«Nach zwei Konzerten, die
aufgezeichnet wurden», sagte
Pianist Art Lande nach dem
Konzert am Samstagabend in
der Tangente, «konnten wir
heute Abend befreit, locker
und mit viel Freude spielen.»
Gerolf Hauser
Zur Freude der begeisterten
Zuhörer taten sie auch genau
das. Sie, das waren Art Lande
[p), Günter Wehinger ({fl), Rätus
Flisch (b) und Alfred Krameı
(dr) - eine Gruppe, die seit 1994
regelmässig miteinander spielt.
Als spezial guest war Paul Mc-
Candless dabei, ein Multiin-
strumentalist, der Sopransaxo-
phon, Oboe, Englischhorn und
Bassklarinette spielt,
Gleichberechtigung
Die Freude und der Spass,
den die Musiker beim Spielen
hatten, übertrug sich sozusagen
eins zu eins auf das Publikum
Kein Wunder, war doch ein Op-
dmum an musikalischem Ein-
verständnis zu hören, gleich ob
dei bebop- oder freejazzartigen
Stücken, bei Balladen oder den
kammermusikalischen Stücken.
Da stimmte einfach alles, die
Themen, Arrangements, Breaks,
die Soli und Einwürfe der Be-
gleitenden. Da gab es kein
vorne und hinten, also keine
Solisten und Begleiter, sonder
eine selten zu hörende Gleich-
berechtigung. So konnte Rätus
Flisch, mit seinem grossen
Klangbewusstsein einer der
gefragtesten Bassisten der
Schweiz, seinen Bass fast wie
eine Gitarre behandeln. nich!
Variantenreiches und melodiöses Spiel
«ZLOM» - begeisterndes Jazzkonzert in der Tangente
ur bei den Soli, sondern eben
ıuch in den Passagen der
ıNicht-Begleitung»; Schlagzeu-
jer Alfred Kramer, in der
Schweiz aufgewachsen, mit
Aohnsitz in Genua, einer der
ührenden Schlagzeuger deı
talienischen Jazzszene, zeigte
an variantenreiches und melo-
liöses Spiel, stets dezent sich
ıls Partner einfügend; Günter
Nehinger, Österreicher mit
Nohnsitz in Basel, internatio-
ı1al anerkannter Jazz-Flötist,
zeigte sich wieder, es war nicht
;ein erster Auftritt in der Tan-
zente, als virtuoser Improvisa-
:;or und hochsensibler Beglei-
er; Pianist Art Lande war in
yester Laune, brillierte mit ei-
senwilligen und oft rhythmisch
Komplizierten Passagen.
Er leitete Mitte der 80er Jah-
'‚e die Berufsschule der Jazz-
;chule St. Gallen und prägte
nit seiner unvergleichlichen
Art das gesamte Umfeld; Paul
AcCandless brachte, vor aliem
mit dem —Saxophonklang,
Jurch starke Dynamik eine
'motionale Komponente in das
5piel.
Humorvolle Klänge
Wie gut sie «draufs waren
ınd dadurch humorvolle
UYanggemälde zeichnen konn-
en, zeigte sich z. B. in der Si-
uation, als Bassist Rätus Flisch
:inen Notenständer brauchte.
die Zeit des Wartens, bis «Tan-
fente-Chef» Karl Gassner ihn
‚esorgt hatte, nutzte Art Lande,
ing an, nach Bonny and Ciyde
Jingende Musik zu spielen unc
ınimierte die anderen zum Mit-
«Dielen. Den zweiten Set be-
zannen sie mit einer fantasti-
schen Überraschung. Art Lande
hatte einen jungen Kollegen
mitgebracht, den Bassisten De-
‚ek Layes. Und so wurde Karl
Gassner, der früher selbst Bass
spielte, aufgefordert, sein In-
;trument zu holen. In dre
Gruppen aufgeteilt, Pianist Art
Lande und Schlagzeuger Alfred
Kramer auf der Bühne, die bei-
den Bassisten links vor der
Bühne und die beiden Bläser
hinten im Raum, improvisier-
ten sie abwechselnd und/odeı
zemeinsam. Und als es zu Ende
zu gehen schien, rief Art Lande:
I want to hear a cadenca from.
sach one. Ebenso faszinierend
war z. B. das Zwiegespräch von
Günter Wehinger und Paul Mc-
Candless mit der Oboe. Wie sie
aufeinander hörten, sich folgten
ıder Phrasen entgegensetzten
Wie immer einen Jazzaenuss der besonderen Art konnte man am Samstag in der Tangente geniessen.
wie Gemeinsamkeit und Wider-
spruch sich abwechselten, das
verzauberte die Zuhörerinnen.
Es war ein stets spannender und
überraschungsreicher Abend,
keine Sekunde langweilig, ein
fast drei Stunden dauernder
musikalischer Höhepunkt.
[Bild: Inarid)
Pa
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