Volltext: Liechtenstein 1978-1988

Anlässlich der Landtagseröffnung vom 8. April 1987 überreichten Mitglieder der Freien Liste den Abgeordneten Sträusse aus kranken Tannenästen. . . . Mit grosser Freude habe ich festgestellt, dass der Land- tag die Absicht hat, sich intensiv mit einem Thema auseinan- derzusetzen, das mir besonders am Herzen liegt, und zwar der Aussenpolitik. Es ist ein Bereich der liechtensteinischen Politik, der im Volk bis jetzt nur auf wenig Interesse gestos- sen ist und deshalb vom Landtag selten ausführlich behan- delt wurde . . . Die Pflege der guten Beziehungen zu unseren Nachbarn muss so wie in der Vergangenheit auch in der Zukunft an erster Stelle stehen . . . Bekanntlich hat Liechtenstein erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts umfassende Ver- träge mit Österreich abgeschlossen, die nach dem Ersten Weltkrieg durch ähnliche Verträge mit der Schweiz abgelöst wurden . . . Waren in früheren Zeiten die Beziehungen mit der Schweiz und Österreich durch gegenseitiges Verständnis und Sympa- thie geprägt, so muss von liechtensteinischer Seite seit diesen Verträgen zusätzlich das Gefühl der Dankbarkeit erwähnt werden. So wie in der Vergangenheit, so werden auch in der Zukunft die Verträge mit unseren beiden Nachbarstaaten einem Wandel unterliegen und den Verhältnissen angepasst werden. Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat die Grundlage dafür geschaffen, dass auch in absehbarer Zukunft die Beziehungen zur Schweiz für Liechtenstein im Vordergrund stehen werden . . . Derzeit könnten wir Mitglied der UNO werden und damit ein Ziel erreichen, das unsere Grossväter 1920 mit der Mitgliedschaft beim Völkerbund angestrebt haben. Die Unabhängigkeit und das Selbstbestimmungsrecht Liechten- steins würde dadurch weltweit anerkannt werden. Gegen- über 1920 sind aber noch weitere Gründe dazugekommen, welche es als richtig erscheinen lassen, am damaligen Ziel festzuhalten: Die allgemeine wirtschaftliche Lage und die finanzielle Situation des Staates haben sich entscheidend verbessert; die Pflichten einer UNO-Mitgliedschaft sind sehr viel geringer als damals beim Völkerbund; insbesondere stellt das fehlende Militär kein Problem mehr dar; die liech- tensteinische Industrie exportiert über 40% ihrer Produkte ausserhalb Europas, und die weltweite Verflechtung unserer gesamten Wirtschaft nimmt weiterhin stark zu; die liechten- steinische Bevölkerung benützt immer häufiger die Gelegen- heit, die Welt zu bereisen . . . Eine UNO-Mitgliedschaft Liechtensteins muss man als zeit- gemässe Fortsetzung unserer traditionellen Aussenpolitik betrachten. Wenn wir beitreten wollen, sollten wir es jetzt tun, denn wir wissen nicht, ob politische Veränderungen in der Welt wiederum einen Beitritt Liechtensteins verunmög- lichen werden. Nicht nur die UNO-Mitgliedschaft, sondern unsere gesamte Aussenpolitik ist nur dann sinnvoll, wenn wir überzeugt sind, dass ein Kleinstaat wie Liechtenstein auch längerfristig eine Überlebenschance hat. Ohne diese Überzeugung wird die Aussenpolitik zum Selbstzweck und damit eine Ver- schwendung von Zeit und Geld. Aus der Thronrede S.D. Erbprinz Hans Adams anlässlich der Eröffnungssitzung des Landtages vom 8. April 1987 - Landtagsprotokolle 1987 
Interpellation Die Regierung wird ersucht, zu den elementaren Fragen und Aspekten des Standortes und der Zielsetzungen der liech- tensteinischen Aussenpolitik, im besonderen hinsichtlich der bilateralen Beziehungen zur Schweiz, der Europapolitik (Europarat, EFTA, Europäische Gemeinschaften, KSZE) und einer UNO-Mitgliedschaft Stellung zu beziehen. Begründung der Interpellation: . . . Anlässlich der am 8. November 1986 stattgefundenen Jungbürgerfeier äusserte sich S. D. Erbprinz Hans Adam von Liechtenstein, seit August 1984 Stellvertreter des Landesfürsten, zur Frage einer UNO-Mitgliedschaft unseres Landes. Ebenso äusserte sich S. D. Erbprinz Hans Adam von Liechtentein bei einem am 11. Januar 1987 gehaltenen Vortrag in Feldkirch/Vorarl- berg zu den bilateralen Beziehungen unseres Landes zur Schweiz. Obwohl S. D. der Erbprinz seine gemachten Äus- serungen sicherlich eher als theoretische Denkansätze ver- standen wissen wollte denn als realpolitische Aussagen, haben diese in der Öffentlichkeit Missverständnisse hinsicht- lich des aussenpolitischen Kurses unseres Landes und eine spürbare Unruhe erzeugt. Die gegenständliche Interpella- tion erweist sich deshalb zur Klarstellung des aussenpoliti- schen Standortes und der aussenpolitischen Zielsetzungen Liechtensteins, aber auch zur Wahrung des Mitspracherech- tes des Landtags als dringlich und notwendig . . . Interpellation der Abgeordneten Josef Büchel, Paul Kindle, Beat Hasler und Josef Biedermann zur liechtensteinischen Aussenpolitik; an die Regierung überwiesen in der öffentlichen Landtagssitzung vom 29. April 1987 - Landtagsprotokolle 1987 Die vorliegende, in der Schriftenreihe der Regierung erscheinende Publikation soll dazu dienen, die liechtenstei- nische Aussenpolitik allen interessierten Personen und Kreisen darzustellen. Grundlage dieser Publikation bildet der Text einer Interpellationsbewantwortung der Regierung an den Landtag vom 5. Mai 1987 zur Frage des Standortes und der Zielsetzungen der liechtensteinischen Aussenpolitik. Der Landtag hat die Interpellationsbeantwortung in seiner Sitzung vom 21. Mai 1987 behandelt. Die Regierung hat in der Folge beschlossen, diesen Text einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie ist der Überzeugung, dass angesichts der Beudeutung der Aussen- politik für jeden Staat eine breite Diskussion über deren Ziele notwendig ist und auch die Grundlage für kommende wichtige Entscheidungen bildet. . . Vorwort zur Schrift «Die Aussenpolitik des Fürstentums Liechtenstein, Standort und Zielsetzungen - Schriftenreihe der Regierung, Nr. 1 -1988, S. 1 Die Aussenpolitik des Fürstentums Liechtenstein Standort und Zielsetzungen In ihrer Schriftenreihe machte die Regierung ihre Interpellations- beantwortung zur Aussenpolitik einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. 291
	        

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