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Iiortus d. h. Gemüsegarten, pomaria d. h. Obstgärten, vineae
d. h. Weinberge, scalae fructiferae d. h. Spaliere.
Bischof Tello vermachte Maisäße, Alpen, Weiden, Wäl
der, Mühlen. Neben dem Verwalter zu Ilanz hatte er noch
andere Bedienstete, Wirtschastsbeamte und Aufseher. Zu Mels
war ein solcher Beamter, der den Titel Senator hatte.
Es ist in diesem Testament wohl nicht der ganze Grund
besitz der Familie der Viktoren aufgeführt, sondern nur der
väterliche Erbteil Tollo's. Er hatte vier Geschwister, die aber
zur Zeit seiner Regierung nicht mehr am Leben waren. Nach
dem Tode seines Bruders Zacco II. kam auch die weltliche Re
gierung Rätiens in seine Hand, so vereinigte er in sich die
geistliche und weltliche Gewalt. Mit ihm erlosch das berühmte
Geschlecht der Viktoren. Der große und fromme Bischof ver
ewigte sein Andenken auch durch den Bau der Kathedrale.
Betrachtet man den Besitzstand Tello's, so kann man sich
eine Vorstellung machen, von welcher Art die Güter und Rechte
der übrigen einheimischen Großen und Edeln gewesen sind, und
bekommt zugleich ein günstiges Bild von dem Anbau Rätiens,
und die alten Klosternachrichten von Disentis dürsten nicht
unrichtig fein, daß eine sehr besuchte Straße durch das Ober
land über den Lukmanier gegangen sei. Uebrigens war nicht
bloß das Oberland, sondern waren auch die anderen Teile von
Rätien, vor allem die Täler und sonnigen Halden von Unter
engadin, Domleschg, Walgau, das Rheintal und das Sar-
ganserland wohl angebaut und bevölkert. Ueberall in Tello's
Testament stoßen wir auf romanische Namen, wo die Güter
besitzer und deren Anstößer erwähnt werden, ein Beweis, daß
sich die ursprüngliche Bevölkerung unvermischt erhielt.
Auch auf die persönlichen Verhältnisse der Standesunter
schiede, wie sie damals in Rätien waren, läßt sich an der Hand
jener Urkunde ein Schluß ziehen. Im allgemeinen kann man
die Einwohner in zwei Klaffen bringen: in Grundherren oder
Grundeigentümer und in Hintersäßen. Zu den ersten gehörten:
die fränkischen Könige, die Kirchen und Klöster, die Kurialen
und alle größeren oder kleineren Landeigentümer, deren es
laut dem Testament viele gab. Zur anderen Klasse gehörten
jene, welche kein Eigentum besaßen, sondern auf dem Grund
eigentum der ersten Klasse angesiedelt waren. Diese hießen
Kolonen, wenn sie persönlich frei waren, sonst Leibeigene. Von
diesen letzteren wird im Testament ein einziger genannt. Die
Kolonen (Pächter) auf den Gütern der Könige, Klöster und
Kirchen standen besser als die übrigen. Soviel wird aus die
sem berühmten Testamente klar, daß die damaligen Standes-