Volltext: Liechtenstein 1938-1978

Beobachterstatus für Liechtenstein im Europarat An der am Mittwoch, den 22. Januar 1975, stattgefundenen Eröffnungssitzung der Januarsession der Parlamentarischen Versammhing des Europarates in Strasbourg wurde das Fürstentum Liechtenstein in den Status eines Beobachters bei der Versammlung aufgenommen. Als der Präsident der Versammlung, Giuseppe Vedovato, die Zulassung des Fürstentums Liechtenstein als Beobachter bekannt gab, wurde diese Mitteilung in der Versammlung mit lautem Applaus aufgenommen . . . Liechtensteiner Vaterland, 25. Januar 1975 . .. Der liechtensteinische Staat ist von der europäischen Geschichte geprägt. Als Fürstentum des ehemaligen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation besitzt es eine lange Tradition. Nach Erlangung seiner Unabhängig- keit im Jahre 1806 gehörte Liechtenstein als souveräner Staat dem Rheinbund und dann dem Deutschen Bunde an. Nunmehr, im Zuge der jetzigen geschichtlichen Entwicklung, ist unser Land wie viele andere bestrebt, seine europäische Tradition in grösserem Rahmen und den heutigen Erfordernissen entsprechend fortzusetzen . .. Die Erfahrungen, die wir in den vergangenen Jahren bei Ihnen sammeln konnten, haben uns darin bestärkt, dass ein Staat von der Grössenordnung Liechtensteins sich in besonderer Weise identifizieren kann mit überragenden Zielsetzungen des Europarates wie: die Gewährleistung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten und die Sicherungen auf dem Gebiete des sozialen Fortschrittes, ausgerichtet auf das Wohl, den Schutz und die Würde des Einzelmenschen; die Erhaltung und Förderung der kulturellen Werte; die Verpflichtung züeinem gewaltlosen Zusammenleben und die Vorherrschaft des Rechtes im Interesse des Friedens. Denn naturgemäss steht im kleineren demokratischen Rechtsstaat die Bedeutung des Einzelmenschen leichter im Vordergrund. In einer überschaubaren Ordnung sind die Mitgestaltungsmöglichkeiten des Individuums besonders ausgeprägt. Die Gewalt der kleinen Staaten nach innen und nach aussen ist zwangsläufig begrenzt; daher sind sie wesentlich an einer dem Gewaltverzicht verpflichteten freiheitlichen Ordnung des Friedens und der Vorherrschaft des Rechtes interessiert. Eine solche Ausgangslage führt begreiflicherweise zu einer Betonung der kulturellen und humanitären Interessen und der Verbundenheit mit all denen, die für ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen in besonderer Weise auf den Schutz der Völkergemeinschaft angewiesen sind .. . Aus der Erklärung von Landtagspräsident Dr. Gerard Batliner anlässlich der Aufnahme Liechtensteins in den Beobachterstatus beim Europarat in Strassburg am 22. Januar 1975 - Liechtensteiner Volksblatt, 25. Januar 1975 Bericht betreffend Europarat Das Ergebnis wäre auch nicht möglich gewesen ohne bedeutsame Vorarbeiten. So erfolgten 1969 Besuche des damaligen Generalsekretärs Smithers in Vaduz und des damaligen liechtensteinischen Regierungschefs in Strassburg. verbunden mit der Hinterlegung der Beitritts- urkunde zu 5 Europäischen Übereinkommen. Ende 1970 folgte ein Besuch von Generalsekretär Toncic in Vaduz, und 1972 trat Liechtenstein zwei weiteren Europäischen Übereinkommen bei. Der Leiter des Amtes für Internationale Beziehungen und unser Botschafter in Bern besuchten den Europarat in Strassburg. Liechtenstein nahm durch Richter und Fachbeamte und durch Herrn Broggi von der Liechten- steinischen Gesellschaft für Umweltschutz im Verlaufe der vergangenen Jahre an einer Reihe von Konferenzen und Komiteesitzungen teil. Auf parlamentarischer Ebene erfolgte an der Herbstsession 1971 eine erste Teilnahme der liechtensteinischen Abgeordneten Dr. Franz Beck und Dr. Georg Malin als ad hoc-Beobachter an der Parlamentarischen Versammlung in Strassburg. Diese Teilnahme an den Sessionen der Parla- mentarischen Versammlung wurde ununterbrochen fortge- setzt bis zur nunmehrigen Erlangung des Beobachterstatus. 
1971 fanden Kontakte des Landtagspräsidenten Dr. Karlheinz Ritter mit dem damaligen Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung. Oliver Reverdin, und mit Greffier Schlösser statt. 1972 folgte ein Besuch des Präsidenten Reverdin und des Greffier Schlösser in Vaduz. 1973 nahmen auf Einladung des Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung zwei Vertreter des liechtensteinischen Entwicklungsdienstes an einem Seminar über den Internationalen Freiwilligen Dienst in Strassburg teil. Nach sporadischen Ansätzen begann Dr. Franz Beck im Herbst 1974 die Mitarbeit in einer Parlamentarischen Kommission. Alle diese vorangehenden Aktivitäten und die Pflege guter Beziehungen zu den Parlamentariern und den Vertretern des Europarates waren von massgeblicher Bedeutung zur Erlangung der gegenwärtigen gefestigten Beziehungen. Ich möchte daher dem früheren Regierungs- chef Dr. Hübe und dem jetzigen Regierungschef Dr. Kieber und den Beamten und auf parlamentarischer Ebene dem früheren Landtagspräsidenten Dr. Karlheinz Ritterund den Abg. Dr. Franz Beck und Dr. Georg Malin. jetzt Regierungsrat. für ihre Arbeit danken . . . Aus einem Votum von Landtagspräsident Dr. Gerard Batliner in der öffentlichen Landtagssitzung vom 30. April 1975 - Landtagsprotokolle 1975 Europarat Die offiziellen Besuche, die der Generalsekretär des Europarates, Herr G. Kahn-Ackermann, und der Präsident der parlamentarischen Versammlung, Herr G. Vedovato, sowie leitende Beamte des Europarates Liechtenstein abstatteten, boten die Gelegenheit zur eingehenden Erörterung der Möglichkeiten und der Ausgestaltung der gegenseitigen Zusammenarbeit. Die aus Mitgliedern des liechtensteinischen Landtages zusammengesetzte Beobachterdelegation des Fürstentums nahm an den drei jährlichen Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung in Strassburg teil und sie ist nunmehr an den Sitzungen von drei Kommissionen dieser Versammlung beteiligt. Rechenschafts-Bericht der Regierung des Fürstentums Liechtenstein an den Hohen Landtag, 1975, S. 57 Die liechtensteinische Mitarbeit im Rahmen des Europa- rätes wurde weiter gefördert durch den Beitritt zu zwei wichtigen europäischen Übereinkommen, dem Statut des Wiedereingliederungs-Fonds des Europarates für nationale Flüchtlinge und Bevölkerungsüberschüsse und dem europäischen Übereinkommen über den Schutz des archäologischen Kulturgutes. Auf Regierungsebene erfolgte ferner die Teilnahme an drei Fachministerkonferenzen (Umwelt, Justiz und Kultur) des Europarates sowie die erstmalige Mitarbeit im Direktionskomitee und Verwal- tungsrat des Wiedereingliederungs-Fonds, im europäischen Naturschutzkomitee und im Lenkungsausschuss für soziale Sicherheit des Europarates. Die liechtensteinische parlamentarische Beobachterdelegation nahm an den drei Tagungen der parlamentarischen Versammlung des Europarates sowie an den Sitzungen von einzelnen Kommissionen dieser Versammlung teil. Rechenschafts-Bericht der Regierung des Fürstentums Liechtenstein an den Hohen Landtag, 1976, S. 80 Im europäischen Bereich wurde auch der Pflege und der Weiterentwicklung der Beziehungen zum Europarat besondere Aufmerksamkeit gewidment. Landtagsabge- ordnete nahmen regelmässig an den Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung und an der Arbeit einzelner Kommissionen teil. Auf Regierungsebene war Liechtenstein in zwei Lenkungsausschüssen des Minister- komitees des Europarates als Beobachter vertreten, wie auch an der Konferenz über Familienrecht in Wien. Der Besuch einer Europarat-Parlamentarierdelegation aus Österreich sowie die Abhaltung eines Teils der Tagung der gemischten Arbeitsgruppe zur Vorbereitung einer Konferenz über die Regionen des Alpenkammes in Liechtenstein führten zu weiteren wertvollen Kontakten . . . Rechenschafts-Bericht der Regierung des Fürstentums Liechtenstein an den Hohen Landtag, 1976, S. 84 468
	        

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