158
. . . kein weicheres Gefühl für das Bettelkind,
nicht ein einzig’ gutes Wort.
„Lida“ 40 ) auf dem Ellberg bei Palazoles ist
mein Geburtsort. Als ich da im Elend gross
gezogen, fühlte ich das rätische Blut meines
Vaters mir feurig durch die Adern rinnen. Nicht
länger hielt es mich in der Heimat mehr, diese
Kälte und Härte trieben mich fort. Ja, fort —
fort . . . schrie es in mir, darum zog ich hinauf
dem Rheine entlang nach Oberrätien. In manchem
"Dorfe nahm ich Dienst, allein auch da erfuhr
ich wenig von Lieb’ und Güte. Deshalb wan-
derte ich weiter, hinab ins welsche Land ....
nach Italien.
Die fremde Sprache that meiner Seele wohl,
die Erinnerung an die Heimat verblasste in mir.
Ehrlich schlug ich mich durchs Leben. So ver
gingen Jahre. Da erwachte in mir eine sehnende
Gewalt, zu den heimatlichen Bergen zog’s mich
und aufjubeln hätte ich mögen, als ich Lida
wiedersah. Aber Niemand wollte mich in Lida
erkennen, barsch wies man mich von Thür zu
Thüre. Was ich da empfunden! Ein glühender
Hass gegen alle Menschen senkte sich mir tief
ins Herz hinein. Weder Dienst noch Obdach
begehrte ich mehr, sondern eilte in den Wald.
Des Herbstes Sonne liess Alles aufleuchten, ich
achtete nicht darauf, planlos irrte ich durch des
Waldes lautlose Einsamkeit. Erschöpft setzte