F
V
U
s
Aufforderung zur Entscheidung
«Die <Scheitelstunde» spricht in
Wort und Bild vom Wandel, von
Übergängen, Entscheidungen
und Kreuzungen, vom Verbun-
densein und vom Aufbruch in
Zukünftiges», schreibt Cornelia
Kolb-Wieczorek im Vorwort
des bibliophilen Werks «Schei-
telstunde».
cb.- Die Tangente war am Donners-
tagabend voll besetzt, als die «Geburt»
des von Cornelia Eberle schlicht und
Schön gestalteten Lyrik-Bildbands ge-
feiert wurde. Die in Gamprin wohn-
hafte Malerin, Grafikerin und Lyrike-
tin Brigitte Hasler und. Frank Zucht
aus Berlin realisierten, hervorgehend
aus dem Kulturaustausch zwischen
Berlin-Treptow und Liechtenstein, die
Zusammenführung von Lyrik und Ma-
lerei, die gemäss Cornelia Kolb unab-
hängig voneinander entstanden sind
und sich gewissermassen in ihrer Un-
abhängigkeit ergänzen würden. Sie
beschreibt den Begriff «Scheitelstun-
de» als jenen Zeitpunkt, an dem sich
die Dinge wandeln, eine neue Richtung
nehmen, «Eine neue Umkehr im Han-
deln, im Denken, ein veränderter
Blick, eine neue Perspektive.» Sowohl
In der Lyrik als auch in der bildenden
Kunst von Brigitte Hasler seien Aussa-
gen über Leben und Erleben, über ihr
Verhältnis zur Natur und deren Zyk-
lien. Zentraler Stellenwert komme da-
bei den Rhythmen der Natur zu, den
ewigen Kreisläufen von Werden und
Vergehen, den täglichen, unzählbaren
Toden und Auferstehungen alles Le-
benden im Hier und Jetzt. Fragen des
Lebensziels würden formuliert, Fra-
zen von Verantwortung gegenüber der
Vatur, dem Mitmenschen, der eigenen
Person, Fragen, wo sich die eigene
öxistenz spiegelt, so wie im Gedicht
der Lyrikerin: «Mich draussen zeigt
las Spiegelbild».
Die Bildfindungen (Serigrafien) von
irank Zucht haben für Cornelia Kolb
ielfach etwas Archaisches. Es würden
*abel- oder Mischwesen, Menschen,
die ein Tier mit sich tragen, vorwie-
zend einen Fisch oder einen Vogel, be-
zegnen. Durch den zentralen Inhalt
‚on Veränderung, Wandlung und Ent-
icheidungen sieht die Kunsthistorike-
in Gemeinsamkeiten zwischen der
Aalerei von Frank Zucht als auch der
vrik von Brigitte Halser.
Die Kunstschaffende Heilgard Ber-
el, Hohenems, langjährige Freundin
ler Liechtensteinerin, zitierte aus dem
"itel gebenden Gedicht: «Seit Scheitel-
stunden / rasen die Sekunden / abge-
1abelt / dem Wort.» «Die Abnabelung
ler rasenden Sekunden vom Wort ist
\bbruch, Abnabelung vom Mutterbo-
len, Verselbstständigung sinnloser
Zeit», sagte Heilgard Bertel. In einem
zedicht von Brigitte Hasler empfand
je die Resonanz zu den Bildern von
3rank Zucht sehr stark bzw. würden
lie Bilder jene Lichtung schaffen, die
nan in blinder Dunkelheit bräuchte.
50 zitierte sie Halser: «Es gibt eine
1öhle, die keine mehr ist, wenn ihr die
.ichtung genommen wird. Abgekratzt
las Bild von Moral, die unwesentlich
hr Wesen treibt und das Blut in den
lieroglyphen der Nacht gerinnen
isst.» Nach den tiefgründig empfun-
‚genen Betrachtungen der Vernissage-
Zuchpräsentation In der Tangente (v. I.): Cornelia Eberle, Autorin Brigitte Hasler und Künstler Frank Zucht.
'‚ednerin wurde es für die Performan-
'e dunkel und Susanna Kranz sprach
jrononciert die zuletzt gehörten Wor-
e, gefolgt von anderen Gedichten.
Ruth Örtli vertiefte die Aussagen mit
hrer Querflöten- und Klavierklang-
<ollage, während Eva Wagner Wort
ınd Ton tänzerisch umsetzte. Ein ein-
Jrucksvolles Erlebnis. Der Lyrikband
nit Bildern ist im Buchhandel in limi-
jerter Auflage von 550 Stück erhält-
ich.