Volltext: Liechtenstein 1938-1978

Mit dem Abschluss der rund einjährigen exploratorischen Phase der Integrationsgespräche in Brüssel ergab sich für die nichtbeitrittswilligen EFTA-Länder eine Klärung über ihre zukünftigen Sonderbeziehungen zu den Europäischen Gemeinschaften, durch eine eindeutige Weichenstellung in Richtung von Freihandelsabkommen für den industriellen Warenverkehr mit ergänzenden, hauptsächlich wettbewerbsregelnden, Bestimmungen. Auch für das Fürstentum Liechtenstein ist damit die Phase der Ungewissheit über den voraussichtlichen materiellen Inhalt der von der Haager Gipfelkonferenz Anfang Dezember 1969 vorgesehenen Sonderbeziehungen abgeschlossen . . . Rechenschafts-Bericht der Regierung des Fürstentums Liechtenstein an den Hohen Landtag, 1971, S. 33 f. Bei den Freihandelsvertrags-Verhandlungen zwischen der Schweiz und den Europäischen Gemeinschaften in Brüssel, die sich ab Frühjahrsbeginn mit einer beschleunigten Frequenz abwickelten, war das Fürstentum Liechtenstein durch den Leiter des Amtes für Industrie und Gewerbe und den Leiter der Dienststelle für Integrationsfragen vertreten. Wiederholte Verhandlungen mit den leitenden Mitgliedern der schweizerischen Verhandlungsdelegation in Brüssel, an denen der Regierungschef, der Vize- regierungschef, der Botschafter in Bern und die liechten- steinischen Vertreter in Brüssel beteiligt waren, gipfelten in der Festlegung eines gemeinsamen Standpunktes, der in der Folge, nach dem Abschluss paralleler Ver- handlungen mit den Beauftragten der Europäischen Gemeinschaften, in den dreiseitigen Zusatzabkommen seinen Niederschlag fand. Ferner wurden in einem Notenwechsel die entsprechenden im bilateralen Bereich mit der Schweiz getroffenen Regelungen festgehalten. Rechenschafts-Bericht der Regierung des Fürstentums Liechtenstein an den Hohen Landtag, 1972, S. 41 Zusatzabkommen über die Geltung des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 22. Juli 1972 für das Fürstentum Liechtenstein Das Fürstentum Liechtenstein, Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, Die Schweizerische Eidgenossenschaft — In Erwägung nachstehender Gründe: Das Fürstentum Liechtenstein bildet gemäss dem Vertrag vom 29. März 1923 mit der Schweiz eine Zollunion; dieser Vertrag verleiht nicht allen Bestimmungen des am 22. Juli 1972 zwischen der Europäischen Wirtschafts- gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft unterzeichneten Abkommen Geltung für das Fürstentum Liechtenstein. Das Fürstentum Liechtenstein hat den Wunsch geäussert, dass sämtliche Bestimmungen des genannten Abkommens für Liechtenstein Wirksamkeit haben sollen — Sind wie folgt übereingekommen: Art. 1 Das am 22. Juli 1972 unterzeichnete Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft gilt auch für das Fürstentum Liechtenstein. Art. 2 Zur Anwendung des in Artikel 1 genannten Abkommens kann das Fürstentum Liechtenstein, ohne dessen Charakter 
als bilaterales Abkommen zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz zu ändern, seine Interessen durch einen Vertreter im Rahmen der schweizerischen Delegation im Gemischten Ausschuss wahrnehmen. Art. 3 Dieses Zusatzabkommen wird von der Schweiz, dem Fürstentum Liechtenstein und der Gemeinschaft nach ihren eigenen Verfahren genehmigt. Es tritt gleichzeitig mit dem in Artikel 1 genannten Abkommen in Kraft und gilt so lange, wie der Vertrag vom 29. März 1923 in Kraft ist. . . Dieses Zusatzabkommen ist für das Fürstentum Liechten- stein am 1. Januar 1973 in Kraft getreten . . . Liechtensteinisches Landes-Gesetzblatt, 1973, Nr. 10 Im Rahmen einer Feierlichkeit, an welcher neben den Vertretern des Europäischen Ministerrates und der Europäischen Kommission Vertreter von 16 europäischen Staaten teilnahmen, erfolgte am 22. Juli im Palais d'Egmont in Brüssel durch den Regierungschef die Unterzeichnung des Zusatzabkommens über die Geltung des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 22. Juli 1972 für das Fürstentum Liechtenstein sowie des Zusatz- abkommens über die Geltung des Abkommens zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der Schweizerischen Eidgenossen- schaft vom 22. Juli 1972 für das Fürstentum Liechtenstein und der dazugehörigen Schlussakte . . . Rechenschafts-Bericht der Regierung des Fürstentums Liechtenstein an den Hohen Landtag, 1972, S. 39 Feierliche Unterzeichnung des Abkommens mit der EWG . . . Der Unterzeichnungsakt begann am Samstagmorgen gegen 10.30 Uhr und dauerte beinah zwei volle Stunden. Sechzehn Fahnen schmückten den Festsaal, darunter auch jene Liechtensteins. Nach der Unterzeichnung würdigten die Leiter der Delegationen in kurzen Ansprachen die Abkommen mit den europäischen Gemeinschaften . . . Liechtensteiner Vaterland, 25. Juli 1972 . . . Als kleines Land, mitten in Europa, an einem Kreuzpunkt gelegen zwischen Norden, Süden, Osten und Westen, mit alten, aus der wechselvollen Geschichte hervorgegangenen politischen und kulturellen Traditionen, wird Liechtenstein seit eh' und je in das sich auf die Zukunft Europas auswirkende Geschehen miteinbezogen. Hierbei hat sich das Fürstentum stets um ein harmonisches Zusammenleben mit den umliegenden Staaten bemüht und seinem Willen Ausdruck verliehen, seine Unabhängig- keit inmitten einer friedlichen Umwelt zu bewahren . . . Es ist deshalb für das Fürstentum von besonderer Trag- weite, sich zusammen mit seinem schweizerischen Zollvertragspartner am Freihandelsabkommen zu beteiligen, dies um so mehr, als dieses Abkommen mit dem europäischen Einigungswerk in Verbindung steht, an dessen Gelingen auch Liechtenstein in hohem Masse interessiert ist. Es ist überzeugt, dass sich die mit diesem Abkommen ermöglichte Zusammenarbeit zum Nutzen aller Beteiligten in der Förderung und Stärkung der euro- päischen Idee auswirken wird . . . Aus der Erklärung von Regierungschef Dr. Alfred Hübe anlässlich der Unterzeichnung des Zusatzabkommens zum Freihandelsvertrag zwischen der Schweiz und der EWG am 22. Juli 1972 in Brüssel - Liechtensteiner Vaterland, 25. Juli 1972 Diese erste staatsvertragliche Bindung mit den Euro- päischen Gemeinschaften, über die Sie heute beschliessen werden, setzt für Liechtenstein einen neuen Markstein seiner Geschichte. Wieder waren es vornehmlich die Erfordernisse der Wirtschaft, welche zu neuen Lösungen drängten . . . Durch das Ihnen heute vorliegende Zusatzabkommen ist es der Regierung gelungen, eine für die besondere 424
	        

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