ent-
wickelte sich in den 1980er Jahren die Geschlech-
tergeschichte. Die Geschlechtergeschichte fordert,
dass man das Geschlecht als analytische Kategorie
in jeder historischen Untersuchung mitberücksich-
tigt. Wenn du also von Volk redest, musst du das
mitdenken: wer ist denn dieses Volk? Dieser Ansatz
verändert die Sicht nochmals radikal und hat dann
auch ein ganz anderes Geschichtsbild zur Folge.
Rupert Quaderer: Als ich meine Arbeit über die
liechtensteinische Militärgeschichte schrieb - das
tönt ja eigentlich grausam: Militärgeschichte! - als
ich die Quellen aufarbeitete, bin ich auf so viele so-
ziale Informationen gestossen.1 Und zwar, weil
Leute aus dem Volk zur Sprache kommen, die in
1) Rupert Quaderer-Vogt: «... wird das Contingent als das Unglück
des Landes angesehen. . .» Liechtensteinische Militärgeschichte
1814-1849. In: JBL 90 (1991). S. 1-281.
285
den offiziellen Akten sonst kaum auftauchen. Da
haben Soldaten Briefe und Gesuche geschrieben.
Frauengeschichtlich ist daran interessant, dass
diese Soldaten nicht heiraten durften, solange sie
militärpflichtig waren. Dann ergab es sich halt
doch, dass nähere Beziehungen entstanden und
dass dann eine Frau schwanger wurde von einem
Militärpflichtigen. Was ist daraus für ein Elend ent-
standen! Da gibt es Briefe, in denen das beschrie-
ben wird. Es gibt oft Bereiche, an die man gar nicht
denkt, wenn man an ein historisches Thema her-
angeht. Bei der Militärgeschichte denkt man nicht
an die Probleme von unehelichen Kindern. Aber
für mich ging eine neue Welt auf, ein ganz anderer
Teil einer sozial- und frauengeschichtlichen Ent-
wicklung und mir wurde deren Bedeutung klarer.
DEN GROSSEN « G U M P » SEHE ICH NICHT
SO SCHLAGARTIG
Veronika Marxer: Wenn wir die früheren Präsiden-
ten und Vorstandsmitglieder des Historischen Ver-
eins anschauen, dann waren das vielfach Land-
tagsabgeordnete. Im Vereinsvorstand konnte auch
durchaus ein Regierungsmitglied sitzen. Ich denke,
der Verein hatte lange Zeit die Funktion einer Re-
gierungskommission, die den Bereich Kultur und
Wissenschaft unter sich hatte. Was heute stattfin-
det und in meinen Augen auch nötig ist, ist eine
Differenzierung und Verlagerung. Der Staat über-
nimmt einen Teil der Tätigkeiten in eigener Verant-
wortung. Dies bedingt, dass neue Institutionen ge-
schaffen werden, so ist zum Beispiel von einem
Amt für Kultur die Rede. Für die Forschung von
Bedeutung wäre auch die Errichtung eines aus
staatlichen Mitteln gespiesenen Wissenschafts-
fonds. Wenn sich der Staat im Bereich Kultur und
Wissenschaft verstärkt engagiert, bringt dies dem
Historischen Verein Entlastung, vor allem admini-
strativ. Es geht viel Zeit verloren mit der Übernah-
me von Projektträgerschaften, mit dem Aushan-
deln von Arbeitsverträgen und allem anderen, was
da anfällt. Zudem ist der Verein nicht nur Arbeitge-
ber, er ist auch Geldbeschaffer.
Rupert Quaderer: Das kann ich bestätigen. Als Vor-
sitzender des Historischen Vereins verwende ich
einen grossen Teil meiner Zeit und Energie für di-
verse Projekte, für die wir grössere Summen Geld
beschaffen mussten. Daneben gab und gibt es an-
dere Turbulenzen: Termine für den Abschluss von
Projekten können nicht eingehalten werden. Dies
bedeutet viel Aufwand. Ab und zu hatte ich den
Eindruck, ich sei der Hauptdarsteller in der Operet-
te «Der Bettelstudent». Das ist mühsam und kostet
viel Kraft. Es ist nicht nur die Zeit, es hat mich psy-
chisch stark belastet, ob ein Projekt, das bereits
Hunderttausende von Franken gekostet hat, bei
dem Leute beschäftigt sind, überhaupt zu Ende ge-
führt wird. Ich werde als Vorsitzender mit einer 20-
Prozent-Stelle entlöhnt, die Vorstandsmitglieder
mit Null Prozent und der Geschäftsführer mit 50
Prozent. Ich habe keinen Freiraum gesehen, weder
zeitlich noch psychisch, weitere Themen anzuge-
hen. Im Gegenteil: Ich wollte von neuen Aufgaben
nichts hören. Über solche Fragen wurde auch im
Vorstand nachgedacht und diskutiert. Wir sind im
Vorstand nicht in allen Bereichen der gleichen Auf-
fassung, aber dass diese Projekte eine grosse Be-
lastung darstellen, darüber herrscht im Vorstand
unisono die gleiche Meinung. Wir müssen uns in
Zukunft von einem Teil dieser administrativen Be-
lastung befreien. Wir haben auch schon in dieser
Richtung Entscheidungen gefällt. Ich bin der An-
sicht, wir sollten noch weitere Erleichterungen
schaffen für die Zukunft, um für andere Aufgaben
Raum zu haben und uns mit anderen Fragen stär-
ker auseinanderzusetzen. Selbstverständlich müs-
sen wir im Vorstand eine Bandbreite des Konsen-
ses finden, wohin der Verein gehen soll. Die einge-
schlagene Richtung muss am Schluss auch von den
Mitgliedern getragen werden, sonst scheitern wir.
Es gibt auch gewisse Ängste im Vorstand und
im Verein. Wenn wir alle Projekte abgeben, was
bleibt dann noch übrig für den Verein? Es entsteht
die Befürchtung, der Verein werde ausgelaugt oder
leergepumpt. Ein Historischer Verein ohne Archäo-
logie, kann denn der noch leben? Das Historische
Lexikon wurde abgegeben! Und jetzt soll noch
mehr abgegeben werden! Was macht der Histori-
286
«MUT H A B E N , A N R E G E N . DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
sehe Verein denn eigentlich noch? Geht er der Auf-
lösung zu? Man muss solche Ängste ernst nehmen
und sie zu überwinden versuchen. Vom Vorstand
aus ist noch ein rechtes Stück Aufklärungs- und
Überzeugungsarbeit nötig. Man kann nicht einfach
einen Schalter umdrehen von der bisherigen zur
jetzigen Auffassung. Das ist ein Prozess, den ich
mit anderen zusammen noch einleiten kann. Ich
glaube aber nicht, dass ich die grosse Wende noch
als Vorsitzender erleben werde. Das ist ein Prozess,
der relativ schwerfällig vorwärts geht. Da müssen
wir langsam wie ein grosses Schiff eine weite Kur-
ve fahren, um ein neues Ziel anzusteuern.
Ich glaube, die neuen Ideen sind erst in den
Köpfen der Vorstandsmitglieder. Wir hatten eine
zweitägige Klausurtagung, um unseren Standpunkt
zu suchen und zu bestimmen. Wir sind selbst noch
etwas unsicher. Deshalb ist auch noch nichts nach
aussen gedrungen. Manches ist auch für uns relativ
neu. Eigentlich ist das 100-Jahr-Jubiläum Anlass,
um über solche Fragen nachzudenken. Dazu kä-
men auch die oben erwähnten Turbulenzen, die
uns stark beschäftigt haben. Aus diesen Gründen
haben die Vorstandsmitglieder gefunden, dass es
an der Zeit ist, über den Verein und seine Bedeu-
tung nachzudenken, der Frage nachzugehen, was
wir denn eigentlich wollen.
Veronika Marxer: Dazu möchte ich noch sagen,
dass das Unbehagen im Vorstand allgemein ist. Wir
sind einfach zu stark von administrativen Aufga-
ben beansprucht. Was jedoch noch fehlt, ist eine
klare Ausrichtung. Welche Schwerpunkte möchten
wir beibehalten, was macht die neue Identität des
Vereins aus? Wir sind uns diesbezüglich noch nicht
im Klaren. Ich sehe den Historischen Verein in ei-
ner kritischeren Distanz zum Staat, also eher als
«NGO» («Non Governmental Organization»; Nicht-
Regierungsorganisation) denn als Botschafter des
Staates.
Rupert Quaderer: Ich habe gegenüber der Regie-
rung eine kritische Haltung bekommen aufgrund
der Turbulenzen, die wir ausgefochten haben. Ich
hatte das Gefühl, dass da kein oder wenig Ver-
ständnis da sei für die Anliegen und den kulturellen
Auftrag, den der Historische Verein hat. Wir haben
schon Unterstützung bekommen vom Staat. Aber
wir haben andererseits auch Leistungen übernom-
men, die sonst der Staat hätte erbringen müssen,
und zwar mit mehr finanziellem Aufwand. Wenn
der Staat ein Amt hätte schaffen müssen, dem all
diese Aufgaben zugeordnet worden wären, was der
Historische Verein bisher gemacht hat, wäre es be-
stimmt um einiges teurer geworden für den Staat.
Der Beitrag des Staates ist also nicht eine Gnade,
die er erweist; er ist schon eher in der Pflicht, wür-
de ich sagen, für die Arbeit, die der Historische
Verein leistet, einen finanziellen Beitrag zu erbrin-
gen. Bisher ist das Jahrbuch auch etwas, das den
Staat nach aussen gut vertreten hat. Etwa 140 Ex-
emplare gehen als Tauschschriften jährlich ins
Ausland an Bibliotheken, Institutionen, Universitä-
ten, Vereine etc. Bis nach Osteuropa und in die
Ukraine gehen diese Tauschschriften. Das ist auch
eine PR-Arbeit für den Staat Liechtenstein.
Früher sind sich der Historische Verein und der
Staat auch personell sehr nahe gestanden. Wie
Veronika (Marxer) es bereits andeutete, waren Re-
gierungsmitglieder gleichzeitig Vorstandsmitglie-
der beim Verein. Ich habe dies auch erlebt mit spä-
teren Regierungen, als diese nicht mehr direkt im
Vorstand vertreten waren. Wenn wir mit einem
Problem an die Regierung herangetreten sind, so
konnten wir ein gewisses Grundverständnis vor-
aussetzen. Wir mussten nicht erklären, warum Ge-
schichtsforschung wichtig ist. In dieser Beziehung
hatte ich öfters den Eindruck, dass ein Bruch ein-
getreten sei. Vielleicht liegt der Grund auch in ei-
nem Generationenwechsel. Ich musste feststellen,
der Historische Verein hat nicht mehr den gleichen
Stellenwert bei den Verantwortlichen des Staates,
zumindest nicht bei allen.
Die Entscheidung, sich etwas auf Distanz zum
Staat zu begeben, könnte ich unterstützen. Ich
habe es schon gesagt, der Historische Verein sollte
anstössig sein im doppelten Sinne des Wortes: An-
stösse geben und anstössig im Sinne von unbe-
quem sein. Dass wir uns öffentlich zu etwas äus-
sern, das der Regierung nicht so gefällt, gehört
287
auch zu den Verpflichtungen des Vereins. Das ha-
ben wir auch schon gemacht, vor allem im Bereich
des Denkmalschutzes. Der Historische Verein hat
nun 100 Jahre hinter sich gebracht. Als Geschicht-
licher würde ich sagen, 100 Jahre kann man nicht
einfach abstreifen. Diese Zeit wirkt weiter und
auch die Tradition, die sich in dieser Zeit aufgebaut
hat. Ich finde es gut, wenn man eine ganze Palette
von Visionen - dieses Wort habe ich zwar nicht so
gerne - vor sich hat. Zumindest wissen wir, in wel-
che Richtung wir ungefähr arbeiten sollten. Nach-
her sind es in der Realität dann eher wieder die
kleinen Schritte. Den grossen «Gump» sehe ich
nicht so schlagartig.
Die Arbeitersiedlung im
Oberen Möliholz in Vaduz.
Eine geplante Gros sübe r -
bauung in unmittelbarer
N ä h e der denkmalge-
schü tz t en H ä u s e r k ö n n t e
die besondere A t m o s p h ä r e
dieses Quartiers zum
Verschwinden bringen.
DIE ÖFFENTLICHE HAND WEIGERT SICH,
VERANTWORTUNG ZU ÜBERNEHMEN
Veronika Marxer: Das Möliholz ist eine heute noch
intakte Arbeitersiedlung aus der Zeit um 1900.
1997 wurden fünf Häuser unter Denkmalschutz ge-
stellt. Das Quartier umfasst jedoch noch mehr: zwei
Weiher, ein Überlaufbecken, dann die Fabrikanten-
villa und noch ein paar zusätzliche Arbeiterhäuser.
Das Ensemble dokumentiert eine Zeit, die für
Liechtenstein prägend war. Es ist ein Zeugnis der
ersten Industrialisierungsphase Ende des 19. Jahr-
hunderts und vermittelt auf eine noch sehr authen-
tische Art ein Stück dieser Lebenswelt.
Von den fünf denkmalgeschützten Häusern ge-
hört eines dem Staat, die anderen sind in priva-
ter Hand. Diese stehen nun zum Verkauf. Der jetzi-
ge Interessent plant zwischen der Schalunstrasse
und dem hinteren Weiher drei grosse Mehrfamili-
enhäuser mit vier bis fünf Stockwerken. Dazu
benötigt er eine Ausnahmebewilligung, da in dieser
Zone sonst nur zweistöckig gebaut werden darf.
Wenn diese Bauten bewilligt werden, ist die Arbei-
tersiedlung als Kulturgut verloren, auch wenn die
einzelnen Arbeiterhäuschen stehen bleiben. Das
Ensemble ist in seinem Charakter zerstört. Um dies
nachvollziehen zu können, muss man das Quartier
288
«MUT H A B E N , A N R E G E N , DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
besuchen. Erst dann spürt man die ihm eigene At-
mosphäre.
Wir haben wenig Baudenkmäler im Land. Mir
tut es deshalb weh, wenn ich mit anschauen muss,
wie ein weiteres Kulturgut zerstört wird, indem
man es privaten Interessen ausliefert. Dass ein Pri-
vater profitorientiert denkt, ist dabei nicht der
Punkt. Was mich stört, ist das Abschieben von Ver-
antwortung durch die öffentliche Hand, wenn es
darum ginge, für ein Kulturgut einzustehen. An
diesem Punkt möchte ich denn auch einhaken.
Meiner Meinung nach müsste das Land das Ge-
biet erwerben. Es müsste darum bemüht sein, dass
diese Häuschen weiterhin von Leuten bewohnt
werden können, die über kein grosses Einkommen
verfügen. Die Weiher müssten natürlich auch unter
Schutz gestellt werden. Es wird heute noch Strom
produziert. Vielleicht liesse sich die Energiepro-
duktion auch noch ausbauen. Dieses Quartier bie-
tet so viele Möglichkeiten, die man in denkmalpfle-
gerischer Hinsicht beispielhaft nutzen könnte.
Der Historische Verein ist in der Denkmalschutz-
Kommission vertreten. Das ist aber nur eine bera-
tende Kommission, entscheiden tut letztlich die Re-
gierung. Gerade im Bereich Denkmalschutz zeigt es
sich für mich deutlich, dass der Verein eine kriti-
schere Distanz zum Staat einnehmen sollte. Ich
denke, er müsste gerade in solchen Fragen öffent-
lich Stellung beziehen. In den 1950er Jahren be-
zeichnete ein Vorstandsmitglied den Verein als
«Wächter der Kulturgüter». Er spielte dabei auf
den Umstand an, dass in früheren Zeiten liechten-
steinisches Kulturgut wie zum Beispiel die Römer-
helme aus Schaan ins Ausland verkauft wurden. Er
meinte, dank dem Historischen Verein sei dies nun
nicht mehr möglich. Das, was heute im Bereich
Denkmalschutz passiert, ist ein Ausverkauf von
Kulturgütern. Für mich läuft das unter diesem Be-
griff. Ich denke, der Verein müsste dies öffentlich
auch so benennen.
Rupert Quaderer: Ich war an einer Zusammen-
kunft der Betroffenen des erwähnten Bauvorha-
bens als Vorsitzender des Vereins. Ich habe an die-
ser Besprechung die These vertreten, mindestens
sollten die Gemeinde Vaduz oder der Staat diese
Häuser kaufen und sanieren und sie dann zu einem
Preis vermieten, den die Leute, welche jetzt dort
wohnen, bezahlen können. Aber ich habe gemerkt,
die schauen mich an wie einen Marsmenschen. Der
Unternehmer sagte, dass er wahrscheinlich vom
Staat verpflichtet werde, diese Häuser zu sanieren.
Der Staat wolle gar nicht sanieren, sondern diese
Aufgabe dem Bauherrn übergeben.
Veronika Marxer: Ich finde, da stiehlt sich der Staat
aus der Verantwortung. Das müsste man sagen
und zwar deutlich. Auch gegenüber den heutigen
Bewohnerinnen und Bewohnern des Quartiers fin-
de ich diese Haltung inakzeptabel. Sie waren es
schliesslich, die das Quartier vor dem Verfall be-
wahrt haben. Auch das ist Kulturpflege.
Rupert Quaderer: Die Erklärung, warum diese Ob-
jekte anders behandelt werden als Burgen oder Rö-
mervillen, ist auch darin zu sehen, dass sie an ei-
nem anderen Ort stehen. Es sind unscheinbarere
Häuser als zum Beispiel eine Burgruine oder eine
ausgegrabene römische Villa. Ich muss oft hören,
das sei «an alt's Klump» und werde gefragt, warum
man da nicht etwas Neues hinbauen dürfe, das
auch besser sei für diejenigen, die darin wohnten?
So wird argumentiert.
Dann scheint mir das private Interesse der Be-
sitzer wesentlich, welche mit diesem Boden eine
möglichst grosse Rendite erzielen wollen. Es wurde
auch das Argument gebracht, dass man einem Pri-
vaten nicht verbieten könne, etwas zu bauen. Das
sei einer Enteignung gleichzusetzen. Ich will das
nicht verteidigen, aber die Argumente gehen viel-
fach in diese Richtung.
Veronika Marxer: Aber mir scheint, dieses Beispiel,
wie übrigens auch das Gamander2, ist anders gela-
gert. Hier geht es darum, dass ein Privater ein
denkmalgeschütztes Objekt zum Verkauf anbietet.
2) Gamander, herrschaftlicher Gutshof'in Schaan; siehe auch Inter-
view mit Marie-Theres Frick und Volker Rheinberger, S. 296 f.
289
Die 1930/31 erbaute
St. Josefskapelle im Eba-
holz in Vaduz. Links davon
A r b e i t e r w o h n h ä u s e r aus
dem 19. Jahrhundert.
Historische Aufnahme aus
dem Jahr 1943
Er bietet es allen an, das heisst auch das Land oder
die Gemeinde könnten es erwerben. Tun es aber
nicht. Es geht hier also nicht um das Einmischen in
private Interessen. Ich denke, die öffentliche Hand
weigert sich, Verantwortung zu übernehmen. Das
scheint mir der Punkt. Ich glaube, dass es letztlich
am Verständnis fehlt. Auch an der Fähigkeit, in
grösseren Zeiträumen zu denken. Was tun wir mit
dem Land? Mit dem, was hier gewachsen ist? Es ist
auch eine Frage des Respekts!
M A N C H M A L ERSCHEINT MIR DIE TATSACHE,
DASS WIR DAS A L L E S NICHT RICHTIG VER-
A R B E I T E T HAREN UND WIR NICHT DAMIT
UMGEHEN KÖNNEN, ALS GEFAHR FÜR DIE
ZUKUNFT
Klaus Biedermann: Ich habe ein Foto ausgesucht,
auf dem das Zentrum des Vaduzer Quartiers Eba-
holz abgebildet ist. Links im Bild sind zwei der Ar-
beiterwohnhäuser aus dem 19. Jahrhundert zu se-
hen - Zeugnisse der Industrialisierung, errichtet in
Zusammenhang mit dem benachbarten, heute still-
290
«MUT H A B E N , A N R E G E N , DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
gelegten Spinnereibetrieb. Rechts davon, in der
Mitte des Bildes, sieht man die St. Josefskapelle,
die etwas später erbaut wurde. Seit drei Jahren
wohne ich ganz in der Nähe, im Prinzip in diesem
Quartier. Ich denke, es ist eigentlich immer noch
ein schönes Quartier, aber ich habe Angst, dass es
analog zu demjenigen im Möliholz stark gefährdet
ist. Längerfristig sowieso.
Ich bin zwar im Bartlegrosch, unterhalb der
Landstrasse aufgewachsen, aber mit diesem Quar-
tier oberhalb der Landstrasse fühle ich mich eben-
falls verbunden, weil ich hier jahrelang in der St.
Josefskapelle ministriert habe. Auch die Primar-
schule, die ich besucht habe, ist ganz in der Nähe.
Es ist doch ein bisschen mein Daheim.
In den älteren Häusern vis-ä-vis der St. Josefska-
pelle wohnen praktisch nur Ausländerinnen und
Ausländer. Ich meine, es ist auf eine Art noch span-
nend, aber im Prinzip gibt es keinen Dialog. Das ist
schade. Auch ist es so, dass sich die Leute zum Teil
gar nicht grüssen.
Ich wohne selbst in einem älteren Haus, welches
1926 erbaut wurde. Es ist eine sehr günstige 3'/2-
Zimmer-Wohnung. Ich bin überzeugt, viele Liech-
tensteiner würden nicht mehr in so einem Haus
wohnen wollen. Das ist mir zwar nicht ganz ver-
ständlich, aber so ist es.
Man soll das damalige Leben nicht romantisie-
ren. Das war sicher auch sehr hart. Aber ich den-
ke, dass die Liechtensteiner vielleicht deswegen
nicht mehr in solchen Häusern leben wollen, weil
sie nicht unbedingt oder nur ungern an die eigene
Armut oder die früheren armen Verhältnisse erin-
nert werden wollen. Ich glaube, das ist auch ein
Zeichen von Unsicherheit, das sie damit zeigen. Sie
können nicht mehr dazu stehen, dass es früher an-
ders war. Im Prinzip hat das Land den schnellen
Reichtum, der spätestens in den letzten 30 bis 40
Jahren eingesetzt hat, noch nicht verkraftet. Weder
mental noch psychisch. Ich will jetzt nicht pessimi-
stisch sein, aber manchmal erscheint mir die Tat-
sache, dass wir das alles nicht richtig verarbeitet
haben und wir nicht damit umgehen können, als
Gefahr für die Zukunft. Dann nämlich, wenn es
vielleicht wieder einmal «abwärts» gehen sollte.
In der St. Josefskapelle ist jeden Sonntag Got-
tesdienst, den ich oftmals besuche. Ich treffe im
Gottesdienst aber nur wenige Leute aus den Nach-
barhäusern, die zu Fuss in die Kirche kommen.
Aber dafür hat es umso mehr Leute, die mit dem
Auto hierher zum Gottesdienst fahren, weil dort,
wo sie wohnen, vielleicht ein anderer Pfarrer mit
einer anderen theologischen Ausrichtung tätig ist.
Die kirchliche Gemeinschaft am Ort oder im Quar-
tier ist also weitgehend nur noch eine fiktive. Von
da her habe ich auch das Gefühl, dass diese zum
Teil älteren Häuser im Quartier ebenfalls ein biss-
chen Kulisse sind, die als Fassade von einer ver-
gangenen Zeit künden. Aber das Leben hat sich
verändert, um das wertfrei zu formulieren.
Man kann nicht alles so erhalten wie es vor 500
oder 200 Jahren war. Was mir aber Angst macht,
ist die Rasanz der Veränderung bei uns. Dass im
Prinzip fast nichts mehr geblieben ist. Mir hat in
diesem Zusammenhang auch der Leserbrief des
liechtensteinischen Autors Stefan Sprenger sehr
gut gefallen. Da nimmt er auch auf dieses Problem
Bezug und sagt, dass es sich hier um eine Auslö-
schung von Kulturlandschaft handelt.3
Helmut Konrad: Diese Entwicklung bedaure ich
auch. Neben den einzelnen Objekten gilt meine
Sorge noch mehr der raumplanerischen Entwick-
lung, wie sie am Beispiel Schaan-Vaduz-Triesen zu
sehen ist. Abgesehen von der Situation in den ein-
zelnen Dörfern sind diese drei Dörfer beinahe
schon zu einem einheitlichen Siedlungsgebiet zu-
sammengewachsen, was für mich das Schreckge-
spenst eines entstehenden Stadtstaates aufkom-
men lässt. Der Charakter des Landes kann nicht
mehr bewahrt werden, wenn es so weitergeht.
Diese Entwicklung ganz allgemein und vor al-
lem die Rasanz dieser Entwicklung machen mich
mehr betroffen als das Verschwinden einzelner Ob-
jekte. Wobei schon klar ist, dass das Eine das An-
dere letztlich bedingt, dass bei beidem dieselbe
Denkweise dahinter steckt. Ich ertappe mich im-
3) LVolksblatt, LVaterland. 18. Januar 2001.
291
mer wieder beim Gedanken, was jetzt da anders
sein soll, wenn ein einzelnes Haus stehengelassen
und saniert wird, als wenn einfach etwas Neues
dort stehen würde. Aber wenn man etwas als En-
semble anschaut, so wie zum Beispiel das Möliholz
oder das Gamander, wenn man es in seinem Cha-
rakter bestehen lässt, dann ist das für mich etwas
anderes. Das Möliholz, umgeben von Hochhäusern,
ein verbautes Gamanderanwesen, das verliert sei-
nen Charakter und damit seinen Wert. Das einzel-
ne Haus zwischen anderen, die nicht mehr dazu
passen, hat da für mich geringere Bedeutung. Vor
allem für Quartiere, für das Ensemble müssen wir
Sorge tragen.
Für mich ist die Entwicklung, die unser Land
nimmt, keine bewusst gewollte, sondern sie pas-
siert einfach. Das Land steckt in einer Art Goldgrä-
berstimmung, es geht nur ums Geldverdienen. Des-
halb wird die Entwicklung nicht mehr bewusst ge-
steuert, niemand weiss mehr, woher wir kommen
und wo wir überhaupt hin wollen. Wir sind nur
einfach in dem, worin wir stecken, verhaftet, im
Tagesgeschäft, und wir haben keine Vorstellung
von Zielen, wo wir hinwollen. Ein grundsätzliches
Unbehagen, eine Verunsicherung ist zwar bei vie-
len Menschen spürbar, aber mit einem Gefühl der
Ohnmacht, mit einem gewissen Fatalismus, dass
man sowieso nichts dagegen tun kann.
Und so passiert die Entwicklung einfach. Das ist
die Situation, wie ich sie bei uns im Land tendenzi-
ell wahrnehme. Man schaut die Vorgänge auch
nicht vernetzt an. Die Wirtschaftspolitik mit der
Raumplanung, mit dem Landschaftsbild, mit der
Verkehrssituation und und und. Das eine galop-
piert davon, beinahe ausser Kontrolle, und beim
anderen versucht man hinterher noch etwas Kos-
metik zu betreiben.
Klaus Biedermann: Der Verlust wird schon wahr-
genommen. Aber vielleicht nicht immer auf einer
bewussten Ebene. Sonst wäre der Trend, der Hang
zur Verkitschung nicht vorhanden.
DANN WIRD EINFACH GEMACHT, WAS DIE
REGIERUNG SAGT
Helmut Konrad: Zum 100-Jahr-Jubiläum des Ver-
eins hat sich der Vorstand zu zwei Klausurtagun-
gen getroffen, weitere sollen folgen. Wir haben eine
Bestandsaufnahme gemacht und uns überlegt, wie
es weitergehen soll. Wir haben also einen Ausblick
und einen Rückblick gewagt. Und dabei sind wir im
Vorstand zu dem Ergebnis gekommen - ganz im
Sinne dessen, was auch Hans-Jörg Rheinberger in
seinem Jubiläumsreferat 4 über das antiquarische
und das kritische Geschichtsverständnis gesagt hat -,
dass wir den kritischen Aspekt oder Ansatz, das
Einmischen in die Gegenwart, vielleicht ein biss-
chen vernachlässigt haben und dass wir dies künf-
tig stärker gewichten sollten, zum Beispiel das Ein-
mischen in Bezug auf die Entwicklung des Landes,
auf die Raumplanung, die Denkmalpflege usw.
Wir haben in der Vergangenheit mehr im archi-
vischen Sinn verwaltet. Die Trägerschaft verschie-
dener Projekte hat den Vorstand, insbesondere den
Vorsitzenden, vor allem in den letzten Jahren sehr
stark absorbiert, weshalb für andere Aufgaben we-
nig Zeit geblieben ist. Denkanstösse geben, Fragen
stellen und in Frage stellen, das sind aber durchaus
auch wichtige Aufgaben, die der Verein wahrneh-
men sollte. Vereinzelt haben wir es auch in der Ver-
gangenheit gemacht, insgesamt aber doch sehr
zaghaft und zurückhaltend. Beim Gamanderhaus
zum Beispiel wurde eine Petition an die Regierung
übergeben, dass die öffentliche Hand alles unter-
nehmen solle zu dessen Erhalt in seinem ursprüng-
lichen Charakter, es wurden Gespräche mit der
Gemeinde Schaan geführt usw. Aber wir sind nicht
an die Öffentlichkeit gegangen, haben kein Lobby-
ing betrieben.
Diese Ausrichtung des Vereins festzulegen, wo
seine wesentlichen Aufgaben liegen, das wird et-
was sein, das noch breiter zu diskutieren sein wird.
Ich persönlich glaube, dass wir ein wenig eine Ge-
wichtsverlagerung vornehmen sollten oder zumin-
dest eine Gleichgewichtung zwischen diesen bei-
den Aufgabenbereichen, die ich vorhin aufgezeigt
habe.
292
«MUT H A B E N , A N R E G E N , DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
Klaus Biedermann: Die Frage ist einfach, wie weit
der Historische Verein bereit ist, zu gehen. Sein
Image ist ja dasjenige eines honorigen Vereins.
Und von diesen honorigen Leuten ist er letztlich fi-
nanziell ein Stück weit abhängig. Diese Abhängig-
keit vom Geld ist natürlich eine sehr zweischneidi-
ge Sache; denn wenn der Verein ein bisschen akti-
ver werden will und unbequemer, dann ist abseh-
bar, dass gewisse Geldgeber nichts mehr geben
werden.
Helmut Konrad: Die Finanzen sind das eine, das
andere ist sicher auch die Zeit, die es für dieses En-
gagement braucht. Da bräuchte es deutlich mehr
Präsenz der einzelnen Vorstandsmitglieder, aber
auch von den Vereinsmitgliedern selbst, die gewis-
se Sachen mitzutragen hätten. Bisher schöpfte der
Verein seine Identität vor allem aus der Publikation
des Jahrbuches und der Trägerschaft der verschie-
denen Projekte. Es gäbe in der Ausrichtung des
Vereins schon einen starken Wandel, der von allen
mitgetragen werden müsste.
Vielleicht wird der Verein aber auch von aussen
zu einer solchen Neuausrichtung gezwungen. In-
nerhalb der staatlichen Kulturpolitik sind schon
seit längerem Weichenstellungen geplant, die
durchaus auch für den Verein einschneidende Aus-
wirkungen haben können, wie zum Beispiel die
Schaffung eines Amtes für Kultur. Einige Bereiche,
die der Verein jetzt betreut, würden möglicherwei-
se von einem solchen Amt übernommen. Daraus
müsste für uns eine andere Orientierung entstehen.
Auch in diesem Kontext sind die Gespräche zu se-
hen, die wir innerhalb des Vorstandes geführt ha-
ben. Da ja der Historische Verein bisher in ver-
stärktem Masse staatliche Aufgaben wahrgenom-
men hat, würde auch so, aufgrund einer solchen
Umstrukturierung der staatlichen Kulturförderung,
eine Neuausrichtung notwendig. Deshalb braucht
es auf jeden Fall diese grundsätzlichen Überlegun-
gen und Weichenstellungen von Seiten des Vereins,
wie sie vom Vorstand in Angriff genommen wur-
den.
Klaus Biedermann: Die Nähe zum Staat, diese
Form von Abhängigkeit, war ja immer gegeben. Sie
ist relativ stark. Mit den Mitgliederbeiträgen de-
cken wir nicht einmal das Jahrbuch ab, geschweige
denn den Unterhalt eines Büros.
Helmut Konrad: Aber trotzdem ist ein grösseres
Mass an Freiheit oder Unabhängigkeit vorhanden,
als wenn diese Aufgaben künftig von einem Amt
wahrgenommen würden. So konnten wir bei Aus-
einandersetzungen, die Rupert (Quaderer) als Vor-
sitzender mit der Regierung führte, unsere Stand-
punkte einbringen. Wenn es nachher ein Amt gibt,
so stellen sich gewisse Fragen und Diskussionen
nicht mehr. Dann wird einfach gemacht, was die
Regierung sagt. Umso mehr ist dann eine kritische
Begleitung der Kulturpolitik notwendig, wie wir sie
vorhin im Zusammenhang mit der künftigen Aus-
richtung des Vereins diskutiert haben.
Klaus Biedermann: Gerade bei einer guten Finanz-
lage muss es sich der Staat leisten, dass er auch Or-
ganisationen unterstützt, die kritisch sind. Auch
ihm gegenüber. Damit zeigt der Staat eine gewisse
Grösse. Wir leisten ja auch einiges für den Staat.
Helmut Konrad: Wenn man an Projekte denkt wie
die Archäologie, das Namenbuch und das Urkun-
denbuch, die sind nicht so konfliktträchtig, dass
hier der Verein der Regierung einen anderen Kurs
«aufzwingen» müsste. In den Diskussionen mit der
Regierung ging es vor allem um die Einhaltung der
finanziellen Mittel und der Termine. Dennoch war
es auch hier mühsam, dass der Verein immer als
Bittsteller auftreten musste, dass bei der Regierung
häufig das grundlegende Verständnis für die Anlie-
gen des Vereins gefehlt hat.
Anders sieht es aber aus, wenn dann Problem-
kreise wie Raumplanung, Landschaftsschutz, Denk-
malschutz anstehen würden, bei denen der Verein
aktiv werden müsste. Nicht im Sinn von For-
4) Vgl. Beitrag von Hans-Jörg Rheinberger in diesem Jahrbuch auf
S. 16-26.
293
schung, sondern im Sinn von Bewusstseinsbildung,
vielleicht um auf Fehlentwicklungen aufmerksam
zu machen, Verantwortlichkeiten aufzuzeigen. Da
steckt dann wesentlich mehr Konfliktpotential drin.
In der Vergangenheit haben wir das nicht oder zu
wenig gemacht, weshalb es aus diesen Gründen
kaum zu Spannungen zwischen dem Verein und
der Regierung gekommen ist.
DASS IRGENDWO EINE SAAT GELEGT IST, ...
Helmut Konrad: Man weiss ja, dass nur sehr weni-
ge Leute eine Zeitung wirklich lesen. Die meisten
lesen vielleicht die Bildlegenden, vielleicht die
Überschriften, den Vorspann. Damit hat sich's. Im
Moment ist es auch so, dass mit den zwei Parteior-
ganen (Liechtensteiner Vaterland und Liechtenstei-
ner Volksblatt) im Prinzip ein Medium fehlt, das
sich mit dem Land auseinandersetzt und nicht in
erster Linie Parteiorgan ist. Auch das Radio berich-
tet nur sehr punktuell.
Einerseits fehlt also das Interesse, sich mit Poli-
tik auseinander zu setzen, andererseits sind aber
auch die medialen Voraussetzungen nicht gut. Den-
noch gäbe es in Liechtenstein die Möglichkeit, vor
allem auch aufgrund seiner Kleinheit, sich direkt
einzubringen. Nur machen das zunehmend weni-
ger. Letztlich ist die Gesellschaft, die Politik, keine
res publica. Die Politik bekümmert einen nicht. Die
Leute gehen ihrer Arbeit nach und verwirklichen
sich selbst in der Freizeit, mit Hobbies. Und alles
andere geht einen im Prinzip nichts an, das über-
lässt man den Politikern. Wenn du dich für ein
Mandat, für ein Amt zur Verfügung stellst, hat man
fast Mitleid: Wie kannst du dir das antun? Bist du
wahnsinnig?
Und so setzen sich eigentlich recht wenige Men-
schen wirklich mit unserem Land, seiner künftigen
Entwicklung auseinander. Viele nehmen zwar die
Entwicklung, die unser Land nimmt, mehr oder
weniger mit Sorge zur Kenntnis, viele nicht einmal
das. Die meisten aber denken, dass es sowieso
nicht zu ändern ist. Sich engagieren, den Fuss rein-
halten, das tun sehr wenige.
Klaus Biedermann: Das Exponieren braucht eben
doch viel Kraft. Als Beispiel nenne ich hier die LGU
(Liechtensteinische Gesellschaft für Umweltschutz).
Wobei der Umweltschutz noch unbequemer ist wie
das Historische, weil er das Konsumdenken und
-verhalten hinterfragt. Wobei der Historische Ver-
ein hier durchaus auch Anregungen und Impulse
geben könnte. Da sind wir dann wieder bei den al-
ten Häusern. Raumplanung ist zum Beispiel auch
ein Thema, das sowohl die LGU als auch den Histo-
rischen Verein betrifft, wenn wir die Statuten des
Historischen Vereins ernst nehmen.
Auch schauen die Leute lieber Bilder an, als dass
sie lesen. Beim Band 96 des Jahrbuches (des Histo-
rischen Vereins) zum Beispiel, der ein an und für
sich populäres Thema zum Inhalt hatte - die He-
xenprozesse -, da habe ich als Kritik gehört: «Ja,
doch, das ist schon spannend und schön. Aber,
wenn ich da so blättere, da gibt's ja praktisch keine
Bilder!» Das hörte ich zum Teil von Leuten, die Mit-
glied sind im Verein. Zu viele Seiten nur mit Text
bringen es offenbar nicht in der heutigen Gesell-
schaft.
Helmut Konrad: Ich frage mich grundsätzlich, wie
viele Leute die Jahrbücher lesen, ob sie nun gut i l -
lustriert sind oder eher textlastig. Ganz allgemein
stelle ich, auch in der Schule, schon fest, dass das
Lesen für viele etwas, sagen wir mal, «Mühsames»
ist. Vor allem, wenn man zu lange Texte lesen
muss. Lesen würde ja noch gehen, aber nachher
auch noch darüber nachdenken, miteinander dis-
kutieren über etwas, das man gemeinsam gelesen
hat. Dafür sind sogar die Schülerinnen und Schüler
oft nur sehr bedingt zu haben. Da ist vieles andere
interessanter.
Auf diesem Hintergrund frage ich mich dann
eben, wie viele dieser 900 oder 1000 Jahrbücher,
die pro Band an die Vereinsmitglieder abgegeben
werden oder sonst in Umlauf gehen, pessimistisch
gesagt, nicht einmal richtig aufgemacht, höchstens
mal durchgeblättert werden. Vielleicht dass einmal
ein einzelner Artikel gelesen wird. Sonst hat das
Jahrbuch möglicherweise für viele eher in dem
Sinn einen Wert, dass man eine vollständige Reihe
294
«MUT H A B E N , A N R E G E N , DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
hat, die man irgendwo aufstellt. Ich will dir da jetzt
nicht den Schwung und den Elan nehmen, Klaus,
aber ...
Klaus Biedermann: Ich lasse mir den Elan nicht so
schnell nehmen, aber deine Einschätzung ist sicher
realistisch.
Helmut Konrad: Natürlich gibt es auch wirklich In-
teressierte. Aber der Grossteil hat wahrscheinlich
nicht das Interesse und die Müsse, sich damit aus-
einander zu setzen. In Bezug auf die Schule muss
ich allerdings dazu sagen, dass das in meiner Ju-
gendzeit wahrscheinlich nicht viel anders gewesen
ist. Für den Grossteil der Schülerinnen und Schüler
ist es einfach ein notwendiger Schritt, diese Matura
zu machen. Aber sich faszinieren zu lassen von Bil-
dungsgütern, das tut oft nur ein recht kleiner An-
teil. Vielleicht kommt das später. Das ist auch ein
bisschen eine Hoffnung. Dass irgendwo eine Saat
gelegt ist, die ihnen später den Zugang erleichtert,
zum Beispiel zu politischen Aktivitäten, im Sinne
dessen, selbst einmal etwas zu machen, einen Bei-
trag für die Gemeinschaft zu leisten. Dinge, von de-
nen die Demokratie letztlich lebt.
nem Aha-Erlebnis kann dann vielleicht im Zusam-
menhang mit der Verfassungsdiskussion aufzeigen,
dass die Geschichte viele Antworten gibt auf Fra-
gen von heute. Warum Geschichte? Welchen Wert
hat Geschichte? Dieses Beispiel kann das vielleicht
veranschaulichen.
Und auch das Zitat von Rupert (Quaderer), ich
glaube aus den 1920er Jahren, das Volk solle sein
Schicksal in die Hand nehmen, kann man, so denke
ich, auf viele Bereiche beziehen. Unter anderem
auf die Verfassung. Aber auch auf anderes, viel-
leicht ganz generell auf die Entwicklung im Land.
Da stelle ich dann aber fest, dass das Volk dies
eben nicht in dem Masse tut, wie wir vielleicht mei-
nen, dass es dies tun sollte. Und so kommt man auf
die Rolle des Vereins, dass der dort vielleicht Kata-
lysator sein könnte, sollte, müsste. Anstösse geben,
auf Entwicklungen hinweisen, in Frage stellen.
WO KOMMEN WIR HER?
Helmut Konrad: «Wir wollen in Zukunft als Bürger
und nicht als Unterthanen behandelt sein». Diese
Forderung steht im Zusammenhang mit der
1848er Revolution. Gewählt habe ich dieses Zitat,
weil gerade kürzlich ein Schüler beim Schreiben ei-
ner Facharbeit über die Verfassungsentwicklung in
Liechtenstein ganz erstaunt festgestellt hat, er habe
gar nicht gewusst, wie mühsam und wie lange die
Entwicklung der Volksrechte bis zur heutigen Si-
tuation gewesen sei.
Geschichte dient dazu, die Vergangenheit zu ver-
stehen, damit wir eine Gewichtung in der Gegen-
wart vornehmen können, um uns bewusst zu wer-
den: Wo kommen wir her? Was haben wir? Was
wollen wir nicht? Wo wollen wir uns nicht hin-
entwickeln? Das Beispiel dieses Schülers mit sei-
295
Das Anwesen Gamander,
ein alter herrschaftlicher
Gutshof, erhielt um 1720
sein heutiges barockes
Aussehen. Der Historische
Verein forderte in einer
1998 gefassten Resolution
die öffent l iche Hand auf,
das aus Privatbesitz zum
Verkauf stehende Bauob-
jekt mitsamt dem Umland
käufl ich zu erwerben.
WIR SIND EINFACH VERPFLICHTET, DEN
NACHKOMMENDEN GENERATIONEN ETWAS
ZU E R H A L T E N
Marie-Theres Frick: Als ich überlegte, was ich mit-
bringen sollte, dachte ich zuerst an das «Guataberg
Mennle», den «Mars von Gutenberg». Heute mor-
gen fiel mir noch eine zweite Variante ein: das Ga-
mander. Denn das Gamander Anwesen ist für mich
im Moment auch ein kulturpolitisches Thema. Wir
kämpfen darum, dass das Gamander Anwesen in
die öffentliche Hand kommt und da dachte ich, das
passt gar nicht so schlecht in unsere Diskussion.
Die Diskussion um den Erwerb des Gamanders
durch die öffentliche Hand war zum Teil immer mit
der Frage des Verwendungszwecks verbunden. Zu-
erst wird immer gefragt, was macht man damit?
Jeder Verwendungszweck, den man vorschlägt,
passt irgendeiner Gruppe nicht. Und so ist es auch
sehr schwierig, die Leute zu überzeugen, dass man
das Objekt kaufen sollte. Ich bin persönlich der An-
sicht, dass wir im Moment gar keinen Verwen-
dungszweck brauchen. Es geht einzig und allein
darum, dass man das Gamander jetzt erhält. Es
können ja unsere Nachkommen dereinst entschei-
den, was sie damit machen wollen. Die Schönheit
des Gamanders liegt nicht allein im Gebäude, son-
296
«MUT H A B E N , A N R E G E N , DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
dern darin, dass noch das ganze Ensemble erhal-
ten ist. Unter Denkmalschutz steht nur das Haus,
nicht aber der Stall und die Umgebung. Ich sehe
nicht ein, warum wir unbedingt einen Verwen-
dungszweck brauchen. Man kann das ganze doch
einfach erhalten, im Stand halten, man muss es
nicht jetzt für irgendeinen Zweck umbauen. Ir-
gendwann ergibt sich sicher etwas und wenn nicht,
dann ist es zumindest vorsorglicher Landerwerb,
für die, die nach uns kommen.
Die Chance ist noch einmal da, dass die öffentli-
che Hand das Gamander erwerben könnte. Wir
möchten uns dafür einsetzen, dass es von der Ge-
meinde Schaan oder vom Land erworben wird.
Volker Rheinberger: Man darf hier sicherlich auch
kritisch anmerken, wie frustrierend es doch manch-
mal auch gewesen ist, mit den Vertretern der öf-
fentlichen Hand Gespräche zu führen. Und wie we-
nig Verständnis dieser Sache zum Teil entgegenge-
bracht wird. Wir sind mit einer technokratischen
Ausrichtung konfrontiert: Nützt es etwas? Brau-
chen wir das? Was gibt es für einen Verwendungs-
zweck? Ich finde, die öffentliche Hand hat eine kul-
turpolitische Verpflichtung und müsste das Kultu-
relle schätzen. Und das Gamander ist so etwas. Es
ist ein Zeitdokument. Und muss als solches erhal-
ten bleiben. Und meines Erachtens findet man mit
einem bisschen Phantasie allemal einen Verwen-
dungszweck. Dass es nie eine rentable Angelegen-
heit sein wird, das ist klar. Es ist aber eine sinnvol-
le Investition, ein Kulturobjekt zu erhalten und vor
allem den Nachkommen zu erhalten. Wenn es in
private Flände übergeht, dann besteht zumindest
die Gefahr, dass es stark verändert wird.
Marie-Theres Frick: Wir sind einfach verpflichtet,
den nachkommenden Generationen etwas zu er-
halten. Wenn das Gamander Anwesen verbaut ist,
dann kommt es nie mehr wieder. Wir haben in un-
serem Land nicht mehr so viele Objekte, die man
unter Schutz stellen kann und die so einzigartig
sind wie das Gamander.
Man darf nicht vergessen: Das Ensemble Ga-
mander ist praktisch so erhalten geblieben, wie es
damals gebaut wurde. Und es ist fast gleich alt wie
unser Staat.
MUT HABEN, ANREGEN, DISKUSSIONEN
ANFANGEN, DAS SIND SCHON AUFGABEN DES
HISTORISCHEN VEREINS
Marie-Theres Frick: An der Jahresversammlung
1998 wurde eine Resolution gefasst, dass die öf-
fentliche Hand das Anwesen Gamander kaufen
sollte. Diese Resolution wurde an die Regierung
und an die Gemeinde Schaan geschickt.
Auch jetzt, als wir erfahren haben, dass das
Anwesen wieder zu erwerben ist, hat der Histori-
sche Verein der Gemeinde Schaan nochmals emp-
fohlen, das Anwesen zu kaufen.
Der Historische Verein kann zwar Empfehlungen
abgeben, aber direkten Einfluss auf Entscheidun-
gen der öffentlichen Hand hat er nicht. Was er aber
kann und sollte, ist das Interesse und das Verständ-
nis wecken für solche kulturpolitischen Fragen.
Volker Rheinberger: Man darf auch die Arbeits-
gruppe «pro Gamander» erwähnen, die sich die
Erhaltung dieses Anwesens zum Ziel gesetzt hat
und die sich der Gemeinde und der Regierung ge-
genüber exponierte. Der Historische Verein ist in
dieser Arbeitsgruppe vertreten.
Generell würde ich unsere Welt auch eher als
eine technokratische Welt bezeichnen. Alles wird
gemanagt, alles wird sehr rational angeschaut. Das
Ganze ist zu wenig emotional. Kunst und Kultur
haben aber viel mit Emotionen zu tun. Die jungen
Leute werden zu wenig an diese Thematik heran-
geführt. Wir sehen das auch in der Mitgliedschaft
im Historischen Verein. Früher ist der Historische
Verein vielleicht auch als ein etwas elitärer Verein
betrachtet worden. Aus meiner Generation sind
sehr viele schon während der Endstufe am Gymna-
sium dem Historischen Verein beigetreten. Das hat
einfach dazugehört. Das Interesse war da. Das In-
teresse wurde auch in der Schule geweckt. Viel-
leicht, ich kann es nicht im Detail beurteilen, viel-
leicht ist das bei der Jugend heutzutage nicht mehr
297
so. Da gibt es vermutlich andere Gewichtungen. An-
dere Interessenslagen. Aber wenn man sie nicht för-
dert, werden diese Interessen auch nicht geweckt.
Marie-Theres Frick: Man muss zumindest versu-
chen, das Verständnis für Kultur und Geschichte zu
wecken. Ich denke, wenn das Interesse auch im
Moment bei vielen nicht vorhanden ist, so kann das
noch kommen. Wenn man immer wieder davon
hört, darauf aufmerksam gemacht wird, überlegt
man sich vielleicht die Sache doch irgendwann ein-
mal. Wenn wir nichts tun, verschwinden die kultu-
rellen Werte stillschweigend. Aber ich bin zuver-
sichtlich, dass man das geschichtliche Verständnis
wecken kann. Sicherlich muss der Historische Ver-
ein mehr an die Öffentlichkeit gehen oder mehr Ak-
tionen starten, denn mit dem Jahrbuch allein ist es
nicht getan.
Volker Rheinberger: Was unter diesem Aspekt auch
wichtig ist, ist die Tatsache, dass das Landesmuse-
um neu entsteht. Also, dass man wieder Mittel hat,
um etwas zu zeigen, um gewisse Ausstellungen zu
realisieren. Dadurch bietet sich auch die Gelegen-
heit, dass Lehrer wieder mit ihren Schülern ins
Museum gehen können. So wie das früher gang
und gäbe war. Mit dem Kunsthaus ist die Möglich-
keit gegeben, sich zumindest mit der moderneren
Kunst einmal auseinanderzusetzen. Und wenn der
Fürst einen Teil seiner Sammlung auch noch zur
Verfügung stellt, dann ergibt das ein recht breites
Spektrum an Kultur, die man erleben kann, im ei-
gentlichen Sinne «erleben» kann. Dadurch müsste
man in der Lage sein, den jungen Leuten etwas
Wichtiges zu vermitteln: Kultur als echtes Erlebnis!
Und wenn man jetzt meint, dies sei nur das Pro-
gramm für den Sonntagnachmittag, das Regenpro-
gramm, bei dem man die Kinder nur schon damit
vergrault, dass sie ins Museum gehen müssen,
dann macht man einen Fehler. Ich glaube, man
muss die Kinder dazu anleiten, dass so etwas zu ei-
nem Erlebnis wird. Und dann müssen die Eltern,
oder wer auch immer die Jugendlichen führt, sich
mit der Sache auseinandersetzen und sich entspre-
chend vorbereiten.
Oder das ebenfalls aktuelle Beispiel Verfas-
sungsdiskussion: Es wäre durchaus einmal sinn-
voll, wenn man all jenen, die dieses Thema disku-
tieren, näher bringen würde, wie damals, 1921,
unsere Vorfahren für die Verfassung, für diese Frei-
heiten gekämpft haben. Mit was für einem Einsatz
und was für einer Energie sie sich das erkämpft ha-
ben. Das sollte man heute nicht aufs Spiel setzen.
Unter den damaligen Verhältnissen war dies eine
enorme Leistung und nach meinem Demokratie-
verständnis leitet sich daraus der Auftrag ab, das
Erreichte zu schützen und nicht leichtfertig nach-
zugeben. Und das muss man eben aus dem Ge-
schichtsverständnis schöpfen.
Ich meine, es wäre sicher richtig, wenn der His-
torische Verein zum einen oder anderen Thema
Stellung bezieht. Man muss sich einfach fragen,
wie weit er da gehen kann. Aber Mut haben, anre-
gen, Diskussionen anfangen, das sind schon Aufga-
ben des Historischen Vereins.
TRADITION SOLL JA NICHTS RÜCK-
STÄNDIGES SEIN ODER ETWAS, DAS EINEN
A N DER ZUKUNFT HINDERT
Marie-Theres Frick: Ich kam durch meinen Vater5
zum Historischen Verein. Er war 35 Jahre lang im
Vorstand, hat selbst Beiträge für das Historische
Jahrbuch geschrieben und hat sich teilweise auch
an Grabungen beteiligt. Ich kann mich noch erin-
nern, dass er, da war ich noch ziemlich jung, einen
Artikel über die Alemannische Zierscheibe ge-
schrieben hat und ich habe immer gedacht, was tut
er mit dieser Scheibe? Die ist doch alt und teilweise
beschädigt. Als Kind habe ich nicht begriffen, war-
um mein Vater so eine wahnsinnige Freude an die-
ser Scheibe hatte und sich tagelang damit beschäf-
tigte. Aber es prägt einen dann doch. Und irgend-
wann fängt es einen auch an zu interessieren. Und
so war es für mich selbstverständlich, selbst Mit-
glied des Historischen Vereins zu werden.
Volker Rheinberger: Bei uns ist Archäologie und
Kunstgeschichte immer ein Thema gewesen. Schon
298
«MUT H A B E N , A N R E G E N , DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
von klein auf. Und ich muss sagen, ich habe es
auch nicht immer nur gern gemacht. Ich kann mich
schon auch erinnern an Ausflüge mit dem Vater,
bei denen man dann etliche historische Bauten be-
suchen musste. Das ist nicht unbedingt das, was
sich ein Kind erhofft von einem Ausflug.
Man hat die Geschichte gekannt und nachgele-
sen. In der Familie ist diese Art von kunstge-
schichtlicher Tradition immer ein Thema gewesen.
Auch von der musikalischen Seite her bin ich im-
mer in Berührung gewesen mit dem Werk des
Komponisten Rheinberger,6 mit seiner Musik, aber
auch mit seinem Nachlass. Mit dem ist man ja
ebenfalls aufgewachsen. Als Kinder haben wir
dann immer einen Heidenspass gehabt, mit dem
Flügel des Komponisten zu spielen. Den «nachzu-
stimmen». Da sind die Tasten im wahrsten Sinne
des Wortes geflogen. Der Flügel ist im Estrich ge-
standen, im Roten Haus, im Turm oben, und da ist
man halt auf die Tasten gestanden - es ist ja ein
Stehflügel - und zum Spannen, zum Stimmen ge-
langte man ja von oben zu den Stimmnägeln. Da
sind wir auf die Tasten gestanden und haben gezo-
gen, bis es geknallt hat. Es gab nichts Schöneres als
wenn es dann so eine Saite zerrissen hat. So haben
wir den Stehflügel sukzessive ruiniert.
Irgendwann hat ein Restaurator das ganze In-
strument wieder zusammengefügt. Die Bestandtei-
le waren alle noch vorhanden.
Das ist unser Spielplatz gewesen. Die alten Uni-
formen des Flauptmanns Rheinberger.7 Und die Sä-
bel! Da gab es in dem Estrich Schränke voll mit
Klamotten und das Zeug ist halt rumgestanden.
Die Gegenwart empfindet man immer als weni-
ger erhaltenswert. Je älter etwas ist, desto mehr
Distanz hat man dazu und man betrachtet es als et-
was Besonderes. Das hat auch dazu geführt, dass
in der Vergangenheit viel zerstört wurde. Man hat
Gebäude abgebrochen, die man heute niemals
mehr abbrechen würde. Aus kurzfristigen Überle-
gungen heraus. Um Platz zu schaffen. Ein promi-
nentes Beispiel ist der Abbruch der Alten Realschu-
le in Vaduz. Dort neben dem Engländerbau, wo
jetzt diese Lücke besteht. Dort befand sich die Alte
Realschule und ein Ensemble an kleinen, alten
Häusern stand daneben. Und ich meine, das war
eine absolute Fehlentscheidung des damaligen Va-
duzer Gemeinderates, diesen Abbruch zu verfügen.
Einfach unter der Vorgabe oder Massgabe, dass
man Platz schaffen muss für ein Kunsthaus. Aber:
das war ja gar nicht die Alte Realschule. Das Ge-
bäude war nur als Realschule genutzt worden, be-
vor die Landesbibliothek hineinkam. Ursprünglich
war es das erste Parlamentsgebäude des Landes
Liechtenstein und der Ursprung der Landesver-
messung, der Punkt Null, war genau dort, auf der
Stiege des alten Landtagsgebäudes! Retrospektiv ist
so etwas eine Katastrophe. Und so sind natürlich
viele Objekte verschwunden.
Gerade neulich an unserer Hundertjahrfeier
wurde der Verkauf, die Veräusserung von wirkli-
chen historischen Schätzen erwähnt. Zum Beispiel
die Römerhelme. Das sind einzigartige Dokumente.
Originale Römerhelme in einem relativ guten Er-
haltungszustand. Zwei wurden im Land gefunden,
keiner davon ist mehr da. Sie wurden veräussert. 8
Der Palmesel? Wo ist der heute eigentlich?
Marie-Theres Frick: Im Schweizerischen Landes-
museum in Zürich.
Volker Rheinberger: In Zürich. Ebenfalls verkauft.
So ist sehr wertvolles Kulturgut aus irgendwelchen
kurzfristigen Überlegungen heraus entweder ka-
putt gegangen oder es ist ins Ausland abgewan-
dert. Ich glaube, Kultur muss man als Kontinuität
betrachten. Es ist nicht etwa etwas, das irgend-
wann einmal passiert. Kultur ist etwas, das wächst
und sich in vielen Formen bildet. Und ich finde,
man ist ja nicht altmodisch, wenn man sich für die
5) Alexander Frick (* 1910; t 1991) war Vorstandsmitglied des
Historischen Vereins von 1945 bis 1991. Zudem war er von 1945 bis
1962 liechtensteinischer Regierungschef. - Vgl. Nachruf von Alois
Ospelt auf Alexander Fr ickt , in: JBL 91 (1992). S. 1-6.
6) Josef Gabriel von Rheinberger (* 1839; t 1901).
7) Feter Rheinberger (* 1831; t 1893).
8) Vgl. dazu auch die Aus führungen von Hans-Jörg Rheinberger,
Klaus Biedermann und Norbert W. Hasler auf S. 16-26. 27-158 und
239-278 in diesem Jahrbuch.
299
Tradition und die alten Gegenstände interessiert.
Mit altmodisch hat das meines Erachtens gar
nichts zu tun. Es ist Teil unserer Kultur und Teil
dessen, wie wir gewachsen sind. Ich finde, es ist
ein Fundament. In 100, 200 Jahren betrachten
jene Leute solche Dinge, die wir heute vielleicht gar
nicht als wertvoll einschätzen als kostbar. Weil sie
eine andere Perspektive haben.
Marie-Theres Frick: Traditionen ändern sich. Tra-
dition ist eng verbunden mit der Gesellschaft und
der Kultur eines Volkes. Ich würde sagen, dass bei
uns sehr viele Traditionen dadurch verloren gegan-
gen sind, dass wir uns in den letzten hundert Jah-
ren vom Agrarstaat zum Industrie- und Dienstleis-
tungsstaat entwickelt haben. Aber die Traditionen,
die wir noch haben oder von denen man noch
weiss, auch wenn sie nicht mehr ausgeübt werden,
sollten schriftlich festgehalten werden, damit sie
nicht eines Tages sang- und klanglos verschwin-
den. Auch wenn diese Traditionen in der heutigen
Zeit und Gesellschaft keinen Sinn mehr machen,
muss man sie zumindest dokumentieren. Das sehe
ich auch als eine der vielen Aufgaben des Histori-
schen Vereins. Es gibt auch Traditionen, die man
weiterführt, aber der Zeit anpasst. Das ist ja nichts
Schlechtes. Tradition soll ja nichts Rückständiges
sein oder etwas, das einem an der Zukunft hindert.
Tradition und Zukunft müssen miteinander gehen.
Ohne Kenntnis der Tradition kann ich mir auch
nicht vorstellen, dass wir eine Zukunft haben. Wir
müssen die Traditionen kennen und wir müssen
sie bis zu einem gewissen Grad auch aufnehmen.
Ob wir sie dann akzeptieren oder ablehnen, ist je-
dem seine eigene Sache.
Volker Rheinberger: Dem ist nichts beizufügen.
Der Eber von Gutenberg,
eine i m Dezember 1932
am Fuss der Burg Guten-
berg gefundene Bronzef i -
gur. Zusammen mit acht
weiteren Figuren, alle aus
der Zeit um 400 vor Chris-
tus stammend, zähl t der
Eber zu den herausra-
gendsten f rühgesch ich t l i -
chen F u n d g e g e n s t ä n d e n in
Liechtenstein. Die vermut-
lich als rel igiöse Votivga-
ben angefertigten Statuet-
ten sind von ü b e r r e g i o n a -
ler Bedeutung.
300
«MUT H A B E N , A N R E G E N , DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
... MIT D E M BLICK A M BODEN ...
Volker Rheinberger: Ich habe zum Eber in vielerlei
Hinsicht eine Beziehung: da ist einerseits der
Fundort, dann der Vater (Hans Rheinberger), der
ihn mit seinen Brüdern selber ausgegraben hat. Ich
bin mit dem Eber aufgewachsen. Ein Abguss des
Originals ist bei uns immer auf dem Tisch gestan-
den. Und dadurch, dass man in dieser Tradition
aufgewachsen ist, ist man ständig mit dem Blick
am Boden, schon als Kind, hat jeden Maulwurfshü-
gel umgegraben, wenn man irgendwo in einem his-
torisch verdächtigen Gebiet gewesen ist. Gutenberg
ist für mich sowieso der Bezug. Mein Vater hat ja
lange Zeit dort gelebt.
Im Sinne von Tradition, historischer Beziehung,
ist von Gutenberg her immer viel Input gekommen.
Ich kenne die ganze Geschichte dieser Ausgrabun-
gen, dann aber auch den Aufbau der Burg, nicht
nur im Sinne der Archäologie, sondern auch über
meinen Grossvater Egon Rheinberger, der sehr viel
selber eingebracht hat in den Burgenbau, der sel-
ber handwerklich, künstlerisch tätig gewesen ist,
selber geschmiedet hat, selber gemalt hat.
Für mich ist es ein wahres Erlebnis, einen his-
torischen Fund zu machen. Wenn ich mich erinne-
re, als Bub, auf dem Gutenberg-Hügel herumstol-
pern und einen Rossnagel finden oder einen Arm-
brustbolzen: Das Zeug ist ja dort rumgelegen! Das
war für mich ein echtes Erlebnis! Oder einmal, bei
der Balzner Kirche, als Gräben für die Kanalisation
ausgehoben wurden, in der Erde rumstochern und
einen Brakteat rausziehen, so eine frühe Silber-
münze. Objektiv ist das nicht viel wert, aber es ist
ein Erlebnis. Und irgendwie müsste man einfach
versuchen, von den Eltern her, von den Lehrern
her, den Kindern die Geschichte wieder als Erleb-
nis beizubringen und nicht einfach als Pflicht-
übung, als Schlechtwetterprogramm, bei dem man
sich die Füsse in den Bauch steht und sich etwas
Langweiliges anschauen oder anhören muss.
301
DAS BILD ERINNERT MICH AN DIE VERGÄNG-
LICHKEIT VON MENSCHLICHEN BAUWERKEN
UND MENSCHLICHER GESCHICHTE
Alfred Goop: Diese Postkarte wurde in den 1950er-
Jahren gemacht. Die Aufnahme hat mich immer
schon fasziniert. Ich verbinde damit Gedanken an
die Romantiker oder die Geschichtsschreiber des
19. Jahrhunderts, wie etwa Peter Kaiser, die damit
Postkarte der «Oberen
Burg» in Schellenberg,
das Bi ld zeigt die Burgan-
lage vor den umfassenden
Ausgrabungs- und Sanie-
rungsarbeiten, die in den
f r ü h e n 1960er Jahren
d u r c h g e f ü h r t wurden .
begonnen haben, sich mit dem Mittelalter ausein-
anderzusetzen. Sie haben solche Ruinen gesehen
und sind dadurch angeregt worden. Ich verwende
den Begriff Romantik hier als Zeitepoche, die das
Mittelalter neu entdeckte. Natürlich empfinde ich
die Ruine auch als ein romantisches Objekt im
landläufigen Sinne. Als Bub war ich viel auf der
Ruine. Wir sind darin herumgeklettert und haben
nach Schätzen gesucht. Das Bild erinnert mich an
die Vergänglichkeit von menschlichen Bauwerken
und menschlicher Geschichte, und das stellvertre-
tend für verschiedenste Epochen. Es ist eindrück-
lich, wie da oben die Bäumchen wachsen, wie so-
zusagen der Zerstörungsprozess in Gang ist. Aber
ich bin natürlich froh, dass diese Ruine später
dann restauriert wurde. Jetzt kann sie als Zeuge
des Mittelalters weiterleben für künftige Generatio-
nen. Wenn es so weitergegangen wäre, würde in
100 oder 200 Jahren nur noch ein verwachsener
Steinhaufen existieren. Es erscheint mir als wich-
tig, solche Denkmäler zu bewahren, weil sie Identi-
fikationspunkte für unsere Geschichte sind.
Norbert W. Hasler: Vielleicht ist auch interessant zu
wissen, dass diese Ruine im Besitz des Histori-
schen Vereins ist. Er hat die Verantwortung für den
Erhalt der Ruine.
302
«MUT H A B E N , A N R E G E N , DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
ES IST EIGENTLICH SCHON ETWAS AUSSER-
ORDENTLICHES FÜR UNSERE SITUATION
HIER IM LAND, DASS EIN EINFACHER LAND-
WIRT IN JENER ZEIT PLÖTZLICH ETWAS DER
NACHWELT SCHRIFTLICH E R H A L T E N WILL
Norbert W. Hasler: Das Dokument ist relativ un-
scheinbar, aber hochinteressant. Die Rede ist von
der Helbert-Chronik, einer 290 Seiten umfassen-
den handgeschriebenen Aufzeichnung. Als Autor
galt lange Zeit Jakob Heibert, dessen Name auf der
letzten Seite der Chronik steht. Erst in jüngster Zeit
haben kriminaltechnische Untersuchungen mit
Schriftvergleich dessen Vater Johann Georg Hei-
bert als Urheber der Chronik nachgewiesen.9
Johann Georg Heibert - er lebte von 1759 bis
1813 - war in vierter Generation hier im Lande an-
sässig, seine Vorfahren stammten ursprünglich aus
Tirol. Er war Bürger und Einwohner von Eschen
und wohnte auf Schönabüel. Er muss ein sehr be-
wegtes Leben gehabt haben, war vier Mal verheira-
tet, hatte etwa zehn Kinder. Er war Landwirt, da-
neben einer der zwölf Richter des Unterländer Ge-
9) Vgl. hierzu den Aufsatz von Peter Geiger: Verfasser der Helbert-
Chronik aufgespürt . In: JBL 90 (1991). S. 317-328.
Erste Seite der Helbert-
Chronik von Johann Georg
Heibert (1759 bis 1813)
303
richts und galt als «vir prudens», als kluger Mann
mit solider Bildung und wachem Interesse - und
schrieb eine Chronik. Es ist eigentlich schon etwas
Ausserordentliches für unsere Situation hier im
Lande, dass ein einfacher Landwirt in jener Zeit
plötzlich etwas der Nachwelt schriftlich erhalten
will, letztlich ein Dokument für seine persönliche
Identität, aber auch für die Identität unseres Lan-
des. Während 35 Jahren - von 1778 bis 1813 -
schrieb Helbert alljährlich Aufzeichnungen nieder,
die letzten davon kurz vor seinem Tod. Diese letz-
ten Notizen betrafen die neue Feuerlöschordnung,
die jedem Haus einen Löschkübel vorschrieb, über
Schulordnung und Schulfonds, in den künftig jede
Hochzeit zwei Gulden einzahlen sollte. Seinen eige-
nen Aufzeichnungen stellte er einen Auszug aus Jo-
hann Georg Pruggers «Feldkircher Chronik» aus
dem Jahr 1685 voran.
Helbert sieht seine Aufzeichnungen immer auch
im regionalen Raum und interessiert sich für Ereig-
nisse, die relativ weit weg passiert sind, die Fran-
zösische Revolution 1789, und dann ganz zentral
die Franzosenkriege, wodurch seine Heimatge-
meinde Eschen direkt betroffen war. Dann interes-
sieren ihn natürlich Aufzeichnungen über das Wet-
ter, es gab Katastrophen, Brände, Hochwasser usw.
Es ist ein Dokument, das für mich einen sehr ho-
hen Stellenwert hat, wenn wir über den Begriff
«Identität» reden.
Alfred Goop: Ich könnte mir vorstellen, dass er im
Rahmen der liechtensteinischen Geschichte einer
der ersten war, der als einfacher Bauer eine liech-
tensteinische Identität entwickelt hat. Er ist sich
dessen bewusst geworden, dass man in einem ei-
genen Staat lebt, und hat aus diesem Prozess her-
aus dieses Werk dann auch geschrieben. Darin ist
er natürlich ein Vorläufer von Peter Kaiser, der das
ganz bewusst wahrgenommen hat.
ES WAR UND IST ALLES STETIG IM FLUSS
Norbert W. Hasler: «Identität» ist für mich ein phi-
losophischer Begriff. Was heisst «Identität» eigent-
lich? Ist es ein Seins-Begriff? Das «Dasein» alleine
ist noch keine Identität. Vielleicht als Beispiel: da
drüben wird gebaut, da kommt eine Palette mit
Ziegel. Ein Ziegel ist wie der andere. Jeder hat sein
«Dasein», aber von «Identität» ist da nicht viel, von
einem Ziegel zum anderen. Das «So-Sein» ist, was
«Identität» schafft. Durch seine Chronik 1 0 schafft
Helbert etwas Aussergewöhnliches im positiven
Sinne, da ist eine Absicht dahinter. Natürlich ist
das sehr subjektiv, aber das tut dem Ganzen keinen
Abbruch. Er ist nicht einer, der nach objektiven
Kriterien versucht, seine Zeitgeschichte aufzuzei-
gen. Aber das zeigt genau eben auch seine Hand-
schrift, seine Denkweise, seine Einmaligkeit, sein
«So-Sein». Durch diese Chronik hat er sich - be-
wusst oder unbewusst - eine «Identität» geschaf-
fen.
Alfred Goop: Ich habe mich auch gefragt, was der
Begriff «Identität» meint? Es geht sicher darum,
wie der heutige Liechtensteiner sich definiert und
innerlich zu diesem Staat steht. Identität ist in ers-
ter Linie ein philosophischer und psychologischer
Begriff. Er kann bedeuten, dass eine Person sich
mit ihrer Umwelt und mit sich eins fühlt und aus
dem heraus agieren kann in der Welt. Inwiefern
leistet Geschichte hier auch einen Beitrag? Wenn
heute ein Liechtensteiner, ein jüngerer oder ein äl-
terer, darüber nachdenkt, was bin ich und wo stehe
ich, dann wird die Geschichte wohl auch hinein-
spielen. Er empfindet sich als Liechtensteiner in
diesem Kleinstaat in Europa, der historisch so ge-
wachsen ist. Das Historische ist in der Substanz
vorhanden, aber Identität ist darüber hinaus natür-
lich auch mit aktuelleren Fragen behaftet. Manch-
mal versuchen die Gesellschaft oder der Staat, Ge-
schichte als identitätsstiftendes Medium zu nutzen.
Ich denke zum Beispiel zurück an die 300-Jahr-Fei-
erlichkeiten im Unterland. Dort ist für mich zu in-
tensiv nach Identität gesucht worden. Ich hatte oft
das Gefühl, da herrscht ein national-lokaler Über-
schwang, der mir etwas zuviel wurde. Aber es war
sicher ein Versuch, eine Identität zu stiften. Mir
war der Aufwand zu gross und der Versuch zu be-
grenzt auf das Unterland und seine Geschichte seit
304
«MUT H A B E N , A N R E G E N , DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
1699. Besteht bei unserer Kleinheit nicht sogar die
Gefahr, dass wir Teile unserer Identität aus der Ab-
grenzung von unseren nächsten Nachbarn aufbau-
en? Eine liechtensteinische Identität sollte sich ge-
rade auch aufgrund der Kleinheit, die wir haben,
breiter abstützen. Man müsste sich auch regional
identifizieren, man müsste sich auch europäisch zu
identifizieren versuchen. Ich meine mit regionaler
Identität, man sollte sich auch bewusst sein, was
im Vorarlberg und drüben im Rheintal läuft und im
weiteren Umfeld. Ich habe oft die Befürchtung,
dass das in Liechtenstein zu wenig beachtet wird,
wirklich eine zu lokale Identität entwickelt wird
und man dann vor lauter Liechtenstein den Rest
der Welt nicht mehr sieht.
Norbert W. Hasler: Das ist genau das, was Helbert
schon gemacht hat. Er sieht eben nicht nur seinen
Ort, wo er lebt. Er geht darüber hinaus, ohne dass
er dann gross über Grenzen redet. Er berichtet aus
dem vorarlbergischen Gebiet, von dortigen Ereig-
nissen, ohne dass er ein neues Kapitel beginnt. Er
bringt Regionalität in einem Guss.
Wenn man über Identität redet, betrifft dies das
einzelne Individuum ebenso wie die Gesellschaft,
das ganze Land. Es ist immer eine Biographie, ein
geschichtlicher Werdegang. Dieser könnte so oder
so verlaufen. Wenn man unser Land und seine Ge-
schichte betrachtet: 1342 die Teilung der Werden-
bergischen Güter, es entsteht die Grafschaft Vaduz.
Auf Grund verwandtschaftlicher Beziehungen zu
den Grafen von Werdenberg-Sargans zu Vaduz ma-
chen 1416 die Freiherren von Brandis Erban-
sprüche geltend und erwerben Vaduz, den südli-
chen Teil von Schellenberg und Blumenegg. In den
Jahren 1430/37 erwerben sie den nördlichen Teil
der Herrschaft Schellenberg. Da ist eigentlich der
territoriale Umfang unseres Landes schon beisam-
men. 1437 kam zu diesem Besitz noch die Herr-
schaft Maienfeld, leider nur bis 1510, dann wurde
diese an die Drei Bünde verkauft. Es wäre schön,
wenn sie noch dabei wäre. Dem ist nicht so. Auch
die Herrschaft Blumenegg nahm eine andere Ge-
schichte. Es macht jedoch keinen Sinn, Geschichts-
betrachtung zu betreiben unter der Frage, was
wäre wenn. Es ist so gelaufen. Dies zeigt aber deut-
lich, wie der geschichtliche Verlauf ausschlagge-
bend ist für die Identität eines Landes, vor allem
auch für unser Land. Werdenberg, Blumenegg,
Maienfeld, all diese Herrschaften sind im Laufe der
Zeit in grösseren Territorien, Staatsgebilden aufge-
gangen. Vaduz und Schellenberg aber haben 1719
als Reichsfürstentum Liechtenstein in einem eige-
nen und seit 1806 souveränen Kleinstaat zusam-
mengefunden und seitdem ihre eigene Identität be-
halten. Ohne eigentliche und eigenständige Res-
sourcen hat es die Zeiten überdauert, meist von an-
dern Gebieten, in der Regel von den Nachbarn,
auch profitiert, vor allem aber ist es immer stark
von diesen beeinflusst gewesen. Heute ist mehr
denn je von Globalisierung die Rede. Dabei eine ge-
wisse Eigenständigkeit zu bewahren, ist eine zen-
trale Aufgabe, eine Herausforderung auch, seine
eigene Identität zu behalten innerhalb dieser aktu-
ellen Prozesse der Globalisierung und Integration.
Dies scheint mir wichtig, vor allem auch in kultu-
reller Hinsicht.
Alfred Goop: Um eine persönliche Identität zu fin-
den, aber auch eine liechtensteinische Identität,
kann es hilfreich sein, sich mit Geschichte ausein-
andersetzen. Je intensiver man das tut und je tiefer
man eindringt in die lokale und die regionale Ge-
schichte, aber auch in die allgemeine Geschichte,
um so eher ist man in der Lage, sein Land richtig
zu sehen und zu beurteilen. Insofern ist Geschichte
ein identitätsstiftendes Medium. Das muss aber im
täglichen Leben umgesetzt werden. Man muss ver-
suchen, ein möglichst objektives Bild zu finden.
Norbert W. Hasler: Die Geschichte ist ja etwas, das
wächst. Liechtenstein ist nicht aus der Retorte ent-
standen. Es war und ist alles stetig im Fluss. Aber
das Gewachsene hat einen sehr hohen Stellenwert.
Das ist letztlich Geschichte. Mit dem Begriff «Nati-
on» kann ich nicht allzu viel anfangen. Es ist auch
ein Begriff, der belastet ist. Ich könnte mir vorstel-
10) Die «Helbert-Chronik»; vgl. die Ausführungen weiter oben.
305
len, dass wir uns als Vorarlberger oder Bündner
oder St. Galler genauso wohl fühlen würden wie
jetzt als Liechtensteiner - wenn eben unsere Ge-
schichte anders verlaufen wäre. Wir sind eingebet-
tet in einer Kulturregion, in eine Kulturlandschaft,
in der wir nicht im eigentlichen Sinne eine eigen-
ständige Kultur haben.
Alfred Goop: Das ist für mich ein ganz wesentliches
Element. Seit dem Mittelalter und bis ins 19. Jahr-
hundert herauf, sind der süddeutsche Raum, Vor-
arlberg und Österreich, Hauptbeziehungspunkte
gewesen für Liechtenstein. Das sieht man heute
noch in der Sprache bis in die Grammatik hinein.
Im 20. Jahrhundert hat man sich wirtschaftlich der
Schweiz zugewendet. Für die liechtensteinische
Identität ist dieser Wandel etwas sehr Wichtiges.
Deswegen sagt man oft, unser Herz schlage in
Österreich und der Geldsäckel liege eher in der
Schweiz. Darin zeigt sich einmal mehr, wie sehr
unser Selbstverständnis auch von äusseren Fakto-
ren mitbestimmt wird.
Norbert W. Hasler: Mir scheint eines noch wichtig
zu sein. Ich habe heute vielfach das Gefühl, dass
man fast die Grössenverträglichkeit aus dem Auge
verliert. Wir sind immer noch, praktisch seit dem
frühen 16. Jahrhundert, in der gleichen territoria-
len Grösse von 160 m 2 geblieben. Und das ist in ei-
nem grösseren Kontext betrachtet doch sehr be-
scheiden. Nur bevölkerungsmässig haben wir be-
trächtlich zugelegt, von rund 8 000 Einwohnern um
1900 auf mehr als 32 000 im Jahr 2000. Ich habe
oft das Gefühl, dass man gerne die Dimensionen
verliert und dass man aus wirtschaftlichen oder
anderen Gründen plötzlich meint, wir seien das
Zentrum der Welt. Das sind wir halt letztlich doch
nicht. Mehr Augenmass und Bescheidenheit könn-
ten oder sollten zu einem Identitätsfaktor für Liech-
tenstein werden.
Alfred Goop: Wenn ich an meine Grossmutter den-
ke, Frieda Goop, die viel von alten Zeiten erzählt
hat, so war für sie der Wechsel von Österreich zur
Schweiz eine wichtige Erfahrung, der totale Wert-
verlust der österreichischen Währung. Das, was sie
auf der Bank hatte, war plötzlich nichts mehr wert.
Sie war auch früh Witwe mit acht unmündigen Kin-
dern und musste sich in dieser schwierigen Zeit
durchschlagen. Die 1920er-Jahre waren für sie die
entscheidende Phase. Wenn ich an die Generation
meines Vaters denke, so war der Zweite Weltkrieg
eine zentrale Erfahrung. Man war sich bewusst,
wir haben Glück, wenn wir das überstehen. Und
wenn ich uns heute anschaue, was ist für uns heu-
tige Liechtensteiner prägend? Ist es der Wohlstand,
ist es das viele Geld, das zum Beispiel im Finanz-
dienstleistungssektor verdient wird? Im «Spiegel»
stand zu lesen: «Geldwäscherei, Geldwaschmaschi-
ne». Ich glaube, das hat Liechtenstein gewandelt.
Das werden wir wahrscheinlich erst nach einer be-
stimmten Zeit sehen. Es gibt bei uns im Land viele
reiche Leute, die in diesem Sektor ihr Geld gemacht
haben. Ich habe mich oft gefragt, ob es dabei nach
ethischen Gesichtspunkten immer mit rechten Din-
gen zu und her geht, einmal abgesehen von Geld-
wäsche. Die letzten zwei Jahre wurde über dieses
Thema viel geredet. In diesem Zusammenhang war
auch die Rede von «fehlendem Unrechtsbewusst-
sein». Das scheint mir etwas Wesentliches zu sein
für unsere Gesellschaft. Ich. frage mich manchmal,
ob sich auch breitere Kreise der liechtensteini-
schen Bevölkerung genügend bewusst sind, wel-
cher Art die finanziellen Fundamente sind, auf de-
nen unser Wohlstand aufbaut und die Prosperität
unseres Staatswesens beruht. Das sind aktuelle
Fragen, die bei der heutigen Suche nach einer
liechtensteinischen Identität zwangsläufig mit ein-
fliessen müssen, und gerade dabei kann sich dann
auch zeigen, dass eine solche Identität sich nicht
mehr nur auf lokalen und tradierten Werten auf-
bauen lässt.
Norbert W. Hasler: Das ist sicher ein stimmiger An-
satz, mit dem, was du sagst. Wo ich ein Problem
sehe, das ist eine gewisse Gleichgültigkeit, die man
feststellt. Wen kümmert es? Es ist fatal, wenn man
sagt, uns geht es gut hier, so soll es bleiben, die an-
deren sollen selber schauen, dass es ihnen auch
bald einmal so gut geht. Ich glaube, so kommt man
306
«MUT H A B E N , A N R E G E N , DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
nicht weiter. Man vergisst dabei - und dies ist Teil
unserer Geschichte, dass es nicht immer so war,
dass Liechtenstein bis nach dem Zweiten Weltkrieg
als «Armenhaus Europas» galt. Diese Offenheit
muss da sein, gerade als Respekt vor der eigenen
Geschichte, vor dem eigenen Land. Hierzu ist das
«Biedermann-Haus» in Schellenberg ein interes-
santes Phänomen, geradezu ein Symbol. Die An-
fänge dieses Hauses reichen bis ins 16. Jahrhun-
dert zurück. Noch bis in die frühen 1960er-Jahre
diente es als Wohnhaus. Gerade am Beispiel dieses
Hauses lässt sich der gewaltige Wandel unserer Ge-
sellschaft, der sich innerhalb einer Generation ab-
gespielt hat, ablesen und sichtbar machen. Armut
und Not herrschten an allen Enden. Noch der über-
wiegende Anteil unserer Grosselterngeneration
musste schlicht ums Überleben kämpfen, man
musste die Familie durchbringen. Dies war die
zentrale Aufgabe. Es gibt nichts Dümmeres, als von
den goldenen alten Zeiten zu reden. Verglichen mit
den heutigen Verhältnissen war das Biedermann-
Haus eine ärmliche, wenn auch gängige Behau-
sung in Liechtenstein, nie aber eine Idylle. Doch
auch heute gibt es, bei allem Wohlstand noch im-
mer «Armut» in unserem Lande, auch das sollte
man nicht vergessen, wohl weniger materielle, viel-
leicht aber mehr geistige Armut.
Alfred Goop: Die Kinder, nur schon die nächste Ge-
neration, nehmen das Biedermann-Haus ganz an-
ders wahr, weil sie diese Welt nicht mehr selber er-
lebt haben. Da komme ich auf mein Bild der Obe-
ren Burgruine in Schellenberg zurück, wo ein ro-
mantisches Element dazu kommt. Die Leute
identifizieren sich gerne mit dem Biedermann-
Flaus, weil es Heimeligkeit vermittelt, das Gefühl
von Heimat und Zuhause, also eine viel engere und
überschaubarere Welt, die wir verloren haben.
Norbert W. Hasler: Genau darin liegt eine gewisse
Gefahr. Das Objekt verliert den eigentlichen histori-
schen Stellenwert, es wird degradiert zur romanti-
schen Idylle, zum Folklore-Artikel. Es ist für mich
immer etwas fragwürdig, wenn ich plötzlich eine
alte Waschmaschine oder ein hölzernes Wagenrad
mit Geranien geschmückt in einem Garten stehen
sehe. Es ist die Verfremdung eines Objektes, das
eine ganz andere Aussage und Geschichte hat,
zweckentfremdet zum reinen Dekorationsgegen-
stand degradiert. Dasselbe treffen wir im gesell-
schaftlichen Leben, zum Beispiel im Umgang mit
weltlichem und religiösem Brauchtum an. Flier bin
ich der Überzeugung, dass es besser und vor allem
ehrlicher ist, damit aufzuhören, wenn es nur noch
gemacht wird, weil das einmal so war und weil es
vielleicht schön war. Das hat dann nur noch reinen
Folklore-Charakter oder ist vielleicht noch wirt-
schaftlich lukrativ - man denke nur an Weihnach-
ten. Der Sinngehalt geht nach und nach verloren -
der Unsinn greift um sich.
307
F ü r s t e n t u m Liechtenstein,
Massstab 1:10000, ange-
fertigt von Prof. Dr. Otto
Schallert und Frau E m m a
Schal len, Feldkirch 1952
DAS WARE AUS HEUTIGER SICHT EINE
FALSCHE GESCHICHTSBETRACHTUNG
Norbert W. Hasler: Die geographische Form des
Landes ist sicher ein Identitätsfaktor. Es zeigt die
Topographie, die unverändert ist, und es zeigt den
Wandel, den man heute fast in einer neuen Folie
darüber legen müsste. Das würde gewaltig anders
aussehen. Heute würde man ein Relief nicht mehr
in dieser Art darstellen. Wir haben eine andere Ge-
schichtsbetrachtung. Dieses Relief hier zeigt, wir
sind im Universum und wir haben nur ein schwar-
zes Loch um uns herum. Was fehlt, ist die regiona-
le Einbindung. Wir haben keine Nachbarn, kein
Vorarlberg, kein St. Gallen, kein Graubünden. Un-
ser Land ist völlig isoliert. Das wäre aus heutiger
Sicht eine falsche Geschichtsbetrachtung. Aber als
Dokument ist es wertvoll, obwohl erst 50 Jahre alt.
Das ist eine Schnittstelle.
308
«MUT H A B E N , A N R E G E N , DISKUSSIONEN A N F A N G E N , DAS
SIND SCHON A U F G A B E N DES HISTORISCHEN VEREINS»
BILDNACHWEIS
S. 282, 283: Liechtenstei-
nisches Landesarchiv,
Vaduz
S. 288: Tiefbauamt, Vaduz.
Foto: E lmar Ritter, Mauren
S. 290: Hans Walser,
Schaan. Foto vom August
1943; Abzug im Liechten-
steinischen Landesarchiv,
Vaduz
S. 296: Sigi Scherrer,
Vaduz
S. 301, 303, 308: Liech-
tensteinisches Landesmu-
seum, Vaduz
S. 302: Andreas Eberle,
Triesenberg
ANSCHRIFT
DER AUTOREN
Isolde Marxer
Seestrasse 336
CH-8038 Zür ich
lic. phi l . Mathias Ospelt,
Mareestrasse 10
FL-9490 Vaduz
309
JAHRESBERICHT
DES HISTORISCHEN
VEREINS FÜR DAS
FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
Inhalt
Tät igke i t sber ich t des Vereins pro 2000 313
Jahresrechnung des Vereins pro 2000 321
Historisches Lexikon f ü r das F ü r s t e n t u m
Liechtenstein, Tä t igke i t sber ich t 2000 327
Liechtensteinisches Namenbuch, Tät igkei ts -
bericht 2000 330
Liechtensteinisches Urkundenbuch,
Tä t igke i t sber ich t 2000 332
Projekt « K u n s t d e n k m ä l e r des F ü r s t e n t u m s
Liechtens te in» , Tä t igke i t sbe r ich t 2000 335
Vorarlberger Sprachatlas mit Einschluss
des F ü r s t e n t u m s Liechtenstein, Tät igkei t s -
bericht 2000 339
312
HISTORISCHER VEREIN FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
Tätigkeitsbericht des Vereins
pro 2000
JAHRESVERSAMMLUNG 2000
Die 99. Jahresversammlung des Historischen Ver-
eins fand am 25. März 2000 i n der A u l a der Real-
schule in Triesen statt. Der Vereinsvorsitzende
Rupert Quaderer e rö f fne t e u m 16 U h r die Jahres-
versammlung in Anwesenhei t von z i rka 65 Ver-
einsmitgliedern. E r b e g r ü s s t e insbesondere die
Vertreter des Landtages, F rau R e g i e r u n g s r ä t i n A n -
drea Wi l l i , verschiedene Ehrenmitglieder und Gäs-
te aus der ö s t e r r e i c h i s c h e n und schweizerischen
Nachbarschaft. F ü r die Jahresversammlung ent-
schuldigt hatten sich verschiedene Landtagsabge-
ordnete, Mitglieder der Regierung, mehrere Ehren-
mitglieder, Gäs te aus der Nachbarschaft und eine
grosse A n z a h l Vereinsmitglieder.
Nach der B e g r ü s s u n g durch den Vereinsvorsit-
zenden verlas Schr i f t führe r Helmut Konrad das Pro-
tokoll der 98. Jahresversammlung vom 27. März
1999 in Gampr in , welches einst immig genehmigt
wurde. Der Jahresbericht des Vereinsvorstandes
sowie die Berichte der verschiedenen vom Verein
getragenen Projekte waren den Mitgliedern bereits
vor der Jahresversammlung schrif t l ich zugestellt
worden. Der Vorsitzende blickte deshalb nur kurz
auf folgende, f ü r ihn besonders wichtige Schwer-
punkte und Ereignisse zurück , die vor al lem die
Vorbereitungsarbeiten fü r das im Jahre 2001 statt-
findende J u b i l ä u m « 1 0 0 Jahre Historischer Ver-
ein» betrafen.
Konkret wurden folgende Tä t igke i t en i m Hinbl ick
auf dieses J u b i l ä u m in Angr i f f genommen:
- Die Produktion einer C D - R O M mit dem Inhalt der
bisherigen J a h r b ü c h e r wurde in die Wege gelei-
tet, sie erscheint i m Flerbst 2001;
- Die Autor innen und Autoren f ü r die Be i t räge i m
J u b i l ä u m s b a n d 100 konnten gewonnen werden.
Der Band 100 w i r d sich mit dem Verein, seiner
Tät igkei t und seiner Geschichte, aber auch mit
g r u n d s ä t z l i c h e n Fragen befassen;
- Die Homepage des Historischen Vereins wurde
eingerichtet. A u f das J u b i l ä u m s j a h r h in soll sie
weiter ausgebaut und das Angebot noch ve rg rös -
sert werden;
- Das A m t fü r Briefmarkengestal tung w i r d 2001
zwei Br ie fmarken zum 1 0 0 - J a h r - J u b i l ä u m des
Historischen Vereins herausgeben. Das Ehren-
mitglied Georg M a l i n ist mit dem Entwur f beauf-
tragt;
- Als Datum f ü r die Festsitzung des Historischen
Vereins wurde der 10. Februar 2001 festgelegt.
Es ist dies genau der 100. Geburtstag des Ver-
eins. (Aufgrund der f ü r den 9. und 11. Februar
2001 angesetzten Landtagswahlen musste die
J u b i l ä u m s v e r s a m m l u n g auf den 17. Februar 2001
verschoben werden.)
Zudem w ü r d i g t e der Vereinsvorsitzende die i m De-
zember 1999 realisierte s e c h s b ä n d i g e Publikation
«Die Orts- und F lurnamen des F ü r s t e n t u m s Liech-
t ens t e in» : Es sei dies ein Werk, auf das der Verein
sehr stolz sein k ö n n e . Das Werk, so der Vereinsvor-
sitzende, sei etwas Einmaliges i m Inhalt mit der
Erfassung s ä m t l i c h e r Begriffe eines ganzen Landes
und im Konzept mit dem Lexikontei l neben dem
Registerband und dem eigentlichen Namenbuch.
A u c h die Reaktionen der internationalen Fachwelt
waren entsprechend positiv.
Der Vereinsvorsitzende w ü r d i g t e ebenso die Pu-
blikat ionen des Historischen Lexikons, die 1999 er-
schienen: Sowohl der Band zum Thema «Liechten-
stein und die Revolution 1 8 4 8 » als auch die «Bau-
steine zur liechtensteinischen Gesch ich te» in drei
B ä n d e n mit den Bereichen «Vaduz und Schellen-
berg i m Mit te la l ter» , «Neuzei t : Land und Leute»
und « 1 9 . Jahrhundert: Model l fa l l L iech tens te in»
lieferten wichtige und neue Erkenntnisse zur liech-
tensteinischen Geschichte.
Der Vorsitzende dankte an dieser Stelle den vie-
len Sponsoren und Donatoren, ohne die diese A k t i -
v i tä ten nicht mögl ich w ä r e n . Die g rosszüg ige Ha l -
tung verschiedener Personen, der B e h ö r d e n auf
Landes- und Gemeindeebene sowie von Stiftungen
sei f ü r den Verein immer wieder eine Bes tä t igung
f ü r die geleistete Arbei t und Ausdruck der Wert-
s c h ä t z u n g seiner Tät igkei t , aber auch seiner Ziel -
setzungen.
Nach diesem Überbl ick teilt der Vorsitzende mit,
dass vom Vorstand i m letzten Vereinsjahr 49 Neu-
313
mitglieder in den Verein aufgenommen werden
konnten. Zu dieser erfreulichen Entwicklung habe
auch die neu e i n g e f ü h r t e Partnermitgliedschaft bei-
getragen, die auf eine gute Resonanz gestossen sei
und als positiven Nebeneffekt auch zur E r h ö h u n g
des Frauenanteils i m Verein beitrage. Die Ver-
sammlung gedachte auch der vier in diesem Be-
richtsjahr verstorbenen Vereinsmitglieder.
Nach diesen A u s f ü h r u n g e n stellte der Vorsitzen-
de den Jahresbericht zur Diskussion. Diese wurde
jedoch nicht genutzt, und der Jahresbericht konnte
in der Folge einst immig verabschiedet werden.
Die Jahresrechnung 1999 wurde den Vereinsmit-
gliedern ebenfalls vor der Jahresversammlung zu-
gestellt. G e s c h ä f t s f ü h r e r Klaus Biedermann trug an
der Versammlung nur die wichtigsten Posten vor.
Das Ve re in sve rmögen belief sich per Ende 1999 auf
338 992.42 Franken. Es konnten E innahmen in
Höhe von 546 513.80 Franken verbucht werden,
andererseits erfolgten Ausgaben i m Umfang von
602 216.85 Franken. Die ausserordentliche H ö h e
der Ausgaben ist einerseits mit der Produktion von
zwei J a h r b ü c h e r n zu e rk l ä r en , andererseits auch
mit ge tä t ig ten Rücks te l lungen von zweckgebunde-
nen Spenden, welche i m Zusammenhang mit dem
Vere ins jub i l äum i n diesem Rechnungsjahr dem Ver-
ein zugesprochen wurden. Diese Gelder tauchen
deshalb sowohl auf der Einnahmenseite als auch
(als Rücks te l lungen) auf der Ausgabenseite auf.
Nach Verlesen des Berichtes der Kontrollstelle wur-
de die Jahresrechnung 1999 einstimmig genehmigt.
Ebenfalls genehmigt wurden die Rechnungen der
Fonds « F o r s c h u n g und Pub l ika t ionen» und «Nach
Amer ika !» , die per 31. Dezember 1999 einen Ver-
m ö g e n s s t a n d von 160 712.40 Franken respektive
9 715.30 Franken aufwiesen.
A u f Vorschlag des Vereinsvorstandes beschloss
die Mitgliederversammlung, die J a h r e s b e i t r ä g e auf
dem bisherigen Stand zu belassen: 75 Franken fü r
na tü r l i che Personen, 150 Franken fü r juristische
Personen und Kollektivmitgliedschaften, 40 Fran-
ken f ü r Studenten, 100 Franken bei Partnermit-
gliedschaften.
Der Vorsitzende lud die Mitgl iederversammlung
anschliessend dazu ein, Anregungen und Vorschlä-
ge einzubringen, Kr i t ik zu ü b e n oder Lob zu ä u s -
sern. Zuerst nutzte der Vereinsvorsitzende selbst
die Möglichkei t zu einem kleinen Ausbl ick ü b e r A k -
t iv i tä ten i m kommenden Vereinsjahr. Neben der
Jahrbuch-Publikat ion, einer geplanten Exkurs ion
sowie den Vorbereitungen f ü r das 100-Jahr-Ju-
b i l äum werde der Vereinsvorstand auch eine Stand-
ortbestimmung vornehmen. Aus der Versammlung
berichtete anschliessend H a n s j ö r g Frommelt , der
Verantwortl iche f ü r die Fachstelle Archäolog ie ,
ü b e r die laufenden Arbei ten . E r ä u s s e r t e sich be-
friedigt ü b e r die neue Organisation als Teilbereich
i m Hochbauamt.
Z u m Abschluss des statutarischen Teils dankte
der Vorsitzende Rupert Quaderer den Vorstands-
mitgliedern und dem G e s c h ä f t s f ü h r e r f ü r die an-
genehme und vertrauensvolle Zusammenarbeit ,
ebenso allen Mitarbei ter innen und Mitarbeitern
der verschiedenen, vom Verein getragenen Projek-
te. Sein weiterer Dank ging auch an die staatlichen
Institutionen f ü r das V e r s t ä n d n i s g e g e n ü b e r den
Anliegen des Vereins und dessen U n t e r s t ü t z u n g so-
wie an verschiedene private Institutionen und Per-
sonen f ü r den ideellen und materiellen Beistand
auch i m abgelaufenen Vereinsjahr. Der Vorsitzende
schloss mit dem Dank an die Realschule und an die
Gemeinde Triesen f ü r die Z u r v e r f ü g u n g s t e l l u n g der
Räuml i chke i t en fü r die Jahresversammlung und
den anschliessenden Aper i t i f sowie allen Anwesen-
den fü r ihr Kommen .
ÖFFENTLICHE VORTRÄGE
In zwei Vor t r ägen referierten Peter Alber t in , W i n -
terthur, ü b e r die Bauuntersuchungen in der Balz-
ner H ä u s e r g r u p p e « Im Höfle» und Doris Klee,
Zür ich , ü b e r zwei wichtige, durch Herrschafts-
wechsel in der f r ü h e n Neuzeit entstandene Urbare.
Peter Alber t in stellte die Ergebnisse seiner bis-
herigen Untersuchungen vor und berichtete ü b e r
interessante Erkenntnisse. Es seien aus der Zeit
vor dem grossen Brand von 1795 Mauern in der
Dicke von 1,40 Metern erhalten geblieben, des wei-
teren spä tmi t t e l a l t e r l i che Gewölbekel ler , ein goti-
314
HISTORISCHER VEREIN FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
sches Fenster sowie weitere Spuren der Gotik. Die
heutigen Fenster der beiden Wohngeschosse waren
nach seinen Erkenntnissen f r ü h e r bedeutend g rös -
ser, was auf grosse Säle r ü c k s c h l i e s s e n lasse, die
von Vertretern der b ü r g e r l i c h e n Oberschicht oder
des niedrigen Adels bewohnt gewesen sein m ü s -
sen. Insgesamt w ü r d i g t e Peter Alber t in das «Höfle»
als s c h ü t z e n s w e r t e s und historisch ü b e r a u s inter-
essantes Ensemble.
Doris Klee e r l äu t e r t e in ihren A u s f ü h r u n g e n am
Beispiel des « B r a n d i s i s c h e n U r b a r s » von 1510 und
des « S u l z i s c h - H o h e n e m s i s c h e n U r b a r s » von 1613
die Bedeutung von Urbaren als mittelalterliches
Güter- und Abgabenverzeichnis zur K lä rung von
Rech t sve rhä l tn i s sen . Dar in sind zum Beispiel die
Lage, die Nutzbarkeit und die Grenzen eines Le-
hens und die damit v e r k n ü p f t e n Abgaben festge-
legt, weshalb die Urbare vor al lem in Konfl iktfäl len
und bei Herrschaftswechseln beigezogen worden
sind.
VORSTAND
Der Vereinsvorstand behandelte die laufenden Ge-
schä f t e in zwölf Sitzungen. Im Zusammenhang mit
den Projekten gab es Vorkommnisse, die den Vor-
stand ausserordentlich beschä f t ig t und gefordert
haben. Zu nennen sind hier die f inanziel len Eng-
p ä s s e beim « N a m e n b u c h » sowie die Neustruktie-
rung beim «His to r i schen Lexikon». Daneben war
die Denkmalschutz-Kommission der Regierung, in
welcher der Historische Verein mit zwei Mitgl ie-
dern vertreten ist, neu zu bestellen. Ebenso befass-
te sich der Vereinsvorstand v e r s t ä r k t mit der Vor-
bereitung der Jub i l äumsfe i e r l i chke i t en « 1 0 0 Jahre
Historischer Verein» sowie mit einer Standortbe-
stimmung.
Aufgrund eines f inanziel len und zeitlichen Eng-
passes beim Projekt « N a m e n b u c h » hatte der Histo-
rische Verein beschlossen, be im Landtag einen
Nachtragskredit f ü r den Werktei l II (Personenna-
men) zu beantragen. Der Ant rag erwies sich als
notwendig, wei l der Zeit- und Arbe i t saufwand fü r
das ganze Unternehmen doch be t r äch t l i ch g r ö s s e r
als u r s p r ü n g l i c h geplant und vorauszusehen war.
Es wurde aber auch d a r ü b e r diskutiert, in welchem
Umfang die Fertigstellung des Werkteils II vonstat-
ten gehen sollte. Im M a i 2000 schliesslich ent-
schied der Vereinsvorstand aufgrund mehrerer A b -
k l ä r u n g e n und intensiver Diskussionen mit betei-
ligten Personen und Institutionen, von einem Nach-
tragskredit f ü r das Personennamenbuch Abstand
zu nehmen. Es wurden in der Folge Abstr iche am
u r s p r ü n g l i c h e n Projekt getä t ig t und entschieden,
den Werktei l II in einer schlankeren F o r m termin-
gerecht im Jahre 2002 zum Abschluss zu bringen.
Der Vereinsvorstand bedauert, dass der bisherige
Projektleiter, Professor Hans Stricker, f ü r die Fer-
tigstellung des nunmehr redimensionierten Werk-
teils II nicht mehr zur Ve r fügung stehen wi rd . Die
bisherigen wissenschaftl ichen Mitarbeiter Toni
Banzer und Herbert H ü b e werden nun fü r die Fer-
tigstellung des Personennamenbuches verantwort-
l ich zeichnen.
Das «His to r i sche Lexikon» sah sich i m Berichts-
jahr 2000 mit der K ü n d i g u n g des l a n g j ä h r i g e n , bis-
herigen Chefredaktors Ar thu r Brunhar t konfron-
tiert. Dies hatte zur Folge, dass vom abtretenden
Chefredaktor eine Neustrukturierung des ganzen
Unternehmens ausgearbeitet und in der Träger -
schaft diskutiert und verabschiedet werden muss-
te. Aufg rund der anschliessend gemachten Eingabe
an die Regierung b e f ü r w o r t e t e der Landtag i n sei-
ner Sitzung vom 25. Oktober 2000 einst immig die
G e w ä h r u n g eines E r g ä n z u n g s k r e d i t e s f ü r das «Hi-
storische Lexikon». Dies e rmögl i ch t die Anstel lung
von neuen F a c h k r ä f t e n i m Jahre 2001 und die B i l -
dung einer neuen Redaktionskommission, die vom
bisherigen Chefredaktor Ar thur Brunhar t geleitet
w i rd . Der Historische Verein trat zudem per Ende
2000 die T r ä g e r s c h a f t f ü r das «His to r i sche Lexi -
kon» an die Regierung des F ü r s t e n t u m s Liechten-
stein ab.
Der Vereinsvorstand besichtigte am 28. Septem-
ber 2000 die a r c h ä o l o g i s c h e n Ausgrabungen auf
dem Area l « A l e m a n n e n s t r a s s e » i n Eschen.
A n der anschliessenden Vorstandssitzung, eben-
falls a m 28. September, stellte sich F rau Dagmar
Streckel als neue Vertreterin des Historischen Ver-
315
Präsentation des Jahr-
buches Band 99 im «Bie-
dermann-Haus» in Schel-
lenberg. Es konnte ein
gelungenes Buch mit einer
breiten Palette an Beiträ-
gen vorgestellt werden, so
zum Beispiel zu den Kriegs-
jahren 1499 und 1799,
über den Münzschatzfund
vom «Schellenberger
Wald», zum Herrschafts-
wechsel 1699 oder etwa
zur Rolle der liechtenstei-
nischen Pfadfinderschaft in
der Zeit des Nationalsozia-
lismus.
Anwesend waren die
meisten Autorinnen und
Autoren sowie weitere ge-
ladene Gäste. Oben v.l.n.r.:
Claudius Gurt, Buchgestal-
terin Silvia Ruppen, Nor-
bert W. Hasler, der Ver-
einsvorsitzende Rupert
Quaderer, Klaus Bieder-
mann, Verena Hasenbach,
Daniel Schmutz und Alois
Niederstätter. Unten v.l.n.r.:
Lukas Laternser, Vertreter
der Pfadfinder, Alois Nie-
derstätter, Verena Hasen-
bach, Claudius Gurt, Klaus
Biedermann und Rupert
Quaderer.
eins in der Denkmalschutz-Kommiss ion vor. Dag-
mar Streckel ersetzt das ausscheidende Kommiss i -
onsmitglied M o n i k a Michels , welches zusammen
mit Urs Clavadetscher den Verein 1996 bis 2000 in
der Denkmalschutz-Kommiss ion vertreten hatte.
A n der Vorstandssitzung vom 28. November 2000
trafen s ich Urs Clavadetscher, der verdankenswer-
terweise den Historischen Verein auch 2000 bis
2004 in der Denkmalschutz-Kommiss ion vertreten
w i r d , und M o n i k a Michels mit dem Vereinsvor-
stand zu einem Gedankenaustausch.
Aktue l l w a r dabei wiederum der F a l l « G a m a n -
d e r » , da der private Interessent, der als Käu fe r die-
ses oberhalb von Schaan gelegenen Herrschaftsho-
fes i m G e s p r ä c h war, sein Kaufangebot zu rückzog .
F ü r einen kurzen Moment war die Zukunft des
« G a m a n d e r s » wieder offen und der Vereinsvor-
stand ersuchte, in Absprache mit seiner Vertretung
i n der Denkmalschutz-Kommiss ion, die Gemeinde
Schaan schrif t l ich, erneut i n Kaufverhandlungen
einzutreten, u m dieses Anwesen f ü r die öffent l iche
Hand zu sichern. Inzwischen hat sich jedoch ein
privater Käufe r gefunden, der den bisherigen Be-
sitzern ein besseres finanzielles Angebot als die Ge-
meinde Schaan machte, und nun voraussichtlich
den Hof erwerben w i r d .
Anläss l ich seiner Sitzung vom 31. Oktober 2000
liess sich der Vereinsvorstand von Her rn Claudius
Gurt ü b e r seine Tät igkei t als Bearbeiter des Liech-
tensteinischen Urkundenbuches informieren.
A m 5. September 2000 traf sich der Vereinsvor-
stand mit Moderator Michae l Biedermann, u m
zwei Klausurtagungen vorzubereiten. A n den bei-
den Klausurtagungen, die a m 11. November sowie
a m 9. Dezember 2000 stattfanden, traf sich der
Vereinsvorstand, g e f ü h r t von einer externen Mode-
ration, zu einer Grundsatzdiskussion ü b e r den His-
torischen Verein sowie dessen Aufgaben und Ziele.
A n einer dritten Klausurtagung i m J u b i l ä u m s j a h r
2001 soll ü b e r die Umsetzung von konkreten Mass-
nahmen und Ä n d e r u n g e n befunden werden.
316
HISTORISCHER VEREIN FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
GESCHÄFTSSTELLE
Die Vereinsadministrat ion sowie die Jahrbuch-Re-
daktion lagen auch i m Berichtsjahr 2000 i n den
H ä n d e n von G e s c h ä f t s f ü h r e r Klaus Biedermann.
Bei den Vorbereitungsarbeiten f ü r das J u b i l ä u m
« 1 0 0 Jahre Historischer Verein» zeichnete sich -
besonders in der zweiten J a h r e s h ä l f t e - e in ausser-
ordentlicher Mehraufwand ab. Zur Abdeckung die-
ses Mehraufwandes wurde Klaus Biedermann von
August bis Oktober durch Caroline Konrad unter-
stützt , die w ä h r e n d sechs Wochen als Prakt ikant in
beim Historischen Verein arbeitete. F ü r ihren E i n -
satz sei ihr an dieser Stelle herzl ich gedankt.
JAHRBUCHER UND WEITERE PUBLIKA-
TIONEN IM V E R L A G DES HISTORISCHEN
VEREINS
Das Jahrbuch Band 99 wurde i m Rahmen einer Fe i -
erstunde und Pressekonferenz a m 21. September
2000 i m « B i e d e r m a n n - H a u s » in Schellenberg der
Öffentl ichkeit vorgestellt. Schellenberg wurde des-
halb als P rä sen t a t i onso r t gewähl t , wei l das Jahrbuch
unter anderem den Ar t ike l «Der M ü n z s c h a t z f u n d
vom <Schellenberger Wald>, vergraben nach 1 4 6 0 » ,
verfasst von Daniel Schmutz, beinhaltet. Dank f inan-
zieller Bei t räge seitens LGT Bank in Liechtenstein,
der Liechtensteinischen Landesbank, der Verwal -
tungs- und Privatbank sowie der Gemeinde Schel-
lenberg war es mögl ich , diesen aufwendigen Beitrag
im Jahrbuch zu publizieren. Erstmals konnte damit
der gesamte M ü n z s c h a t z f u n d mit seinen 611 E i n -
ze l s tücken in Text und Bi ld dargestellt werden.
Die lang erwartete Buchpubl ikat ion «Borsch t -
E i n p r ä h i s t o r i s c h e r Siedlungsplatz. Befunde - Ke-
ramik - Meta l l funde» konnte a m 13. M ä r z 2000
der Öffent l ichkei t vorgestellt werden. Das erste Ex-
emplar des d r e i b ä n d i g e n Werkes wurde an diesem
Tag auf Schloss Vaduz S. D. dem L a n d e s f ü r s t e n
Hans-Adam II. ü b e r r e i c h t . Die P r ä s e n t a t i o n erfolg-
te in Anwesenheit der Auto r in Dr. Magdalena
Maczynska.
S C H E L L E N B E R G - B O R S C H T
Da die LGT Bank in Liech-
tenstein zum 50. Geburts-
tag des Landesfürsten eine
grössere Geldsumme zu-
gunsten der Buchpublika-
tion «Borscht» gespendet
hatte, erfolgte diese Buch-
präsentation auf Schloss
Vaduz. Zu sehen sind
v.l.n.r.: Autorin Magdalena
Maczynska, Fürst Hans-
Adam II. sowie Redaktorin
Eva Pepic.
317
Eine durchgesehene
Zweitauflage von Peter
Geigers zeitgeschichtlicher
Publikation über Liechten-
stein in den 1930er Jahren
konnte in der Bibliothek
des Historischen Vereins
der Öffentlichkeit vorge-
stellt werden. Auf dem
Bild zu sehen sind v.l.n.r.:
der Vereinsvorsitzende
Rupert Quaderer, Chronos-
Verlagsleiter Hans Rudolf
Wiedmer, Buchgestalterin
Silvia Ruppen, Buchdru-
cker Alfred Lampert, Typo-
grafin Evi Fischer sowie
der Buchautor Peter Gei-
ger.
Das Ende November 1997 erschienene z w e i b ä n -
dige Werk von Peter Geiger «Krisenzei t . Liechten-
stein in den Dreissigerjahren 1 9 2 8 - 1 9 3 9 » war
schon bald nach Erscheinen vergriffen. Das Inter-
esse f ü r diese zeitgeschichtliche Publikation blieb
konstant, allein schon wegen den brisanten The-
men und der ebenso detaillierten wie spannenden
Darstellung. Der Vereinsvorstand beschloss des-
halb, eine durchgesehene Zweitauflage in bro-
schierter F o r m zu produzieren. Diese Neuauflage
konnte a m 9. November 2000 in der Bibliothek des
Historischen Vereins i n Triesen i m Rahmen einer
Pressekonferenz vorgestellt werden. Der Autor Pe-
ter Geiger war ebenfalls anwesend und berichtete
kurz ü b e r die grosse Resonanz zur Erstauflage.
VERANSTALTUNGEN
A u f den 27. M a i 2000 lud der Historische Verein
seine Mitglieder und die interessierte Öffent l ichkei t
ein zu einer Exkurs ion nach Chur und ins Lugnez
( B ü n d n e r Oberland). Es nahmen insgesamt 34 Per-
sonen an diesem Ausf lug teil . In Chur wurde die
Kathedrale und die G r a b s t ä t t e des grossen Liech-
tensteiners Peter Kaiser besichtigt. Anschliessend
fuhr m a n weiter in die Gemeinde Vignogn i m Lug-
nez, wo Peter Kaiser aufgrund seiner Verdienste
u m die B ü n d n e r Geschichtsforschung und P ä d a g o -
gik ehrenhalber das B ü r g e r r e c h t erhielt. In der Ort-
schaft Vella wurde die alte Talkirche in Pleiv be-
sichtigt. Das Lugnez ist generell eine bemerkens-
werte, sehr maler isch gelegene Tal- und Kultur-
landschaft, die noch einen l ä n g e r e n Aufenthalt
gerechtfertigt h ä t t e . Doch ein erster, guter Einbl ick
konnte gewonnen werden. Die Exkurs ion wurde
begleitet vom Vereinsvorsitzenden Rupert Quade-
rer, von Kunsthistoriker Leza Dosch, sowie dem H i -
storiker Ursus Brunold , Mitarbeiter beim Churer
Staatsarchiv. Zudem hielt Ar thu r Brunhar t in Chur
am Grab Peter Kaisers ein Kurzreferat ü b e r dessen
Leben und Wi rken .
In Zusammenarbei t mit dem Verein f ü r B ü n d n e r
Kul turforschung konnte der Historische Verein am
7. Dezember 2000 am Liechtenstein-Institut i n
318
HISTORISCHER VEREIN FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
Bendern das v i e r b ä n d i g e « H a n d b u c h der B ü n d n e r
Geschichte» vorstellen. Diese B u c h p r ä s e n t a t i o n er-
folgte in Anwesenheit der Handbuch-Mitarbei ter
und -Autoren Dr. J ü r g Simonett, Dr. Georg J ä g e r
sowie Professor Dr. Roger Sablonier von der U n i -
vers i tä t Zür ich . A n dieser ö f fen t l i chen Veranstal-
tung nahmen rund 20 Mitglieder des Historischen
Vereins teil.
MITGLIEDER
Seit der letzten Jahresversammlung sind nachfol-
gende 38 Personen und K ö r p e r s c h a f t e n Mitglieder
des Historischen Vereins geworden:
E I N Z E L M I T G L I E D E R
- Dr. Mar io Frick, Im Stadel 9, 9496 Balzers
- K a r l Gassner, Haldengasse 510, 9492 Eschen
- Vreni Haas, Xantener Strasse 16, D-10707 Ber l in
- E rna Haselbach-Nigg, Dr. Grass-Strasse 6,
9490 Vaduz
- Gina Jehle, Gapetschstrasse 22, 9494 Schaan
- Doris Klee, Speerstrasse 8, 8810 Horgen Z H
- Prinz Andreas von und zu Liechtenstein, Fuente
Milanos 2, E-28035 M a d r i d
- Ingrid Lorenz, Landstrasse 122, 9490 Vaduz
- Hannes Mannhart , Feldkircherstrasse 61,
9494 Schaan
- Dr. Donat Marxer, Landstrasse 61, 9494 Schaan
- Dr. Peter Marxer, Möl iweg 6, 9494 Schaan
- Walter Nicolaus Marxer, Postfach 450, 9490 Va-
duz
- Irene Matt, Zollstrasse 38, 9494 Schaan
- Gerhard Meier, Im Mühleholz 23, 9490 Vaduz
- A n n i Nef-Beck, Buckwiesstrasse 8, 8700 Küs-
nacht ZFI
- Ralph Sch laepfe r -Bär t sch i , Spitalstrasse 23,
9472 Grabs
- Ruth Schwärz ler , Haus Cavera, A-6807 Brand
- Alexander Sele, Rieth 244, 9497 Triesenberg
- Stephan Senn, Neudorfstrasse 502, 9493 M a u -
ren
- Dagmar Streckel, Im Loch 11, 9494 Schaan
- E r i k a Vogt, Unterm Schloss 30, 9496 Balzers
- Ludwig Walch, Untere Pradafant 12, 9490 Vaduz
- Dr. Hans Rudolf Wiedmer, c/o Chronos-Verlag,
M ü n s t e r g a s s e 9, 8001 Zür ich
P A R T N E R M I T G L I E D E R
Hier werden nur die t a t säch l i ch neu dem Verein
beigetretenen Mitglieder genannt. Ist der (Ehe)-
Partner bisher schon Mitgl ied gewesen, so wi rd er
nicht nochmals genannt.
- Barbara Ospelt Geiger und M ä r t e n Geiger, St. Jo-
sefsgasse 3, 9490 Vaduz
- Dr. Kur t Glücksburg , Unterm Schloss 34,
9496 Balzers
- Sonja Hadermann, Saxweg 38, 9495 Triesen
- Traudi Hasler, Ki rchgäss le 2, 9487 Bendern
- Bettina Hedinger, Schickstrasse 8, 8400 W i n -
terthur
- Michaela Mar t i , Bahnstrasse 43, 9494 Schaan
- Petra Miescher, Schwefelstrasse 20, 9490 Vaduz
- Mathias Ospelt und May Macpherson Ospelt, M a -
reestrasse 10, 9490 Vaduz
- Esther Risch, Wingertgasse 32, 9490 Vaduz
- Linde Schierscher, In der F ina 15, 9494 Schaan
- Roswitha Wohlwend, Bühl 86, 9487 Gampr in
K O L L E K T I V M I T G L I E D E R
- L L B Treuhand Aktiengesellschaft, 9490 Vaduz
- Lampert Druckzentrum, Schwefelstrasse 14,
9490 Vaduz
Seit der letzten Jahresversammlung mussten wi r
den Tod folgender sieben Vereinsmitglieder zur
Kenntnis nehmen:
- Andreas Biedermann, Gasthaus zum Löwen,
9488 Schellenberg
- F ranz Frick-Costa, Rheinstrasse 15,
9496 Balzers
- Hubert Gassner, Bannholzstrasse 2, 9490 Vaduz
- Gebhard Hoch, Langgasse 23, 9495 Triesen
319
- Lothar Hoop, Bongerten 74, 9492 Eschen
- Pr inz Constantin von und zu Liechtenstein,
Neugasse 9, 9490 Vaduz
- Dr. Benno Matt, Zollstrasse 38, 9494 Schaan
Vier Mitglieder sind aus dem Verein ausgetreten.
Anfangs A p r i l 2001 zähl te der Historische Verein
867 Mitglieder.
P R O J E K T E
BILDNACHWEIS
S. 316: Barbara Keel,
Liechtensteiner VoLks-
blatt, Schaan
S. 317 und 318: Sven
Beham, V. COM AG, Vaduz
ANSCHRIFT
Historischer Verein
für das Fürstentum
Liechtenstein (HVFL)
Messinastrasse 5
Postfach 626
FL-9495 Triesen
Telefon 00423/39217 47
Telefax 00423/392 17 05
E-Mail hvfl@hvfl.li
Homepage www.hvfl.li
Über die Akt iv i tä ten der einzelnen Projekte infor-
mieren separate Berichte i m Anschluss an die Jah-
resrechnung.
Triesen, 3. A p r i l 2001
Dr. Rupert Quaderer
Vorsitzender des Historischen Vereins
Klaus Biedermann
G e s c h ä f t s f ü h r e r des Historischen Vereins
Vom Vorstand anläss l ich der Klausurtagung vom
7. A p r i l 2001 genehmigt.
320
HISTORISCHER VEREIN FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
Jahresrechnung des Vereins
pro 2000
ÜBER DIE E I N N A H M E N U N D A U S G A B E N
V O M 1.1. 2000 BIS 31.12. 2000
EINNAHMEN
BEITRÄGE UND SPENDEN in CHF in CHF
Mitgliederbeiträge 44 738.57
Landesbeitrag 164 938.80
Gönnerbeiträge
- S. D. Fürst Hans-Adam II.
- Gemeinde Balzers
- Gemeinde Eschen
- oememue ridiiKeii
- Gemeinde Mauren
- Gemeinde Triesen
- Gemeinde Vaduz
- Liechtensteinische Kraftwerke, Schaan
- Liechtensteinische Landesbank, Vaduz
- Hilti Familienstiftung, Schaan
- Private Einzelspenden
5 000.—
1 100.—
1 000.—
oUU.
1 000.—
1 200.—
5 000.—
1 500.—
5 000.—
3 000.—
2 488.— 26 588.—
Spenden für das Vereinsjubiläum 2001
- Gemeinde Planken
- Gemeinde Schaan
- Gemeinde Schellenberg
730.—
10 500.—
2 500.— 13 730.—
Unkostenbeiträge des Landesmuseums für den Druck der Jahres-
berichte 1998 und 1999 10 000.—
Spenden für den Beitrag «Der Münzschatzfund vom <Schellenberger
Wald>, vergraben nach 1460»
- Liechtensteinische Landesbank AG, Vaduz
- LGT Bank in Liechtenstein AG, Vaduz (Überweisung aus dem Fonds
«Forschung und Publikationen» 2001)
- Gemeinde Schellenberg (für Titelbild des Sonderdrucks)
5 000.—
5 000.—
2 224.— 12 224.—
Spende der Karl Mayer-Stiftung für die Publikation «Grenzraum
Alpenrhein» 5 000.—
VERKAUF UND VERTRIEB DIVERSER PUBLIKATIONEN
- Jahrbücher und Sonderdrucke
- Liechtensteiner Ortsnamenbuch
- Peter Geiger: Krisenzeit
- Magdalena Maczynska: Borscht
- Kaufvertrag der Herrschaft Schellenberg
- Arthur Brunhart: Biographie Peter Kaiser
- Hansjörg Frommelt (Hrsg.): «Fabriklerleben»
- Elisabeth Castellani Zahir: Wiederherstellung Schloss Vaduz
- Liechtensteinisches Urkundenbuch
- Geologische Karte von Vorarlberg und Liechtenstein
- Alexander Frick: Mundarten
6 667.—
11 390.62
6 353.—
3 520.—
210.—
58.—
223.—
625.—
1 433.—
89.—
213.—
321
in CHF in CHF
- Diverse Verkäufe
- Abschreibung Forderungen
- Sonstige Erlösminderung
456.—
./. 7 099.—
./. 230.70 23 907.92
ZINSEN
Bank- und Postcheck-Zinsen 3 567.65
TOTAL EINNAHMEN 2000 304 694.94
AUSGABEN
JAHRBÜCHER in CHF in CHF
Band 97
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- Satz, Lithos, Druck, Buchbinder, Gestaltung und Produktionsleitung
- Fotoreproduktionen und Abdruckrechte
- Aufwand Redaktion
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2 208.65
129 215.95
866.30
7 130.10
5 449.95 144 870.95
Total Aufwand Jahrbücher 145 452.85
PUBLIKATION «BORSCHT»
- Graphische Arbeiten
- Druck- und Buchbinderarbeiten
- Diverse Spesen
17 522.50
48 636.45
1 839.20
Total Aufwand «Borscht» 67 998.15
PUBLIKATION GRENZRAUM ALPENRHEIN
- Überweisung der zweckgebundenen Spende der Karl Mayer-Stiftung 5 000.—
GESCHÄFTSSTELLE
- Personalkosten
- Büroaufwand
- Drucksachen
54 058.55
12 628.87
841.80
Total Aufwand Geschäftsstelle 67 529.22
322
HISTORISCHER VEREIN FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
HONORARE in CHF in CHF
- Entschädigung für den Vereinsvorsitzenden
- für diverse Gutachten, Führungen und Referate
13 904.05
3 600.—
Total Aufwand für Honorare 17 504.05
AUFWAND VEREINSJUBILÄUM
- Honorare für Beiträge Jahrbuch Band 100
- Rückstellungen
12 500.—
1 230.—
Total Aufwand Vereinsjubiläum 13 730.—
ÜBRIGE AUFWENDUNGEN
Abonnemente und Mitgliedschaften
Ankäufe für die Vereinsbibliothek
Diverse Spesen
Bank- und Postcheck-Spesen
2 992.50
323.10
8 059.40
783.47 12 158.47
TOTAL AUSGABEN 2000 329 372.74
ÜBERSICHT in CHF
VEREINSVERMÖGEN per 31.12. 2000 314 314.62
Liechtensteinische Landesbank, Kontokorrent 126 778.—
Liechtensteinische Landesbank, D-Konto 11 014.10
Liechtensteinische Landesbank, Sparkonto 320 013.20
Postcheck-Konto 54 850.27
Kassa 543.—
Debitoren 7 820.—
Transitorische Aktiven 7 500.—
Kreditoren 705.—
Transitorische Passiven ./. 6 822.95
Rückstellungen ./. 206 676.—
323
EINNAHMEN- UND AUSGABENRECHNUNG in CHF
Total Einnahmen 2000 304 694.94
Total Ausgaben 2000 329 372.74
Vermögensverminderung 2000 ./. 24 677.80
+ Vereinsvermögen 1.1.2000 338 992.42
VEREINSVERMÖGEN per 31.12. 2000 314 314.62
FONDS «FORSCHUNG UND PUBLIKATIONEN» in CHF in CHF
Vermögensstand per 31. 12. 2000 130 333.90
Banksaldo 31. 12. 2000 140 559.20
Vermögensstand per 1.1. 2000 160 712.40
Banksaldo 1.1. 2000 158 994.40
Einnahmen:
- Spende der LGT Bank in Liechtenstein AG, Vaduz, zweckgebunden
für den Beitrag «Der Münzschatzfund vom <Schellenberger Wald>»
- Spende der Hilti Familienstiftung, Schaan, zweckgebunden für das Pro-
jekt «Neubearbeitung der Kunstdenkmäler im Fürstentum Liechtenstein»
- Teilerlös aus dem Verkauf der Publikation «Elisabeth Castellani:
Schloss Vaduz» 2000
- Zinsen
5 000.—
10 000 —
171.68
1 606.92
Total Einnahmen 16 778.60
Ausgaben:
Neuauflage der Publikation «Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissi-
gerjahren 1928-1939»
- Druck- und Buchbinderarbeiten
- graphische Arbeiten (Überweisung 2001)
- Inserate (Überweisung 2001)
- graphische Arbeiten für Inserate (Überweisung 2001)
- Computer für das Liechtensteinische Urkundenbuch
- Spende für die Publikation «Grenzraum Alpenrhein», hrsg. vom
Arbeitskreis für Regionale Geschichte (Überweisung 2001)
- Überweisung der Spende der LGT Bank in Liechtenstein AG, Vaduz,
an den Historischen Verein (Überweisung 2001)
31 603.30
3 481.90
525.70
217.70
5 328.50
1 000.—
5 000.—
Total Ausgaben 47 157.10
324
HISTORISCHER VEREIN FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
E I N N A H M E N - U N D A U S G A B E N R E C H N U N G in C H F
Total Einnahmen 2000 16 778.60
Total Ausgaben 2000 47 157.10
V e r m ö g e n s v e r m i n d e r u n g 2000 ./. 30 378.50
+ F o n d s v e r m ö g e n 1.1. 2000 160 712.40
FONDSVERMÖGEN per 31. 12. 2000 130 333.90
FONDS PUBLIKATION «NACH AMERIKA!» in C H F in C H F
V e r m ö g e n s s t a n d per 31. 12. 2000 10 379.70
Banksaldo 31. 12. 2000 12 174.70
V e r m ö g e n s s t a n d per 1 .1 . 2000 9 715.30
Banksaldo 1 .1 . 2000 8 760.30
Einnahmen:
- Beitrag vom Historischen Verein
- Buchverkauf (Überwe i sung : 2001)
- Zinsen
2 500 .—
705 .—
109.40
Total E innahmen 3 314.40
Ausgaben:
- R ü c k z a h l u n g an den Historischen Verein
- weitere R ü c k z a h l u n g an den Historischen Verein (Übe rwe i sung : 2001)
150.—
2 500 .—
Total Ausgaben 2 650 .—
E I N N A H M E N - U N D A U S G A B E N R E C H N U N G
Total E innahmen 2000 3 314.40
Total Ausgaben 2000 2 650 .—
V e r m ö g e n s z u n a h m e 2000 664.40
+ F o n d s v e r m ö g e n 1.1. 2000 9 715.30
FONDSVERMÖGEN per 31. 12. 2000 10 379.70
325
PRÜFUNGSBERICHT
A u f t r a g s g e m ä s s habe ich die Rechnung ü b e r die
E innahmen und Ausgaben vom 1. Januar bis zum
31. Dezember 2000 Ihres Vereins sowie die Fonds-
rechnungen « F o r s c h u n g und Pub l ika t ionen» und
«Nach Amer ika !» geprü f t .
Ich stelle fest,
- dass die Rechnung ü b e r die Einnahmen und
Ausgaben sowie die Fondsrechnungen mit der
Buchhaltung ü b e r e i n s t i m m e n ,
- dass die Buchhaltung sauber und ordnungs-
g e m ä s s g e f ü h r t ist,
- dass der Aktivsaldo der Jahresrechnung (CHF
314 314.62) und die F o n d s v e r m ö g e n « F o r s c h u n g
und Pub l ika t ionen» (CHF 130 333.90) sowie
«Nach Amer ika !» (CHF 10 379.70) nachgewiesen
sind.
Aufgrund des Ergebnisses der P r ü f u n g beantrage
ich, dem verantwortlichen Kassier A l f r ed Goop so-
wie dem R e c h n u n g s f ü h r e r Klaus Biedermann fü r
die ausgezeichnet g e f ü h r t e Jahresrechnung zu
danken, ihnen die Entlastung zu erteilen sowie die
Jahresrechnung und die Fondsrechnungen zu ge-
nehmigen.
Mauren , 10. M a i 2001
gez. Georg Kieber, Revisor
326
HISTORISCHER VEREIN FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
Historisches Lexikon für
das Fürstentum Liechtenstein
TÄTIGKEITSBERICHT 2000
ZIELSETZUNGEN 2000
Das Jahr 2000 war, wie vorgesehen, ein entschei-
dendes Jahr in der Geschichte des Historischen Le-
xikons f ü r das F ü r s t e n t u m Liechtenstein. Die Wei-
chen fü r die Zukunft und die Leitplanken f ü r den
erfolgreichen Fortbau des Projektes und dessen
Abschluss wurden festgelegt. Das Historische Lexi -
kon als ein Fokus der historisch-landeskundlichen
Forschung ü b e r das F ü r s t e n t u m Liechtentein leis-
tet einen wichtigen Beitrag zum S e l b s t v e r s t ä n d n i s
des F ü r s t e n t u m s Liechtenstein.
ALLGEMEINES
Die Arbei ten am Historischen Lexikon fü r das F ü r s -
tentum Liechtenstein (HLFL) gingen im Berichts-
jahr 2000 in sehr stark reduziertem Umfang weiter,
wei l sich das ganze Projekt in einer Umstrukturie-
rungsphase befand und der bisherige Redaktor sei-
ne Tät igkei t be im Lexikon in zeitlicher Hinsicht
sukzessive reduzierte. Die LIaupt tä t igkei ten betra-
fen die Sicherstellung der laufenden Art ikelproduk-
tion und die Ausarbei tung der neuen Projektstruk-
tur. Daneben wurden weitere, mit dem H L F L zu-
s a m m e n h ä n g e n d e Bereiche betreut.
TRÄGERSCHAFT UND WISSENSCHAFTLICHE
BERATUNG
Der Vorstand des LIistorischen Vereins als die Trä -
gerschaft des LIistorischen Lexikons behandelte die
das H L F L betreffenden Geschä f t e in den ordentli-
chen Sitzungen. Dabei wurden in erster Linie die
vom Redaktor angestrebte Neustrukturierung und
-Finanzierung des Projektes diskutiert und zuhan-
den der Regierung verabschiedet. Mit Ende des Be-
richtsjahres ist die T r ä g e r s c h a f t vom Historischen
Verein auf die Fürs t l i che Regierung ü b e r g e g a n g e n .
Der Wissenschaftliche Beirat, dessen Mandats-
periode per Ende des Vorjahres ausgelaufen war,
wurde im Berichtsjahr (vorerst) nicht wiederbe-
setzt, wei l die Umstruktur ierung des Projektes ab-
zuwarten war. Einzelne Mitglieder des Beirates
wurden jedoch im Rahmen ihrer Tät igkei t als wis-
senschaftliche Berater weiterhin in die Arbei ten
miteinbezogen. Ebenso wurden die anderen wis-
senschaftlichen Berater und Beraterinnen in ihren
Sachbereichen, bei Vernehmlassungen und laufen-
den redaktionellen Arbei ten nach Bedarf zu Rate
gezogen.
DIE REDAKTION
Die Redaktion blieb wie bisher ein Einpersonenbe-
trieb, wobei der Redaktor teilzeitlich beschä f t ig t
war (20 bis 50 Prozent) und d a r ü b e r hinaus unent-
geltlich zusä tz l i che Leistungen erbrachte. Die im
Umfang stark reduzierten redaktionellen Tät igkei -
ten betrafen die gewohnten Aufgabenbereiche: Be-
arbeitung der Stichwortliste, Art ikelprodukt ion,
Verpfl ichtung und die Betreuung von Autoren und
Autor innen, Betreuung der vom Redaktor init i ier-
ten Projekte. Die Zahl der E in t r äge , das heisst der
einzelnen St ichwörter , die als Ar t ike l oder Direkt-
verweise i m H L F L aufscheinen werden, be läu f t
sich auf Ende Berichtsjahr auf 3 405. Sie umfassen
insgesamt 81 153 Lexikonzei len. Das gesamte
H L F L w i r d demnach g e m ä s s derzeitiger Planung
etwa 3 750 Ar t ike l mit etwa 90 000 Zeilen Text um-
fassen, zusä tz l ich eines 25-prozentigen Illustrati-
onsanteils umgerechnet also 3 750 Ar t ike l mit
112 500 Zeilen.
Der Redaktor verfasste Ar t ike l f ü r das Lexikon
fü r Theologie und Kirche in Fre iburg im Breisgau,
leistete auf Anfrage hin Hilfestellung und Beratung
auf dem Gebiet der historischen Landeskunde und
erstellte i m Zusammenhang mit Lizentiatsarbeiten
und anderen historischen Forschungsprojekten Gut-
achten. Ebenso u n t e r s t ü t z t e er laufende Studienab-
schlussarbeiten mit liechtensteinischen Themen.
So konnten i m Berichtsjahr die drei Lizentiatsar-
beiten «Das Verhä l tn i s zwischen der Schweiz und
Liechtenstein von 1852 bis 1 9 1 4 » (Patrick Hasel-
bach), «Der Zollvertrag zwischen der Schweiz und
dem F ü r s t e n t u m Liechtenstein aus dem Jahre
1 9 2 3 » (Matthias Hofstetter) sowie «Die politischen
327
Beziehungen zwischen dem F ü r s t e n t u m Liechten-
stein und der Schweiz von 1945 bis 1 9 7 0 » (Iwan
Koppel) erfolgreich abgeschlossen werden. Die
Drucklegung der Lizentiatsarbeit von Alexander
Mei l i ü b e r die «Geschich te des Bankwesens i n
Liechtenstein (1945-1980)» konnte dank der Ver-
mi t t lungs tä t igke i t der FILFL-Redaktion e rmögl i ch t
werden. Die Arbei t mit einem Liechtenstein-Thema
w i r d eine neue, von Professor Urs Altermatt her-
ausgegebene Reihe «Studien zur Zei tgeschich te»
als erster Band e r ö f f n e n .
Der Redaktor legte kleinere Publikationen vor,
unter anderem in den Balzner N e u j a h r s b l ä t t e r n , i m
Jahrbuch des Historischen Vereins zum Thema
« 1 7 9 9 : Franzosenzeit - Schreckenszeit. Die Aus-
wirkungen des Zweiten Koalitionskrieges auf das
F ü r s t e n t u m Liechtens te in» und i m Jahresbericht
des Liechtensteinischen Landesmuseums ü b e r «Ge-
neral Suworow und die Russen in Liechtenstein.
Der Marsch durch das F ü r s t e n t u m im Oktober
1 7 9 9 » . Zudem erschien i m Chronos Verlag in
Zürich der von ihm herausgegebene Sammelband
«Liechtens te in und die Revolution 1848: Umfeld -
Lirsachen - Ereignisse - Folgen» mit einem ein-
f ü h r e n d e n Kapitel ü b e r « 1 8 4 8 in L iech tens te in» .
Ein von i h m f ü r den Druck vorbereiteter Vortrag
von Professor Dr. Hermann Bausinger zum Thema
«Volkskunde h e u t e » erschien in den Mitteihmgen
des Vereins f ü r B ü n d n e r Kulturforschung und w i r d
auch im Jahrbuch des Historischen Vereins (Band
101) abgedruckt. Im Stadium der Druckvorberei-
tung befanden sich Ende des Berichtsjahres die Er-
t r äge der Dritten Liechtensteinischen Historischen
Tagung « H e r r s c h a f t und R e p r ä s e n t a t i o n » , welche
Referate ü b e r Fragen der Flerrschaft, der Reprä -
sentation (der Staatsgewalt), Herrschaftswechsel
und Herrschaftsstrukturen sowie die regierenden
H ä u s e r Brandis, Sulz, Hohenems und Liechtenstein
umfasst.
DIE UMSTRUKTURIERUNG
Das H L F L ist als erstes nach lexikographischen K r i -
terien und wissenschaft l ichen Standards erarbeite-
tes Lexikon des F ü r s t e n t u m s Liechtenstein ein Pio-
nierwerk, das schon bisher reiche E r t r ä g e zur
liechtensteinischen Geschichte, zum liechtensteini-
schen S e l b s t v e r s t ä n d n i s und zur S t ä r k u n g der
liechtensteinischen Iden t i t ä t hervorgebracht hat.
Im Verlaufe der s t ä n d i g wachsenden Arbei ten
zeigte sich, dass das H L F L in struktureller Hinsicht
reformiert und materiell auf eine neue Grundlage
gestellt werden muss. Die Entwicklung bedingte
eine strukturelle Anpassung, die Schaffung einer
arbeitsteiligen Organisation, die Implementierung
eines Control l ing und die Bewil l igung neuer Mittel .
Die vorgeschlagene Umstruktur ierung beinhaltet
das Ineinandergreifen der Arbeitsleistung erfahre-
ner Krä f t e und neuer redaktioneller Mitarbeiter
und Mitarbei ter innen, eine zielorientierte Aufte i -
lung der vielfäl t igen Arbeitsgebiete, die Vertiefung
der fü r einen erfolgreichen Abschluss des Projektes
notwendigen fachlichen Auseinandersetzungen so-
wie eine Verbesserung der P r o d u k t i o n s a b l ä u f e .
Aus organisatorischen und sachlichen G r ü n d e n
war es angezeigt, das H L F L der Regierung als neu-
er T r ä g e r s c h a f t zu unterstellen, welche das Lexikon
aus Anlass des J u b i l ä u m s « 2 0 0 Jahre liechtenstei-
nische S o u v e r ä n i t ä t » i m Sommer 2006 herausge-
ben w i rd . Die Regierung w i r d auch das Controll ing
wahrnehmen.
Die Stelle des bisherigen Alleinredaktors w i r d
auf 200 Prozent e r h ö h t , u m neue Kräf te einbinden
zu k ö n n e n . Neu geschaffen w i r d eine Redaktions-
kommiss ion. Sie hat eine zentrale Aufgabe in den
Bereichen Planung, Ü b e r w a c h u n g , Koordinat ion
und Steuerung (Projektmanagement) zu er fü l len .
Der Redaktionskommission g e h ö r e n die Redakto-
ren und der bisherige Redaktor an, der als Projekt-
leiter den Vorsitz ü b e r n i m m t . Es ist vorgesehen,
die Redaktion in bestimmten Fragen durch Arbeits-
gruppen zu u n t e r s t ü t z e n .
Die Wissenschaftl ichkeit des H L F L ist ein Grund-
erfordernis des gesamten Projektes. Die Wissen-
schaftliche Beratung w i r d , was den Wissenschafth-
328
HISTORISCHER VEREIN FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
chen Beirat betrifft, in der bisherigen Form (fünf
bis sieben Mitglieder) beibehalten. Die A n z a h l der
wissenschaftl ichen Beraterinnen und Berater wi rd
auf eine Kerngruppe reduziert.
Die Regierung hat den von der Redaktion vorbe-
reiteten und von der T r ä g e r s c h a f t diskutierten und
einhellig verabschiedeten Projektbericht kri t isch
weiterbearbeitet und ihn als Bericht und Ant rag
dem Landtag unterbreitet. Der Landtag hat den Be-
richt und den damit v e r k n ü p f t e n Kredit in H ö h e
von rund 1,9 Mil l ionen Franken fü r die Jahre 2001
bis 2006 in einem verantwortungsbewussten und
weitsichtigen Entscheid einst immig gutgeheissen.
Das Erscheinen des Historischen Lexikons f ü r
das F ü r s t e n t u m Liechtenstein wi rd einen Mark-
stein setzen und dem Staatswesen im In- und Aus-
land ein scharf gezeichnetes historisches Profd und
ein zuver läss ig erarbeitetes und nü tz l i ches Infor-
mationsmittel geben.
AUSBLICK
Das Jahr 2001 wi rd , wenn alles i m geplanten Sin-
ne, zielgerichtet und u n b ü r o k r a t i s c h in die Wege
geleitet werden kann, gleichsam ein neues Durch-
starten des Projektes bringen. Die seit langem ge-
w ü n s c h t e Verteilung der Arbei ten auf mehrere
Schultern und das Zusammenwirken erfahrener
Kräf te und neuer Redaktoren w i r d zweifellos zu
neuer Motivation und einer beschleunigten Ar t ike l -
produktion f ü h r e n , so dass das Projekt in der erfor-
derlichen Quali tät innerhalb des gegebenen Zeit-
rahmens abgeschlossen werden kann.
DANK
Das Projekt des Historischen Lexikons ist auf man-
nigfache Un te r s tü t zung angewiesen. Danken m ö c h -
te ich insbesondere der bisherigen T r ä g e r s c h a f t ,
dem Historischen Verein, insbesondere P r ä s i d e n t
Rupert Quaderer und G e s c h ä f t s f ü h r e r Klaus Bie-
dermann, fü r die g rosszüg ige U n t e r s t ü t z u n g und
die vertrauensvolle Zusammenarbeit . Der Dank gilt
auch der neuen T r ä g e r s c h a f t , der Fürs t l i chen Re-
gierung, insbesondere der Ressortchefm Kultur,
Reg i e rungs rä t i n A n d r e a W i l l i , und Regierungschef
Mar io Frick. E in Projekt wie das H L F L ist auf poli t i-
sche Weitsicht, kritisches Wohlwollen und materi-
elle U n t e r s t ü t z u n g seitens der öf fent l ichen Hand
angewiesen. Der Landtag wie auch die Regierung
haben dem entsprochen. Das H L F L rechtfertigt die
U n t e r s t ü t z u n g durch Einsatz und qua l i t ä t so r i en -
tierte Arbei t . Zu danken habe ich auch den wissen-
schaftlichen Beratern und Beraterinnen, den Auto-
ren und Autor innen und allen weiteren Mitarbei-
tern. Gedankt sei ebenso den Mitarbeiter innen und
Mitarbei tern des Landesarchivs, der Landesbiblio-
thek und des Landesmuseums.
Triesen, 2. A p r i l 2001
HISTORISCHES L E X I K O N FÜR DAS
FÜRSTENTUM L I E C H T E N S T E I N (HLFL)
lic. phi l . Ar thur Brunhar t
ANSCHRIFT
Historisches Lexikon
für das Fürstentum
Liechtenstein (HLFL)
Messinastrasse 5
Postfach 626
FL-9495 Triesen
Telefon 00423/392 36 36
Telefax 00423/392 36 37
E-Mail hlfl@lie-net.li
Homepage
ww w. h v fl. I i/h HL h tm
329
Liechtensteiner Namenbuch
TÄTIGKEITSBERICHT 2000
Kurz vor Beginn des Berichtsjahres konnten wi r
am 12. Dezember 1999 nach l a n g j ä h r i g e r For-
schungsarbeit das s e c h s b ä n d i g e Werk «Liechten-
steiner Namenbuch. Die Orts- und F lurnamen des
F ü r s t e n t u m s Liech tens te in» der Öffent l ichkei t vor-
stellen. Zum grossen Bedauern der Mitarbeiter be-
deutete der Abschluss des Ortsnamenbuches zu-
gleich auch das Ausscheiden des Initiators und wis-
senschaftlichen Projektleiters Professor Dr. Hans
Stricker. Die Mitarbeiter des Namenbuches danken
ihrem Lehrmeister f ü r das stets u n g e t r ü b t koopera-
tive Miteinander und das Vertrauen, welches er in
die Arbei t seiner Schüler hatte. Unter der Feder-
f ü h r u n g von Professor Dr. Hans Stricker ist ein
Flurnamenbuch entstanden, das in allen zwischen-
zeitlich erschienenen Rezensionen als Pionierar-
beit und Vorbi ld gewürd ig t wurde.
PERSONELLES
Von Januar bis Ende Juni 2000 standen Herbert
Hübe zu 100 Prozent und lic. phi l . Toni Banzer zu
50 Prozent i m Einsatz fü r das Liechtensteiner Na-
menbuch. Herbert Hübe schied danach fü r sechs
Monate aus, so dass Toni Banzer die zweite Jahres-
hälf te mit weiterhin 50 Prozent Arbei tspensum al-
lein zu bestreiten hatte. Seit dem 1. Januar 2001
g e h ö r t Herbert H ü b e mit einem reduzierten Pen-
sum von 50 Prozent wieder zum Mitarbeiterstab.
In den Semesterferien stand uns wie schon im Vor-
jahr wiederum der Germanistik-Student Markus
Burgmeier zur Ver fügung . E r widmete sich bei sei-
nen k ü r z e r e n E insä tzen vornehmlich den Sipp-
schafts- und Ü b e r n a m e n seiner Heimatgemeinde
Balzers sowie der Korrektur der D a t e n b a n k b e s t ä n -
de.
PERSONENNAMENRUCH
Nach Abschluss der Flurnamenforschung stand
das Jahr 2000 erstmals seit Bestehen des Projekts
u n e i n g e s c h r ä n k t dem Werkteil « P e r s o n e n n a m e n -
b u c h » zur Ver fügung . Schon in den Vorjahren wa-
ren h i e r f ü r Sammelarbeiten in Angr i f f genommen
und konzeptionelle Ü b e r l e g u n g e n angestellt wor-
den. Mit dem Ausscheiden des Projektleiters ging
die Verantwortung f ü r das Personennamenbuch an
den d i ens t ä l t e s t en Mitarbeiter, l ic. phi l . Toni Ban-
zer, über . Vorerst galt es, sich Klarhei t d a r ü b e r zu
verschaffen, inwieweit das von Professor Dr. Hans
Stricker entworfene Konzept ohne seine Beteili-
gung, das heisst unter anderem ohne jahrzehnte-
lange Er fahrung in der Namenforschung und ohne
romanistisches Fachwissen, realisierbar ist. Als Re-
sultat dieser Ü b e r l e g u n g e n ergab sich eine leichte
Verschiebung des Forschungsinteresses bei den
Sippschafts- und Ü b e r n a m e n vom sprachlichen h in
zum soziokulturellen Aspekt.
ARREITSSTAND
Die Mater ia lsammlung f ü r das Personennamen-
buch erfolgt in den Bereichen Famil iennamen, Vor-
namen, Sippschaftsnamen und Ü b e r n a m e n . W ä h -
rend die Fami l ien- und Vornamensammlungen
nicht wesentlich ausgebaut beziehungsweise bear-
beitet wurden, lag die Flaupt tä t igkei t i m ersten
Halbjahr 2000 bei der Erfassung und Bearbeitung
der Sippschafts- und Ü b e r n a m e n . In den meisten
Gemeinden k ö n n e n hier die A u f n a h m e n als abge-
schlossen betrachtet werden, abgesehen von ge-
zielten Nacherhebungen, die sich partiell immer
wieder als notwendig erweisen. Mit Erstaunen ha-
ben w i r festgestellt, dass es in Planken keine Sipp-
schafts- und Ü b e r n a m e n gibt! Der Grund d a f ü r
liegt wohl eindeutig in der Ü b e r s c h a u b a r k e i t des
Dorfes. In der zweiten Hälf te des Jahres haben wi r
bereits begonnen, Ü b e r l e g u n g e n zur Darstellung
der Sippschafts- und Ü b e r n a m e n i m s p ä t e r e n Per-
sonennamenbuch anzustellen. Es erwies sich als
sinnvoll , eine typologische Struktur der beiden Tei-
330
HISTORISCHER VEREIN FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
le zu entwerfen und die Namen unter diesen Ge-
sichtspunkten zu bearbeiten. Ende 2000 sind die
Sippschafts- und Ü b e r n a m e n von Triesen und Trie-
senberg analysiert.
SONSTIGE TÄTIGKEITEN
Auch wenn der Werktei l «Orts- und F l u r n a m e n »
f ü r uns eigentlich abgeschlossen ist, w i r d unser
Wissen und Know-how gelegentlich in Ansp ruch
genommen. Toni Banzer wurde von der Gemeinde
Eschen u m Mithi l fe bei der Benennung neu projek-
tierter Strassen angefragt und hat bei dieser Gele-
genheit auch die Ü b e r a r b e i t u n g der bestehenden
Strassennamen angeregt. Dies bot sich an, nach-
dem dort eine Umstellung der Hausnummerierung
nach S t r a s s e n z ü g e n erfolgen wi rd . Der Eschner
Gemeinderat hat die Anregung positiv aufgenom-
men und die Kul turkommiss ion mit der Ü b e r a r b e i -
tung der Strassennamenliste beauftragt.
AUSBLICK
Im Verlauf des Jahres 2001 gilt es, die Bearbeitung
der Sippschafts- und Ü b e r n a m e n weitgehend abzu-
schliessen sowie die Bereiche Fami l iennamen und
Vornamen in Angr i f f zu nehmen. Nachdem das ty-
pologische Konzept f ü r die Namen von Triesen und
Triesenberg angewandt und dabei laufend weiter-
entwickelt wurde, sind w i r zuversichtlich, dass die
Bearbeitung der anderen Gemeinden zügig voran-
schreiten kann. Wie schon beim Ortsnamenbuch
planen w i r auch diesmal, die gesamten Layout-
und Satzarbeiten s e lb s t änd ig zu ü b e r n e h m e n . Pa-
rallel dazu werden w i r die Daten so aufbereiten,
dass sie i m Internet zur Ve r fügung gestellt werden
k ö n n e n . Weichenstellungen h i e r f ü r sind i m Verlauf
dieses Jahres vorzunehmen, so dass im letzten Pro-
jektjahr 2002 die Konzentrat ion der Publikations-
vorbereitung gelten kann.
DANK
Unser Dank gilt al l denen, die uns i m Berichtsjahr
in unserer Arbei t u n t e r s t ü t z t haben, besonders
aber der Fü r s t l i chen Regierung und dem LIistori-
schen Verein f ü r das F ü r s t e n t u m Liechtenstein,
welche nach dem Ausscheiden des Projektleiters
ihr Vertrauen in uns gesetzt haben. Und unser
Dank gilt nochmals Professor Dr. Hans Stricker,
ohne dessen M i t w i r k e n das Personennamenbuch
ein anderes sein w i r d .
Triesen, 6. Februar 2001
L I E C H T E N S T E I N E R N A M E N B U C H
lic. phi l . Toni Banzer
Herbert H ü b e
ANSCHRIFT
Liechtensteiner
Namenbuch
Messinastrasse 5
Postfach 415
FL-9495 Triesen
Telefon 00423/236 75 70
Telefax 00423/236 75 58
331
Liechtensteinisches
Urkundenbuch
TÄTIGKEITSBERICHT 2000
ALLGEMEINES
Im Rahmen des fü r die Fortsetzung des Liechten-
steinischen Urkundenbuchs gesprochenen Ver-
pflichtungskredites konnten mit einem 50 Prozent-
Pensum die Arbei ten an diesem fü r die Erforschung
der mittelalterlichen Landesgeschichte grundlegen-
den Quellenwerk f o r t g e f ü h r t werden. Enthalten die
sechs B ä n d e des ersten Teils des Liechtensteini-
schen Urkundenbuchs (LUB 1/1-6) die ü b e r l i e f e r t e n
schrift l ichen Quellen bis zum Tod des Churer B i -
schofs Har tmann von Werdenberg-Sargans-Vaduz
im Jahre 1416, so steht nun in L U B I I / l die Bearbei-
tung und Edit ion des vorhandenen Quellenbestan-
des fü r die Herrschaftszeit der Herren von Brandis
(1417-1510) an. Die Suche und Sammlung der
schrift l ichen Zeugnisse dieses knappen Jahrhun-
derts brandisischer M a c h t a u s ü b i m g i n der Graf-
schaft Vaduz und in den Herrschaften Schellenberg,
Blumenegg und Maienfeld (ab 1437) in den in - und
a u s l ä n d i s c h e n Arch iven sowie die Durchforschung
e insch läg iger Quellensammlungen und Literatur
auf relevante Quellenhinweise konnte noch nicht
vol ls tändig abgeschlossen werden. Die d iesbezügl i -
chen A b k l ä r u n g e n konnten aber immerh in soweit
getrieben werden, dass sich eine vor läuf ige Konzen-
tration auf die Transkriptions- und Editionsarbeiten
der i n den liechtensteinischen Arch iven gefundenen
Quellen a u f d r ä n g t e . Dies geschah allerdings auch in
Rücksicht auf die zur Ver fügung gestellten f inanziel -
len Mittel , die ein solches Vorgehen i m Hinbl ick auf
die Er fü l lung der ü b e r n o m m e n e n Verpfl ichtung zur
Edit ion der in den in- und a u s l ä n d i s c h e n Archiven
u r s p r ü n g l i c h g e s c h ä t z t e n A n z a h l von z i rka 250 Ur-
kunden ratsam erscheinen lassen.
ARBEITSSTAND
Die i m Konzept zur Gesamtplanung des L U B I I / l
f ü r die Berechnung des Zeitaufwandes zugrunde
gelegte A n z a h l von z i rka 250 Urkunden musste i m
Laufe der Sammel t ä t i gke i t nach oben korrigiert
werden. W ä h r e n d die Zah l der in den Archiven des
Landes liegenden Urkunden u n v e r ä n d e r t blieb
(rund 140), f ö r d e r t e n die bislang d u r c h g e f ü h r t e n
A b k l ä r u n g s a r b e i t e n in bestehenden Quellensamm-
lungen, Archivverzeichnissen und in der S e k u n d ä r -
literatur ein reichliches Quellenmaterial zur Herr-
schaftszeit der Herren von Brandis zutage. Insge-
samt ve r füg t die Quellen-Datenbank zur Zeit ü b e r
1042 D a t e n s ä t z e unterschiedlicher Informations-
dichte. Eine aus diesem gesammelten Datenmateri-
al aufbereitete Regestensammlung w i r d laufend er-
g ä n z t und verfeinert und kann Interessierten zur
Ve r fügung gestellt werden. U m das u r s p r ü n g l i c h
formulierte Arbei tsz ie l - Transkript ion und Edit ion
von rund 250 Urkunden - zu erreichen, musste im
F r ü h j a h r die noch nicht abgeschlossene systemati-
sche Sammel t ä t i gke i t v o r ü b e r g e h e n d unterbrochen
und mit der Transkript ion der i n den einheimi-
schen Arch iven liegenden Urkunden begonnen
werden. Diese Arbei ten gehen zur Zeit p l a n m ä s s i g
voran, so dass s ich das L U B 11/1-Projekt - unter
den unten formulier ten g r u n d s ä t z l i c h e n Vorbehal-
ten - auf Kurs in Richtung des e r w ä h n t e n Etappen-
ziels befinden sollte.
Die Arbei t an einem Urkundenbuch ist g e p r ä g t
durch verschiedene, i n der Regel nicht g e n ü g e n d
bekannte Faktoren. So spielt der Erhaltungszu-
stand und damit die Lesbarkeit der Urkunden f ü r
den Faktor Bearbeitungszeit eine ausschlaggeben-
de Rolle. H i n z u tritt die Erarbei tung des diplomati-
schen Textapparates, die fü r eine schlecht über l ie -
ferte Urkunde sehr zeitraubend sein kann. A u c h
die fü r den Sachanmerkungsapparat vorzuneh-
menden A b k l ä r u n g e n f ü r die i m Urkundentext er-
w ä h n t e n Personen und Ört l ichkei ten k ö n n e n mit-
unter erhebliche Zeit beanspruchen. Neben diesen
urkundenimmanenten Faktoren, die an sich schon
eine einigermassen zuver l ä s s ige S c h ä t z u n g der Be-
arbeitungszeit schwierig macht, tritt i m Falle des
332
HISTORISCHER VEREIN FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
L U B I I / l noch die unbekannte A n z a h l der zu edie-
renden Urkunden, was die Angabe des voraus-
sichtlichen Zeitaufwandes geradezu v e r u n m ö g -
licht. Im Gegensatz zu vergleichbaren Urkunden-
buch-Unternehmungen wie etwa das B ü n d n e r Ur-
kundenbuch oder das Char tular ium Sangallense
(St. Galler Urkundenbuch), die sich bei ihrer Edi t i -
onsarbeit auf ein weitgehend feststehendes Korpus
von Urkunden s tü t zen k ö n n e n , muss f ü r das L U B II
der in Frage kommende Urkundenbestand zuerst
noch zusammengetragen werden. Hier macht sich
die fehlende e igens t änd ige Tradit ion des L U B lei-
der schmerzlich bemerkbar; denn mit Ausnahme
des von Georg M a l i n bearbeiteten 4. Bandes des
ersten Teils des L U B wurde die Sammlung und Ed i -
tion des Liechtenstein betreffenden Quellenbestan-
des ins Aus land vergeben, so dass sich das L U B II
auf keinen Informations- und Wissensfundus stüt-
zen kann, der die jetzige LUB-Arbe i t erleichtern
und erheblich beschleunigen w ü r d e . Liier liegt aber
nebenbei bemerkt auch eine bedeutende Chance
des L U B II, indem näml ich alle gesammelten Infor-
mationen mit Hilfe der heute zur Ver fügung stehen-
den technischen LIilfsmittel gespeichert, bearbeitet
und jederzeit allen Interessierten zur Ve r fügung
gestellt werden k ö n n e n . Trotzdem, es bleibt die
g rundsä t z l i che Problematik zwischen dem A n -
spruch der L U B Il-Projektleitung beziehungsweise
des Geldgebers auf zuver läss ige Information hin-
sichtlich einer Projektdauer und der oben aufge-
zeigten Schwierigkeit des Bearbeiters, diese an sich
berechtigte Forderung redlich zu er fü l len . Es stel-
len sich hier einerseits Fragen nach einer vertret-
baren Ä n d e r u n g des u r s p r ü n g l i c h e n Konzeptes,
andererseits aber auch nach der g r u n d s ä t z l i c h e n
Bedeutung, die einem Liechtensteinischen Urkun-
denbuch zugemessen werden soll.
SONSTIGE TÄTIGKEITEN
Die Arbei t an einem Urkundenbuch kann weder als
s p e k t a k u l ä r bezeichnet werden noch findet sie vor
grossem Publ ikum statt. Der Bearbeiter des L U B II
nahm daher die Gelegenheit gerne wahr, dem Vor-
stand des Historischen Vereins fü r das F ü r s t e n t u m
Liechtenstein i m Rahmen einer kleinen EDV-Prä-
sentation Umfang, A u f b a u und Funktionsweise der
Quellendatenbank zu e r l ä u t e r n .
Die beabsichtigte Aufarbei tung des bis anhin ge-
sammelten Quellenmaterials zu einer brauchbaren
Regestensammlung konnte abgeschlossen werden,
so dass dem interessierten Besucher dieses Arbeits-
instrument i m Landesarchiv zur Ve r fügung gestellt
werden kann.
Schliesslich durfte der Bearbeiter i m Rahmen
seiner U r k u n d e n b u c h t ä t i g k e i t manche Arbeiten mit
Quellen- und Literaturhinweisen u n t e r s t ü t z e n .
AUSBLICK
Im Jahre 2001 werden die Transkriptionsarbeiten
des in den liechtensteinischen Arch iven liegenden
Quellenmaterials einen Schwerpunkt der Tät igkei t
bi lden. Daneben w i r d a b z u k l ä r e n sein, auf welche
Weise und in welchem Umfang das Urkundenbuch
seine gesammelten Quelleninformationen i m Inter-
net zur Ve r fügung stellen k ö n n t e , beispielsweise in
F o r m einer einfachen Regestensammlung oder
aber mittels einer auf vielfäl t igere Weise nutzba-
ren, aber auch mit erheblich mehr Zei taufwand zu
erarbeitenden Datenbank.
333
DANK
Als Bearbeiter des L U B II m ö c h t e ich der T räge r -
schaft des Urkundenbuch-Projektes, dem LIistori-
schen Verein und seinem Vorstand, insbesondere
dem P r ä s i d e n t e n Dr. Rupert Quaderer und dem Ge-
s c h ä f t s f ü h r e r lic. phi l . Klaus Biedermann f ü r das
entgegengebrachte Vertrauen und die Unte r s tü t -
zung danken. Dank g e b ü h r t auch dem Liechten-
steinischen Landesarchiv, wo das L U B eine Heim-
s tä t te gefunden hat, namentl ich dem Landesarchi-
var Dr. Alois Ospelt, dem Archivlei ter lic. phi l . Paul
Vogt und den Archivbetreuerinnen Olga A n r i g , Rita
Fehr, Nicole Hanselmann, Edi th LIilti, Marianne
K a u f m a n n und Rita Tobler, von denen ich stets
die bes tmögl i che Hilfe erfahren durfte. Schliesslich
m ö c h t e ich mich bei allen Kolleginnen und Kolle-
gen bedanken, die durch ihre Quellen- und Litera-
turhinweise zur Quellenfül le des L U B II beigetragen
haben.
Vaduz, am 26. Februar 2001
L I E C H T E N S T E I N I S C H E S U R K U N D E N B U C H
Claudius Gurt
ANSCHRIFT
Liechtensteinisches
Urkundenbuch
c/o Liechtensteinisches
Landesarchiv
Zu Händen von
Claudius Gurt
FL-9490 Vaduz
334
HISTORISCHER VEREIN FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
Projekt «Kunstdenkmäler des
Fürstentums Liechtenstein»
TÄTIGKEITSBERICHT 2000
Das Projekt zur Neubearbeitung des Buches
« K u n s t d e n k m ä l e r des F ü r s t e n t u m s L iech tens te in»
steht unter der T r ä g e r s c h ä f t des Historischen Ver-
eins fü r das F ü r s t e n t u m Liechtenstein. Es wurde
im Berichtsjahr wie seit Beginn der Arbei ten i m
Oktober 1999 auf der Basis eines auf fünf Jahre
ausgerichteten Werkvertrages von der Kunsthisto-
r iker in Dr. Cornel ia Her rmann betreut. Die redak-
tionelle Zusammenarbei t des Buchprojektes erfolgt
mit der Gesellschaft f ü r Schweizerische Kunstge-
schichte (nachfolgend: GSK) in Bern, die bereits
seit Jahrzehnten (siehe unten) f ü r die Herausgabe
der Reihe « K u n s t d e n k m ä l e r der Schweiz» verant-
wort l ich zeichnet. Zuletzt erschien die Reihe i m
Wiese Verlag, Basel. A b dem 1. März 2001 w i r d die
Herausgabe im Eigenverlag der GSK erfolgen.
VORGESCHICHTE
Die GSK ü b e r n a h m 1927 die Aufgabe, die Kunst-
d e n k m ä l e r der Schweizer Kantone in einer Folge
von I n v e n t a r b ä n d e n zu publizieren. Im Jahr 1950
erschien als Jahresgabe in der Reihe « K u n s t d e n k -
m ä l e r der Schweiz» der von Dr. E r w i n Poeschel
(*1884; f l 9 6 5 ) bearbeitete Sonderband «Kunst -
d e n k m ä l e r des F ü r s t e n t u m s Liech tens te in» , dem
noch heute grundlegende Bedeutung fü r die Erfor-
schung der Kunstgeschichte des F ü r s t e n t u m s Liech-
tenstein und seiner elf Gemeinden zugesprochen
werden kann. Der Autor erfasste neben wenigen
Profanbauten vor al lem kirchliche D e n k m ä l e r und
Burgen sowie deren Inventar. Seit der Mitte des
20. Jahrhunderts hat der Begriff des Kunstdenk-
mals jedoch eine bedeutende Erwei terung erfah-
ren. Neue Kategorien, wie Industriebauten, Brü-
cken und Bauten des Historismus, Leistungen des
f r ü h e n 20. Jahrhunderts f inden heute neben The-
men wie Bauten im Ensemble oder Siedlungsent-
wicklung v e r s t ä r k t e Beachtung. Restaurierungen
f ü h r t e n vor allem in den letzten Jahren zu neuen
Entdeckungen und die Forschung hat sowohl auf
a r chäo log i schem, historischem und denkmalpfle-
gerischem Gebiet neue Erkenntnisse zu Tage geför-
dert. Zudem hat sich Liechtenstein in den letzten
fünf Jahrzehnten wir tschaft l ich und architekto-
nisch grundlegend gewandelt. Eine Grosszahl der
neuen Kul tu rgü te r entstand in der Zeit nach 1920
mit einer Hochkonjunkturphase i n den 1960er Jah-
ren, die zugleich die Zeit der g r ö s s t e n Bevölke-
rungs- und Siedlungsexplosion darstellt. Alle diese
genannten U m s t ä n d e machten eine Neubearbei-
tung des seit vielen Jahren vergriffenen Bandes
notwendig.
BERATENDE GREMIEN UND TÄTIGKEIT
DER AUTORIN
Zur Begleitung und Herausgabe des Buches hat der
Historische Verein die Fachkommiss ion «Kuns t -
d e n k m ä l e r des F ü r s t e n t u m s Liech tens te in» einge-
setzt. A m 18. Januar 2000 fand die konstituierende
Sitzung dieser Fachkommiss ion statt. Zu den Mit-
gliedern der Kommiss ion g e h ö r e n in alphabeti-
scher Reihenfolge: lic. phi l . Patrik Birrer, Hochbau-
amt, Denkmal- und Ortsbildschutz, Vaduz; Hans-
j ö r g Frommelt , Flochbauamt, Archäo log ie , Triesen;
lic. phi l . Norbert Hasler, Liechtensteinisches Lan-
desmuseum, Vaduz/Triesen; Pfarrer Franz Nä-
scher, katholisches Pfarramt, Vaduz; Dr. Alois Os-
pelt, Liechtensteinisches Landesarchiv, Vaduz; lic.
phi l . Eva Pepic, DoMus, Schaan; Dr. Alphons Rai-
mann, Amt f ü r Denkmalpflege und Inventarisation,
Frauenfeld; Dr. Uwe Wieczorek, Fürs t l i che Samm-
lung, Vaduz. Dr. Rupert Quaderer, Vorsitzender des
Historischen Vereins f ü r das F ü r s t e n t u m Liechten-
stein, n immt auf Ein ladung ebenfalls an den Sit-
zungen der Fachkommiss ion teil.
F r a u l ic. phi l . E v a Pepic wurde am 18. Januar
2000 zur Vorsitzenden der Kommiss ion gewähl t .
Herr Dr. Alphons Ra imann ü b e r n a h m i m Auf t rag
der GSK die Aufgaben des Begutachters. Herr Dr.
Raimann, selbst Kunsthistoriker und Kenner des
F ü r s t e n t u m s Liechtenstein, fungiert damit als d i -
rekter Ansprechpar tner der Auto r in in wissen-
schaftlicher und arbeitstechnischer Hinsicht. Herr
lic. phi l . Klaus Biedermann, G e s c h ä f t s f ü h r e r des
335
Historischen Vereins, ü b e r n i m m t dankenswerter-
weise die P ro toko l l füh rung der Sitzungen und ist
zudem Ansprechperson f ü r alle buchhalterischen
und verwaltungstechnischen Belange.
ARBEITSSTAND
A m 21. Juni 2000 traf sich die Fachkommiss ion
zur ersten Arbeitssi tzung. F rau Dr. Her rmann in -
formierte ü b e r den Stand der Arbei ten und legte
einen Arbeitszeitplan bis zur abschliessenden Vor-
lage des Manuskriptes Ende 2004 vor. Im Zentrum
des Berichtsjahres stand die Bearbeitung des Pro-
bemanuskriptes « G e m e i n d e S c h a a n » , das grundle-
gend f ü r alle nachfolgend zu verfassenden Kapi te l
von der Redaktion in Bern und der Fachkommiss i -
on « K u n s t d e n k m ä l e r des F ü r s t e n t u m s Liechten-
stein» begutachtet werden w i rd . Die Fertigstellung
erfolgte zum Ende des Berichtsjahres. Gearbeitet
wurde mit E D V ohne Einsatz einer Datenbank.
Das Kapitel erfasst mit 136 Druckseiten (inklusi-
ve Abbi ldungen, Legenden und Registeranteil) i n
knapper Form, wissenschaft l ich fundiert und f ü r
einen grossen Leserkreis bestimmt, die Kunstdenk-
m ä l e r der Gemeinde Schaan. In Text und Bi ld wer-
den die Grundlagen fü r weitere Forschungen be-
reitgestellt. Es fliessen bisherige Forschungsergeb-
nisse ein, die e r g ä n z t werden durch neue Erkennt-
nisse aufgrund der Beobachtungen am Objekt
sowie der gesichteten Schrift-, B i ld - und Planquel-
len. Neues Schwerpunktthema stellt die «Bevölke-
rungs- und S ied lungsen twick lung» mit einer Analy-
se der Einflussnahme auf strukturelle V e r ä n d e r u n -
gen bzw. Bauentwicklungen der Gemeinde Schaan
dar. Das Forschungsgebiet der Archäolog ie findet
im Vergleich zu den neu erschienenen Kunstdenk-
m ä l e r b ä n d e n der Schweizer Kantone besonders
umfangreiche Beachtung. Im Mittelpunkt der Kunst-
d e n k m ä l e r r e i h e stehen traditionell die sakralen
und profanen B a u d e n k m ä l e r mit ihrer Ausstattung.
Erstmalige E r w ä h n u n g f inden beispielsweise das
Kloster St. Elisabeth von 1935, das Theater am
Kirchplatz von 1913/1972, aber auch Bauten, die
von historischem Interesse sind, wie das A r m e n -
haus oder das P o s t g e b ä u d e . Eine Neuaufnahme
der verkehrstechnischen Bauten, wie des Bahnho-
fes Schaan-Vaduz oder der Rhe inb rücke Schaan-
Buchs ist ebenso zu verzeichnen wie die Inventari-
sierung der Bauten i m Heimatst i l oder i m histori-
stischen Stil aus der Zeit nach der Jahrhundert-
wende. Neueste Restaurierungsergebnisse von St.
Laurentius, St. Peter und der Duxkapelle f inden
Eingang i n die betreffenden Kapitel . « B r u n n e n »
und « D e n k m ä l e r » sind i n eigenen Kapi te ln bear-
beitet. Insbesondere bei mobi lem Kulturgut musste
eine A u s w a h l der kunsthistorisch relevanten
Stücke getroffen werden. Das Kapi te l « G e m e i n d e
S c h a a n » wurde mit insgesamt 100 Abbi ldungen
projektiert.
ÖFFENTLICHKEITSARBEIT UND SONSTIGE
TÄTIGKEITEN
Mit dem Auf t rag der Erstel lung des Buchmanu-
skriptes sind auch Öffen t l ichke i t sa rbe i t und Aus-
kunf t s t ä t igke i t verbunden. Die wesentlichen Anl ie -
gen des Projektes « K u n s t d e n k m ä l e r des F ü r s t e n -
tums Liech tens te in» wurden i m Februar 2000 auf
der Homepage des Historischen Vereins übe r s i ch t -
l ich dargestellt. Angestrebt w i r d zudem eine Prä -
sentation des Projektes i n der lokalen Presse, so-
bald die Beurtei lung des Probemanuskriptes «Ge-
meinde S c h a a n » seitens der Fachkommiss ion und
der Redaktion der GSK vorliegt.
Ergebnisse der Forschungen in den einzelnen
Gemeinden fliessen in den kommenden Jahren als
Ar t ike l sukzessive i n das Flistorische Lexikon ein.
Hierzu g e h ö r e n beispielsweise Be i t räge zu den A r -
chitekten E r w i n Hinderer und Ernst Sommerlad,
Themenart ikel wie Brunnen, Gemeinde- und Rat-
häuse r , K u r h ä u s e r , L a n d t a g s g e b ä u d e , Schulbauten,
W o h n t ü r m e , Pfrundbauten, Landesmuseum, Bie-
dermann-Haus, E n g l ä n d e r b a u oder Villenviertel
Schaan/Vaduz u. a. Ergebnisse der Forschungsar-
beit werden ebenfalls i n dem Vortrag «Holz oder
Stein. Alpine Kur- und B e r g h ä u s e r Liechtensteins
zwischen Tradi t ion und M o d e r n e » beim Kongress
der « I n t e r n a t i o n a l e n Gesellschaft f ü r historische
336
HISTORISCHER VEREIN FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
A l p e n f o r s c h u n g » i m September 2001 in Kempten
im Allgäu einfliessen. Das Thema des Kongresses
ist: «Die Sachkultur in den alpinen Gese l l schaf ten .»
Die j äh r l i che Zusammenkunft der Geschäf t s le i -
tung mit den Autoren und Autor innen der Kunst-
d e n k m ä l e r - und der INSA-Reihe g e h ö r t zum festen
Bestandteil des Gesellschaftsjahres der GSK. A u f
Einladung der Redaktionskommission trafen sich
Autoren und Autor innen der GSK am 15. und 16.
September 2000 in Einsiedeln. Sie wurden dort be-
g rüss t von Dr. A n j a Buschow Oechslin und Profes-
sor Werner Oechslin in der «St i f tung Bibliothek
Werner Oechsl in» auf der Luegeten, ein in Teilen
(unterirdisch) fertiggestelltes Projekt des Archi tek-
ten Mar io Botta. Die Veranstaltung bot neben der
Besichtigung der Stiftsbibliothek des Klosters E i n -
siedeln Gelegenheit zum inhaltl ichen und grund-
sä tz l ichen Austausch der Autoren aus verschiede-
nen Schweizer Kantonen und dem F ü r s t e n t u m
Liechtenstein.
AUSBLICK
Das Probemanuskript « G e m e i n d e S c h a a n » hat die
Erkenntnisse der Autoren in den Schweizer Kanto-
nen bestä t ig t : Eine Zunahme der Bautä t igke i t seit
Beginn des 20. Jahrhunderts f ü h r t zur z a h l e n m ä s -
sigen Zunahme der zu bearbeitenden Objekte. Eben-
so sind die wissenschaftl ichen A n s p r ü c h e in Bezug
auf Quellennachweise analog zum allgemein gestie-
genen Standard gewachsen, desgleichen der U m -
fang des Quellenmaterials bei j ü n g e r e n D e n k m ä -
lern. A l l diese Faktoren haben zu einer Zunahme
des Stoffumfangs und zur E r h ö h u n g des Aufwands
ge führ t , der zu dessen Bearbeitung und Darstel-
lung erforderlich ist. Die Folge ist eine Verkleine-
rung des in einem Normalband von 480 Seiten un-
terzubringenden Gebietes, gefolgt von einer Ver-
langsamung der Gesamterfassung. Dem rascheren
Fortschreiten der Arbei t am K u n s t d e n k m ä l e r - I n -
ventar sind flankierende Forschungen zur Arch iv -
und Quellenerschliessung sowie lokalhistorische
Forschungen förder l ich .
S c h ä t z u n g e n , resultierend aus Erfahrungswer-
ten in den Schweizer Kantonen, nennen fü r die
Dauer der Bearbeitung eines Bandes fünf bis acht
Jahre, zu denen noch ein Jahr f ü r die Buchherstel-
lung gerechnet werden muss. Der Zeitplan f ü r die
Erarbei tung des Bandes « K u n s t d e n k m ä l e r des Für-
stentums Liech tens te in» liegt somit mit fünf Jahren
am unteren Limit . Zudem ist die Phase der Druck-
legung nicht einkalkuliert . Im Verlauf des Jahres
2001 gilt es darum, die G r u n d s ä t z e f ü r das Gesamt-
werk « K u n s t d e n k m ä l e r des F ü r s t e n t u m s Liechten-
s te in» festzulegen. Hie rzu g e h ö r e n insbesondere
Entscheidungen, die Zei taufwand und Umfang be-
treffen. Die Arbei t w i r d derzeit in den Gemeinden
Eschen und Planken fortgesetzt.
DANK
Mein Dank gilt al l denen, die im Berichtsjahr die
Grundlagenforschung mit G e s p r ä c h e n , Informatio-
nen und Mater ia l u n t e r s t ü t z t haben. Hie rzu gehö-
ren insbesondere das DoMus, Schaan, mit Gemein-
dearchiv und Gemeindesammlung, vertreten durch
Eva Pepic und Gina Jehle, ebenso das B a u b ü r o der
Gemeinde Schaan sowie das römi sch -ka tho l i s che
Pfarramt der Gemeinde mit Pfarrer F lor ian Hasler
und Messmer Robert Jungi . Zu danken ist ausser-
dem dem Hochbauamt mit Denkmalpflege und A r -
chäologie , namentl ich Patrik Birrer, J ü r g e n F r ä n -
zer bzw. H a n s j ö r g Frommel t und Ulrike Mayr, wie
auch dem Liechtensteinischen Landesmuseum un-
ter der Leitung von Norbert Hasler sowie seinen
Mitarbei tern Paul Fr ick und Thomas Müssner . Ge-
dankt sei zudem dem Redaktor des LIistorischen
Lexikons fü r das F ü r s t e n t u m Liechtenstein, Ar thur
Brunhart , f ü r die kooperative Zusammenarbeit .
Klaus Biedermann g e b ü h r t ein D a n k e s c h ö n fü r
sein Engagement i m Bereich der P ro toko l l füh rung
und Buchhaltung.
337
Neben der U n t e r s t ü t z u n g durch die Fürs t l i che
Regierung und die Gemeinden des Landes sei auch
die F ö r d e r u n g durch die Hi l t i Familienstif tung,
Schaan, und die K a r l Danzer Stiftung, Vaduz, her-
vorgehoben und beiden Stiftungen ein besonderer
Dank ausgesprochen. Dank gilt auch der T räge r -
schaft, dem Historischen Verein und seinem Vor-
stand, der das Projekt mit besonderem Interesse
begleitete.
Triesen, 13. März 2001
ANSCHRIFT
Kunstdenkmäler des
Fürstentums Liechtenstein
c/o Historischer Verein
für das Fürstentum
Liechtenstein
Messinastrasse 5
Postfach 626
FL-9495 Triesen
Telefon 00423/236 75 38
Telefax 00423/236 75 48
E-Mail cherrmann@hvfl.li
P R O J E K T «KUNSTDENKMÄLER DES
FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN»
Dr. Cornelia Her rmann
338
HISTORISCHER VEREIN FÜR DAS FÜRSTENTUM
LIECHTENSTEIN 2000
Vorarlberger Sprachatlas
mit Einschluss des Fürstentums
Liechtenstein
TÄTIGKEITSBERICHT 2000
Da im Jahre 2000 mit Band III (Konsonantismus
und Morphologie) begonnen werden sollte, musste
z u n ä c h s t das umfangreiche Mater ial neu geordnet
werden. Beim Konsonantismus ging es z u n ä c h s t
um die Darstellung der sogenannten Auslautver-
h ä r t u n g , wo die Mundar t des Triesenbergs eine
Sonderstellung hat {gras «Gras» , rad «Rad» usw.
anstatt glaas, raad wie i m ü b r i g e n Liechtenstein).
Gleichzeitig konnte auch der Schwund des «d» be-
handelt werden [hann « H a n d » , kinn «Kind», fäll
«Feld» i m Liechtensteiner Unter- und Oberland).
Und anderes. Es wurden die Druckvorlagen f ü r die
32 Karten der ersten Lieferung von Band III fertig-
gestellt, ebenso die Kommentare und deren Rein-
schrift sowie die Kodierungslisten fü r den Karten-
druck. A m 29. M a i 2000 konnte ich alle Unterlagen
nach Zür ich bringen. Gleichzeitig waren noch die
letzten Korrekturen der f ü n f t e n Lieferung von
Band IV d u r c h z u f ü h r e n , die inzwischen gedruckt
und ausgeliefert worden ist.
Im Anschluss daran wurden die restlichen Kar-
ten fü r die romanischen Rel iktwörter , welche f ü r
die sechste und letzte Lieferung von Band IV be-
stimmt waren, fertiggestellt und die Kommentare
dazu verfasst, wobei ich mich h ierzu auf Vorarbei-
ten von Dr. Hubert Klausmann s tü t zen konnte. Es
handelt sich dabei auch u m Liechtensteiner Roma-
nismen wie Särrele « Z a u n d u r c h l a s s » , Stärrile « jun-
ge Ziege», pass «welk» (vom Gras), und andere. Da
Dr. Llubert Klausmann inzwischen sein Manuskr ip t
von Band V mir in Bregenz ü b e r r e i c h t hat, wurde
in Absprache mit Herrn Dr. Arno Ruoff beschlos-
sen, den Platz in der sechsten Lieferung von Band
IV der Darstellung von alten und jungen L e h n w ö r -
tern vorzubehalten, zum Beispiel « K a t a r r h » (in
Liechtenstein Strauche beziehungsweise Struuch-
le), « M a r m e l a d e » (in Liechtenstein noch Latwäri),
die «Reisigwelle» (in Liechtenstein Bürdelein oder
Büschelein). Weiters sollen die sogenannten Kle in -
w ö r t e r dargestellt werden, namentlich Adverbien
wie «schnel l» , auch in Liechtenstein noch weidlich,
mundart l ich wälli, wädli, aber ebenso Pronomina
wie «nicht» , «n ich ts» , «weg» , « n i e m a n d » , « e t w a s » ,
und andere.
Diese Karten waren deswegen sehr arbeitsauf-
wendig, da noch die Listen aus dem Originalmate-
r i a l herausgeschrieben werden mussten und zu-
dem reichhaltiges Spontanmaterial zu be rücks i ch -
tigen war. F ü r Liechtenstein gab es nur fü r zwei
Karten bereits etwa 300 Belege pro Ort! Anschlies-
send habe ich noch die Fotos fü r den Abbildungs-
band vorbereitet. A m 28. September 2000 wurden
die Druckvorlagen f ü r die sechste Lieferung von
Band IV nach Zür ich gebracht. Somit ist die Dar-
stellung der romanischen Rel ik twör te r abgeschlos-
sen. F ü r das Kapi te l «Kle inwör te r» fehlen noch
zehn Karten, die aus b u d g e t ä r e n G r ü n d e n erst
2001 gedruckt werden k ö n n e n , w o f ü r ich die Ge-
nehmigung von Bregenz erst am 11. Januar 2001
erhalten habe. Ich besorgte auch die Reinschrif t f ü r
die Kommentare sowie die Kodierungslisten, eben-
so schloss ich die Korrektur der Kommentare ab.
Die Kommentare fü r die Karten konnte ich indes-
sen erst am Jahresende abschliessen, da mir das
entsprechende Kartenmater ia l erst am 23. Dezem-
ber 2000 nach Wangen geschickt worden war. Fü r
den Band IV waren zudem noch die Inhaltsver-
zeichnisse und die Vorworte f ü r den Karten- wie
auch f ü r den Kommentarband zu verfassen.
Wangen, 3. Februar 2001
V O R A R L B E R G E R S P R A C H A T L A S MIT EINSCHLUSS
DES FÜRSTENTUMS L I E C H T E N S T E I N
Professor Dr. Eugen Gabr ie l
ANSCHRIFT
Vorarlberger Sprachatlas
mit Einschluss des Fürsten-
tums Liechtenstein
Flandernstrasse 13/1
D-88239 Wangen im
Allgäu
Tel. 0049/7522/809 11
Fax 0049/7522/293 Ol
339
LIECHTEN-
STEINISCHES
L A N D E S M U S E U M
2000
Die mit unzähligen Stahl-
ankern gesicherte Rück-
wand des Erweiterungs-
baus hat die Parterrezone
erreicht. Die mächtige
Stützmauer wurde von
oben nach unten - nach
jeweiligem Abbau von
Fels- und Geröllmaterial -
in klar festgelegten Etap-
pen errichtet. Mit schwe-
rem Gerät erfolgt nun der
Felsabbau und Aushub für
die Räume des Kulturgü-
terschutzes.
342
LIECHTENSTEINISCHES
LANDESMUSEUM 2000
Jahresbericht 2000
STIFTUNGSRAT
In vier Sitzungen hat der Stiftungsrat des Liechten-
steinischen Landesmuseums die statutarisch festge-
legten Geschäfte wahrgenommen. Eine gesonderte
Sitzung war dem Stand und Ablauf des Projekts
«Renovation und Erweiterung Liechtensteinisches
Landesmuseum» und dem Projekt «Dauerausstel-
lung» gewidmet. Anlässlich der Sitzung vom 27. No-
vember 2000 nahm der Stiftungsrat einen Augen-
schein im eigens errichteten «Musterraum» beim
Architekturbüro Brunhart, Brunner und Kranz in
Balzers und nahm kritisch Stellung zu diesbezügli-
chen Detailfragen wie Materialisierung, Ausstat-
tung, Akustik und Beleuchtung. Weitere Schwer-
punkte waren Fragen zur künftigen Personalstruk-
tur und zum Betriebskonzept.
MUSEUMSKOMMISSION
Die Museumskommission befand an zwei Sitzun-
gen über zahlreiche Ankäufe, Schenkungen und
Zuwendungen, diskutierte das in Ausführung be-
findliche Bauprojekt, die künftige Ausstellungspoli-
tik des Liechtensteinischen Landesmuseums sowie
laufende Projekte des Museums. Ebenso wie der
Stiftungsrat nahm auch die Museumskommission
nach dem Besuch des «Musterraums» in Balzers zu
verschiedenen Fragen Stellung.
MUSEUMSVERWALTUNG
Neben administrativer und organisatorischer Mu-
seumsarbeit sowie reger Beratertätigkeit der Mu-
seumsverantwortlichen für zahlreiche Projekte und
Publikationen, privater und öffentlicher Institutio-
nen, stand die Planungsarbeit der laufenden Bau-
arbeiten im Mittelpunkt des Jahres 2000.
Grundlegend konnte die EDV-Struktur der Mu-
seumsverwaltung verbessert werden. Im Zuge der
Neustrukturierung entschied sich die Museumslei-
tung für die Einführung und den künftigen Einsatz
in Verwaltung und vornehmlich der Sammlungsbe-
arbeitung für das Programm MuseumPlus der Fir-
ma Zetcom in Bern. Mehrere Einführungsseminare
vor Ort dienten dem Museumspersonal, sich in das
Programm einzuarbeiten und sich mit der Anwen-
dervielfalt vertraut zu machen. Über dasselbe Pro-
gramm verfügt bereits die Fürstliche Sammlung.
Das Kunstmuseum Liechtenstein und das Walser-
museum Triesenberg sind ebenfalls dabei, dies für
ihre Zwecke einzuführen. Es wäre wünschenswert,
wenn weitere kulturhistorische Sammlungen in
den Gemeinden des Landes mit demselben Pro-
gramm erfasst würden. Diesbezügliche Kontakte
wurden seitens der Museumsleitung bereits ver-
schiedentlich aufgenommen. Im Rahmen einer
Konferenz der Vorsitzenden der Kulturkommissio-
nen der Gemeinden, in Anwesenheit von Frau Re-
gierungsrat Dr. Andrea Willi, vom 6. April 2000 in
Vaduz, hatte der Museumsleiter die Gelegenheit,
über die Sammlungstätigkeit des Liechtensteini-
schen Landesmuseums in Bezug auf die Kulturgü-
tersammlungen der Gemeinden zu referieren. Die
anschliessende Diskussion war für beide Seiten
nützlich und gewinnbringend. Eine Koordination
der gemeinsamen Bemühungen um den Erhalt des
kulturellen Erbes unseres Landes liegt im allseiti-
gen Interesse. Eine einheitliche und koordinierte
Erfassung aller Sammlungsbestände, sowohl des
Landes wie der Gemeinden, wäre dazu die entspre-
chende Grundlage.
Im Hinblick auf die Eröffnung des Kunstmu-
seums Liechtenstein (12. November 2000) wurde
das Angebot des 1997 begonnenen Projektes «Ei-
genkollektion - Museumsshop Liechtensteiner Mu-
seen», das gemeinsam vom Landesmuseum und
Kunstmuseum geleitet wird, um zwei Objekte er-
weitert: eine Uhr in limitierter Auflage von 200 Ex-
emplaren nach einem Entwurf des Liechtensteiner
Künstlers Martin Walch (*1960 in Vaduz), und ei-
ner Baumwolldecke in fünf Farben, speziell zur
Eröffnung des Kunstmuseums Liechtenstein von
Imi Knoebel (*1940 in Dessau) entworfen.
Das Jahr 2000 entwickelte sich in Bezug auf das
laufende Bauprojekt des Landesmuseums zu einem
Jahr der Weichenstellungen sowohl in architekto-
nischer wie in ausstellungstechnischer Hinsicht.
343
Die mit dem Spatenstich vom 20. September
1999 in Angriff genommenen Bauarbeiten konnten
im Laufe des Jahres 2000 zügig weitergeführt wer-
den, sodass der Aushub in felsigem Gelände bis
Herbst abgeschlossen und termingerecht mit den
Vorbereitungen und der Durchführung der Fundati-
onsarbeiten des Erweiterungsbaues begonnen wer-
den konnte. Die eindrückliche Baugrube lässt den
künftigen Landesmuseumskomplex bereits erah-
nen. In zahlreichen Sitzungen der zuständigen Fach-
kommissionen konnten architektonische Fragen ge-
klärt und bislang offene Detailprobleme gelöst, die
Planung weiter vorangetrieben werden.
Der Leiter des Landesmuseums ist in insgesamt
zwanzig Kommissionen und Fachgremien aktiv
vertreten, sechs davon stehen in unmittelbarem
Zusammenhang mit dem Projekt Renovation und
Erweiterung des Landesmuseums.
In zahlreichen, oft kontroversen Diskussionen
konnten Lösungen und Kompromisse zwischen Ar-
chitekten und Nutzern und Betreibern des Liech-
tensteinischen Landesmuseums gefunden werden,
namentlich im Hinblick auf die Realisierung des
hangseitigen viergeschossigen Erweiterungsbaus.
In einem langwierigen Verhandlungsverfahren
wurde durch eine breit fundierte Jurykommission
im Berichtsjahr das künftige Ausstellungsgestalter-
und Grafikerteam eruiert. Das Auswahlgremium
entschied sich für das Büro für Ausstellungsgestal-
tung und Grafik Gassner und Seger, Vaduz, in Ko-
operation mit Frau Sabine Kranz, Innenarchitek-
tur, Paris.
Eine eigene Arbeitsgruppe unter Beratung von
Professor Oskar Emmenegger, Restaurator, Zizers,
Peter Albertin, Bauhistoriker, Winterthur, und dem
Ingenieurbüro Ernst Baumann, Bauphysik, Batzen-
heid, nahm sich der verschiedenen Probleme im
Zusammenhang mit der Sanierung und Renovation
der Altbauten - Museumsgebäude und Verweser-
haus - an.
Auf anderer Ebene konnte das Konzept der Dau-
erausstellungen des künftigen Landesmuseums kon-
kretisiert werden; seit Mitte des Jahres in Zusam-
menarbeit mit dem Ausstellungsgestalterteam und
nach wie vor unter der Mitarbeit von Professor Ro-
ger Sablonier von der Beratungsstelle für Landesge-
schichte B/L/G in Zug.
PERSONAL, TAGUNGEN, PROJEKTE
Der Personalbestand des Landesmuseums blieb im
Berichtsjahr unverändert. Lic. phil. Arthur Brun-
hart, wissenschaftlicher Mitarbeiter, war von Janu-
344
LIECHTENSTEINISCHES
LANDESMUSEUM 2000
Blick von Nordwesten auf
die Museumsbaustelle
ar 2000 bis August 2000 zu 50 Prozent, seit 1. Sep-
tember 2000 zu 80 Prozent beim Landesmuseum
tätig. Paul Frick und Gertrud Frick (50-Prozent-
Stelle) waren krankheits- und unfallbedingt lang-
zeitig für die Museumsmitarbeit ausgefallen.
Paul Frick konnte am 1. November 2000 auf eine
dreissigjährige Tätigkeit im Dienste des Liechten-
steinischen Landesmuseums zurückblicken. Herr
Frick hat 1971 in der Funktion des Museumstechni-
kers und Hauswartes seine Arbeit begonnen. Im
Laufe der Jahre hat sich Paul Frick in den Bereich
der Museumsphotographie eingearbeitet und in den
vergangenen Jahren rund achtzigtausend Fotos ge-
fertigt und grösstenteils, namentlich im Schwarz-
Weiss-Bereich, im hauseigenen Labor entwickelt.
Viele seiner Reproaufnahmen sind in unzähligen
Publikationen veröffentlicht worden oder haben
in den Multivisionsbereich Eingang gefunden. Die
Museumsleitung dankt Herrn Frick sehr herzlich
für seine hervorragende und vielseitige Arbeit im
Dienste des Liechtensteinischen Landesmuseums.
Arthur Brunhart hat im Oktober 2000 das Nach-
diplomstudium in Museologie an der Universität
Basel begonnen. Das Studium dauert insgesamt
vier Semester und endet im Juni 2002.
Das Museumspersonal war an zahlreichen mu-
seumsspezifischen Tagungen, Seminaren und Kol-
loquien im In- und Ausland beteiligt. Museums-
und Ausstellungsbesuche, verbunden mit intensi-
ven Gesprächen und Diskussionen unter Fachkolle-
gen dienten der gezielten Klärung von Sachfragen
und Problemen im Zusammenhang mit dem Mu-
seumsneubeginn.
Besonders zu erwähnen sind der Besuch der
Fachtagung «Schädlinge in Kunst und Kulturgut»
mit Dozent Dr. Bernd Hering in Braunschweig
durch Thomas Müssner vom 8. bis 11. März 2000.
Arthur Brunhart nahm am 19. Mai 2000 an der Ta-
gung «Datenbankkonzepte und Geschichte» an der
Universität Zürich teil und folgte vom 15. bis 18.
Juni 2000 der Einladung des Mittelalter-Zentrums
der Universität Greifswald (Professor Karl-Heinz
Spiess) zur wissenschaftlichen Tagung «Herrschaft
und Repräsentation»; vom 13. bis 20. August 2000
beteiligte er sich an der II. Internationalen Som-
merakademie «Museologie» in Schloss Gabelhofen
(Fohnsdorf, Steiermark).
Der Museumsleiter war zum internationalen
Kolloquium über die Restaurierung des spätgoti-
schen Hochaltars der Kathedrale in Chur vom 15.
September 2000 eingeladen.
Das Liechtensteinische Landesmuseum war am
1. Kulturkongress in Liechtenstein, der am 25. No-
vember 2000 stattgefunden hat durch den Mu-
345
seumsleiter lic. phil. Norbert W. Hasler vertreten,
der zusammen mit Professor Dr. Manfred Schlapp,
Intendant Georg Rootering und lic. phil. Eva Pepic
den Workshop «Kultur: Stiefkind, Sorgenkind oder
Liebkind? Kulturschaffende am Zügel der öffentli-
chen Hand» leitete.
Zur Neueröffnung des Schaaner Ortsmuseums
DoMuS am 14. Dezember 2000 war der Leiter des
Liechtensteinischen Landesmuseums eingeladen,
die Eröffnungsansprache zu halten.
Mit grosser Intensität wurde das zuständige Mu-
seumspersonal in das neue EDV-Programm Mu-
seumPlus eingeführt. Überdies wurden verschiede-
ne Angebote aus dem Kursangebot der Landesver-
waltung genutzt.
Thomas Müssner war vom 18. September 2000
bis 13. November 2000 beim Aufbau der Eröff-
nungsausstellungen des neuerbauten Kunstmuse-
ums Liechtenstein tätig. Diese Tätigkeit stand ganz
im Zeichen der traditionell guten Zusammenarbeit
und Beziehungen zwischen Landesmuseum und
Kunstmuseum, das am 12. November 2000 plan-
mässig eröffnet werden konnte.
Stiftungsrat und Museumsleitung sind in Zusam-
menarbeit mit der Fürstlichen Regierung dabei,
das Betriebskonzept und die Personalstruktur des
künftigen Liechtensteinischen Landesmuseums zu
erarbeiten.
Neben administrativer Tätigkeit und operativer
Planungsarbeit hinsichtlich des Renovations- und
Erweiterungsprojektes verfolgt das Museumsteam
mittelfristig angelegte Projekte, so unter anderem
die Faksimile-Edition mit Kommentarteil der Hel-
bert-Chronik sowie die Realisierung von zwei V i -
deoprojekten über die «Technik der Handstickerei-
maschinen» und das «Bauprojekt Landesmuse-
um». Beratend durch den Museumsleiter wird
auch das Renovations-, Nutzungs- und Videopro-
jekt «Haus Nr. 53 in Ruggell» begleitet.
WOHNMUSEUM HAUS NR. 12
IN SCHELLENRERG
Das Biedermann-Haus in Schellenberg war an vier-
zehn Nachmittagen im Berichtsjahr geöffnet und
verzeichnet insgesamt rund 1200 Besucherinnen
und Besucher. Für geführte Gruppen, namentlich
Schulklassen aus dem Inland wie dem benachbar-
ten Ausland war das Wohnmuseum Schellenberg
auch ausserhalb der regulären Öffnungszeiten zu-
gänglich. Nach wie vor ist das Haus Nr. 12 ein ge-
suchtes Besuchs- und Ausflugsziel und findet nach-
haltige Beachtung und Anerkennung, wie auch
Stimmen aus dem Gästebuch belegen:
«Die Geschichte des Hauses war sehr interessant
für uns - ein Glück, class es für die Zukunft be-
wahrt worden ist. Herzlichen Dank!» H., R. u. A. L.
aus Dresden.
«Wir haben gern geschaut, wie man hat gebaut,
gearbeitet und gewohnt, der Besuch hat sich ge-
lohnt.» Y. u. H. aus Schaan.
«Herzlichen Dank! Die Führung war sehr anschau-
lich und hat bei den Kindern sicher einen tiefen
Eindruck hinterlassen.» Klasse 5 B, Primarschule
Eschen.
«Zum zweiten Mal hier, und es wird immer schö-
ner.» S. W., Paderborn.
«Wir sind zum ersten Mal hier und sind begeis-
tert.» U. u. M. W., Paderborn.
«Die Regierung war über den Erhalt dieses Hauses
gespalten. Heute weiss man's: Gott sei Dank haben
sie's erhalten». J. M., St. Gallen.
Den Aufsichts- und Führungsdienst versahen mit
grossem Engagement Frau Rosemarie Biedermann,
Mauren, und Frau Brigitte Büchel-Spirig, Schaan.
LEIHGABEN
Vom 1. Juni bis 31. Oktober 2000 stellte das Liech-
tensteinische Landesmuseum einen Teil der Mün-
zen des Vaduzer Münzschatzfundes aus seinen
Sammlungen für die Ausstellung an der EXPO 2000
in Hannover zur Verfügung. Die Münzen wurden
346
LIECHTENSTEINISCHES
LANDESMUSEUM 2000
Teile des Vaduzer Münz-
schatzfundes werden im
Liechtenstcin-Pavillion an
der Weltausstellung in
Hannover gezeigt
ausgestellt im «Kulturstein» des Liechtenstein-Pa-
villons, der insgesamt 1,5 Millionen Besucher zähl-
te. Die administrative und fachliche Bearbeitung
übernahm verdankenswerter Weise die Fachstelle
für Archäologie, Triesen.
RESTAURIERUNGEN
Die Restaurierungsarbeiten konzentrieren sich ne-
ben der üblichen konservatorischen Betreuung der
gesamten Sammlungsbestände vordringlich auf
Objekte, die für die Präsentation in den künftigen
Ausstellungen vorgesehen sind. Das Orgelpositiv
aus dem 17. Jahrhundert - eine Schenkung der Ge-
dächtnisstiftung Peter Kaiser an das Liechtenstei-
nische Landesmuseum - befindet sich derzeit zur
umfassenden Restaurierung bei der Orgelbaufirma
Kuhn in Männedorf (ZH).
SAMMLUNGEN, BIBLIOTHEK
«Kern des Museums ist stets seine Sammlung und
deren Vermittlung».
Professor Christian von Holst, Direktor der Staats-
galerie Stuttgart.
In allen Bereichen der vielfältigen Sammlungsbe-
stände des Liechtensteinischen Landesmuseums
konnten insgesamt über 250 Neueingänge ver-
zeichnet werden, darunter viele Objekte und Doku-
mente, die als Schenkungen zugegangen sind. An
dieser Stelle sei den Donatoren sehr herzlich ge-
dankt.
Durch Ankauf konnte eine wertvolle Zinnsamm-
lung aus mehr als sechzig Objekten bestehend,
Kannen, Teller, Gefässe usw. aus dem Nachlass Ing.
Peter Rheinberger, Rotes Haus Vaduz, erworben
werden.
Aufgrund der Schenkungsurkunde vom 9. Mai
1988 konnte im Berichtsjahr eine Sammlung ba-
rocker Plastiken aus dem Besitz von Frau Gerda
Techow, Vaduz, in den Museumsbestand übernom-
men werden. Es handelt sich dabei um eine «Maria
Immaculata» von Christian Wenzinger (1710 bis
1797), zwei Barock-Leuchterengel, zwei barocke
schwebende Enge! und einen heiligen Antonius von
Padua mit Christuskind. Frau Techow gelangte
1988 mit folgendem Schreiben an die Museumslei-
tung:
«Seit bald 30 Jahren wohne ich in Liechtenstein
und fühle mich hier sehr wohl. Während dieser
Zeit habe ich das Land und seine Bewohner ken-
nen- und schätzen gelernt und fühle mich mit ih-
347
nen verbunden. Diese Verbundenheit möchte ich
nicht nur mit Worten, sondern mit Taten zum Aus-
druck bringen. So habe ich mich entschlossen, dem
Liechtensteinischen Landesmuseum ... folgende
Werke zu schenken. ... Eine entsprechende Schen-
kungsurkunde habe ich bereits unterzeichnet. ...
Ich weiss, dass diese Kunstwerke, die mir sehr viel
bedeuten, im Liechtensteinischen Landesmuseuni
einen würdigen Platz finden werden. Diese Verga-
bung ist nicht nur eine Geste der Dankbarkeit dem
Lande Liechtenstein gegenüber, sondern auch eine
Anerkennung der wertvollen Aktivitäten des Liech-
tensteinischen Landesmuseums und soll eine sinn-
volle Ergänzung der bestehenden Sammlung sein.
Ich wünsche dem Liechtensteinischen Landesmu-
seum auch weiterhin alles Gute und viel Erfolg.
Mit vorzüglicher Hochachtung und freundlichen
Grüssen Gerda Techow».
An Einzelobjekten verdienen besondere Erwäh-
nung: die prunkvolle Faksimile-Ausgabe des «Liber
Aureus» von Pfäfers (um 1070/80) mit der frühes-
ten Nennung der Pfarrei Eschen, herausgegeben
von der Akademischen Verlagsanstalt Graz, ein ba-
rocker Baluster-Engel aus Triesenberg, eine Origi-
nal-Curta Rechenmaschine Typ II, System Gurt
Herzstark, ein 8 mm-Filmprojektor der Carena AG
Vaduz aus den 1960er Jahren, ein Original-Plakat-
entwurf «Liechtensteiner Tracht» von Johannes
Troyer, eine Handtasche aus buntem Strohgeflecht,
angefertigt von internierten Russen der Holmston-
Armee in Liechtenstein, eine Stangenwaage mit
Holzbalken aus einem Bauernhaus in Ruggell,
Email-Reklameschilder als zeittypische Dokumente
der Werbung. Erstmals konnte das Landesmuseum
auch einige Tibetica aus dem Tibetzentrum Letze-
hof bei Feldkirch als Ergänzung der Tibetica-
Sammlung «Professor Heinrich Harrer» erwerben.
Die Serie von zwölf Ansichten der «Fürst Franz
von und zu Liechtenstein'schen Schlösser», Kreide-
lithographien von Josef Reiterer (* 1821 in Pettau,
t l 8 9 5 in Graz) wurde um fünf Blätter ergänzt:
Schloss Riegersburg, Schloss Schwanenberg, Schloss
Landsberg und zwei Ansichten von Schloss Hohen-
egg. Bis zur Vollständigkeit fehlen noch zwei Blätter
in der Sammlung des Landesmuseums. In die karto-
graphische Sammlung fanden folgende Kartenwer-
ke Eingang: die grenz- und flächenkolorierte Kup-
ferstichkarte von Alexis-LIubert Jaillot, 1701-1703
«Les Suisses, Leurs Allies et Leurs Sujets» mit Teilen
von Burgund, Elsass, Schwaben, dem gesamten Bo-
densee, Fürstentum Liechtenstein, Vorarlberg, Ti-
rol, Veltlin, Teilen des Veneto, der Lombardei und
Savoyens; ferner die Kupferstichkarte von Tobias
Conrad Lotter, 1750, «Novissima et Accuratissima
Helvetiae, Rhaetiae, Valesiae et Partis Sabaudiae
Tabula».
Der Ankauf einer Sammlung von historischen
Christbaumständern ist eine besondere Bereiche-
rung der volkskundlichen Sammlungen des Lan-
desmuseums. Die Museumsleitung plant damit eine
besondere Ausstellung für Dezember 2001 im
Wohnmuseum Haus Nr. 12 in Schellenberg.
Die Museumsbibliothek konnte durch Zukäufe
und zahlreiche Schenkungen sowohl im Fachzeit-
schriftenbereich wie im monographischen Bestand
erheblich erweitert und Desiderata-Lücken ge-
schlossen werden. Eine Neuordnung des gesamten
Bibliotheksbestandes in Zusammenarbeit mit der
Liechtensteinischen Landesbibliothek auf das Sy-
stem ALEPH ist in Vorbereitung.
348
LIECHTENSTEINISCHES
LANDESMUSEUM 2000
DONATOREN
Fürstl. Rat Robert Allgäuer, Vaduz
Antoinette Beck, Schaan
Hildegard Beck, Triesen
Johann Beck, Triesenberg
Albert Bicker, Grabs
Dr. Alfred Hübe, Schaan
Lorenz Hilty, Schaan
Franz Kindle, Balzers
Angela Marxer-Büchel, Mauren
Dr. Edwin Oberhauser, Götzis
Johann Otto Oehry, Triesen
Theres Ott, Nendeln
lic. phil. Eva Pepic, Schaan
Arthur Reutimann, Buchs
Fidel Roth, Triesen
Gerda Techow, Vaduz
Univ. Prof. Dr. Elmar Vonbank, Bregenz
Noldi Wanger, Schaan
Norbert Wenaweser, Schaan
STIFTUNGSRAT
Mag. Edmund Banzer, Hohenems
Trudy Bricci-Marok, Mauren
Ulrike Brunhart, Balzers
lic. phil. Roland Hilti, Schaan
Maria Marxer, Gamprin
lic. phil. Eva Pepic, Schaan (Präsidentin)
Dr. Thomas Wilhelm, Vaduz
MUSEUMSKOMMISSION
lic. phil. Norbert W. Hasler, Schaan (Vorsitz)
Johann Otto Oehry, Triesen
Univ. Prof. Dr. Elmar Vonbank, Bregenz
Manfred Wanger, Planken
MUSEUMSPERSONAL
lic. phil. Arthur Brunhart, Balzers, wissenschaftli-
cher Mitarbeiter, seit 1. Januar 2000 zu 50 Prozent,
ab 1. September 2000 zu 80 Prozent beim Landes-
museum tätig
Tanja Felder, Balzers, Sekretärin (50-Prozent-
Stelle)
Gertrud Frick, Schaan, Teilzeitmitarbeiterin
(50-Prozent-Stelle)
Paul Frick, Schaan, Fotograf, Museumstechniker
Thomas Müssner, Bendern, Restaurator
lic. phil. Norbert W. Hasler, Schaan, Museumsleiter
Rosemarie Biedermann, Mauren, Aufsicht Wohn-
museum Schellenberg
Brigitte Büchel-Spirig, Schaan, Aufsicht Wohnmu-
seum Schellenberg
Vaduz, im Januar 2001
lic. phil. Norbert W. Hasler
Leiter des Liechtensteinischen Landesmuseums
Der Jahresbericht 2000 wurde vom Stiftungsrat
des Liechtensteinischen Landesmuseums in seiner
Sitzung vom 19. Februar 2001 genehmigt.
349
Verzeichnis der wichtigsten
Erwerbungen und Schenkungen
Schloss Riegersburg.
Aquarellierte Kreidelitho-
graphie von Josef Reiterer,
um 1850
Schloss Landsberg. Aqua-
rellierte Kreidelithogra-
phie von Josef Reiterer,
um 1850
350
LIECHTENSTEINISCHES
LANDESMUSEUM 2000
GRAPHIK UND KARTOGRAPHIE
Fürst Franz von und zu Liechtenstein'sches
Schloss Riegersburg. Aquarellierte Kreidelitho-
graphie, um 1850, von Josef Reiterer (1821
bis 1895). Im Stein signiert «nach der Natur
gez(eichnet) und lith(ographiert) v(on) Jos(ef)
Reiterer».
20,5 x 30,5 cm. E 2000/151. Inv. Nr. LLM Gr. 848.
Fürst Franz von und zu Liechtenstein'sches
Schloss Schwanenberg. Kreidelithographie, um
1850, von Josef Reiterer (1821 bis 1895). Im
Stein signiert «nach der Natur gez(eichnet)
und lith(ographiert) v(on) Jos(ef) Reiterer».
20,5 x 30,5 cm. E 2000/152. Inv. Nr. LLM Gr. 849.
Fürst Franz von und zu Liechtenstein'sches
Schloss Hollenegg. Ansicht von der Südostseite.
Kreidelithographie, um 1850, von Josef Reiterer
(1821 bis 1895). Im Stein signiert «nach der
Natur gez(eichnet) und lith(ographiert) v(on)
Jos(ef) Reiterer».
20,5 x 30,5 cm. E 2000/153. Inv. Nr. L L M Gr. 850.
Grossformatige Kupfer-
stichkarte der Schweiz
und der angrenzenden
Gebiete von Alexis-Hubert
Jaillot, Paris 1702
351
Kupferstichkarte der
Eidgenossenschaft mit
Graubünden, dem Wallis
und Teilen Schwabens von
Tobias Conrad Lotter,
Augsburg, um 1750
Fürst Franz von und zu Liechtenstein'sches
Schloss Hohenegg. Ansicht von der Nordwestseite.
Aquarellierte Kreidelithographie, um 1850, von
Josef Reiterer (1821 bis 1895). Blatt am rechten
und unteren Bildrand beschnitten. Ohne Künstler-
signatur und Bezeichnung.
19,8 x 29,7 cm. E 2000/154. Inv. Nr. LLM Gr. 851.
Fürst Franz von und zu Liechtenstein'sches
Schloss Landsberg. Aquarellierte Kreidelithogra-
phie, um 1850, von Josef Reiterer (1821 bis
1895). Im Stein signiert «nach der Natur gezeich-
net) und lith(ographiert) v(on) Jos(ef) Reiterer».
20,5 x 30,5 cm. E 2000/155. Inv. Nr. LLM Gr. 852.
Liechtensteiner Tracht. Plakatentwurf von Johan-
nes Troyer, um 1940. Aquarell, gouachiert, auf
Karton. Links unten bezeichnet: Troyer, Vaduz.
112 x 73,5 cm. E 2000/110.
«Les Suisses, Leurs Allies et Leurs Sujets». Alt
grenz- und flächenkolorierte Kupferstich-Karte in
4 Teilen. Links oben grosse radierte Titelkartusche
mit dem Wappen Frankreichs über den Wappen
der dreizehn Orte. Links unten grosse Distanzkar-
te, flankiert von Fahnenträgern mit den Wappen
der zugewandten Orte und Verlegeradresse. Paris,
Alexis-Hubert Jaillot, 1701-1703.
94 x 130 cm, auf Leinwand. E 2000/157.
«Novissima et Accuratissima Helvetiae, Rhaetiae,
Valesiae et Partis Sabaudiae Tabula». Alt grenz-
und flächenkolorierte Kupferstich-Karte mit Weiss-
höhung der Seen. Links oben altkolorierte Titel-
kartusche mit Bäumen und zwei Jägern, darunter
Distanzenskalen, daneben Legendenskala. Augs-
burg, Tobias Conrad Lotter, um 1750.
49 x 58 cm. E 2000/158.
PLASTIK
Maria Immaculata. Holzplastik, geschnitzt,
braun überfasst. Vermutlich von Johann Christian
Wenzinger (1710 bis 1797).
Höhe 163 cm. E 2000/70. Inv. Nr. LLM N 102.
Schenkung: Gerda Techow, Vaduz.
Heiliger Antonius von Padua. Holzplastik,
geschnitzt und polychrom gefasst.
Höhe 92 cm. E 2000/71. Inv. Nr. L L M N 103.
Schenkung: Gerda Techow, Vaduz.
Leuchterengel. Der Lachende. Holzplastik,
geschnitzt und polychrom gefasst. Süddeutsch,
18. Jahrhundert.
Höhe 40,5 cm. E 2000/72. Inv. Nr. L L M N 104.
Schenkung: Gerda Techow, Vaduz.
352
LIECHTENSTEINISCHES
LANDESMUSEUM 2000
Techow, Vaduz
Madonna. Holzplastik,
vermutlich von Johann
Christian Wenzinger,
Freiburg im Breisgau.
Schenkung Gerda Techow,
Vaduz
353
Glocken- und Prismenkan-
nen, Stitze und Teller aus
der ehemaligen Zinn-
sammlung von Ingenieur
Peter Rheinberger, Vaduz
354
LIECHTENSTEINISCHES
LANDESMUSEUM 2000
Leuchterengel. Der Weinende. Holzplastik,
geschnitzt und polychrom gefasst. Süddeutsch,
18. Jahrhundert.
Höhe 40,5 cm. E 2000/73. Inv. Nr. LLM N 105.
Schenkung: Gerda Techow, Vaduz.
Schwebende Engel (Pendants). Holzplastiken, ge-
schnitzt und polychrom gefasst, Flügel und Ge-
wand vergoldet. Alpenländisch, 18. Jahrhundert.
Höhe zirka 93 cm. E 2000/74 und E 2000/75.
Inv. Nr. LLM N 106 und N 107.
Schenkung: Gerda Techow. Vaduz.
Altar- oder Baluster-Engel. Holzplastik, geschnitzt,
polychrom gefasst und vergoldet. Alpenländisch,
18. Jahrhundert.
Höhe zirka 52,5 cm. E 2000/76.
Inv. Nr. LLM N 108.
ZINN
Glockenkanne mit Ringgriffschraubdeckel. Tülle
mit Klappdeckel. Monogramm KHW. Stadtzeichen
von Feldkirch. Meisterzeichen von Johann Baptist
Griss, erwähnt 1741.
Höhe 32,5 cm. E 2000/8.
Glockenkanne mit Ringgriffschraubdeckel. Deko-
riert mit Zierrillen und Floralgravur. Tülle mit
Klappdeckel. Datiert 1698. Stadtzeichen von Feld-
kirch. Meisterzeichen SM.
Höhe 45 cm. E 2000/9.
Prismenkanne mit Ringgriffschraubdeckel. Relief-
kartusche, bez. «H H E M 1790». Stadtzeichen von
Chur. Meisterzeichen des Hercules de Cadenati.
Höhe 37 cm. E 2000/11.
Prismenkanne mit Ringgriffschraubdeckel. Blüten-
gravur. Monogramm « A B T S 1799». Stadtzeichen
von Sargans. Meisterzeichen H. J. E.
Höhe 33 cm. E 2000/12.
Stitze. Stadtzeichen von Chur. Meisterzeichen
des Johann Ulrich Bauer (t 1781).
Höhe 26,5 cm. E 2000/18.
Stitze. Monogramm «S B 1766». Stadtzeichen von
Chur. Meisterzeichen des Hercules de Cadenati
(t 1720).
Höhe 27,5 cm. E 2000/24.
Prismenkanne mit Ringgriffschraubdeckel. Florale
Ornamentik. Tülle mit Klappdeckel. Stadtzeichen
von Feldkirch. Meisterzeichen von Benedict Wiang
dem Älteren, erwähnt in den Feldkircher Bürger-
verzeichnissen von 1702 bis 1734.
Höhe 26,5 cm. E 2000/25.
Stitze. Stadtzeichen von Chur. Meisterzeichen des
Hans Luci de Cadenati dem Älteren.
Höhe 19 cm. E 2000/38.
Breitrandteller. Reiche florale Gravuren. Stadtzei-
chen von St. Gallen. Meisterzeichen des Joachim
Girtanner I. (1625 bis 1690).
0 31,5 cm. E 2000/51.
VERSCHIEDENES
«Liber Aureus» von Pfäfers. Codex Fabariensis 2.
Faksimile in Kassette. Edition Akademische Ver-
lags-Anstalt Graz. Entstehungszeit des Originals
um 1070/80.
Deckelbeschläge um 1590.
E 2000/63.
Zollquittungen Nr. 1118, 1405, 1561 des Zollamts
Bendern, Provinz Liechtenstein vom 17. Mai,
6. Juni und 21. Juni 1865.
24,5 x 21,5 cm. E 2000/78, E 2000/79, E 2000/80.
Weggeldpollete für F. Matt, Gamprin/Bendern,
vom 17. Mai 1865. Gränzmautamt des souv. Fürs-
tenthums Liechtenstein.
7 x 10,8 cm. E 2000/81.
Stangenwaage mit Holzbalken. Provenienz
Ruggell. Gegengewicht zirka 500 g.
Länge zirka 45,5 cm. E 2000/150.
Schenkung: Johann Otto Oehry, Triesen.
355
Faksimilierter Prunkein-
band des Goldenen Buches
von Pfäfers, um 1590
Weggeldpollete - Beschei-
nigung über die Bezahlung
des Weggeldes, ausgestellt
für F. Matt, der mit seinem
Fuhrwerk von Nendeln
aus in die Schweiz fuhr;
17. Mai 1865
Handtasche aus buntem Strohgeflecht. Arbeit der
internierten Russen, 1945/46.
39 x 34 x 17 cm. E 2000/59.
Schenkung: Angela Marxer-Büchel, Mauren.
Porzellanvase mit Goldrand und weiss-rotem
Dekor. Goldstempel: Rheintal Porzellan Vaduz.
Höhe 9 cm. 0 oben 6 cm. E 2000/82.
Emailreklameschild «Persil für alle Wäsche».
Firma Henkel & Cie. A.G. , Basel.
59 x 38,3 cm. E 2000/112.
Reklameschild «Persil für alle Wäsche». Aktien-
gesellschaft UNION Oberdiessbach Henkel & Cie.
A. G., Basel. D.II. 38. CHXX.F.XF.
52 x 38,5 cm. E 2000/113.
Curta Rechenmaschine, Typ II. Nr. 561546. In
Originalverpackung, um 1946. Made in Liech-
tenstein, by Contina Ltd. Mauren. System Curt
Herzstark.
E 2000/84.
Filmprojektor Carena 8 mm. Carena AG, Vaduz,
Liechtenstein. In Originalkoffer mit Lautsprecher.
Um 1960.
E 2000/156.
Christbaumständer, um 1920. Gusseisen durch-
brochen, über Dreipassgrundriss. Grün lackiert
mit vergoldeten Sternenornamenten.
Zirka 1 9 x 1 9 cm, Höhe zirka 15 cm, 0 innen
4 cm.
E 2000/172.
Ehemalige Sammlung Arthur Reutimann, Buchs.
Christbaumständer, um 1930. Gusseisen durch-
brochen, über quadratischem Grundriss. Mit
Sternen und Tannenreisig-Ornamenten, grün
lackiert, Ornamente vergoldet. Aufschrift an vier
Seiten: «FROHES FEST».
25,5 x 25,5 cm. H. 15 cm, 0 innen 5,5 cm.
E 2000/171.
Ehemalige Sammlung Arthur Reutimann, Buchs.
356
LIECHTENSTEINISCHES
LANDESMUSEUM 2000
Stangenwaage mit Holz-
balken, Ruggell. Schen-
kung Johann Otto Oehry,
Triesen
Reklameschild aus Email
von der Firma Henkel &
Cie. AG, Basel, um 1928
357
Drei Beispiele aus der
Sammlung von Christ-
baumständern aus den
20er und 30er Jahren des
20. Jahrhunderts
Christbaumständer, um 1930. Gusseisen durch-
brochen, über kreisrundem Grundriss. Mit figura-
ler Ornamentik und Aufschrift in Gold: «Christ-
kindchen komm in unser Haus, Leer' die grosse
Tasche aus». Grün lackiert.
0 unten 25,5 cm, 0 innen 5,6 cm. E 2000/173.
Ehemalige Sammlung Arthur Reutimann, Buchs.
Christbaumständer, um 1930. Gusseisen,
durchbrochen, über sternförmigem Grundriss,
grün lackiert, Sterne vergoldet, mit Stech-
lorbeerornament.
27 x 27 cm, 0 innen 6 cm. E 2000/174.
Ehemalige Sammlung Arthur Reutimann, Buchs.
Christbaumständer, um 1920. Gusseisen, durch-
brochen, über quadratischem Grundriss, grün,
rot, gold und silber gefasst.
29 x 29 cm, H. 15 cm, 0 innen 7 cm. E 2000/175.
Ehemalige Sammlung Arthur Reutimann, Buchs.
TIBETICA
Ritualgerät (Torchä). Wasseropfer. Kupfer, Silber,
getrieben, ziseliert, mit Türkis besetzt. Dieses
Ritualgerät besteht aus einer niedrigen Kanne,
einem kleinen Teller mit Dreifuss-Ständer und
einer Schüssel. In den Morgenstunden werden den
Jambhalas, Nagas und den rangniederen Geistern,
die durch den Klang der Zimbeln (tin-sags) her-
beigerufen werden, Wassergaben gespendet.
Kupferbecken mit Silberringbeschlag und Silber-
rand, Höhe 6,5 cm, 0 24,5 cm; Dreifuss-Ständer,
Kupfer / Silber massiv, Höhe 10 cm; silberne
Schale, getrieben, massiv, Höhe 2 cm, 0 10,8 cm;
Wasserkännchen mit silberdekoriertem und
-umrandetem Deckel. Kleiner seitlicher Henkel,
Ausguss mit Silberornamenten und Türkis ver-
ziert, Höhe zirka 9,5 cm.
E 2000/164.
Zeremoniengefäss für Tee. Kupfer, mit Silber-
ornament-Applikationen.
Höhe zirka 32 cm, Breite 8 cm, Fuss 0 9 cm.
E 2000/159.
358
LIECHTENSTEINISCHES
LANDESMUSEUM 2000
Kanne für Wasseropfer. Kupfer mit Messinggriff
und -fuss.
Höhe 30 cm, Länge 50 cm. E 2000/163.
Schnupftabakdose (Shangra).
Aus Yakhorn, mit Silberdekor und -kette.
Zur Benutzung wird der kleine Stift an der Mün-
dung herausgezogen. Tabak wird in Südosttibet
angebaut.
Länge 13 cm. Zirka 300-jährig. E 2000/165.
Zieramulettkästchen. Silber, getrieben, mit filigra-
nen Ornamenten, reich mit Türkisen besetzt, an
Silberkette mit massivem, ornamentiertem Knauf.
Rückseite und Innenteil Messing. Kostbarer Brust-
schmuck, der von reichen Frauen getragen wird.
10,5 x 10,5 cm. Zirka 300-jährig. E 2000/168.
Torchä - Tibetisches Ritu-
algerät für Wasseropfer
Amulettkästchen aus der
Zeit um 1700. Aus getrie-
benem Silber, ornamental
verziert und mit Türkisen
besetzt
Zeremoniengefäss für Tee.
Kupfer, mit Silberorna-
menten verziert
359
BILDNACHWEIS
342: Sven Beham,
V. COM AG, Vaduz
347: Grafikatelier Gassner
& Seger, Vaduz
Übrige Abbildungen: Paul
Frick, Liechtensteinisches
Landesmuseum Vaduz
ANSCHRIFT DES AUTORS
lic. phil. Norbert W. Hasler
Liechtensteinisches
Landesmuseum
FL-9490 Vaduz
360
KONZEPT DER
KÜNFTIGEN DAUER-
AUSSTELLUNG DES
LIECHTENSTEINI-
SCHEN LANDES-
MUSEUMS
NORBERT W. HASLER
KONZEPT DER KÜNFTIGEN DAUERAUSSTELLUNG DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N . W. HASLER
Wenn das Liechtensteinische Landesmuseum im
Frühjahr 2003 nach erfolgter Renovation und Er-
weiterung im Zentrum von Vaduz neu eröffnet
wird, werden elf Jahre vergangen sein, seitdem das
Museum 1992 durch baulich bedingte Umstände
für die Öffentlichkeit geschlossen und die gesamten
Sammlungen evakuiert werden mussten.
Unmittelbar nach Abschluss des Architektur-
wettbewerbs im Mai 1998 nahm eine breit ange-
legte Arbeitsgruppe aus verschiedenen Fachberei-
chen in enger Zusammenarbeit mit Professor Dr.
Roger Sablonier von der Beratungsstelle für Lan-
desgeschichte (B/L/G) Zug die Entwicklung und
Ausarbeitung des künftigen Dauerausstellungskon-
zeptes in Angriff, eine komplexe Aufgabe, deren
Lösung stets mehrere Gesichtspunkte vor Augen
hatte, vor allem jene des künftigen Museumsbesu-
chers.1
V O R B E M E R K U N G E N
Was ist und was soll ein Museum in der heutigen
Zeit,2 was erwartet der Besucher vom Museum und
was erwartet den Besucher im Museum, was sind
die Zielsetzungen des künftigen Liechtensteini-
schen Landesmuseums im Besonderen, dies sind
die Fragen, die es im Vorfeld zu reflektieren gilt.
In den 1960er Jahren setzte eine weltweite Dis-
kussion über die gesellschaftliche Rolle des Mu-
seums und die Professionalität der Museumsarbeit
ein. 3 Zahlreiche Publikationen und Untersuchun-
gen befassen sich seitdem mit museologischen
Themen. 4 Seit der Mitte der 1990er Jahre widmen
sich gezielte Erhebungen auch der Museumssitua-
tion in der Schweiz/"'
Das Liechtensteinische Landesmuseum steht
nicht nur baulich-architektonisch, sondern vor al-
lem auch inhaltlich vor einem Neubeginn. Hier
stellt sich - wie für jedes historische Museum - die
Frage, wie wird die Geschichte inhaltlich darge-
stellt, mit welchen Vermittlungsmethoden ge-
schieht dies, welche institutionellen Rahmenbedin-
gungen für die Vermittlung können geschaffen wer-
den. Alle Museen, und historische Museen im Be-
sonderen, sind individuelle Lösungen für gemein-
sam gültige und formulierte Aufgaben, wobei jedes
Museum mit unterschiedlichen Sachzwängen, f i -
nanziellen und personellen Resourcen, Bestand
und Aufbau der jeweiligen Sammlungen, der gege-
benen Architektur, den vorgegebenen Inhalten und
1) Mit Besucher ist ebenso die Besucheriii gemeint.
2) Die nachfolgenden Überlegungen beziehen sich vorwiegend auf
kulturhistorische Museen.
3) Alexandra Strobel: Museum und Geschichte. Neuere Konzepte
und Perspektiven Historischer Museen in der Schweiz. Lizentiatsar-
beit der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich, einge-
reicht bei Prof. Dr. Roger Sablonier. Medingen/Zürich, 2000. Manu-
skript, S. 10. - Im Folgenden zitiert als: Strobel, Museum und
Geschichte.
4) 1993 erschien hierzu die grundlegende und umfassende Arbeit
von Friedrich Waidacher: Handbuch der Allgemeinen Museologie.
In: Mimundus. Wissenschaftliche Reihe des Österreichischen Thea-
terMuseums 3. Wien, Köln, Weimar, 1993.
5) Strobel, Museum und Geschichte. S. 7 ff.
363
Fakten usw. zu kämpfen hat.6 Doch wenden wir
uns der Frage zu: Was ist ein Museum?
Museen sind Orte der gemeinsamen Erinnerung!
Erinnerungsvermögen und Erkenntnisfähigkeit sind
primär dem Menschen gegeben. Das geistige Ver-
arbeiten von Eindrücken und Erfahrungen zur Ein-
sicht, das bewusste Erfassen und Erkennen, sind
die fundamentalen Dimensionen des Menschseins.
Cogito, ergo sum, nannte es Rene Descartes im
17. Jahrhundert. Wenn Museen - für viele ein an-
tiquierter Begriff - auch primär auf Objekten, in
der Regel auf materiellen Zeugnissen des menschli-
chen Tuns basieren - eine Ausnahme bilden u.a.
grosse Teile von naturkundlichen Sammlungen - so
ist dies nur im Kontext des geistigen, intellektuellen
Zusammenhangs und im historischen Umfeld zu
verstehen und nachzuvollziehen. Hierin unter-
scheidet sich das Museum vom Kunst- und Kurio-
sitätenkabinett, vom Antiquitätenhandel.
«Das Museum ist eine gefährliche Institution!»,
schreibt Martin R. Schärer 7 etwas provokant. Und
er fährt fort:
«Auf den ersten Blick allerdings erscheint es ohne
Arg, sammelt es doch entweder harmlose alte Ge-
genstände, die sowieso nicht mehr recht zu ge-
brauchen sind, oder dann prestigeträchtige Spit-
zenstücke, die zu bewundern sich gebührt. Auf den
zweiten Blick zeigt sich dann aber die Gefährlich-
keit solchen Tuns: Da das Museum nicht alles sam-
meln und ausstellen kann, muss es auswählen, zu-
erst beim Erwerb, dann für die Bestückung der Vi-
trinen. Solche Auswahl- und Visualisierungspro-
zesse sind nicht nur zeitbedingt, sondern auch sehr
subjektiv. Das Museum als Ort der multimedialen
Kommunikation, der Fiktion und der Manipulation
ist also alles andere als eine neutrale Institution;
es vermittelt - unterschwellig und höchst selten
thematisiert - ganz bestimmte Geschichts- und
Weltbilder. Eine solche Kontrolle der Vergangen-
heit (und damit der Zukunft) stellt auch eine
Machtposition dar, die verantwortungsbewusst zu
handhaben ist. ...An Versuchen, das Museum zu
definieren, fehlt es nicht. Die Spannweite reicht
von seriösen, international anerkannten Um-
schreibungen bis zu sarkastisch-provokativen,
aber dennoch bedenkenswerten Auslegungen. Ist
das Museum ähnlich wie Asyl, Gefängnis oder Ka-
serne ein <lieu d'enfermement>, ein Entsorgungs-
ort, ein Kulturfriedhof der den Tod konserviert?
Oder eine Institution, <die in repräsentativer Aus-
wahl und mit unverständlichen Texten die Kultur-
geschichte der jeweils führenden Schichten für die
heute besonders Gebildeten zeigt>; ist es ein heili-
ger Schrein, ein Musentempel, wissenschaftliches
Showbusiness, soziales Gedächtnis, ein Lernort
oder eine gesellschaftsrelevante, emanzipatori-
sche Einrichtung?
Für den Internationalen Museumsrat (ICOM) ist
das Museum eine nicht-gewinnorientierte, perma-
nente, allgemein zugängliche Institution im Diens-
te der Gesellschaft und ihrer Entwicklung; es er-
wirbt, bewahrt, erforscht, vermittelt und. präsen-
tiert materielle Zeugnisse von Mensch und Umwelt
in der Absicht, zu bilden und zu erfreuen. Wichtig
ist die Gleichzeitigkeit der drei Hauptaufgaben
Sammeln, Bearbeiten, Ausstellen. Darin unter-
scheidet sich das Museum nämlich von ähnlichen
Einrichtungen, die nur Teile dieser Trias zur Auf-
gabe habe?i (Archive. Bibliotheken, Ausstellungs-
institutionen). Jede notwendigerweise zeitbedingt
formulierte Museumsdefinition bleibt allerdings
hinter der sich gerade in neuester Zeit sehr rasch
wandelnden Realität zurück. Vorläufer des Mu-
seums sind bereits in der Antike zu finden, wohin
auch der Ursprung des Begriffes zurückreicht. Mit
<Museion> wurde eine unter dem besonderen
Schutz der Musen stehende Institution der For-
schung und des Lernens bezeichnet, welche die ge-
samten Kenntnisse der Menschheit zu sammeln be-
anspruchte. Über Kirchen-, Zunft- und Kriegsbeu-
teschätze sowie die Kunst- und Wunderkammern
der Renaissance und des Barocks führte der Weg
dann ins 19. Jahrhundert, das - in Parallele zur
Entstehung neuer Wissenschaften - durch eine
Entflechtung der enzyklopädischen Sammlungen
und eine zunehmende Spezialisierung gekenn-
zeichnet ist, die sich bis in die Gegenwart fortset-
zen - heute häufig übertrieben weit reichend, zum
Beispiel mit einem Streichholzschachtelmuseum.
... Sehr viel ist in den letzten Jahren in der Mu-
364
KONZEPT DER KÜNFTIGEN DAUERAUSSTELLUNG DES
LIECHTENSTEINISCHEN L A N D E S M U S E U M S / N . W. HASLER
seumsszene in Bewegung geraten. Eine neue Mu-
seologie erforscht das Verhältnis des Menschen zu
seinem Natur- und Kulturerbe, reflektiert kritisch,
stellt in Frage, sucht eine Erneuerung des altehr-
würdigen Musentempels, gefolgt von einer erneu-
erten Museographie, die eine lebendige, wenn im-
mer möglich den Besucher miteinbeziehende Prä-
sentation anstrebt und bemüht ist, nicht nur Objek-
te zu zeigen, sondern Zusammenhänge zu vermit-
teln. Wichtig ist der Wandel vom traditionellen, Ob-
jekt-orientierten zu einem auf den Menschen und
die Gemeinschaft ausgerichteten, ebenfalls mit
pädagogischen Aktivitäten verbundenen Museum,
das in seiner Ausstellung Themen in den Mittel-
punkt stellt. Das Museum also verstanden als Ort,
der den lange vernachlässigten dritten Bereich der
Museumsarbeit, die Kommunikation, in den Vor-
dergrund stellt, der Dinge zur Sprache bringt, wo
Welt durch kritische Vermittlung gezeigt, erlebt
und erfahren wird. Als eine Art Gegenbewegung ist
allerdings für die 1990er Jahre schon wieder von
einem <Zurück zu den Grundaufgabem die Rede!
Im Hinblick auf den Pluralismus der modernen Ge-
sellschaft kann das Ideal jedoch nie einseitig in ei-
nem einzigen Museumstyp liegen. Es wird, auch in
Zukunft das ganze Spektrum vom neu erweckten
Objektmuseum des 19. Jahrhunderts, das emotio-
nelle Sicherheit offeriert, über das hochspeziali-
sierte Ein-Objekttyp-Museum, das didaktische
Lernmuseum, das integrierte Gesamtmuseum, das
regionale Kulturlaboratorium (Ecomuseum) und
den mit vielen Attraktionen arbeitenden Museums-
park bis zum total informatisierten, objektlosen
und, nur Ideen konservierenden kybernetischen Da-
tenbank-Museum geben».s
Fürwahr, hohe Ansprüche werden an das Museum
gestellt, es soll Ort der gemeinsamen Erinnerung
sein, ebenso eine Brücke von der Vergangenheit
über die Gegenwart in die Zukunft (die Zukunft
beginnt bekanntlich in der Vergangenheit!), ein Ort
der Begegnung und der Kommunikation, ein Stu-
dienort, ein Geschichtsbuch, ein Erzählort, eine
Lernstätte, ein Erlebnisraum, ein Diskussionsfo-
rum, eine Infothek, ein Kulturlaboratorium!
Um zu wissen, mit welchen Wünschen und Er-
wartungen der Besucher in das Museum kommt,
muss man die Gründe und Motive kennen, weshalb
er das Museum besucht. Auch davon gibt es eine
ganze Bandbreite. Er kommt aus Neugier, Interes-
se, Sammlerleidenschaft, zum Zeitvertreib oder aus
Langeweile oder gar wegen des schlechten Wetters,
er sucht Wissensvermittlung, Hintergründe und
Vertiefung des Unterrichtsstoffes oder auch nur
Unterhaltung. Die Liste wäre fortzusetzen, doch es
stellt sich die Frage, was erwartet er vom Museum?
Neben primär inhaltlichen Wünschen und Er-
wartungen zum Ausstellung^- und Themenbereich
des jeweiligen Museums sind es meist ganz allge-
meine Bedürfnisse und Wünsche, denen Rechnung
zu tragen ist. «Damit der Kopf frei ist, um Neues
aufzunehmen - (der Besucher möchte aktiv in den
Rundgang miteinbezogen werden) - ist es wichtig,
die körperlichen und seelischen Bedürfnisse aller
Museumsbesucher möglichst abzudecken.» 9 Der
Besucher sucht eine angenehme, ruhige und einla-
dend wirkende Atmosphäre. Das Museum muss
sich abwechslungsreich und vielseitig präsentie-
ren, es sollen möglichst alle Sinne der Besucher an-
gesprochen werden, neben Aktivzonen sind Ruhe-
zonen von elementarer Bedeutung.
6) Ebenda, S. 103.
7) Martin R. Schärer : Sammeln - Bearbeiten - Ausstellen. Vom
musealen Umgang mit Objekten der Volkskultur. In: Handbuch der
schweizerischen Volkskultur, hrsg. von Paul Hugger, Bd. 1. Zürich,
1992, S. 37.
8) Ebenda, S. 37-42.
9) Michael Goop: Das Museum und seine Besucher. Praktische Tipps
für kleinere und grössere Museen. Manuskript, September 2000,
S. 4. - Vgl . auch: Friedrich Waidacher (wie Anm. 4), S. 220 IT.
365
DAS LIECHTENSTEINISCHE LANDESMUSEUM
UND SEINE KÜNFTIGE DAUERAUSSTELLUNG
Für die Bearbeitung des künftigen Ausstellungskon-
zeptes des Liechtensteinischen Landesmuseums ist
von den im Leitbild des Museums definierten
Grundsätzen auszugehen, von dessen Auftrag und
Zielen: «Das Liechtensteinische Landesmuseum
vermittelt, sammelt, erhält, dokumentiert und er-
forscht historische, kulturgeschichtliche, volks-
kundliche und naturkundliche Kulturgüter des
Fürstentums Liechtenstein in ihren Zusammen-
hängen mit der Region und dem weiteren Kultur-
raum. Das Liechtensteinische Landesmuseum
dient der Erhaltung von Kultur- und Naturgütern
des Landes. Es transportiert das Gestern, unsere
Vergangenheit, ins Fleute. Es bildet eine Brücke
von der Vergangenheit in die Gegenwart und Zu-
kunft. Das Liechtensteinische Landesmuseum ist
ein lebendiger Ort der Kulturpflege und der Begeg-
nung, und ein Zentrum der Wissensvermittlung,
das in ausgewählten Bereichen mit besonderer
Kompetenz aufwartet. Die Bevölkerung erhält
durch das im Museum Erarbeitete und Dargestellte
eine erfahrungsgerechte Hilfe für natur- und kul-
turgeschichtliche Erkenntnis- und Verständnispro-
zesse. Einzelpersonen, Schulen und Studiengrup-
pen aller Altersstufen bietet das Liechtensteinische
Landesmuseum einen bewusstseinsbildenden Lern-
ort für ein vernetztes Geschichts- und Gegenwarts-
bewusstsein. Die Besucher und Besucherinnen er-
halten einen nachhaltigen Einblick in die Landes-
kunde Liechtensteins». 1 0
Auf Grund der architektonisch-räumlichen Kom-
plexität des Liechtensteinischen Landesmuseums -
es besteht aus drei sehr unterschiedlichen Gebäu-
den, die Dauerausstellungen verteilen sich über
insgesamt sechs Etagen in rund 37 Ausstellungs-
räumen verschiedenster Grösse und Gestaltung -
stand gleich zu Beginn fest, dass sich ein chronolo-
gischer Gang durch die Geschichte nicht realisieren
lässt. Dies war jedoch auch aus anderen Überle-
gungen - Geschichte ist im Museum ohnehin nur
fiktiv und sehr lückenhaft darstellbar1 1 - nicht das
angestrebte Ziel, ebenso wenig wie die Schaffung
eines Kunst- und Kuriositätenkabinetts oder eines
Funparks ä la Disney-World. Der Besucher wird
seinen künftigen Rundgang durch die Ausstellun-
gen - in festgelegten Grenzen - möglichst frei
durchführen können. Er folgt keiner sturen Chro-
nologie, es sind Themen, die er in beliebiger Abfol-
ge wahrnehmen wird. Ebenfalls neu - im Vergleich
zum bisherigen Liechtensteinischen Landesmuse-
um, das vielen noch in vertrauter Erinnerung sein
wird - sind thematisierte Bereiche der neueren und
neuesten Zeit sowie die naturkundliche Abteilung.
Räumlich ist von drei Fläusern auszugehen, von
denen jedes seinen eigenen Charakter hat, für die
aber eine gemeinsame Erschliessung beziehungs-
weise Nutzung vorgegeben ist. Inhaltlich und mu-
seologisch fordert das Leitbild ausdrücklich eine
Integration der Teilgebiete Naturgeschichte, Ar-
chäologie, Volkskunde und historische respektive
kulturgeschichtliche Landeskunde. Unterschiede in
der Zielsetzung und im Objektbestand dieser Teil-
gebiete sind trotzdem zu respektieren.
Die Fläche der Dauerausstellung umfasst zirka
1400 m 2 , davon für die Naturgeschichte rund
350 m 2 . Zusätzlich befinden sich im Neubau des
künftigen Landesmuseums insgesamt 500 m 2 ge-
meinsame Wechselausstellungsflächen.
Auf einen festen Rundgang durch das Museum,
nach Zeitepochen oder Materialien geordnet, wird
verzichtet; dies bedingt hohe Anforderungen an
das Besuchermanagement im Sinne von Orientie-
rungshilfen und «Verkehrslenkung». Die Gestal-
tung von Durchgangszonen, aber auch von Räu-
men hat gerade in den gegebenen, relativ bedräng-
ten Verhältnissen auf das Bedürfnis nach Bewe-
gungsfreiheit und Ruhezonen Rücksicht zu neh-
men. Das neue Museum wird als Kommunikations-
ort verstanden, in dem die verschiedensten Medien
zum Einsatz kommen werden. Visueller Kommuni-
kation durch die angemessene Präsentation von
Objekten kommt dabei besondere Bedeutung zu.
Der Anschauungs- und Informationsvermittlung
durch Schrift und computergestützte Aktivitäten ist
genügend Platz zu gewähren. Der vorhandene Ob-
jektbestand soll möglichst breit zur Geltung ge-
bracht werden, wobei Objekte liechtensteinischer
366
KONZEPT DER KÜNFTIGEN DAUERAUSSTELLUNG DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N . W. HASLER
Herkunft und landeskundliche Informationen über
Liechtenstein in den Vordergrund zu stellen sind.
Gleichzeitig sollen mit einer sorgfältigen und re-
striktiven Auswahl an Objekten, bei der auch Viel-
falt und Phantasie nicht zu kurz kommen dürfen,
ästhetisierender Formalismus und didaktisierende
Belehrungswut, aber auch Orientierungslosigkeit
und Sammelsurium-Eindruck eines musealen Ge-
mischtwarenladens vermieden werden.
Das Liechtensteinische Landesmuseum wird
sich zukünftig als «Themen-Museum» präsentie-
ren. Die Auswahl der Themen orientiert sich am
Sammlungsbestand des Museums und an dem ge-
meinsamen Nenner der Landeskunde Liechten-
steins mit Einbezug des regionalen Kulturraumes.
Es geht um die äussere und innere, um die geistige
und museumsspezifische Gestaltung eines kultur-
geschichtlichen Museums mit unterschiedlichen
Schwerpunkten. Es gibt keine vorgeschriebene
Laufrichtung zur Besichtigung der Ausstellungen.
Der Besucher kann seinen Rundgang nach eigenen
Interessen gestalten, aber dennoch Querbezüge er-
kennen und sich einzelne Raumeinheiten mit ihren
jeweiligen Unterthemen für die Einzelbetrachtung
auswählen. 1 2
Ausgehend von den architektonisch-räumlichen
Gegebenheiten wurde vorgängig eine nach ver-
schiedenen Kriterien bestimmte Aufteilung der
Dauerausstellung in sechs Grundbereiche festge-
legt, von denen jeder einem bestimmten Raumteil
zugeordnet wurde. So findet sich im Erdgeschoss
des Verweserhauses der Grundbereich mit archäo-
logischem Schwerpunkt, im ersten Obergeschoss
der volkskundliche und im zweiten Obergeschoss
der neuzeitliche Aspekt mit Gegenwartsbezug. Im
Erdgeschoss des Landesmuseumsgebäudes befin-
det sich die Eingangszone mit den Erschliessungen
aller drei Museumsbauten und der entsprechenden
Infrastruktur wie Kassabereich, Museums- und
Büchershop, Cafeteria, Foyer und Sanitäranlagen.
Die beiden Ausstellungsebenen im ersten und
zweiten Obergeschoss sind den historischen und
kulturhistorischen Aspekten des Mittelalters und
der frühen Neuzeit gewidmet. Das erste Oberge-
schoss des Erweiterungsbaus ist der naturkundli-
chen Dauerausstellung vorbehalten, während sich
im zweiten Obergeschoss die Wechselausstellungs-
räume befinden.
Die jeweiligen Grundbereiche sind einem ein-
heitlichen Grundprinzip folgend nach Modulen auf-
gebaut. Dabei wird zwischen Grundmodulen und
Satellitenmodulen unterschieden. Pro Grundbe-
reich sollen je ein oder zwei Grundmodule einge-
richtet werden. Das Grundmodul ist als themati-
scher Schwerpunkt konzipiert, mit einem visuell
prägnanten und inhaltlich aussagekräftigen Leitob-
jekt beziehungsweise einer Leitobjektgruppe im
Zentrum und einer Reihe zusätzlicher Objekte, die
sich um diesen Themenschwerpunkt gruppieren
lassen und allenfalls auch aus anderen Grundberei-
chen stammen können. Mit den Satellitenmodulen
können flexible, respektive auswechselbare Zusatz-
einheiten geschaffen werden, ausgehend von wei-
teren wichtigen Objektgruppen oder von als wich-
tig erachteten Einzelthemen des Grundbereichs,
die nicht in das Grundmodul integrierbar sind.
Durch die variablen Satellitenmodule wird es künf-
tig möglich sein, die bislang statisch angelegte
Struktur der Dauerausstellung dynamisch zu ver-
ändern.
Durch ein ansprechendes vielfältiges Wechsel-
und Sonderausstellungsprogramm, durch konse-
quente Öffentlichkeitsarbeit und ein breitgefächer-
tes museumspädagogisches Angebot soll das Liech-
tensteinische Landesmuseum inskünftig aktuell
und lebendig erhalten bleiben. Dies bedingt jedoch
neue finanzielle Mittel und professionell ausgebil-
10) Leitbild des Liechtensteinischen Landesmuseums, 11. November
1998.
11) Im Museum herrscht nur eine fiktive Realität, die Vergangenheit
(Geschichte) kann nicht authentisch rekonstruiert werden. Es
müssen daher thematische Schwerpunkte gesetzt werden, wobei
wiederum kein Thema den Anspruch erheben kann, die ganze
Zeitspanne abdecken zu können. - Vgl. Strobel, Geschichte und
Museum, S. 17: Die Visualisierung von Geschichte im Museum (mit
zahlreichen Literaturhinweisen).
12) Vgl. Frank Günter Zehnder: Das «Themen-Museum». Die
Neukonzeption der Dauerausstellung nach dem Umbau. In: Das
Rheinische Landesmuseum Bonn. Berichte aus der Arbeit des
Museums. Bonn, 3/2000. S. 41-45.
367
dete personelle Resourcen, auch wenn gewisse
Synergien mit anderen kulturell tätigen Institutio-
nen des Landes, in erster Linie in Zusammenarbeit
mit dem neueröffneten Kunstmuseum Liechten-
stein, genutzt werden.
GRUNDSÄTZE IN DER PRÄSENTATION DER
KÜNFTIGEN DAUERAUSSTELLUNG
Besucher und Besucherinnen müssen in der Aus-
stellung auf verschiedene und vielfältige Weise die
Möglichkeit erhalten, Objekten in ihrem Sachzu-
sammenhang und historischen Umfeld zu begeg-
nen. Im «Erlebnis» Museumsbesuch und gerade
beim «Erleben von Objekten» verbinden sich sinn-
liche Erfahrungen und die Befriedigung von sach-
bezogener Neugier. Die wichtigsten Intentionen:
Wissensbereicherung und Sensibilisierung auf kul-
turelle Werte stehen sich nicht gegenseitig im
Wege, sondern sind miteinander zu verbinden.
Objektpräsentationen sollen kontextualisiert wer-
den. Dies ist mit verschiedenen Präsentationsstilen
und unter Einbezug bestimmter Medien möglich.
In der Verwendung von Medien ist insbesondere
eine Anhäufung didaktisierender Texte in der Aus-
stellung zu vermeiden. Die Ausstellung muss aber
auch ohne den Beizug von schriftlichem Begleitma-
terial wie Kataloge, Verzeichnisse, Beschreibungen
etc. einen genügenden Sachinformationsgehalt auf-
weisen. Dieser ist durch den sparsamen Einsatz
von Info-Texten, durch interaktive und andere Me-
dien, aber auch dadurch herzustellen, dass der Zei-
chencharakter von Objekten zur Herstellung bezie-
hungsweise visuellen Vermittlung thematischer
Sachzusammenhänge genutzt wird. In dieser Be-
ziehung ist auch klaren Unterschieden in den Be-
dürfnissen der verschiedenen Abteilungen, zum
Beispiel die starke Gewichtung ökologischer Zu-
sammenhangsinformationen durch die Naturge-
schichte oder der Bedarf an chronologischer Orien-
tierung in der Archäologie, Rechnung zu tragen.
Im konkreten Aufbau der Ausstellung wird zu-
vorderst der jeweilige Themenbereich sichtbar ge-
macht. Dies muss nicht nur in der Objektauswahl,
sondern auch in der visuellen Gestaltung und in
der Besucherführung zum Ausdruck kommen. In
allen Bereichen ist zu versuchen, auf sinnvolle
Weise Bewegung in die grundsätzlich statischen
Abfolgen von Objektpräsentationen hineinzubrin-
gen. Für jeden einzelnen Themenbereich ist eine
kurze Textinformation auf Stelen vorzusehen,
368
KONZEPT DER KÜNFTIGEN DAUERAUSSTELLUNG DES
LIECHTENSTEINISCHEN LANDESMUSEUMS / N . VV. HASLER
ebenso für die einzelnen Räume. Zusätzliche com-
puterverfügbare Informationsmöglichkeiten wie
Sacherweiterungen zum Thema, Umfeldinforma-
tionen, Erklärungen oder Zusammenhänge zu ein-
zelnen hervorragenden Objekten usw. sind grund-
sätzlich als Teil der Ausstellung und nicht als
«Schulzimmer» oder «Didaktik-Ecken» zu konzi-
pieren. Die technische Ausgestaltung solcher In-
stallationen hat auf moderne Seh-, Surf- und Zapp-
Gewohnheiten Rücksicht zu nehmen - dies bedingt
besonders kurze Abruf- und allenfalls Druckzeiten,
schnelle Optionen und Links - ohne aus dem Mu-
seum einen «Spielsalon» zu machen.
Unter den Gestaltungsmitteln sollen Toninstalla-
tionen wie Hörstationen, Hintergrundtexte und
-musik usw. nur ganz gezielt, nicht aber zur gene-
rellen Präsentation aufgebaut werden. Dasselbe gilt
für Lichtspuren und für allfällige Projektions-
flächen. Die Gestaltungsmittel sollen eine gemein-
same, klare Sprache ausdrücken beziehungsweise
sichtbar machen, mit wesentlichen Gemeinsamkei-
ten, aber auch mit dynamischer Variationsbreite,
die auf die unterschiedlichen räumlichen und sach-
lichen Erfordernisse abgestimmt ist.
Vieles, wenn nicht alles, ist heute in Bewegung
und Umbruch geraten. Um-, Neu-, und Restruktu-
rierung, Globalisierung sind nur einige Schlagwor-
te. Lange gültige Wertvorstellungen innerhalb der
menschlichen Gesellschaft werden auf den Kopf ge-
stellt. Die Vielfalt der Sprachen als primäres Mittel
der menschlichen Kommunikation ist im Wandel,
Englisch ist auf dem Weg (oder schon beinahe am
Ziel), gemeinsame Weltsprache zu werden. Sitten
und Bräuche, meist jahrhundertelanger Bestandteil
bestimmter Landschaften und Gebiete, verlieren
vielfach ihren ursprünglichen Sinn und Inhalt und
verkommen schlussendlich zur reinen Folklore. Re-
gionale Eigenheiten drohen verloren zu gehen, ty-
pische und prägende Identitätsfaktoren schwinden
allmählich dahin, werden global überlagert und
verwässert, neue Gewohnheiten - anfänglich oft
belächelt oder skeptisch verfolgt - nehmen nach
und nach ihren festen Platz ein. Gottfried Honegger
formuliert es so: «Einst war die Welt regional ge-
gliedert. Man erfand die Nationen und reduzierte
so die regionale Vielfalt. Die Globalisierung heute,
die moderne Technik, die universelle Vernetzung
zerstören endgültig unseren kulturellen Reichtum.
Wir werden ä rmer» . 1 S
Diesem Wandel in Gesellschaft und Staat hat ein
Landesmuseum - das Nationalmuseum schlechthin
- Rechnung zu tragen.
Die Philosophie, die der Ausarbeitung des künf-
tigen Ausstellungskonzeptes zu Grunde liegt, ba-
siert auf dem Grundsatz, den Menschen dort abzu-
holen, wo er steht, in der Gegenwart, in seinen exi-
stentiell elementaren Bereichen: Siedeln, Schützen,
Herrschen, Arbeiten, Feiern und Nutzen. Diese
Begriffe, zentraler Ausdruck menschlicher Tätig-
keiten, sind folgenden Schwerpunkten zugeordnet:
«Siedeln» beinhaltet schwerpunktmässig die Ur-
und Frühgeschichte, «Schützen» das Mittelalter
und die frühe Neuzeit, «Herrschen» die Zeit des 17.
und 18. Jahrhunderts, «Schaffen» und «Feiern»
das 19. und 20. Jahrhundert und «Nutzen» steht
als Leitbegriff für die naturhistorische respektive
naturkundliche Abteilung im Erweiterungsbau des
Liechtensteinischen Landesmuseums. Diese inhalt-
liche Ausstellungsstrukturierung stellt höchste An-
forderungen an die Ausstellungsgestaltung in Be-
zug auf die Signaletik, die Wegführung für die Mu-
seumsbesucher durch die verschiedenen Ausstel-
lungsebenen und -bereiche.
Leitbegriff Bereichs-Begriffe
S I E D E L N
SCHÜTZEN
H E R R S C H E N
F E I E R N
S C H A F F E N
. N U T Z E N
All tag, Spuren, Er innerung
Glaube, Besitz, Ordnung
Land , Volk, A d e l
Tradit ion, Geselligkeit, Ritual
Arbei t . Bi ldung, Kommunika t ion
Natur, Wachstum, E r h ä l t u n g
Unter dem Motto dieser sogenannten Leitbegriffe
und geführt durch spezifisch thematisierte Be-
reichs-Begriffe wird der künftige Besucher seine ei-
13) Gottfried Honegger: Denkanstösse zur Kunst - heute. Warum ich
an die Kunst glaube ... Steinhausen, 1999. S. 53.
369
gene Welt wie die der Vorfahren im Landesmuse-
um wieder finden. Er trifft Themenbereiche seines
Lebens an, die Beziehungen zur Vergangenheit und
Gegenwart schaffen, er begegnet weitgehend origi-
nalen Zeugen der Kulturgeschichte unseres Landes
und der Region, eingebunden in den historischen
Kontext durch Bild- und Textinformationen, unter-
stützt durch zeitgemässe multimediale Hilfsmittel.
«Wir leben heute mehr und mehr aus Konserven
und verlieren damit unsere Sinnlichkeit. Unsere
Augen, unsere Ohren, unser Tastsinn - all unsere
Sinne - , um nicht zu veröden, brauchen die Origi-
nale». 1 4
In Zusammenarbeit mit dem Atelier für Ausstel-
lungsgestaltung und Grafik Gassner & Seger, Va-
duz, und Sabine Kranz, Paris, wird das Ausstel-
lungskonzept vorbereitet und konkretisiert und
nach Beendigung der Bau- und Renovationsarbei-
ten (voraussichtlich ab Mitte 2002) vor Ort umge-
setzt werden.
Das Landesmuseum als eine der ältesten kultu-
rell tätigen Institutionen Liechtensteins wird seinen
Auftrag und seine Bedeutung als Identitätsfaktor
des Landes und seiner Bevölkerung wie auch als
Hort des reichen kulturellen Erbes entschieden und
zielstrebig wahrnehmen.
Im Kulturbericht 2000 der Fürstlichen Regie-
rung heisst es: «Die Institutionen der Kultur und
der Bildung (darin nimmt das Liechtensteinische
Landesmuseum einen ganz besonderen Platz ein),
die Häuser des Wissens, des Lernens, des Lehrens
und des Spielens sind Voraussetzung für alles an-
dere, was die Gesellschaft zu ihrer Existenz
braucht. Aus ihnen kommt Wissen, Phantasie,
Kreativität: Sie sind die Motoren der menschlichen
Intelligenz und der Zukunft der Menschheit. In die-
sem Sinne sind die Institutionen und die Inhalte,
die dort vermittelt werden, ganz besonders auch
eine Investition in die Zukunft. Sie manifestieren
nicht zuletzt die Wahrnehmung einer Verpflichtung
und einer Verantwortung gegenüber der nächsten
Generation und sind Ausdruck der Anerkennung
und der Hoffnung in die Jugend». 1 5
Welche Perspektiven haben die Historischen
Museen heute? «Das Museum soll heute allgemein
nicht mehr in erster Linie ein Lernort, sondern ein
Ort der Begegnung und der Diskussion sein. Die
Hauptziele des Museums sollten in der Anregung
der Vorstellungskraft der Besucherinnen und der
Entwicklung ihres Sinnbewusstseins liegen, das
heisst, die Museen sollten nicht nur informieren,
sondern auch Erlebnisse schaffen, zu Assoziatio-
nen, Reflexionen und kritischem Denken anregen.
... Erwartet wird heute die Umsetzung neuer For-
schungsansätze, und das Museum soll die Möglich-
keit des historischen Diskurses bieten. In Zukunft
sollten mehr Gegenwarts- und Aktualitätsbezüge
gemacht werden und zeitgeschichtliche Themen
aufgegriffen werden. Vermehrt sollten unterschied-
liche Informationsebenen angeboten werden und
die Formen der Interaktivität ausgebaut werden, so
dass die verschiedenen Bevölkerungssegmente zu-
friedengestellt werden können. Die interdisziplinä-
re Zusammenarbeit und Vernetzung sollte noch
mehr verstärkt werden, die Ausstellungen sollte in
Zukunft flexibel und wandlungsfähig sein. Kommu-
nizieren, nicht Importieren, Reagieren, Bedürfnisse
berücksichtigen sind heute die Schlüsselwörter für
eine gelungene Vermittlung im Museum». 1 6 Bleibt
zu hoffen, dass es gelingt, für das künftige Liech-
tensteinische Landesmuseum wesentliche Teile da-
von umzusetzen.
14) Ebenda, S. 58.
15) Kulturbericht 2000. Bericht und Antrag der Regierung an den
Landtag des Fürs ten tums Liechtenstein betreffend Zielsetzungen
und Prioritäten der Liechtensteinischen Kulturpolitik, Vaduz, 2000.
S. 5-6.
16) Strobel, Geschichte und Museum, S. 108.
370
KONZEPT DER KÜNFTIGEN DAUERAUSSTELLUNG DES
LIECHTENSTEINISCHEN L A N D E S M U S E U M S / N . W. HASLER
SAMMLUNGSAUFRUF
«Sammeln» zählt zu den grundlegenden Aufga-
ben eines jeden Museums. Was vor rund, hun-
dert Jahren durch die Bemühungen des Histori-
schen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein
auf diesem Gebiet begonnen wurde, wird, seit
den 1970er Jahren durch das Liechtensteini-
sche Landesmuseuni zielstrebig weitergeführt.
Es geht darum, systematisch Objekte und Doku-
mente zur Landesgeschichte und zum weiteren
Kulturraum Liechtensteins für die Nachwelt zu
erhalten als materielle und ideelle Zeugen ihrer
Zeit. Die Museumsverantwortlichen sind stets
von neuem gefordert, das Sammlungskonzept
des Museums neu zu. überdenken, bestehende
Sammlungslücken zu orten und zu. versuchen,
diese kontinuierlich zu schliessen. Immer wie-
der darf sich das Museum über wertvolle Zu-
wendungen zahlreicher Donatorinnen und. Do-
natoren freuen. Ihnen sei. auch an dieser Stelle
ein herzlicher Dank ausgesprochen. Es geht da-
bei nicht um die Deponierung von kulturellem
Sondermüll im Museum, sondern um Erhalt und
Sicherung von Kulturgut, von Zeitzeugen für die
Nachwelt. Oft sind es unscheinbare Dinge, die
heute fremd und nutzlos erscheinen, die aber
für unsere Vorfahren von grosser Bedeutung
waren und die für historische Sachverhalte und
Zusammenhänge oft aussagekräftiger sind, als
dies in Worten geschildert werden kann.
Das Liechtensteinische Landesmuseum be-
reitet zur Zeit die künftige Dauerausstellung
vor, die in Themenbereichen von der prähistori-
schen Zeit bis in die Gegenwart reicht. Gerade
aus der Zeit des 19. und 20. Jahrhunderts wer-
den dabei die grössten Sammlungslücken fest-
gestellt. Während die Bereiche Haus- und. Land-
wirtschaft noch relativ stark in den Samm-
lungsbeständen vertreten sind, zeigen sich
grosse Lücken in den Bereichen Gewerbe und
Industrialisierung. Neben industriellen Produk-
ten, vor allem aus der Frühindustrie, sind Bild-
und Fotomaterial, aber auch Textilien, Trach-
ten, Kunsthandwerk, Objekte der religiösen
Volkskultur, aus Tourismus (Souvenirs und An-
denken), Schule und Unterricht von besonderem
Interesse.
Sollten sich bei Ihnen, sehr geschätzte Leser-
schaft, solche Relikte erhalten haben, von de-
nen Sie überzeugt sind, dass sie unseren Nach-
kommen erhalten werden sollten, ist das Liech-
tensteinische Landesmuseum der richtige Ort
und. ein dankbarer Abnehmer.
371
ANSCHRIFT DES AUTORS
lic. phi l . Norbert W. Hasler
Liechtensteinisches
Landesmuseum
FL-9490 Vaduz
372